Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 45 AS 1237/06 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 24/07 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Januar 2007 und Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Januar 2007 angeordnet. Außerdem wird die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller über den 30. April 2007 hinaus bis zur abschließenden Verwaltungsentscheidung über die Leistungsbewilligung ab 1. Februar 2007 durch die Antragsgegnerin, längstens jedoch bis zum 30. August 2007, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in gesetzlichem Umfang auszuzahlen, und zwar unter Anrechnung dem Antragsteller tatsächlich zufließender Privatdarlehen zur Abdeckung der Mietkosten. Im Übrigen wird der Antrag des Antragstellers abgelehnt.
II. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller zwei Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
Gründe:
Der 1953 geborene Antragsteller bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2006 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis zum 31. Januar 2007 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in einer Höhe von insgesamt 676,50 EUR, davon 331,00 EUR Kosten der Unterkunft (KdU) bei tatsächlichen Miet- und Nebenkosten von insgesamt 661,86 EUR für die 98 qm große Mietwohnung des Antragstellers in der A-Straße in A.
Unter dem 17. Oktober 2006 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zu der beabsichtigten Rücknahme der Leistungsbewilligung an. Er habe ein zweckgebundenes Darlehen von über 250,00 EUR zur Aufrechterhaltung seiner Wohnung erhalten. Dieses Geld sei von dem Antragsteller als Einkommen zur Bedarfsminderung, wie dieser es nenne, zwar zweckgebunden eingesetzt, reduziere aber seinen anzuerkennenden Bedarf der KdU.
Der Antragsteller erklärte mit Schreiben vom 28. Oktober 2006 und Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 15. Dezember 2006, mit dem monatlichen Darlehen von 250,00 EUR würde der von der Antragsgegnerin nicht anerkannte Teil der KdU gedeckt. Zu diesem Zweck werde das Darlehen zur Verfügung gestellt. Über andere Einnahmen verfüge er nicht. Der nicht anerkannte Teil der Kosten belaufe sich auf 245,17 EUR zuzüglich einer Treppenreinigungsgebühr von 10,00 EUR im Monat. Der Antragsteller legte eine Kontoübersicht für den Zeitraum vom 22. September 2006 bis zum 15. Dezember 2006 vor (Bl. 211 und 212 der Verwaltungsakte – Ersatzakte).
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 stellte die Antragsgegnerin die Leistungen vorläufig ab dem 1. Januar 2007 ein und forderte den Antragsteller auf, nachzuweisen, aus welchem Grund und in welcher Höhe ihm Leistungen in Form eines Darlehens erbracht würden. Die Angabe, dass er fortlaufend ein Darlehen in Höhe von 250,00 EUR monatlich von einem Dritten erhalte, sei weder nachgewiesen noch glaubwürdig. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation, die derzeit nicht nachvollziehbar sei, lasse sich eine Bedürftigkeit nicht annehmen. Er werde bis zum 22. Dezember 2006 gebeten, seine wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse umfassend zu schildern und nachzuweisen.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. Dezember 2006, bei der Antragsgegnerin am 20. Dezember 2006 eingegangen, Widerspruch.
Ebenfalls mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. Dezember 2006, bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) am 19. Dezember 2006 eingegangen, hat der Antragsteller einstweiligen Rechtschutz mit dem Ziel beantragt, über den 31. Dezember 2006 hinaus Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) zu erhalten. Er bekomme die Darlehen, um seine Wohnung zu sichern. Über weitere Mittel verfüge er nicht. Die Darlehen seien nicht als Einkommen zweckbestimmt. In den drei Monaten, für die er Kontoauszüge vorgelegt habe, habe er zum einen die Darlehen für den laufenden Lebensunterhalt genutzt und zum anderen eine Barabhebung von 150,00 EUR vorgenommen.
Die Antragsgegnerin hat demgegenüber vorgetragen, die Darlehen seien als Einkommen zu bewerten. Der Grundsatz des Nachranges und der Bedarfsdeckungsgrundsatz eröffneten es nicht, Einnahmen für nicht anerkannte Bedarfe – hier unangemessene Unterkunftskosten – als zweckbestimmt zu deklarieren und somit die Berücksichtigung zur Deckung der anerkannten Bedarfe zu verhindern. Im Übrigen seien die Zweifel an der Bedürftigkeit des Antragstellers insgesamt nicht ausgeräumt. Es sei nicht nachvollziehbar gemacht worden, dass der Antragsteller seit 7 Jahren unangemessen hohe Wohnungskosten finanziere, insgesamt fast 25.000,00 EUR. Im Übrigen ergäben sich Zweifel an der Bedürftigkeit des Antragstellers auch aufgrund der vorgelegten Kontoauszüge für den Zeitraum vom 22. September 2006 bis zum 15. Dezember 2006. In diesem Zeitraum sei keine Barabhebung erfolgt.
Mit Beschluss vom 9. Januar 2007 hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13. Dezember 2006 angeordnet und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt. Vorliegend begehre der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz in Gestalt der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13. Dezember 2006, da ihm Leistungen bis zum 31. Januar 2007 bewilligt worden seien. Die Voraussetzungen des § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) seien weder nachgewiesen noch erkennbar. Die Interessenabwägung falle zu Gunsten der Sicherung der Existenz aus.
Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 16. Januar 2007 Beschwerde erhoben, der das SG nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 16. Januar 2007). Die Antragsgegnerin führt zur Begründung aus, mit dem Bescheid vom 13. Dezember 2006 sei eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II erfolgt, aber noch keine Rücknahme der Leistungsbewilligung vorgenommen worden, die innerhalb von 2 Monaten nach der vorläufigen Zahlungseinstellung zu erfolgen habe. Diese vorläufige Leistungseinstellung sei zwar auch ein Verwaltungsakt. Das SG sei aber bereits von einer Aufhebung nach § 48 SGB X ausgegangen. Hingegen habe es zur vorläufigen Zahlungseinstellung einer Veränderung der Sachlage aber nicht bedurft. Die endgültige Entscheidung werde noch ergehen, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X für eine Rücknahme ab 1. Januar 2007 erfüllt seien. Der Antragsteller sei mit dem Anhörungsschreiben vom 17. Oktober 2006 und dem Bescheid vom 13. Dezember 2006 bösgläubig gestellt worden. Hinsichtlich der Anrechnung der Darlehen werde auf den bisherigen Vortrag verwiesen. Bei Barmitteln gäbe es keine Zweckbestimmung. Im Übrigen habe der Antragsteller im Zeitraum von September bis Dezember 2006 die Darlehen entweder als laufende Leistung genutzt oder er verfüge über weitere Mittel.
Mit Bescheid vom 26. Januar 2007 (Bl. 52 der Gerichtsakte) hob die Antragsgegnerin die Leistungsbewilligung gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X ab 1. Januar 2007 in vollem Umfang auf. Der Antragsteller sei mit dem Schreiben vom 13. Dezember 2006 davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die Voraussetzungen zur weiteren Leistungsgewährung über den 31. Dezember 2006 hinaus nicht anzuerkennen seien. Somit sei er spätestens mit diesem Schreiben "bösgläubig" gestellt worden, d.h. die Voraussetzungen der Zurücknahme des Bewilligungsbescheides lägen vor. Der Bescheid werde gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen die mit Schreiben vom 13. Dezember 2006 geregelte vorläufige Zahlungseinstellung.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorläufig Leistungen bis zum 30. April 2007 bewilligt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Januar 2007 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Januar 2007 anzuordnen und ihm im Wege der einstweiligen Anordnung über den 30. April 2007 hinaus vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in gesetzlichem Umfang ohne Anrechnung von Privatdarlehen zur Abdeckung der Mietkosten auszuzahlen.
Am 2. April 2007 fand ein Erörterungstermin statt, in dem der von dem Antragsteller benannte aktuelle Darlehensgeber, Herr S. C. als Zeuge vernommen wurde. Auf die Niederschrift wird verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf einen Band Gerichtsakten und zwei Bände Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen, die dem Senat vorlagen und zum Gegenstand der Entscheidungsfindung gemacht worden sind.
II.
Die zulässige Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg. Dem Antrag des Antragstellers wird im tenorierten Umfang entsprochen.
Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Januar 2007 zielt der einstweilige Rechtsschutzantrag nach der maßgeblichen aktuellen Sach- und Rechtslage auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Rücknahmebescheid vom 26. Januar 2007, obgleich er ursprünglich auf eine einstweilige Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gerichtet war, da die vorläufige Leistungseinstellung nach § 331 SGB III i.V.m. § 40 SGB II keinen Verwaltungsakt darstellt (Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II-Kommentar 2005, § 40 Rdnr. 73; Niesel in Niesel SGB III-Kommentar, 3. Auflage 2005, § 331 Rdnr. 7) und das Schreiben der Antragsgegnerin vom 13. Dezember 2006 auch seiner Form nach nicht als Verwaltungsakt ausgestaltet ist. Allerdings ist im Beschwerdeverfahren für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Januar 2007 die am 13. Dezember 2006 vorgenommene vorläufige Zahlungseinstellung mit besagtem Bescheid vom 26. Januar 2007 durch eine Rücknahme der Leistungsbewilligung ab 1. Januar 2007 ersetzt worden. Dem Widerspruch gegen die Rücknahmeentscheidung kommt nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung zu, da es sich hierbei um eine Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt, so dass insoweit das einstweilige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nunmehr auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs abzielt.
Nachdem die Antragsgegnerin dem Antragsteller vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis zum 30. April 2007 ausgezahlt hat, zielt der einstweilige Rechtsschutzantrag des Weiteren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG mit dem Inhalt einer vorläufigen Leistungsgewährung über den 30. April 2007 hinaus.
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 26. Januar 2007, weshalb die aufschiebende Wirkung des hiergegen gerichteten Widerspruchs des Antragstellers angeordnet wird und die Beschwerde der Antragsgegnerin im Ergebnis keinen Erfolg haben kann. Unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller bösgläubig im Sinne von § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X ist, ist zunächst Voraussetzung für eine Rücknahmeentscheidung, dass die materiellen Voraussetzungen der Leistungsbewilligung nicht vorlagen, hier insbesondere die Bedürftigkeit des Antragstellers gemäß § 9 SGB II.
Hinreichende Anhaltspunkte für eine fehlende Bedürftigkeit des Antragstellers sind aber nicht gegeben. Der glaubhaften Aussage des Zeugen C. im Erörterungstermin vom 2. April 2007 ist zu entnehmen, dass er dem Antragsteller zumindest seit dem Jahre 2004 tatsächlich monatliche Leistungen in Höhe von zunächst 250,00 EUR und ab August 2006 in Höhe von 200,00 EUR zur Finanzierung dessen Mietwohnung darlehensweise gewährt. Insoweit kann eine mangelnde Bedürftigkeit nicht bereits deshalb angenommen werden, weil der Antragsteller die tatsächlichen Kosten der Unterkunft trägt.
Darüber hinaus bieten auch die vorgelegten Kontounterlagen vom 22. September 2006 bis zum 15. Dezember 2006 keine hinreichende Grundlage zur Annahme einer fehlenden Hilfebedürftigkeit des Antragstellers. Zwar hat der Antragsteller in diesem Zeitraum nur eine Barabhebung von 150,00 EUR vorgenommen, doch insoweit nachvollziehbar vorgetragen, die darlehensweise gewährten Beträge faktisch zum Lebensunterhalt genutzt zu haben.
Die besagten Darlehensbeträge stellen allerdings keine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II dar, so dass die Antragsgegnerin sie im Umfang des tatsächlichen Bezuges auf die Leistungsbewilligung anzurechnen hat.
Nach der genannten Regelung sind zweckbestimmte Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II soll verhindern, dass die Zweckbestimmung einer Leistung durch die Berücksichtigung im Rahmen des SGB II verfehlt wird. Andererseits soll die Doppelleistung aus öffentlichen Mitteln durch die Anrechnung zweckidentischer Leistungen verhindert werden (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 5. Dezember 2002 - B 2 U 12/02 R - zu § 77 Bundessozialhilfegesetz - BSHG -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Dezember 2005 – L 25 B 1265/05 AS PKH; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 11 Rdnr. 77; Hengelhaupt in Hauck/Noffz SGB II, 2005, § 11 Rdnr. 213). Dieser Gesetzeszweck ist bei der Beantwortung der Frage, in welcher Art und Weise die Zweckbindungen der Einnahme und der Leistungen nach dem SGB II voneinander abweichen müssen, zu berücksichtigen. Das Bundessozialgericht hat zu der § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II ähnlichen Bestimmung des § 138 Abs. 3 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Bezug auf die Arbeitslosenhilfe Zweckidentität verneint, wenn "bei einer Anrechnung ein weiterer mit der Leistungsgewährung verbundener Zweck, wie z.B. die Aufrechterhaltung eines bestimmten wirtschaftlichen Zustandes verfehlt würde" (BSG, Urteil vom 12. Februar 1980 – 7 RAr 13/79, SozR 4100 § 138 Nr. 5). Im Zusammenhang mit § 77 BSHG hat es entschieden, dass bei nicht identischen Zwecken die betreffende öffentlich-rechtliche Leistung bei der Gewährung der Sozialhilfe nicht als Einkommen anzurechnen sei. Eine zweckneutrale Leistung sei anrechenbar, wobei es sich um eine solche bereits handele, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang eine vom Gesetzgeber gewollte Zweckbindung nicht eindeutig ableiten lasse (BSG, Urteil vom 5. Dezember 2002, a.a.O.).
§ 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II erfordert vor diesem Hintergrund einen Vergleich der Zweckbestimmung der Leistungen nach diesem Buch mit der Zweckbestimmung der in Frage stehenden Einnahme, hier des Privatdarlehens. Ob Einkommen nach der genannten Regelung anzurechnen ist, ist anhand des konkreten Leistungsfalles zu beurteilen. Um Doppelleistungen zu verhindern, aber gleichzeitig die Zweckbestimmung einer Leistung nicht zu verfehlen, sind dabei die tatsächlich bewilligten Leistungen der Einnahme gegenüberzustellen. Nur so lässt sich dem Gesetzeszweck Rechnung tragen (Beschluss des Senats vom 4. Dezember 2006 – L 7 AS 168/06 ER).
Die allgemeine Zweckbestimmung der Leistungen nach dem SGB II findet in § 1 Abs. 2 SGB II ihren Niederschlag. Danach umfasst die Grundsicherung für Arbeitsuchende Leistungen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit, insbesondere durch Eingliederung in Arbeit und zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Der Antragsteller erhält von der Antragsgegnerin zum einen die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II und zum anderen Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II. Beide Leistungen dienen der Sicherung des Lebensunterhalts.
Das dem Antragsteller nach der Sachlage, wie sie sich gegenwärtig darstellt, geleistete Privatdarlehen dient aber keinem anderen Zweck. Es soll die Unterkunftskosten mitfinanzieren. Wenn aber zweckidentische öffentliche Leistungen als Einkommen nach dem dargelegten Maßstab angerechnet werden, gilt dies erst Recht für Leistungen von privater Seite. Auch der Umstand, dass das monatlich gewährte Privatdarlehen der Abdeckung gerade der unangemessen hohen Unterkunftskosten der 98 qm-Wohnung dient, bedeutet keine davon abweichende Zweckbestimmung. Es wäre mit dem Nachrangprinzip unvereinbar, Einkommen für unangemessen hohe Kosten als gesondert zweckbestimmt im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II anzusehen und es so der Anrechnung zu entziehen.
Für die Zeit nach dem 30. April 2007 begehrt der Antragsteller - nach der vorläufigen Leistungsauszahlung bis zu diesem Zeitpunkt im laufenden Beschwerdeverfahren - einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 SGG. Danach kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus.
Aufgrund der dargelegten Rechtslage ist ein Anordnungsanspruch überwiegend wahrscheinlich, insbesondere sind hinreichende Anhaltspunkte für eine fehlende Hilfebedürftigkeit des Antragstellers nicht gegeben. Ebenso besteht eine besondere Eilbedürftigkeit aufgrund der existenzsichernden Bedeutung der SGB II-Leistungen. Dem Antragsteller sind somit Leistungen der Grundsicherung über den 30. April 2007 hinaus vorläufig auszuzahlen, allerdings - wie dargelegt - unter Anrechnung tatsächlich gewährter Privatdarlehen für die Mietkosten. Insoweit kann dem Begehren des Antragstellers nicht entsprochen werden. Diese vorläufige Leistungsauszahlung befristet der Senat auf der Grundlage des ihm nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 Zivilprozeßordnung (ZPO) eingeräumten Ermessens bis zu einer abschließenden Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin über die Leistungsbewilligung, längstens jedoch bis zum 30. August 2007.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt die Anrechnung des dem Antragsteller tatsächlich zufließenden Privatdarlehens als Einkommen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller zwei Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
Gründe:
Der 1953 geborene Antragsteller bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2006 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis zum 31. Januar 2007 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in einer Höhe von insgesamt 676,50 EUR, davon 331,00 EUR Kosten der Unterkunft (KdU) bei tatsächlichen Miet- und Nebenkosten von insgesamt 661,86 EUR für die 98 qm große Mietwohnung des Antragstellers in der A-Straße in A.
Unter dem 17. Oktober 2006 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zu der beabsichtigten Rücknahme der Leistungsbewilligung an. Er habe ein zweckgebundenes Darlehen von über 250,00 EUR zur Aufrechterhaltung seiner Wohnung erhalten. Dieses Geld sei von dem Antragsteller als Einkommen zur Bedarfsminderung, wie dieser es nenne, zwar zweckgebunden eingesetzt, reduziere aber seinen anzuerkennenden Bedarf der KdU.
Der Antragsteller erklärte mit Schreiben vom 28. Oktober 2006 und Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 15. Dezember 2006, mit dem monatlichen Darlehen von 250,00 EUR würde der von der Antragsgegnerin nicht anerkannte Teil der KdU gedeckt. Zu diesem Zweck werde das Darlehen zur Verfügung gestellt. Über andere Einnahmen verfüge er nicht. Der nicht anerkannte Teil der Kosten belaufe sich auf 245,17 EUR zuzüglich einer Treppenreinigungsgebühr von 10,00 EUR im Monat. Der Antragsteller legte eine Kontoübersicht für den Zeitraum vom 22. September 2006 bis zum 15. Dezember 2006 vor (Bl. 211 und 212 der Verwaltungsakte – Ersatzakte).
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 stellte die Antragsgegnerin die Leistungen vorläufig ab dem 1. Januar 2007 ein und forderte den Antragsteller auf, nachzuweisen, aus welchem Grund und in welcher Höhe ihm Leistungen in Form eines Darlehens erbracht würden. Die Angabe, dass er fortlaufend ein Darlehen in Höhe von 250,00 EUR monatlich von einem Dritten erhalte, sei weder nachgewiesen noch glaubwürdig. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation, die derzeit nicht nachvollziehbar sei, lasse sich eine Bedürftigkeit nicht annehmen. Er werde bis zum 22. Dezember 2006 gebeten, seine wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse umfassend zu schildern und nachzuweisen.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. Dezember 2006, bei der Antragsgegnerin am 20. Dezember 2006 eingegangen, Widerspruch.
Ebenfalls mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. Dezember 2006, bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) am 19. Dezember 2006 eingegangen, hat der Antragsteller einstweiligen Rechtschutz mit dem Ziel beantragt, über den 31. Dezember 2006 hinaus Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) zu erhalten. Er bekomme die Darlehen, um seine Wohnung zu sichern. Über weitere Mittel verfüge er nicht. Die Darlehen seien nicht als Einkommen zweckbestimmt. In den drei Monaten, für die er Kontoauszüge vorgelegt habe, habe er zum einen die Darlehen für den laufenden Lebensunterhalt genutzt und zum anderen eine Barabhebung von 150,00 EUR vorgenommen.
Die Antragsgegnerin hat demgegenüber vorgetragen, die Darlehen seien als Einkommen zu bewerten. Der Grundsatz des Nachranges und der Bedarfsdeckungsgrundsatz eröffneten es nicht, Einnahmen für nicht anerkannte Bedarfe – hier unangemessene Unterkunftskosten – als zweckbestimmt zu deklarieren und somit die Berücksichtigung zur Deckung der anerkannten Bedarfe zu verhindern. Im Übrigen seien die Zweifel an der Bedürftigkeit des Antragstellers insgesamt nicht ausgeräumt. Es sei nicht nachvollziehbar gemacht worden, dass der Antragsteller seit 7 Jahren unangemessen hohe Wohnungskosten finanziere, insgesamt fast 25.000,00 EUR. Im Übrigen ergäben sich Zweifel an der Bedürftigkeit des Antragstellers auch aufgrund der vorgelegten Kontoauszüge für den Zeitraum vom 22. September 2006 bis zum 15. Dezember 2006. In diesem Zeitraum sei keine Barabhebung erfolgt.
Mit Beschluss vom 9. Januar 2007 hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13. Dezember 2006 angeordnet und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt. Vorliegend begehre der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz in Gestalt der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13. Dezember 2006, da ihm Leistungen bis zum 31. Januar 2007 bewilligt worden seien. Die Voraussetzungen des § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) seien weder nachgewiesen noch erkennbar. Die Interessenabwägung falle zu Gunsten der Sicherung der Existenz aus.
Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 16. Januar 2007 Beschwerde erhoben, der das SG nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 16. Januar 2007). Die Antragsgegnerin führt zur Begründung aus, mit dem Bescheid vom 13. Dezember 2006 sei eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II erfolgt, aber noch keine Rücknahme der Leistungsbewilligung vorgenommen worden, die innerhalb von 2 Monaten nach der vorläufigen Zahlungseinstellung zu erfolgen habe. Diese vorläufige Leistungseinstellung sei zwar auch ein Verwaltungsakt. Das SG sei aber bereits von einer Aufhebung nach § 48 SGB X ausgegangen. Hingegen habe es zur vorläufigen Zahlungseinstellung einer Veränderung der Sachlage aber nicht bedurft. Die endgültige Entscheidung werde noch ergehen, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X für eine Rücknahme ab 1. Januar 2007 erfüllt seien. Der Antragsteller sei mit dem Anhörungsschreiben vom 17. Oktober 2006 und dem Bescheid vom 13. Dezember 2006 bösgläubig gestellt worden. Hinsichtlich der Anrechnung der Darlehen werde auf den bisherigen Vortrag verwiesen. Bei Barmitteln gäbe es keine Zweckbestimmung. Im Übrigen habe der Antragsteller im Zeitraum von September bis Dezember 2006 die Darlehen entweder als laufende Leistung genutzt oder er verfüge über weitere Mittel.
Mit Bescheid vom 26. Januar 2007 (Bl. 52 der Gerichtsakte) hob die Antragsgegnerin die Leistungsbewilligung gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X ab 1. Januar 2007 in vollem Umfang auf. Der Antragsteller sei mit dem Schreiben vom 13. Dezember 2006 davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die Voraussetzungen zur weiteren Leistungsgewährung über den 31. Dezember 2006 hinaus nicht anzuerkennen seien. Somit sei er spätestens mit diesem Schreiben "bösgläubig" gestellt worden, d.h. die Voraussetzungen der Zurücknahme des Bewilligungsbescheides lägen vor. Der Bescheid werde gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen die mit Schreiben vom 13. Dezember 2006 geregelte vorläufige Zahlungseinstellung.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorläufig Leistungen bis zum 30. April 2007 bewilligt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Januar 2007 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Januar 2007 anzuordnen und ihm im Wege der einstweiligen Anordnung über den 30. April 2007 hinaus vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in gesetzlichem Umfang ohne Anrechnung von Privatdarlehen zur Abdeckung der Mietkosten auszuzahlen.
Am 2. April 2007 fand ein Erörterungstermin statt, in dem der von dem Antragsteller benannte aktuelle Darlehensgeber, Herr S. C. als Zeuge vernommen wurde. Auf die Niederschrift wird verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf einen Band Gerichtsakten und zwei Bände Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen, die dem Senat vorlagen und zum Gegenstand der Entscheidungsfindung gemacht worden sind.
II.
Die zulässige Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg. Dem Antrag des Antragstellers wird im tenorierten Umfang entsprochen.
Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Januar 2007 zielt der einstweilige Rechtsschutzantrag nach der maßgeblichen aktuellen Sach- und Rechtslage auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Rücknahmebescheid vom 26. Januar 2007, obgleich er ursprünglich auf eine einstweilige Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gerichtet war, da die vorläufige Leistungseinstellung nach § 331 SGB III i.V.m. § 40 SGB II keinen Verwaltungsakt darstellt (Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II-Kommentar 2005, § 40 Rdnr. 73; Niesel in Niesel SGB III-Kommentar, 3. Auflage 2005, § 331 Rdnr. 7) und das Schreiben der Antragsgegnerin vom 13. Dezember 2006 auch seiner Form nach nicht als Verwaltungsakt ausgestaltet ist. Allerdings ist im Beschwerdeverfahren für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Januar 2007 die am 13. Dezember 2006 vorgenommene vorläufige Zahlungseinstellung mit besagtem Bescheid vom 26. Januar 2007 durch eine Rücknahme der Leistungsbewilligung ab 1. Januar 2007 ersetzt worden. Dem Widerspruch gegen die Rücknahmeentscheidung kommt nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung zu, da es sich hierbei um eine Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt, so dass insoweit das einstweilige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nunmehr auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs abzielt.
Nachdem die Antragsgegnerin dem Antragsteller vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis zum 30. April 2007 ausgezahlt hat, zielt der einstweilige Rechtsschutzantrag des Weiteren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG mit dem Inhalt einer vorläufigen Leistungsgewährung über den 30. April 2007 hinaus.
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 26. Januar 2007, weshalb die aufschiebende Wirkung des hiergegen gerichteten Widerspruchs des Antragstellers angeordnet wird und die Beschwerde der Antragsgegnerin im Ergebnis keinen Erfolg haben kann. Unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller bösgläubig im Sinne von § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X ist, ist zunächst Voraussetzung für eine Rücknahmeentscheidung, dass die materiellen Voraussetzungen der Leistungsbewilligung nicht vorlagen, hier insbesondere die Bedürftigkeit des Antragstellers gemäß § 9 SGB II.
Hinreichende Anhaltspunkte für eine fehlende Bedürftigkeit des Antragstellers sind aber nicht gegeben. Der glaubhaften Aussage des Zeugen C. im Erörterungstermin vom 2. April 2007 ist zu entnehmen, dass er dem Antragsteller zumindest seit dem Jahre 2004 tatsächlich monatliche Leistungen in Höhe von zunächst 250,00 EUR und ab August 2006 in Höhe von 200,00 EUR zur Finanzierung dessen Mietwohnung darlehensweise gewährt. Insoweit kann eine mangelnde Bedürftigkeit nicht bereits deshalb angenommen werden, weil der Antragsteller die tatsächlichen Kosten der Unterkunft trägt.
Darüber hinaus bieten auch die vorgelegten Kontounterlagen vom 22. September 2006 bis zum 15. Dezember 2006 keine hinreichende Grundlage zur Annahme einer fehlenden Hilfebedürftigkeit des Antragstellers. Zwar hat der Antragsteller in diesem Zeitraum nur eine Barabhebung von 150,00 EUR vorgenommen, doch insoweit nachvollziehbar vorgetragen, die darlehensweise gewährten Beträge faktisch zum Lebensunterhalt genutzt zu haben.
Die besagten Darlehensbeträge stellen allerdings keine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II dar, so dass die Antragsgegnerin sie im Umfang des tatsächlichen Bezuges auf die Leistungsbewilligung anzurechnen hat.
Nach der genannten Regelung sind zweckbestimmte Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II soll verhindern, dass die Zweckbestimmung einer Leistung durch die Berücksichtigung im Rahmen des SGB II verfehlt wird. Andererseits soll die Doppelleistung aus öffentlichen Mitteln durch die Anrechnung zweckidentischer Leistungen verhindert werden (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 5. Dezember 2002 - B 2 U 12/02 R - zu § 77 Bundessozialhilfegesetz - BSHG -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Dezember 2005 – L 25 B 1265/05 AS PKH; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 11 Rdnr. 77; Hengelhaupt in Hauck/Noffz SGB II, 2005, § 11 Rdnr. 213). Dieser Gesetzeszweck ist bei der Beantwortung der Frage, in welcher Art und Weise die Zweckbindungen der Einnahme und der Leistungen nach dem SGB II voneinander abweichen müssen, zu berücksichtigen. Das Bundessozialgericht hat zu der § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II ähnlichen Bestimmung des § 138 Abs. 3 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Bezug auf die Arbeitslosenhilfe Zweckidentität verneint, wenn "bei einer Anrechnung ein weiterer mit der Leistungsgewährung verbundener Zweck, wie z.B. die Aufrechterhaltung eines bestimmten wirtschaftlichen Zustandes verfehlt würde" (BSG, Urteil vom 12. Februar 1980 – 7 RAr 13/79, SozR 4100 § 138 Nr. 5). Im Zusammenhang mit § 77 BSHG hat es entschieden, dass bei nicht identischen Zwecken die betreffende öffentlich-rechtliche Leistung bei der Gewährung der Sozialhilfe nicht als Einkommen anzurechnen sei. Eine zweckneutrale Leistung sei anrechenbar, wobei es sich um eine solche bereits handele, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang eine vom Gesetzgeber gewollte Zweckbindung nicht eindeutig ableiten lasse (BSG, Urteil vom 5. Dezember 2002, a.a.O.).
§ 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II erfordert vor diesem Hintergrund einen Vergleich der Zweckbestimmung der Leistungen nach diesem Buch mit der Zweckbestimmung der in Frage stehenden Einnahme, hier des Privatdarlehens. Ob Einkommen nach der genannten Regelung anzurechnen ist, ist anhand des konkreten Leistungsfalles zu beurteilen. Um Doppelleistungen zu verhindern, aber gleichzeitig die Zweckbestimmung einer Leistung nicht zu verfehlen, sind dabei die tatsächlich bewilligten Leistungen der Einnahme gegenüberzustellen. Nur so lässt sich dem Gesetzeszweck Rechnung tragen (Beschluss des Senats vom 4. Dezember 2006 – L 7 AS 168/06 ER).
Die allgemeine Zweckbestimmung der Leistungen nach dem SGB II findet in § 1 Abs. 2 SGB II ihren Niederschlag. Danach umfasst die Grundsicherung für Arbeitsuchende Leistungen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit, insbesondere durch Eingliederung in Arbeit und zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Der Antragsteller erhält von der Antragsgegnerin zum einen die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II und zum anderen Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II. Beide Leistungen dienen der Sicherung des Lebensunterhalts.
Das dem Antragsteller nach der Sachlage, wie sie sich gegenwärtig darstellt, geleistete Privatdarlehen dient aber keinem anderen Zweck. Es soll die Unterkunftskosten mitfinanzieren. Wenn aber zweckidentische öffentliche Leistungen als Einkommen nach dem dargelegten Maßstab angerechnet werden, gilt dies erst Recht für Leistungen von privater Seite. Auch der Umstand, dass das monatlich gewährte Privatdarlehen der Abdeckung gerade der unangemessen hohen Unterkunftskosten der 98 qm-Wohnung dient, bedeutet keine davon abweichende Zweckbestimmung. Es wäre mit dem Nachrangprinzip unvereinbar, Einkommen für unangemessen hohe Kosten als gesondert zweckbestimmt im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II anzusehen und es so der Anrechnung zu entziehen.
Für die Zeit nach dem 30. April 2007 begehrt der Antragsteller - nach der vorläufigen Leistungsauszahlung bis zu diesem Zeitpunkt im laufenden Beschwerdeverfahren - einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 SGG. Danach kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus.
Aufgrund der dargelegten Rechtslage ist ein Anordnungsanspruch überwiegend wahrscheinlich, insbesondere sind hinreichende Anhaltspunkte für eine fehlende Hilfebedürftigkeit des Antragstellers nicht gegeben. Ebenso besteht eine besondere Eilbedürftigkeit aufgrund der existenzsichernden Bedeutung der SGB II-Leistungen. Dem Antragsteller sind somit Leistungen der Grundsicherung über den 30. April 2007 hinaus vorläufig auszuzahlen, allerdings - wie dargelegt - unter Anrechnung tatsächlich gewährter Privatdarlehen für die Mietkosten. Insoweit kann dem Begehren des Antragstellers nicht entsprochen werden. Diese vorläufige Leistungsauszahlung befristet der Senat auf der Grundlage des ihm nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 Zivilprozeßordnung (ZPO) eingeräumten Ermessens bis zu einer abschließenden Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin über die Leistungsbewilligung, längstens jedoch bis zum 30. August 2007.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt die Anrechnung des dem Antragsteller tatsächlich zufließenden Privatdarlehens als Einkommen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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