Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 25 AS 1840/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 B 318/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
KdU bei Eigenheim
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. Juli 2008 wird aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller vorläufig 194,44 EUR als Darlehen zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu 1/10 zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der am 1965 geborene Antragsteller bewohnt ein 219 qm großes Haus, das er mit notariellem Kaufvertrag vom 3. April 2006 für 9.500,00 EUR gekauft hat. Von der Gesamtfläche sind nach Angaben des Antragstellers nur 70 qm bewohnbar. Das Haus, das auf einem 410 qm großen Grundstück steht, wurde 1888 gebaut und befindet sich in einem unsanierten Zustand. Es wird mit Strom beheizt, da die Schornsteine der Sanierung bedürfen. Der Antragsteller hat folgende vierteljährliche Kosten für das Haus zu tragen: Grundsteuern i.H.v. 13,80 EUR, Gebühren für Straßenreinigung i.H.v. 20,25 EUR, Abfallgebühren i.H.v. 23,40 EUR. Die Zahlungen für diese Steuern und Gebühren werden jeweils zum 15. Mai, 15. August, 15. November und 15. Februar einen jeden Jahres fällig. Weiterhin hat er monatliche Abschläge an den Stromversorger SWM M. i.H.v. 131,00 EUR zu zahlen. Zudem sind Beiträge zur Gebäudeversicherung i.H.v. 194,44 EUR zu tragen, die im Mai und Oktober und eines jeden Jahres fällig werden.
Der Antragsteller, der einen Grad der Behinderung von 100% hat, bezieht seit 1. August 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes von der Antragsgegnerin.
Mit Bescheid vom 29. April 2008 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Zeiträume vom 1. September bis 31. Oktober 2007, vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 und für den Zeitraum vom 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, für den letztgenannten Zeitraum i.H.v. 483,42 EUR monatlich, wovon 136,42 EUR auf die KdU entfielen. Mit Änderungsbescheid vom 18. Mai 2008 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 31. Oktober 2008 monatliche Leistungen i.H.v. 487,42 EUR (Erhöhung der Regelleistung von 347,00 EUR auf 351,00 EUR).
Der Antragsteller legte am 27. Mai 2008 Widerspruch gegen die Bescheide vom 29. April 2008 hinsichtlich der Übernahme der KdU ein und stellte gleichzeitig einen Antrag auf "Übernahme des Nachzahlungsbetrages und der neu ermittelten Abschläge" für die Stromzahlungen. Die Beheizung mit Strom sei nicht unangemessen. Die Kosten müssten in voller Höhe übernommen werden. Diesem Schreiben fügte er die Jahresabschlussrechnung für den Strom- und Wasserverbrauch bei. Aus dieser ergaben sich monatliche Abschläge für Strom i.H.v. 131,00 EUR und im Ergebnis ein Guthaben von 234,23 EUR für den Abrechnungszeitraum vom 29. März 2007 bis 7. April 2008.
Im Schreiben vom 27. Mai 2008 stellte der Antragsteller hilfsweise den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Wohngebäudeversicherung. Er habe am 9. Mai 2008 die neue Halbjahresrechnung erhalten. Die Kosten hierfür habe er nicht ansparen können, da die seitens der Antragsgegnerin gewährten KdU insgesamt zu niedrig bemessen worden seien. Weiterhin stellte er einen Antrag auf Überprüfung der Bescheide die Zeiträume vom 1. August 2006 bis 31. Oktober 2007 betreffend. Zudem stellte er einen Antrag Zahlung einer monatlichen Instandhaltungspauschale.
Am 8. Juli 2008 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Heizkosten im Rahmen der KdU bis zur abschließenden Klärung in voller Höhe zu übernehmen, im Einzelnen hat er wörtlich den Antrag gestellt: "die bisher aufgelaufenen Abschläge, die er von seinem Regelsatz mitbestreiten musste, im Nachhinein vollständig zu übernehmen, die nach Übermittlung der Verbrauchswerte an die SWM fällig werdende Nachzahlung vollständig und die sich danach auf Grund der Neuberechnung der Abschläge ergebenden höheren Abschläge ebenfalls vollständig zu übernehmen." Ferner sollte die Antragsgegnerin an ihn den fälligen Gebäudeversicherungsbeitrag zahlen.
Mit Änderungsbescheid vom 14. Juli 2008 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 2008 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtung von KdU i.H.v. 151,24 EUR monatlich bewilligt. Mit Bescheid vom gleichen Tag hat sie dem "Antrag auf Übernahme von Kosten für die Nachzahlung der Endabrechnung der SWM" abgelehnt. Insgesamt ergebe sich keine Nachzahlungsverpflichtung aus der Endabrechnung, so dass kein Bedarf bestehe. Im Übrigen bestehe die Möglichkeit, dem Antragsteller bei entsprechendem Nachweis ein Darlehen nach § 23 Abs. 1 SGB II zu gewähren. Ebenfalls mit Bescheid vom 14. Juli 2008 hat die Antragsgegnerin den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Grundsteuer und die Gebäudeversicherung abgelehnt. Diese Kosten seien bereits bei der Festsetzung der monatlichen Leistung für die KdU berücksichtigt worden. Den vom Antragsteller gestellten Überprüfungsantrag beschied die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14. Juli 2008 negativ. Es könnten dem Antragsteller keine höheren KdU bewilligt werden als einem Mieter. Gegen diese Bescheide hat der Antragsteller am 7. August 2008 Widersprüche erhoben, über die noch nicht entscheiden ist.
Mit Beschluss vom 28. Juli 2008 hat das SG die Anträge im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen: Der Antragsteller habe nicht konkret glaubhaft gemacht, in welcher Höhe die Antragsgegnerin noch Kosten seiner Ansicht nach übernehmen solle.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 7. August 2008 Beschwerde eingelegt: Das Verfahren sei an das SG zurückzuverweisen, da es offensichtlich nicht alle vorgetragenen Tatsachen beachtet habe. In der Beschwerdeinstanz hält der Antragsteller - nach eigenem Bekunden nach anwaltlicher Beratung - ausdrücklich nur noch die Anträge hinsichtlich der Zusage der Übernahme der nach der Erstellung der berichtigten Jahresverbrauchsabrechnung durch die SWM fällig werdenden Nachzahlung, hinsichtlich der Übernahme der nach Erstellung der berichtigten Jahresverbrauchsrechnung neu festgesetzten, höheren Abschläge und hinsichtlich der Übernahme des fälligen Gebäudeversicherungsbeitrages aufrecht. Den "Antrag zu Nr. 1" (das Begehren der Nachzahlung von KdU für die Vergangenheit) hat der Antragsteller zurückgenommen.
Der Antragsteller befürchtet auf Grund eigener Berechnungen seines Stromverbrauchs, dass sich bei der nächsten Stromabrechnung eine Nachzahlung von 1.712,18 EUR ergeben werde. Auch die monatlichen Abschläge würden sich dann auf 263,64 EUR erhöhen.
Das Versicherungsunternehmen, bei dem der Antragsteller die Gebäudeversicherung abgeschlossen hat, hat mit Schreiben vom 2. September 2008 die Kündigung des Versicherungsvertrages mit sofortiger Wirkung erklärt, da der Versicherungsbeitrag nicht rechtzeitig gezahlt worden sei. Die Versicherung hat darauf hingewiesen, dass der Antragsteller die Wirkung der Kündigung beseitigen könne, wenn er den angemahnten Beitragsrückstand innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündung zahlt. Der Antragsteller begehrt insoweit die Übernahme der Kosten des Versicherungsbeitrages i.H.v. 194,44 EUR durch die Antragsgegnerin.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, das Verfahren an das SG Magdeburg zurückzuverweisen, hilfsweise den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. Juli 2008 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, (1.) die ihm monatlich entstehenden Kosten der Unterkunft und Heizung in voller Höhe zu übernehmen, (2.) ihm die Zusage zu erteilen, dass die vom Stromversorger zu erwartende Nachzahlung und die erhöhten Abschlagszahlungen in voller Höhe übernommen werden und (3.) die Kosten des im Mai 2008 fälligen gewordenen Gebäudeversicherungsbeitrages zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin bezieht sich im Wesentlichen auf den Vortrag in erster Instanz und verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin und die Gerichtsakte verwiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.
II.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden und insbesondere statthaft. Nach § 172 Abs. 3 SGG ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes statthaft, wenn die Berufung in der Hauptsache zulässig wäre. Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt. Dieses ist vorliegend der Fall. Der Antragsteller begehrt u.a. eine Zusicherung der Antragsgegnerin, die Kosten der kommenden Stromnachzahlung in voller Höhe zu übernehmen. Diese Kosten beziffert er nach eigenen Berechnungen auf 1.712,18 EUR. Die begehrte Zusicherung hat somit einen wirtschaftlichen Wert, der über 750,00 EUR liegt.
Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
1.
Das Verfahren war nicht an das SG zurückzuverweisen.
Nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 572 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) kann das Beschwerdegericht, wenn es die Beschwerde für begründet erachtet, die Sache an das Gericht, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, zurückverweisen und ihm die erforderliche Anordnung übertragen. Aus dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung ergibt sich, dass dem Beschwerdegericht nur die Möglichkeit der Zurückverweisung eröffnet ist. Eine Pflicht zur Zurückverweisung besteht nicht. Diese Vorschrift stellt die Entscheidung in das pflichtgemäße Ermessen des Beschwerdegerichts. Dabei ist abzuwägen zwischen den Interessen der Beteiligten an einer Sachentscheidung und der Prozessökonomie einerseits und der Verlust einer Instanz andererseits. Grundsätzlich ist die sachliche Entscheidung durch den Senat der Vorzug vor einer Zurückverweisung zu geben, wenn die Sache spruchreif ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. August 1975, 10 RV 313/74, SozR 1500 § 162, Nr. 7 zu § 159 SGG). Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass es sich um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung handelt. Eine Zurückverweisung würde hier zu einer Verzögerung einer auch nur vorläufigen Entscheidung führen.
2.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis setzen nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG einen Anordnungsanspruch, also einen materiellen Anspruch, den der Antragsteller als Kläger im Hauptsacheverfahren geltend zu machen hätte, und einen Anordnungsgrund voraus, d.h. es muss eine besondere Eilbedürftigkeit für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegen.
Der Antragsteller macht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab Juli 2008 geltend. Diese setzen sich nach § 19 Satz 1 SGB II aus der Regelleistung und den angemessenen Kosten für die Unterkunft und Heizung (KdU) zusammen. Es handelt sich dabei um abtrennbare selbstständige Ansprüche, da die Zuständigkeit für die Regelleistung und die KdU nach § 6 SGB II unterschiedlich und die Leistung inhaltlich von anderen Leistungen abgrenzbar ist. (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 8/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Da der Antragsteller im vorliegenden Fall nur höhere KdU begehrt, war die Prüfung entsprechend hierauf zu beschränken.
a.
Hinsichtlich des Begehrens des Antragstellers, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Übernahme zukünftiger Nachzahlungen oder zukünftiger noch durch den Stromversorger festzulegenden Abschlagszahlungen für die Stromlieferung zuzusichern, fehlt es an einem Anordnungsgrund.
Die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet, dass es an einem Anordnungsgrund fehlt, wenn die Zeitdimension des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und Rechtsdurchsetzung bietet, wenn also dem Antragsteller auch mit der späteren Realisierung seines Rechts gedient ist. Das Begehren des Antragstellers ist auf die Zusicherung zukünftiger Leistungen der Antragsgegnerin gerichtet. Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes aber ist die Beseitigung einer aktuellen Notlage. Da der Antragsteller zurzeit keine Nachzahlungen für die Strombelieferung zu zahlen hat, ist insoweit eine aktuelle Notlage nicht gegeben. Ihm ist die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens zuzumuten. Das gleiche gilt für zukünftig vom Stromversorger festzulegende monatliche Abschlagszahlungen.
b.
Hinsichtlich des Begehrens des Antragstellers auf höhere KdU ab Juli 2008 liegt zwar ein Anordnungsgrund vor, der Antragsteller aber hat keinen Anordnungsanspruch auf höhere als ihm von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14. Juli 2008 bewilligte KdU glaubhaft gemacht.
Zwar begehrt der Antragsteller nicht ausdrücklich auch die Übernahme der vollen Höhe der laufenden Stromabschläge für den bis 31. Oktober 2008 laufenden Bewilligungsabschnitt. Da er aber allgemein die Übernahme der vollständigen Heizkosten, d.h. aus seiner Sicht die Übernahme der vollständigen Stromkosten, begehrt, ist sein Begehren dahin auszulegen, dass es sich auch auf den laufenden Bewilligungsabschnitt bezieht.
Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden vom Leistungsträger die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Der Antragsteller hatte von Juli bis 31. Oktober 2008 folgende Aufwendungen für die Unterkunft und die Heizung: Grundsteuer 13,80 EUR vierteljährlich (4,60 EUR monatlich) Straßenreinigung 20,25 EUR vierteljährlich (6,75 EUR monatlich) Abfallgebühren 23,40 EUR vierteljährlich (7,80 EUR monatlich) Gebäudeversicherung 194,44 EUR halbjährlich (31,41 EUR monatlich) Stromkosten 131,00 EUR monatlich.
Da der Leistungsträger nach dem Gesetzeswortlaut die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der "tatsächlichen Aufwendungen" zu erbringen hat, sind grundsätzlich die jeweiligen Teilzahlungen nur in dem Monat bedarfserhöhend zu berücksichtigen, in dem sie fällig sind. (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008, B 14/7b AS 58/06 R, juris) Die Antragsgegnerin hat die Zahlungen jedoch auf monatliche Beträge umgerechnet. Da vorliegend nur eine vorläufige Regelung zu treffen ist, die eine - eine Notlage des Antragstellers - begründende Unterdeckung verhindern soll, ist dieses in diesem Rahmen unschädlich.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller mit Bescheid vom 14. Juli 2008 monatliche KdU i.H.v. 151,24 EUR ab Juni 2008 bewilligt. Tatsächlich hat der Antragsteller jedoch Kosten i.H.v. 129,41 EUR. Diese setzen sich zusammen aus den monatlich aufgeteilten Kosten für die Grundsteuer i.H.v. 4,60 EUR, die Straßenreinigung i.H.v. 6,75 EUR, die Abfallgebühren i.H.v. 7,80 EUR, die Gebäudeversicherung i.H.v. 31,41 EUR und Heizkosten i.H.v. 110,26 EUR monatlich.
Die Höhe der Heizkosten errechnet sich Folgendermaßen: Der Antragsteller heizt mit Strom. Der Heizstrom ist jedoch nicht konkret feststellbar, da der gesamte Stromverbrauch des Antragstellers über einen Zähler läuft. Die monatlichen Abschläge für den Bezug von Strom beinhalten folglich sowohl den Heizstrom als auch den Strom für die Haushaltsenergie einschließlich der Kosten für die Warmwasseraufbereitung. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass im Regelsatz bereits 20,74 EUR für die Haushaltsenergie enthalten sind. Dieser Berechnung liegen die empirischen Werte zu Grunde, die aus der Unterrichtung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Bundesrates durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 15. Juni 2006 (BR-Drucks 16 (11) 286 vom 15. Juni 2006) gewonnen werden können. Nach dem dort vom BMAS vorgelegten Zahlenwerk entsprachen die Gesamtausgaben in der Abteilung 04 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 (Wohnung, Wasser, Strom, Gas und Brennstoffe) einem Wert von 313,23 EUR. Hieraus werden als Regelsatz relevant 24,18 EUR anerkannt. Dies entspricht dem in § 2 Abs. 2 der Regelsatzverordnung vom 3. Juni 2004 (BGBl I 1067) ausgewiesenen Vomhundertsatz (ca. 8 vH) der im Eckregelsatz anerkannten Ausgaben der Abteilung 04. Aus den 24,18 EUR sind die Kosten für Reparatur und Instandhaltung der Wohnung in Höhe von 4,84 EUR herauszurechnen, sodass insgesamt für Strom/Haushaltsenergie 19,34 EUR regelsatzrelevant wurden. §§ 4 und 5 der Regelsatzverordnung sahen zudem eine Dynamisierung bzw. Fortschreibung der Werte aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe auf den Zeitpunkt 1. Januar 2005 vor (vgl hierzu auch BR-Drucks 206/04, S 11 ff). Die aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 gewonnenen Werte bzw. anerkannten Regelsatzbestandteile wurden zum 1. Januar 2005 um 7,1 % dynamisiert bzw. angepasst entsprechend der Entwicklung des aktuellen Rentenwerts im Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis 1. Januar 2005 (vgl. BR-Drucks 206/04, S. 13). Dementsprechend ist der für Strom bzw. Haushaltsenergie anerkannte Betrag in Höhe von 19,34 EUR um 7,1 % zu dynamisieren, woraus sich der im streitigen Zeitraum relevante Betrag für Haushaltsenergie in Höhe von 20,74 EUR monatlich ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/11b AS 15/07 R, juris). Diese Summe ist von den monatlichen Abschlägen in Abzug zu bringen, so dass ein Betrag i.H.v. 110,26 EUR für Heizkosten verbleibt.
Es kann hier dahinstehen, ob diese Kosten angemessen sind. Die Antragstellerin hat dem Antragsteller für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum höhere KdU (151,24 EUR) bewilligt als ihm diese tatsächlich entstehen (129,41 EUR).
c.
Hinsichtlich des Begehrens der Übernahme der Kosten für den Versicherungsbeitrag für die Gebäudeversicherung hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch i.H.v. 194,44 EUR glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller begehrt hinsichtlich des Versicherungsbeitrages eine Geldleistung, die im Mai 2008 fällig war, und die die Antragsgegnerin aus den o.g. Gründen im Mai 2008 hätte dem Bedarf des Antragstellers für die KdU hinzurechnen müssen. Es handelt sich also um eine Geldleistung, die in der Vergangenheit, d.h. vor Beantragung des einstweiligen Rechtsschutzes fällig war. Regelmäßig besteht kein Anordnungsgrund für die Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für Leistungszeiträume vor Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG. Ausnahmsweise kann ein Anordnungsgrund in Fällen gegeben sein, in denen dem Antragsteller ein in die Gegenwart fortbestehender schwerer unzumutbarer Nachteil aus der Nichtgewährung der Leistungen entstanden ist. Dieses ist dann gegeben, wenn ein besonderer Nachholbedarf besteht, d.h. wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistungen in der Vergangenheit auch in Zukunft fortwirkt und noch eine weiterhin gegenwärtige, die einstweilige Anordnung rechtfertigende Notlage begründet. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Eilbedürftigkeit rechtfertigt sich aus der Tatsache, dass die Versicherung den Gebäudeversicherungsvertrag mit Schreiben vom 2. September 2008 wegen der Nichtzahlung von Beiträgen fristlos gekündigt hat. Die Wirkung dieser Kündigung allerdings kann der Antragsteller beseitigen, wenn er innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung den offenen Beitragsrückstand zahlt. Dem Antragsteller ist folglich ein bis in die Gegenwart wirkender unzumutbarer Nachteil entstanden.
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch auf Zahlung des fälligen Versicherungsbeitrages nach § 22 Abs. 1 SGB II gegen die Antragsgegnerin.
Zu den Unterkunftskosten gehören nach § 22 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialhilfe (SGB XII) bei einem selbst genutzten Eigenheim u.a. die auf dem Grundstück liegenden Lasten, Steuern und sonstige öffentliche Abgaben sowie Versicherungsbeiträge, mithin auch die Beiträge für die Gebäudeversicherung.
Wie oben bereits ausgeführt, sind die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in den Monaten zu berücksichtigen, in denen die einzelnen Aufwendungen fällig werden. Der jeweils halbjährlich zu zahlende Versicherungsbeitrag i.H.v. 194,44 EUR wurde fällig im Mai 2008. Trotz eines entsprechenden Antrages des Antragstellers hat die Antragsgegnerin diese Aufwendungen an ihn nicht ausgezahlt.
Letztlich kann es dahinstehen, ob sich die Antragsgegnerin darauf berufen kann, diese Aufwendung bereits durch monatliche Teilzahlungen i.H.v. 29,59 EUR (Jahresbeitrag i.H.v. 355,05 EUR: 12) als Bestandteil der monatlich an den Antragsteller gezahlten KdU erfüllt zu haben.
Eine Anrechnung von Zahlungen des Leistungsträgers auf eine von ihm zu erbringende Sozialleistung kann zwar einerseits nur erfolgen, wenn diese Zahlung auch zur Erfüllung der Verpflichtung zur Erbringung der Leistung bestimmt war. Ausdrücklich ist eine solche Anrechnung erbrachter Leistungen für gewährte Vorschüsse auf diese Leistung angeordnet (§ 42 Abs. 2 SGB I). Nach § 42 Abs. 1 SGB I kann der zuständige Leistungsträger zwar Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt, dieses aber nur, wenn ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist. Eine Vorschusszahlung ist auch möglich, wenn der Berechtigte es beantragt. Der Vorschussbescheid ist ein eigenständiger Verwaltungsakt, der eine eigenständige vorläufige Leistung bewilligt und somit nicht einen Teil der letztlich beanspruchten Leistung (vgl. Seewald, Kasseler Kommentar, 57. Erg.-lieferung 4/2008, § 42 Rz. 7). Inhalt und Umfang der Vorläufigkeit müssen nach § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) hinreichend bestimmt sein. Die Leistungsbescheide der Antragsgegnerin aber lassen weder die Vorläufigkeit der Bewilligung der KdU erkennen noch liegen die Voraussetzungen für eine Vorschusszahlung vor. Die dem Antragsteller monatlich entstehenden Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung sind der Antragsgegnerin der Höhe nach nicht unbekannt.
Die Zahlungen können auch nicht in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 SGB I "wie Vorschusszahlungen" angerechnet werden, weil es wegen der fehlenden Zweckbestimmung einer Erfüllung dieses Anspruchs gerade an einer der Vorschussgewährung vergleichbaren Ausgangslage mangelt (vgl. BSG zur Leistungsbestimmung in den Fällen, in denen der Sozialversicherungsträger eine Verzinsung seiner Leistung verlangt, Urteil vom 18. März 2008, B 2 U 32/06 R, juris). Die Leistungen für die Unterkunft und Heizung sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gezahlt werden, mithin sollen nur die Kosten in den einzelnen Monaten an den Hilfebedürftigen gezahlt werden, die in dem jeweiligen Monat anfallen. Eine andere Zweckbestimmung der Leistung, zu der Antragsgegnerin sich verpflichtet sah, kann weder aus der Bezeichnung dieser Leistung durch die Antragsgegnerin noch aus den sonstigen Umständen ihrer Gewährung entnommen werden. Die Antragsgegnerin hat die Einzelheiten der Berechnung der Höhe der KdU dem Antragsteller gegenüber nicht offen gelegt.
Auch scheidet auch eine Anrechnung aus dem Gesichtspunkt einer Aufrechnung gemäß § 51 Abs. 1 SGB I aus. Nach § 37 SGB I i.V.m. § 43 SGB II ist eine Aufrechnung nur möglich, wenn es sich um Ansprüche auf Erstattung oder auf Schadenersatz handelt, die der Hilfebedürftige durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben veranlasst hat.
Dieses hat zur Folge, dass die Antragsgegnerin im Hinblick auf das Bedarfsdeckungsprinzip verpflichtet ist, die Aufwendungen des Antragstellers für diesen Versicherungsbeitrag i.H.v. 194,44 EUR zu zahlen (so auch im Ergebnis BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, B 7b AS 40/06 R, juris im Hinblick auf die Übernahme von Brennstoffkosten bei zuvor bereits hierfür geleisteter Pauschalen).
Andererseits aber ist zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller ab Juni 2008 KdU in einer monatlichen Höhe seitens der Antragsgegnerin bewilligt worden sind, die seinen tatsächlichen Bedarf um etwa 30,00 EUR übersteigt. Ab Juli 2008 wusste der Antragsteller zudem, dass in der Leistung der monatlichen KdU die Kosten für die Gebäudeversicherung berücksichtigt waren. Dies teilte ihm die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14. Juli 2008 mit. Dem Antragsteller war und ist es daher zumutbar, spätestens ab Juli 2008 die in der Leistung für die Unterkunft und Heizung enthaltenen 29,59 EUR (Jahresbeitrag der Gebäudeversicherung i.H.v. 355,05 EUR: 12 Monate) sowie die seit Juni 2008 zuviel erhaltenen 30,00 EUR zur Begleichung der Beitragszahlung für die Gebäudeversicherung mit heranzuziehen. Es erscheint vor diesem Hintergrund gerechtfertigt – unter Beachtung der vom Antragsteller glaubhaft gemachten Tatsache, dass er kein Geld zur Erfüllung der Forderung des Versicherungsunternehmens hat –, dass die Antragsgegnerin ihm die Kosten für den fälligen Versicherungsbeitrag darlehensweise zur Verfügung stellt.
Nach alledem war der Beschwerde teilweise stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus der analogen Anwendung des § 193 SGG. Die Kosten waren entsprechend des Obsiegens bzw. Unterliegens der Beteiligten zu quoteln.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Exner
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der am 1965 geborene Antragsteller bewohnt ein 219 qm großes Haus, das er mit notariellem Kaufvertrag vom 3. April 2006 für 9.500,00 EUR gekauft hat. Von der Gesamtfläche sind nach Angaben des Antragstellers nur 70 qm bewohnbar. Das Haus, das auf einem 410 qm großen Grundstück steht, wurde 1888 gebaut und befindet sich in einem unsanierten Zustand. Es wird mit Strom beheizt, da die Schornsteine der Sanierung bedürfen. Der Antragsteller hat folgende vierteljährliche Kosten für das Haus zu tragen: Grundsteuern i.H.v. 13,80 EUR, Gebühren für Straßenreinigung i.H.v. 20,25 EUR, Abfallgebühren i.H.v. 23,40 EUR. Die Zahlungen für diese Steuern und Gebühren werden jeweils zum 15. Mai, 15. August, 15. November und 15. Februar einen jeden Jahres fällig. Weiterhin hat er monatliche Abschläge an den Stromversorger SWM M. i.H.v. 131,00 EUR zu zahlen. Zudem sind Beiträge zur Gebäudeversicherung i.H.v. 194,44 EUR zu tragen, die im Mai und Oktober und eines jeden Jahres fällig werden.
Der Antragsteller, der einen Grad der Behinderung von 100% hat, bezieht seit 1. August 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes von der Antragsgegnerin.
Mit Bescheid vom 29. April 2008 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Zeiträume vom 1. September bis 31. Oktober 2007, vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 und für den Zeitraum vom 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, für den letztgenannten Zeitraum i.H.v. 483,42 EUR monatlich, wovon 136,42 EUR auf die KdU entfielen. Mit Änderungsbescheid vom 18. Mai 2008 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 31. Oktober 2008 monatliche Leistungen i.H.v. 487,42 EUR (Erhöhung der Regelleistung von 347,00 EUR auf 351,00 EUR).
Der Antragsteller legte am 27. Mai 2008 Widerspruch gegen die Bescheide vom 29. April 2008 hinsichtlich der Übernahme der KdU ein und stellte gleichzeitig einen Antrag auf "Übernahme des Nachzahlungsbetrages und der neu ermittelten Abschläge" für die Stromzahlungen. Die Beheizung mit Strom sei nicht unangemessen. Die Kosten müssten in voller Höhe übernommen werden. Diesem Schreiben fügte er die Jahresabschlussrechnung für den Strom- und Wasserverbrauch bei. Aus dieser ergaben sich monatliche Abschläge für Strom i.H.v. 131,00 EUR und im Ergebnis ein Guthaben von 234,23 EUR für den Abrechnungszeitraum vom 29. März 2007 bis 7. April 2008.
Im Schreiben vom 27. Mai 2008 stellte der Antragsteller hilfsweise den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Wohngebäudeversicherung. Er habe am 9. Mai 2008 die neue Halbjahresrechnung erhalten. Die Kosten hierfür habe er nicht ansparen können, da die seitens der Antragsgegnerin gewährten KdU insgesamt zu niedrig bemessen worden seien. Weiterhin stellte er einen Antrag auf Überprüfung der Bescheide die Zeiträume vom 1. August 2006 bis 31. Oktober 2007 betreffend. Zudem stellte er einen Antrag Zahlung einer monatlichen Instandhaltungspauschale.
Am 8. Juli 2008 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Heizkosten im Rahmen der KdU bis zur abschließenden Klärung in voller Höhe zu übernehmen, im Einzelnen hat er wörtlich den Antrag gestellt: "die bisher aufgelaufenen Abschläge, die er von seinem Regelsatz mitbestreiten musste, im Nachhinein vollständig zu übernehmen, die nach Übermittlung der Verbrauchswerte an die SWM fällig werdende Nachzahlung vollständig und die sich danach auf Grund der Neuberechnung der Abschläge ergebenden höheren Abschläge ebenfalls vollständig zu übernehmen." Ferner sollte die Antragsgegnerin an ihn den fälligen Gebäudeversicherungsbeitrag zahlen.
Mit Änderungsbescheid vom 14. Juli 2008 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 2008 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtung von KdU i.H.v. 151,24 EUR monatlich bewilligt. Mit Bescheid vom gleichen Tag hat sie dem "Antrag auf Übernahme von Kosten für die Nachzahlung der Endabrechnung der SWM" abgelehnt. Insgesamt ergebe sich keine Nachzahlungsverpflichtung aus der Endabrechnung, so dass kein Bedarf bestehe. Im Übrigen bestehe die Möglichkeit, dem Antragsteller bei entsprechendem Nachweis ein Darlehen nach § 23 Abs. 1 SGB II zu gewähren. Ebenfalls mit Bescheid vom 14. Juli 2008 hat die Antragsgegnerin den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Grundsteuer und die Gebäudeversicherung abgelehnt. Diese Kosten seien bereits bei der Festsetzung der monatlichen Leistung für die KdU berücksichtigt worden. Den vom Antragsteller gestellten Überprüfungsantrag beschied die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14. Juli 2008 negativ. Es könnten dem Antragsteller keine höheren KdU bewilligt werden als einem Mieter. Gegen diese Bescheide hat der Antragsteller am 7. August 2008 Widersprüche erhoben, über die noch nicht entscheiden ist.
Mit Beschluss vom 28. Juli 2008 hat das SG die Anträge im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen: Der Antragsteller habe nicht konkret glaubhaft gemacht, in welcher Höhe die Antragsgegnerin noch Kosten seiner Ansicht nach übernehmen solle.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 7. August 2008 Beschwerde eingelegt: Das Verfahren sei an das SG zurückzuverweisen, da es offensichtlich nicht alle vorgetragenen Tatsachen beachtet habe. In der Beschwerdeinstanz hält der Antragsteller - nach eigenem Bekunden nach anwaltlicher Beratung - ausdrücklich nur noch die Anträge hinsichtlich der Zusage der Übernahme der nach der Erstellung der berichtigten Jahresverbrauchsabrechnung durch die SWM fällig werdenden Nachzahlung, hinsichtlich der Übernahme der nach Erstellung der berichtigten Jahresverbrauchsrechnung neu festgesetzten, höheren Abschläge und hinsichtlich der Übernahme des fälligen Gebäudeversicherungsbeitrages aufrecht. Den "Antrag zu Nr. 1" (das Begehren der Nachzahlung von KdU für die Vergangenheit) hat der Antragsteller zurückgenommen.
Der Antragsteller befürchtet auf Grund eigener Berechnungen seines Stromverbrauchs, dass sich bei der nächsten Stromabrechnung eine Nachzahlung von 1.712,18 EUR ergeben werde. Auch die monatlichen Abschläge würden sich dann auf 263,64 EUR erhöhen.
Das Versicherungsunternehmen, bei dem der Antragsteller die Gebäudeversicherung abgeschlossen hat, hat mit Schreiben vom 2. September 2008 die Kündigung des Versicherungsvertrages mit sofortiger Wirkung erklärt, da der Versicherungsbeitrag nicht rechtzeitig gezahlt worden sei. Die Versicherung hat darauf hingewiesen, dass der Antragsteller die Wirkung der Kündigung beseitigen könne, wenn er den angemahnten Beitragsrückstand innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündung zahlt. Der Antragsteller begehrt insoweit die Übernahme der Kosten des Versicherungsbeitrages i.H.v. 194,44 EUR durch die Antragsgegnerin.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, das Verfahren an das SG Magdeburg zurückzuverweisen, hilfsweise den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. Juli 2008 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, (1.) die ihm monatlich entstehenden Kosten der Unterkunft und Heizung in voller Höhe zu übernehmen, (2.) ihm die Zusage zu erteilen, dass die vom Stromversorger zu erwartende Nachzahlung und die erhöhten Abschlagszahlungen in voller Höhe übernommen werden und (3.) die Kosten des im Mai 2008 fälligen gewordenen Gebäudeversicherungsbeitrages zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin bezieht sich im Wesentlichen auf den Vortrag in erster Instanz und verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin und die Gerichtsakte verwiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.
II.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden und insbesondere statthaft. Nach § 172 Abs. 3 SGG ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes statthaft, wenn die Berufung in der Hauptsache zulässig wäre. Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt. Dieses ist vorliegend der Fall. Der Antragsteller begehrt u.a. eine Zusicherung der Antragsgegnerin, die Kosten der kommenden Stromnachzahlung in voller Höhe zu übernehmen. Diese Kosten beziffert er nach eigenen Berechnungen auf 1.712,18 EUR. Die begehrte Zusicherung hat somit einen wirtschaftlichen Wert, der über 750,00 EUR liegt.
Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
1.
Das Verfahren war nicht an das SG zurückzuverweisen.
Nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 572 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) kann das Beschwerdegericht, wenn es die Beschwerde für begründet erachtet, die Sache an das Gericht, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, zurückverweisen und ihm die erforderliche Anordnung übertragen. Aus dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung ergibt sich, dass dem Beschwerdegericht nur die Möglichkeit der Zurückverweisung eröffnet ist. Eine Pflicht zur Zurückverweisung besteht nicht. Diese Vorschrift stellt die Entscheidung in das pflichtgemäße Ermessen des Beschwerdegerichts. Dabei ist abzuwägen zwischen den Interessen der Beteiligten an einer Sachentscheidung und der Prozessökonomie einerseits und der Verlust einer Instanz andererseits. Grundsätzlich ist die sachliche Entscheidung durch den Senat der Vorzug vor einer Zurückverweisung zu geben, wenn die Sache spruchreif ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. August 1975, 10 RV 313/74, SozR 1500 § 162, Nr. 7 zu § 159 SGG). Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass es sich um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung handelt. Eine Zurückverweisung würde hier zu einer Verzögerung einer auch nur vorläufigen Entscheidung führen.
2.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis setzen nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG einen Anordnungsanspruch, also einen materiellen Anspruch, den der Antragsteller als Kläger im Hauptsacheverfahren geltend zu machen hätte, und einen Anordnungsgrund voraus, d.h. es muss eine besondere Eilbedürftigkeit für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegen.
Der Antragsteller macht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab Juli 2008 geltend. Diese setzen sich nach § 19 Satz 1 SGB II aus der Regelleistung und den angemessenen Kosten für die Unterkunft und Heizung (KdU) zusammen. Es handelt sich dabei um abtrennbare selbstständige Ansprüche, da die Zuständigkeit für die Regelleistung und die KdU nach § 6 SGB II unterschiedlich und die Leistung inhaltlich von anderen Leistungen abgrenzbar ist. (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 8/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Da der Antragsteller im vorliegenden Fall nur höhere KdU begehrt, war die Prüfung entsprechend hierauf zu beschränken.
a.
Hinsichtlich des Begehrens des Antragstellers, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Übernahme zukünftiger Nachzahlungen oder zukünftiger noch durch den Stromversorger festzulegenden Abschlagszahlungen für die Stromlieferung zuzusichern, fehlt es an einem Anordnungsgrund.
Die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet, dass es an einem Anordnungsgrund fehlt, wenn die Zeitdimension des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und Rechtsdurchsetzung bietet, wenn also dem Antragsteller auch mit der späteren Realisierung seines Rechts gedient ist. Das Begehren des Antragstellers ist auf die Zusicherung zukünftiger Leistungen der Antragsgegnerin gerichtet. Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes aber ist die Beseitigung einer aktuellen Notlage. Da der Antragsteller zurzeit keine Nachzahlungen für die Strombelieferung zu zahlen hat, ist insoweit eine aktuelle Notlage nicht gegeben. Ihm ist die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens zuzumuten. Das gleiche gilt für zukünftig vom Stromversorger festzulegende monatliche Abschlagszahlungen.
b.
Hinsichtlich des Begehrens des Antragstellers auf höhere KdU ab Juli 2008 liegt zwar ein Anordnungsgrund vor, der Antragsteller aber hat keinen Anordnungsanspruch auf höhere als ihm von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14. Juli 2008 bewilligte KdU glaubhaft gemacht.
Zwar begehrt der Antragsteller nicht ausdrücklich auch die Übernahme der vollen Höhe der laufenden Stromabschläge für den bis 31. Oktober 2008 laufenden Bewilligungsabschnitt. Da er aber allgemein die Übernahme der vollständigen Heizkosten, d.h. aus seiner Sicht die Übernahme der vollständigen Stromkosten, begehrt, ist sein Begehren dahin auszulegen, dass es sich auch auf den laufenden Bewilligungsabschnitt bezieht.
Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden vom Leistungsträger die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Der Antragsteller hatte von Juli bis 31. Oktober 2008 folgende Aufwendungen für die Unterkunft und die Heizung: Grundsteuer 13,80 EUR vierteljährlich (4,60 EUR monatlich) Straßenreinigung 20,25 EUR vierteljährlich (6,75 EUR monatlich) Abfallgebühren 23,40 EUR vierteljährlich (7,80 EUR monatlich) Gebäudeversicherung 194,44 EUR halbjährlich (31,41 EUR monatlich) Stromkosten 131,00 EUR monatlich.
Da der Leistungsträger nach dem Gesetzeswortlaut die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der "tatsächlichen Aufwendungen" zu erbringen hat, sind grundsätzlich die jeweiligen Teilzahlungen nur in dem Monat bedarfserhöhend zu berücksichtigen, in dem sie fällig sind. (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008, B 14/7b AS 58/06 R, juris) Die Antragsgegnerin hat die Zahlungen jedoch auf monatliche Beträge umgerechnet. Da vorliegend nur eine vorläufige Regelung zu treffen ist, die eine - eine Notlage des Antragstellers - begründende Unterdeckung verhindern soll, ist dieses in diesem Rahmen unschädlich.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller mit Bescheid vom 14. Juli 2008 monatliche KdU i.H.v. 151,24 EUR ab Juni 2008 bewilligt. Tatsächlich hat der Antragsteller jedoch Kosten i.H.v. 129,41 EUR. Diese setzen sich zusammen aus den monatlich aufgeteilten Kosten für die Grundsteuer i.H.v. 4,60 EUR, die Straßenreinigung i.H.v. 6,75 EUR, die Abfallgebühren i.H.v. 7,80 EUR, die Gebäudeversicherung i.H.v. 31,41 EUR und Heizkosten i.H.v. 110,26 EUR monatlich.
Die Höhe der Heizkosten errechnet sich Folgendermaßen: Der Antragsteller heizt mit Strom. Der Heizstrom ist jedoch nicht konkret feststellbar, da der gesamte Stromverbrauch des Antragstellers über einen Zähler läuft. Die monatlichen Abschläge für den Bezug von Strom beinhalten folglich sowohl den Heizstrom als auch den Strom für die Haushaltsenergie einschließlich der Kosten für die Warmwasseraufbereitung. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass im Regelsatz bereits 20,74 EUR für die Haushaltsenergie enthalten sind. Dieser Berechnung liegen die empirischen Werte zu Grunde, die aus der Unterrichtung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Bundesrates durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 15. Juni 2006 (BR-Drucks 16 (11) 286 vom 15. Juni 2006) gewonnen werden können. Nach dem dort vom BMAS vorgelegten Zahlenwerk entsprachen die Gesamtausgaben in der Abteilung 04 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 (Wohnung, Wasser, Strom, Gas und Brennstoffe) einem Wert von 313,23 EUR. Hieraus werden als Regelsatz relevant 24,18 EUR anerkannt. Dies entspricht dem in § 2 Abs. 2 der Regelsatzverordnung vom 3. Juni 2004 (BGBl I 1067) ausgewiesenen Vomhundertsatz (ca. 8 vH) der im Eckregelsatz anerkannten Ausgaben der Abteilung 04. Aus den 24,18 EUR sind die Kosten für Reparatur und Instandhaltung der Wohnung in Höhe von 4,84 EUR herauszurechnen, sodass insgesamt für Strom/Haushaltsenergie 19,34 EUR regelsatzrelevant wurden. §§ 4 und 5 der Regelsatzverordnung sahen zudem eine Dynamisierung bzw. Fortschreibung der Werte aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe auf den Zeitpunkt 1. Januar 2005 vor (vgl hierzu auch BR-Drucks 206/04, S 11 ff). Die aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 gewonnenen Werte bzw. anerkannten Regelsatzbestandteile wurden zum 1. Januar 2005 um 7,1 % dynamisiert bzw. angepasst entsprechend der Entwicklung des aktuellen Rentenwerts im Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis 1. Januar 2005 (vgl. BR-Drucks 206/04, S. 13). Dementsprechend ist der für Strom bzw. Haushaltsenergie anerkannte Betrag in Höhe von 19,34 EUR um 7,1 % zu dynamisieren, woraus sich der im streitigen Zeitraum relevante Betrag für Haushaltsenergie in Höhe von 20,74 EUR monatlich ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/11b AS 15/07 R, juris). Diese Summe ist von den monatlichen Abschlägen in Abzug zu bringen, so dass ein Betrag i.H.v. 110,26 EUR für Heizkosten verbleibt.
Es kann hier dahinstehen, ob diese Kosten angemessen sind. Die Antragstellerin hat dem Antragsteller für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum höhere KdU (151,24 EUR) bewilligt als ihm diese tatsächlich entstehen (129,41 EUR).
c.
Hinsichtlich des Begehrens der Übernahme der Kosten für den Versicherungsbeitrag für die Gebäudeversicherung hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch i.H.v. 194,44 EUR glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller begehrt hinsichtlich des Versicherungsbeitrages eine Geldleistung, die im Mai 2008 fällig war, und die die Antragsgegnerin aus den o.g. Gründen im Mai 2008 hätte dem Bedarf des Antragstellers für die KdU hinzurechnen müssen. Es handelt sich also um eine Geldleistung, die in der Vergangenheit, d.h. vor Beantragung des einstweiligen Rechtsschutzes fällig war. Regelmäßig besteht kein Anordnungsgrund für die Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für Leistungszeiträume vor Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG. Ausnahmsweise kann ein Anordnungsgrund in Fällen gegeben sein, in denen dem Antragsteller ein in die Gegenwart fortbestehender schwerer unzumutbarer Nachteil aus der Nichtgewährung der Leistungen entstanden ist. Dieses ist dann gegeben, wenn ein besonderer Nachholbedarf besteht, d.h. wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistungen in der Vergangenheit auch in Zukunft fortwirkt und noch eine weiterhin gegenwärtige, die einstweilige Anordnung rechtfertigende Notlage begründet. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Eilbedürftigkeit rechtfertigt sich aus der Tatsache, dass die Versicherung den Gebäudeversicherungsvertrag mit Schreiben vom 2. September 2008 wegen der Nichtzahlung von Beiträgen fristlos gekündigt hat. Die Wirkung dieser Kündigung allerdings kann der Antragsteller beseitigen, wenn er innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung den offenen Beitragsrückstand zahlt. Dem Antragsteller ist folglich ein bis in die Gegenwart wirkender unzumutbarer Nachteil entstanden.
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch auf Zahlung des fälligen Versicherungsbeitrages nach § 22 Abs. 1 SGB II gegen die Antragsgegnerin.
Zu den Unterkunftskosten gehören nach § 22 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialhilfe (SGB XII) bei einem selbst genutzten Eigenheim u.a. die auf dem Grundstück liegenden Lasten, Steuern und sonstige öffentliche Abgaben sowie Versicherungsbeiträge, mithin auch die Beiträge für die Gebäudeversicherung.
Wie oben bereits ausgeführt, sind die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in den Monaten zu berücksichtigen, in denen die einzelnen Aufwendungen fällig werden. Der jeweils halbjährlich zu zahlende Versicherungsbeitrag i.H.v. 194,44 EUR wurde fällig im Mai 2008. Trotz eines entsprechenden Antrages des Antragstellers hat die Antragsgegnerin diese Aufwendungen an ihn nicht ausgezahlt.
Letztlich kann es dahinstehen, ob sich die Antragsgegnerin darauf berufen kann, diese Aufwendung bereits durch monatliche Teilzahlungen i.H.v. 29,59 EUR (Jahresbeitrag i.H.v. 355,05 EUR: 12) als Bestandteil der monatlich an den Antragsteller gezahlten KdU erfüllt zu haben.
Eine Anrechnung von Zahlungen des Leistungsträgers auf eine von ihm zu erbringende Sozialleistung kann zwar einerseits nur erfolgen, wenn diese Zahlung auch zur Erfüllung der Verpflichtung zur Erbringung der Leistung bestimmt war. Ausdrücklich ist eine solche Anrechnung erbrachter Leistungen für gewährte Vorschüsse auf diese Leistung angeordnet (§ 42 Abs. 2 SGB I). Nach § 42 Abs. 1 SGB I kann der zuständige Leistungsträger zwar Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt, dieses aber nur, wenn ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist. Eine Vorschusszahlung ist auch möglich, wenn der Berechtigte es beantragt. Der Vorschussbescheid ist ein eigenständiger Verwaltungsakt, der eine eigenständige vorläufige Leistung bewilligt und somit nicht einen Teil der letztlich beanspruchten Leistung (vgl. Seewald, Kasseler Kommentar, 57. Erg.-lieferung 4/2008, § 42 Rz. 7). Inhalt und Umfang der Vorläufigkeit müssen nach § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) hinreichend bestimmt sein. Die Leistungsbescheide der Antragsgegnerin aber lassen weder die Vorläufigkeit der Bewilligung der KdU erkennen noch liegen die Voraussetzungen für eine Vorschusszahlung vor. Die dem Antragsteller monatlich entstehenden Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung sind der Antragsgegnerin der Höhe nach nicht unbekannt.
Die Zahlungen können auch nicht in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 SGB I "wie Vorschusszahlungen" angerechnet werden, weil es wegen der fehlenden Zweckbestimmung einer Erfüllung dieses Anspruchs gerade an einer der Vorschussgewährung vergleichbaren Ausgangslage mangelt (vgl. BSG zur Leistungsbestimmung in den Fällen, in denen der Sozialversicherungsträger eine Verzinsung seiner Leistung verlangt, Urteil vom 18. März 2008, B 2 U 32/06 R, juris). Die Leistungen für die Unterkunft und Heizung sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gezahlt werden, mithin sollen nur die Kosten in den einzelnen Monaten an den Hilfebedürftigen gezahlt werden, die in dem jeweiligen Monat anfallen. Eine andere Zweckbestimmung der Leistung, zu der Antragsgegnerin sich verpflichtet sah, kann weder aus der Bezeichnung dieser Leistung durch die Antragsgegnerin noch aus den sonstigen Umständen ihrer Gewährung entnommen werden. Die Antragsgegnerin hat die Einzelheiten der Berechnung der Höhe der KdU dem Antragsteller gegenüber nicht offen gelegt.
Auch scheidet auch eine Anrechnung aus dem Gesichtspunkt einer Aufrechnung gemäß § 51 Abs. 1 SGB I aus. Nach § 37 SGB I i.V.m. § 43 SGB II ist eine Aufrechnung nur möglich, wenn es sich um Ansprüche auf Erstattung oder auf Schadenersatz handelt, die der Hilfebedürftige durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben veranlasst hat.
Dieses hat zur Folge, dass die Antragsgegnerin im Hinblick auf das Bedarfsdeckungsprinzip verpflichtet ist, die Aufwendungen des Antragstellers für diesen Versicherungsbeitrag i.H.v. 194,44 EUR zu zahlen (so auch im Ergebnis BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, B 7b AS 40/06 R, juris im Hinblick auf die Übernahme von Brennstoffkosten bei zuvor bereits hierfür geleisteter Pauschalen).
Andererseits aber ist zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller ab Juni 2008 KdU in einer monatlichen Höhe seitens der Antragsgegnerin bewilligt worden sind, die seinen tatsächlichen Bedarf um etwa 30,00 EUR übersteigt. Ab Juli 2008 wusste der Antragsteller zudem, dass in der Leistung der monatlichen KdU die Kosten für die Gebäudeversicherung berücksichtigt waren. Dies teilte ihm die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14. Juli 2008 mit. Dem Antragsteller war und ist es daher zumutbar, spätestens ab Juli 2008 die in der Leistung für die Unterkunft und Heizung enthaltenen 29,59 EUR (Jahresbeitrag der Gebäudeversicherung i.H.v. 355,05 EUR: 12 Monate) sowie die seit Juni 2008 zuviel erhaltenen 30,00 EUR zur Begleichung der Beitragszahlung für die Gebäudeversicherung mit heranzuziehen. Es erscheint vor diesem Hintergrund gerechtfertigt – unter Beachtung der vom Antragsteller glaubhaft gemachten Tatsache, dass er kein Geld zur Erfüllung der Forderung des Versicherungsunternehmens hat –, dass die Antragsgegnerin ihm die Kosten für den fälligen Versicherungsbeitrag darlehensweise zur Verfügung stellt.
Nach alledem war der Beschwerde teilweise stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus der analogen Anwendung des § 193 SGG. Die Kosten waren entsprechend des Obsiegens bzw. Unterliegens der Beteiligten zu quoteln.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Exner
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