L 9 KR 1054/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 KR 70/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 1054/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 7. April 2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten des Verfahrens zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wehrt sich gegen den Zeitraum vom 1. Dezember 2000 bis zum 15. Oktober 2001 betreffende Beitragsbescheide sowie die Beendigung seiner freiwilligen Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 15. Oktober 2001.

Der 1959 geborene, seit Dezember 1996 arbeitslose Kläger ist seit dem 10. Dezember 1997 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert und zahlte hierfür zuletzt (November 2000) Beiträge in Höhe von 158,94 DM (Krankenversicherung) und 20,62 DM (Pflegeversicherung), zusammen 179,56 DM monatlich. Nachdem der Kläger in seiner Einkommenserklärung vom 13. November 2000 der Beklagten mitgeteilt hatte, dass er über kein Bruttoeinkommen verfüge – der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 vom 3. August 2000 weist Einkünfte in Höhe von 0,00 EUR aus –, teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 12. Dezember 2000 mit, dass seine "Mitgliedschaft ab 01.12.2000 in der Beitragsklasse O-701 mit einem Monatsbeitrag zur Krankenversicherung von DM 349,00 und zur Pflegeversicherung von DM 45,26" (monatlicher Gesamtbeitrag: 394,26 DM/201,58 EUR) geführt werde.

Während des Widerspruchsverfahrens hob die Beklagte den "Beitragsbescheid vom 14. Dezember 2000" (gemeint offensichtlich: 12. Dezember 2000) auf und setzte die Beiträge mit zwei Beitragsbescheiden vom 15. Mai 2001 wie folgt fest:

Krankenversicherung Pflegeversicherung Gesamtbetrag in Euro ab 01.12.00 158,94 DM 20,62 DM 179,56 DM 91,80 EUR ab 01.01.01 195,62 DM 25,38 DM 221,00 DM 113,00 EUR

Beide Bescheide ergingen – so ein Hinweis der Beklagten – hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung zugleich im Namen der Pflegekasse.

Mit "Beitragsbescheid" vom 19. September 2001 wies die Beklagte den Kläger auf rückständige Beiträge zur Krankenversicherung für die Monate Juni bis August 2001 in Höhe von 120,82 DM (einschließlich einer Mahngebühr von 4,00 DM) hin. Ferner teilte sie ihm mit, dass er den Termin zur Zahlung dieser Beiträge überschritten habe und bei einem weiteren Zahlungsverzug die "freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung [ ] mit Ablauf des vorgesehenen Zahltages (§ 191 Nr. 3 Sozialgesetzbuch V)" ende. Das Schreiben enthielt darüber hinaus folgenden Passus:

"Rechtsgrundlage für das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft zur Krankenversicherung:

Die freiwillige Mitgliedschaft endet nach § 191 Nr. 3 Sozialgesetzbuch V mit Ablauf des nächsten Zahltages, wenn für 2 Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweis auf die Folgen nicht entrichtet wurden."

Im Schreiben vom 28. September 2001 benannte die Beklagte einen Beitragsrückstand von 341,82 DM; hierin war für den Monat September 2001 ein Teilbetrag von 221,00 DM enthalten. Ferner wies die Beklagte darauf hin, dass der Kläger bei weiterem Zahlungsverzug seinen Versicherungsschutz verliere, da seine Mitgliedschaft kraft Gesetzes ende.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung nach § 191 Nr. 3 Sozialgesetzbuch V zum 15. Oktober 2001 ende, was nach § 49 Abs. 1 Sozialgesetzbuch XI auch die Beendigung seiner Pflicht¬mitgliedschaft in der Pflegeversicherung zur Folge habe. Für die Zeit von Juni bis zum 15. Oktober 2001 bestehe ein Beitragsrückstand von 272,76 DM (139,46 EUR).

Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies "der von der Selbstverwaltung der Kasse sowie der Pflegekasse eingesetzte Widerspruchsausschuss", nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 19. Juli 2002 die Rechtmäßigkeit der Beendigung der Mitgliedschaft festgestellt hatte, mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2003 zurück: Zu recht sei die Mitgliedschaft des Klägers in der Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 15. Oktober 2001 in der Beitragsklasse 801 zu einem Monatsbeitrag von 195,62 DM plus Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung von 25,38 DM geführt worden; die Mitgliedschaft habe zum 15. Oktober 2001 geendet.

Im Rahmen seiner Klage hat der Kläger erstinstanzlich beantragt,

1. den Bescheid des Gegners über das Enden der Mitgliedschaft in der Barmer Ersatzkasse in Gestalt des Widerspruchsbescheides – 0710-II/1918/03 vom 20. Mai 2003 aufzuheben, 2. den Bescheid des Gegners über den Monatsbeitrag des Klägers in Gestalt des Widerspruchsbescheides – 0710-II/1918/03 vom 20. Mai 2003 aufzuheben, 3. den Gegner zu verurteilen, für das Bemessen der Beiträge das Einkommen des Klägers zu berücksichtigen, 4. den Gegner zu verurteilen, dem Kläger alle entstandenen und noch entstehenden Kosten medizinischer und zahnmedizinischer Behandlungen, die im Entziehen der Versicherungsleistung zum 15. Oktober 2001 begründet sind, zu erstatten, 5. den Gegner zu verurteilen, dem Kläger alle Aufwendungen, die ihm Widerspruchsverfahren – 0710-))/1918/03 entstanden sind, und alle Aufwendungen, die ihm gerichtlichen Verfahren entstehen, zu erstatten, 6. festzustellen, dass die Mitgliedschaft des Klägers in der Pflegeversicherung am 31. Dezember 2000 geendet hat.

Mit Urteil vom 7. April 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Festsetzung der Beitragshöhe sei zutreffend. Die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten habe nach § 191 Nr. 3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in der hier anwendbaren, bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung kraft Gesetzes geendet, da er die fälligen Beiträge für mehr als 2 Monate trotz des nach Inhalt und Gestaltung ausreichend deutlichen Hinweises vom 19. September 2001 auf die Folgen des Zahlungsverzuges nicht entrichtet habe.

Gegen dieses ihm am 13. Juli 2005 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 5. August 2005.

Mit Beschluss vom 25. Oktober 2006 hat der Senat den Rechtsstreit des Klägers gegen die Pflegekasse der Barmer Ersatzkasse abgetrennt und unter dem Aktenzeichen L 9 KR 407/06 (später: L 24 B 49/06) geführt. Aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II ist der Kläger seit dem 1. Februar 2006 bei der Beklagten pflichtversichert.

Der Kläger ist der Auffassung, der Bescheid vom 12. Dezember 2000 sei eine willkürliche Beitragsanhebung gewesen, da die Beklagte die selbst gesetzte Frist, innerhalb derer er weitere Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen machen sollte, nicht eingehalten habe. Die angewandte Bezugsgröße von 4.480,00 DM erscheine reichlich überhöht. Ferner seien bei der Beitragsbemessung seine Ziehkinder nicht gewürdigt worden. Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen vertritt der Kläger ferner die Ansicht, die Frist für die Zahlung des Beitragsrückstandes – der im Übrigen überhöht sei, da der Monat Oktober 31 Tage zähle – ende erst am 15. November 2001. Wesentliche Formerfordernisse der Kündigung (z. B. Schriftlichkeit) fehlten, die Kündigung sei daher nichtig. Nachdem die Beklagte seinem Schreiben vom 30. Januar 2001, in dem er beantragt habe, die Beiträge bis zur Klärung in unveränderter Höhe zu belassen, nicht widersprochen habe, sei er von der Annahme des Antrages ausgegangen. Im Übrigen habe der Bezirksstellenleiter der Beklagten der Geschäftsstelle in Eberswalde, Herr Johannsen, in einem Gespräch im März 2001 ihm mündlich zugesichert, dass er bis zum Ende der Klärung des Sachverhaltes Beiträge in bisheriger Höhe (179,56 DM monatlich) weiter zahlen solle. Der Zusage des Leiters der Bezirksstelle habe er höheren Wert als den späteren Schreiben der Geschäftsstelle beigemessen.

Dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers lassen sich die Anträge entnehmen,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 7. April 2005, den die Beitragseinstufung ab dem 1. Januar 2001 betreffenden Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2001, soweit er den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung festsetzt, und die Bescheide der Beklagten vom 12. Oktober 2001 und 19. Juli 2002, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2003, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Mit Schriftsatz vom 15. August 2008 hat die Beklagte sich bereit erklärt, "die im Zusammenhang mit dem Ende der Mitgliedschaft des Klägers angefochtenen Bescheide vom 19.09.01, 28.09.01 sowie 12.10.01 aufzuheben und die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers über den 15.10.01 hinaus fortzuführen".

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat durfte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil in der ordnungsgemäßen Ladung zum Termin auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 153 Abs. 1 SGG).

Die Berufung ist nur teilweise zulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie unbegründet.

1. Die Berufung ist unzulässig, soweit sich der Kläger gegen das Ende seiner Mitgliedschaft in der freiwilligen Krankenversicherung zum 15. Oktober 2001 wendet. Denn nachdem die Beklagte sich im Berufungsverfahren bereit erklärt hat, unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide die freiwillige Krankenversicherung des Klägers über den 15. Oktober 2001 hinaus fortzusetzen, besteht für den Kläger diesbezüglich kein Rechtsschutzbedürfnis an der Fortführung der Berufung mehr.

2. Im übrigen ist die Berufung zwar zulässig, jedoch unbegründet.

Für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung wird gem. § 240 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB V die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Gemäß Abs. 4 dieser Vorschrift gelten als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße.

Diese gesetzlichen Vorgaben hat die Beklagte zutreffend angewandt. Insoweit wird gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen und auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die vom Kläger behauptete mündliche Zusage eines Mitarbeiters der Beklagten zur Beitragshöhe an der Verbindlichkeit der durch Bescheid festgesetzten Beiträge nichts ändern kann, da gem. § 38 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch X (SGB X) eine Zusicherung zu ihrer Wirksamkeit der – hier fehlenden – Schriftform bedarf.

3. Steht somit fest, dass die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten nicht zum 15. Oktober 2001 endete, sondern darüber hinaus bis zum 31. Januar 2006 fortbestand, bedarf es keiner Entscheidung über den vom Kläger erstinstanzlich gestellten Klageantrag zu 4) mehr.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Senat hat hierbei in Ausübung des ihm durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessens berücksichtigt, dass die Beklagte die Klageerhebung teilweise durch den Erlass der rechtwidrigen, die Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft betreffenden Bescheide veranlasst hat. In diesem Umfang ist sie – trotz vollständiger Zurückweisung der Berufung – zur Kostenerstattung verpflichtet.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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