Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3610/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1352/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. November 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1947 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie war zuletzt als Putzfrau beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30. September 2002 gekündigt. Seit dem 6. März 2002 ist die Klägerin arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Am 29. Juli 2002 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ die Klägerin auf nervenärztlichem, internistischem und chirurgischem Fachgebiet untersuchen und begutachten. Die Nervenärztin Dr. S. kam in ihrem Gutachten vom 22. Oktober 2002 zu dem Ergebnis, die Klägerin leide an einer unter Therapie subdepressiven Symptomatik im Klimakterium und Zustand nach vaginaler Hysterektomie, Lumboischialgien rechts bei auswärts festgestellten degenerativen Veränderungen der LWS und sehr kleinem Bandscheibenvorfall L 5/S 1 ohne belangvolle Wurzelreizungen und ohne wesentliche Funktionsminderung. Weiter bestünden Nacken-Schulter-Armbeschwerden bei mäßiggradigen Aufbrauchserscheinungen der HWS ohne Wurzelreizzeichen mit nur leichter Funktionsminderung, Bronchitis bei Nikotinabusus, Schwerhörigkeit sowie migräneartige Kopfschmerzen. Im Vordergrund stehe eine leichte Depression unter antidepressiver Behandlung, die die körperlichen Beschwerden noch verstärke. Insgesamt sei die Klägerin noch in der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, ohne schweres Heben und Tragen, ohne Exposition durch Kälte, Nässe und inhalative Reizstoffe vollschichtig zu verrichten. Der Chirurg Dr. R. führte in seinem Gutachten vom 10. September 2002 aus, die Klägerin leide an Nacken-Schulter-Armbeschwerden bei mäßiggradigen Aufbrauchserscheinungen der HWS ohne Wurzelreizzeichen mit leichter Funktionsminderung, wiederkehrenden Lumboischialgien bei degenerativen Veränderungen der LWS und sehr kleinem Bandscheibenvorfall L 5/S 1 ohne Wurzelreizzeichen und ohne wesentliche Funktionsminderung. Aus chirurgisch-orthopädischer Sicht sei das Leistungsvermögen der Klägerin noch nicht wesentlich eingeschränkt. Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen weiterhin vollschichtig verrichten, auch die Tätigkeit einer Putzfrau sei möglich. Die Internistin Dr. Ri. teilte in ihrem Gutachten vom 9. September 2002 mit, bei der Klägerin bestünde auf internistischem Fachgebiet eine chronische Bronchitis mit Nikotinabusus, daneben eine Migräne sowie Schwerhörigkeit und Zustand nach Entfernung der Gebärmutter und Blasenplastik wegen Senkung im März 2002. Die Schwerhörigkeit bestehe seit der Kindheit, möglicherweise aufgrund rezidiver Mittelohrentzündungen. Hörgeräte würden nicht getragen, die Verständigung für die Umgangssprache sei ausreichend. Im Vordergrund stünden Beschwerden von Seiten des Bewegungsapparates sowie auch eine depressive Symptomatik. Aus internistischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Bücken, schweres Heben und Tragen, ohne Exposition durch Kälte, Nässe und inhalative Reizstoffe sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Auch eine Tätigkeit als Putzhilfe sei vollschichtig möglich. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gewährte die Beklagte der Klägerin ein Heilverfahren. Weiterhin zog sie Berichte der behandelnden Ärzte bei. Das Heilverfahren wurde in der Rheumaklinik Bad W. in der Zeit vom 7. August bis 28. August 2003 durchgeführt. Im Heilverfahrens-Entlassungsbericht werden als Diagnosen genannt: Cervicocephalgien und -brachialgien bei degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung, Lumboischialgien bei degenerativen LWS-Veränderungen und Bandscheibenprotrusion Th 11, 12 und L 1-4 mit Spinalkanalstenose L 4/5, Fibromyalgie, differentialdiagnostisch Somatisierungstendenz bei reaktiver Depression, Adipositas und Stressinkontinenz mit rezidivierenden Harnwegsinfekten. Die Klägerin wird für fähig erachtet, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne regelmäßiges Bücken, ohne Heben, Tragen und Bewegen mittelschwerer bis schwerer Lasten, ohne Gefährdung durch inhalative Reizstoffe, Kälte und Nässe zu verrichten. Vorzuziehen seien Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung zu geregelter Tagesschicht. Derartige Tätigkeiten könnten sechs Stunden und mehr täglich verrichtet werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Mit der am 22. Dezember 2003 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Das SG hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung gutachtlicher Stellungnahmen der behandelnden Ärzte. Der Gynäkologe Dr. B. hat in seinem Bericht vom 29. Dezember 2003 ausgeführt, bei der Klägerin lägen klimakterische Beschwerden, Senkungsbeschwerden und wiederholte Harnwegsinfekte bei Zustand nach vaginaler Hysterektomie und Kolporraphia anterior vor. Der Beruf der Klägerin sei ihm nicht bekannt. Körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten jedoch vollschichtig verrichtet werden. Der Arzt für Orthopädie Dr. Bu. hat in seiner Stellungnahme vom 12. März 2004 mitgeteilt, die Klägerin leide an Lumboischialgie beidseits bei NPP L 5/S 1 und Bandscheibenprotrusion Th 11/12 sowie L 4/5 und L 5/S 1, Spinalkanalstenose L 4/5, Verdacht auf Fibromyalgie, HWS-Syndrom mit Cervicocephalgien und Cervicobrachialgien beidseits sowie Fibromyalgie-Syndrom. Aus orthopädischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit mit arbeitsüblichen Pausen unter vollschichtig zu verrichten. Das Fibromyalgie-Syndrom könne intermittierend ebenfalls zu erheblichen Leistungseinschränkungen führen, so dass hierdurch keine ausreichende Leistungsfähigkeit auch für eine halbschichtige Tätigkeit gegeben sei. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie T. hat in seinem Bericht vom 25. Februar 2004 angegeben, bei der Klägerin handele es sich in diagnostischer Hinsicht um Angst und Depression gemischt, Cervico-Brachialgie, rechts mehr als links, rezidivierende Lumbalgie, Verdacht auf Fibromyalgie-Syndrom, differentialdiagnostisch Somatisierungsstörung. Die Klägerin sei derzeit nicht in der Lage, auch eine körperlich leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Bei der Klägerin habe sich die Meinung gebildet, nicht mehr arbeitsfähig sein zu können. Es sei in diesem Punkt bei mehrfachen Gesprächen insistiert worden, hier sei keine Änderung möglich. Eine völlige Fixierung stehe im Vordergrund. Es sei nicht ersichtlich, wie bei dieser akzentuiert und fixiert vorgetragenen Meinung Arbeitsfähigkeit wieder erlangt werden könne. Der Prozess sei bei der Patientin sehr bewusstseinsimmanent und es sei nicht von einer Simulation auszugehen. Das SG hat weiterhin Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von Dr. H., dem Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum a. W. In seinem Gutachten vom 22. August 2004 führt der Sachverständige Dr. H. aus, zum Tagesablauf befragt, habe die Klägerin angegeben, sie stehe so gegen 9.00 Uhr auf, frühstücke dann. Am Vormittag mache sie nicht viel. Sie mache zuerst Beckenbodengymnastik wegen der Blase, dann fahre sie etwas mit dem Rad, anschließend mache sie mit dem Ball wegen der Bandscheiben Gymnastik. Viel laufen könne sie nicht, da ihr immer das Wasser abgehe. Im Haushalt mache sie nicht viel. Das Meiste mache der Mann, der seit zwei Jahren Frührentner sei. Sie selbst staube ab, koche, bügle und wasche. Ihr Mann mache die schweren Sachen wie Staubsaugen, Müll runter bringen und so weiter. Nach dem Mittagessen und Geschirrspülen sehe sie fern und lese Zeitung. Der dritte Sohn sei mit 13 Jahren an einem schweren Herzfehler verstorben. Er hätte ein neues Herz gebraucht. Zu ihren weiteren zwei Söhnen habe sie ein gutes Verhältnis. Sie müsse ständig Wasser lassen und etwa zehn- bis fünfzehn mal pro Tag die Toilette aufsuchen. Insgesamt ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe bei der Klägerin eine Angst und depressive Störung gemischt. Die Kriterien für das Vorliegen einer auch leichten depressiven Episode würden nicht erfüllt. Die Klägerin sei noch in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken, häufiges Treppensteigen, gleichförmige Körperhaltungen, Überkopfarbeiten noch vollschichtig zu verrichten. Günstig sei ein Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen. Akkord und Wechselschicht sollten vermieden werden. Das von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie T. konstatierte Leistungsvermögen lasse sich auf dem Boden der jetzt erhobenen Befunde definitiv nicht nachvollziehen. Seine Leistungsbeurteilung sei auch insoweit nicht verständlich, als es sich bei der Erkrankung Angst und Depression, gemischt definitionsgemäß um eine leichte Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet handele. Im Übrigen stütze sich der Arzt für Neurologie und Psychiatrie T. in seiner Leistungsbeurteilung auf die bei der Klägerin bestehende Meinung, nicht mehr arbeitsfähig sein zu können. Diese subjektive Einschätzung sei aber sozialmedizinisch nicht relevant. Durch die erhobenen Befunde insbesondere im psychischen Befund werde diese subjektive Einschätzung jedenfalls nicht gestützt. Das SG hat weiterhin Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG von der Nervenärztin Dr. P ... In ihrem Gutachten vom 4. Juli 2005 hat die Sachverständige Dr. P. ausgeführt, die Klägerin habe 1966 ihren ersten Sohn geboren, der an einem schweren Herzfehler gelitten habe. Der Sohn sei dann mit 13 Jahren bei einem Freibadbesuch der gesamten Familie an einem plötzlichen Herztod verstorben. Die Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, die Klägerin leide an einer Somatisierungsstörung mit mindestens seit drei Jahren bestehenden organisch nicht erklärbaren Schmerzen sowie Urogenitalsymptomen sowie anderen somatischen Symptomen. Weiter bestünde eine rezidivierende, leichte bis mittelschwere Depression nach dem Tod des Sohnes 1979. Die allgemeinen Kriterien für depressive Episoden seien erfüllt. Es bestehe ein Interessenverlust oder ein Verlust an der Freude an normalen angenehmen Aktivitäten. Die depressive Stimmung herrsche meist die ganze Zeit des Tages vor und dies fast jeden Tag. Auch der Antrieb der Klägerin sei leicht gemindert. Die Klägerin könne nur noch drei bis sechs Stunden täglich arbeiten. Zwar seien die genannten nervenfachärztlichen Erkrankungen nicht als ausgesprochen schwerwiegend zu bezeichnen. Insgesamt sei jedoch aufgrund der schwierigen Lebensgeschichte der Klägerin mit ausgesprochen belastender Kindheit, Verlust des Sohnes durch plötzlichen Herztod 1979 und darauf begründete depressive Entwicklung die Prognose als ungünstig anzusehen. Es habe sich in den letzten Jahren seit 2002 ein deutliches Schonungs- und Vermeidungsverhalten ausgebildet, das willentlich kaum steuerbar sei und durch die somatischen Symptome auch aufrecht erhalten werde. Wegen des Zusammenwirkens von depressiven Symptomen, urologisch-gynäkologischen Symptomen (Harndrang) und Schmerzstörung sei es unrealistisch, eine Leistungsfähigkeit der Klägerin von mehr als drei bis sechs Stunden anzunehmen. Die Klägerin hat darauf verwiesen, dass sie sich bei Prof. Dr. H., dem Ärztlichen Direktor der HNO-Klinik im K., einer Ohroperation habe unterziehen müssen. Das SG hat daraufhin den Leitenden Oberarzt Dr. Sch. gehört. Dieser hat in seinem Bericht vom 30. Oktober 2005 dargelegt, das Hörvermögen könne derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. Eine genaue Beurteilung sei frühestens in vier Monaten, d. h. in sechs Monaten nach der durchgeführten Operation möglich. Eine Besserung des Hörvermögens sei möglich, jedoch sei auch die weitere Versorgung mit einer beidseitigen Hörhilfe nach klinischer Erfahrung weiterhin notwendig.
Mit Urteil vom 28. November 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen seien insgesamt nicht so stark ausgeprägt, dass sie dadurch gehindert sei, einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit täglich nachzugehen. Dies stehe aufgrund der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Nervenärztin Dr. S., des Chirurgen Dr. R., der Internistin Dr. Ri. sowie des Heilverfahren-Entlassungsberichts der Rheumaklinik Bad W. und insbesondere auch des Gutachtens des Sachverständigen Dr. H. fest. Danach sei das Leistungsvermögen der Klägerin insbesondere durch das Wirbelsäulenleiden und die Stressinkontinenz mit rezidivierenden Harnwegsinfekten eingeschränkt. Daneben bestehe eine gemischte Angst- und depressive Störung. Aus dem Wirbelsäulenleiden resultierten als Einschränkungen lediglich, dass körperlich schwere Tätigkeiten sowie Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken und Treppensteigen, gleichförmige Körperhaltungen und auch Überkopfarbeiten ausgeschlossen seien. Auch aus der bestehenden Angst und depressiven Störung resultiere keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Vielmehr ergebe sich hieraus lediglich ein Ausschluss von Akkord und Wechselschicht. Nicht folgen könne die Kammer der Leistungsbeurteilung des behandelnden Psychiaters T., der ebenfalls eine Angst und Depression bei der Klägerin diagnostiziert habe, wobei es sich hierbei um eine leichte Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet handele, seine Leistungsbeurteilung aber im Wesentlichen auf die bei der Klägerin bestehende Meinung, nicht mehr arbeitsfähig sein zu können, stütze. Wie der Sachverständige Dr. H. zu Recht ausführe, sei diese subjektive Selbsteinschätzung der Klägerin sozialmedizinisch nicht relevant. Im Übrigen werde diese subjektive Einschätzung durch die objektiv erhobenen Befunde, insbesondere den psychiatrischen Befund nicht gestützt. Weiter könne die Kammer dem auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten der Nervenärztin Dr. P. nicht folgen. Diese diagnostiziere eine Somatisierungsstörung sowie eine leichte bis mittelschwere Depression nach dem Tod des Sohnes im Jahre 1979. Die nervenärztlichen Erkrankungen bezeichne sie als nicht ausgesprochen schwerwiegend, ihre Leistungseinschränkung von auf drei bis unter sechs Stunden begründe sie im Wesentlichen mit der schwierigen Lebensgeschichte der Klägerin mit ausgesprochen belastender Kindheit und Verlust des Sohnes durch plötzlichen Herztod. Diese Begründung könne nicht überzeugen. Die begrenzte Lebenserwartung des Sohnes aufgrund des angeborenen Herzfehlers war bekannt und der Tod hat die Klägerin nicht gehindert, bis ins Jahr 2002 noch weiter zu arbeiten. Auch aus einer schwierigen Kindheit lasse sich heute eine Leistungseinschränkung nicht mehr herleiten. Hinzu komme, dass die Sachverständige ausführe, dass schwere chronische Schmerzen regelmäßig zu erheblichen Veränderungen im sozialen Beziehungsgefüge und zu deutlichen Auffälligkeiten im psychischen Befund führten, was bei der Klägerin indes gerade nicht der Fall sei. Auch die Tatsache, dass die Klägerin tagsüber 10 bis 15 Mal zum Wasserlassen die Toilette aufsuchen müsse, spreche nicht gegen eine leichte vollschichtige Tätigkeit. Zudem ergebe sich auch aus dem Gutachten von Dr. P., dass die Klägerin während der längeren gutachtlichen Untersuchung nicht zur Toilette gegangen und auch während der ganzen Zeit relativ entspannt und ohne Schmerzäußerungen gewesen sei. Auch aus dem eingeschränkten Hörvermögen, das immerhin mit Hörgeräten ausgeglichen sei, lasse sich eine rentenrechtlich relevante Leistungseinschränkung nicht herleiten. Nach alledem stehe damit fest, dass die Klägerin durchaus in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen zu verrichten. Die Klägerin sei damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Darüber hinaus habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die Klägerin sei schon nicht berufsunfähig. Sie Klägerin habe einen Beruf nicht erlernt und sei im Wesentlichen und auch zuletzt als Putzfrau beschäftigt gewesen. Die Klägerin sei damit als ungelernte Arbeiterin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Gegen dieses ihr am 31. Januar 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Februar 2007 beim SG Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, das SG habe die Vielzahl der vorliegenden Funktionseinschränkung nicht ausreichend berücksichtigt. Es wurde ein Attest der die Klägerin behandelnden HNO-Ärztin Dr. J. vom 10. Oktober 2005 vorgelegt, wonach wegen rezidivierender Paukenergüsse immer wieder – zuletzt im September 2005 – Paukenröhrchen eingelegt werden müssten. Weiterhin wurde mitgeteilt, dass die Klägerin am 24. Oktober 2007 einen Herzinfarkt erlitten habe und sich in den Medizinischen Reha-Einrichtungen der Stadt R. Herz-Kreislauf-Klinik M. einer stationären Anschlussheilbehandlung in der Zeit vom 9. November bis 30. November 2007 unterzogen habe.
Seit dem 1. Januar 2008 bezieht die Klägerin auf der Grundlage des Bescheids der Beklagten vom 8. November 2007 Altersrente für Frauen in Höhe von 405,20 EUR monatlich.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. November 2006 sowie den Bescheid vom 30. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung jeweils bis zum Beginn der Altersrente für Frauen ab dem 1. Januar 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat den Hausarzt und Internisten Dr. To. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser hat mit Schreiben vom 20. Dezember 2007 mitgeteilt, dass die Klägerin seiner Ansicht nach in der Lage war und ist - unterbrochen durch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit - sechs Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten zu verrichten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt haben.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bis zum 31. Dezember 2007. Dieser Anspruch steht ihr nicht zu, da ein Leistungsfall bis zum 30. November 2007 nicht eingetreten ist.
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der hier anzuwendenden, seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert im Sinne dieser Regelung sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine Erwerbsminderung liegt nicht vor, wenn der Versicherte noch sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig sein kann (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten liegt bis zum 30. November 2007 eine Erwerbsminderung nach diesem Maßstab nicht vor. Auch nach Überzeugung des Senats kann die Klägerin noch mindestens sechs Stunden am Tag unter den allgemeinen Bedingungen des Arbeitsmarkt tätig sein. Die Leistungseinschätzung des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten ist durch den Heilverfahren-Entlassungsbericht der Rheumaklinik Bad W. und die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten ärztlichen Gutachten bestätigt worden. Das nach § 109 SGG eingeholte Sachverständigengutachten vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Das SG hat die mindestens sechsstündige Leistungsfähigkeit pro Tag aus zutreffenden Gründen angenommen. Der Senat sieht daher gemäß § 153 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Nach Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung hat sich keine die quantitative Leistungsfähigkeit einschränkende Änderung ergeben. Zwar hat die Klägerin am 24. Oktober 2007 einen Herzinfarkt erlitten, der am gleichen Tag stationär behandelt wurde. Wie sich aus dem Bericht der Medizinischen Reha-Einrichtungen der Stadt R. Herz-Kreislauf-Klinik M. über die stationäre Anschlussheilbehandlung in der Zeit vom 9. November bis 30. November 2007 ergibt, war bis dahin eine Herzerkrankung nicht bekannt. Nach Abschluss der Maßnahme wurde eine leichte körperliche Tätigkeit als vollschichtig möglich angesehen. Dass sie sowohl vor dem erlittenen Herzinfarkt als auch nach der Reha-Maßnahme im Dezember 2007 vollschichtig leistungsfähig war, wird auch bestätigt durch die Angaben ihres Hausarztes Dr. To. vom 20. Dezember 2007. Aus dem Ohrenleiden und der Hörminderung ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine zeitliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit.
Da die Klägerin damit bis zum 20. Dezember 2007 und damit erst Recht bis zum 30. November 2007 – abgesehen von Zeiten arbeitsunfähiger Erkrankung - mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein konnte, war sie nicht erwerbsgemindert. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den zu beachtenden qualitativen Einschränkungen. Die Klägerin kann nur noch leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken und Treppensteigen, gleichförmige Körperhaltungen und auch Überkopfarbeiten sowie unter Ausschluss von Akkord und Wechselschicht und ohne Exposition durch Kälte, Nässe und inhalative Reizstoffe verrichten. Dies steht für den Senat, der auch insoweit der Begründung des SG folgt, aufgrund der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten und des Sachverständigengutachtens von Dr. H. fest. Weiterhin geht der Senat zugunsten der Klägerin davon aus, dass ihr aufgrund ihrer Schwerhörigkeit auch starke Lärmeinwirkungen während der Arbeit nicht zumutbar sind. Diese qualitativen Einschränkungen führen aber nicht dazu, dass eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen ist. Grundsätzlich bedarf es bei Versicherten, die noch mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten mit zusätzlichen Einschränkungen verrichten können, nicht der konkreten Benennung (zumindest) einer Verweisungstätigkeit. Ausnahmsweise hat die Rechtsprechung auf der Grundlage der vor dem 1. Januar 2001 gültigen Rechtslage auch bei noch vollschichtiger Leistungsfähigkeit die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit aber in solchen Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. BSG, Beschlüsse des Großen Senats (GrS) vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 sowie Entscheidungen des BSG vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 - SozR 3-2600 § 43 Nr. 17, vom 24. März 1998 - B 4 RA 44/96 R -, vom 25. März 1998 - B 5 RJ 46/97 R - und vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 30/98 R - SozR 3-2600 § 44 Nr. 12 jeweils veröffentlicht in Juris). Überträgt man diese Rechtsprechung auf die Frage des Vorliegens voller Erwerbsminderung führt dies hier zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Bei der Klägerin lag weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die ihr Leistungsvermögen in einer zur Prüfung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes Anlass gebenden Weise einschränken. Dass aufgrund ihrer Hörminderung und ihres Ohrleidens eine ausreichende Verständigung mit ihr dauerhaft – insbesondere länger als sechs Monate – nicht möglich gewesen sei, macht sie selbst nicht geltend und ist auch auszuschließen, nachdem keiner der behandelnden Ärzte oder untersuchenden Gutachter und Sachverständigen Entsprechendes festgestellt oder bemerkt haben. Die Klägerin bedurfte aber auch keiner unüblichen Pausen. Für den Senat steht insoweit fest, dass die Klägerin nicht mehr als ein- bis höchstens zweimal pro Stunde zur Toilette gehen muss. Dies ergibt sich bei Zugrundelegung ihrer Angaben, dass sie bereits im Jahr 2003 - 10 bis 15 Mal am Tag die Toilette habe aufzusuchen müssen. Soweit die Toilettengänge nicht unmittelbar vor und nach der Arbeitszeit sowie im Rahmen der üblichen Arbeitspausen erledigt werden können, kann hierfür die persönliche Verteilzeit in Anspruch genommen werden, ohne dass eine betriebsunübliche Arbeitsunterbrechung vorliegt (vgl. auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2003 - L 14 RJ 137/01 -).
Darauf, ob sich der Gesundheitszustand der Klägerin nach Vollendung ihres 60. Lebensjahrs ab dem 25. Dezember 2007 durch eine Darmerkrankung wesentlich verschlechtert hat, kommt es für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr an. Hinzuweisen ist, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2008 die vorrangige Altersrente für Frauen bezieht, die den Bezug der nicht höheren (§ 77 Abs. 3 SGB VI), nachrangigen (§ 89 SGB VI) Erwerbsminderungsrente ausschließt.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1947 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie war zuletzt als Putzfrau beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30. September 2002 gekündigt. Seit dem 6. März 2002 ist die Klägerin arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Am 29. Juli 2002 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ die Klägerin auf nervenärztlichem, internistischem und chirurgischem Fachgebiet untersuchen und begutachten. Die Nervenärztin Dr. S. kam in ihrem Gutachten vom 22. Oktober 2002 zu dem Ergebnis, die Klägerin leide an einer unter Therapie subdepressiven Symptomatik im Klimakterium und Zustand nach vaginaler Hysterektomie, Lumboischialgien rechts bei auswärts festgestellten degenerativen Veränderungen der LWS und sehr kleinem Bandscheibenvorfall L 5/S 1 ohne belangvolle Wurzelreizungen und ohne wesentliche Funktionsminderung. Weiter bestünden Nacken-Schulter-Armbeschwerden bei mäßiggradigen Aufbrauchserscheinungen der HWS ohne Wurzelreizzeichen mit nur leichter Funktionsminderung, Bronchitis bei Nikotinabusus, Schwerhörigkeit sowie migräneartige Kopfschmerzen. Im Vordergrund stehe eine leichte Depression unter antidepressiver Behandlung, die die körperlichen Beschwerden noch verstärke. Insgesamt sei die Klägerin noch in der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, ohne schweres Heben und Tragen, ohne Exposition durch Kälte, Nässe und inhalative Reizstoffe vollschichtig zu verrichten. Der Chirurg Dr. R. führte in seinem Gutachten vom 10. September 2002 aus, die Klägerin leide an Nacken-Schulter-Armbeschwerden bei mäßiggradigen Aufbrauchserscheinungen der HWS ohne Wurzelreizzeichen mit leichter Funktionsminderung, wiederkehrenden Lumboischialgien bei degenerativen Veränderungen der LWS und sehr kleinem Bandscheibenvorfall L 5/S 1 ohne Wurzelreizzeichen und ohne wesentliche Funktionsminderung. Aus chirurgisch-orthopädischer Sicht sei das Leistungsvermögen der Klägerin noch nicht wesentlich eingeschränkt. Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen weiterhin vollschichtig verrichten, auch die Tätigkeit einer Putzfrau sei möglich. Die Internistin Dr. Ri. teilte in ihrem Gutachten vom 9. September 2002 mit, bei der Klägerin bestünde auf internistischem Fachgebiet eine chronische Bronchitis mit Nikotinabusus, daneben eine Migräne sowie Schwerhörigkeit und Zustand nach Entfernung der Gebärmutter und Blasenplastik wegen Senkung im März 2002. Die Schwerhörigkeit bestehe seit der Kindheit, möglicherweise aufgrund rezidiver Mittelohrentzündungen. Hörgeräte würden nicht getragen, die Verständigung für die Umgangssprache sei ausreichend. Im Vordergrund stünden Beschwerden von Seiten des Bewegungsapparates sowie auch eine depressive Symptomatik. Aus internistischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Bücken, schweres Heben und Tragen, ohne Exposition durch Kälte, Nässe und inhalative Reizstoffe sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Auch eine Tätigkeit als Putzhilfe sei vollschichtig möglich. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gewährte die Beklagte der Klägerin ein Heilverfahren. Weiterhin zog sie Berichte der behandelnden Ärzte bei. Das Heilverfahren wurde in der Rheumaklinik Bad W. in der Zeit vom 7. August bis 28. August 2003 durchgeführt. Im Heilverfahrens-Entlassungsbericht werden als Diagnosen genannt: Cervicocephalgien und -brachialgien bei degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung, Lumboischialgien bei degenerativen LWS-Veränderungen und Bandscheibenprotrusion Th 11, 12 und L 1-4 mit Spinalkanalstenose L 4/5, Fibromyalgie, differentialdiagnostisch Somatisierungstendenz bei reaktiver Depression, Adipositas und Stressinkontinenz mit rezidivierenden Harnwegsinfekten. Die Klägerin wird für fähig erachtet, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne regelmäßiges Bücken, ohne Heben, Tragen und Bewegen mittelschwerer bis schwerer Lasten, ohne Gefährdung durch inhalative Reizstoffe, Kälte und Nässe zu verrichten. Vorzuziehen seien Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung zu geregelter Tagesschicht. Derartige Tätigkeiten könnten sechs Stunden und mehr täglich verrichtet werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Mit der am 22. Dezember 2003 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Das SG hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung gutachtlicher Stellungnahmen der behandelnden Ärzte. Der Gynäkologe Dr. B. hat in seinem Bericht vom 29. Dezember 2003 ausgeführt, bei der Klägerin lägen klimakterische Beschwerden, Senkungsbeschwerden und wiederholte Harnwegsinfekte bei Zustand nach vaginaler Hysterektomie und Kolporraphia anterior vor. Der Beruf der Klägerin sei ihm nicht bekannt. Körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten jedoch vollschichtig verrichtet werden. Der Arzt für Orthopädie Dr. Bu. hat in seiner Stellungnahme vom 12. März 2004 mitgeteilt, die Klägerin leide an Lumboischialgie beidseits bei NPP L 5/S 1 und Bandscheibenprotrusion Th 11/12 sowie L 4/5 und L 5/S 1, Spinalkanalstenose L 4/5, Verdacht auf Fibromyalgie, HWS-Syndrom mit Cervicocephalgien und Cervicobrachialgien beidseits sowie Fibromyalgie-Syndrom. Aus orthopädischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit mit arbeitsüblichen Pausen unter vollschichtig zu verrichten. Das Fibromyalgie-Syndrom könne intermittierend ebenfalls zu erheblichen Leistungseinschränkungen führen, so dass hierdurch keine ausreichende Leistungsfähigkeit auch für eine halbschichtige Tätigkeit gegeben sei. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie T. hat in seinem Bericht vom 25. Februar 2004 angegeben, bei der Klägerin handele es sich in diagnostischer Hinsicht um Angst und Depression gemischt, Cervico-Brachialgie, rechts mehr als links, rezidivierende Lumbalgie, Verdacht auf Fibromyalgie-Syndrom, differentialdiagnostisch Somatisierungsstörung. Die Klägerin sei derzeit nicht in der Lage, auch eine körperlich leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Bei der Klägerin habe sich die Meinung gebildet, nicht mehr arbeitsfähig sein zu können. Es sei in diesem Punkt bei mehrfachen Gesprächen insistiert worden, hier sei keine Änderung möglich. Eine völlige Fixierung stehe im Vordergrund. Es sei nicht ersichtlich, wie bei dieser akzentuiert und fixiert vorgetragenen Meinung Arbeitsfähigkeit wieder erlangt werden könne. Der Prozess sei bei der Patientin sehr bewusstseinsimmanent und es sei nicht von einer Simulation auszugehen. Das SG hat weiterhin Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von Dr. H., dem Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum a. W. In seinem Gutachten vom 22. August 2004 führt der Sachverständige Dr. H. aus, zum Tagesablauf befragt, habe die Klägerin angegeben, sie stehe so gegen 9.00 Uhr auf, frühstücke dann. Am Vormittag mache sie nicht viel. Sie mache zuerst Beckenbodengymnastik wegen der Blase, dann fahre sie etwas mit dem Rad, anschließend mache sie mit dem Ball wegen der Bandscheiben Gymnastik. Viel laufen könne sie nicht, da ihr immer das Wasser abgehe. Im Haushalt mache sie nicht viel. Das Meiste mache der Mann, der seit zwei Jahren Frührentner sei. Sie selbst staube ab, koche, bügle und wasche. Ihr Mann mache die schweren Sachen wie Staubsaugen, Müll runter bringen und so weiter. Nach dem Mittagessen und Geschirrspülen sehe sie fern und lese Zeitung. Der dritte Sohn sei mit 13 Jahren an einem schweren Herzfehler verstorben. Er hätte ein neues Herz gebraucht. Zu ihren weiteren zwei Söhnen habe sie ein gutes Verhältnis. Sie müsse ständig Wasser lassen und etwa zehn- bis fünfzehn mal pro Tag die Toilette aufsuchen. Insgesamt ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe bei der Klägerin eine Angst und depressive Störung gemischt. Die Kriterien für das Vorliegen einer auch leichten depressiven Episode würden nicht erfüllt. Die Klägerin sei noch in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken, häufiges Treppensteigen, gleichförmige Körperhaltungen, Überkopfarbeiten noch vollschichtig zu verrichten. Günstig sei ein Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen. Akkord und Wechselschicht sollten vermieden werden. Das von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie T. konstatierte Leistungsvermögen lasse sich auf dem Boden der jetzt erhobenen Befunde definitiv nicht nachvollziehen. Seine Leistungsbeurteilung sei auch insoweit nicht verständlich, als es sich bei der Erkrankung Angst und Depression, gemischt definitionsgemäß um eine leichte Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet handele. Im Übrigen stütze sich der Arzt für Neurologie und Psychiatrie T. in seiner Leistungsbeurteilung auf die bei der Klägerin bestehende Meinung, nicht mehr arbeitsfähig sein zu können. Diese subjektive Einschätzung sei aber sozialmedizinisch nicht relevant. Durch die erhobenen Befunde insbesondere im psychischen Befund werde diese subjektive Einschätzung jedenfalls nicht gestützt. Das SG hat weiterhin Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG von der Nervenärztin Dr. P ... In ihrem Gutachten vom 4. Juli 2005 hat die Sachverständige Dr. P. ausgeführt, die Klägerin habe 1966 ihren ersten Sohn geboren, der an einem schweren Herzfehler gelitten habe. Der Sohn sei dann mit 13 Jahren bei einem Freibadbesuch der gesamten Familie an einem plötzlichen Herztod verstorben. Die Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, die Klägerin leide an einer Somatisierungsstörung mit mindestens seit drei Jahren bestehenden organisch nicht erklärbaren Schmerzen sowie Urogenitalsymptomen sowie anderen somatischen Symptomen. Weiter bestünde eine rezidivierende, leichte bis mittelschwere Depression nach dem Tod des Sohnes 1979. Die allgemeinen Kriterien für depressive Episoden seien erfüllt. Es bestehe ein Interessenverlust oder ein Verlust an der Freude an normalen angenehmen Aktivitäten. Die depressive Stimmung herrsche meist die ganze Zeit des Tages vor und dies fast jeden Tag. Auch der Antrieb der Klägerin sei leicht gemindert. Die Klägerin könne nur noch drei bis sechs Stunden täglich arbeiten. Zwar seien die genannten nervenfachärztlichen Erkrankungen nicht als ausgesprochen schwerwiegend zu bezeichnen. Insgesamt sei jedoch aufgrund der schwierigen Lebensgeschichte der Klägerin mit ausgesprochen belastender Kindheit, Verlust des Sohnes durch plötzlichen Herztod 1979 und darauf begründete depressive Entwicklung die Prognose als ungünstig anzusehen. Es habe sich in den letzten Jahren seit 2002 ein deutliches Schonungs- und Vermeidungsverhalten ausgebildet, das willentlich kaum steuerbar sei und durch die somatischen Symptome auch aufrecht erhalten werde. Wegen des Zusammenwirkens von depressiven Symptomen, urologisch-gynäkologischen Symptomen (Harndrang) und Schmerzstörung sei es unrealistisch, eine Leistungsfähigkeit der Klägerin von mehr als drei bis sechs Stunden anzunehmen. Die Klägerin hat darauf verwiesen, dass sie sich bei Prof. Dr. H., dem Ärztlichen Direktor der HNO-Klinik im K., einer Ohroperation habe unterziehen müssen. Das SG hat daraufhin den Leitenden Oberarzt Dr. Sch. gehört. Dieser hat in seinem Bericht vom 30. Oktober 2005 dargelegt, das Hörvermögen könne derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. Eine genaue Beurteilung sei frühestens in vier Monaten, d. h. in sechs Monaten nach der durchgeführten Operation möglich. Eine Besserung des Hörvermögens sei möglich, jedoch sei auch die weitere Versorgung mit einer beidseitigen Hörhilfe nach klinischer Erfahrung weiterhin notwendig.
Mit Urteil vom 28. November 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen seien insgesamt nicht so stark ausgeprägt, dass sie dadurch gehindert sei, einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit täglich nachzugehen. Dies stehe aufgrund der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Nervenärztin Dr. S., des Chirurgen Dr. R., der Internistin Dr. Ri. sowie des Heilverfahren-Entlassungsberichts der Rheumaklinik Bad W. und insbesondere auch des Gutachtens des Sachverständigen Dr. H. fest. Danach sei das Leistungsvermögen der Klägerin insbesondere durch das Wirbelsäulenleiden und die Stressinkontinenz mit rezidivierenden Harnwegsinfekten eingeschränkt. Daneben bestehe eine gemischte Angst- und depressive Störung. Aus dem Wirbelsäulenleiden resultierten als Einschränkungen lediglich, dass körperlich schwere Tätigkeiten sowie Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken und Treppensteigen, gleichförmige Körperhaltungen und auch Überkopfarbeiten ausgeschlossen seien. Auch aus der bestehenden Angst und depressiven Störung resultiere keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Vielmehr ergebe sich hieraus lediglich ein Ausschluss von Akkord und Wechselschicht. Nicht folgen könne die Kammer der Leistungsbeurteilung des behandelnden Psychiaters T., der ebenfalls eine Angst und Depression bei der Klägerin diagnostiziert habe, wobei es sich hierbei um eine leichte Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet handele, seine Leistungsbeurteilung aber im Wesentlichen auf die bei der Klägerin bestehende Meinung, nicht mehr arbeitsfähig sein zu können, stütze. Wie der Sachverständige Dr. H. zu Recht ausführe, sei diese subjektive Selbsteinschätzung der Klägerin sozialmedizinisch nicht relevant. Im Übrigen werde diese subjektive Einschätzung durch die objektiv erhobenen Befunde, insbesondere den psychiatrischen Befund nicht gestützt. Weiter könne die Kammer dem auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten der Nervenärztin Dr. P. nicht folgen. Diese diagnostiziere eine Somatisierungsstörung sowie eine leichte bis mittelschwere Depression nach dem Tod des Sohnes im Jahre 1979. Die nervenärztlichen Erkrankungen bezeichne sie als nicht ausgesprochen schwerwiegend, ihre Leistungseinschränkung von auf drei bis unter sechs Stunden begründe sie im Wesentlichen mit der schwierigen Lebensgeschichte der Klägerin mit ausgesprochen belastender Kindheit und Verlust des Sohnes durch plötzlichen Herztod. Diese Begründung könne nicht überzeugen. Die begrenzte Lebenserwartung des Sohnes aufgrund des angeborenen Herzfehlers war bekannt und der Tod hat die Klägerin nicht gehindert, bis ins Jahr 2002 noch weiter zu arbeiten. Auch aus einer schwierigen Kindheit lasse sich heute eine Leistungseinschränkung nicht mehr herleiten. Hinzu komme, dass die Sachverständige ausführe, dass schwere chronische Schmerzen regelmäßig zu erheblichen Veränderungen im sozialen Beziehungsgefüge und zu deutlichen Auffälligkeiten im psychischen Befund führten, was bei der Klägerin indes gerade nicht der Fall sei. Auch die Tatsache, dass die Klägerin tagsüber 10 bis 15 Mal zum Wasserlassen die Toilette aufsuchen müsse, spreche nicht gegen eine leichte vollschichtige Tätigkeit. Zudem ergebe sich auch aus dem Gutachten von Dr. P., dass die Klägerin während der längeren gutachtlichen Untersuchung nicht zur Toilette gegangen und auch während der ganzen Zeit relativ entspannt und ohne Schmerzäußerungen gewesen sei. Auch aus dem eingeschränkten Hörvermögen, das immerhin mit Hörgeräten ausgeglichen sei, lasse sich eine rentenrechtlich relevante Leistungseinschränkung nicht herleiten. Nach alledem stehe damit fest, dass die Klägerin durchaus in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen zu verrichten. Die Klägerin sei damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Darüber hinaus habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die Klägerin sei schon nicht berufsunfähig. Sie Klägerin habe einen Beruf nicht erlernt und sei im Wesentlichen und auch zuletzt als Putzfrau beschäftigt gewesen. Die Klägerin sei damit als ungelernte Arbeiterin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Gegen dieses ihr am 31. Januar 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Februar 2007 beim SG Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, das SG habe die Vielzahl der vorliegenden Funktionseinschränkung nicht ausreichend berücksichtigt. Es wurde ein Attest der die Klägerin behandelnden HNO-Ärztin Dr. J. vom 10. Oktober 2005 vorgelegt, wonach wegen rezidivierender Paukenergüsse immer wieder – zuletzt im September 2005 – Paukenröhrchen eingelegt werden müssten. Weiterhin wurde mitgeteilt, dass die Klägerin am 24. Oktober 2007 einen Herzinfarkt erlitten habe und sich in den Medizinischen Reha-Einrichtungen der Stadt R. Herz-Kreislauf-Klinik M. einer stationären Anschlussheilbehandlung in der Zeit vom 9. November bis 30. November 2007 unterzogen habe.
Seit dem 1. Januar 2008 bezieht die Klägerin auf der Grundlage des Bescheids der Beklagten vom 8. November 2007 Altersrente für Frauen in Höhe von 405,20 EUR monatlich.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. November 2006 sowie den Bescheid vom 30. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung jeweils bis zum Beginn der Altersrente für Frauen ab dem 1. Januar 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat den Hausarzt und Internisten Dr. To. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser hat mit Schreiben vom 20. Dezember 2007 mitgeteilt, dass die Klägerin seiner Ansicht nach in der Lage war und ist - unterbrochen durch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit - sechs Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten zu verrichten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt haben.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bis zum 31. Dezember 2007. Dieser Anspruch steht ihr nicht zu, da ein Leistungsfall bis zum 30. November 2007 nicht eingetreten ist.
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der hier anzuwendenden, seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert im Sinne dieser Regelung sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine Erwerbsminderung liegt nicht vor, wenn der Versicherte noch sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig sein kann (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten liegt bis zum 30. November 2007 eine Erwerbsminderung nach diesem Maßstab nicht vor. Auch nach Überzeugung des Senats kann die Klägerin noch mindestens sechs Stunden am Tag unter den allgemeinen Bedingungen des Arbeitsmarkt tätig sein. Die Leistungseinschätzung des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten ist durch den Heilverfahren-Entlassungsbericht der Rheumaklinik Bad W. und die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten ärztlichen Gutachten bestätigt worden. Das nach § 109 SGG eingeholte Sachverständigengutachten vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Das SG hat die mindestens sechsstündige Leistungsfähigkeit pro Tag aus zutreffenden Gründen angenommen. Der Senat sieht daher gemäß § 153 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Nach Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung hat sich keine die quantitative Leistungsfähigkeit einschränkende Änderung ergeben. Zwar hat die Klägerin am 24. Oktober 2007 einen Herzinfarkt erlitten, der am gleichen Tag stationär behandelt wurde. Wie sich aus dem Bericht der Medizinischen Reha-Einrichtungen der Stadt R. Herz-Kreislauf-Klinik M. über die stationäre Anschlussheilbehandlung in der Zeit vom 9. November bis 30. November 2007 ergibt, war bis dahin eine Herzerkrankung nicht bekannt. Nach Abschluss der Maßnahme wurde eine leichte körperliche Tätigkeit als vollschichtig möglich angesehen. Dass sie sowohl vor dem erlittenen Herzinfarkt als auch nach der Reha-Maßnahme im Dezember 2007 vollschichtig leistungsfähig war, wird auch bestätigt durch die Angaben ihres Hausarztes Dr. To. vom 20. Dezember 2007. Aus dem Ohrenleiden und der Hörminderung ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine zeitliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit.
Da die Klägerin damit bis zum 20. Dezember 2007 und damit erst Recht bis zum 30. November 2007 – abgesehen von Zeiten arbeitsunfähiger Erkrankung - mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein konnte, war sie nicht erwerbsgemindert. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den zu beachtenden qualitativen Einschränkungen. Die Klägerin kann nur noch leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken und Treppensteigen, gleichförmige Körperhaltungen und auch Überkopfarbeiten sowie unter Ausschluss von Akkord und Wechselschicht und ohne Exposition durch Kälte, Nässe und inhalative Reizstoffe verrichten. Dies steht für den Senat, der auch insoweit der Begründung des SG folgt, aufgrund der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten und des Sachverständigengutachtens von Dr. H. fest. Weiterhin geht der Senat zugunsten der Klägerin davon aus, dass ihr aufgrund ihrer Schwerhörigkeit auch starke Lärmeinwirkungen während der Arbeit nicht zumutbar sind. Diese qualitativen Einschränkungen führen aber nicht dazu, dass eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen ist. Grundsätzlich bedarf es bei Versicherten, die noch mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten mit zusätzlichen Einschränkungen verrichten können, nicht der konkreten Benennung (zumindest) einer Verweisungstätigkeit. Ausnahmsweise hat die Rechtsprechung auf der Grundlage der vor dem 1. Januar 2001 gültigen Rechtslage auch bei noch vollschichtiger Leistungsfähigkeit die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit aber in solchen Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. BSG, Beschlüsse des Großen Senats (GrS) vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 sowie Entscheidungen des BSG vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 - SozR 3-2600 § 43 Nr. 17, vom 24. März 1998 - B 4 RA 44/96 R -, vom 25. März 1998 - B 5 RJ 46/97 R - und vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 30/98 R - SozR 3-2600 § 44 Nr. 12 jeweils veröffentlicht in Juris). Überträgt man diese Rechtsprechung auf die Frage des Vorliegens voller Erwerbsminderung führt dies hier zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Bei der Klägerin lag weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die ihr Leistungsvermögen in einer zur Prüfung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes Anlass gebenden Weise einschränken. Dass aufgrund ihrer Hörminderung und ihres Ohrleidens eine ausreichende Verständigung mit ihr dauerhaft – insbesondere länger als sechs Monate – nicht möglich gewesen sei, macht sie selbst nicht geltend und ist auch auszuschließen, nachdem keiner der behandelnden Ärzte oder untersuchenden Gutachter und Sachverständigen Entsprechendes festgestellt oder bemerkt haben. Die Klägerin bedurfte aber auch keiner unüblichen Pausen. Für den Senat steht insoweit fest, dass die Klägerin nicht mehr als ein- bis höchstens zweimal pro Stunde zur Toilette gehen muss. Dies ergibt sich bei Zugrundelegung ihrer Angaben, dass sie bereits im Jahr 2003 - 10 bis 15 Mal am Tag die Toilette habe aufzusuchen müssen. Soweit die Toilettengänge nicht unmittelbar vor und nach der Arbeitszeit sowie im Rahmen der üblichen Arbeitspausen erledigt werden können, kann hierfür die persönliche Verteilzeit in Anspruch genommen werden, ohne dass eine betriebsunübliche Arbeitsunterbrechung vorliegt (vgl. auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2003 - L 14 RJ 137/01 -).
Darauf, ob sich der Gesundheitszustand der Klägerin nach Vollendung ihres 60. Lebensjahrs ab dem 25. Dezember 2007 durch eine Darmerkrankung wesentlich verschlechtert hat, kommt es für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr an. Hinzuweisen ist, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2008 die vorrangige Altersrente für Frauen bezieht, die den Bezug der nicht höheren (§ 77 Abs. 3 SGB VI), nachrangigen (§ 89 SGB VI) Erwerbsminderungsrente ausschließt.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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