L 12 AL 3193/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 1472/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 3193/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Konstanz vom 3.06.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm vorläufig Arbeitslosengeld zu gewähren. Der Antragsteller war bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch Auf¬hebungsvertrag zum 15. November 2004 als Schulungs- und Pro¬duktmanager bei der Firma S. & Partner beschäftigt. Am 15. November 2004 meldete er sich arbeitslos. Unstreitig war der Antragsteller ab 16. November 2004 selbständig tätig. Am 15. Januar 2008 meldete sich der Antragsteller erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 18. Februar 2008 lehnte die Antragsgegnerin diesen Antrag mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit ab. Der hiergegen am 18. März 2008 eingelegten Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2008 zurückgewiesen. Zur Be¬gründung führt die Antragsgegnerin aus, Anspruch auf Arbeitslosengeld habe nur, wer u. a. die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Dies sei der Fall, wenn der Antragsteller in der Rahmenfrist, wel¬che hier die Zeit vom 15. Januar 2006 bis 14. Januar 2008 umfasse, mindestens zwölf Monate in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Innerhalb dieses Zeitraums habe der An¬tragsteller jedoch weder in einem Beschäftigungsverhältnis nach § 24 Drittes Buch Sozial¬gesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) gestanden noch sei er versicherungspflichtig im Sinne des § 26 SGB III gewesen. Er habe damit die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Der Antragsteller habe auch am 16. November 2004 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben, denn er habe be¬reits am 16. November 2004 eine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Hiergegen erhob der Antragsteller am 25. April 2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG), über welche noch nicht entschieden ist. Am 21. Mai 2008 hat der Antragsteller den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und ausgeführt, es sei zwar richtig, dass bei der aktuellen Arbeitslosmeldung vom 15. Ja¬nuar 2008 die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei, jedoch bestehe ein alter Anspruch auf Auszahlung von Arbeitslosengeld im Anschluss an die Arbeitslosigkeit nach dem 15. November 2004. Dieser Anspruch sei mit Eintritt der Arbeitslosigkeit zum 16. November 2004 fällig geworden, jedoch wegen des ab diesem Tag erfolgten Übertritts in die von der Antragsgegnerin mit Über¬gangsgeld geförderte Selbständigkeit nicht abgerufen worden. Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegen getreten und machte geltend, im Jahre 2004 sei Arbeitslosigkeit nicht eingetreten, weil der Antragsteller unmittelbar eine selbständig Tätigkeit aufgenommen habe. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld sei damals nicht entstanden. Folglich könne ein solcher auch jetzt nicht mehr geltend gemacht werden. Mit Beschluss vom 3.06.2008 lehnte das SG den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung ab. In den Gründen führte es aus, die Antragsgegnerin habe zu Recht davon ausgehen dürfen, dass im Zusammenhang mit der Arbeitslosmeldung des Antragstellers vom 15. November 2004 kein Anspruch auf Arbeitslo¬sengeld entstanden sei, welchen dieser noch geltend machen könnte. Nach der im Jahre 2004 geltenden Rechtslage habe der Anspruch auf Arbeitslosengeld das Bestehen von Arbeitslosigkeit vorausgesetzt (§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 SGB III in der damaligen Fas¬sung). Nach § 118 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 SGB III habe lediglich die Aus¬übung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit die Beschäftigungslosigkeit nicht ausgeschlossen. Der Antragsteller sei jedoch in unmittelbarem Anschluss an sein mit Ablauf des 15. November 2004 endendes Beschäftigungsverhältnis ab 16. November 2004 in einem mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Umfang selb¬ständig tätig gewesen. Arbeitslosigkeit als Leistungsvoraussetzung sei daher zu keinem Zeitpunkt einge¬treten gewesen, auch nicht für eine "logische Sekunde". Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Bewilligung von Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III in der im Jahre 2004 gel¬tenden Fassung. Diese Vorschrift setze nämlich gerade nicht die vom Antragsteller geltend gemachte "logische Sekunde" der Arbeitslosigkeit voraus. Vielmehr habe Überbrückungsgeld auch rechtmäßig gewährt werden können, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden (§ 57 Abs. 1 SGB III a. F.). Hierfür sei nach Abs. 2 Nr. 1 a dieser Vorschrift lediglich erforderlich gewesen, dass der Betroffene alternativ zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf eine Ent¬geltersatzleistung gehabt hätte. Das tatsächliche Entstehen dieses Anspruchs sei jedoch nicht gefordert worden. Die Bewilligung von Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III (a. F.) implizierte daher in keiner Weise das tatsächliche Bestehen von Arbeitslosigkeit. Auch aus der Übergangsvorschrift des § 434 j Abs. 3 und 3 a SGB III könne der Antragsteller nichts für sich herleiten. Danach gelte zwar § 124 Abs. 3 SGB III in der bis zum 31. Dezem¬ber 2003 geltenden Fassung, welche in ihrem Abs. 3 Nr. 3 eine Nichteinrechnung selbständiger Tätigkeiten in die Rahmenfrist vorgesehen hatte, für Fälle weiter, in denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis längstens 31. Januar 2007 entstanden gewesen sei. Im Jahre 2004 sei kein Anspruch entstanden; zum Stichtag 15. Januar 2008 könne deshalb die für den Antragsteller günstige Vorschrift des § 124 Abs. 3 Nr. 3 SGB III a. F. unter keinem denkbaren Gesichtspunkt der Übergangsvorschrift des § 434 j SGB III mehr zur Anwendung kommen. Soweit im Widerspruch des Antragstellers an¬klinge, er sei von der Antragsgegnerin dahingehend falsch beraten worden, dass er bei Scheitern der Selbständigkeit seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld noch im Rahmen der Frist des § 147 Abs. 2 SGB III geltend machen könne, so ändere dies - als wahr unterstellt - nichts an der Rechtslage im vorliegenden Verfahren. Eine Korrektur im Sinne eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wäre nämlich aller Voraussicht nach nicht möglich, weil Gegebenheiten tatsächlicher Art wie das Nichtbestehen einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit durch einen Herstellungsanspruch im Regelfalle nicht ersetzt werden könnten. Bestehe somit kein Anordnungsanspruch, so komme es auf das Vorliegen eines Anordnungs¬grundes nicht mehr an. Das Gericht könne es deshalb offen lassen, ob ein Anordnungsgrund bereits deshalb entfiele, weil der Antragsteller zur Abwendung einer Notlage vorrangig auf Lei¬stungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (Arbeitslosengeld II) zu verweisen sei, so dass die Dringlichkeit einer gerichtlichen Regelung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (I) schon deshalb nicht bestünde. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller beim LSG Baden-Württemberg Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, er habe seine alte Tätigkeit mit Wirkung vom 15.11.2004 beendet. Am selben Tag habe er den Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt, zu diesem Zeitpunkt habe also Arbeitslosigkeit bestanden. Die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit sei erst am Folgetag erfolgt. Somit habe zumindest für eine logische Sekunde Arbeitslosigkeit vorgelegen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die tatsächlichen und rechtlichen Vorraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend ausgeführt und die beantragte einstweiligen Anordnung zu Recht nicht er-lassen. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der sozialgerichtlichen Entscheidung zurück( § 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist noch auszuführen, dass der Antragsteller nach Beendigung seines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses am 15.11.2004 nahtlos die selbstständige Tätigkeit am 16.11.2004 aufgenommen hat. Die Annahme einer zumindest für eine logische Sekunde eingetretenen Arbeitslosigkeit ist nicht möglich. Arbeitslosigkeit tritt nicht für eine logische Sekunde ein, sondern wird nach Tagen beurteilt, was sich aus den §§ 16, 118, 119 SGB III ergibt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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