L 4 KN 91/04 KR

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 KN 88/04 KR
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 KN 91/04 KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KN 3/08 KR R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert beider Instanzen wird auf 687,02 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin weitere 687,02 EUR für die stationäre Behandlung des Patienten Joachim K. während der Zeit vom 16. Februar 2001 bis 5. März 2001 zu zahlen hat.

Die Klägerin ist Trägerin des G. -Klinikums Z. , dass in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Der 1926 geborene Joachim K. (im Folgenden: der Versicherte), war im Jahr 2001 bei der Beklagten krankenversichert. Nach einer Verordnung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 16. Februar 2001 wurde er vom 16. Februar 2001 bis zum 5. März 2001 wegen des Verdachts auf einen rechtsseitigen Bauchtumor im Klinikum der Klägerin stationär behandelt. Die Beklagte erteilte darüber eine schriftliche Kostenzusage, die u.a. lautete:

"die Bundesknappschaft übernimmt vom 16. Februar 2001 an die Kosten der medizinisch notwendigen vollstationären Krankenhausbehandlung/stationären Entbindung in Höhe der allgemeinen Krankenhausleistungen. Diese Kostenzusage gilt für die ärztlicherseits als medizinisch notwendig angesehene Verweildauer. Wir behalten uns eine zwischenzeitliche Prüfung über die weitere Notwendigkeit der stationären Behandlung vor."

Am 15. März 2001 rechnete die Klägerin die Behandlung bis zum Sonntag, den 4. März 2001 in Höhe von 3.771,44 EUR ab. Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 10. April 2004 gegen diese Abrechnung und machte geltend: Die Krankenhausbehandlung des Versicherten sei ab dem 2. März 2001 nicht mehr nachvollziehbar und bedürfe einer detaillierten medizinischen Begründung bzw. der Übersendung aussagefähiger Unterlagen. Nach Eingang der Antwort werde der Sozialmedizinische Dienst (SMD) eingeschaltet. Der Behandlungsfall sei daher nur in Höhe von 3.084,42 EUR zu vergüten und die Behandlung für den 3. März 2001 bis 4. März 2001 nicht erforderlich.

Am 22. Mai 2001 schlossen die Beteiligten eine Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2001. Diese Vereinbarung enthält in § 9 folgende Zahlungsregelung:

"Der Rechnungsbetrag ist spätestens 15 Arbeitstage nach Eingang der Rechnung fällig. Die Rechnungen sind kontinuierlich und vollständig mit den Daten nach § 301 SGB V zu legen. Nach Mahnung können bei Überschreitung des Fälligkeitstermins Verzugszinsen in Höhe von 4 % p.a. erhoben werden."

Mit Schreiben vom 30. November 2001 wandte sich die Klägerin gegen die Kürzung der streitigen Rechnung und machte geltend: Die Behandlung der Patienten erfolge durchgehend an sieben Tagen in der Woche. Ein bevorstehendes Wochenende sei daher kein ausreichender Grund, um eine vorzeitige Entlassung zu veranlassen. Im Dezember 2001 bat die Beklagte erneut um die Übersendung aussagefähiger Unterlagen an sich bzw. direkt an den SMD. Hierbei gab sie die genaue Anschrift des SMD und des dort zuständigen Arztes an.

Im März 2003 mahnte die Klägerin u.a. die vollständige Zahlung für die Behandlung des Versicherten an. Die Beklagte schaltete den SMD ein, der im Mai 2003 erfolglos von der Klägerin die Übersendung des Entlassungsberichts und eines OP-Berichts verlangte.

Die Klägerin erhob am 1. Juli 2003 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (S 16 KN 337/03 KR) und trug vor: Die Beklagte habe mit Schreiben vom 10. April 2001 zu Unrecht die Herausgabe von Patientenunterlagen an sich selbst verlangt. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 R sei sie verpflichtet, einen Prüfauftrag an den SMD zu vergeben, der allein berechtigt sei, entsprechende Krankenunterlagen des Versicherten einzusehen. Die Krankenkasse müsse nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung substantiierte Einwendungen gegen Krankenhausabrechnungen erheben. Geschehe dies – wie hier – nicht, führe dies zu einem Einwendungsausschluss, wenn sich die Beweislage für den Leistungserbringer verschlechtert habe.

In einem von ihr vorgelegten Behandlungs- und Befundbericht berichtete Chefarzt B. unter dem 7. März 2001: Die stationäre Aufnahme des Versicherten sei wegen akuter rechtsseitiger Oberbauchschmerzen mit Fieber, entfärbtem Stuhl und dunklem Urin erfolgt. Nach einer sonografischen Untersuchung habe sich der Verdacht auf ein Gallensteinleiden ergeben. Die noch am Aufnahmetag durchgeführte endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatographie (ERCP) habe diesen Verdacht auch bestätigt. Danach sei ein kleiner Gallenstein endoskopisch beseitigt worden, was zu einer deutlichen Besserung geführt habe. Wegen einer primär festgestellten Blutarmut und eines zunächst vom Versicherten verschwiegenen Teerstuhls sei am 22. Februar 2001 eine Gastroskopie veranlasst worden. Ein hierbei festgestellter Anastomoseulkus ohne aktive kreislaufrelevante Blutung sei mit Adrenalin behandelt worden. Die Laboruntersuchung vom 4. März 2001 habe einen HB von 6,6, einen Hk-Wert von 0,29 sowie Thrombo-Werte von 209 und Leukowerte von 7,1 ergeben.

Die Beklagte leitete diesen Befund an den SMD weiter, der in einer nicht unterzeichneten Stellungnahme vom 28. Oktober 2003 ausführte: Aus dem vorgelegten Entlassungsbericht sei die Intensität der Anämie am Anfang der Behandlung nicht zu erkennen. Zwischenzeitliche Kontrollen und entsprechende Einzelwerte seien auch nicht bekannt. Anhand des vorliegenden Befundes könne die Notwendigkeit der stationären Behandlung über den 2. März 2001 nicht eindeutig nachvollzogen werden.

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2003 forderte der SMD die Klägerin erfolglos zu einer detaillierten Begründung auf und fügte seine Stellungnahme vom 28. Oktober 2003 bei.

Das Sozialgericht Magdeburg hat sich mit Beschluss vom 11. Mai 2004 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Halle verwiesen.

Mit Urteil vom 7. Oktober 2004 wies das Sozialgericht Halle den Antrag der Klägerin auf Zahlung von weiteren 687,02 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 10. April 2001 ab. Ein Zahlungsanspruch ergebe sich nicht aus § 9 der Pflegesatzvereinbarung. Dieser begründe – bei entsprechenden Einreden – keine unbedingte Pflicht auf vorläufige Zahlung. Auch eine Verwirkung des Anspruchs komme nicht in Betracht. Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des BSG sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Klägerin habe sich ohne Rechtsgrund beharrlich geweigert, den SMD bei der Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes zu unterstützen. Dieses treuwidrige Verhalten führe zu einer endgültigen Verwirkung ihres Zahlungsanspruchs.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 21. Oktober 2004 zugestellte Urteil am 16. November 2004 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und geltend gemacht: Die Beklagte sei auf der Grundlage der Pflegesatzvereinbarung verpflichtet gewesen, unabhängig von einem durchzuführenden Prüfverfahren, die vorgelegte Rechnung in jedem Fall zum vereinbarten und bereits verstrichenen Fälligkeitstermin zu zahlen. Entgegen der gesetzlichen Regelungen habe die Beklagte den SMD nicht zeitnah mit der Prüfung der streitigen Krankenhausbehandlung beauftragt. Auch habe sie entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Herausgabe von Behandlungsunterlagen an sich selbst verlangt. Die Klägerin sei lediglich verpflichtet, bereits existierende Sozialdaten dem SMD zur Verfügung zu stellen. Dagegen müsse sie keine Entlassungsberichte, OP-Berichte oder qualifizierte Erklärungen über Therapie und Verlauf der Behandlung abgeben bzw. neu anfertigen. Die Beklagte sei daher ihren Darlegungs- und Beweispflichten nicht nachgekommen und mit ihren Einwänden ausgeschlossen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 687,02 EUR nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 10. April 2001 zu zahlen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Berichterstatter forderte die Klägerin mit Schreiben vom 1. Juni 2005 sowie vom 23. Januar 2007 und mit Schreiben vom 9. Februar 2007 erfolglos auf, die Patientenakte zur Gerichtsakte zu reichen.

Die Klägerin hielt an ihrer Rechtsauffassung fest und meinte, der Rechtsstreit sei ohne weitere Ermittlungen entscheidungsreif. Die Beklagte habe in grober Weise den Beschleunigungsgrundsatz und das gesetzliche Prüfungsverfahren verletzt, was jedwede Einwendung ausschließe. Das Anschreiben des SMD vom 21. Mai 2003 habe keine Unterschrift enthalten und sei auch inhaltlich fehlerhaft gewesen, da es einen Entlassungsbericht bzw. einen OP-Bericht nie gegeben habe. Es sei nicht möglich, nicht vorhandene Sozialdaten zu übermitteln. Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, weil der Beschwerdewert von 500 EUR überschritten wird. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG) und damit zulässig.

Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, weil es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 17. Mai 2000 – B 3 KR 33/99 R, zitiert nach Juris; stRspr).

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Krankenhausaufenthalt des Versicherten für die Zeit vom 2. März 2001 bis 4. März 2001 zu. Eine Zahlungspflicht der Beklagten ergibt sich weder aus ihrer Kostenzusage (dazu im Folgenden unter 1.), der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2001 (dazu im Folgenden unter 2.), sowie den gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen (dazu im Folgenden unter 3.) und aus einem möglichen Einwendungsausschluss der Beklagten wegen der Verletzung ihrer Pflichten aus dem Prüfungsverfahren (dazu im Folgenden unter 4.).

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruch der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 des Sozialgesetzbuchs Fünfter Teil – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2001. Die Zahlungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Der Behandlungspflicht der zur Versorgung der Versicherten zugelassenen Krankenhäuser im Sinne des § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) nach Maßgabe der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträgern festgelegt wird (BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R). Die Klägerin betreibt ein so genanntes Plankrankenhaus im Sinne des § 108 Nr. 2 SGB V, dass in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen wurde und für das deshalb der Abschluss eines Versorgungsvertrages gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V fingiert wird. Ein Sicherstellungsvertrag zwischen den Beteiligten besteht nicht. Da es hieran fehlt, verbleibt als vertragliche Regelung nur die Pflegesatzvereinbarung.

Eine Krankenkasse ist nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung zur Zahlung der vereinbarten Entgelte nur verpflichtet, wenn die Versorgung im Krankenhaus im Sinne des § 39 SGB V erforderlich war. Nach § 39 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsergebnis nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akut stationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation.

1. Die Kostenzusage der Beklagten im Schreiben vom 12. März 2001 begründet keinen eigenständigen Zahlungsanspruch der Klägerin.

Eine vorbehaltlose Kostenzusage einer Krankenkasse über eine stationäre Aufnahme eines Versicherten führt nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu einem eigenen Anspruch aus einem sog. konstitutiven Schuldanerkenntnis. Vielmehr hat das BSG - bei ordnungsgemäßer Dokumentation des Krankenhauses im Übrigen - die vorbehaltlose Kostenzusage einer Krankenkasse lediglich als deklaratorisches Schuldanerkenntnis mit allenfalls beweisrechtlichen Auswirkungen bewertet (dazu grundlegend: BSG, Urteil vom 17. März 2000 – B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 R). Diese Beweiswirkung kann jedoch nur dann entstehen, wenn der Erklärung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Zusammenhang entsprechend des objektiven Empfängerhorizonts (vgl. §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) ein derartiger Erklärungsgehalt entnommen werden kann.

Aus dem Schreiben der Beklagten vom 12. März 2001 lässt sich keine vorbehaltlose Kostenübernahmeerklärung ableiten. Dies setzt eine vorläufige Erklärung der Beklagten voraus, im konkreten Fall – ohne jede weitere Einschränkung – von der Erforderlichkeit der stationären Behandlung des Versicherten ab dem 16. Februar 2001 bis auf auszugehen. Aus dem Schreiben ist jedoch eine ausdrückliche Feststellung des Vorliegens der stationären Behandlungsbedürftigkeit des Versicherten nicht erkennbar. Gegen einen derartigen Erklärungswillen der Beklagten spricht jedoch ihr ausdrücklicher Vorbehalt, nur für medizinisch notwendige Behandlungen einstehen zu wollen und sich weitere Prüfungen ausdrücklich vorzubehalten. Die Beklagte hat mit der Kostenzusage daher keine verbindliche Entscheidung zur Notwendigkeit der Behandlung getroffen.

2. Auch aus der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2001 lässt sich kein Zahlungsanspruch der Klägerin rechtfertigen.

Nach § 9 der Pflegesatzvereinbarung ist der Rechnungsbetrag spätestens 15 Arbeitstage nach Eingang der Rechnung fällig. Diese Vertragsregelung enthält keine Regelung über das Prüfungsverfahren der Beteiligten, sondern beschränkt sich im Wortlaut ausschließlich auf die Frage der Fälligkeit. Der von der Klägerin behauptete Einwendungsausschluss lässt sich daher vom Wortlaut dieser Vereinbarung nicht begründen.

Der Senat setzt sich mit dieser Auslegung nicht in einen entscheidenden Widerspruch zu der Rechtsprechung des 3. Senats des BSG (Urteil vom 28. Mai 2003 – B 3 KR 10/02 R, zitiert nach Juris). Dieser hat eine gleich lautende Pflegesatzvereinbarung aus dem Jahr 2000 weiter ausgelegt und hierzu wörtlich ausgeführt:

"Damit ist der Beklagten einvernehmlich eine Prüfungs- und Zahlungsfrist von 15 Arbeitstagen eingeräumt worden (§ 271 Abs. 2 BGB). Der Rechnungsbetrag wird mit Ablauf dieser Frist fällig, ohne dass es, wie z.B. bei Werkleistungen (vgl. §§ 640, 641 BGB) in Form der Abnahme, auf eine zusätzliche fälligkeitsauslösende Erklärung der KK (z.B. Anerkennung) ankäme. Es liegt aber auf der Hand, dass bei Ablauf dieser Frist die von der Krankenkasse durchzuführende Prüfung, ob die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind und nach ihren jeweiligen Voraussetzungen sowie nach Art und Umfang notwendig waren (§ 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), auch bei zügiger Bearbeitung vielfach noch nicht abgeschlossen sein kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn der MDK mit einer gutachtlichen Stellungnahme beauftragt worden ist, weil sich die Krankenkasse zu einer eigenen fachlich fundierten Beurteilung nicht in der Lage sieht, und/oder das Krankenhaus angeforderte Krankenunterlagen erst kurz vor Ablauf dieser Frist oder sogar danach übersendet. Diese nahe liegende Fallkon-stellation kann von den Beteiligten bei Abschluss der Pflegesatzvereinbarung nicht übersehen worden sein; dennoch haben sie dafür keine fristverlängernde Regelung vereinbart. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass die Krankenkasse unabhängig von der Einleitung oder dem rechtzeitigen Abschluss eines solchen Prüfungsverfahrens eine ihr vorgelegte Rechnung des Krankenhauses auf jeden Fall spätestens am 16. Arbeitstag nach deren Zugang zu begleichen hat (vgl. § 188 Abs. 1 BGB)."

Diese unbedingte Pflicht der Krankenkasse innerhalb der vereinbarten Zahlungsfrist zu zahlen, gilt nach bisheriger Rechtsprechung nur dann nicht, wenn schon nach dem Vorbringen des Leistungserbringers von einer medizinisch nicht notwendigen stationären Behandlung auszugehen wäre (BSG Urteil vom 28. Mai 2003 – B 3 KR 10/02, zitiert nach Juris) oder innerhalb der Frist bereits substantiiert begründete Einwendungen der Krankenkasse gegen die Abrechnung erhoben worden sind (BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 – B 3 KR 20/03 R, zitiert nach Juris). Hieraus ergibt sich eine Darlegungs- und Beweislast zu Lasten der Krankenkassen, die sich aus einem Anscheinsbeweis (so noch BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001, B 3 KR 11/01 R, zitiert nach Juris) bzw. einer sog. Einschätzungsprärogative des behandelnden Krankenhausarztes (so ab BSG, Urteil 12.05.2005 – B 3 KR 30/04 R, zitiert nach Juris) rechtfertigt.

Diese Rechtsprechung des 3. Senats des BSG kann nach dem Beschluss des Großen Senats vom 25. September 2007 – GS 1/06 (zitiert nach Juris) so nicht mehr aufrechterhalten bleiben. In dem Beschluss des Großen Senats des BSG wird ausdrücklich klargestellt, dass die Entscheidung darüber, ob dem Versicherten ein Anspruch auf Gewährung vollstationärer Krankenhausbehandlung als Sachleistung zusteht und darin eingeschlossen die Entscheidung, ob eine stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, nicht dem Krankenhaus, sondern allein der Krankenkasse obliegt, gegen die sich der Anspruch richtet. In Fällen, in denen ein Versicherter wegen einer akuten Erkrankung oder eines Krankheitsverdachts ohne vorherige Konsultation der Krankenkasse stationär aufgenommen wurde, entscheidet die Krankenkasse über den Behandlungsanspruch lediglich indirekt, indem sie, erforderlichenfalls nach Einschaltung des MDK, dem die Leistung erbringenden Krankenhaus eine – in der Regel befristete – Kostenzusage (Kostenübernahmeerklärung) erteilt. In allen Fällen kann die Krankenkasse vor ihrer Entscheidung die Erforderlichkeit der stationären Behandlung eigenständig und ohne Bindung an die Beurteilung des zuständigen Krankenhausarztes uneingeschränkt prüfen. Die weite Kontrollmöglichkeit der Krankenkasse und die fehlende Bindung an die Bewertung des behandelnden Krankenhausarztes ändert die Darlegungs- und Beweislast zu Gunsten der Krankenkasse. Die Annahme des 3. Senats des BSG aus einer gleich lautenden Pflegesatzvereinbarung einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Krankenhauses herzuleiten und die Einwendungsmöglichkeiten der Krankenkasse durch besondere Substantiierungslasten zu verschärfen, lässt sich vor dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung des Großen Senats nicht mehr rechtfertigen. Vielmehr steht der Krankenkasse ein freier Gestaltungsrahmen zu, ob und in welcher Form sie Einwendungen gegen die Abrechnung erheben will, sofern dies noch im Einklang mit dem vertraglich vereinbarten oder gesetzlichen Prüfungsverfahren steht. Ein unmittelbarer Zahlungsanspruch der Klägerin kann aus § 9 der Pflegesatzvereinbarung daher nicht mehr abgeleitet werden.

3. Der Senat kann durch die endgültige Weigerung der Klägerin, die bei ihr vorhandene Patientenakte dem Gericht zur Verfügung zu stellen, nicht feststellen, ob die Versorgung im Krankenhaus im Sinne des § 39 SGB V erforderlich war und die Krankenkasse nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung die vereinbarten Entgelte zahlen muss. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Großen Senats des BSG sind die Gerichte jedoch bei der rückschauenden Beurteilung gehalten, diese Prüfung einem unabhängigen Sachverständigen zu überlassen und im Streitfall den Sachverhalt vollständig aufzuklären. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nachträglich für einen zurückliegenden Zeitraum bestreitet (BSG, Großer Senat, a.a.O.).

Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet. Dies ist bei anspruchsbegründenden Tatsachen also der jeweilige Kläger (vgl. bereits BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, 2 RU 31/90, zitiert nach Juris). Aus den oben genannten Gründen kann nach der Entscheidung des Großen Senats (a.a.O.) nicht mehr von einer Einschätzungsprärogative des behandelnden Krankenhausarztes und damit auch nicht mehr von einer gesonderten Darlegungs- und Beweislast sowie einer qualifizierten Substantiierungslast von Einwendungen zu Lasten der Krankenkasse in den Krankenhausabrechnungsfällen ausgegangen werden. Damit verbleibt der Klägerin grundsätzlich als Leistungserbringer und Anspruchsteller die objektive Beweislast für den von ihr geltend gemachten Anspruch. Der Zahlungsanspruch gegen die Beklagte ist durch die endgültige Weigerung der Klägerin, die Patientenakte zu übersenden und den medizinischen Sachverhalt weiter aufzuklären, nicht mehr überprüfbar. Dies führt zur Klageabweisung, sofern nicht ausnahmsweise auf beweisrechtlicher Ebene ein Einwendungsausschluss der Beklagten in Betracht kommt, der eine gerichtliche Sachaufklärung überflüssig machen würde.

4. Der Beklagten sind keine schwerwiegenden Verletzungen des Prüfungsverfahrens vorzuwerfen, die einen Einwendungsausschluss rechtfertigen können. Ihre Überprüfung, ob eine Krankenhausbehandlung am Wochenende erforderlich war, ist weder vertraglich noch gesetzlich ausgeschlossen (dazu unter a.). Überdies rechtfertigt nicht jede Verletzung des gesetzlichen Prüfungsverfahrens einen Einwendungsausschluss (dazu unter b.). Dies gilt insbesondere dann nicht, wenn – wie hier – der Leistungserbringer seine eigenen Mitwirkungspflichten am Verfahren erheblich verletzt hat (dazu unter c.).

a. Aus der Pflegesatzvereinbarung 2001 ergeben sich keine Regelungen, in welcher Weise von den Beteiligten das Prüfungsverfahren durchzuführen ist. Mögliche Pflichtverletzungen der Beklagten können sich daher nur aus dem Gesetz ergeben. Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der zum Behandlungszeitpunkt gültigen Fassung stand der Krankenkasse das Recht zu, eine Krankenhausabrechnung rechnerisch und sachlich zu kontrollieren. Seinem Wortlaut nach darf die Krankenkasse gemäß § 275 Abs. 1 Ziff.1 SGB V bei der Erbringung von Leistungen die Voraussetzungen, die Art und den Umfang der Leistungen überprüfen. Mit dieser Vorschrift soll eine Wirtschaftlichkeitskontrolle der Leistungen ermöglicht werden, um festzustellen ob sich die Behandlung auf das medizinisch Ausreichende, Zweckmäßige und Notwendige beschränkt oder ob sie nach ihrem Umfang darüber hinausgeht (BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R, zitiert nach Juris). Die Überprüfung der Dauer der Behandlung des Versicherten vom 3. März 2001 bis 4. März 2001 durch die Beklagte ist daher vom Wortlaut des § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gedeckt.

Die Annahme der Klägerin, es sei bereits sachwidrig, eine Überprüfung von Krankenhausentlassungen nur deswegen zu veranlassen, weil diese an einem Montag erfolgt seien, lässt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht rechtfertigen. Die Überprüfung derartiger Wochenendaufenthalte von Seiten der Beklagten ist auch nicht willkürlich. Gerade an den Wochenenden ist die Personalstärke in den Krankenhauseinrichtungen erfahrungsgemäß reduziert und das jeweilige Behandlungsspektrum herabsetzt. Die Frage, ob ein Versicherter, der an einem Montag entlassen worden ist, nicht schon am Freitag hätte entlassen werden können, ist vor diesem Hintergrund eine zumindest nachvollziehbare und wirtschaftlich verständliche Fragestellung eines Einzelfalls und rechtfertigt die Einleitung eines Überprüfungsverfahren nach § 275 Abs. 1 Ziff. 1 SGB V.

Zur Sicherung eines Prüfungsverfahrens muss den Krankenkassen bei der jeweiligen Durchführung ein weiter Gestaltungsrahmen zugebilligt werden. Dies entspricht auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das BSG (Urteil vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R, zitiert nach Juris) hat sich beispielsweise in einem Abrechnungsfall über den damaligen Gesetzeswortlaut des § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V hinweggesetzt und die Prüfungspflicht der Krankenkassen auf Fallpauschalen und Sonderentgelte ausgedehnt. Dies hat dann auch in der Folgezeit zu einer entsprechenden Klarstellung des Gesetzgebers geführt. Nach Art 1 Nr. 6b des Gesetzes zur Einführung des diagnoseorientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (Fallpauschalengesetz (FPG)) vom 23. April 2002 (BGBl I 1412) sind die Prüfungsrechte der Krankenkassen mit Wirkung zum 1. Januar 2003 entsprechend erweitert worden.

Nach der Rechtsprechung des BSG können nur sehr schwerwiegende Verletzungen des Prüfungsverfahrens ausnahmsweise einen Einwendungsausschluss über eine analoge Anwendung des § 242 BGB rechtfertigen, wenn die Grenze des Rechtsmissbrauchs überschritten ist. Das BSG hat eine solche Konstellation bislang nur einmal angenommen (Urteil vom 13. Dezember 2001, B 3 KR 11/01 R, sog. "Berliner Fälle", zitiert nach Juris). Die damals beklagte Krankenkasse hatte in einer Vielzahl von Fällen und ausnahmslos die Verweildauer ihrer Versicherten in den jeweils klagenden Universitätskrankenhäusern allein unter Hinweis auf eine angeblich statistisch festgestellte allgemeine Überschreitung der durchschnittlichen Verweildauer pauschal angezweifelt. Damit verstieß sie gegen anders lautende vertragliche Vereinbarungen. Wegen dieser schwerwiegenden Vertragsverletzung und des von der Krankenkasse zu vertretenen erheblichen Zeitablaufs zwischen der Behandlung und der Einleitung des Prüfungsverfahrens bejahte das BSG einen Einwendungsausschluss und hielt eine gerichtliche Sachaufklärung zur Frage der Notwendigkeit und Dauer der jeweiligen Krankenhausbehandlung für nicht mehr erforderlich (vgl. auch BSG, Urteil vom 28. September 2006 - B 3 KR 23/05 R, zitiert nach Juris).

Der vorliegende Fall ist mit dem Sachverhalt der sog. "Berliner Fälle" nicht vergleichbar. Die Klägerin kann sich bereits nicht auf die Verletzung einer vertraglichen Regelung stützen. Demgegenüber räumt das Gesetz – wie bereits ausgeführt – den Krankenkassen bei der Prüfung einen eher weiteren Gestaltungsrahmen ein. Erst durch die Schaffung des § 275 Abs. 1 (1c) SGB V n.F. hat der Gesetzgeber seit dem 1. April 2007 die Anforderungen an das Prüfungsverfahren der Krankenkassen verschärft. Nach dieser neuen Regelung ist die Prüfung zeitnah durchzuführen und spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und über den Medizinischen Dienst gegenüber dem Leitungserbringer anzuzeigen. Unbegründete Prüfungsverfahren rechtfertigen dabei eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zu Lasten der Krankenkasse. Weitergehende Rechtsfolgen, insbesondere ein möglicher Einwendungsausschluss enthält die gesetzliche Regelung dagegen nicht. Für den Zeitraum vor dem 1. April 2007 – wie hier – bleibt für eine an § 275 Abs. 1 (1c) SGB V orientierte Bewertung ohnehin kein Raum. Vielmehr können für diese Zeit mögliche Verletzungen im Prüfungsverfahren nur an den allgemeinen Rechtsgrundsätzen wie § 242 BGB gemessen werden. Doch selbst wenn die rechtliche Wertung des § 275 Abs. 1 (1c) SGB V übernommen werden würde, führt ein Verstoß gegen das geregelte Prüfungsverfahren nach dem Gesetz nicht zu einem völligen Einwendungsausschluss.

Im Gegensatz zum vorliegenden Fall konnte in den vom BSG entschiedenen sog. "Berliner Fällen" der jeweilige Leistungserbringer durch rein statistisch begründete Rechnungskürzungen nicht erkennen, ob und wenn ja welche medizinischen Gründe gegen die Erforderlichkeit der stationären Behandlung für den jeweiligen Versicherten vorgebracht werden sollten. Es war ihm daher nicht möglich, sich durch zeitnahe Befragungen des Personals auf entsprechende Nachfragen einzustellen und dies zu dokumentieren. Mit der pauschalen und vertragswidrigen Kürzung der Krankenhausabrechnung ohne Einschaltung des MDK hat die Krankenkasse in den sog. "Berliner Fällen" die Beweissituation des Leistungserbringers auch vereitelt. Durch das alleinige Verschulden der Krankenkasse wurde das ordnungsgemäße Prüfungsverfahren umgangen und auf das spätere Gerichtsverfahren verlagert. Zu diesem Zeitpunkt war es dem Krankenhaus jedoch nur sehr erschwert möglich, medizinische Fragen noch zu klären. Diese besondere Beweissituation ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Die Klägerin kannte bereits frühzeitig nach Rechnungslegung die medizinischen Bedenken gegen eine vollstationäre Wochenendbehandlung des Versicherten. Sie konnte sich daher schon zeitnah im Jahr 2001 mit der Frage auseinandersetzen, ob es medizinische Gründe gegeben hatte, den Versicherte nicht schon am Freitag, den 2. März 2001 zu entlassen.

b. Die Klägerin rügt zutreffend ein verfahrenswidriges Begehren der Beklagten in dessen Schreiben vom April 2001. Nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, kann eine Krankenkasse die für die Überprüfung einer Krankenhausabrechnung gegebenenfalls erforderliche Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen der Versicherten gegenüber dem Krankenhaus nicht verlangen (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R; Urteil vom 28. Mai 2003 – B 3 KR 10/02 R). Sie ist insoweit auf ein Tätigwerden des Medizinischen Dienstes angewiesen. Dabei reicht es nach § 275 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V bei Zweifeln an der sachlich-rechnerischen Richtigkeit aus, eine gutachtliche Stellungnahme einzuholen. Die Beklagte durfte daher die Übersendung medizinischer Begründungen und Unterlagen nicht an sich selbst verlangen, sondern musste den SMD einschalten.

Das Gewicht dieses Verfahrensverstoßes ist jedoch gering. Dies hat auch die Klägerin zumindest anfänglich so gesehen. Schließlich hat sie erst in ihrer Klagebegründung diesem Aspekt eine besondere Bedeutung beigemessen. Gegen einen erheblichen Verfahrensverstoß spricht auch das Schreiben der Beklagten vom 17. Dezember 2001. Die Aufforderung, die Unterlagen an sich selbst oder den SMD zu senden, ist der Einleitung eines formalen Prüfungsverfahren nach § 275 SGB V zumindest gleichzustellen. Zwar kann das Recht zur Einsichtnahme in Patientenunterlagen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht auf Krankenkassen übertragen werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Beklagte nicht das Recht hat, die Übersendung von Patientenunterlagen oder entsprechenden Begründungen an den SMD zu verlangen. Schutzwürdige Interessen des Versicherten werden durch ein derartiges Vorgehen nicht berührt. Die Annahme der Klägerin, nur der SMD dürfe mit ihr auf medizinischem Gebiet kommunizieren, findet vor Einführung des § 275 Abs. 1 (1c) SGB V im Gesetz keine ausreichende Stütze. Die Aufforderung der Beklagten, die medizinischen Begründungen an den SMD zu senden, ist bei verständiger Würdigung als unbedingter Prüfungsauftrag an den SMD zu verstehen. Nach objektivem Empfängerhorizont musste die Klägerin durch die Angabe der Adresse des SMD und des zuständigen Arztes davon ausgehen, dass die Beklagte auf eine medizinische Prüfung durch den SMD auf ihre Kosten besteht.

Auch der Einwand der Klägerin, sie hätte nur auf konkrete Anforderung die Patientenakte an den SMD übersenden müssen und sei nicht verpflichtet, für diesen neue medizinische Begründungen zu fertigen, vermag nicht zu überzeugen. Das BSG hat die besonderen Gestaltungsmöglichkeiten der Krankenkasse bei der Durchführung des Prüfungsverfahrens nach § 275 SGB V deutlich betont. Allein die Krankenkasse ist bei der Prüfung von Krankenhausrechnungen "Herrin" des Begutachtungsauftrages an den SMD. In diesem Rahmen entscheidet sie nach Maßgabe der §§ 275 ff SGB V, ob und mit welcher konkreten Fragestellung sie den SMD bei der Klärung einer medizinischen Frage einschaltet. Sie kann den Begutachtungsauftrag jederzeit ändern, ergänzen oder beenden, wenn sie dies aufgrund neuer Erkenntnisse für angezeigt hält. So hat das BSG der Krankenkasse sogar ein eigenes Klagerecht auf Herausgabe medizinischer Unterlagen an den MDK zugebilligt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 12/06 R). Die "Übermittlung der Sozialdaten" im Sinne des § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V geschieht in der Regel durch die vorübergehende Überlassung der Behandlungsunterlagen, kann aber auch auf anderem Wege erfolgen. Dabei steht es dem Krankenhaus frei, ob es die Unterlagen direkt an den SMD aushändigt oder übersendet oder sie in einem verschlossenen Umschlag an die Krankenkasse zur Weiterleitung an den SMD schickt. Auf die "Einsichtnahme" in die Behandlungsunterlagen im Krankenhaus vor Ort ist der SMD gemäß § 276 Abs. 4 SGB V grundsätzlich nur bei noch laufendem stationären Krankenhausaufenthalt des Versicherten beschränkt (vgl. BSG a.a.O.).

Das Anschreiben der Beklagten vom Dezember 2001 ist daher verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt auch für das vorgerichtliche Anschreiben des SMD vom Mai 2003. Ein schwerwiegender Verfahrensverstoß der Beklagten zwischen 2001 und Juli 2003 ist daher nicht festzustellen.

c) Gegen die Annahme eines Rechtsmissbrauchs der Beklagten sprechen insbesondere auch die eigenen Pflichtverletzungen der Klägerin.

Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgedanken, die Rechtsfolgen eines Rechtsmissbrauchs regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn dem Inhaber der jeweiligen Rechtsposition keine eigene Pflichtverletzungen oder ein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden kann (vgl. Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 2. Auflage 2007, § 242 Rdn. 37 ff.).

Die Klägerin hat auf die Aufforderungen der Beklagten aus dem Jahr 2001 und selbst auf die vorgerichtliche Anfrage des SMD vom Mai 2003 nicht reagiert und jede aktive Mitwirkung am Prüfungsverfahren verweigert. Auch hat sie ihren Vertragspartner nicht zeitnah auf vermeintliche Pflichtverletzungen im Prüfungsverfahren hingewiesen und die Beweggründe ihres Unterlassens zunächst nicht erklärt. Der Beklagten war es daher zunächst kaum möglich, vermeintliche Verfahrensverstöße selbst zu korrigieren. Erst mit Einreichung der Klage übersandte die Klägerin den Entlassungsbericht von Dr. B. vom 7. März 2001 und erläuterte ihre verfahrensrechtliche Ansicht zum Prüfungsverfahren. Daraufhin hat die Beklagte umgehend den SMD zu einer ergänzenden Stellungnahme vom 28. Oktober 2003 aufgefordert. Hiernach lässt sich die Frage der Notwendigkeit der stationären Behandlung über den 2. März 2001 nicht eindeutig nachvollziehen. Der SMD hat wiederum ergebnislos versucht, von der Klägerin Auszüge der durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu erlangen. Diese weiteren Nachfragen des SMD sind keineswegs willkürlich oder sachfremd, sondern entsprechen einem nachvollziehbaren Informationsbedürfnis. Der von der Klägerin vorgelegte Entlassungsbericht gibt nur den Gesundheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Entlassung wieder. Es fehlt damit an einer transparenten Darstellung seines Gesundheitszustandes über den gesamten Behandlungszeitraum hinweg. Erst durch einen kontinuierlich dokumentierten Behandlungsverlauf wäre dagegen feststellbar, ob die vollstationäre Versorgung des Versicherten über den gesamten Zeitraum tatsächlich erforderlich gewesen ist. Die vorwerfbare Weigerung der Klägerin, am Verfahren aktiv und zielgerichtet mitzuwirken, hat das Prüfungsverfahren auch entscheidend verzögert. Es ist verfahrensrechtlich nicht mehr nachvollziehbar und im Ergebnis auch rechtswidrig, wenn sich – wie hier – die Klägerin beharrlich weigert, auf Anfragen des SMD auch nur zu antworten. Spätestens im Mai 2003 hätte sie ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht als Leistungserbringer nach § 276 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB V in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes vom 13.06.1994 (BGBl I Seite 1229) nachkommen müssen. Nach dieser Regelung müssen die vom SMD angeforderten Sozialdaten vom Leistungserbringer unmittelbar an diesen übermittelt werden. Diese Vorschrift begründet damit eine aktive Mitwirkungspflicht des Leistungserbringers gegenüber dem SMD, das Prüfungsverfahren zielgerichtet zu fördern. Selbst wenn es kleine Ungenauigkeiten in den Anfragen des SMD gegeben haben sollte, rechtfertigt dies keine derartige Verweigerungshaltung. Dies zumal die Klägerin durch die bloße Übersendung der Behandlungsunterlagen an den SMD ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht mühelos hätte entsprechen können. Dies hat sie nicht einmal angeboten und sich stattdessen auf den sehr formalistischen Standpunkt zurückgezogen, hierzu vom SMD nicht direkt aufgefordert worden zu sein. Mit diesem zielgerichteten und offenbar auch bewussten Unterlassen hat die Klägerin ihre aktive Mitwirkungspflicht am Prüfungsverfahren nach § 276 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB V verletzt und damit die Ermittlungen des SMD vereitelt. Ob dies bereits zu einem Ausschluss eines Zahlungsanspruchs führen kann, bedarf keiner abschließenden Entscheidung des Senats. In jedem Fall wiegen die Verletzungen ihrer Mitwirkungspflichten so schwer, dass ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten ohnehin nicht mehr vorliegen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem ab 2. Januar 2002 anzuwendenden § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung. Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen. Es ist klärungsbedürftig, ob die Rechtssprechung des 3. Senats des BSG (Urteil vom 28. Mai 2003 – B 3 KR 10/02 R, zitiert nach Juris) zur Auslegung des häufig verwandten § 9 der Pflegesatzvereinbarung nach der Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 25. September 2007 (GS 1/06) noch Geltung haben kann. Darüber hinaus sind die genauen Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen im Prüfungsverfahren gemäß §§ 275, 276 SGB V klärungsbedürftig.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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