Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
S 4 R 434/06
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 4 R 67/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die während der Zeit des Strafvollzugs ausgeführte Beschäftigung stellt kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis dar und begründet somit keine rentenversicherungsrechtliche Beitragszeit (§ 55 Abs. 1 SGB VI). In der Nichtinkraftsetzung des § 190 des Strafvollzugsgesetzes vom 16.03.1976 zur Rentenversicherungspflicht für die Arbeitsleistung von Strafgefangenen liegt auch kein Verstoß gegen Europäisches Recht.
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 23.01.2008 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Zeiten der Beschäftigung des Klägers während seiner Strafhaft als Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Der 1945 geborene Kläger, der sich seit 1984 in Strafhaft bzw. Maßregelvollzug befindet, beantragte im Februar 2006 die Zeiten der Beschäftigung während seiner Strafhaft bzw. des Maßregelvollzugs als Beitragszeiten zu berücksichtigen. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.03.2006 ab, da es an einer gesetzlichen Regelung für die Berücksichtigung von Beitragszeiten während der Strafhaft fehle. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2006 zurück.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Koblenz mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten während der Haft als Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zu. Die Beschäftigung von Strafgefangenen im Rahmen eines Straf bzw. Maßregelvollzugs stelle kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV dar, da ein Strafgefangener bei seiner Beschäftigung im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer nicht frei sei. Vielmehr sei der Strafgefangene gemäß § 41 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz zur Arbeitsleistung verpflichtet. Für das Begehren des Klägers fehle es an einer Rechtsgrundlage. § 191 Strafvollzugsgesetz, der die Versicherungspflicht einführe, sei nicht in Kraft gesetzt worden. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liege nicht vor. Ebenso liege kein Verstoß gegen EU Recht vor.
Am 13.02.2008 hat der Kläger gegen den ihm am 30.01.2008 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor,
die Nichteinbeziehung von Inhaftierten während der Zeit der Inhaftierung in die gesetzliche Kranken und Rentenversicherung wegen eines fehlenden Bundesgesetzes sei verfassungswidrig. Aufgrund der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) habe er eine Arbeitnehmerschaft dadurch erlangt, dass aus dem von ihm während der Inhaftierung erwirtschafteten Arbeitsentgelt Pflichtbeiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 23.01.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für ihn für die Zeiten der Beschäftigung während der Strafhaft bzw. des Maßregelvollzugs Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung vorzumerken,
hilfsweise,
die Rechtssache gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung darüber vorzulegen, ob durch die Nichtinkraftsetzung der Neuregelung des Angestelltenversicherungsgesetzes (§ 191 Strafvollzugsgesetz) seine Grundrechte verletzt seien,
weiter hilfsweise,
die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof zwecks Einholung einer Vorabentscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor,
die vom Kläger begehrte Anerkennung der Inhaftierungszeit als Beitragszeit sei nicht möglich, da eine gesetzliche Grundlage dafür in Deutschland nicht bestehe.
Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (Az.: ) sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, da ihm kein Anspruch auf Vormerkung von Pflichtbeitragszeiten für eine Beschäftigung während der Strafhaft/des Maßregelvollzugs zusteht.
Während der Beschäftigung des Klägers im Rahmen der Strafhaft bestand kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, was aber Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Zeit als Beitragszeit (§ 55 Abs. 1 SGB VI) im Versicherungskonto (§ 149 Abs. 1 SGB VI) wäre. Nach § 55 Abs. 1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind Zeiten, während der kraft Gesetzes oder auf Antrag oder entsprechender Vorschriften Versicherungspflicht bestand und Pflichtbeiträge gezahlt worden sind. Solche Pflichtbeiträge sind aber zu Recht nicht gezahlt worden, da es sich bei der von dem Kläger im Strafvollzug ausgeübten Beschäftigung nicht um ein die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründendes Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat. Bei der vom Kläger damit ausgeübten Beschäftigung während seiner Strafhaft handelt es sich nicht um ein freiwillig eingegangenes Beschäftigungsverhältnis (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) worauf der Senat bereits im Beschluss vom 07.03.2007 Az.: L 4 B 66/07 R hingewiesen hat (ebenso Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.04.2007, Az.: L 21 R 1362/05), was Voraussetzung des Entstehens der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist.
Zwar sind Strafgefangene, die nach den Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Arbeitsentgelt erhalten, beitragspflichtig zur Bundesagentur für Arbeit (§ 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III, § 168 Abs. 3 Arbeitsförderungsgesetz AFG ), und sie unterfallen auch der Unfallversicherung (§ 2 Abs. 2 SGB VII). Anders als in diesen Versicherungszweigen hat der Gesetzgeber bezüglich der Rentenversicherung aber gerade nicht vorgesehen, dass eine während des Strafvollzugs geleistete oder zu leistende Arbeit eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auslöst. Vielmehr wurde die entsprechende Regelung des § 190 des Strafvollzugsgesetzes vom 16.03.1976 (BGBl I Seite 581 ff) nicht durch das dazu erforderliche besondere Bundesgesetz (§ 198 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz) in Kraft gesetzt.
In der Nichtinkraftsetzung der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung für Strafgefangene liegt auch kein Verstoß des Gesetzgebers gegen Grundrechte oder das Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz), wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat (vgl. z.B. zuletzt BVerfGE 98, 169 ff). Einer Vorlage des Rechtsstreits an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG bedarf es daher nicht.
In der Nichtinkraftsetzung der Rentenversicherungspflicht für die Arbeitsleistung von Strafgefangenen liegt auch kein Verstoß gegen europäisches Recht, wie der Senat ebenfalls im Beschluss vom 07.03.2007 bereits entschieden hat. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren bietet zu einer anderen Betrachtungsweise keine Veranlassung.
Zwar hat der EuGH in seinem Urteil vom 20.01.2005 (Az.: C-302/02) ausgeführt, dass eine Person die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne der Verordnung Nr. 1408/71 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1386/2001 vom 05.06.2001 besitzt, wenn sie auch nur gegen ein einziges Risiko bei einem der in Artikel 1 Buchstabe a dieser Verordnung genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses pflichtversichert oder freiwillig versichert ist. Daher ist eine Person, die während eines Zeitraums, in dem sie eine Haftstrafe verbüßte, Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtete, ein Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung 1408/71. Diese europarechtliche Definition zwingt aber nicht zu der Annahme, damit sei entgegen der Entscheidung des nationalen Gesetzgebers quasi automatisch auch die Arbeitnehmereigenschaft i.S.d. § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI begründet. Hiervon geht weder der EuGH im genannten Urteil noch die VO 1408/71 aus. Denn diese setzt voraus, dass es nach nationalem Recht möglich ist, nur gegen eines der Risiken des Artikel 1 Buchstabe a VO 1408/71 der Sozialen Sicherheit i.S.d. Art. 4 VO 1408/71 versichert zu sein. Mithin fallen insoweit die Arbeitnehmerbegriffe zwischen nationalem und europäischem Recht auseinander, die aber auch im europäischen Recht je nach Rechtsnorm unterschiedlich definiert werden. So weist etwa die Generalanwältin Kokot in ihrem Schlussantrag zum Urteil des EuGH vom 20.01.2005 zu Recht darauf hin: "Der Arbeitnehmerbegriff der Verordnung Nr. 1408/71 ist nicht identisch mit dem Arbeitnehmerbegriff der Verordnung Nr. 1612/68 und des Artikels 39 EG. Im Rahmen des Artikels 39 EG und der Verordnung Nr. 1612/68 ist als Arbeitnehmer anzusehen, wer während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Dagegen definiert Artikel 1 Buchstabe a Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 den Arbeitnehmer als eine Person, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist."
Weder durch das Urteil des EuGH vom 20.01.2005 noch durch eine Norm des europäischen Rechts wurde der Kläger aufgrund seiner Beschäftigung während der Strafhaft in den Schutzbereich der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen. Vielmehr unterliegt weiter nach Art. 13 Abs. 2 VO 1408/71 eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, den Rechtsvorschriften dieses Staates.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) nicht vorliegen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Zeiten der Beschäftigung des Klägers während seiner Strafhaft als Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Der 1945 geborene Kläger, der sich seit 1984 in Strafhaft bzw. Maßregelvollzug befindet, beantragte im Februar 2006 die Zeiten der Beschäftigung während seiner Strafhaft bzw. des Maßregelvollzugs als Beitragszeiten zu berücksichtigen. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.03.2006 ab, da es an einer gesetzlichen Regelung für die Berücksichtigung von Beitragszeiten während der Strafhaft fehle. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2006 zurück.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Koblenz mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten während der Haft als Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zu. Die Beschäftigung von Strafgefangenen im Rahmen eines Straf bzw. Maßregelvollzugs stelle kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV dar, da ein Strafgefangener bei seiner Beschäftigung im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer nicht frei sei. Vielmehr sei der Strafgefangene gemäß § 41 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz zur Arbeitsleistung verpflichtet. Für das Begehren des Klägers fehle es an einer Rechtsgrundlage. § 191 Strafvollzugsgesetz, der die Versicherungspflicht einführe, sei nicht in Kraft gesetzt worden. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liege nicht vor. Ebenso liege kein Verstoß gegen EU Recht vor.
Am 13.02.2008 hat der Kläger gegen den ihm am 30.01.2008 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor,
die Nichteinbeziehung von Inhaftierten während der Zeit der Inhaftierung in die gesetzliche Kranken und Rentenversicherung wegen eines fehlenden Bundesgesetzes sei verfassungswidrig. Aufgrund der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) habe er eine Arbeitnehmerschaft dadurch erlangt, dass aus dem von ihm während der Inhaftierung erwirtschafteten Arbeitsentgelt Pflichtbeiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 23.01.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für ihn für die Zeiten der Beschäftigung während der Strafhaft bzw. des Maßregelvollzugs Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung vorzumerken,
hilfsweise,
die Rechtssache gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung darüber vorzulegen, ob durch die Nichtinkraftsetzung der Neuregelung des Angestelltenversicherungsgesetzes (§ 191 Strafvollzugsgesetz) seine Grundrechte verletzt seien,
weiter hilfsweise,
die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof zwecks Einholung einer Vorabentscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor,
die vom Kläger begehrte Anerkennung der Inhaftierungszeit als Beitragszeit sei nicht möglich, da eine gesetzliche Grundlage dafür in Deutschland nicht bestehe.
Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (Az.: ) sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, da ihm kein Anspruch auf Vormerkung von Pflichtbeitragszeiten für eine Beschäftigung während der Strafhaft/des Maßregelvollzugs zusteht.
Während der Beschäftigung des Klägers im Rahmen der Strafhaft bestand kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, was aber Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Zeit als Beitragszeit (§ 55 Abs. 1 SGB VI) im Versicherungskonto (§ 149 Abs. 1 SGB VI) wäre. Nach § 55 Abs. 1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind Zeiten, während der kraft Gesetzes oder auf Antrag oder entsprechender Vorschriften Versicherungspflicht bestand und Pflichtbeiträge gezahlt worden sind. Solche Pflichtbeiträge sind aber zu Recht nicht gezahlt worden, da es sich bei der von dem Kläger im Strafvollzug ausgeübten Beschäftigung nicht um ein die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründendes Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat. Bei der vom Kläger damit ausgeübten Beschäftigung während seiner Strafhaft handelt es sich nicht um ein freiwillig eingegangenes Beschäftigungsverhältnis (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) worauf der Senat bereits im Beschluss vom 07.03.2007 Az.: L 4 B 66/07 R hingewiesen hat (ebenso Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.04.2007, Az.: L 21 R 1362/05), was Voraussetzung des Entstehens der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist.
Zwar sind Strafgefangene, die nach den Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Arbeitsentgelt erhalten, beitragspflichtig zur Bundesagentur für Arbeit (§ 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III, § 168 Abs. 3 Arbeitsförderungsgesetz AFG ), und sie unterfallen auch der Unfallversicherung (§ 2 Abs. 2 SGB VII). Anders als in diesen Versicherungszweigen hat der Gesetzgeber bezüglich der Rentenversicherung aber gerade nicht vorgesehen, dass eine während des Strafvollzugs geleistete oder zu leistende Arbeit eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auslöst. Vielmehr wurde die entsprechende Regelung des § 190 des Strafvollzugsgesetzes vom 16.03.1976 (BGBl I Seite 581 ff) nicht durch das dazu erforderliche besondere Bundesgesetz (§ 198 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz) in Kraft gesetzt.
In der Nichtinkraftsetzung der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung für Strafgefangene liegt auch kein Verstoß des Gesetzgebers gegen Grundrechte oder das Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz), wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat (vgl. z.B. zuletzt BVerfGE 98, 169 ff). Einer Vorlage des Rechtsstreits an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG bedarf es daher nicht.
In der Nichtinkraftsetzung der Rentenversicherungspflicht für die Arbeitsleistung von Strafgefangenen liegt auch kein Verstoß gegen europäisches Recht, wie der Senat ebenfalls im Beschluss vom 07.03.2007 bereits entschieden hat. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren bietet zu einer anderen Betrachtungsweise keine Veranlassung.
Zwar hat der EuGH in seinem Urteil vom 20.01.2005 (Az.: C-302/02) ausgeführt, dass eine Person die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne der Verordnung Nr. 1408/71 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1386/2001 vom 05.06.2001 besitzt, wenn sie auch nur gegen ein einziges Risiko bei einem der in Artikel 1 Buchstabe a dieser Verordnung genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses pflichtversichert oder freiwillig versichert ist. Daher ist eine Person, die während eines Zeitraums, in dem sie eine Haftstrafe verbüßte, Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtete, ein Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung 1408/71. Diese europarechtliche Definition zwingt aber nicht zu der Annahme, damit sei entgegen der Entscheidung des nationalen Gesetzgebers quasi automatisch auch die Arbeitnehmereigenschaft i.S.d. § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI begründet. Hiervon geht weder der EuGH im genannten Urteil noch die VO 1408/71 aus. Denn diese setzt voraus, dass es nach nationalem Recht möglich ist, nur gegen eines der Risiken des Artikel 1 Buchstabe a VO 1408/71 der Sozialen Sicherheit i.S.d. Art. 4 VO 1408/71 versichert zu sein. Mithin fallen insoweit die Arbeitnehmerbegriffe zwischen nationalem und europäischem Recht auseinander, die aber auch im europäischen Recht je nach Rechtsnorm unterschiedlich definiert werden. So weist etwa die Generalanwältin Kokot in ihrem Schlussantrag zum Urteil des EuGH vom 20.01.2005 zu Recht darauf hin: "Der Arbeitnehmerbegriff der Verordnung Nr. 1408/71 ist nicht identisch mit dem Arbeitnehmerbegriff der Verordnung Nr. 1612/68 und des Artikels 39 EG. Im Rahmen des Artikels 39 EG und der Verordnung Nr. 1612/68 ist als Arbeitnehmer anzusehen, wer während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Dagegen definiert Artikel 1 Buchstabe a Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 den Arbeitnehmer als eine Person, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist."
Weder durch das Urteil des EuGH vom 20.01.2005 noch durch eine Norm des europäischen Rechts wurde der Kläger aufgrund seiner Beschäftigung während der Strafhaft in den Schutzbereich der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen. Vielmehr unterliegt weiter nach Art. 13 Abs. 2 VO 1408/71 eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, den Rechtsvorschriften dieses Staates.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) nicht vorliegen.
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