L 1 U 4940/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 947/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4940/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht ein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 8. Juni 2001.

Der 1956 geborene Kläger erlitt am 8. Juni 2001 bei seiner Tätigkeit als Maurer einen Arbeitsunfall, als er beim Aufsetzen von Steinen von einem Gerüst aus ca. 4 m Höhe auf eine darunter liegende Treppe stürzte. Der Sturz erfolgte mit den Beinen voraus. Der Kläger zog sich eine Commotio cerebri, eine Prellung beider Unterschenkel und eine Fibulaköpfchenfraktur rechts sowie eine Radiusköpfchenfraktur links zu (Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 12. Juni 2001; Durchgangsarztbericht Prof. Dr. G., Bundeswehrkrankenhaus U., vom 12. Juni 2001 und Entlassungsbericht vom 17. Juli 2001). Mehrere operative Behandlungen der Frakturen erfolgten. Ab 2. April 2002 war der Kläger zunächst wieder arbeitsfähig.

Im Auftrag der Beklagten erstellte am 19. November 2002 Prof. Dr. T. mit Oberarzt Dr. K. das erste Rentengutachten, basierend auf einer Untersuchung am 30. April 2002. Darin sind Klagen des Klägers über fortbestehende Beschwerden im Bereich des linken Ellenbogens, besonders bei Belastung ohne vollständige Streckung sowie Ausstrahlung bis ins linke Handgelenk und über leichte Schmerzen im Bereich des rechten Knies dokumentiert. Als wesentliche Unfallfolgen fassten die Ärzte glaubhafte belastungsbedingte Beschwerden im Bereich des linken Ellenbogens, Stufenbildung im Bereich des linken Fibulaköpfchens und freier Gelenkkörper im Bereich des medialen Ellenbogengelenkspalts links zusammen. Vom Unfall unabhängige krankhafte Veränderungen bestünden nicht. Bis 31. Dezember 2002 belaufe sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 20 v.H., danach voraussichtlich auf unter 20 v.H.

Die Beklagte veranlasste das weitere Rentengutachten von Prof. Dr. K., Assistenzarzt Dr. M., das am 18. März 2003 bei der Beklagten einging. Als wesentliche Unfallfolgen fassten die Ärzte eine Bewegungseinschränkung am linken Ellenbogen, eine Muskelatrophie am rechten Bein, eine mäßige Humeroulnargelenkarthrose links, eine geringe Varusgonarthrose rechts, ein röntgendichtes Konkrement kranial des Fibulaköpfchens, ein röntgendichtes Konkrement radialseitig des humero-radialen Gelenkspaltes und Ruhe- und Belastungsschmerzen am linken Ellenbogen und rechten Kniegelenk zusammen. Vorgeschlagen wurde eine MdE um 20 v.H. bis 11. Februar 2003, danach bis auf Weiteres in Höhe von 10 v.H. vor.

Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei. Die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik übersandte den Entlassungsbericht nach dem stationären Aufenthalt des Klägers vom 18. März bis 6. April 2004. Danach habe eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung nach Fibulaköpfchenfraktur, Radiusköpfchenfraktur, Distorsionstrauma des rechten Kniegelenks mit Außenmeniskusläsion vorgelegen.

Im Auftrag der Beklagten erstellte unter dem 22. Mai 2004 Prof. Dr. M. ein Zusammenhangsgutachten. Danach liege beim Kläger ein knöchern verheilter Speichenköpfchenbruch links mit geringer Bewegungseinschränkung sowie Schmerzen im linken Ellenbogengelenk bei starker Belastung, ein knöchern verheilter Wadenbeinköpfchenbruch nach operativer Versorgung mittels Titansoftwire, Teilentfernung des Außenmeniskus nach mehrfachen degenerativen Einrissen rechtes Kniegelenk, beginnende innenseitig betonte Arthrose rechtes Kniegelenk, Atrophie der rechten Oberschenkelmuskulatur und patellofemorales Schmerzsyndrom beidseits vor. Mit Wahrscheinlichkeit unfallbedingt seien der Speichenköpfchenbruch links, der Wadenbeinköpfchenbruch rechts im Sinne eines knöchernen Seitenbandausrisses und eine Gehirnerschütterung mit oberflächlicher Wunde an der Stirn. Die Arbeitsunfähigkeitszeit vom 8. Juni 2001 bis 1. April 2002 lasse sich auf die Unfallfolgen zurückführen, nicht aber die weitere Arbeitsunfähigkeit vom 9. März 2003 bis auf Weiteres, da die in diesem Zeitraum behandelten Erkrankungen (degenerative Außenmeniskuseinrisse, patellofemorales Schmerzsyndrom) nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen seien. Die Erwerbsfähigkeit sei um 10 v.H. gemindert.

Mit Bescheid vom 24. Juni 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 2. April bis 31. Mai 2002 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. und erkannte als Folgen des Arbeitsunfalls an: Geringe Bewegungseinschränkung am linken Ellenbogen und am linken Unterarm nach knöchern fest verheiltem Speichenköpfchenbruch links, Wadenbeinköpfchenbruch rechts mit knöchernem Ausriss des Außenbandes, ausgeheilte Gehirnerschütterung. Nicht als Unfallfolgen anerkannt wurden rezidivierende Außenmeniskusrisse am rechten Kniegelenk, Teilentfernung des Außenmeniskus, beginnende innenseitig betonte Arthrose des rechten Kniegelenks, Atrophie der rechten Oberschenkelmuskulatur, patellofemorales Schmerzsyndrom beidseits. Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit werde bis einschließlich 1. April 2002 anerkannt. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2005 wurde der dagegen erhobene Widerspruch zurückgewiesen.

Gegen den Bescheid vom 24. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. März 2005 hat der Kläger am 8. April 2005 Klage vor dem SG erhoben. Zur Begründung führt er aus, er sei vor dem Unfall ohne Beschwerden gewesen. Die bestehenden Funktionseinschränkungen seien auf den Unfall zurückzuführen und rechtfertigten eine Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H.

Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt und Aufnahmen bildgebender Verfahren beigezogen (Auskunft Dr. B. vom 20. Dezember 2005; Arzt für Orthopädie Dr. B., Auskunft vom 18. Februar 2006; Auskunft Dr. V. vom 18. Mai 2006 mit Arztbriefen des Praxisvorgängers und behandelnden Arztes Dr. B. in Anlage). Im Auftrag des SG hat am 26. August 2006 Dr. H., Orthopädisches Forschungsinstitut S., ein Gutachten erstellt. Darin kommt er zum Schluss, die unfallbedingte MdE belaufe sich ab 2. April 2002 auf 10 v.H. Die Außenmeniskusrisse beruhten auf degenerativen Veränderungen, die Knorpelschäden II. bis III. Grades im Knie könnten nicht dem Unfallereignis angelastet werden, da ein traumatischer Knorpelschaden zu einer anhaltenden Kniegelenksergussbildung geführt hätte und auch der Knorpelschaden in seiner Gestalt nicht zu einer Unfallverursachung passen würde. Auch die Rückenbeschwerden seien nicht unfallbedingt. Letztlich seien nur die Ellenbogenbeschwerden ausschließlich unfallbedingt.

Im Auftrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. H., Facharzt für Orthopädie, das fachorthopädische Gutachten vom 28. Dezember 2006 erstellt. Dieser hat zusammenfassend ausgeführt, durch den Arbeitsunfall verursacht sei die Ellenbogengelenksarthrose links, die leichte laterale Instabilität und Wadenbeinfraktur rechts. Die MdE sei mit 10 v.H. zu bewerten. Mit Urteil vom 30. Juli 2007 hat das SG die Klage abgewiesen, gestützt im Wesentlichen auf das Gutachten von Prof. Dr. M. und das Gutachten von Dr. H., das durch das Gutachten von Dr. H. bestätigt werde.

Gegen das am 27. September 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Oktober 2007 Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30. Juli 2007 aufzuheben sowie den Bescheid vom 24. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. März 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, über den 2. April 2002 hinaus Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 7. Mai 2008 wurden die Beteiligten erstmals über die Absicht des Gerichts, nach § 153 Abs. 4 SGG zu verfahren informiert und Gelegenheit zur Stellungnahme bis 28. Mai 2008 eingeräumt. Mit Schreiben vom 19. Mai 2008 teilten die ehemaligen Bevollmächtigten des Klägers mit, dieser habe das Mandatsverhältnis gekündigt. Mit weiterer Verfügung vom 22. Mai 2008 wurde der Kläger persönlich zum beabsichtigten Vorgehen angehört und Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15. Juni 2008 eingeräumt.

Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2008, eingegangen beim Sozialgericht Ulm am 2. Juni 2008, hat der jetzige Bevollmächtigte seine Mandatsübernahme mitgeteilt; die schriftliche Prozessvollmacht wurde am 14. Juli 2008 vorgelegt.

Die Frist zur Vorlage der Berufungsbegründung wurde zunächst antragsgemäß bis 29. August 2008 und dann bis 20. September 2008 verlängert. Zugleich wurde erneut Hinweis nach § 153 Abs. 4 SGG erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).

Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wobei die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen sind, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII). Dabei richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung auch des Senats nach den schlüssigen Gutachten von Prof. Dr. M., Dr. H. und auch des Gutachters nach § 109 SGG, Dr. H., fest, dass lediglich die Bewegungseinschränkungen im Bereich des Ellenbogengelenks links, die leichte laterale Instabilität und die Wadenbeinfraktur rechts mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit auf den angeschuldigten Arbeitsunfall zurückzuführen sind.

Wie bereits Prof. Dr. M. in seinem Gutachten im Verwaltungsverfahren ausgeführt hat, sind die nach dem Ende der Verletztenrentenzahlung im Juni 2002 und folgend behandelten Erkrankungen, nämlich degenerative Außenmeniskuseinrisse und ein patellofemorales Schmerzsyndrom nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen und deshalb auch nicht bei der Frage zu berücksichtigen, ob dem Kläger über den 31. Mai 2002 hinaus Verletztenrente zusteht bzw. in welcher Höhe seine Erwerbsfähigkeit zu diesem Zeitpunkt noch gemindert ist. Auch der im sozialgerichtlichen Verfahren mit der Gutachtenserstellung beauftragte Dr. H. hat schlüssig und überzeugend ausgeführt, dass die Außenmeniskusrisse auf degenerativen Veränderungen beruhten, die Knorpelschäden II. bis III. Grades im Knie nicht dem Unfallereignis angelastet werden könnten, da ein traumatischer Knorpelschaden zu einer anhaltenden Kniegelenksergussbildung geführt hätte und auch der Knorpelschaden in seiner Gestalt nicht zu einer Unfallverursachung passen würde. Auch die Rückenbeschwerden seien nicht unfallbedingt. Letztlich seien nur die Ellenbogenbeschwerden ausschließlich unfallbedingt. Dieser Bewertung hat sich auch Dr. H. angeschlossen.

Der Kläger hat hingegen nichts vorgetragen oder vorgelegt, was eine andere Bewertung rechtfertigen würde. Soweit im Verwaltungsverfahren im Entlassungsbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik nach dem stationären Aufenthalt des Klägers vom 18. März bis 6. April 2004 noch ausgeführt worden ist, dass u.a. ein Distorsionstrauma des rechten Kniegelenks mit Außenmeniskusläsion vorgelegen habe, ist der Zusammenhang der Außenmeniskusbeschwerden mit dem angeschuldigten Unfall von den danach gehörten Gutachtern überzeugend widerlegt worden, so dass darauf eine abweichende Bewertung der Unfallzusammenhangs nicht zu stützen ist.

Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.

Da bei der Bewertung der unfallbedingten MdE auf die tatsächlichen funktionellen Einschränkungen des Versicherten im entsprechenden Bewegungssegment abzustellen ist, kommen den von den Gutachtern dokumentierten Messdaten und Beweglichkeitsprüfungen für die Feststellung der MdE erhebliche Bedeutung zu.

Sowohl Dr. H. wie auch Dr. H. (ebenso auch Dr. M.) haben im Bereich des linken Ellenbogens nur geringe Beweglichkeitseinschränkungen festgestellt. Dr. H. hat für die Beugung und Streckung rechts 130-0-0, links 130-10-0, für das Auswärts- und Einwärtsdrehen rechts 75-0-75, links 65-0-85 bei ansonsten seitengleichen Beweglichkeiten im Bereich der oberen Extremitäten gemessen. Dem entsprechen die Messdaten durch Dr. H. (Beugung/Streckung rechts 140-0-0-, links 140-10-0; Drehung auswärts/einwärts rechts 90-0-90, links 65-0-90). Angesichts einer seitengleichen Bemuskelung der Arme, die nur eine leichte, für Rechtshänder typische, Abweichung rechts gegenüber links ergeben hat, spricht auch dies für einen seitengleichen Gebrauch der Arme und daher eine nahezu uneingeschränkte Beweglichkeit.

Nach den in der unfallmedizinischen Literatur wiedergegebenen Erfahrungswerten (vgl. z.B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003 S. 610) kommt erst bei einer Bewegungseinschränkung für Streckung und Beugung im Ausmaß von 0-30-120 eine MdE um wenigstens 10 v.H. in Betracht. Diese Bewegungseinschränkung ist beim Kläger bei weitem nicht gegeben. Deshalb schließt sich der Senat auch den Vorschlägen der Gutachter, die Bewegungseinschränkungen insoweit nur mit einer MdE um 10 v.H. zu bewerten, uneingeschränkt an.

Entsprechendes gilt für die Unfallfolgen am rechten Kniegelenk, die sich lediglich auf die von Dr. H. beschriebene und von Dr. H. als solche bestätigte leichte laterale Instabilität infolge der in leichter Fehlform ausgeheilten Wadenbeinköpfchenfraktur ergibt. Auch insoweit sind die funktionellen Einschränkungen maximal mit einer MdE um 10 v.H. zu bewerten. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass die Beschwerden, die der Kläger jetzt noch immer im rechten Kniegelenk hat, wesentlich auf die vorbestehenden degenerativen Knorpelschäden II. und III. Grades sowie die degenerativen Außenmeniskusrisse zurückzuführen sind und diese, da unfallunabhängig, nicht in die Bewertung der MdE einfließen können.

Eine Teil-MdE von zweimal 10 ist bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der funktionellen Einschränkungen und ihrer Auswirkungen auf das gesamte Gebiet des Erwerbslebens nicht zu einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu addieren, sondern die Gesamt-MdE insgesamt mit 10 v.H. festzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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