L 28 B 1382/08 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 95 AS 14111/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1382/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 07. Mai 2008 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, höhere Leistungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) zu gewähren.

Mit bestandskräftigem Bewilligungsbescheid vom 20. November 2007 gewährte der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis 31. Mai 2008. Berücksichtigt wurden dabei KdU in Höhe von 388,33 EUR für die in der G (Seitenflügel-Hochparterre-links) bewohnte Wohnung. Der Antrag auf Erteilung einer Zusicherung für die Aufwendungen der Kosten der Unterkunft für eine im gleichen Haus gelegene größere Wohnung (Seitenflügel-Erdgeschoss-links) nach § 22 Abs. 2 SGB II blieb erfolglos (bestandskräftiger Bescheid vom 28. Januar 2008). Zum 1. Mai 2008 mieteten die Antragsteller zu 1) und 2) diese größere Wohnung zu einem Mietzins von insgesamt 619 EUR an. Am 21., 22. und 24. April 2008 sprach der Antragsteller zu 1) beim Antragsgegner vor und verlangte mündlich unter Vorlage des Mietvertrages, dass die höheren Kosten für die Unterkunft ab 1. Mai 2008 vom Antragsgegner erbracht werden. Hinsichtlich der damit sinngemäß vom Antragsteller zu 1) beantragten Änderung des Bescheides vom 20. November 2007 bezüglich des Monats Mai 2008 ist bisher kein förmlicher Bescheid des Antragsgegners erteilt worden. Nach dem Vortrag des Antragstellers zu 1) und dem Inhalt des Aktenvermerks des Antragsgegners vom 29. April 2008 ist dem Antragsteller zu 1) Ende April 2008 mündlich mitgeteilt worden, dass ohne weitere Unterlagen (aktuelle Betriebskostenabrechnungen) keine höheren KdU für Mai 2008 berücksichtigt werden könnten, eine "Abhilfeprüfung" daher nicht möglich sei.

Mit Beschluss vom 7. Mai 2008 hat das Sozialgericht Berlin den am 25. April 2008 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Übernahme der höheren KdU abgelehnt, da der Antrag wegen des bestandskräftigen Bescheides vom 28. Januar 2008 unzulässig sei. Hiergegen richtet sich die am 26. Mai 2008 eingelegte Beschwerde, mit der die Antragsteller die vorläufige Gewährung von Leistungen für KdU in Höhe von 619 EUR monatlich begehren.

Mit Bescheid vom 21. Mai 2008 hat der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juni 2008 bis 30. November 2008 unter Berücksichtigung der früheren KdU (monatlich 388,33 EUR) bewilligt; gegen diesen Bescheid ist nach Auskunft des Antragsgegners bisher kein Widerspruch erhoben worden.

II. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. Mai 2008 ist nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 572 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.

Gemäß § 172 Absatz 3 Nr. 1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I, S. 444) ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Dies ist vorliegend der Fall. Dass der erstinstanzliche Beschluss eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung enthält, hat keine Bindungswirkung für den Senat. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGG ist die Berufung bei einer auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung gerichteten Klage bzw. einem hierauf gerichteten Verwaltungsakt nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR übersteigt, es sei denn, es handelt sich um wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr.

Der Beschwerdegegenstand beträgt nur 230,67 EUR, nämlich die Differenz zwischen den für den Monat Mai 2008 bewilligten Leistungen für die KdU (388,33 EUR) und den von den Antragstellern für die neue Wohnung beantragten Leistungen (619 EUR). Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 7. Mai 2008 nur über höhere vorläufige Leistungen für den Monat Mai 2008 und nicht über Leistungen für die KdU ab 1. Juni 2008 entschieden, denn zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts hat zu dem Bewilligungszeitraum ab 1. Juni 2008 noch keine Entscheidung des Antragsgegners vorgelegen. Nur für den Monat Mai 2008 hat nach dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid (und der nicht erfolgten Abhilfeentscheidung des Antragsgegners) zu diesem Zeitpunkt festgestanden, dass die Kosten der KdU trotz des Wohnungswechsels vom Antragsgegner nur in Höhe von 388,33 EUR berücksichtigt werden. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht im Rahmen des auch im Beschlussverfahren anzuwendenden § 123 SGG den Antrag nur so ausgelegt hat, wie er allein zulässig war (nämlich beschränkt auf den Zeitraum Mai 2008). Dem steht nicht entgegen, dass das Sozialgericht auch den Antrag auf vorläufig höhere Leistungen für Mai 2008 fälschlicherweise als unzulässig angesehen hat, weil es offenbar meinte, aufgrund der Regelung in § 22 Abs. 2 SGB II, wonach erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen sollen, und der bestandskräftigen Ablehnung dieses Antrags könne keine Entscheidung zu den höheren KdU in der Sache mehr ergehen. Dabei hat es verkannt, dass das Zusicherungsverfahren lediglich dazu dient, dem Leistungsempfänger vor dem Umzug Klarheit über die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft zu verschaffen und so Streitigkeiten über die Angemessenheit vorzubeugen, die Einholung der Zusicherung hingegen keine Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 - SozR 4-4200 § 22 Nr 2 - Rdnr. 27; ebenso Berlit in Münder SGB II 2. Aufl. § 22 Rdnr. 53; Lang in Eicher/Spellbrink SGB II 2. Aufl. § 22 RdNr. 66).

Die Beschwerde ist auch unzulässig, soweit die Antragsteller im Beschwerdeverfahren nunmehr sinngemäß höhere Leistungen für die Zeit ab dem 1. Juni 2008 begehren. Der Senat ist nicht befugt, über einen solchen Antrag zu entscheiden, denn insoweit liegt keine Entscheidung des Sozialgerichts vor. Im Übrigen wird durch eine Erweiterung des Antrags im Beschwerdeverfahren die Beschwerde nicht statthaft (vgl. zum entsprechenden Problem der Zulässigkeit eines Rechtsmittels nach § 144 SGG: Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Sozialgerichtsgesetz, 8. Aufl., Vor § 143 Rdnr. 10b).

Da die Beschwerde unzulässig ist, muss offen bleiben, ob der Antragsgegner zu Recht ab dem 1. Mai 2008 nur noch Leistungen für die KdU nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Höhe der bisher zu tragenden Aufwendungen erbringt, obwohl die Erforderlichkeit des Umzugs wegen beengter Wohnverhältnisse auch vom Antragsgegner anerkannt wird, was eine Gewährung von Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nahe legen könnte. Dies wird im Verwaltungsverfahren bzw. Widerspruchsverfahren zu klären sein.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war aus den oben genannten Gründen mangels hinreichender Erfolgsaussicht abzulehnen (§ 73 a SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 der ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG und § 73 a SGG in Verbindung mit §§ 118 Abs. 1 Satz 4, 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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