Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 2472/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 4105/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 21. August 2008 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen Ziffer 1 des Bescheids des Antragsgegners vom 8. Juli 2008 und dessen Bescheid vom 1. September 2008 wird angeordnet. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die Vollziehung rückgängig zu machen durch Weitergewährung der im Bescheid vom 28. März 2008 für die Zeit ab 1. Juli 2008 bewilligten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende an die Antragsteller.
Der Antragsgegner hat den Antragstellern ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG. Sie ist auch in der Sache begründet. Das Sozialgericht Ulm (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Unrecht abgelehnt.
Rechtsgrundlage für den von den Antragstellern begehrten einstweiligen Rechtsschutz, mit welchem diese die Weitergewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum ab 1. Juli 2008 erstreben, ist die Vorschrift des § 86b Abs. 1 SGG, welche in Anfechtungssachen u.a. die gerichtliche Korrektur der fehlenden aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage regelt. Das Rechtsschutzverlangen ist unter die Bestimmungen des § 86b Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG zu fassen, denn durch Ziffer 1 des in der Hauptsache angegriffenen Bescheids vom 8. Juli 2008 wird - unter Anderem - in die durch die Bewilligung vom 28. März 2008 für den Zeitraum 14. Januar bis 30. November 2008 erlangte Rechtsposition der Antragsteller eingegriffen. Da dem Widerspruch der Antragsteller gegen diese Aufhebungsentscheidung kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II; vgl. Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2007 - L 7 AS 4111/07 ER-B -; ebenso Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Juli 2007 - L 8 AS 186/07 ER - juris; Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 39 Rdnr. 12; differenzierend LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. April 2006 - L 2 B 62/06 AS ER -(juris): keine Anwendung des § 39 SGB II bei Aufhebung für die Vergangenheit), ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur gerichtlichen Korrektur die Regelung des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGG heranzuziehen; hiernach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Liegt wie hier der Regelfall eines der Anfechtungsklage vorgeschalteten Widerspruchsverfahrens nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG vor und ist dieses noch nicht abgeschlossen, so ist der Antrag sachdienlicherweise dahin gehend auszulegen, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet werden soll (vgl. zum statthaften Antrag nach Klageerhebung, Beschluss des Senats vom 16. April 2008 - L 7 AS 1398/08 ER-B - (juris)). Der Antrag schließt bei sachdienlicher Auslegung des Begehrens (§ 123 SGG) die Aussetzung des Bescheids des Antragsgegners vom 1. September 2008 ein, durch welchen die Gewährung von Leistungen wegen fehlender Hilfebedürftigkeit (erneut) abgelehnt wurde. Der Bescheid vom 1. September 2008 ersetzt ab dem Zeitpunkt seines Erlasses die in der Aufhebungsentscheidung vom 8. Juli 2008 zugleich liegende Leistungsablehnung für die Zukunft und ist damit gemäß § 86 SGG auch Gegenstand des gegen den Bescheid vom 8. Juli 2008 gerichteten Widerspruchsverfahrens geworden.
Allerdings wird dem Rechtsschutzbegehren der Antragsteller nicht hinreichend Rechnung getragen durch die Auslegung allein als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Dieses ist vielmehr, da durch den Bescheid vom 8. Juli 2008 die vorangegangene Bewilligungsentscheidung vom 28. März 2008 aufgehoben wurde und bewilligte Leistungen ab 1. Juli 2008 einbehalten wurden, zusätzlich als Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG auf Rückgängigmachung der Vollziehung zu werten.
Nicht Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist demgegenüber die Erstattungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids vom 8. Juli 2008. Nach überwiegender, vom Senat für zutreffend gehaltener Auffassung in Rechtsprechung und Literatur handelt es sich bei Verwaltungsakten, die die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen gemäß § 50 SGB X zum Gegenstand haben, nicht um solche, die über "Leistungen entscheiden" (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Juli 2007 - L 7 AS 2941/07 ER-B -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Juni 2006 - L 13 AS 1824/06 -; LSG Hamburg, Beschlüsse vom 29. Mai 2006 - L 5 B 77/06 ER AS und L 5 B 119/06 ER AS -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. März 2006 - L 9 AS 127/06 -; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. April 2006 - L 3 ER 47/06 -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. April 2006 - L 2 B 62/06 AS ER - (jeweils juris); vgl. auch Conradis in LPK- SGB II, 2. Aufl., § 39 Rdnr. 7; Eicher in Eicher/Spellbrink, a.a.O. Rdnr. 12; a. A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. November 2006 - L 8 AS 4680/06 ER-B - (juris); LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 5. Juli 2006 - L 6 B 196/06 AS ER, NZS 2007, 161). Dem gegen die Erstattungsanordnung gerichteten Widerspruch der Antragsteller kommt daher bereits kraft Gesetzes (§ 86a Abs. 1 Satz 1 SGG) aufschiebende Wirkung zu mit der Folge, dass es diesbezüglich nicht der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes bedarf, zumal der Antragsgegner im Verfahren gegenüber dem SG erklärt hat, derzeit von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen.
Der in dieser Weise sachdienlich auszulegende Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg. Die Antragsteller haben Anspruch auf Aussetzung der Vollziehung des Aufhebungsbescheids vom 8. Juli 2008 und des Bescheids vom 1. September 2008. Die Eilentscheidung in Anfechtungssachen verlangt vom Gericht eine eigene originäre Entscheidung unter Abwägung der betroffenen Interessen, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das durch Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich geschützte Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnrn. 12 ff.). Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung in die Betrachtung einzubeziehen sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 7. Januar 2002 - L 13 AL 3590/01 ER-B - und vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4269/02 ER-B - (beide juris)); dabei kommt dem voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens bei der Abwägung jedenfalls insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Rechtsbehelf offensichtlich begründet oder aussichtslos erscheint (so schon Bundessozialgericht (BSG) BSGE 4, 151, 155; ferner Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage, Rdnrn. 208 ff.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnr. 12c). Ist der Verfahrensausgang dagegen als offen zu bezeichnen, ist darüber hinaus bei der Interessenabwägung in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur einstweiligen Anordnung entwickelten Grundsätze (vgl. BVerfG NJW 1997, 479, 480 f.; NJW 2003, 1236 f.; Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 ff.) auch die Schwere und Unabänderlichkeit des Eingriffs zu berücksichtigen, sodass - namentlich bei den der Existenzsicherung dienenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II und dem SGB XII - insoweit eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 a.a.O.; Krodel, a.a.O., Rdnr. 205); in dieser Beziehung hat das Vollziehungsinteresse umso eher zurückzustehen, je schwerer und nachhaltiger die durch die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen.
Die sonach gebotene Interessenabwägung führt hier zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller. Denn es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 8. Juli 2008 im Hinblick auf dessen inhaltliche Bestimmtheit (§ 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Aus einem Verwaltungsakt muss klar hervorgehen, was die Behörde verfügt hat, was seinem Empfänger zugebilligt und was ihm auferlegt wird (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 33 Rn. 2). Dazu gehört bei Aufhebungsentscheidungen auch, dass sich diese an die einzelnen Leistungsempfänger richten müssen und aus ihnen zugleich zu ersehen sein muss, in welchem Umfang sie jeweils von der Aufhebung betroffen sein sollen bzw. welcher Erstattungsbetrag jeweils auf sie als Einzelperson entfallen soll. Dies gilt in gleicher Weise für den Bereich der Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II. Denn auch insoweit handelt es sich um Individualansprüche der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft; Leistungen dürfen daher nicht der Bedarfsgemeinschaft als solcher gewährt werden, sondern nur den jeweiligen Mitgliedern (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; ferner Senatsbeschlüsse vom 21. Juli 2006 - L 7 AS 2129/06 ER-B - (juris) sowie vom 16. August 2007 - L 7 AS 3646/07 ER-B -). Umgekehrt muss auch die Aufhebung oder Rücknahme der Bewilligung, die das Spiegelbild der Leistungsbewilligung darstellt, gegenüber jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erfolgen (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2007 a.a.O.; Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. August 2006 - L 5 B 549/06 AS ER - info also 2006, 268; Udsching/Link, SGb 2007, 513, 515 f.; Gerlach, ZFF 2007, 121, 127; Schwabe ZFF 2006, 145, 150). Bei einem Rücknahmebescheid muss zudem deutlich werden, welche Leistungen von den jeweiligen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft zurückgefordert werden sollen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Dezember 2006 - L 20 SO 20/06 -, Breithaupt 2007, 349).
Diesen Anforderungen genügt der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 8. Juli 2008 bei summarischer Prüfung nicht. Im Betreff des Bescheids sind die "Eheleute E. Anja-Kerstin und Mustafa" genannt; von den Antragstellern zu 3. und 4. ist nicht die Rede. Weiter unter im Betreff sind dann diverse Leistungsbescheide aufgelistet, die - soweit ersichtlich - zum Teil Bewilligungen an alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft regeln, zum Teil aber auch Beihilfen für einzelne Familienmitglieder. Der nachfolgende Verfügungssatz unter Ziffer 1, wonach die oben genannten Bescheide aufgehoben werden, lässt nicht ansatzweise erkennen, wem gegenüber und in welcher Höhe die früheren Leistungsbewilligung zurückgenommen werden sollen und vermag damit den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen nicht zu genügen.
An einer hinreichenden Klarheit und Bestimmtheit im genannten Sinne ermangelt es voraussichtlich auch der Erstattungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids, worauf der Senat ungeachtet des Umstandes, dass diese - wie ausgeführt - nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ist, hinweist. Diese knüpft an die Aufhebungsentscheidung in Ziffer 1 an und formuliert die Rückforderung sodann wie folgt: "Gemäß § 50 SGB X ist Familie E. zur Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 48.494,41 EUR. verpflichtet. " Dieser Formulierung lässt sich nicht hinreichend deutlich entnehmen, welcher Rückforderungsbetrag auf welches Mitglied der Bedarfsgemeinschaft entfallen soll. Hieran vermag auch die Bezugnahme im Textteil des Bescheids auf die diesem als Anlage beigefügte Aufstellung nichts zu ändern, die mit "Leistungen an die Familie E." überschrieben ist. Darin sind sämtliche laufenden Bewilligungen seit Januar 2005 aufgelistet und zu einem Gesamtbetrag aufaddiert, allerdings - wieder - ohne Differenzierung, welcher Betrag auf welche Person(en) entfallen ist und demzufolge (möglicherweise) von diesen zurückgefordert werden soll. Die Benennung der "Familie E." im Verfügungssatz Ziffer 2 als Rückforderungsschuldner könnte sogar dahin verstanden werden, jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft solle für den vollen Rückforderungsbetrag einstehen müssen. Ein Gesamtschuldverhältnis kann jedoch lediglich in den gesetzlich vorgesehenen Fällen angenommen werden. Da aber wie ausgeführt im SGB II jedem Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ein eigener Anspruch zusteht, dem entsprechend kein Familienbedarf, sondern ein Bedarf für jedes einzelne Mitglied zuzuordnen ist, muss eine Rücknahme- und Erstattungsregelung ebenfalls im Hinblick auf die Betroffenheit des jeweiligen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft und die Höhe des jeweils zu erstattenden Betrages eindeutig sein (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Mai 2007 - L 20 B 22/07 AY ER - (juris)). Hieran fehlt es.
Dieses Bestimmtheitsdefizit lässt sich voraussichtlich auch nicht unter Heranziehung der Vertretungsregelung des § 38 SGB II überwinden. Diese normiert lediglich eine gesetzliche Vermutung hinsichtlich der Bevollmächtigung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, Leistungen nach dem SGB II auch für eine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Person zu beantragen und entgegenzunehmen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 Rdnr. 29); eine weitergehende Rechtswirkung ist der Bestimmung schon nach ihrem Wortlaut nicht zu entnehmen, sodass sich über diese Vorschrift eine Empfangsbevollmächtigung nicht fingieren lässt (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2007 a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. August 2006 - a.a.O.; Udsching/Link, a.a.O.; Gerlach, a.a.O.; Schwabe, a.a.O.). Dies gilt namentlich für den Bereich der Aufhebung und Rückforderung von Leistungen. Erst recht lassen sich damit nicht Unbestimmtheiten hinsichtlich Person und Umfang der Heranziehung von Rückforderungsschuldnern "heilen". Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 8. Juli 2007 ist daher bei summarischer Prüfung bereits mangels Bestimmtheit rechtswidrig, ohne dass es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Bedürftigkeit der Antragsteller (§ 9 Abs. 1 SGB II) ankommt. Eine Heilung des Bestimmtheitsdefizits ist - soweit ersichtlich - bislang nicht erfolgt, auch nicht durch den Bescheid vom 1. September 2008, der keine Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung nach §§ 45 ff. SGB X enthält, sondern lediglich die Leistungsablehnung für die Zukunft.
Unter diesen Umständen überwiegt im Rahmen der gebotenen umfassenden Interessenabwägung derzeit das Aussetzungsinteresse der Antragsteller das behördliche Vollzugsinteresse mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen ist. In Ausübung seines in § 86b Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG eingeräumten Ermessens sieht es der Senat überdies als geboten an, über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs hinaus den Antragsgegner zugleich zur Rückgängigmachung der Vollziehung in Gestalt der Auszahlung der mit Bescheid vom 28. März 2008 bewilligten, aber seit 1. Juli 2008 einbehaltenen Grundsicherungsleistungen zu verpflichten. Hierdurch dürfte - zusammen mit der Erwerbsminderungsrente der Antragstellerin zu 1. und dem Kindergeld für die Antragsteller zu 3. und 4. - bis auf Weiteres eine Existenzsicherung jedenfalls in Bezug auf die Leistungen zum Lebensunterhalt möglich sein. Entgegen der Auffassung des SG steht der (vorläufigen) Weiterbewilligung von SGB II-Leistungen auch an die Antragstellerin zu 1. nicht entgegen, dass diese seit 1. Juli 2008 eine Erwerbsminderungsrente bezieht. Denn hierbei handelt es sich um eine sog. Arbeitsmarktrente, die - bei einem zeitlichen Leistungsvermögen der Antragstellerin zu 1. von mindestens drei bis unter sechs Stunden - unter Berücksichtigung der Lage auf dem (Teilzeit-) Arbeitsmarkt gewährt wird. Trotz des Bezugs dieser Arbeitsmarktrente kann die Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin zu 1. i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB II nicht verneint werden (vgl. auch Blüggel in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 8 Rdnrn. 35 ff.).
Eine weiter gehende Entscheidung über mögliche Leistungsansprüche der Antragsteller sieht der Senat ebenso wenig veranlasst wie eine von der von den Antragstellern angeregte Beweiserhebung in Form der Vernehmung von Zeugen. Eine solche Sachaufklärung vermag das vorliegende summarische Verfahren nicht zu leisten. Die nähere Prüfung und Klärung der Frage, ob verwertbares Grund- und sonstiges Vermögen auf Seiten der Antragsteller aktuell vorhanden ist bzw. bei Erlass der mit Bescheid vom 8. Juli 2008 aufgehobenen Leistungsbewilligungen vorhanden war, ist vielmehr dem anhängigen Widerspruchsverfahren vorbehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner hat den Antragstellern ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG. Sie ist auch in der Sache begründet. Das Sozialgericht Ulm (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Unrecht abgelehnt.
Rechtsgrundlage für den von den Antragstellern begehrten einstweiligen Rechtsschutz, mit welchem diese die Weitergewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum ab 1. Juli 2008 erstreben, ist die Vorschrift des § 86b Abs. 1 SGG, welche in Anfechtungssachen u.a. die gerichtliche Korrektur der fehlenden aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage regelt. Das Rechtsschutzverlangen ist unter die Bestimmungen des § 86b Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG zu fassen, denn durch Ziffer 1 des in der Hauptsache angegriffenen Bescheids vom 8. Juli 2008 wird - unter Anderem - in die durch die Bewilligung vom 28. März 2008 für den Zeitraum 14. Januar bis 30. November 2008 erlangte Rechtsposition der Antragsteller eingegriffen. Da dem Widerspruch der Antragsteller gegen diese Aufhebungsentscheidung kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II; vgl. Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2007 - L 7 AS 4111/07 ER-B -; ebenso Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Juli 2007 - L 8 AS 186/07 ER - juris; Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 39 Rdnr. 12; differenzierend LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. April 2006 - L 2 B 62/06 AS ER -(juris): keine Anwendung des § 39 SGB II bei Aufhebung für die Vergangenheit), ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur gerichtlichen Korrektur die Regelung des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGG heranzuziehen; hiernach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Liegt wie hier der Regelfall eines der Anfechtungsklage vorgeschalteten Widerspruchsverfahrens nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG vor und ist dieses noch nicht abgeschlossen, so ist der Antrag sachdienlicherweise dahin gehend auszulegen, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet werden soll (vgl. zum statthaften Antrag nach Klageerhebung, Beschluss des Senats vom 16. April 2008 - L 7 AS 1398/08 ER-B - (juris)). Der Antrag schließt bei sachdienlicher Auslegung des Begehrens (§ 123 SGG) die Aussetzung des Bescheids des Antragsgegners vom 1. September 2008 ein, durch welchen die Gewährung von Leistungen wegen fehlender Hilfebedürftigkeit (erneut) abgelehnt wurde. Der Bescheid vom 1. September 2008 ersetzt ab dem Zeitpunkt seines Erlasses die in der Aufhebungsentscheidung vom 8. Juli 2008 zugleich liegende Leistungsablehnung für die Zukunft und ist damit gemäß § 86 SGG auch Gegenstand des gegen den Bescheid vom 8. Juli 2008 gerichteten Widerspruchsverfahrens geworden.
Allerdings wird dem Rechtsschutzbegehren der Antragsteller nicht hinreichend Rechnung getragen durch die Auslegung allein als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Dieses ist vielmehr, da durch den Bescheid vom 8. Juli 2008 die vorangegangene Bewilligungsentscheidung vom 28. März 2008 aufgehoben wurde und bewilligte Leistungen ab 1. Juli 2008 einbehalten wurden, zusätzlich als Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG auf Rückgängigmachung der Vollziehung zu werten.
Nicht Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist demgegenüber die Erstattungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids vom 8. Juli 2008. Nach überwiegender, vom Senat für zutreffend gehaltener Auffassung in Rechtsprechung und Literatur handelt es sich bei Verwaltungsakten, die die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen gemäß § 50 SGB X zum Gegenstand haben, nicht um solche, die über "Leistungen entscheiden" (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Juli 2007 - L 7 AS 2941/07 ER-B -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Juni 2006 - L 13 AS 1824/06 -; LSG Hamburg, Beschlüsse vom 29. Mai 2006 - L 5 B 77/06 ER AS und L 5 B 119/06 ER AS -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. März 2006 - L 9 AS 127/06 -; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. April 2006 - L 3 ER 47/06 -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. April 2006 - L 2 B 62/06 AS ER - (jeweils juris); vgl. auch Conradis in LPK- SGB II, 2. Aufl., § 39 Rdnr. 7; Eicher in Eicher/Spellbrink, a.a.O. Rdnr. 12; a. A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. November 2006 - L 8 AS 4680/06 ER-B - (juris); LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 5. Juli 2006 - L 6 B 196/06 AS ER, NZS 2007, 161). Dem gegen die Erstattungsanordnung gerichteten Widerspruch der Antragsteller kommt daher bereits kraft Gesetzes (§ 86a Abs. 1 Satz 1 SGG) aufschiebende Wirkung zu mit der Folge, dass es diesbezüglich nicht der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes bedarf, zumal der Antragsgegner im Verfahren gegenüber dem SG erklärt hat, derzeit von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen.
Der in dieser Weise sachdienlich auszulegende Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg. Die Antragsteller haben Anspruch auf Aussetzung der Vollziehung des Aufhebungsbescheids vom 8. Juli 2008 und des Bescheids vom 1. September 2008. Die Eilentscheidung in Anfechtungssachen verlangt vom Gericht eine eigene originäre Entscheidung unter Abwägung der betroffenen Interessen, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das durch Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich geschützte Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnrn. 12 ff.). Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung in die Betrachtung einzubeziehen sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 7. Januar 2002 - L 13 AL 3590/01 ER-B - und vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4269/02 ER-B - (beide juris)); dabei kommt dem voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens bei der Abwägung jedenfalls insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Rechtsbehelf offensichtlich begründet oder aussichtslos erscheint (so schon Bundessozialgericht (BSG) BSGE 4, 151, 155; ferner Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage, Rdnrn. 208 ff.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnr. 12c). Ist der Verfahrensausgang dagegen als offen zu bezeichnen, ist darüber hinaus bei der Interessenabwägung in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur einstweiligen Anordnung entwickelten Grundsätze (vgl. BVerfG NJW 1997, 479, 480 f.; NJW 2003, 1236 f.; Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 ff.) auch die Schwere und Unabänderlichkeit des Eingriffs zu berücksichtigen, sodass - namentlich bei den der Existenzsicherung dienenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II und dem SGB XII - insoweit eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 a.a.O.; Krodel, a.a.O., Rdnr. 205); in dieser Beziehung hat das Vollziehungsinteresse umso eher zurückzustehen, je schwerer und nachhaltiger die durch die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen.
Die sonach gebotene Interessenabwägung führt hier zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller. Denn es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 8. Juli 2008 im Hinblick auf dessen inhaltliche Bestimmtheit (§ 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Aus einem Verwaltungsakt muss klar hervorgehen, was die Behörde verfügt hat, was seinem Empfänger zugebilligt und was ihm auferlegt wird (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 33 Rn. 2). Dazu gehört bei Aufhebungsentscheidungen auch, dass sich diese an die einzelnen Leistungsempfänger richten müssen und aus ihnen zugleich zu ersehen sein muss, in welchem Umfang sie jeweils von der Aufhebung betroffen sein sollen bzw. welcher Erstattungsbetrag jeweils auf sie als Einzelperson entfallen soll. Dies gilt in gleicher Weise für den Bereich der Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II. Denn auch insoweit handelt es sich um Individualansprüche der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft; Leistungen dürfen daher nicht der Bedarfsgemeinschaft als solcher gewährt werden, sondern nur den jeweiligen Mitgliedern (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; ferner Senatsbeschlüsse vom 21. Juli 2006 - L 7 AS 2129/06 ER-B - (juris) sowie vom 16. August 2007 - L 7 AS 3646/07 ER-B -). Umgekehrt muss auch die Aufhebung oder Rücknahme der Bewilligung, die das Spiegelbild der Leistungsbewilligung darstellt, gegenüber jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erfolgen (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2007 a.a.O.; Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. August 2006 - L 5 B 549/06 AS ER - info also 2006, 268; Udsching/Link, SGb 2007, 513, 515 f.; Gerlach, ZFF 2007, 121, 127; Schwabe ZFF 2006, 145, 150). Bei einem Rücknahmebescheid muss zudem deutlich werden, welche Leistungen von den jeweiligen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft zurückgefordert werden sollen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Dezember 2006 - L 20 SO 20/06 -, Breithaupt 2007, 349).
Diesen Anforderungen genügt der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 8. Juli 2008 bei summarischer Prüfung nicht. Im Betreff des Bescheids sind die "Eheleute E. Anja-Kerstin und Mustafa" genannt; von den Antragstellern zu 3. und 4. ist nicht die Rede. Weiter unter im Betreff sind dann diverse Leistungsbescheide aufgelistet, die - soweit ersichtlich - zum Teil Bewilligungen an alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft regeln, zum Teil aber auch Beihilfen für einzelne Familienmitglieder. Der nachfolgende Verfügungssatz unter Ziffer 1, wonach die oben genannten Bescheide aufgehoben werden, lässt nicht ansatzweise erkennen, wem gegenüber und in welcher Höhe die früheren Leistungsbewilligung zurückgenommen werden sollen und vermag damit den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen nicht zu genügen.
An einer hinreichenden Klarheit und Bestimmtheit im genannten Sinne ermangelt es voraussichtlich auch der Erstattungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids, worauf der Senat ungeachtet des Umstandes, dass diese - wie ausgeführt - nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ist, hinweist. Diese knüpft an die Aufhebungsentscheidung in Ziffer 1 an und formuliert die Rückforderung sodann wie folgt: "Gemäß § 50 SGB X ist Familie E. zur Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 48.494,41 EUR. verpflichtet. " Dieser Formulierung lässt sich nicht hinreichend deutlich entnehmen, welcher Rückforderungsbetrag auf welches Mitglied der Bedarfsgemeinschaft entfallen soll. Hieran vermag auch die Bezugnahme im Textteil des Bescheids auf die diesem als Anlage beigefügte Aufstellung nichts zu ändern, die mit "Leistungen an die Familie E." überschrieben ist. Darin sind sämtliche laufenden Bewilligungen seit Januar 2005 aufgelistet und zu einem Gesamtbetrag aufaddiert, allerdings - wieder - ohne Differenzierung, welcher Betrag auf welche Person(en) entfallen ist und demzufolge (möglicherweise) von diesen zurückgefordert werden soll. Die Benennung der "Familie E." im Verfügungssatz Ziffer 2 als Rückforderungsschuldner könnte sogar dahin verstanden werden, jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft solle für den vollen Rückforderungsbetrag einstehen müssen. Ein Gesamtschuldverhältnis kann jedoch lediglich in den gesetzlich vorgesehenen Fällen angenommen werden. Da aber wie ausgeführt im SGB II jedem Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ein eigener Anspruch zusteht, dem entsprechend kein Familienbedarf, sondern ein Bedarf für jedes einzelne Mitglied zuzuordnen ist, muss eine Rücknahme- und Erstattungsregelung ebenfalls im Hinblick auf die Betroffenheit des jeweiligen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft und die Höhe des jeweils zu erstattenden Betrages eindeutig sein (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Mai 2007 - L 20 B 22/07 AY ER - (juris)). Hieran fehlt es.
Dieses Bestimmtheitsdefizit lässt sich voraussichtlich auch nicht unter Heranziehung der Vertretungsregelung des § 38 SGB II überwinden. Diese normiert lediglich eine gesetzliche Vermutung hinsichtlich der Bevollmächtigung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, Leistungen nach dem SGB II auch für eine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Person zu beantragen und entgegenzunehmen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 Rdnr. 29); eine weitergehende Rechtswirkung ist der Bestimmung schon nach ihrem Wortlaut nicht zu entnehmen, sodass sich über diese Vorschrift eine Empfangsbevollmächtigung nicht fingieren lässt (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2007 a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. August 2006 - a.a.O.; Udsching/Link, a.a.O.; Gerlach, a.a.O.; Schwabe, a.a.O.). Dies gilt namentlich für den Bereich der Aufhebung und Rückforderung von Leistungen. Erst recht lassen sich damit nicht Unbestimmtheiten hinsichtlich Person und Umfang der Heranziehung von Rückforderungsschuldnern "heilen". Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 8. Juli 2007 ist daher bei summarischer Prüfung bereits mangels Bestimmtheit rechtswidrig, ohne dass es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Bedürftigkeit der Antragsteller (§ 9 Abs. 1 SGB II) ankommt. Eine Heilung des Bestimmtheitsdefizits ist - soweit ersichtlich - bislang nicht erfolgt, auch nicht durch den Bescheid vom 1. September 2008, der keine Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung nach §§ 45 ff. SGB X enthält, sondern lediglich die Leistungsablehnung für die Zukunft.
Unter diesen Umständen überwiegt im Rahmen der gebotenen umfassenden Interessenabwägung derzeit das Aussetzungsinteresse der Antragsteller das behördliche Vollzugsinteresse mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen ist. In Ausübung seines in § 86b Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG eingeräumten Ermessens sieht es der Senat überdies als geboten an, über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs hinaus den Antragsgegner zugleich zur Rückgängigmachung der Vollziehung in Gestalt der Auszahlung der mit Bescheid vom 28. März 2008 bewilligten, aber seit 1. Juli 2008 einbehaltenen Grundsicherungsleistungen zu verpflichten. Hierdurch dürfte - zusammen mit der Erwerbsminderungsrente der Antragstellerin zu 1. und dem Kindergeld für die Antragsteller zu 3. und 4. - bis auf Weiteres eine Existenzsicherung jedenfalls in Bezug auf die Leistungen zum Lebensunterhalt möglich sein. Entgegen der Auffassung des SG steht der (vorläufigen) Weiterbewilligung von SGB II-Leistungen auch an die Antragstellerin zu 1. nicht entgegen, dass diese seit 1. Juli 2008 eine Erwerbsminderungsrente bezieht. Denn hierbei handelt es sich um eine sog. Arbeitsmarktrente, die - bei einem zeitlichen Leistungsvermögen der Antragstellerin zu 1. von mindestens drei bis unter sechs Stunden - unter Berücksichtigung der Lage auf dem (Teilzeit-) Arbeitsmarkt gewährt wird. Trotz des Bezugs dieser Arbeitsmarktrente kann die Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin zu 1. i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB II nicht verneint werden (vgl. auch Blüggel in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 8 Rdnrn. 35 ff.).
Eine weiter gehende Entscheidung über mögliche Leistungsansprüche der Antragsteller sieht der Senat ebenso wenig veranlasst wie eine von der von den Antragstellern angeregte Beweiserhebung in Form der Vernehmung von Zeugen. Eine solche Sachaufklärung vermag das vorliegende summarische Verfahren nicht zu leisten. Die nähere Prüfung und Klärung der Frage, ob verwertbares Grund- und sonstiges Vermögen auf Seiten der Antragsteller aktuell vorhanden ist bzw. bei Erlass der mit Bescheid vom 8. Juli 2008 aufgehobenen Leistungsbewilligungen vorhanden war, ist vielmehr dem anhängigen Widerspruchsverfahren vorbehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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