Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 2 U 200/01
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 8 U 15/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 22. September 2004 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger außergerichtliche Kosten beider Instanzen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Geschehen vom 22. Oktober 2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen ist und dem Kläger Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren sind.
Der am 1940 geborene Kläger ist Kapitän und mittlerweile im Ruhestand. Mit der bei der Beklagten am 15. Dezem¬ber 1997 eingegangenen, vom Kläger selbst unterschriebenen Unfallanzeige vom 10. November 1997 meldete der Kläger bei der Beklagten einen von ihm am 22. Oktober 1997 erlittenen Unfall. Er sei an diesem Tag morgens um 6:30 Uhr als Kapitän des Motorschiffs "N A " beim Betreten eines Niedergangs ausgerutscht und auf das Hauptdeck gestürzt. Dabei habe er sich Verletzungen beider Schultergelenke zugezogen und Prellungen am Hinterkopf und am Rücken erlitten; sein rechter Arm sei ausgekugelt gewesen. Die Erstversorgung habe noch an Bord sein Erster Offizier, der Zeuge B , vorgenommen, der die ausgekugelte Schulter wieder eingerenkt habe. Von dem Ereignis habe auch der Bootsmann U Kenntnis genommen. Nach den Aufzeichnungen des Krankentagebuchs der "N A " vom 22. Oktober 1997 war bei dem Kläger die Schulter ausgekugelt und wieder eingerenkt worden; zudem wurde der Vermerk "Tabletten Nr. 24" im Schiffskrankentagebuch aufgenommen. Am 13. November 1997 erfolgte eine ärztliche Behandlung durch den bei dem Seaman’s Medical Service in Montevideo/Uruguay tätigen Dr. M. Im Krankentagebuch der "N A " wurde auch der Arztbesuch des Klägers in Montevideo am 13. November 1997 eingetragen. Alle Eintragungen zeichnete der Zeuge B mit seinem Handzeichen ab. Der Zeuge B gab gegenüber der Beklagten am 10. September 1998 an, dass er nicht Augenzeuge des Unfalls gewesen sei. Nur der Kläger habe ihm hiervon berichtet; Angaben zu Zeit und Örtlichkeit sowie zu Verletzungen könne er nicht machen. In einem bei der Beklagten am 7. Dezember 1999 eingegangenen Schreiben vom 5. Dezember 1999 gab der Zeuge B gegenüber der Beklagten an, dass er den Verletzten nie behandelt oder seine Verletzungen gesehen habe. In einem weiteren Schreiben vom 20. September 2000 führte der Zeuge B gegenüber der Beklagten aus, dass er die Eintragungen im Krankentagebuch allein nach den Angaben des Klägers vorgenommen und nur abgezeichnet habe.
Zur Ermittlung des sozialmedizinischen Sachverhalts veranlasste die Beklagte zunächst das unfallchirurgische Zusammenhangsgutachten der in der Unfallchirurgischen Klinik des Kreiskrankenhauses R tätigen Sachverständigen Dres. F und Ba vom 25. Februar 1999, die nach Auswertung eines neurologischen Zusatzgutachtens der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M-L aus R vom 8. Februar 1999 in ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 29. September 1999 eine traumatische Schulterluxation mit Ruptur der langen Bizepssehne, eine HWS-Distorsion mit Nervenwurzelstörung und eine Commotio cerebri als Folge des vom Kläger erlittenen Unfalls ansahen und wegen der Unfallfolgen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (- MdE -) um 35 v. H. einschätzten. Die Beklagte wertete auch ein im Auftrag der H-M Versicherungs-AG durch den Arzt für Orthopädie, Chirotherapie und Sozialmedizin Dr. Bb aus K erstelltes Gutachten vom 4. Februar 1999 aus, in dem dieser ausführte, dass er bei seiner Untersuchung des Klägers vom 14. Januar 1999 nicht die typischen Verletzungsfolgen nach einer Schulterluxation habe erkennen können; im Übrigen führte Dr. Bb aus, dass er Unfallfolgen von Dauer nicht benennen könne.
Mit Bescheid vom 28. Mai 2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung für die Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Schulter, des rechten Arms mit Gefühlsstörungen, des dritten bis fünften Fingers und der Halswirbelsäule ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Es sei kein Arbeitsunfall des Klägers gemäß § 8 Sozialgesetzbuch, Siebentes Buch (- SGB VII -), nachgewiesen. Die Beklagte habe durch die vom Kläger am 10. Novem¬ber 1997 ausgefüllte und unterschriebene Unfallanzeige erstmals Kenntnis davon erhalten, dass dieser am 22. Oktober 1997 während seiner Tätigkeit als Kapitän an Bord des Motorschiffs "N A " beim Betreten eines Niederganges ausgerutscht und auf das Hauptdeck gestürzt sein wolle. Nach seinem Vortrag habe sich der Kläger dabei den rechten Arm ausgekugelt, den linken Arm gezerrt und sich Prellungen am Rücken und Hinterkopf zugezogen. Der an Bord tätige Erste Offizier, der Zeuge B , habe ihn nach dem Unfall erstversorgt, indem er seine Schulter wieder eingerenkt habe. Der Kläger habe anschließend seine Arbeit nicht eingestellt. Die Angaben zum Unfall seien im Schiffstagebuch nachträglich vermerkt worden. Der Kläger habe sich am 13. November 1997 mit Beschwerden im Bereich der rechten Schulter in Montevideo/Uruguay behandeln lassen. Dort seien röntgenologisch Verschleißumformungen der rechten Schulter (Periarthritis) und der Halswirbelsäule festgestellt worden. Der Kläger habe sich dann wegen rechtsbetonter Schulterbeschwerden und Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule in der Gemeinschaftspraxis Dres. S und G in W vorgestellt und als Ursache angegeben, am 22. Oktober 1997 an Bord gestürzt zu sein. Die am 29. April 1998 durchgeführte Kernspintomographie habe anlagebedingte Veränderungen im Bereich der rechten Schulter in Form einer massiven Einengung der Supraspinatussehne zwischen Oberarmkopf und Schulterdach mit einer hochgradigen Degeneration und einen Teileinriss der Supraspinatussehne bei gleichzeitigem Riss des langen Kopfes der Bizepssehne, eine begleitende Schleimbeutelentzündung sowie degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule aufgezeigt. Seine Gesundheitsstörungen seien im Kreiskrankenhaus R gutachtlich untersucht worden. Dort habe der Kläger über einen Treppensturz an Bord mit Schulterverrenkung berichtet, bei dem es auch zu einer Schädelprellung mit kurzzeitiger Bewusstlosigkeit und einer Erinnerungslücke gekommen sei. Von den Sachverständigen sei danach eine traumatische Schulterverrenkung rechts mit Riss der langen Bizepssehne, eine Verstauchung der Halswirbelsäule mit Nervenschädigung bei vorbestehenden degenerativen Veränderungen und eine Gehirnerschütterung angenommen worden. Eine Rückfrage der Beklagten bei dem Zeugen B habe allerdings ergeben, dass er den Kläger nicht medizinisch erstversorgt und auch keine Einrenkung der rechten Schulter vorgenommen habe. Der Zeuge B sei erst durch den Kläger selbst vom Unfall in Kenntnis gesetzt worden, habe keinerlei Verletzungen im Schulter-Arm-Bereich gesehen und ihm - dem Zeugen – sei auch nicht bekannt geworden, dass nach dem angegebenen Unfall eine kurzzeitige Bewusstlosigkeit des Klägers vorgelegen habe. Die Eintragungen im Schiffskrankentagebuch habe er – der Zeuge – nur aufgrund der Aussagen des Klägers vorgenommen und abgezeichnet. Für den vom Kläger geschilderten Sturz vom 22. Oktober 1997 habe die Beklagte keinen Augenzeugen ermitteln können. Die bloße Möglichkeit, dass sich der Unfall so, wie vom Kläger geschildert, ereignet habe, reiche für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht aus. Insbesondere wegen der Angaben des Zeugen B , der die Verletzungen des Klägers nicht gesehen und auch bestritten habe, dessen ausgekugelte Schulter im Rahmen einer Erstversorgung wieder eingerenkt zu haben, sei ein Arbeitsunfall mit Schulter-Arm-Verlet¬zung rechts, Armzerrung links, Kopf-Rücken-Prellung und Halswirbelsäulenstauchung nicht nachgewiesen. In der Sozialversicherung gelte der Grundsatz der objektiven Beweislast. Hiernach habe der Kläger die Folgen der Beweislosigkeit von anspruchsbegründenden Tatsachen (hier: des Arbeitsunfalls und des Erstschadens) zu tragen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen seiner Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Schulter, des rechten Arms und der Halswirbelsäule.
Diesem Bescheid widersprach der Kläger am 12. Juni 2001. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Er habe durch den Unfall vom 22. Oktober 1997 bleibende Gesundheitsschäden erlitten. Auch wenn keine unmittelbaren Zeugen am Unfallort zugegen gewesen seien und sich der Zeuge B nicht an eine Behandlung erinnern könne, seien seine gesundheitlichen Beschwerden dauerhaft vorhanden. Ihm sei Verletztenrente unter Zugrundelegung einer MdE um 35 v. H. zu gewähren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2001 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Vertiefung ihres aus dem ablehnenden Bescheid vom 28. Mai 2001 bekannten Vorbringens als unbegründet zurück: Die bloße Möglichkeit, dass sich der Unfall so, wie vom Kläger geschildert, ereignet habe, reiche für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht aus; im Übrigen sei unwahrscheinlich, dass der Zeuge B die Behandlung des Klägers vergessen haben könne.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 6. Septem¬ber 2001 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben und zur Begründung im Wesentlichen sein aus dem Widerspruchsverfahren bekanntes Vorbringen wiederholt. Ergänzend und vertiefend hat der Kläger ausgeführt: Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung seien sich aus der Besonderheit der versicherten Tätigkeit ergebende typische Beweisschwierigkeiten zu berücksichtigen. Es müsse nicht der genaue Unfallhergang bewiesen sein, wenn es nach den sonst nachgewiesenen Umständen überwiegende Hinweise auf einen Versicherungsfall gebe und die ernsthafte Möglichkeit anderer Geschehensabläufe ausgeschlossen erscheine. Der Zeuge B sei in seiner Aussage unglaubhaft: Dieser habe das Schiffskrankentagebuch selbst geführt. Die unfallbedingten Verletzungen des Klägers seien nicht sichtbar gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2001 aufzuheben, 2. die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 22. Ok¬tober 1997 bei dem Kläger als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 35 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihr bisheriges Vorbringen vertieft und weiter darauf hingewiesen, dass der Arbeitsunfall nicht nachgewiesen sei, weil den Unfall insbesondere kein Zeuge gesehen habe. Der vom Sozialgericht hinzugezogene Sachverständige Dr. Sa z habe die Angaben des Klägers zum Ereignis als wahr unterstellt und auf dieser Grundlage seine gutachtlichen Ausführungen vorgenommen. Ein Erstschaden und damit ein Unfall seien nicht nachgewiesen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben zur Ermittlung der unfallbedingten Gesundheitsstörungen des Klägers und der hierdurch bedingten MdE durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens bei dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. Sa z aus K. Der Sachverständige Dr. Sa z hat in seinem Gutachten vom 2. September 2003 ausgeführt, dass es durch das Ereignis vom 22. Oktober 1997 zu einer posttraumatischen Schulterteilsteife rechts gekommen sein könne, und zwar nach grober Prellung oder Zerrung, durch die eine MdE um 20 v. H. bedingt sei.
Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit der Beteiligten im Termin vom 22. September 2004 mündlich verhandelt und mit Urteil vom gleichen Tage der Klage zum Teil stattgegeben: Das Ereignis vom 22. Oktober 1997 sei als Arbeitsunfall anzuerkennen. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung seien typische sich aus den Besonderheiten einer versicherten Tätigkeit ergebende Beweisschwierigkeiten zu berücksichtigen. Vorliegend seien an den Beweis des Vorliegens eines Arbeitsunfalls verminderte Anforderungen zu stellen. Das Sozialgericht sei davon überzeugt, dass sich das Unfallereignis so zugetragen habe, wie es der Kläger geschildert habe. Die Entschädigung des Klägers sei nach dem Vorschlag des Sachverständigen Dr. Sa z in Höhe einer MdE um 20 v. H. zu bemessen. Soweit der Kläger eine höhere Entschädigungsleistung begehrt habe, sei die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 22. Februar 2005 zugestellte Urteil am 2. März 2005 Berufung eingelegt und führt zu deren Begründung aus: Dass sich am 22. Oktober 1997 ein Arbeitsunfall ereignet habe, sei nicht nachgewiesen. Der Zeuge B habe die Angaben des Klägers zur Erstbehandlung an Bord nicht bestätigen können. Im Gegenteil habe der Zeuge bekundet, er habe während seines Einsatzes an Bord beim Kläger nie Verletzungen irgendeiner Art gesehen oder behandelt, insbesondere auch nicht, wie der Kläger behaupte, dessen verrenkte Schulter wieder eingerenkt. Mithin seien bleibende Unfallfolgen hinsichtlich des vom Kläger behaupteten Ereignisses vom 22. Oktober 1997 nicht nachgewiesen. Im übrigen sei das Gutachten von Dr. Sa z nicht überzeugend. Dem weiteren Vorbringen des Klägers hält die Beklagte entgegen, dass sie nur an die im Rechtsstreit ergangenen Bescheide und nicht an interne Vermerke gebunden sei, was sich aus § 31 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (- SGB X -), ergebe; im Übrigen habe sie das Ergebnis der verwaltungsinternen Ermittlungen ausweislich des Vermerks vom 25. September 2000 anders gewürdigt.
Die Beklagte beantragt,
das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das Sozialgericht habe das Unfallereignis vom 22. Oktober 1997 zu Recht als Arbeitsunfall angesehen und dem Kläger wegen der dauerhaft verbliebenen Unfallfolgen zutreffend Rente unter Zugrundelegung der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Sa z zugesprochen. Die Beklagte habe den Arbeitsunfall und die Verletzungsfolgen im Übrigen in einem internen Vermerk vom 4. Mai 1999 bereits anerkannt. Der Senat solle den Kläger persönlich laden und ihn zur Aussage des Zeugen B und zur Frage des einzelnen Arbeitsplatzes anhören.
Der Senat hat den Rechtsstreit der Beteiligten am 9. Juni 2008 mündlich verhandelt und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F B , des an Bord des Motorschiffs "N A " diensthabenden Ersten Offiziers, zu den Ereignissen des 22. Oktober 1997. Wegen des Inhalts der Aussage des Zeugen wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 9. Juni 2008 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird der Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten in Bezug genommen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 28. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2001 zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen seiner Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Schulter, des rechten Arms und der Halswirbelsäule abgelehnt, weil das als Ursache in der Unfallanzeige angegebene Ereignis vom 22. Oktober 1997 und damit ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen ist.
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte bei Vorliegen eines Versicherungsfalls einen Anspruch auf Leistungen des Unfallversicherungsträgers. Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII auch Arbeitsunfälle. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII "zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen". Wie das Sozialgericht zunächst richtig erkannt hat, bedürfen alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises, dazu gehören insbesondere die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, das äußere Ereignis und der erlittene Körperschaden (vgl. Ricke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 2, Rdnr. 257 zu § 8 SGB VII). Zu den voll zu beweisenden Tatsachen gehört damit auch das Unfallereignis als Unglücksfall. Das bedeutet gerade nicht, dass für das Vorliegen eines Unfalls an den Beweis verminderte Anforderungen zu stellen sind und im Fall des Klägers bereits die gute Möglichkeit zum Nachweis eines Arbeitsunfalls ausreichend ist. Hier sind vielmehr die allgemein auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsätze für die an die richterliche Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen anzuwenden. Danach ist es zwar nicht erforderlich, dass entscheidungserhebliche Tatsachen mit absoluter Gewissheit festgestellt werden, d. h. es wird keine Überzeugung des Gerichts vorausgesetzt, die jede nur denkbare andere Möglichkeit ausschließt. Vielmehr ist ein der Gewissheit nahekommender Grad der Wahrscheinlichkeit genügend, aber auch notwendig (BSGE 7, 103, 106; 32, 203, 207; 45, 285, 287). Im Schrifttum wird hierzu ausgeführt, dass das Gericht von den entscheidungserheblichen Tatsachen – in Person der erkennenden Richter – Gewissheit haben müsse, sich aber mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen müsse (vgl. Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 8. Aufl., Rdnr. 3b zu § 128 SGG mit Hinweis auf BGH 53, 256). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (BSGE 45, 285, 287).
Geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Gerichts (als die an den vollen Beweis zu stellenden) sind ausnahmsweise beim ursächlichen Zusammenhang deshalb zugelassen, weil letzterer zu den Tatsachen gehört, für die ein strenger Beweis kaum zu führen sein wird. Es werden deshalb Beweiserleichterungen dahingehend eingeräumt, dass lediglich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Kausalität bestehen muss; das Gericht ist somit in der Zusammenhangsfrage bei seiner Würdigung und der Überzeugungsbildung freier gestellt (BSG 32, 203, 208). Das gilt aber nicht für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Vorliegend ist es insbesondere nicht gerechtfertigt, zur Annahme des Arbeitsunfalls wegen der Eigentümlichkeiten des damaligen Arbeitsplatzes des Klägers anstelle des vollen Beweises die gute Möglichkeit ausreichen zu lassen. Der Kläger war am 22. Oktober 1997 an Bord des Motorschiffs "N A " als Kapitän beschäftigt. Dieser Tätigkeit liegt nicht eine Beschäftigung an einem Einzelarbeitsplatz zu Grunde, an dem ein Unfallereignis und dabei erlittene Verletzungen nicht wahrgenommen werden konnten. Bei einem Handelsschiff sind wesentliche Positionen an Bord (auf der Brücke, an Deck, am Funk, an der Maschine u. a. m.) zu jeder Tages- und Nachtzeit ständig besetzt, sodass wenigstens Verletzungsfolgen seitens der Besatzung wahrzunehmen gewesen wären, wenn es schon keinen Augenzeugen für den Unfall gab. Mindestens der diensthabende Erste Offizier, der Zeuge B , der im Falle der Dienstunfähigkeit des Klägers das Schiff hätte führen müssen, hätte in Anbetracht des Ausmaßes der der Beklagten vom Kläger geschilderten Unfallfolgen wahrnehmen müssen, dass der Kläger an Bord einen Unfall hatte: Der Kläger hat in der von ihm gefertigten Unfallanzeige vom 10. November 1997 selbst angegeben, am 22. Oktober 1997 vom Zeugen B erstversorgt worden zu sein, im Einzelnen später sogar detailliert ausgeführt, es sei durch den Zeugen eine Reponierung der luxierten Schulter vorgenommen worden.
Ein von der Beklagten verschuldeter Beweisnotstand (vgl. BSGE 24, 25, 28), an den zu denken ist, um einzelfallbezogen Beweiserleichterungen zu begründen, liegt nicht vor: Der seinerzeit an Bord diensthabende Erste Offizier, der Zeuge B , der die Verletzungen und die Behandlung des Klägers im Schiffskrankentagebuch vermerkt hatte, konnte verwaltungs- und gerichtsseitig zu den Ereignissen des 22. Oktober 1997 befragt werden. Das Sozialgericht hat die Vernehmung dieses Zeugen, die der Senat nachgeholt hat, unterlassen, obwohl sich die Angaben des Klägers durch die Befragung des Zeugen im Verwaltungsverfahren nicht bestätigt hatten. Es hätte nicht den Angaben des Klägers folgen dürfen, ohne sich einen eigenen Eindruck von dem Zeugen, seiner Glaubwürdigkeit und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben zu machen. Diese Verfahrensweise überschreitet die Grenzen, die für eine freie richterliche Beweiswürdigung gemäß § 128 SGG gezogen sind.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere nach der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass sich am 22. Oktober 1997 an Bord der "N A " ein Unfall ereignet hat, wie ihn der Kläger in seiner Unfallanzeige vom 11. November 1997 gegenüber der Beklagten beschrieben hat.
Der Zeuge B hat unmissverständlich ausgesagt, dass ihm am 22. Oktober 1997 der der Beklagten angezeigte Unfall des Klägers nicht bekannt geworden ist. Der Zeuge hat zwar bestätigt, dass er die Eintragung im Schiffskrankentagebuch der "N A " vorgenommen hat, dass beim Kläger die Schulter ausgekugelt gewesen und dann wieder eingerenkt worden sei. Er der Zeuge hat aber klargestellt, dass er selbst eine beim Kläger ausgerenkte Schulter nicht wieder eingerenkt hat. Hierzu hat der Zeuge in seiner Aussage ausdrücklich hervorgehoben, noch niemals in seinem Leben eine Schulter eingerenkt zu haben und auch über die dazu erforderlichen (medizinischen) Fachkenntnisse nicht zu verfügen. Weiterhin hat der Zeuge ausgesagt, dem Kläger auch keine Medikamente ausgehändigt zu haben - und hierzu ergänzend ausgeführt -, dass der Kläger als Kapitän selbst einen Schlüssel zum Medikamentenschrank hatte. Zu seinen Eintragungen im Schiffskrankentagebuch befragt hat der Zeuge seine Aussage bekräftigt, diese nach den damaligen Angaben des Klägers vorgenommen zu haben, ohne Augenzeuge des Unfalls gewesen zu sein oder darauf beruhende Verletzungen selbst gesehen zu haben. Der Zeuge hat zum einen keinerlei Erinnerung daran gehabt, dass irgendeine andere Person an Bord den Unfall oder Verletzungen des Klägers am 22. Oktober 1997 wahrgenommen, oder gar dessen Schulter eingerenkt hat. Zum anderen ist ihm weder an dem angeblichen Unfalltag noch an den folgenden Tagen eine eingeschränkte Beweglichkeit des Klägers oder eine Schonhaltung aufgefallen. Der Zeuge hat auf Befragen auch eindeutig verneint, dass sich der Kläger am 22. Oktober 1997 oder späteren Tagen bei ihm "krankgemeldet" hat. Ferner hat der Zeuge die Unfallanzeige des Klägers vom 10. Novem¬ber 1997 nach seinen Angaben nicht zur Kenntnis erhalten; er hat hierzu ausgesagt, dass die entsprechenden Formulare an Bord für den Kläger frei zugänglich gewesen sind. Auf Vorhalt der Unfallanzeige hat der Zeuge sein Erstaunen geäußert, dass diese durch den Kläger selbst und in der Funktion des Sicherheitsbeauftragten von einem Herrn Fa unterschrieben ist, da es in der Seeschifffahrt ansonsten üblich ist, als Sicherheitsbeauftragte für den Bereich des Decks den Bootsmann und für den Bereich des Maschinenraumes ein dort tätiges Besatzungsmitglied einzusetzen. Als Grund, dass als Sicherheitsbeauftragter kein Offizier und kein Angestellter eingesetzt wird, sondern ein normales Besatzungsmitglied, hat der Zeuge angegeben, dass hierdurch verhindert werden soll, Mängel möglicherweise aus falsch verstandener Loyalität nicht der Reederei zu melden. Auf entsprechende Nachfrage des Senats hat der Zeuge bei seiner Befragung bestätigt, dass eigentlich er der zuständige Schiffsoffizier gewesen wäre, eine den Kapitän betreffende Unfallanzeige zu fertigen, im Nachhinein aber nicht mehr in Erinnerung hat und nicht erklären kann, weswegen er die vorliegende Unfallanzeige nicht gefertigt hat.
Der Senat würdigt diese Aussage dahingehend, dass auch nach der Vernehmung des Zeugen nicht nachgewiesen ist, dass der Kläger am 22. Oktober 1997 einen Arbeitsunfall erlitten hat, der ihn seither und dauerhaft gesundheitlich beeinträchtigt: Der Zeuge hat den Unfall, den der Kläger der Beklagten selbst gemeldet hat, weder gesehen noch mögliche Verletzungsfolgen bemerkt; er hat auch nichts wahrgenommen, was das tatsächliche Vorliegen eines Unfallgeschehens belegen könnte. Von dem angezeigten Arbeitsunfall hat der Zeuge nur durch die Schilderungen des Klägers selbst erfahren.
Die Aussage des Zeugen ist insgesamt glaubhaft: Seine Aussage vor Gericht weicht inhaltlich nicht von seinen Einlassungen gegenüber der Beklagten ab. Die Aussage hat seit den ersten Angaben gegenüber der Beklagten immer den gleichen sachlichen Inhalt gehabt und stimmt auch mit den Angaben der Personen überein, die die Beklagte bei ihren Sachverhaltsermittlungen im Verwaltungsverfahren befragt hatte; niemand hatte den Unfall des Klägers gesehen oder einen Körperschaden konkretisieren können. Sichtbarster Ausdruck des Körperschadens wäre die vom Kläger in der Unfallanzeige angegebene Ausrenkung seiner rechten Schulter gewesen, die keine der von der Beklagten befragten Personen bestätigen konnte. Dies ließe sich zwar damit erklären, dass die ausgerenkte Schulter sachgerecht vom Zeugen B gleich wieder eingerenkt worden sein könnte. Dies hat der Zeuge hingegen gerade nicht bestätigt: Er hat vielmehr ausgesagt, noch nie eine ausgerenkte Schulter wieder eingerenkt zu haben; er hat sogar darüber hinaus ausgeführt, dass er auch unterlassen hätte, dies zu tun, da eine entsprechende Hilfeleistung ohne medizinische Vorkenntnisse zu riskant sei. Überdies hat der Zeuge betont, über die erforderlichen medizinischen Kenntnisse nicht zu verfügen. Das Gericht hält die vom Kläger beschriebene Hilfeleistung für so außergewöhnlich, dass ein jeder, der jemals in seinem Leben eine solche Hilfe geleistet hat, sich hieran auch erinnert. Der Kläger hat in Kenntnis der Aussage des Zeugen im Verwaltungsverfahren von der Besatzung der "N A " niemanden benennen können, der bestätigen konnte, dass er durch den Zeugen B behandelt wurde und auf welche Weise dies geschehen ist. Den Angaben des Zeugen sind insgesamt keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die dafür sprechen, dass sich der vom Kläger dargestellte Unfall tatsächlich so oder anders ereignet hat. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens glaubt der Senat dem Kläger seine Sachverhaltsdarstellung nicht. Die Zeugenaussage ist dagegen glaubhaft, insbesondere in sich schlüssig und widerspruchsfrei gewesen; hervorzuheben ist, dass der Zeuge keine eigenen Interessen am Ausgang des Verfahrens hat, die ihn hätten verleiten können, bei seiner Aussage einen bestimmten, für ihn vorteilhaften Inhalt darzulegen.
An der Glaubwürdigkeit des Zeugen hat der Senat keine Zweifel. Der Senat hat nicht unbeachtet gelassen, dass der Kläger dessen Glaubwürdigkeit in Frage gestellt hat; es bestehen aber keine Anhaltspunkte für eine nicht wahrheitsgemäße Aussage des Zeugen. Insbesondere treffen die Einwände nicht zu, die der Kläger gegen den Zeugen vorgebracht hat: So ist es sachlich nicht richtig, dass der Zeuge den Sachverhalt anders als der Kläger dargestellt hat, um Rache am Kläger für eine von diesem nicht unterstützte Beförderung des Zeugen zum Kapitän zu üben. Wie der Zeuge nachvollziehbar ausgeführt hat, hatte er noch vor Antritt der Fahrt mit dem Reeder der damaligen Reederei (Reederei O ) ein Gespräch geführt, in dessen Verlauf klar wurde, dass er bei dieser Reederei nicht Kapitän werden konnte. Mit der Reederei, für die der Zeuge derzeit fährt, war bereits abgeklärt, dass der Zeuge nach der Fahrt mit dem Kläger und einer weiteren Fahrt für die andere Reederei in der Funktion des Ersten Offiziers zum Kapitän befördert werden konnte. Der Kläger konnte auf diese Personalentscheidung der neuen Reederei keinen Einfluss nehmen, zumal der Zeuge mit niemandem an Bord oder der damaligen Reederei über seine Absicht gesprochen hatte, seinen Arbeitgeber zu wechseln. Nach Kenntnis des Gerichts entspricht es auch nicht dem üblichen Arbeitnehmerverhalten, einem Arbeitgeber noch vor Beginn der Beschäftigung zu eröffnen, zu einem anderen Arbeitgeber wechseln zu wollen. Das Gegenteil ist der Fall: Eine solche Mitteilung konnte dem Zeugen auch nur Nachteile und keine Vorteile eintragen. Der Zeuge hat sich hier nicht anders verhalten als andere Beschäftigte in einer vergleichbaren Lage. Dass der vom Zeugen mitgeteilte Sachverhalt richtig ist, zeigt sich darin, dass seine berufliche Entwicklung tatsächlich entsprechend seiner Darstellung verlaufen ist.
Bei seiner Befragung durch das Gericht ist der Zeuge auch ganz offen damit umgegangen, dass es zwischen ihm und dem Kläger zu Spannungen gekommen ist. Diese Spannungen betrafen allein die Arbeitsorganisation an Bord. Hier ist hervorzuheben, dass sich die unterschiedlichen Auffassungen über die Arbeitsverteilung an Bord bereits aufgrund eines einzigen Gespräches beilegen ließen, das zum Ergebnis hatte, dass die vom Zeugen vorgenommene Arbeitsverteilung beibehalten wurde. Der Senat kann nicht erkennen, weswegen der Zeuge einen Grund zu einer nachtragenden Reaktion hinsichtlich einer Auseinandersetzung gehabt haben sollte, die einen für ihn – den Zeugen – positiven Ausgang hatte. Der Senat hat den Zeugen im Übrigen als einen offenen, klar und bestimmt vortragenden Menschen wahrgenommen. Der Zeuge hat auf den Senat auch nicht als eine Person gewirkt, die nachtragend handelt, sondern vielmehr als eine Person, die auf die Arbeit bezogene Konflikte offen anspricht, dann aber die vereinbarten Lösungen mitträgt. Insgesamt sind dem Senat die vom Zeugen nicht verschwiegenen Spannungen, die es mit dem Kläger an Bord der "N A " gab, nicht als seine Aussage bestimmend erschienen.
Bei dieser Sachlage war der Senat nicht veranlasst, dem im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 9. Juni 2008 gestellten Antrag zu entsprechen, die Verhandlung des Rechtsstreits zu vertagen, um den Kläger zur Aussage des Zeugen anzuhören und ihn zu den Besonderheiten seines damaligen Arbeitsplatzes anzuhören. Zum einen kennt das sozialgerichtliche Verfahren die Parteivernehmung als Beweismittel nicht: § 118 Abs. 1 SGG verweist nicht auf die §§ 445 bis 454 ZPO. Zum anderen wird auch nicht das rechtliche Gehör des Klägers dadurch verletzt, dass der erkennende Senat seinen diesbezüglichen Antrag in mündlicher Verhandlung abgelehnt hat: Der Kläger wusste, welche Angaben der Zeuge im Verwaltungsverfahren gegenüber der Beklagten gemacht hatte. Zu dessen Angaben hatte er – der Kläger – sich bereits klar geäußert. Seine rechtlichen Interessen konnte sein Prozessbevollmächtigter wahrnehmen, den Zeugen befragen und dessen Aussage würdigen. Mit den Vorbehalten des Klägers gegenüber der Person und der ihm vom wesentlichen Inhalt her bekannten Aussage des Zeugen hat sich das Gericht auch in der vom Senat getroffenen Entscheidung auseinandergesetzt. Zudem war der Kläger nicht daran gehindert, selbst zum Termin der mündlichen Verhandlung zu erscheinen, um den Zeugen direkt zu befragen: Er – der Kläger – war zu diesem Termin geladen und musste selbst – mindestens durch eine Besprechung mit seinem Prozessbevollmächtigten – wissen, welch entscheidende Bedeutung der Aussage des Zeugen B für sein Begehren beizumessen war. Gleichwohl ist er einer Konfrontation mit dem Zeugen aus dem Wege gegangen. Einen Grund, warum er zum Termin nicht erschienen ist, hat der – anwaltlich vertretene – Kläger nicht benannt. Eine Vertagung hätte bedeutet, dass der Senat seiner Entscheidung nicht den unmittelbaren Eindruck aus der Zeugenvernehmung hätte zu Grunde legen können, auf die es entscheidend ankommt, sondern vor der abschließenden Entscheidung seine – des Klägers -interessegeleiteten Einlassungen wahrgenommen hätte. Ihm gegenüber der Beklagten einen solchen (ungerechtfertigten) Vorteil zu verschaffen, ist mit der Wahrung richterlicher Neutralität der anderen Verfahrensbeteiligten gegenüber nicht vertretbar. Da der Kläger keinen Grund mitgeteilt hat, weswegen er im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 9. Juni 2008 nicht erschienen ist, ihm aber nicht verwehrt war, Stellung zu nehmen und dies auch durch seinen Prozessbevollmächtigten geschehen ist, kann er nach der inhaltlich für ihn so erwartbaren Zeugenaussage nicht mit Erfolg geltend machen, rechtliches Gehör werde ihm nur durch eine persönliche Anhörung zur Aussage des Zeugen B ausreichend gewährt. Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, die Interessen eines anwaltlich vertretenen Versicherten (hier: des Klägers) gegenüber einem Unfallversicherungsträger (hier: der Beklagten) bevorzugt zu wahren. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte gegen die erstinstanzliche Entscheidung in Berufung gegangen war und der Senat den ursprünglich vorgesehenen Verhandlungstermin vom 14. Mai 2008 aufgehoben hatte, um den Zeugen vernehmen zu können, musste dem Kläger die entscheidende Bedeutung, die der Termin vom 9. Juni 2008 für ihn hatte, unmissverständlich klar sein. Die Entscheidung, zu diesem Termin nicht zu erscheinen, hat der Kläger selbst zu verantworten. Die Gelegenheit, rechtliches Gehör zu erhalten, hat bestanden.
Für den Senat bestand schließlich auch kein Anlass, den Kläger zur Frage des einzelnen Arbeitsplatzes anzuhören. Der Kläger hatte an Bord des Motorschiffs "N A " keinen Einzelarbeitsplatz inne: Er war der Kapitän dieses Schiffes und an Bord dieses Schiffes gab es auch zu jeder Zeit wachhabendes Personal, das den von ihm gegenüber der Beklagten angezeigten Unfall wahrnehmen konnte, insbesondere den Ersten Offizier, den als Zeugen vernommenen F B. Dass niemand einen unfallbedingten Körperschaden des Klägers hätte wahrnehmen können, hat im Übrigen selbst der Kläger nicht vorgetragen. Bei einem Körperschaden, wie ihn der Kläger gegenüber der Beklagten angezeigt hat, ist jedoch ausgeschlossen, dass er nicht wahrgenommen wird. Es hat für den Kläger auch keinen Grund gegeben, anderen gegenüber Verletzungsfolgen zu verbergen: Ihm ging es ja darum, von der Beklagten wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles entschädigt zu werden. Der Zeuge, der nach den Angaben des Klägers die Erstversorgung vorgenommen hat, hat indes nicht bestätigt, was der Kläger gegenüber der Beklagten zur Begründung seines Entschädigungsanspruchs vorgebracht hat. Die Folgen der Unerweislichkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen hat der Kläger zu tragen.
Der geltend gemachte Anspruch besteht auch nicht deswegen, weil bei der Beklagten ausweislich des Vermerks vom 14. Mai 1999 verwaltungsintern erwogen wurde, den Arbeitsunfall des Klägers anzuerkennen und nur noch zu klären, unter Zugrundelegung welcher MdE dem Kläger eine Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht. Von diesen verwaltungsinternen Vorüberlegungen ist die Beklagte bereits mit dem Vermerk vom 25. September 2000 abgerückt. Die Bescheide der Beklagten enthalten keine Feststellungen, nach denen - auch nur dem Grunde nach – ein am 22. Ok¬tober 1997 stattgehabter Arbeitsunfall des Klägers anerkannt wird. Der Kläger kann aus den Inhalten verwaltungsinterner Vermerke für sich keine Rechte herleiten. Verwaltungsinternen Vermerken fehlt jede Außenwirkung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.
Der Senat lässt die Revision gegen dieses Urteil nicht zu (§ 160 Abs. 1 SGG); es ist weder ein Revisionsgrund nach § 160 Abs. 2 Ziff. 1 SGG noch ein Revisionsgrund nach § 160 Abs. 2 Ziff. 2 SGG gegeben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Geschehen vom 22. Oktober 2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen ist und dem Kläger Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren sind.
Der am 1940 geborene Kläger ist Kapitän und mittlerweile im Ruhestand. Mit der bei der Beklagten am 15. Dezem¬ber 1997 eingegangenen, vom Kläger selbst unterschriebenen Unfallanzeige vom 10. November 1997 meldete der Kläger bei der Beklagten einen von ihm am 22. Oktober 1997 erlittenen Unfall. Er sei an diesem Tag morgens um 6:30 Uhr als Kapitän des Motorschiffs "N A " beim Betreten eines Niedergangs ausgerutscht und auf das Hauptdeck gestürzt. Dabei habe er sich Verletzungen beider Schultergelenke zugezogen und Prellungen am Hinterkopf und am Rücken erlitten; sein rechter Arm sei ausgekugelt gewesen. Die Erstversorgung habe noch an Bord sein Erster Offizier, der Zeuge B , vorgenommen, der die ausgekugelte Schulter wieder eingerenkt habe. Von dem Ereignis habe auch der Bootsmann U Kenntnis genommen. Nach den Aufzeichnungen des Krankentagebuchs der "N A " vom 22. Oktober 1997 war bei dem Kläger die Schulter ausgekugelt und wieder eingerenkt worden; zudem wurde der Vermerk "Tabletten Nr. 24" im Schiffskrankentagebuch aufgenommen. Am 13. November 1997 erfolgte eine ärztliche Behandlung durch den bei dem Seaman’s Medical Service in Montevideo/Uruguay tätigen Dr. M. Im Krankentagebuch der "N A " wurde auch der Arztbesuch des Klägers in Montevideo am 13. November 1997 eingetragen. Alle Eintragungen zeichnete der Zeuge B mit seinem Handzeichen ab. Der Zeuge B gab gegenüber der Beklagten am 10. September 1998 an, dass er nicht Augenzeuge des Unfalls gewesen sei. Nur der Kläger habe ihm hiervon berichtet; Angaben zu Zeit und Örtlichkeit sowie zu Verletzungen könne er nicht machen. In einem bei der Beklagten am 7. Dezember 1999 eingegangenen Schreiben vom 5. Dezember 1999 gab der Zeuge B gegenüber der Beklagten an, dass er den Verletzten nie behandelt oder seine Verletzungen gesehen habe. In einem weiteren Schreiben vom 20. September 2000 führte der Zeuge B gegenüber der Beklagten aus, dass er die Eintragungen im Krankentagebuch allein nach den Angaben des Klägers vorgenommen und nur abgezeichnet habe.
Zur Ermittlung des sozialmedizinischen Sachverhalts veranlasste die Beklagte zunächst das unfallchirurgische Zusammenhangsgutachten der in der Unfallchirurgischen Klinik des Kreiskrankenhauses R tätigen Sachverständigen Dres. F und Ba vom 25. Februar 1999, die nach Auswertung eines neurologischen Zusatzgutachtens der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M-L aus R vom 8. Februar 1999 in ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 29. September 1999 eine traumatische Schulterluxation mit Ruptur der langen Bizepssehne, eine HWS-Distorsion mit Nervenwurzelstörung und eine Commotio cerebri als Folge des vom Kläger erlittenen Unfalls ansahen und wegen der Unfallfolgen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (- MdE -) um 35 v. H. einschätzten. Die Beklagte wertete auch ein im Auftrag der H-M Versicherungs-AG durch den Arzt für Orthopädie, Chirotherapie und Sozialmedizin Dr. Bb aus K erstelltes Gutachten vom 4. Februar 1999 aus, in dem dieser ausführte, dass er bei seiner Untersuchung des Klägers vom 14. Januar 1999 nicht die typischen Verletzungsfolgen nach einer Schulterluxation habe erkennen können; im Übrigen führte Dr. Bb aus, dass er Unfallfolgen von Dauer nicht benennen könne.
Mit Bescheid vom 28. Mai 2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung für die Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Schulter, des rechten Arms mit Gefühlsstörungen, des dritten bis fünften Fingers und der Halswirbelsäule ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Es sei kein Arbeitsunfall des Klägers gemäß § 8 Sozialgesetzbuch, Siebentes Buch (- SGB VII -), nachgewiesen. Die Beklagte habe durch die vom Kläger am 10. Novem¬ber 1997 ausgefüllte und unterschriebene Unfallanzeige erstmals Kenntnis davon erhalten, dass dieser am 22. Oktober 1997 während seiner Tätigkeit als Kapitän an Bord des Motorschiffs "N A " beim Betreten eines Niederganges ausgerutscht und auf das Hauptdeck gestürzt sein wolle. Nach seinem Vortrag habe sich der Kläger dabei den rechten Arm ausgekugelt, den linken Arm gezerrt und sich Prellungen am Rücken und Hinterkopf zugezogen. Der an Bord tätige Erste Offizier, der Zeuge B , habe ihn nach dem Unfall erstversorgt, indem er seine Schulter wieder eingerenkt habe. Der Kläger habe anschließend seine Arbeit nicht eingestellt. Die Angaben zum Unfall seien im Schiffstagebuch nachträglich vermerkt worden. Der Kläger habe sich am 13. November 1997 mit Beschwerden im Bereich der rechten Schulter in Montevideo/Uruguay behandeln lassen. Dort seien röntgenologisch Verschleißumformungen der rechten Schulter (Periarthritis) und der Halswirbelsäule festgestellt worden. Der Kläger habe sich dann wegen rechtsbetonter Schulterbeschwerden und Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule in der Gemeinschaftspraxis Dres. S und G in W vorgestellt und als Ursache angegeben, am 22. Oktober 1997 an Bord gestürzt zu sein. Die am 29. April 1998 durchgeführte Kernspintomographie habe anlagebedingte Veränderungen im Bereich der rechten Schulter in Form einer massiven Einengung der Supraspinatussehne zwischen Oberarmkopf und Schulterdach mit einer hochgradigen Degeneration und einen Teileinriss der Supraspinatussehne bei gleichzeitigem Riss des langen Kopfes der Bizepssehne, eine begleitende Schleimbeutelentzündung sowie degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule aufgezeigt. Seine Gesundheitsstörungen seien im Kreiskrankenhaus R gutachtlich untersucht worden. Dort habe der Kläger über einen Treppensturz an Bord mit Schulterverrenkung berichtet, bei dem es auch zu einer Schädelprellung mit kurzzeitiger Bewusstlosigkeit und einer Erinnerungslücke gekommen sei. Von den Sachverständigen sei danach eine traumatische Schulterverrenkung rechts mit Riss der langen Bizepssehne, eine Verstauchung der Halswirbelsäule mit Nervenschädigung bei vorbestehenden degenerativen Veränderungen und eine Gehirnerschütterung angenommen worden. Eine Rückfrage der Beklagten bei dem Zeugen B habe allerdings ergeben, dass er den Kläger nicht medizinisch erstversorgt und auch keine Einrenkung der rechten Schulter vorgenommen habe. Der Zeuge B sei erst durch den Kläger selbst vom Unfall in Kenntnis gesetzt worden, habe keinerlei Verletzungen im Schulter-Arm-Bereich gesehen und ihm - dem Zeugen – sei auch nicht bekannt geworden, dass nach dem angegebenen Unfall eine kurzzeitige Bewusstlosigkeit des Klägers vorgelegen habe. Die Eintragungen im Schiffskrankentagebuch habe er – der Zeuge – nur aufgrund der Aussagen des Klägers vorgenommen und abgezeichnet. Für den vom Kläger geschilderten Sturz vom 22. Oktober 1997 habe die Beklagte keinen Augenzeugen ermitteln können. Die bloße Möglichkeit, dass sich der Unfall so, wie vom Kläger geschildert, ereignet habe, reiche für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht aus. Insbesondere wegen der Angaben des Zeugen B , der die Verletzungen des Klägers nicht gesehen und auch bestritten habe, dessen ausgekugelte Schulter im Rahmen einer Erstversorgung wieder eingerenkt zu haben, sei ein Arbeitsunfall mit Schulter-Arm-Verlet¬zung rechts, Armzerrung links, Kopf-Rücken-Prellung und Halswirbelsäulenstauchung nicht nachgewiesen. In der Sozialversicherung gelte der Grundsatz der objektiven Beweislast. Hiernach habe der Kläger die Folgen der Beweislosigkeit von anspruchsbegründenden Tatsachen (hier: des Arbeitsunfalls und des Erstschadens) zu tragen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen seiner Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Schulter, des rechten Arms und der Halswirbelsäule.
Diesem Bescheid widersprach der Kläger am 12. Juni 2001. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Er habe durch den Unfall vom 22. Oktober 1997 bleibende Gesundheitsschäden erlitten. Auch wenn keine unmittelbaren Zeugen am Unfallort zugegen gewesen seien und sich der Zeuge B nicht an eine Behandlung erinnern könne, seien seine gesundheitlichen Beschwerden dauerhaft vorhanden. Ihm sei Verletztenrente unter Zugrundelegung einer MdE um 35 v. H. zu gewähren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2001 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Vertiefung ihres aus dem ablehnenden Bescheid vom 28. Mai 2001 bekannten Vorbringens als unbegründet zurück: Die bloße Möglichkeit, dass sich der Unfall so, wie vom Kläger geschildert, ereignet habe, reiche für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht aus; im Übrigen sei unwahrscheinlich, dass der Zeuge B die Behandlung des Klägers vergessen haben könne.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 6. Septem¬ber 2001 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben und zur Begründung im Wesentlichen sein aus dem Widerspruchsverfahren bekanntes Vorbringen wiederholt. Ergänzend und vertiefend hat der Kläger ausgeführt: Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung seien sich aus der Besonderheit der versicherten Tätigkeit ergebende typische Beweisschwierigkeiten zu berücksichtigen. Es müsse nicht der genaue Unfallhergang bewiesen sein, wenn es nach den sonst nachgewiesenen Umständen überwiegende Hinweise auf einen Versicherungsfall gebe und die ernsthafte Möglichkeit anderer Geschehensabläufe ausgeschlossen erscheine. Der Zeuge B sei in seiner Aussage unglaubhaft: Dieser habe das Schiffskrankentagebuch selbst geführt. Die unfallbedingten Verletzungen des Klägers seien nicht sichtbar gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2001 aufzuheben, 2. die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 22. Ok¬tober 1997 bei dem Kläger als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 35 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihr bisheriges Vorbringen vertieft und weiter darauf hingewiesen, dass der Arbeitsunfall nicht nachgewiesen sei, weil den Unfall insbesondere kein Zeuge gesehen habe. Der vom Sozialgericht hinzugezogene Sachverständige Dr. Sa z habe die Angaben des Klägers zum Ereignis als wahr unterstellt und auf dieser Grundlage seine gutachtlichen Ausführungen vorgenommen. Ein Erstschaden und damit ein Unfall seien nicht nachgewiesen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben zur Ermittlung der unfallbedingten Gesundheitsstörungen des Klägers und der hierdurch bedingten MdE durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens bei dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. Sa z aus K. Der Sachverständige Dr. Sa z hat in seinem Gutachten vom 2. September 2003 ausgeführt, dass es durch das Ereignis vom 22. Oktober 1997 zu einer posttraumatischen Schulterteilsteife rechts gekommen sein könne, und zwar nach grober Prellung oder Zerrung, durch die eine MdE um 20 v. H. bedingt sei.
Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit der Beteiligten im Termin vom 22. September 2004 mündlich verhandelt und mit Urteil vom gleichen Tage der Klage zum Teil stattgegeben: Das Ereignis vom 22. Oktober 1997 sei als Arbeitsunfall anzuerkennen. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung seien typische sich aus den Besonderheiten einer versicherten Tätigkeit ergebende Beweisschwierigkeiten zu berücksichtigen. Vorliegend seien an den Beweis des Vorliegens eines Arbeitsunfalls verminderte Anforderungen zu stellen. Das Sozialgericht sei davon überzeugt, dass sich das Unfallereignis so zugetragen habe, wie es der Kläger geschildert habe. Die Entschädigung des Klägers sei nach dem Vorschlag des Sachverständigen Dr. Sa z in Höhe einer MdE um 20 v. H. zu bemessen. Soweit der Kläger eine höhere Entschädigungsleistung begehrt habe, sei die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 22. Februar 2005 zugestellte Urteil am 2. März 2005 Berufung eingelegt und führt zu deren Begründung aus: Dass sich am 22. Oktober 1997 ein Arbeitsunfall ereignet habe, sei nicht nachgewiesen. Der Zeuge B habe die Angaben des Klägers zur Erstbehandlung an Bord nicht bestätigen können. Im Gegenteil habe der Zeuge bekundet, er habe während seines Einsatzes an Bord beim Kläger nie Verletzungen irgendeiner Art gesehen oder behandelt, insbesondere auch nicht, wie der Kläger behaupte, dessen verrenkte Schulter wieder eingerenkt. Mithin seien bleibende Unfallfolgen hinsichtlich des vom Kläger behaupteten Ereignisses vom 22. Oktober 1997 nicht nachgewiesen. Im übrigen sei das Gutachten von Dr. Sa z nicht überzeugend. Dem weiteren Vorbringen des Klägers hält die Beklagte entgegen, dass sie nur an die im Rechtsstreit ergangenen Bescheide und nicht an interne Vermerke gebunden sei, was sich aus § 31 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (- SGB X -), ergebe; im Übrigen habe sie das Ergebnis der verwaltungsinternen Ermittlungen ausweislich des Vermerks vom 25. September 2000 anders gewürdigt.
Die Beklagte beantragt,
das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das Sozialgericht habe das Unfallereignis vom 22. Oktober 1997 zu Recht als Arbeitsunfall angesehen und dem Kläger wegen der dauerhaft verbliebenen Unfallfolgen zutreffend Rente unter Zugrundelegung der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Sa z zugesprochen. Die Beklagte habe den Arbeitsunfall und die Verletzungsfolgen im Übrigen in einem internen Vermerk vom 4. Mai 1999 bereits anerkannt. Der Senat solle den Kläger persönlich laden und ihn zur Aussage des Zeugen B und zur Frage des einzelnen Arbeitsplatzes anhören.
Der Senat hat den Rechtsstreit der Beteiligten am 9. Juni 2008 mündlich verhandelt und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F B , des an Bord des Motorschiffs "N A " diensthabenden Ersten Offiziers, zu den Ereignissen des 22. Oktober 1997. Wegen des Inhalts der Aussage des Zeugen wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 9. Juni 2008 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird der Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten in Bezug genommen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 28. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2001 zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen seiner Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Schulter, des rechten Arms und der Halswirbelsäule abgelehnt, weil das als Ursache in der Unfallanzeige angegebene Ereignis vom 22. Oktober 1997 und damit ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen ist.
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte bei Vorliegen eines Versicherungsfalls einen Anspruch auf Leistungen des Unfallversicherungsträgers. Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII auch Arbeitsunfälle. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII "zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen". Wie das Sozialgericht zunächst richtig erkannt hat, bedürfen alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises, dazu gehören insbesondere die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, das äußere Ereignis und der erlittene Körperschaden (vgl. Ricke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 2, Rdnr. 257 zu § 8 SGB VII). Zu den voll zu beweisenden Tatsachen gehört damit auch das Unfallereignis als Unglücksfall. Das bedeutet gerade nicht, dass für das Vorliegen eines Unfalls an den Beweis verminderte Anforderungen zu stellen sind und im Fall des Klägers bereits die gute Möglichkeit zum Nachweis eines Arbeitsunfalls ausreichend ist. Hier sind vielmehr die allgemein auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsätze für die an die richterliche Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen anzuwenden. Danach ist es zwar nicht erforderlich, dass entscheidungserhebliche Tatsachen mit absoluter Gewissheit festgestellt werden, d. h. es wird keine Überzeugung des Gerichts vorausgesetzt, die jede nur denkbare andere Möglichkeit ausschließt. Vielmehr ist ein der Gewissheit nahekommender Grad der Wahrscheinlichkeit genügend, aber auch notwendig (BSGE 7, 103, 106; 32, 203, 207; 45, 285, 287). Im Schrifttum wird hierzu ausgeführt, dass das Gericht von den entscheidungserheblichen Tatsachen – in Person der erkennenden Richter – Gewissheit haben müsse, sich aber mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen müsse (vgl. Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 8. Aufl., Rdnr. 3b zu § 128 SGG mit Hinweis auf BGH 53, 256). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (BSGE 45, 285, 287).
Geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Gerichts (als die an den vollen Beweis zu stellenden) sind ausnahmsweise beim ursächlichen Zusammenhang deshalb zugelassen, weil letzterer zu den Tatsachen gehört, für die ein strenger Beweis kaum zu führen sein wird. Es werden deshalb Beweiserleichterungen dahingehend eingeräumt, dass lediglich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Kausalität bestehen muss; das Gericht ist somit in der Zusammenhangsfrage bei seiner Würdigung und der Überzeugungsbildung freier gestellt (BSG 32, 203, 208). Das gilt aber nicht für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Vorliegend ist es insbesondere nicht gerechtfertigt, zur Annahme des Arbeitsunfalls wegen der Eigentümlichkeiten des damaligen Arbeitsplatzes des Klägers anstelle des vollen Beweises die gute Möglichkeit ausreichen zu lassen. Der Kläger war am 22. Oktober 1997 an Bord des Motorschiffs "N A " als Kapitän beschäftigt. Dieser Tätigkeit liegt nicht eine Beschäftigung an einem Einzelarbeitsplatz zu Grunde, an dem ein Unfallereignis und dabei erlittene Verletzungen nicht wahrgenommen werden konnten. Bei einem Handelsschiff sind wesentliche Positionen an Bord (auf der Brücke, an Deck, am Funk, an der Maschine u. a. m.) zu jeder Tages- und Nachtzeit ständig besetzt, sodass wenigstens Verletzungsfolgen seitens der Besatzung wahrzunehmen gewesen wären, wenn es schon keinen Augenzeugen für den Unfall gab. Mindestens der diensthabende Erste Offizier, der Zeuge B , der im Falle der Dienstunfähigkeit des Klägers das Schiff hätte führen müssen, hätte in Anbetracht des Ausmaßes der der Beklagten vom Kläger geschilderten Unfallfolgen wahrnehmen müssen, dass der Kläger an Bord einen Unfall hatte: Der Kläger hat in der von ihm gefertigten Unfallanzeige vom 10. November 1997 selbst angegeben, am 22. Oktober 1997 vom Zeugen B erstversorgt worden zu sein, im Einzelnen später sogar detailliert ausgeführt, es sei durch den Zeugen eine Reponierung der luxierten Schulter vorgenommen worden.
Ein von der Beklagten verschuldeter Beweisnotstand (vgl. BSGE 24, 25, 28), an den zu denken ist, um einzelfallbezogen Beweiserleichterungen zu begründen, liegt nicht vor: Der seinerzeit an Bord diensthabende Erste Offizier, der Zeuge B , der die Verletzungen und die Behandlung des Klägers im Schiffskrankentagebuch vermerkt hatte, konnte verwaltungs- und gerichtsseitig zu den Ereignissen des 22. Oktober 1997 befragt werden. Das Sozialgericht hat die Vernehmung dieses Zeugen, die der Senat nachgeholt hat, unterlassen, obwohl sich die Angaben des Klägers durch die Befragung des Zeugen im Verwaltungsverfahren nicht bestätigt hatten. Es hätte nicht den Angaben des Klägers folgen dürfen, ohne sich einen eigenen Eindruck von dem Zeugen, seiner Glaubwürdigkeit und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben zu machen. Diese Verfahrensweise überschreitet die Grenzen, die für eine freie richterliche Beweiswürdigung gemäß § 128 SGG gezogen sind.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere nach der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass sich am 22. Oktober 1997 an Bord der "N A " ein Unfall ereignet hat, wie ihn der Kläger in seiner Unfallanzeige vom 11. November 1997 gegenüber der Beklagten beschrieben hat.
Der Zeuge B hat unmissverständlich ausgesagt, dass ihm am 22. Oktober 1997 der der Beklagten angezeigte Unfall des Klägers nicht bekannt geworden ist. Der Zeuge hat zwar bestätigt, dass er die Eintragung im Schiffskrankentagebuch der "N A " vorgenommen hat, dass beim Kläger die Schulter ausgekugelt gewesen und dann wieder eingerenkt worden sei. Er der Zeuge hat aber klargestellt, dass er selbst eine beim Kläger ausgerenkte Schulter nicht wieder eingerenkt hat. Hierzu hat der Zeuge in seiner Aussage ausdrücklich hervorgehoben, noch niemals in seinem Leben eine Schulter eingerenkt zu haben und auch über die dazu erforderlichen (medizinischen) Fachkenntnisse nicht zu verfügen. Weiterhin hat der Zeuge ausgesagt, dem Kläger auch keine Medikamente ausgehändigt zu haben - und hierzu ergänzend ausgeführt -, dass der Kläger als Kapitän selbst einen Schlüssel zum Medikamentenschrank hatte. Zu seinen Eintragungen im Schiffskrankentagebuch befragt hat der Zeuge seine Aussage bekräftigt, diese nach den damaligen Angaben des Klägers vorgenommen zu haben, ohne Augenzeuge des Unfalls gewesen zu sein oder darauf beruhende Verletzungen selbst gesehen zu haben. Der Zeuge hat zum einen keinerlei Erinnerung daran gehabt, dass irgendeine andere Person an Bord den Unfall oder Verletzungen des Klägers am 22. Oktober 1997 wahrgenommen, oder gar dessen Schulter eingerenkt hat. Zum anderen ist ihm weder an dem angeblichen Unfalltag noch an den folgenden Tagen eine eingeschränkte Beweglichkeit des Klägers oder eine Schonhaltung aufgefallen. Der Zeuge hat auf Befragen auch eindeutig verneint, dass sich der Kläger am 22. Oktober 1997 oder späteren Tagen bei ihm "krankgemeldet" hat. Ferner hat der Zeuge die Unfallanzeige des Klägers vom 10. Novem¬ber 1997 nach seinen Angaben nicht zur Kenntnis erhalten; er hat hierzu ausgesagt, dass die entsprechenden Formulare an Bord für den Kläger frei zugänglich gewesen sind. Auf Vorhalt der Unfallanzeige hat der Zeuge sein Erstaunen geäußert, dass diese durch den Kläger selbst und in der Funktion des Sicherheitsbeauftragten von einem Herrn Fa unterschrieben ist, da es in der Seeschifffahrt ansonsten üblich ist, als Sicherheitsbeauftragte für den Bereich des Decks den Bootsmann und für den Bereich des Maschinenraumes ein dort tätiges Besatzungsmitglied einzusetzen. Als Grund, dass als Sicherheitsbeauftragter kein Offizier und kein Angestellter eingesetzt wird, sondern ein normales Besatzungsmitglied, hat der Zeuge angegeben, dass hierdurch verhindert werden soll, Mängel möglicherweise aus falsch verstandener Loyalität nicht der Reederei zu melden. Auf entsprechende Nachfrage des Senats hat der Zeuge bei seiner Befragung bestätigt, dass eigentlich er der zuständige Schiffsoffizier gewesen wäre, eine den Kapitän betreffende Unfallanzeige zu fertigen, im Nachhinein aber nicht mehr in Erinnerung hat und nicht erklären kann, weswegen er die vorliegende Unfallanzeige nicht gefertigt hat.
Der Senat würdigt diese Aussage dahingehend, dass auch nach der Vernehmung des Zeugen nicht nachgewiesen ist, dass der Kläger am 22. Oktober 1997 einen Arbeitsunfall erlitten hat, der ihn seither und dauerhaft gesundheitlich beeinträchtigt: Der Zeuge hat den Unfall, den der Kläger der Beklagten selbst gemeldet hat, weder gesehen noch mögliche Verletzungsfolgen bemerkt; er hat auch nichts wahrgenommen, was das tatsächliche Vorliegen eines Unfallgeschehens belegen könnte. Von dem angezeigten Arbeitsunfall hat der Zeuge nur durch die Schilderungen des Klägers selbst erfahren.
Die Aussage des Zeugen ist insgesamt glaubhaft: Seine Aussage vor Gericht weicht inhaltlich nicht von seinen Einlassungen gegenüber der Beklagten ab. Die Aussage hat seit den ersten Angaben gegenüber der Beklagten immer den gleichen sachlichen Inhalt gehabt und stimmt auch mit den Angaben der Personen überein, die die Beklagte bei ihren Sachverhaltsermittlungen im Verwaltungsverfahren befragt hatte; niemand hatte den Unfall des Klägers gesehen oder einen Körperschaden konkretisieren können. Sichtbarster Ausdruck des Körperschadens wäre die vom Kläger in der Unfallanzeige angegebene Ausrenkung seiner rechten Schulter gewesen, die keine der von der Beklagten befragten Personen bestätigen konnte. Dies ließe sich zwar damit erklären, dass die ausgerenkte Schulter sachgerecht vom Zeugen B gleich wieder eingerenkt worden sein könnte. Dies hat der Zeuge hingegen gerade nicht bestätigt: Er hat vielmehr ausgesagt, noch nie eine ausgerenkte Schulter wieder eingerenkt zu haben; er hat sogar darüber hinaus ausgeführt, dass er auch unterlassen hätte, dies zu tun, da eine entsprechende Hilfeleistung ohne medizinische Vorkenntnisse zu riskant sei. Überdies hat der Zeuge betont, über die erforderlichen medizinischen Kenntnisse nicht zu verfügen. Das Gericht hält die vom Kläger beschriebene Hilfeleistung für so außergewöhnlich, dass ein jeder, der jemals in seinem Leben eine solche Hilfe geleistet hat, sich hieran auch erinnert. Der Kläger hat in Kenntnis der Aussage des Zeugen im Verwaltungsverfahren von der Besatzung der "N A " niemanden benennen können, der bestätigen konnte, dass er durch den Zeugen B behandelt wurde und auf welche Weise dies geschehen ist. Den Angaben des Zeugen sind insgesamt keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die dafür sprechen, dass sich der vom Kläger dargestellte Unfall tatsächlich so oder anders ereignet hat. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens glaubt der Senat dem Kläger seine Sachverhaltsdarstellung nicht. Die Zeugenaussage ist dagegen glaubhaft, insbesondere in sich schlüssig und widerspruchsfrei gewesen; hervorzuheben ist, dass der Zeuge keine eigenen Interessen am Ausgang des Verfahrens hat, die ihn hätten verleiten können, bei seiner Aussage einen bestimmten, für ihn vorteilhaften Inhalt darzulegen.
An der Glaubwürdigkeit des Zeugen hat der Senat keine Zweifel. Der Senat hat nicht unbeachtet gelassen, dass der Kläger dessen Glaubwürdigkeit in Frage gestellt hat; es bestehen aber keine Anhaltspunkte für eine nicht wahrheitsgemäße Aussage des Zeugen. Insbesondere treffen die Einwände nicht zu, die der Kläger gegen den Zeugen vorgebracht hat: So ist es sachlich nicht richtig, dass der Zeuge den Sachverhalt anders als der Kläger dargestellt hat, um Rache am Kläger für eine von diesem nicht unterstützte Beförderung des Zeugen zum Kapitän zu üben. Wie der Zeuge nachvollziehbar ausgeführt hat, hatte er noch vor Antritt der Fahrt mit dem Reeder der damaligen Reederei (Reederei O ) ein Gespräch geführt, in dessen Verlauf klar wurde, dass er bei dieser Reederei nicht Kapitän werden konnte. Mit der Reederei, für die der Zeuge derzeit fährt, war bereits abgeklärt, dass der Zeuge nach der Fahrt mit dem Kläger und einer weiteren Fahrt für die andere Reederei in der Funktion des Ersten Offiziers zum Kapitän befördert werden konnte. Der Kläger konnte auf diese Personalentscheidung der neuen Reederei keinen Einfluss nehmen, zumal der Zeuge mit niemandem an Bord oder der damaligen Reederei über seine Absicht gesprochen hatte, seinen Arbeitgeber zu wechseln. Nach Kenntnis des Gerichts entspricht es auch nicht dem üblichen Arbeitnehmerverhalten, einem Arbeitgeber noch vor Beginn der Beschäftigung zu eröffnen, zu einem anderen Arbeitgeber wechseln zu wollen. Das Gegenteil ist der Fall: Eine solche Mitteilung konnte dem Zeugen auch nur Nachteile und keine Vorteile eintragen. Der Zeuge hat sich hier nicht anders verhalten als andere Beschäftigte in einer vergleichbaren Lage. Dass der vom Zeugen mitgeteilte Sachverhalt richtig ist, zeigt sich darin, dass seine berufliche Entwicklung tatsächlich entsprechend seiner Darstellung verlaufen ist.
Bei seiner Befragung durch das Gericht ist der Zeuge auch ganz offen damit umgegangen, dass es zwischen ihm und dem Kläger zu Spannungen gekommen ist. Diese Spannungen betrafen allein die Arbeitsorganisation an Bord. Hier ist hervorzuheben, dass sich die unterschiedlichen Auffassungen über die Arbeitsverteilung an Bord bereits aufgrund eines einzigen Gespräches beilegen ließen, das zum Ergebnis hatte, dass die vom Zeugen vorgenommene Arbeitsverteilung beibehalten wurde. Der Senat kann nicht erkennen, weswegen der Zeuge einen Grund zu einer nachtragenden Reaktion hinsichtlich einer Auseinandersetzung gehabt haben sollte, die einen für ihn – den Zeugen – positiven Ausgang hatte. Der Senat hat den Zeugen im Übrigen als einen offenen, klar und bestimmt vortragenden Menschen wahrgenommen. Der Zeuge hat auf den Senat auch nicht als eine Person gewirkt, die nachtragend handelt, sondern vielmehr als eine Person, die auf die Arbeit bezogene Konflikte offen anspricht, dann aber die vereinbarten Lösungen mitträgt. Insgesamt sind dem Senat die vom Zeugen nicht verschwiegenen Spannungen, die es mit dem Kläger an Bord der "N A " gab, nicht als seine Aussage bestimmend erschienen.
Bei dieser Sachlage war der Senat nicht veranlasst, dem im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 9. Juni 2008 gestellten Antrag zu entsprechen, die Verhandlung des Rechtsstreits zu vertagen, um den Kläger zur Aussage des Zeugen anzuhören und ihn zu den Besonderheiten seines damaligen Arbeitsplatzes anzuhören. Zum einen kennt das sozialgerichtliche Verfahren die Parteivernehmung als Beweismittel nicht: § 118 Abs. 1 SGG verweist nicht auf die §§ 445 bis 454 ZPO. Zum anderen wird auch nicht das rechtliche Gehör des Klägers dadurch verletzt, dass der erkennende Senat seinen diesbezüglichen Antrag in mündlicher Verhandlung abgelehnt hat: Der Kläger wusste, welche Angaben der Zeuge im Verwaltungsverfahren gegenüber der Beklagten gemacht hatte. Zu dessen Angaben hatte er – der Kläger – sich bereits klar geäußert. Seine rechtlichen Interessen konnte sein Prozessbevollmächtigter wahrnehmen, den Zeugen befragen und dessen Aussage würdigen. Mit den Vorbehalten des Klägers gegenüber der Person und der ihm vom wesentlichen Inhalt her bekannten Aussage des Zeugen hat sich das Gericht auch in der vom Senat getroffenen Entscheidung auseinandergesetzt. Zudem war der Kläger nicht daran gehindert, selbst zum Termin der mündlichen Verhandlung zu erscheinen, um den Zeugen direkt zu befragen: Er – der Kläger – war zu diesem Termin geladen und musste selbst – mindestens durch eine Besprechung mit seinem Prozessbevollmächtigten – wissen, welch entscheidende Bedeutung der Aussage des Zeugen B für sein Begehren beizumessen war. Gleichwohl ist er einer Konfrontation mit dem Zeugen aus dem Wege gegangen. Einen Grund, warum er zum Termin nicht erschienen ist, hat der – anwaltlich vertretene – Kläger nicht benannt. Eine Vertagung hätte bedeutet, dass der Senat seiner Entscheidung nicht den unmittelbaren Eindruck aus der Zeugenvernehmung hätte zu Grunde legen können, auf die es entscheidend ankommt, sondern vor der abschließenden Entscheidung seine – des Klägers -interessegeleiteten Einlassungen wahrgenommen hätte. Ihm gegenüber der Beklagten einen solchen (ungerechtfertigten) Vorteil zu verschaffen, ist mit der Wahrung richterlicher Neutralität der anderen Verfahrensbeteiligten gegenüber nicht vertretbar. Da der Kläger keinen Grund mitgeteilt hat, weswegen er im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 9. Juni 2008 nicht erschienen ist, ihm aber nicht verwehrt war, Stellung zu nehmen und dies auch durch seinen Prozessbevollmächtigten geschehen ist, kann er nach der inhaltlich für ihn so erwartbaren Zeugenaussage nicht mit Erfolg geltend machen, rechtliches Gehör werde ihm nur durch eine persönliche Anhörung zur Aussage des Zeugen B ausreichend gewährt. Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, die Interessen eines anwaltlich vertretenen Versicherten (hier: des Klägers) gegenüber einem Unfallversicherungsträger (hier: der Beklagten) bevorzugt zu wahren. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte gegen die erstinstanzliche Entscheidung in Berufung gegangen war und der Senat den ursprünglich vorgesehenen Verhandlungstermin vom 14. Mai 2008 aufgehoben hatte, um den Zeugen vernehmen zu können, musste dem Kläger die entscheidende Bedeutung, die der Termin vom 9. Juni 2008 für ihn hatte, unmissverständlich klar sein. Die Entscheidung, zu diesem Termin nicht zu erscheinen, hat der Kläger selbst zu verantworten. Die Gelegenheit, rechtliches Gehör zu erhalten, hat bestanden.
Für den Senat bestand schließlich auch kein Anlass, den Kläger zur Frage des einzelnen Arbeitsplatzes anzuhören. Der Kläger hatte an Bord des Motorschiffs "N A " keinen Einzelarbeitsplatz inne: Er war der Kapitän dieses Schiffes und an Bord dieses Schiffes gab es auch zu jeder Zeit wachhabendes Personal, das den von ihm gegenüber der Beklagten angezeigten Unfall wahrnehmen konnte, insbesondere den Ersten Offizier, den als Zeugen vernommenen F B. Dass niemand einen unfallbedingten Körperschaden des Klägers hätte wahrnehmen können, hat im Übrigen selbst der Kläger nicht vorgetragen. Bei einem Körperschaden, wie ihn der Kläger gegenüber der Beklagten angezeigt hat, ist jedoch ausgeschlossen, dass er nicht wahrgenommen wird. Es hat für den Kläger auch keinen Grund gegeben, anderen gegenüber Verletzungsfolgen zu verbergen: Ihm ging es ja darum, von der Beklagten wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles entschädigt zu werden. Der Zeuge, der nach den Angaben des Klägers die Erstversorgung vorgenommen hat, hat indes nicht bestätigt, was der Kläger gegenüber der Beklagten zur Begründung seines Entschädigungsanspruchs vorgebracht hat. Die Folgen der Unerweislichkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen hat der Kläger zu tragen.
Der geltend gemachte Anspruch besteht auch nicht deswegen, weil bei der Beklagten ausweislich des Vermerks vom 14. Mai 1999 verwaltungsintern erwogen wurde, den Arbeitsunfall des Klägers anzuerkennen und nur noch zu klären, unter Zugrundelegung welcher MdE dem Kläger eine Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht. Von diesen verwaltungsinternen Vorüberlegungen ist die Beklagte bereits mit dem Vermerk vom 25. September 2000 abgerückt. Die Bescheide der Beklagten enthalten keine Feststellungen, nach denen - auch nur dem Grunde nach – ein am 22. Ok¬tober 1997 stattgehabter Arbeitsunfall des Klägers anerkannt wird. Der Kläger kann aus den Inhalten verwaltungsinterner Vermerke für sich keine Rechte herleiten. Verwaltungsinternen Vermerken fehlt jede Außenwirkung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.
Der Senat lässt die Revision gegen dieses Urteil nicht zu (§ 160 Abs. 1 SGG); es ist weder ein Revisionsgrund nach § 160 Abs. 2 Ziff. 1 SGG noch ein Revisionsgrund nach § 160 Abs. 2 Ziff. 2 SGG gegeben.
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