L 6 R 1014/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3861/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 R 1014/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14.12.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1953 in R. geborene Kläger absolvierte dort von September 1968 bis September 1971 eine Ausbildung zum Dreher. Nach seinem Zuzug in die B. im April 1981 arbeitete er von September 1981 bis zur Krankschreibung am 13.10.2003 im erlernten Beruf. Mit Schreiben vom 21.12.2004 teilte die I. Bayern der Beklagten mit, auf den am 26.01.2004 gestellten Antrag sei von 19.03. bis 16.04.2004 eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt worden. Die im Reha-Entlassungsbericht angeregte stufenweise Wiedereingliederung sei inzwischen abgebrochen worden. Am 28.12.2004 stellte der Kläger Rentenantrag. Er legte das Attest von Dr. H. vom 10.12.2004 vor, der Kläger sei weiterhin arbeitsunfähig. Der Beklagten lag ferner der ärztliche Entlassungsbericht vom 29.04.2004 nach der stationären Rehabilitationsmaßnahme in der F.-Klinik Bad B. vor. Darin werden eine Somatisierungsstörung bei narzisstischer Persönlichkeitsstörung, eine chronisch rezidivierende Epicondylose humeri radialis und ulnaris beidseits, ein Halswirbelsäulen-(HWS-)Syndrom mit Cervikocephalgie und Cervikobrachialgie beidseits, ein im Jahr 2003 magnetresonanztomographisch gesicherter Bandscheibenvorfall C5/6 und eine Adipositas diagnostiziert. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Arbeiten ebenso wie die Tätigkeit als Dreher vollschichtig verrichten. Die Beklagte erhob das Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Allgemeinmedizin Dr. Sch. vom 18.02.2005. Dieser beschrieb eine leichte Ellenbogengelenksarthrose links, einen chronischen Reizzustand umgebender Weichteile an den außen- und innenseitigen Ellenbogenknorren beidseits (chronische Epicondylopathie humeri radialis und humeri ulnaris), einen flachen Bandscheibenvorfall der unteren HWS C5/6 mittig rechts ohne Wurzelreizsymptomatik, eine schmerzhafte Verhärtung der Schulterkappenmuskeln beidseits, eine initiale Arthrose der kleinen Wirbelgelenke der unteren Lendenwirbelsäule (Facettengelenksarthrose L4 bis S2), eine initiale Arthrose im Gelenk zwischen Elle und Speiche am linken Handgelenk (Radioulnararthrose), eine Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend histrionischen (differentialdiagnostisch narzisstischen) Anteilen und als sonstige Diagnosen ein erhebliches Übergewicht, eine Cholesterinvermehrung im Blutserum, eine Harnsäurevermehrung im Blutserum, bisher ohne Gichtanfälle, ein wechselndes wiederkehrendes Ohrgeräusch rechts/links (rezidivierender Tinnitus) sowie eine medikamentös kompensierte leichte obstruktive Lungenfunktionsstörung und äußerte den Verdacht auf eine subklinische Blutzuckererkrankung (Diabetes mellitus). Leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel von mehr als 10 kg, ohne Zwangshaltungen und ohne Überkopfarbeiten seien sechs Stunden und mehr zumutbar. Die Tätigkeit als Dreher könne nur unter drei Stunden ausgeübt werden. Mit Bescheid vom 28.02.2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab und verwies den Kläger auf Tätigkeiten als Registrator im öffentlichen Dienst und Poststellenmitarbeiter.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, er befinde sich in psychiatrischer Behandlung bei Prof. Dr. W. und habe eine psychotherapeutische Behandlung begonnen. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Neurologen und Psychiater Dr. Sch ... Im Gutachten vom 18.07.2005 diagnostizierte dieser eine Somatisierungsstörung und eine mäßig ausgeprägte reaktiv-depressive Verstimmung bei berichteten sozialen Problemen. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne überdurchschnittliche, das arbeitsmarktübliche Ausmaß übersteigende intellektuelle Anforderungen, insbesondere die Konzentration und Aufmerksamkeit betreffend, sechs Stunden und länger täglich verrichten. Für die Tätigkeit als Dreher an seiner bisherigen Arbeitsstelle nahm Dr. Sch. ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen an. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2005 zurück und benannte als weitere Verweisungstätigkeit die Tätigkeit als Endkontrolleur.

Am 06.12.2005 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (SG). Er übersandte die Bescheinigungen der Diplom-Psychologin H. vom 28.11.2005 sowie 10.02.2006 (der Kläger könne aufgrund seiner psychischen Verfassung keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen) und von Dr. H. vom 30.11.2005 und 08.09.2006 (der Kläger sei nicht mehr als 15 Stunden wöchentlich arbeitsfähig bzw. er sei aus ärztlicher Sicht arbeits- und erwerbsunfähig). Ferner legte er die Arztbriefe von Prof. Dr. W. vom 03.03.2006 (Anpassungsstörung, multimorbide Körperbeschwerden, wohl auch mit Psychosomatose), des Internisten und Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. vom 14.03.2006 (Rhonchopathie, Rückenlage-assoziierte Schlafapnoe und depressive Verstimmung) und des Psychiaters Dr. Sch. vom 17.10.2006 (depressiver Erschöpfungszustand) vor. Das SG hörte den Neurologen und Psychiater Prof. Dr. W., Dr. H., die Diplom-Psychologin H. und Dr. Sch. schriftlich als sachverständige Zeugen. Prof. Dr. W. führte unter dem 20.02.2006 aus, versuchsweise könne eine stufenweise berufliche Wiedereingliederung bei leichter, sitzender körperlicher Tätigkeit mit einem zeitlichen Umfang von maximal vier Stunden pro Tag begonnen werden. Sollte sich der Wiedereingliederungsversuch als nicht durchführbar erweisen, erscheine eine Berentung aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sinnvoll. Dr. H. und die Diplom-Psychologin H. bestätigten in den Zeugenauskünften vom 03.03.2006 bzw. 06.03.2006 ihre in den Bescheinigungen vom 30.11. bzw. 28.11.2005 und 10.02.2006 getroffenen Leistungsbeurteilungen. Dr. Sch. vertrat unter dem 24.11.2006 die Auffassung, nach den Angaben des Klägers und dem Befund in der Untersuchungssituation sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das SG veranlasste die Auskunft der W. GmbH vom 01.03.2006, aus der sich ergibt, dass der Kläger von 22.09.1981 bis zur Krankschreibung am 13.10.2003 als Dreher mit Einstufung in die für Facharbeiter geltende Tarifgruppe 4 des Tarifvertrages des Metallhandwerks gearbeitet hatte. Das SG zog die für das Landessozialgericht Baden-Württemberg im Verfahren L 3 RJ 5051/99 erstattete berufskundliche Stellungnahme des damaligen Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg vom 16.08.2000 bei. Darin wird ausgeführt, bei dem Begriff des Registrators handele es sich im Allgemeinen um eine Tätigkeitsbezeichnung, die so am Arbeitsmarkt üblicherweise keine Verwendung finde. Stellen als Registrator/Registratorin würden in der Regel unter einer betriebs- oder verwaltungsorientierten Bezeichnung geführt oder zur Besetzung ausgeschrieben (z. B. Bürokraft, Bürosachbearbeiter, Bibliothekarhilfskraft o. ä.). Arbeitsplätze für Registratoren seien im Bereich des Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg in nennenswertem Umfang in sehr verschiedenen Bereichen vorhanden. Eine genaue Zahl solcher Arbeitsplätze könne nicht genannt werden. Die Tätigkeit werde im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ausgeübt, überwiegend würden jedoch stehende Tätigkeiten verrichtet. Es handele sich in der Regel um leichte Arbeiten, die auch das Heben und Tragen von Lasten von über 5 bis zu 10 kg beinhalteten. Tätigkeiten mit Zwangshaltungen wie auch Überkopfarbeiten könnten häufig nicht vermieden werden. Je nach Registratur können durchaus auch Arbeiten auf Leitern vorkommen. Die körperliche Belastung hänge jedoch weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsorganisation ab. An die geistigen Anforderungen würden keine über das normal übliche Maß hinausgehenden Ansprüche bestellt. Die Dauer der Anlern-/Einarbeitungszeit betrage üblicherweise nicht länger als drei Monate, hänge aber auch von den jeweiligen persönlichen Fähigkeiten ab. Vorkenntnisse seien dabei weitgehend ohne Bedeutung. Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 06.04.2006 vor, in der dieser die Einholung eines Berichtes bei dem behandelnden Orthopäden Dr. W. und eines psychosomatischen Gutachtens anregte.

Das SG erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. D. vom 13.06.2006, in dem der Sachverständige eine Dysthymia, einen Tinnitus, arthrotische Veränderungen im Bereich der Ellenbogengelenke, einen Bandscheibenvorfall der unteren HWS und anamnestisch einen Diabetes mellitus sowie eine obstruktive Lungenfunktionsstörung beschrieb. Schwere körperliche Tätigkeiten wie eine Tätigkeit als Dreher seien dem Kläger aufgrund der Gesundheitsstörungen im orthopädischen Fachgebiet nicht mehr zumutbar. Auch Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, mit Absturzgefahr und besonderen Anforderungen an den Bewegungsapparat sollten vermieden werden. Zumutbar seien Tätigkeiten als Qualitätsprüfer in der Endkontrolle, Registrator oder Poststellenmitarbeiter. Die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sei aufgrund der bestehenden Dysthymie zwar herabgesetzt. Nach der Beschreibung der Verweisungstätigkeit Poststellenmitarbeiter handele es sich hierbei aber um eine relativ einfache Tätigkeit. Das Öffnen der eingegangenen Post und das Anbringen des Eingangsstempels, das Verteilen der Post auf die Abteilungen und Referate etc. dürfte auch einem Menschen mit leichten Beeinträchtigungen in Bezug auf die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit möglich sein. Mit den genannten Einschränkungen könne der Kläger noch sechs Stunden und mehr täglich arbeiten. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 14.12.2006, das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des vorgelegten Empfangsbekenntnisses am 29.01.2007 zugestellt wurde, ab.

Am 26.02.2007 hat der Kläger Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt. Er hat die Arztbriefe des Radiologen Prof. Dr. Sch. vom 15.01.2007 über die Kernspintomographie des rechten Knies (degenerative Veränderungen des Innenmeniscushinterhorns mit Rissbildung), von Dr. W. vom 10.05.2007 (Bandscheibenvorfall C6/7) und vom 13.06.2007 (beginnende Gonarthrose beidseits), des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 15.05.2007 (latentes Carpaltunnelsyndrom beidseits ohne Operations-Indikation, latente Neuropathie bei Diabetes mellitus, Bandscheibenvorfall C6/7 sowie Protrusion C5/6 mit Wurzelreiz ohne Operations-Indikation und reaktive Depression), das für den Rechtsstreit zur Feststellung des Grades der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz erstattete Attest von Dr. H. vom 16.08.2007 sowie die Verordnung einer Hörhilfe wegen Innenohrschwerhörigkeit beidseits durch Dr. V. im Jahr 2007 vorgelegt. Ferner hat er die Arztbriefe von Dr. S. vom 06.04.2008 (rezidivierende Bronchitis, deutliche restriktive Ventilationsstörungen bei Non-Compliance bei der Lungenfunktionsmessung, keine Gasaustauschstörung) und von Dr. H. vom 10.04.2008 übersandt. Diese hat ausgeführt, der Kläger könne nicht mehr in die Hocke gehen, das Besteigen von Leitern sei wegen Schwindel und Tinnitus nicht möglich, der Kläger habe schon früher Höhenangst gehabt und könne unmöglich drei bis vier Stockwerke steigen, Arbeiten an gefährdenden Maschinen seien nicht möglich, im Schwerbehindertenausweis seien jeweils 10%ige Funktionsbehinderungen beider Handgelenke und beider Ellenbogengelenke festgestellt, der Kläger habe bei ungünstiger Witterung vermehrt Schmerzen, auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien nicht mehr möglich. In einem weiter vorgelegten (undatierten) Attest von Dr. H. werden ein am 18.06.2008 neu hinzugekommener Hochdruck und die anamnestische Angabe von Herzstechen am 22. und 24.06.2006 beschrieben. Der Kläger vertritt die Auffassung, eine Tätigkeit als Registrator sei ihm nicht zumutbar, da seine Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt sei, er keine Überkopfarbeiten verrichten und wegen des Schwindels auch keine Leitern besteigen könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14.12.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 28.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, ab 01.02.2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei der Diplom-Psychologin H., Dr. H. und Dr. W. eingeholt. Die Diplom-Psychologin H. hat unter dem 06.09.2007 ausgeführt, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers sei im psychotherapeutischen Bereich nicht festzustellen, er berichte jedoch von massiven Verschlechterungen seines allgemeinen Gesundheitszustandes. Dr. H. hat unter dem 07.09.2007 chronifizierte rezidivierende depressive Störungen, eine kognitive Einschränkung, eine Einschränkung des Kurzzeitgedächtnisses, eine chronische Schlafstörung durch den Dauerschmerz, eine Schwerhörigkeit, eine Gonarthrose beidseits, ein chronisches therapieresistentes Wirbelsäulensyndrom mit Dauerschmerz, ein ausgeprägtes Apnoe-Syndrom, einen Tinnitus aurium, eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung mit restriktiver Ventilationsstörung, die sich laufend verschlechtere, und einen Schwindel in den letzten Monaten, wahrscheinlich ausgehend von der HWS, beschrieben. In der ergänzenden Zeugenauskunft vom 25.07.2008 hat sie außerdem eine Ellenbogengelenksarthrose, Herzstechen, und einen am 18.06.2008 gemessenen erhöhten Blutdruck genannt. Die Internistin und Kardiologin Muth, Herzklinik U., zu der Dr. H. den Kläger wegen des Herzstechens überwiesen hatte, hat im Arztbrief vom 22.07.2008 ausgeführt, fahrradstressechokardiographisch ergebe sich – soweit bei Nichterreichen der submaximalen Herzfrequenz beurteilbar – kein Hinweis für eine belastungsinduzierte myokardiale Ischämie. Eine signifikante koronare Herzerkrankung sei eher nicht wahrscheinlich. Im weiteren Arztbrief der Herzklinik U. vom 28.07.2008 werden ein belastungsunabhängiges links-thorakales Stechen mit Druckgefühl, das differentialdiagnostisch eher skelettal-muskulär bedingt sei, eine vorbekannte degenerative Skeletterkrankung, ein arterieller Hypertonus mit hypertensiver Herzerkrankung, ein Diabetes mellitus vom Typ 2 und eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung diagnostiziert. Zur weiteren Einordnung der Koronarsituation sei mit dem Kläger eine umgehende Fahrradstressechountersuchung vereinbart worden. In der Zeugenauskunft von Dr. W. vom 07.12.2007 wird eine Verschlechterung der Beschwerden im orthopädischen Bereich beschrieben. Auch die Depression scheine zuzunehmen. Die Beklagte legte hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 02.01.2008 vor, in der dieser aus den beschriebenen Gesundheitsstörungen im orthopädischen und nervenärztlichen Bereich keine wesentlichen Auswirkungen auf das Leistungsbild ableiten konnte.

Der Senat hat das Gutachten des Orthopäden Dr. H. vom 01.03.2008 erhoben, in dem dieser ein chronisches Schmerzsyndrom im Bereich der gesamten Wirbelsäule, beider oberer Gliedmaßen, beider Kniegelenke bei diskreten Verschleißerscheinungen in der unteren Lendenwirbelsäule und diskreten Verschleißerscheinungen im rechten Kniegelenk sowie älterem rückläufigem Bandscheibenvorfall in der unteren HWS ohne neurologische Begleiterscheinungen und seelische Störungen beschrieb. Heben und Tragen von schweren Lasten, langes Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufigere Zwangshaltungen der Kniegelenke, Akkord- und Fließbandarbeiten und Arbeiten im Schichtdienst sollten vermieden werden. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit den genannten Einschränkungen mit stündlichem Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen seien mindestens sechs Stunden täglich möglich. Die Frage, ob er die Einholung eines weiteren Gutachtens erforderlich halte, hat der Sachverständige verneint.

Die Berichterstatterin des Senats hat die Sach- und Rechtslage am 23.04.2008 mit dem Kläger und am 04.06.2008 mit beiden Beteiligten erörtert. Der Kläger hat im Rahmen seiner Anhörung vorgetragen, er sei sein ganzes Leben lang als Dreher tätig gewesen. Er habe versucht, Tätigkeiten am PC seines Sohnes auszuüben. Beim Tippen schliefen ihm aber immer die Hände ein. Wegen des Schwindels, der in diesem Jahr neu aufgetreten sei, sei er vorläufig in Behandlung bei Dr. H ... Er fahre nur noch wenig Auto.

Der Senat hat aus den Akten der Agentur für Arbeit U. die gutachterliche Äußerung nach Aktenlage von Dr. W. vom 14.12.2007 beigezogen. Diese hat einen Bandscheibenvorfall C6/7, eine beginnende Gonarthrose beidseits, eine degenerative Innenmeniscusveränderung rechts, einen Diabetes mellitus, ein latentes Carpaltunnelsyndrom beidseits ohne Operations-Indikation, eine Hörminderung beidseits und eine rezidivierende depressive Störung beschrieben. Der Kläger sei vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in wechselnder Körperhaltung ohne Zeitdruck, Nachtschicht, Tätigkeiten mit erhöhter Anpassung und Konzentrationsbeanspruchung, Überkopfarbeiten, kraftaufwändige Tätigkeiten mit den Armen, Tätigkeiten in Lärmbereichen, Tätigkeiten, die volles Hörvermögen voraussetzen, und ohne Arbeiten mit Eigengefährdung bei Schwindel. Die Beklagte hat den Versicherungsverlauf vom 05.06.2008 übersandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der seit 01.01.2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Er kann nämlich noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit einigen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich verrichten. Für das berufliche Leistungsvermögen des Klägers sind insbesondere die Beschwerden im orthopädischen und nervenärztlichen Bereich relevant. Auf orthopädischem Fachgebiet liegen eine chronisch rezidivierende Epicondylose humeri radialis und ulnaris beidseits, ein HWS-Syndrom mit Cervikocephalgie und Cervikobrachialgie beidseits, Bandscheibenvorfälle C5/6 und C6/7, ein chronisches Schmerzsyndrom im Bereich der gesamten Wirbelsäule, beider oberer Gliedmaßen, beider Kniegelenke bei diskreten Verschleißerscheinungen in der unteren Lendenwirbelsäule und diskreten Verschleißerscheinungen im rechten Kniegelenk, eine schmerzhafte Verhärtung der Schulterkappenmuskeln beidseits und eine initiale Arthrose am linken Handgelenk vor (Entlassungsbericht der F.-Klinik Bad B. vom 29.04.2004, Gutachten Dr. Sch. vom 18.02.2005 und Gutachten von Dr. H. vom 01.03.2008, gutachterliche Äußerung nach Aktenlage von Dr. W. vom 14.12.2007). Im nervenärztlichen Bereich bestehen, wie sich aus dem Entlassungsbericht der F.-Klinik Bad B. sowie den Gutachten von Dr. Sch., Dr. Sch. vom 18.07.2005 und Dr. D. vom 13.06.2006 ergibt, eine Somatisierungsstörung bei narzisstischer Persönlichkeitsstörung und eine mäßig ausgeprägte reaktiv depressive Verstimmung. Diese Gesundheitsstörungen führen dazu, dass bei einer beruflichen Tätigkeit qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen sind. So sind dem Kläger aufgrund der Beschwerden im orthopädischen Bereich schwere körperliche Tätigkeiten mit Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 10 kg, Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, Akkord- und Fließbandarbeiten, die regelmäßig mit Zwangshaltungen verbunden sind, häufige Überkopfarbeiten und wegen der Problematik im nervenärztlichen Bereich Arbeiten im Schichtdienst, besonderer Zeitdruck, überdurchschnittliche, das arbeitsmarktübliche Ausmaß übersteigende intellektuelle Anforderungen insbesondere in Bezug auf Konzentration und Aufmerksamkeit nicht möglich. Die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit ist aufgrund der Dysthymie etwas herabgesetzt. Mit den genannten qualitativen Einschränkungen kann der Kläger aber Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr verrichten. Zu diesem Ergebnis ist der Senat aufgrund des Entlassungsberichts der F.-Klinik Bad B. und den Gutachten von Dr. Sch., Dr. H., Dr. Sch. sowie Dr. D. gelangt. Soweit die behandelnden Ärzte Dr. H., Dr. Sch. und die Diplom-Psychologin H. in ihren Bescheinigungen vom 28.11., 30.11.2005, 10.02., 08.09.2006, 10.04.2008 sowie in den Zeugenauskünften vom 03.03., 06.03., 24.11.2006, 06.09. und 07.09.2007 die Auffassung vertreten haben, der Kläger könne auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen nicht mehr sechs Stunden täglich verrichten, konnte sich der Senat deren Einschätzung unter Berücksichtigung der Leistungsbeurteilung im ärztlichen Entlassungsbericht der F.-Klinik Bad B. und in den zitierten Gutachten nicht anschließen. Die behandelnden Ärzte haben insbesondere nicht überzeugend begründet, weshalb sich aus den objektivierbaren Gesundheitsstörungen des Klägers eine quantitative Leistungseinschränkung ergeben soll. Den objektiv nicht gravierenden gesundheitlichen Problemen des Klägers kann durch qualitative Einschränkungen bei einer beruflichen Tätigkeit Rechnung getragen werden. Die weiteren, von dem Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. beschriebenen Beschwerden auf seinem Fachgebiet (leichtgradiges Schlafapnoe-Syndrom, rezidivierende Bronchitis, Ventilationsstörung) führen nicht zu erheblich weitergehenden Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit. Zwar hat Dr. S. im Arztbrief vom 06.04.2008 eine deutliche restriktive Ventilationsstörung angenommen, allerdings auch auf die Non-Compliance bei der Lungenfunktionsmessung hingewiesen. Von einer objektivierbaren erheblichen Leistungseinschränkung aufgrund dieses Lungenbefundes konnte sich der Senat nicht überzeugen. Dr. H. hat ferner außerhalb des orthopädischen und nervenärztlichen Fachgebiets vor allem auf anamnestische Beschwerden wie Schwindel und Herzstechen hingewiesen. Aufgrund des Schwindels sind allenfalls Tätigkeiten mit Absturzgefahr auszuschließen. Eine schwerwiegende Erkrankung im kardiologischen Bereich ist nicht anzunehmen. Bei der in der Herzklinik U. durchgeführten Fahrradstressechokardiographie ergab sich kein Hinweis für eine belastungsinduzierte myokardiale Ischämie (Arztbrief vom 22.07.2008). Allerdings differieren die Angaben über die bei der Ergometrie erreichte Belastung (125 Watt und Abbruch wegen Erschöpfung nach dem Arztbrief vom 22.07.2008, 75 Watt und Abbruch wegen Schwindel nach der geänderten Fassung vom 28.07.2008). In jedem Fall bestanden aber keine Hinweise auf eine kardiale Ursache für die anamnestisch angegebenen Beschwerden. So wird im Arztbrief vom 28.07.2008 eher eine skelettal-muskulär bedingte Ursache angenommen. Bezüglich des in der vorgelegten undatierten Bescheinigung von Dr. H. beschriebenen Bluthochdrucks geht der Senat davon aus, dass dieser bei entsprechender medikamentöser Einstellung ebenfalls keine erhebliche dauerhafte Leistungseinschränkung bedingt. Der im Hals-Nasen-Ohrenärztlichen Bereich beschriebene Tinnitus (Gutachten von Dr. Sch. vom 18.02.2005, Gutachten von Dr. D. vom 13.06.2006) und die Hörminderung beidseits (gutachterliche Äußerung nach Aktenlage von Dr. W. vom 14.12.2007) schließen lediglich Arbeiten in Lärmbereichen und Tätigkeiten, die volles Hörvermögen voraussetzen, aus. Insoweit schließt sich der Senat der Einschätzung von Dr. W. an. Da der Kläger somit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit den genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich verrichten kann, hat er keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI. Das Risiko, einen diesem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten, fällt gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI nicht in den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Die zu berücksichtigenden qualitativen Einschränkungen beinhalten auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, so dass die Benennung von Verweisungstätigkeiten im Hinblick auf einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI erforderlich wäre. Vielmehr handelt es sich um Einschränkungen, die überwiegend bereits vom Begriff der "leichten Tätigkeiten" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erfasst sind, wie das Vermeiden dauerhafter Überkopfarbeiten, von Arbeiten mit Absturzgefahr und des Hebens schwerer Lasten. Das zusätzliche Erfordernis, dass nur Tätigkeiten in wechselnder, nicht monotoner Körperhaltung ausgeübt werden können, stellt ebenso wenig eine ungewöhnliche Leistungseinschränkung dar wie das Vermeiden von Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen in geistig-psychischer Hinsicht.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Zur Feststellung des qualitativen Werts des bisherigen Berufs und damit zur Bestimmung der zumutbaren Verweisungstätigkeiten hat das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Arbeiterberufe in die Gruppen der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion und der diesen gleichgestellten besonders hoch qualifizierten Facharbeiter, der Facharbeiter, die einen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig drei Jahren, ausüben, der ange-lernten Arbeiter, die einen Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren ausüben, und der ungelernten Arbeiter untergliedert. Grundsätzlich darf nur auf Tätigkeiten der jeweils nächsten niedrigeren Gruppe verwiesen werden, soweit sie den Versicherten weder nach seinem beruflichen Können noch hinsichtlich seiner gesundheitlichen Kräfte überfordern (vgl. Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI Rz. 24f). Auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen sind ungelernte Arbeiter und angelernte Arbeiter des unteren Bereichs. Für angelernte Arbeiter des oberen Bereichs und Facharbeiter ist das Vorhandensein von geeigneten Verweisungstätigkeiten zu prüfen. Angelernter Arbeiter des oberen Bereichs ist, wer eine Tätigkeit verrichtet, für die eine Anlernzeit von über einem Jahr erforderlich ist (vgl. BSG SozR 3 -2200 § 1246 Nr. 45). Maßgebend für die Bestimmung des bisherigen Berufs im Sinne des § 240 SGB VI ist grundsätzlich die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Ein früherer Beruf ist dann zu berücksichtigen, wenn er aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben werden musste (vgl. Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI Rz. 10, 23).

Der Kläger ist gelernter Dreher und arbeitete zuletzt versicherungspflichtig in diesem Beruf. Der Senat geht in Übereinstimmung mit der Beklagten davon aus, dass der Kläger den erlernten Beruf aufgrund seiner qualitativen Einschränkungen nicht mehr ausüben kann und dass er aufgrund seines beruflichen Werdegangs auch unter Berücksichtigung der tarifvertraglichen Einstufung im letzten Arbeitsverhältnis der Gruppe der Facharbeiter nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts zuzurechnen ist. Der Kläger muss sich damit auf Tätigkeiten verweisen lassen, die für eine ungelernte Kraft eine betriebliche Anlernzeit von wenigstens drei Monaten erfordern oder sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten nach der tarifvertraglichen Eingruppierung aufgrund besonderer qualitativer Merkmale hervorheben und deshalb einer Anlerntätigkeit gleichstehen, wobei die Tätigkeit dem Kläger gesundheitlich zumutbar sein und er in der Lage sein muss, diese nach einer Einweisungszeit von höchstens drei Monaten vollwertig zu verrichten (vgl. Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI Rz. 97f, 84, 92). Dies ist bei der Tätigkeit des Registrators der Fall. Die Wertigkeit der Arbeit des Registrators als für Facharbeiter zumutbare Verweisungstätigkeit folgt aus der wegen ihrer qualitativen Wertigkeit erfolgten tarifvertraglichen Einstufung. Im öffentlichen Dienst wurden Registratoren nach Vergütungsgruppe VIII BAT (nunmehr Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes) entlohnt, weshalb sich Facharbeiter auf diese Tätigkeit sozial zumutbar verweisen lassen müssen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 27.11.1991 - 5 RJ 91/89; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.2005, - L 11 RJ 4993/03 -, Urteil vom 23.01.2007 – L 11 R 4310/06 – jeweils zitiert nach Juris).

Die Tätigkeit des Registrators ist dem Kläger gesundheitlich zumutbar. Diese erfordert Arbeiten im Wechselrhythmus von Sitzen, Gehen und Stehen. In körperlicher Hinsicht sind überwiegend leichte Tätigkeiten zu verrichten. Schweres Heben und Tragen ist nicht notwendig; ggf. müssen Lasten bis 10 kg Gewicht bewegt werden. Besondere psychische Belastungen kommen nicht vor (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.2005, a. a. O., Urteil vom 23.01.2007 a. a. O.; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 19.12.2007 - L 19 R 904/05 - zitiert nach Juris). Diese Anforderungen ergeben sich auch aus der beigezogenen berufskundlichen Stellungnahme des damaligen Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg vom 16.08.2000 und stimmen mit dem oben festgestellten beruflichen Leistungsvermögen des Klägers überein. Soweit der Kläger vorträgt, er habe Bedenken bezüglich einer Tätigkeit als Registrator, weil die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt, Überkopfarbeiten ausgeschlossen seien und sein Schwindel das Besteigen von Leitern ausschließe, konnte der Senat seiner Auffassung nicht folgen. Eine wesentliche Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit wird im Gutachten von Dr. D. nicht beschrieben. Vielmehr führte der Sachverständige aus, der Kläger sei in der Lage, in einer mehr als einstündigen Exploration konzentriert und chronologisch - unter Angaben genauer Daten - zu berichten. Überkopfarbeiten sind nach der Überzeugung des Senats, die er aufgrund des Gutachtens von Dr. H. gewonnen hat, nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern gelegentlich zumutbar. Eine schwerwiegende Schwindelsymptomatik, die etwa auch das Besteigen der in Büros gängigen Trittleitern vollständig ausschließen würde, ist nicht objektiviert. Aus dem Vortrag des Klägers im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 23.04.2008, ihm würden beim Tippen am PC die Hände einschlafen, folgt nichts wesentlich anderes. Diese Symptomatik lässt sich durch das von Dr. L. im Arztbrief vom 15.05.2007 beschriebene latente Carpaltunnelsyndrom beidseits erklären. Eine Operations-Indikation hat Dr. L. nicht gesehen. Das Carpaltunnelsyndrom schließt nur kraftaufwändige Tätigkeiten mit den Armen aus (gutachterliche Äußerung nach Aktenlage von Dr. W. vom 14.12.2007). Solche Anforderungen werden bei einer Tätigkeit als Registrator aber nicht gestellt.

Der Kläger kann die Tätigkeit als Registrator auch nach einer bis zu dreimonatigen Anlernzeit vollwertig verrichten. Die Tätigkeit einer Registraturkraft in einer Verwaltung erfordert das Sortieren der von den zuständigen Bürokräften zu bearbeitenden Schriftstücke nach den Vorgaben von Aktenplänen oder anderen Organisationsmerkmalen, das Erledigen von anfallenden Schreibarbeiten, die Führung von Statistiken, Terminüberwachungslisten und Karteien, das Ziehen und Abstellen von Ordnern/Akten, das Weiterleiten der zu bearbeitenden Vorgänge zu den sachbearbeitenden Stellen innerhalb des Betriebes bzw. der Behörde mit Registraturwagen und das Abhängen von Akten oder das Abstellen von Ordnern nach der jeweiligen Bearbeitung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.01.2005, a. a. O.). Diese Anforderungen kann der Kläger innerhalb von drei Monaten erlernen. Zwar war der Kläger in seinem bisherigen Berufsleben nicht im Bürobereich, sondern in der industriellen Fertigung, nämlich als Dreher, tätig. Er hat jedoch selbst angegeben, gelegentlich am PC Arbeiten zu verrichten. Eine entsprechende Tätigkeit ist ihm damit nicht gänzlich fremd. Auch hat Dr. D. im Gutachten vom 13.06.2006 eine nur etwas herabgesetzte Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit beschrieben. Die Ausübung einer nicht mit erheblichen intellektuellen Anforderungen verbundenen Bürotätigkeit ist dem Kläger damit möglich, wie sich aus dem Gutachten von Dr. D. ergibt. Der Senat konnte sich insoweit der Auffassung des 12. Senats des erkennenden Gerichts in den Urteilen vom 04.07.2002 und 25.07.2002 (L 12 RJ 2916/01 und L 12 RJ 741/02 - jeweils zitiert nach Juris) nicht anschließen, in eine angelernte Tätigkeit, die eine Ausbildung von mindestens drei Monaten voraussetzt, könnten sich in kürzerer Zeit in der Regel nur Versicherte einarbeiten, die gewisse Vorkenntnisse haben. Grund für die soziale Zumutbarkeit der Tätigkeit als Registrator für einen Facharbeiter ist gerade nicht die hierfür erforderliche Anlernzeit, sondern die – wegen der qualitativen Wertigkeit der Tätigkeit erfolgte – tarifvertragliche Einstufung. Da der Kläger sich somit auf die Tätigkeit als Registrator verweisen lassen muss, hat er keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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