L 16 AL 494/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 52 AL 836/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 494/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2006 geändert. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 18. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2006 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 19. Oktober 2004 auf Gewährung von Unterhaltsgeld für den Zeitraum vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 neu zu bescheiden. Die Beklagte trägt ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers im gesamten Verfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterhaltsgeld aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF).

Der seit dem 1. Oktober 2005 als S bei der S MC AG in H beschäftigte Kläger war vom 1. Oktober 2000 bis 30. September 2004 an der H-U zu B für das Fach Volkswirtschaft eingeschrieben. Er meldete sich ab 30. Oktober 2003 bei der Beklagten arbeitsuchend und nach eigenen Angaben auch arbeitslos. Seinen Lebensunterhalt bestritt er bis Ende 2004 aus Ersparnissen. Vom 1. Januar bis Oktober 2005 bezog er Arbeitslosengeld II.

Am 19. Oktober 2004 hatte er die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung als "BW-Berater/in my SAP SCM Vertrieb" bei der W T AG für die Zeit vom 25. Oktober 2004 bis 24. Juni 2005 sowie die Gewährung von ESF-Unterhaltsgeld beantragt. Mit Bescheiden vom 30. Oktober 2004 und 13. Dezember 2004 bewilligte die Beklagte Lehrgangskosten und Fahrkosten für die beantragte Weiterbildungsmaßnahme, die der Kläger bis zu ihrem Ende besuchte. Die Gewährung von ESF-Unterhaltsgeld lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Januar 2005 mit der Begründung ab, der Kläger sei erst seit dem 1. März 2004 arbeitslos und mithin nicht Langzeitarbeitsloser. Der Widerspruch des Klägers vom 17. Januar 2005 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2005 zurückgewiesen. Nachdem die Beklagte im hiergegen gerichteten Klageverfahren S 3 AL 1306/05 diesen Widerspruchsbescheid aufgehoben hatte, wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2006 als unbegründet zurück und führte aus: Rechtsgrundlage für diese Entscheidung seien die Richtlinien für aus Mitteln des ESF mitfinanzierte zusätzliche arbeitmarktpolitische Maßnahmen im Bereich des Bundes (ESF-BA-Programm) vom 26. März 2003 in der Fassung vom 1. September 2004. Nach den für das zweite Halbjahr 2004 für B erlassenen ermessenslenkenden Weisungen, deren Veröffentlichungsdatum sich nicht mehr rekonstruieren lasse, könnten wegen nur noch begrenzt vorhandener Mittel Unterhaltsleistungen nur an Arbeitslose nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bzw. an Berufsrückkehrer gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 dieser Richtlinien gewährt werden. Eine Bewilligung scheide zudem aus, wenn die Weiterbildungsmaßnahme länger als sechs Monate dauere oder die Arbeitsaufnahme im Anschluss an die Förderung nicht durch eine Einstellungszusage sichergestellt sei. Der Kläger gehöre nicht zu dem primären Personenkreis, der nach den im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden ermessenslenkenden Weisungen förderungsfähig sei. Hierzu gehörten insbesondere Langzeitarbeitslose und von Langzeitarbeitslosigkeit Bedrohte. Nach der Legaldefinition des § 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) seien Langzeitarbeitslose nur Arbeitslose, die mindestens ein Jahr arbeitslos seien. Vor Beginn der Maßnahme sei der Kläger weniger als ein Jahr arbeitslos gewesen. Die Weiterbildungsmaßnahme habe zudem acht Monate gedauert und der Kläger habe auch keine Einstellungszusage vorgelegt.

Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Er habe alle "Berechtigungskriterien" nach dem ihm ausgehändigten ESF-Merkblatt für die Bewilligung von ESF-Unterhaltsgeld erfüllt. Er sei nie darüber aufgeklärt worden, dass sein Kurs nur sechs Monate dauern dürfte oder er eine Einstellungszusage hätte beibringen müssen. Eine Ablehnung aus Geldmangel scheide aus, da tatsächlich nach einer Auskunft der Beklagten genügend ESF-Gelder existierten. Mit seinem Widerspruch habe er angeboten, eine Einstellungszusage nachzureichen sowie den Lehrgang auf sechs Monate zu verkürzen bzw. sich um einen sechsmonatigen Alternativkurs zu bemühen. Es wäre problemlos möglich gewesen, einen sechsmonatigen Kurs zu wählen.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. September 2006 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Nach der rechtlich nicht zu beanstandenden ermessenslenkenden Weisung vom 15. Februar 2004 habe in B gegolten, dass Arbeitslose ESF-Unterhaltsgeld nur noch erhalten sollten, wenn sie zuvor mindestens 36 Monate im Sinne des § 18 SGB III arbeitslos gemeldet gewesen seien. Bei Maßnahmebeginn sei der Kläger jedoch noch nicht ein Jahr arbeitslos gewesen.

Mit der Berufung hat der Kläger sein Begehren zunächst in vollem Umfang weiter verfolgt. In der mündlichen Verhandlung hat er erklärt, er beanspruche nur Unterhaltsgeld für die Zeit vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004. Er trägt ergänzend vor: Das SG habe die neue, für das 2. Halbjahr 2004 gültige, ermessenslenkende Weisung unbeachtet gelassen. Danach sei jeder Arbeitslose unterhaltsgeldberechtigt und nicht nur – wie nach der Weisung vom 15. Februar 2004 - ein mindestens seit 36 Monaten Arbeitsloser.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2006 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 18. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2006 zu verpflichten, seinen Antrag vom 19. Oktober 2004 auf Bewilligung von Unterhaltsgeld für den Leistungszeitraum vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 erneut zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Leistungsakten der Beklagten und des JobCenters Steglitz-Zehlendorf sowie die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich erhobene und statthafte kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (sog. Bescheidungsklage gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -), beschränkt auf den Leistungszeitraum vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004, weiter verfolgt, ist begründet.

Der Kläger hat für den angeführten Leistungszeitraum einen Anspruch auf eine erneute Entscheidung über seinen Antrag auf Bewilligung von ESF-Unterhaltsgeld, denn der angegriffene Bescheid erweist sich in diesem Umfang als rechtswidrig.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit für aus Mitteln des ESF mitfinanzierte zusätzliche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Bereich des Bundes (ESF-BA-Programm – im Folgenden: ESF-Richtlinien) vom 22. Dezember 2004 (BAnz vom 31. Dezember 2004, S. 24741) kann die Beklagte in Verbindung mit den von ihr hierzu erlassenen Durchführungsanweisungen, den §§ 23 und 44 Bundeshaushaltsordnung und den hierzu ergangenen vorläufigen Verwaltungsvorschriften sowie den §§ 24 bis 50 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) aus Mitteln des ESF Leistungen für die Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Qualifizierung und Hilfen bei Beschäftigungsaufnahme erbringen. Teilnehmer an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III), die die Voraussetzungen des § 77 SGB III erfüllen und an die weder Arbeitslosengeld nach § 116 Nr. 1 oder 2 SGB III noch Übergangsgeld nach den §§ 160 und 162 III SGB oder Arbeitslosengeld II nach den §§ 19 bis 22 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – erbracht wird, können nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 ein Unterhaltsgeld erhalten, wenn sie durch die Übernahme von Maßnahmekosten gefördert werden. Diese ESF-Richtlinien sind hier nach ihrem § 9 Abs. 1 am 1. Januar 2005 in Kraft getreten. Zum gleichen Zeitpunkt traten die ESF-Richtlinien vom 26. März 2003 in der Fassung der 2. Änderung außer Kraft (§ 9 Abs. 2 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004). Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die zum 1. Januar 2005 außer Kraft getretenen ESF-Richtlinien hier nicht anzuwenden, denn eine Fortgeltung der Richtlinien vom 26. März 2003 wird nach § 9 Abs. 3 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 nur für Leistungen angeordnet, die vor dem Inkrafttreten der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 bewilligt wurden. Da dem Kläger bis zum Inkrafttreten der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 von der Beklagten kein Unterhaltsgeld bewilligt worden war, verbleibt es nach den zitierten Übergangsbestimmungen bei der Anwendbarkeit des "neuen Rechts". Für eine Auslegung dieser Übergangsbestimmungen dahingehend, dass im Falle der Ablehnung einer Leistung der Beginn der zu fördernden Maßnahme maßgeblicher Zeitpunkt für die jeweilige Anwendbarkeit der ESF-Richtlinien sein soll, bieten weder Wortlaut und Systematik des § 9 Abs. 1 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 Anhaltspunkte noch ergeben sich hierfür Hinweise aus den Übergangsbestimmungen früherer ESF-Richtlinien. Während § 11 Abs. 3 der ESF-Richtlinien vom 20. Januar 2000 noch die Fortgeltung der vorherigen Richtlinien für vor dem Inkrafttreten der Richtlinien begonnene Maßnahmen anordnete, hielt der Richtliniengeber mit den ESF-Richtlinien vom 26. März 2003 nicht mehr an dieser Übergangsregelung fest und stellte stattdessen erstmals auf den Zeitpunkt der Bewilligung der – jeweiligen – Leistung ab. Der Kläger kann aus den hier maßgeblichen ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 unmittelbar einen Anspruch auf eine ermessenfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Unterhaltsgeld ableiten. Diese ESF-Richtlinien stellen keine isoliert zu wertenden Verwaltungsvorschriften dar, sondern sind Bestandteil einer Verwaltungsvereinbarung iS des § 370 Abs. 2 SGB III (heute § 368 Abs. 2 SGB III), die ihrerseits als öffentlich-rechtlicher Vertrag zu Gunsten Dritter zu qualifizieren ist. Eine entsprechende Qualifizierung hat das Bundessozialgericht (BSG) hinsichtlich der ESF-Richtlinien vom 20. Januar 2000 vorgenommen (BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 7a AL 62/05 R -, veröffentlicht in juris). Danach sind die ESF-Richtlinien vom 20. Januar 2000 Bestandteil einer von der Bundesregierung und der Bundesanstalt für Arbeit geschlossenen und auf der gesetzlichen Ermächtigungsnorm des § 370 Abs. 2 SGB III a.F. beruhenden Verwaltungsvereinbarung. Die Bestimmungen dieser als öffentlich-rechtlicher Vertrag zu Gunsten Dritter iS des gemäß § 61 Abs. 2 SGB X anwendbaren § 328 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu wertenden Verwaltungsvereinbarung stehen in ihrer generell abstrakten Bedeutung Normen gleich, sodass bei ihrer Auslegung nach den nebeneinander heranzuziehenden Auslegungsgrundsätzen des §§ 133, 157 BGB allein auf den objektiven Erklärungswert der Regelungen abzustellen ist. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, stehen die hier anwendbaren ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 ebenfalls Normen gleich, denn diese ESF-Richtlinien sind von der angeführten Verwaltungsvereinbarung vom 2. Februar 2000 (abgedruckt als Anlage 4 zu § 368 bei Becker, in Eicher/Schlegel, SGB II, Stand Dezember 2007) gedeckt. Zwar bezieht sich diese Verwaltungsvereinbarung ihrem Wortlaut nach nur auf die ESF-Richtlinien vom 20. Januar 2000. Es mag weiterhin sein, dass die Fortschreibung von befristeten Arbeitsmarktprogrammen allein durch Neufassung der jeweiligen Richtlinien nicht von § 368 Abs. 2 Satz 2 SGB III gedeckt ist (so Becker, aaO, § 368 Rn 46) und mithin jede zeitliche Verlängerung einer befristeten Aktion eine erneute Vereinbarung erfordert (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 1998 – B 11 AL 37/96 R – veröffentlicht in juris). Hinsichtlich der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 bedurfte es jedoch schon deshalb nicht des Abschlusses einer neuen Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Beklagten, weil mit diesen ESF-Richtlinien der ursprünglich vorgesehene Förderzeitraum (2000 – 2006) nicht verlängert worden ist, sondern lediglich die Modalitäten der Förderung modifiziert worden sind. Soweit die Verwaltungsvereinbarung vom 2. Februar 2000 lediglich auf die Richtlinien vom 20. Januar 2000 Bezug nimmt, ist darin auch keine Beschränkung der fortbestehenden Regelungsbefugnis des Richtliniengebers über die in § 368 Abs. 2 Satz 2 SGB III angeführten Einschränkungen im Sinne einer statischen Verweisung zu sehen.

Die mithin als "Tatbestandsvoraussetzungen" (vgl. LSG Brandenburg, Urteil vom 30. April 2005 - L 30 AL 9/03 -, veröffentlicht in juris) für die Bewilligung von Unterhaltsgeld zu interpretierenden Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 sind für den vom Kläger nur noch in Anspruch genommenen Leistungszeitraum vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 erfüllt. Der Kläger hat in diesem Zeitraum an einer durch die Übernahme von Maßnahmekosten geförderten Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilgenommen. Diese Maßnahme erfüllte zudem die Voraussetzungen des § 77 SGB III und der Kläger bezog weder Arbeitslosengeld, Übergangsgeld nach den §§ 160 und 162 SGB III oder Arbeitslosengeld II. Schließlich lässt sich § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 keine Beschränkung des für eine Bewilligung in Betracht kommenden Personenkreises auf Langzeitarbeitslose entnehmen.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 besteht auf die in den Richtlinien vorgesehenen Leistungen jedoch kein Rechtsanspruch. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil -, der vorliegend für die Durchführung der Richtlinien entsprechend anzuwenden ist (vgl. § 8 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004), haben die durch eine leistungsrechtliche Ermessensnorm des Sozialgesetzbuches (hier der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004) Begünstigten gegen den zuständigen Leistungsträger einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens, wenn die Voraussetzungen für die Pflicht des Leistungsträgers zur Ermessensbetätigung vorliegen. Nur die Eingangsvoraussetzungen unterliegen uneingeschränkt der gerichtlichen Überprüfung. Hinsichtlich der Ermessensbetätigung und ihres Ergebnisses, der Ermessensentscheidung, sind die Gerichte jedoch darauf beschränkt zu kontrollieren, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch), mit seiner Ermessensentscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, d.h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (Ermessensüberschreitung) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit und Ermessensmissbrauch).

Die Beklagte hat für den streitbefangenen Zeitraum von dem ihr eröffneten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, denn sie hat die ihrer Ermessenbetätigung zugrunde liegende Rechtslage verkannt und damit einen "Vorermessensfehler" (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 1994 – 4 RA 42/94 -, veröffentlicht in juris) begangen. Sie hat im Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2006 mit den zu diesem Zeitpunkt außer Kraft getretenen ESF-Richtlinien vom 26. März 2003 eine falsche Rechtsgrundlage herangezogen und demgemäß die Gewährung von Unterhaltsgeld bereits deshalb zu Unrecht abgelehnt, weil sie die in den – nicht maßgebenden – Richtlinien aufgeführten Voraussetzungen für die zu treffende Verwaltungsentscheidung nicht als erfüllt ansah.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved