Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 52 AL 2126/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 B 182/08 AL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2008 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig Arbeitslosengeld zu gewähren. Auch der Senat folgt nicht der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin, wonach der Antragsteller nicht verfügbar im Sinne des § 119 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch (SGB III) ist, weil er als polnischer Staatsangehöriger gemäß § 284 SGB III für die Arbeitsaufnahme eine Arbeitserlaubnis oder Arbeitsberechtigung benötigt, die bisher nicht erteilt worden ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt die Verfügbarkeit von Ausländern nicht voraus, dass sie bereits im Besitz einer Arbeitserlaubnis sind. Denn eine Arbeitserlaubnis benötigen sie erst für die Ausübung einer Beschäftigung, nicht schon für die Suche nach einer Beschäftigung. Da Ausländer während einer Beschäftigung der Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung unterliegen, müssen sie im Falle der Arbeitslosigkeit auch die Möglichkeit haben, Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen. Wegen der für eine Beschäftigungsaufnahme erforderlichen Arbeitserlaubnis ist die Verfügbarkeit erst dann zu verneinen, wenn aufgrund einer anzustellenden Prognoseentscheidung feststeht, dass eine solche Arbeitserlaubnis nicht erteilt werden wird (vgl BSG, Urt. v. 27. Januar 1977 – 12 Rar 83/76 – = SozR 4100 § 19 Nr. 2; v. 22. November 1977 – 7 RAr 5/77 - = SozR 4100 § 103 Nr. 10; v. 9. August 1990 – 7 RAr 120/89 - = SozR 3-4100 § 103 Nr. 1).
Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Rechtsprechung aufzugeben. Dafür spricht auch nicht das von der Antragsgegnerin vorgetragene Argument, der Gesetzgeber habe mittlerweile die mögliche Bezugsdauer von Arbeitslosengeld verkürzt und die Arbeitslosenhilfe ganz abgeschafft. Dieses Argument zielt offensichtlich auf die in der bisherigen Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. November 1977 – 7 RAr 5/77 - = SozR 4100 § 103 Nr. 10) zu findende tatsächliche Vermutung ab, dass erst nach einem Jahr erfolgloser Vermittlungsbemühungen in eine Tätigkeit, für welche die Erteilung einer Arbeitserlaubnis in Betracht kommt, die Verfügbarkeit von Ausländern nicht mehr unterstellt werden kann. Die Antragsgegnerin meint wohl, dass die Jahresfrist ihre Funktion verloren hat, wenn an die Verfügbarkeit anknüpfende Leistungen ohnehin regelmäßig nur noch für ein Jahr gewährt werden, weswegen die entsprechende Rechtsprechung nicht mehr überzeugend sei. Dieses Argument betrifft aber nur eine von mehreren Voraussetzungen der zu treffenden Prognoseentscheidung; es widerlegt nicht den Ausgangspunkt der bisherigen Rechtsprechung, dass es für die Verfügbarkeit nicht darauf ankommt, ob eine Arbeitserlaubnis bereits erteilt worden ist.
Das auf die Jahresfrist zielende Argument führt vorliegend bereits deswegen nicht zum Erfolg der Beschwerde, weil eine negative Prognoseentscheidung (in Bezug auf die Möglichkeit der Erteilung einer Arbeitserlaubnis für eine bestimmte Tätigkeit) schon nach der bisherigen Rechtsprechung nicht allein auf Zeitablauf gestützt werden kann, sondern ebenso erfolglose Vermittlungsbemühungen voraussetzt, welche sich auf das gesamte Gebiet der dem arbeitslosen Ausländer möglichen Tätigkeiten mit Einschluss einer eventuellen Umschulung zu erstrecken haben. Selbst wenn die Jahresfrist aus den von der Antragsgegnerin vorgebrachten Gründen verkürzt werden müsste - was der Senat ausdrücklich dahingestellt sein lässt – bliebe es jedenfalls dabei, dass zunächst Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung erforderlich sind, ehe die Verfügbarkeit eines Ausländers verneint werden könnte, weil auf der Grundlage einer Prognoseentscheidung mangels geeigneter Tätigkeiten keine Möglichkeit zur Erteilung einer Arbeitserlaubnis erkennbar ist.
Es ist nicht ersichtlich und wird auch von der Antragsgegnerin nicht geltend gemacht, dass die Erteilung einer Arbeitserlaubnis an den Antragsteller aus in seiner Person liegenden Gründen von vornherein ausgeschlossen ist. Ob geeignete Tätigkeiten vorhanden sind, in die der Antragsteller vermittelt werden könnte und für welche die Erteilung einer Arbeitserlaubnis möglich wäre, hat die Antragsgegnerin bisher nicht ausreichend geprüft. Das Bundessozialgericht verlangt eine konkrete Betrachtung des Arbeitslosen und des für ihn in Frage kommenden Bereiches des Arbeitsmarktes (BSG, Urt. v. 22. November 1977 – 7 RAr 5/77 - = SozR 4100 § 103 Nr. 10). Dafür reicht die von der Antragsgegnerin bisher vorgelegte Gegenüberstellung von offenen Stellen für bestimmte Tätigkeiten und der Zahl der darauf entfallenden Arbeitsuchenden nicht aus. Danach gibt es keine tragfähige Grundlage für die Prognose, dass die Erteilung einer Arbeitserlaubnis an den Antragsteller nicht in Betracht kommt, weswegen jedenfalls zur Zeit von seiner Verfügbarkeit auszugehen ist.
Nach alledem war die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig Arbeitslosengeld zu gewähren. Auch der Senat folgt nicht der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin, wonach der Antragsteller nicht verfügbar im Sinne des § 119 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch (SGB III) ist, weil er als polnischer Staatsangehöriger gemäß § 284 SGB III für die Arbeitsaufnahme eine Arbeitserlaubnis oder Arbeitsberechtigung benötigt, die bisher nicht erteilt worden ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt die Verfügbarkeit von Ausländern nicht voraus, dass sie bereits im Besitz einer Arbeitserlaubnis sind. Denn eine Arbeitserlaubnis benötigen sie erst für die Ausübung einer Beschäftigung, nicht schon für die Suche nach einer Beschäftigung. Da Ausländer während einer Beschäftigung der Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung unterliegen, müssen sie im Falle der Arbeitslosigkeit auch die Möglichkeit haben, Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen. Wegen der für eine Beschäftigungsaufnahme erforderlichen Arbeitserlaubnis ist die Verfügbarkeit erst dann zu verneinen, wenn aufgrund einer anzustellenden Prognoseentscheidung feststeht, dass eine solche Arbeitserlaubnis nicht erteilt werden wird (vgl BSG, Urt. v. 27. Januar 1977 – 12 Rar 83/76 – = SozR 4100 § 19 Nr. 2; v. 22. November 1977 – 7 RAr 5/77 - = SozR 4100 § 103 Nr. 10; v. 9. August 1990 – 7 RAr 120/89 - = SozR 3-4100 § 103 Nr. 1).
Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Rechtsprechung aufzugeben. Dafür spricht auch nicht das von der Antragsgegnerin vorgetragene Argument, der Gesetzgeber habe mittlerweile die mögliche Bezugsdauer von Arbeitslosengeld verkürzt und die Arbeitslosenhilfe ganz abgeschafft. Dieses Argument zielt offensichtlich auf die in der bisherigen Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. November 1977 – 7 RAr 5/77 - = SozR 4100 § 103 Nr. 10) zu findende tatsächliche Vermutung ab, dass erst nach einem Jahr erfolgloser Vermittlungsbemühungen in eine Tätigkeit, für welche die Erteilung einer Arbeitserlaubnis in Betracht kommt, die Verfügbarkeit von Ausländern nicht mehr unterstellt werden kann. Die Antragsgegnerin meint wohl, dass die Jahresfrist ihre Funktion verloren hat, wenn an die Verfügbarkeit anknüpfende Leistungen ohnehin regelmäßig nur noch für ein Jahr gewährt werden, weswegen die entsprechende Rechtsprechung nicht mehr überzeugend sei. Dieses Argument betrifft aber nur eine von mehreren Voraussetzungen der zu treffenden Prognoseentscheidung; es widerlegt nicht den Ausgangspunkt der bisherigen Rechtsprechung, dass es für die Verfügbarkeit nicht darauf ankommt, ob eine Arbeitserlaubnis bereits erteilt worden ist.
Das auf die Jahresfrist zielende Argument führt vorliegend bereits deswegen nicht zum Erfolg der Beschwerde, weil eine negative Prognoseentscheidung (in Bezug auf die Möglichkeit der Erteilung einer Arbeitserlaubnis für eine bestimmte Tätigkeit) schon nach der bisherigen Rechtsprechung nicht allein auf Zeitablauf gestützt werden kann, sondern ebenso erfolglose Vermittlungsbemühungen voraussetzt, welche sich auf das gesamte Gebiet der dem arbeitslosen Ausländer möglichen Tätigkeiten mit Einschluss einer eventuellen Umschulung zu erstrecken haben. Selbst wenn die Jahresfrist aus den von der Antragsgegnerin vorgebrachten Gründen verkürzt werden müsste - was der Senat ausdrücklich dahingestellt sein lässt – bliebe es jedenfalls dabei, dass zunächst Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung erforderlich sind, ehe die Verfügbarkeit eines Ausländers verneint werden könnte, weil auf der Grundlage einer Prognoseentscheidung mangels geeigneter Tätigkeiten keine Möglichkeit zur Erteilung einer Arbeitserlaubnis erkennbar ist.
Es ist nicht ersichtlich und wird auch von der Antragsgegnerin nicht geltend gemacht, dass die Erteilung einer Arbeitserlaubnis an den Antragsteller aus in seiner Person liegenden Gründen von vornherein ausgeschlossen ist. Ob geeignete Tätigkeiten vorhanden sind, in die der Antragsteller vermittelt werden könnte und für welche die Erteilung einer Arbeitserlaubnis möglich wäre, hat die Antragsgegnerin bisher nicht ausreichend geprüft. Das Bundessozialgericht verlangt eine konkrete Betrachtung des Arbeitslosen und des für ihn in Frage kommenden Bereiches des Arbeitsmarktes (BSG, Urt. v. 22. November 1977 – 7 RAr 5/77 - = SozR 4100 § 103 Nr. 10). Dafür reicht die von der Antragsgegnerin bisher vorgelegte Gegenüberstellung von offenen Stellen für bestimmte Tätigkeiten und der Zahl der darauf entfallenden Arbeitsuchenden nicht aus. Danach gibt es keine tragfähige Grundlage für die Prognose, dass die Erteilung einer Arbeitserlaubnis an den Antragsteller nicht in Betracht kommt, weswegen jedenfalls zur Zeit von seiner Verfügbarkeit auszugehen ist.
Nach alledem war die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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