L 24 B 182/08 KR

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 2672/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 B 182/08 KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin im Urteil vom 11. März 2008 hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes geändert. Der Streitwert wird auf 105 605,22 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Mit Bescheid vom 06. Juni 2006 stellte die Beklagte unter anderem fest, dass die Beigeladene zu 1) seit dem 01. Juli 1983 nicht rentenversicherungspflichtig ist. Die Beigeladenen beantragten daraufhin mit Schreiben vom 26. Juni 2006 Erstattung der gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung für die Zeit von Juli 1983 bis Juni 2006 im Gesamtumfang von 90 258,42 EUR.

Die Klägerin hat mit dem Antrag, den Bescheid vom 06. Juni 2006 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) der Rentenversicherungspflicht ab 01. Juli 1983 unterliegt, Klage erhoben.

Mit Urteil vom 11. März 2008 hat das Sozialgericht Berlin dieser Klage im Wesentlichen entsprochen; es hat lediglich die Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen. Den Streitwert hat es auf 120 000,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klägerin habe zwei Sachanträge gestellt. Für jeden der Anträge sei ein Streitwert von 60 000,00 EUR (2 500,00 EUR für jedes zu beurteilende Jahr) anzusetzen.

Dagegen richtet sich die am 14. April 2008 eingelegte Beschwerde der Beklagten, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.

Sie hält einen Streitwert von 20 000,00 EUR für sachgerecht. Das Sozialgericht habe übersehen, dass seit dem 01. Januar 2008 § 26 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) anzuwenden sei, wonach zu Unrecht entrichtete Beiträge nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV bestimmten Frist von vier Jahren als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten. Sofern das neue Recht nicht heranzuziehen sei, müsse jedenfalls beachtet werden, dass die Klägerin die Einrede der Verjährung nach § 27 Abs. 2 SGB IV erheben könnte.

Die Klägerin verweist darauf, dass wegen der Erstattungsanträge vom 26. Juni 2006 die bis zum 31. Dezember 2007 geltende Rechtslage maßgeblich sei, so dass eine Erstattung für den gesamten Zeitraum in Betracht käme.

Die Beigeladene zu 1) hält den Streitwert ebenfalls für zu hoch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Klägerin verwiesen.

II.

Die nach § 68 Abs. 1 Sätze 1 und 3 in Verbindung mit § 63 Abs. 3 Satz 2 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässige Beschwerde ist im Umfang des Tenors begründet.

Der Senat entscheidet über diese Beschwerde in der Besetzung durch drei Berufsrichter. Zwar bestimmt § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG, dass über die Beschwerde das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet. Diese Vorschrift ist allerdings auf solche Gerichte wie das Landessozialgericht, die eine generelle Entscheidung durch den Einzelrichter nach der jeweiligen Prozessordnung nicht kennen, nicht anwendbar (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. April 2008 L 16 B 5/07 R , zitiert nach juris, unter Hinweis auf Bundesgerichtshof BGH , Beschluss vom 13. Januar 2005 V ZR 218/04 und Bundesfinanzhof BFH , Beschluss vom 29. September 2005 IV E 5/05 , zitiert jeweils nach juris).

Der Streitwert ist auf 105 605,22 EUR festzusetzen.

Die Festsetzung des Streitwertes, die nach § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 197 a Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergeht, ergibt sich aus § 52 Abs. 1 und der entsprechenden Anwendung des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist unter anderem in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Wertfestsetzung nach Ermessen kommt vorliegend deswegen in Betracht, weil der Antrag der Klägerin weder eine bezifferte Geldleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt nach § 52 Abs. 3 GKG betrifft. Mit dem angegriffenen Bescheid vom 06. Juni 2006 stellte die Beklagte (lediglich) fest, dass die Beigeladene zu 1) seit dem 01. Juli 1983 unter anderem nicht rentenversicherungspflichtig ist.

Die sich für die Klägerin ergebende Bedeutung der Sache resultiert aus ihrem wirtschaftlichen Interesse. Dieses ist zum einen darauf gerichtet, die von den Beigeladenen im Zeitraum von Juli 1983 bis Juni 2006, dem Zeitpunkt der Erteilung des angegriffenen Bescheides, gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung nicht erstatten zu müssen. Die Höhe dieser Beiträge bestimmt mithin das wirtschaftliche Interesse.

Nach den Erstattungsanträgen der Beigeladenen vom 26. Juni 2006 belaufen sich diese Beiträge für den genannten Zeitraum auf insgesamt 90 258,42 EUR.

Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin ist zum anderen darauf bezogen, auch zukünftig, also für Zeiträume nach Erteilung des Bescheides vom 06. Juni 2006, Beiträge zur Rentenversicherung zu erhalten. In entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG, wonach bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend ist, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist, ist das im Dreijahreszeitraum zu erwartende Beitragsaufkommen zur Rentenversicherung zu berücksichtigen. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG soll den Anspruch der Betroffenen auf die vereinbarte Vergütung bei Fortbestehen des Dienst- beziehungsweise Arbeitsverhältnisses oder auf andere wiederkehrende Leistungen wahren. Dieselbe Interessenlage liegt bei wiederkehrenden Ansprüchen auf Beiträge zur Rentenversicherung aus einem Beschäftigungsverhältnis vor, so dass eine analoge Anwendung dieser Vorschrift gerechtfertigt ist.

Nach dem Erstattungsantrag der Beigeladenen vom 26. Juni 2006 betrugen die jährlichen Beiträge zur Rentenversicherung in den Jahren 2004 und 2005 jeweils 5 115,60 EUR und im ersten Halbjahr des Jahres 2006 2 557,80 EUR, also die Hälfte der vorangegangenen jeweiligen Jahresbeiträge. Im Dreijahreszeitraum kann somit mit einem Beitragsaufkommen zur Rentenversicherung von jeweils 5 115,60 EUR, also mit einem Gesamtbetrag von 15 346,80 EUR gerechnet werden.

Der Streitwert ist daher einerseits aus den zu erstattenden Beiträgen von 90 258,42 EUR und andererseits aus den zu erwartenden Beiträgen von 15 346,80 EUR zu bilden, woraus sich ein Streitwert von 105 605,22 EUR ergibt.

Die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 GKG liegen entgegen der Ansicht des Sozialgerichts nicht vor.

Nach dieser Vorschrift werden die Werte mehrerer Streitgegenstände in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Mit dem Begriff des Streitgegenstandes wird zwar grundsätzlich am prozessualen Anspruch, also dem vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichteten Begehren der im Klageantrag bezeichneten Entscheidung (vgl. insoweit Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage, § 95 Rdnr. 5), angeknüpft. Der oder die Streitgegenstände werden somit maßgeblich durch den Antrag des Klägers umrissen. Stellt der Kläger zwei Anträge, ist davon auszugehen, dass zwei prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden (Meyer Ladewig, a. a. O., § 95 Rdnr. 5 a). Ein Antrag, der auf Aufhebung eines Bescheides gerichtet ist, stellt mithin gegenüber einem Antrag, der auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist, einen anderen Streitgegenstand dar, was insbesondere an § 99 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 SGG deutlich wird, wonach der Übergang von einer Klageart zu einer anderen Klageart bei unverändertem Klagegrund nicht als Klageänderung, also als Änderung des Streitgegenstandes, gilt (Meyer Ladewig, a. a. O., § 99 Rdnrn. 4 bis 5 sowie Rdnrn. 2 und 2 a). Dieser Regelung hätte es nicht bedurft, wenn derselbe Streitgegenstand betroffen wäre. Bei der Auslegung des Begriffes des Streitgegenstandes in § 39 Abs. 1 GKG ist jedoch auch der Zweck dieser Vorschrift zu berücksichtigen. Eine Zusammenrechnung von Werten mehrerer Streitgegenstände ist geboten und gerechtfertigt, wenn darin ein höheres wirtschaftliches Interesse des Klägers im Rechtsstreit zum Ausdruck kommt, das wiederum Grund für die am Streitwert festgemachten höheren Gebühren ist. Eine Zusammenrechnung nach § 39 Abs. 1 GKG setzt daher voraus, dass die mehreren Streitgegenstände jeweils einen selbständigen wirtschaftlichen Wert oder, im Fall nichtvermögensrechtlicher Streitigkeiten, einen selbständigen materiellen Gehalt haben (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. November 2007 19 E 220/07 , zitiert nach juris, m. w. N.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 14. Februar 2007 5 C 07.369 , zitiert nach juris; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. August 2006 5 S 455/06 , zitiert nach juris). Bei der Prüfung eines jeweils selbständigen wirtschaftlichen Wertes oder materiellen Gehaltes als Voraussetzung für eine Zusammenrechnung der Werte mehrerer Streitgegenstände ist sowohl das konkrete Rechtsschutzziel des Klägers als auch das materiell-rechtliche Verhältnis der prozessualen Ansprüche zueinander zu berücksichtigen (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. November 2007 19 E 220/07 ).

Ein selbständiger wirtschaftlicher Wert resultiert aus dem Feststellungsantrag nicht. Dem Interesse der Klägerin, Beiträge zur Rentenversicherung nicht erstatten zu müssen beziehungsweise zukünftig zu erhalten, wird in vollem Umfang bereits durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 06. Juni 2006 Genüge getan. Dies wird auch daran deutlich, dass das Sozialgericht aus diesem Grund ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der baldigen Feststellung verneint hat.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Bedeutung der Sache für die Klägerin hinsichtlich der Zeiträume vor Erteilung des Bescheides vom 06. Juni 2006 nicht beschränkt. Dies folgt daraus, dass die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 06. Juni 2006 das wirtschaftliche Risiko der Klägerin bezüglich des gesamten streitigen Zeitraums überhaupt erst begründet und damit die Ursache für den Rechtsstreit in diesem Umfang gesetzt hat. Wenn die Beklagte der Auffassung gewesen sein sollte, dass den Beigeladenen aus Rechtsgründen im genannten Umfang kein Erstattungsanspruch zustehen kann, ist nicht ersichtlich, weswegen sie den Antrag der Beigeladenen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung insoweit als zulässig angesehen hat. Für die Feststellung, dass keine Rentenversicherungspflicht (in der Vergangenheit) bestand, ist ein Rechtsschutzbedürfnis der Beigeladenen allein im Hinblick auf eine Erstattung der Beiträge zur Rentenversicherung anzunehmen. Ist eine solche Erstattung aus Rechtsgründen nicht möglich, ist eine solche Feststellung ohne irgendeinen Nutzen.

§ 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV ist, wenn der Antrag auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung vor In Kraft Treten dieser Vorschrift am 01. Januar 2008 gestellt wurde, für Zeiträume bis zu diesem Zeitpunkt nicht anwendbar. Der Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht entrichteter Beiträge ist Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG), weil er unter anderem überwiegend auf eigener Leistung beruht (Bundessozialgericht BSG – Urteil vom 15. Dezember 1977 – 11 RA 74/77, abgedruckt in SozR 2200 § 1424 Nr. 7 = BSGE 45, 251). Die Umgestaltung dieses Anspruches durch § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV verletzt zwar dieses Eigentumsrecht nicht, denn sie ist mit Leistungsansprüchen in der Rentenversicherung verbunden (vgl. auch BSG, Urteil vom 29. Januar 1998 – B 12 KR 11/97 R, abgedruckt in SozR 3 2400 § 26 SGB IV Nr. 10). Mit dem Antrag vom 26. Juni 2006 auf Erstattung der Beiträge zur Rentenversicherung haben die Beigeladenen vor dem 01. Januar 2008 alles getan, damit dieser Anspruch realisiert werden kann. Zu diesem Zeitpunkt wäre ihrem Antrag auf Erstattung zu entsprechen gewesen. Die Dauer des Verwaltungsverfahrens kann daher nicht zu ihren Lasten gehen.

Nach dem bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Recht der §§ 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und § 27 Abs. 2 SGB IV ist Verjährung nicht eingetreten.

Nach § 26 Abs. 1 SGB IV gilt: Sind Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden, gilt § 45 Abs. 2 SGB X entsprechend. Beiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge.

Die Bezugnahme auf § 45 Abs. 2 SGB X bedeutet, dass eine Beanstandung nicht mehr möglich ist und die Beiträge daher als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten, wenn der Beschäftigte auf die Wirksamkeit der Beiträge vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Beanstandung schutzwürdig ist. Sofern allerdings der Beschäftigte auf einen solchen Vertrauensschutz verzichtet, wie dies die Beigeladene zu 1) im Erstattungsantrag vom 26. Juni 2006 getan hat, ist zugunsten des Beschäftigten nichts in die Abwägung mit dem öffentlichen Interesse einzustellen, so dass der Wiederherstellung der materiellen Rechtslage Vorrang gebührt. Damit gelten die entrichteten Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung nicht als zu Recht entrichtet und sind zu beanstanden.

Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahres der Beanstandung (§ 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV). Diese Vorschrift ist sowohl von ihrem Sprachgebrauch als auch inhaltlich allein auf die Beiträge zur Rentenversicherung zugeschnitten, denn die anderen Sozialversicherungszweige kennen das Rechtsinstitut der Beanstandung nicht. Insoweit gilt § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, wonach der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind, verjährt (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 1986 7 RAr 121/84 , abgedruckt in USK 86104 für den Bereich der Arbeitslosenversicherung; BSG, Urteil vom 25. April 1991 12 RK 31/90 , abgedruckt in SozR 3 2400 § 27 Nr. 1 = BSGE 68, 269 für den Bereich der Krankenversicherung).

Der Unterschied zur Rentenversicherung beruht auf einem anderen Verhältnis der Beitrags- zur Leistungsseite. In der Rentenversicherung werden durch die Entrichtung von Beiträgen Anwartschaften erworben, die bei Eintritt von Versicherungsfällen zu Leistungsansprüchen erstarken; die Beitragsentrichtung wirkt für die Zukunft. Wird der hierauf beruhende Vorsorgeplan des "Versicherten" durch die Beanstandung enttäuscht, so sollen die Beiträge erstattet werden, wenn mit ihnen künftig Leistungen nicht (mehr) erworben werden können. Das soll nicht daran scheitern, dass die nach der Beitragsentrichtung beginnende Verjährungsfrist im Zeitpunkt der Beanstandung schon ganz oder teilweise abgelaufen ist. So gesehen erweist sich die Ausnahmeregelung des § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV als speziell rentenversicherungsrechtlich zu erklärende Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (BSG, Urteil vom 25. April 1991 12 RK 31/90 ). Diesen Rechtszustand zu beseitigen, hat zur Schaffung des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV geführt. In der Gesetzesbegründung (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, BT Drucksache 16/6540, Seite 23 zu Nr. 14 [§ 26]) heißt es: Die bisherige Rechtslage, wonach zu Unrecht entrichtete Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Einzelfall viele Jahre rückwirkend erstattet werden müssen, wird geändert.

Die Festsetzung des Streitwertes ist daher zu ändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG, wonach das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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