L 10 U 4752/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 3430/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4752/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.08.2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch außergerichtliche Kosten des

Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist, ob der Kläger am 27.06.2003 einen Arbeitsunfall erlitt.

Der am 1952 geborene Kläger war im Jahr 2003 Inhaber der Firma K. Betontechnik und als Unternehmer bei der Beklagten versichert. Am 27.06.2003 (Freitag) war er auf einer Baustelle in F. als Betonglätter tätig. Nach Beendigung seiner Arbeit verließ er als letzter die Baustelle und verschloss den Bauzaun aus Metall. Dabei - so seine von der Beklagten bestrittenen Angaben - fiel ihm der Bauzaun, als er diesen in gebückter Haltung anhob, um ihn in ein vorgefertigtes Betonteil zu stecken, auf den Kopf, er hatte kurze und heftige Schmerzen und trug eine Beule davon. Am Abend erzählte der Kläger - so seine von den Frauen bestätigten Angaben - seiner Ehefrau von dem Vorfall und am nächsten Wochenende der mit seiner Familie befreundeten Krankenschwester Karin R. , und zeigte beiden die in der Mitte des Kopfes oben gelegene Beule. Zeugen des Vorfalls selbst gibt es nicht.

Als sich über das Wochenende Fieber einstellte, suchte der Kläger am 30.06.2003 seinen Hausarzt Dr. B. auf, der eine Seitenstrangangina diagnostizierte. Am 04.07.2003 stellte sich der Kläger erneut bei Dr. B. wegen einer Enteritis bei Unverträglichkeit auf Penicillin vor und gab auch Kopfschmerzen an, die Dr. B. dem Infekt zuordnete. Angaben über eine vorangegangene Kopfverletzung machte der Kläger nicht. Als zum Jahreswechsel 2003/04 die Kopfschmerzen, die der Kläger bis dahin mit handelsüblichen Medikamenten behandelt hatte, stark zunahmen, wurde nach weiteren Untersuchungen eine subdurale Blutung diagnostiziert. An ein Trauma konnte sich der Kläger auch auf Befragen der behandelnden Ärzte zunächst nicht erinnern. In der Folge kam es in der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums L. von Januar bis März 2004 zu wiederholten Nadeltrepanationen beidseits sowie einer Bohrlochtrepanation mit mehrmaliger Hämatomentlastung und mit weiteren Folgeerscheinungen. Nachdem die behandelnden Ärzte der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums L. weiterhin ein Trauma für das Leiden verantwortlich machten, erinnerte sich der Kläger mit seiner Ehefrau an den Unfall auf der Baustelle in F. und bat die Beklagte mit Schreiben vom 02.04.2004 um Anerkennung des Unfalls, den er auf Verlangen der Beklagten und nach Recherchen in seinen Rechnungsunterlagen auf den 27.06.2003 datierte, als Arbeitsunfall.

Die Beklagte holte schriftliche Auskünfte der Zeuginnen ein und zog ärztliche Unterlagen bei, u.a. die Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. (Behandlung am 10., 13.05. und 23.06.2004). Weder bei ihm noch im Krankenhaus L. habe der Kläger ein Kopftrauma vom Juni 2003 angegeben. Dennoch sei ein Zusammenhang zwischen dem jetzt bestehenden chronischen subduralen Hämatom und dem Unfall möglich. Oft liege das Trauma Wochen und Monate zurück und die Betroffenen berichteten nicht darüber. Bei allen Untersuchungen sei nicht der Eindruck einer Aggravation entstanden.

Mit Bescheid vom 09.03.2005 / Widerspruchsbescheid vom 17.08.2005 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Es sei nicht mit Gewissheit nachgewiesen, dass sich der Kläger die Verletzung tatsächlich bei der versicherten Tätigkeit zugezogen habe.

Dagegen hat der Kläger am 31.08.2005 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben und ergänzend vorgebracht, er habe die bei ihm seit dem Unfall bestehenden Kopfschmerzen zunächst nicht auf diesen zurückgeführt, weil bei ihm zeitgleich eine Sommergrippe aufgetreten sei und er die Kopfschmerzen hierauf zurückgeführt habe. Er hat das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom September 2005 vorgelegt, der einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Trauma vom 27.06.2003 und dem chronischen subduralen Hämatom bejaht hat.

Das Sozialgericht hat die Ehefrau des Klägers, Barbara K. , sowie die Krankenschwester Karin R. als Zeugen vernommen. Sie haben die Angaben des Klägers bestätigt. Auf den Inhalt des Protokolls wird verwiesen. In einem Verfahrensvergleich haben die Beteiligten den ursprünglich auch auf Entschädigung gerichteten Rechtsstreit auf die Feststellung eines Arbeitsunfalles beschränkt.

Mit Urteil vom 23.08.2006 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 09.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2005 aufgehoben und festgestellt, dass der Unfall vom 27.06.2003 ein Arbeitsunfall ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe am 27.06.2003 beim Anstoßen seines Kopfes an den Bauzaun einen Arbeitsunfall erlitten. Maßgebend für diese Überzeugung sei, dass sowohl im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren als auch im Klageverfahren, insbesondere während der Anhörung vor Gericht, der Kläger glaubhaft dargelegt habe, dass der zunächst als geringfügig angesehenen Verletzung insbesondere bei der ersten Inanspruchnahme des Hausarztes keine weitere Bedeutung beigemessen worden sei, weil die Kopfschmerzen auf eine gleichzeitig vorhandene Angina zurückgeführt worden seien. Diesen Befund, Angina und Kopfschmerzen, habe der Hausarzt auf Nachfrage der Beklagten bestätigt. Des Weiteren sei nachvollziehbar und glaubhaft, dass der Kläger sich erst auf Grund von Hinweisen der im Klinikum L. behandelnden Ärzte wieder an den Vorgang erinnert habe, wonach er sich beim Verschließen des Bauzauns den Kopf angeschlagen habe. Weder aus Art noch Inhalt oder Persönlichkeitsstruktur des Klägers seien Hinweise dafür ersichtlich, dass der Kläger nunmehr seit Erstanzeige vom April 2004 einen in sich völlig schlüssigen Sachverhalt konstruiert habe und diesen wahrheitswidrigen Sachvortrag vor Gericht wiederholend dargelegt habe. Diese Überzeugung werde dadurch bestätigt, dass der Kläger als Vorgang, für den es unmittelbare Zeugen nicht gebe, nur ein relativ harmloses Ereignis benenne, ohne zu wissen, ob dieses tatsächlich ursächlich für den nunmehr diagnostizierten Befund sein könne. Die Zeugin R. habe ebenfalls, ohne dass Anhaltspunkte für wahrheitswidrige Angaben erkennbar seien oder Hinweise ersichtlich seien, dass der Vortrag zielgerichtet erfolgt sei, glaubhaft berichtet, dass sie als Krankenschwester, ohne dass dem Vorfall besondere Bedeutung beigemessen worden sei, am Wochenende nach dem Unfall die Beule nach Hinweis des Klägers gesehen und den Sachverhalt zunächst auch wieder vergessen habe.

Gegen das am 28.08.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.09.2006 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgebracht, die Beweisanforderungen für den Versicherungsfall verlangten für die anspruchsbegründenden Tatsachen den vollen Beweis für das Vorliegen einer Tatsache und ließen nur sehr entfernte, eher theoretische Zweifel zu. Dieser Beweis sei im vorliegenden Streitfall nicht erbracht. Der Kläger habe sich zunächst nicht mehr an den genauen Tag des angegebenen Unfalls erinnern können, habe den Unfall auch nicht sofort an die Berufsgenossenschaft gemeldet und auch nicht unverzüglich einen Arzt aufgesucht. Nicht nachvollziehbar sei weiter, warum der Kläger die von ihm als Bagatellverletzung angesehene Beule am Folgetag dann der Zeugin R. gezeigt haben solle. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass diese von Beruf Krankenschwester sei, sei nicht nachvollziehbar, warum hierzu ihr fachlicher Rat für erforderlich gehalten worden sei. Dies könne insbesondere deshalb nicht nachvollzogen werden, weil der Kläger zwei Tage später wegen der Folgen einer Sommergrippe, die nach Angaben des Klägers und des behandelnden Arztes mit Kopfschmerzen einhergegangen sei, gegenüber dem behandelnden Arzt die Kopfverletzung nicht erwähnt habe. Weiter falle auf, dass den Zeuginnen zunächst das genaue Datum, an dem sich das Ereignis zugetragen haben solle, nicht mehr erinnerlich gewesen sei, im weiteren Verlauf des Verfahrens dieses jedoch wieder erinnert worden sei. Schließlich sei gegenüber sämtlichen behandelnden Ärzten selbst auf Nachfrage hin das Vorliegen eines Unfalls negiert worden. Es sei vielmehr angegeben worden, dass die Kopfschmerzen seit August 2003 bestünden. Auch habe der Kläger im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben zum Ereignishergang gemacht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.08.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend, wiederholt und vertieft seinen bisherigen Vortrag.

Der Senat hat die Akten des Landgerichts S. über den vom Kläger gegen die A versicherung geführten und durch Vergleich mit überwiegendem Obsiegen des Klägers beendeten Zivilprozess beigezogen (18 O 5/2006). In diesem Verfahren hat Prof. Dr. F. , Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsklinik T. , in einem Gutachten einen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Trauma vom 27.06.2003 und der Ausbildung eines beidseitigen chronischen Subduralhämatoms bejaht.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Zivilprozessakten des Landgerichts S. Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Der Senat teilt die Einschätzung des Sozialgerichts.

Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, hat der Kläger zulässigerweise eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erhoben (BSG, Urteil vom 07.09. 2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2). Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des ursprünglich gestellten Antrages wäre bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zugekommen (BSG, a.a.O.). Dieses Ergebnis haben die Beteiligten im vorliegenden Verfahren über den im Klageverfahren geschlossenen Verfahresvergleich herbeigeführt.

Der Kläger erlitt am 27.06.2003 einen Arbeitsunfall.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr.14), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzu¬rechnen ist (innerer bzw. sach¬licher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zum Unfallereignis geführt hat und letzteres einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten ver¬ursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfall¬folgen auf Grund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Vor¬aussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen ist es nachgewiesen, dass sich der Kläger am 27.06.2003 während der Arbeit auf einer Baustelle in F. seinen Kopf an einem Metallabsperrgitter anschlug und sich dabei eine Beule zuzog. Das Anschlagen des Kopfes mit dadurch entstehenden Schmerzen sowie dem Entstehen einer Beule genügt für die Bejahung eines Unfalles. Dies zieht auch die Beklagte nicht in Zweifel. Da sich dieses Ereignis während der versicherten Tätigkeit ereignete, handelt es sich um einen Arbeitsunfall.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt, aus welchen Gründen die Angaben des Klägers und der Zeuginnen glaubhaft sind und somit den Nachweis des schädigenden Ereignisses erbringen. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren anzumerken:

Anders als für die Beklagte ist es für den Senat durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger den Vorgang zunächst nicht der Beklagten meldete und auch keinen Arzt aufsuchte. Es ist durchaus unüblich, nach einem kräftigen Anschlagen des Kopfes wegen der infolgedessen entstandenen Beule einen Arzt aufzusuchen. Erfahrungsgemäß ist wegen einer Beule eine ärztliche Behandlung nicht erforderlich und es verbleiben keine Folgeschäden. Dem entsprechend hatte der Kläger auch keinen Anlass, den Vorfall der Beklagten zu melden. Die Kopfschmerzen ordnete der Kläger vor dem Hintergrund seiner Einschätzung des Vorfalles als - wenn auch schmerzhafte - Bagatelle und damit nachvollziehbar der an dem Wochenende nach dem Ereignis aufgetretenen "Sommergrippe" (vom Kläger synonym mit der von Dr. B. tatsächlich Ende Juni diagnostizierten Seitenstrangangina verwendet) zu. Denn bei derartigen Infektionen sind Kopfschmerzen durchaus üblich. Dies erklärt auch, warum der Kläger den Vorfall gegenüber Dr. B. nicht erwähnte. Anlass des Arztkontaktes war eine von dem Unfallereignis unabhängige, akute Infektion, für die ein Zusammenhang mit einer Beule ausscheidet. Die Darstellung von sonstigen Erlebnissen, die der Betroffene mit dem Grund seiner Arztkonsultation nicht in Zusammenhang bringt, ist bei solchen Gelegenheiten nicht üblich. Der Kläger hatte schlicht keinen Grund, das Ereignis vom 27.06.2003 gegenüber Dr. B. zu erwähnen. Insgesamt zeigt der Vortrag des Klägers ein Verhalten entsprechend allgemeinem Erfahrungswissen und üblichen Gegebenheiten.

Es ist zwar richtig, wie die Beklagte vorträgt, dass der Kläger auch während der Rezidive der Hirnblutung gegenüber sämtlichen behandelnden Ärzten selbst auf Nachfrage hin das Vorliegen eines Unfalls verneinte. Dies beruht aber auf dem nachvollziehbaren und vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht auch so dargelegten Umstand, dass er die Fragen der Ärzte nach einem Unfall selbstverständlich nur auf einen Unfall habe beziehen können, der kurze Zeit zurückgelegen habe. Er sei nie auf die Idee gekommen, dass ein Unfall, der ein halbes Jahr zurückliege, von Bedeutung sein könne. Wie bereits dargelegt, ging der Kläger darüber hinaus allgemeinem Erfahrungswissen entsprechend von einer folgenlosen Bagatellverletzung aus, sodass er bei den Fragen der Ärzte keine Verbindung mit einer Monate zuvor zugezogenen Beule herstellte.

Aus welchen Gründen sich dies dann änderte, hat der Kläger ebenfalls plausibel und von seiner Ehefrau bestätigt dargelegt: Einer der Ärzte habe darauf hingewiesen, dass der Unfall nicht schwer gewesen sein müsse. Davon habe er seiner Ehefrau berichtet, die ihn dann daran erinnert habe, dass er im Sommer seinen Kopf angeschlagen habe. In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass - so Prof. Dr. F. in seinem für das Landgericht S. erstatteten Gutachten und Dr. K. gegenüber der Beklagten - sich Patienten häufig nicht an Bagatelltraumen erinnern könnten. Insgesamt wird vom Kläger also ein typischer Geschehensablauf geschildert.

Dass der Kläger angab, er habe Kopfschmerzen seit der Sommergrippe (so im Städtischen Klinikum K. ) bzw. seit August 2003 (so im Klinikum L. ) ist im Rahmen üblicher Anamneseerhebung ohne das Gedächtnis stützende Unterlagen ohne weiteres durch die üblichen zeitlichen Fehleinschätzungen erklärbar.

Die Tatsache, dass der Kläger in seiner Unfallanzeige zunächst nicht den genauen Tag des Unfalls angab, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es wäre vielmehr erstaunlich gewesen, wenn sich der Kläger nach über einem halben Jahr zunächst noch an den genauen Unfalltag hätte erinnern können. Wenn er dann auf Verlangen der Beklagten und auf Grund einer Recherche in seinen Rechnungsunterlagen und der Tatsache, dass er am 30.06.2003 wegen einer Angina seinen Hausarzt aufsuchte, das genaue Unfalldatum rekonstruierte, macht seine Angaben eher glaubhaft. Dies gilt auch für die beiden Zeuginnen, die ebenfalls zunächst das genaue Datum des Unfalls nicht mehr haben erinnern können.

Anders als die Beklagte vermag der Senat in dem Umstand, dass der Kläger den Unfall nach der Meldung bei der Beklagten auch weiterhin gegenüber den behandelnden Ärzten nicht erwähnte, keine Relevanz für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Klägers zu erkennen. Denn es ist schon nicht erkennbar, welche Schlüsse die ab April 2004 behandelnden Ärzte aus einer solchen Angabe ziehen sollten. Im Vordergrund der Behandlung ab April 2004 standen die Folgen der Eingriffe am Schädel, nicht mehr die Hirnblutung selbst. Ohnehin bleibt die Beklagte jegliche Erläuterung schuldig, warum der Kläger das Unfallereignis nach der Meldung bei der Beklagten gegenüber den Ärzten bewusst und mit (welchen?) Hintergedanken verschweigen sollte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es nachvollziehbar, dass der Kläger der befreundeten Krankenschwester Karin R. anlässlich eines Zusammentreffens die Beule zeigte, so wie der Kläger sie auch seiner Ehefrau zeigte. Dass der Kläger dagegen - so die Spekulation der Beklagten - wegen der nachfolgenden dauerhaften Kopfschmerzen den Rat der befreundeten Krankenschwester nicht einholte, erklärt sich zwanglos mit der akuten Situation und stationären Behandlung (ab 09.01.2004) nach am 05.01.2004 diagnostizierter Hirnblutung.

Schließlich hat der Kläger - entgegen dem Vorbringen der Beklagten - während des gesamten Verfahrens einheitliche Angaben zum Ereignishergang gemacht. So hat er im Verwaltungsverfahren und in den anschließenden Gerichtsverfahren immer angegeben, er habe sich den Kopf am Bauzaun angeschlagen. Dem steht die im Gutachten des Dr. D. vom 29.09.2005 dokumentierte Angabe des Klägers, ihm sei ein 3 x 3 m großes und ca. 50 kg schweres Baustellenabsperrungsgitter "auf den Kopf gefallen", nicht entgegen. Der Kläger hat dies im Klageverfahren näher erläutert und angegeben, das Gitter sei beim Bewegen umgekippt. Den dahinter stehenden Vorgang - Schließen des Bauzaunes in gebückter Haltung - gab der Kläger bereits gegenüber der Beklagten an. Insgesamt stellen sich seine Angaben nicht als widersprüchlich, sondern als Konkretisierungen des schon anfangs geschilderten Vorganges dar.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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