Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 8384/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2696/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 8. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme.
Der am 29. März 1947 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Vom 7. Mai bis 3. Juni 2003 nahm er zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in Bad K. teil. Am 3. August 2005 stellte er unter Beifügung eines Berichts des Orthopäden Dr. K. bei der DRV Bund erneut einen Antrag auf Gewährung einer stationären Rehabilitation. Die DRV Bund leitete den Antrag zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter. Die Beklagte holte eine Stellungnahme von Dr. A. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, wonach die dringende medizinische Notwendigkeit der Maßnahme nicht ausreichend dokumentiert sei.
Mit Bescheid vom 22. August 2005 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, eine stationäre Kur dürfe nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, es sei denn, eine vorzeitige Leistung sei aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich. Vorliegend seien Heilmittelanwendungen am Wohnort und fachärztliche Mitbehandlung ausreichend und zweckmäßig.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und legte ein Schreiben von Dr. K. vor. Danach habe sich der der Gesundheitszustand des Klägers in den letzten Jahren erheblich verschlechtert und aufgrund der internistischen Erkrankungen seien auch Behandlungskoordinationsprobleme, z.B. bei der Gabe von Medikamenten zur Schmerzbehandlung, aufgetreten. Die ambulante Therapieresistenz verzögere den Heilungsprozess. Heilmittelanwendungen am Wohnort seien aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes (u. a. Diabetes) nicht angebracht.
Dr. L. (MDK) führte in einer daraufhin von der Beklagten veranlassten Stellungnahme aus, auch unter Berücksichtigung des Schreibens von Dr. K. sei nicht nachvollziehbar, dass ambulante Therapiemöglichkeiten am Wohnort erfolglos ausgeschöpft worden oder nicht geeignet seien. LMD S. (MDK) führte in einer weiteren Stellungnahme aus, dass sozialmedizinisch nicht nachvollziehbar sei, warum die Therapieempfehlungen von Dr. K. nicht am Wohnort durchgeführt werden könnten. Nach Vorlage einer Erklärung des Hausarztes Dr. H., welcher über einen nicht zufriedenstellend eingestellten Diabetes mellitus IIb mit ungeklärter Tagesmüdigkeit berichtete, führte Dr. D. (MDK) aus, dass sich aus dem hausärztlichen Schreiben keine weiteren Erkenntnisse ergäben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer stationären Kurmaßnahme seien, wie aus den Stellungnahmen des MDK ersichtlich, nicht gegeben.
Der Kläger hat am 29. Dezember 2005 bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheides und der Verpflichtung der Beklagten, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Gewährung von stationären Rehabilitationsleistungen nach § 40 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) stehe im Ermessen der Krankenkasse. Die Behörde müsse bei der Ermessensentscheidung von einer richtigen Beurteilung der Voraussetzungen für das Ermessen und bei dessen Ausübung vom richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgehen. Die Beklagte habe ihrer Entscheidung einen nicht vollständig ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt. Hinsichtlich der Möglichkeit einer ambulanten Heilmittelanwendung habe sie keine weiteren Ermittlungen durch Befragung der behandelnden Ärzte durchgeführt. Sowohl Dr. K. als auch Dr. H. hätten mitgeteilt, dass eine ambulante Heilmittelanwendung nicht möglich sei.
Dr. K. hat als sachverständiger Zeuge zunächst (Schreiben vom 9. August 2006) mitgeteilt, der Kläger habe am 6. März 2006 wegen Therapieresistenz bei Behandlung eine weitere ambulante Krankengymnastik abgelehnt. Seit 23. Mai 2006 arbeite der Kläger trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen wieder. Die Arbeitsunfähigkeit sei beendet. Ergänzend (Schreiben vom 13. Dezember 2006) hat Dr. K. mitgeteilt, in Akutphasen seien durch die Krankengymnastik gute Therapieergebnisse erzielt worden, der Patient habe eigene Übungen erlernt, welche er ab März 2006 eigenständig umsetzen wolle. Die letzte Vorstellung sei mit Beendigung der Krankmeldung im Mai 2006 erfolgt, sodass er von einer Besserung der Beschwerden ausgehe. Dr. H. hat als sachverständiger Zeuge angegeben, durch regelmäßige häusliche Krankengymnastik sowie bedarfsadaptiert durch Schmerzmedikation sei eine Besserung der Beschwerden zu erwarten. Für eine Intensivierung und Ausweitung der Therapie fehlten jedoch am Wohnort die Möglichkeiten.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme von Dr. L. vorgelegt, wonach die ambulante vertragsärztliche Versorgung vorrangig gegenüber der beantragten Leistung sei. Die bestehenden Gesundheitsstörungen des Klägers seien nicht von einem solchen Ausmaß, dass eine stationäre Rehabilitation dringend geboten wäre. Vielmehr sei der Kläger ausreichend mobil, ein regelmäßiges ambulantes Fitnessprogramm durchzuführen.
Das SG hat ein Gutachten bei der Orthopädin Dr. B.-S. eingeholt. Danach bestehe nur eine geringfügige Funktionseinschränkung im Bereich der Schultergelenke, des Hüftgelenkes und der Wirbelsäule. Bezüglich der Schultergelenksbeschwerden (beginnende Arthrose im linken Schultergelenk, rechts geringe Akromioklavikulargelenksarthrose) mit endgradiger schmerzbedingter Bewegungseinschränkung seien Schwimmen und Bewegungsübungen beider Schultergelenke im Wechsel mit krankengymnastischer Unterstützung ausreichend. Hinsichtlich einer beginnenden Arthrose des Hüftgelenkes mit Einschränkung der Rotation bei normalem Gangbild würden ebenfalls regelmäßiges Schwimmen und Fahrradfahren sowie die intervallmäßige Durchführung einer Krankengymnastik genügen. Im Hinblick auf die degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule ohne Nervenwurzelreizsymptome sei ambulante Krankengymnastik ausreichend. Bei deutlich degenerativen Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule bestehe ebenfalls keinerlei Indikation für eine stationäre Behandlung.
Auf Anregung des Klägers hat das SG das in einem Parallelverfahren (S 17 SB 1818/05) eingeholte orthopädische Gutachten von Dr. H. vom 30. Januar 2007 beigezogen und hierzu Dr. B.-S. ergänzend gehört. In ihrer Stellungnahme hat sie ausgeführt, dass die in dem Gutachten von Dr. H. angeführten weiteren Gesundheitsstörungen (operiertes Karpaltunnelsyndrom rechts, noch nicht operiertes Karpaltunnelsyndrom links sowie Lateralisationstendenzen der Kniescheibe) keine Gesundheitsstörungen seien, die eine stationäre Kurmaßnahme erforderlich machten.
Mit Urteil vom 8. Mai 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 22. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2005 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Es bestehe kein Anspruch auf Neubescheidung des Antrags auf Rehabilitationsleistungen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB V bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, wenn diese notwendig seien, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Reiche nach § 40 Abs. 1 SGB V bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, könne die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V bestehe, oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich sei, in wohnortnahen Einrichtungen erbringen. Reiche nach § 40 Abs. 2 SGB V diese Leistung nicht aus, könne die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V bestehe. Die genannten Vorschriften machten ein Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen der Krankenbehandlung deutlich, das bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V folge. Das bedeute, dass eine stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung nur dann in Betracht komme, wenn weder eine ambulante Krankenbehandlung noch eine ambulante Rehabilitation in einer wohnortnahen Einrichtung oder eine ambulante Rehabilitationsleistung in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, ausreichend seien. Auch wenn die einschränkende Voraussetzung des § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V (grundsätzlich keine weitere Maßnahme vor Ablauf von vier Jahren) hier aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr zu beachten sei, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht, denn die Voraussetzungen für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme lägen nicht vor. Bei dem beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen, wie sie sich aus den Gutachten von Dr. B.-S. und Dr. H., den Aussagen der behandelnden Ärzte und den Stellungnahmen des MDK ergeben würden, stünden die orthopädischen Erkrankungen für die hier streitige Frage einer stationären Rehabilitation ganz im Vordergrund. Die internistischen Erkrankungen würden ambulant behandelt und bedürften auch nach der Einschätzung von Dr. H. keiner stationären Rehabilitation. Auch hinsichtlich der übrigen nicht-orthopädischen Erkrankungen komme eine Rehabilitation nicht in Betracht. Die orthopädischen Erkrankungen bedürften keiner stationären Rehabilitation. Dies folge aus dem überzeugenden und in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen von Dr. B.-S ... Diese habe in ihrem Gutachten nachvollziehbar ausgeführt, dass angesichts der nur geringen Funktionsbeeinträchtigungen - insbesondere im Bereich der Schultern, Hüften und Hals- und Lendenwirbelsäule - ambulante Behandlungen ausreichend seien. Im Bereich der Brustwirbelsäule lägen zwar erhebliche degenerative Veränderungen (Morbus Forrestier) vor. Bei der Untersuchung durch Dr. B.-S. habe der Kläger insoweit jedoch nicht einmal Beschwerden angegeben. Schließlich sei auch der behandelnde Orthopäde nicht durchgehend aufgesucht worden. Insoweit könne von einer Erschöpfung ambulanter Behandlungsmöglichkeiten keine Rede sein. Daran ändere auch nichts, dass der Kläger ausführe, er habe die Krankengymnastik beendet, da es hierdurch zu einer Schmerzverstärkung gekommen sei. Die von dem behandelnden Orthopäden empfohlenen Therapiemaßnahmen, wie schonende sportliche Betätigung und allgemeines Fitnesstraining, welche ebenfalls vom MDK und Dr. B.-S. für sinnvoll und sachgerecht erachtet würden, könnten ohne Weiteres vom Kläger selbst durchgeführt werden. Im Bedarfsfall könne in einer Akutphase zusätzlich Krankengymnastik verordnet werden. Soweit es dem Kläger darum ginge, wie er offenbar gegenüber Dr. B.-S. angedeutet habe, im Rahmen einer stationären Rehabilitation eine weitergehende Diagnostik seiner Beschwerden zu erhalten, sei dem zu entgegnen, dass dies nicht zu den Zielen der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gehöre. Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers seien nicht ersichtlich.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 20. Mai 2008 zugestellte Urteil am 9. Juni 2008 Berufung eingelegt. Die Berufung ist nach erfolgter Akteneinsicht trotz mehrfacher Erinnerung nicht begründet worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 8. Mai 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 3. August 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten sind dazu gehört worden, dass beabsichtigt sei, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von vom Kläger beanspruchte Rehabilitationsmaßnahme dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt, weil die Möglichkeiten ambulanter Maßnahmen ausreichend und vom Kläger noch nicht ausgeschöpft sind. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme.
Der am 29. März 1947 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Vom 7. Mai bis 3. Juni 2003 nahm er zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in Bad K. teil. Am 3. August 2005 stellte er unter Beifügung eines Berichts des Orthopäden Dr. K. bei der DRV Bund erneut einen Antrag auf Gewährung einer stationären Rehabilitation. Die DRV Bund leitete den Antrag zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter. Die Beklagte holte eine Stellungnahme von Dr. A. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, wonach die dringende medizinische Notwendigkeit der Maßnahme nicht ausreichend dokumentiert sei.
Mit Bescheid vom 22. August 2005 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, eine stationäre Kur dürfe nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, es sei denn, eine vorzeitige Leistung sei aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich. Vorliegend seien Heilmittelanwendungen am Wohnort und fachärztliche Mitbehandlung ausreichend und zweckmäßig.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und legte ein Schreiben von Dr. K. vor. Danach habe sich der der Gesundheitszustand des Klägers in den letzten Jahren erheblich verschlechtert und aufgrund der internistischen Erkrankungen seien auch Behandlungskoordinationsprobleme, z.B. bei der Gabe von Medikamenten zur Schmerzbehandlung, aufgetreten. Die ambulante Therapieresistenz verzögere den Heilungsprozess. Heilmittelanwendungen am Wohnort seien aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes (u. a. Diabetes) nicht angebracht.
Dr. L. (MDK) führte in einer daraufhin von der Beklagten veranlassten Stellungnahme aus, auch unter Berücksichtigung des Schreibens von Dr. K. sei nicht nachvollziehbar, dass ambulante Therapiemöglichkeiten am Wohnort erfolglos ausgeschöpft worden oder nicht geeignet seien. LMD S. (MDK) führte in einer weiteren Stellungnahme aus, dass sozialmedizinisch nicht nachvollziehbar sei, warum die Therapieempfehlungen von Dr. K. nicht am Wohnort durchgeführt werden könnten. Nach Vorlage einer Erklärung des Hausarztes Dr. H., welcher über einen nicht zufriedenstellend eingestellten Diabetes mellitus IIb mit ungeklärter Tagesmüdigkeit berichtete, führte Dr. D. (MDK) aus, dass sich aus dem hausärztlichen Schreiben keine weiteren Erkenntnisse ergäben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer stationären Kurmaßnahme seien, wie aus den Stellungnahmen des MDK ersichtlich, nicht gegeben.
Der Kläger hat am 29. Dezember 2005 bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheides und der Verpflichtung der Beklagten, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Gewährung von stationären Rehabilitationsleistungen nach § 40 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) stehe im Ermessen der Krankenkasse. Die Behörde müsse bei der Ermessensentscheidung von einer richtigen Beurteilung der Voraussetzungen für das Ermessen und bei dessen Ausübung vom richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgehen. Die Beklagte habe ihrer Entscheidung einen nicht vollständig ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt. Hinsichtlich der Möglichkeit einer ambulanten Heilmittelanwendung habe sie keine weiteren Ermittlungen durch Befragung der behandelnden Ärzte durchgeführt. Sowohl Dr. K. als auch Dr. H. hätten mitgeteilt, dass eine ambulante Heilmittelanwendung nicht möglich sei.
Dr. K. hat als sachverständiger Zeuge zunächst (Schreiben vom 9. August 2006) mitgeteilt, der Kläger habe am 6. März 2006 wegen Therapieresistenz bei Behandlung eine weitere ambulante Krankengymnastik abgelehnt. Seit 23. Mai 2006 arbeite der Kläger trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen wieder. Die Arbeitsunfähigkeit sei beendet. Ergänzend (Schreiben vom 13. Dezember 2006) hat Dr. K. mitgeteilt, in Akutphasen seien durch die Krankengymnastik gute Therapieergebnisse erzielt worden, der Patient habe eigene Übungen erlernt, welche er ab März 2006 eigenständig umsetzen wolle. Die letzte Vorstellung sei mit Beendigung der Krankmeldung im Mai 2006 erfolgt, sodass er von einer Besserung der Beschwerden ausgehe. Dr. H. hat als sachverständiger Zeuge angegeben, durch regelmäßige häusliche Krankengymnastik sowie bedarfsadaptiert durch Schmerzmedikation sei eine Besserung der Beschwerden zu erwarten. Für eine Intensivierung und Ausweitung der Therapie fehlten jedoch am Wohnort die Möglichkeiten.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme von Dr. L. vorgelegt, wonach die ambulante vertragsärztliche Versorgung vorrangig gegenüber der beantragten Leistung sei. Die bestehenden Gesundheitsstörungen des Klägers seien nicht von einem solchen Ausmaß, dass eine stationäre Rehabilitation dringend geboten wäre. Vielmehr sei der Kläger ausreichend mobil, ein regelmäßiges ambulantes Fitnessprogramm durchzuführen.
Das SG hat ein Gutachten bei der Orthopädin Dr. B.-S. eingeholt. Danach bestehe nur eine geringfügige Funktionseinschränkung im Bereich der Schultergelenke, des Hüftgelenkes und der Wirbelsäule. Bezüglich der Schultergelenksbeschwerden (beginnende Arthrose im linken Schultergelenk, rechts geringe Akromioklavikulargelenksarthrose) mit endgradiger schmerzbedingter Bewegungseinschränkung seien Schwimmen und Bewegungsübungen beider Schultergelenke im Wechsel mit krankengymnastischer Unterstützung ausreichend. Hinsichtlich einer beginnenden Arthrose des Hüftgelenkes mit Einschränkung der Rotation bei normalem Gangbild würden ebenfalls regelmäßiges Schwimmen und Fahrradfahren sowie die intervallmäßige Durchführung einer Krankengymnastik genügen. Im Hinblick auf die degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule ohne Nervenwurzelreizsymptome sei ambulante Krankengymnastik ausreichend. Bei deutlich degenerativen Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule bestehe ebenfalls keinerlei Indikation für eine stationäre Behandlung.
Auf Anregung des Klägers hat das SG das in einem Parallelverfahren (S 17 SB 1818/05) eingeholte orthopädische Gutachten von Dr. H. vom 30. Januar 2007 beigezogen und hierzu Dr. B.-S. ergänzend gehört. In ihrer Stellungnahme hat sie ausgeführt, dass die in dem Gutachten von Dr. H. angeführten weiteren Gesundheitsstörungen (operiertes Karpaltunnelsyndrom rechts, noch nicht operiertes Karpaltunnelsyndrom links sowie Lateralisationstendenzen der Kniescheibe) keine Gesundheitsstörungen seien, die eine stationäre Kurmaßnahme erforderlich machten.
Mit Urteil vom 8. Mai 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 22. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2005 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Es bestehe kein Anspruch auf Neubescheidung des Antrags auf Rehabilitationsleistungen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB V bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, wenn diese notwendig seien, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Reiche nach § 40 Abs. 1 SGB V bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, könne die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V bestehe, oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich sei, in wohnortnahen Einrichtungen erbringen. Reiche nach § 40 Abs. 2 SGB V diese Leistung nicht aus, könne die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V bestehe. Die genannten Vorschriften machten ein Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen der Krankenbehandlung deutlich, das bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V folge. Das bedeute, dass eine stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung nur dann in Betracht komme, wenn weder eine ambulante Krankenbehandlung noch eine ambulante Rehabilitation in einer wohnortnahen Einrichtung oder eine ambulante Rehabilitationsleistung in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, ausreichend seien. Auch wenn die einschränkende Voraussetzung des § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V (grundsätzlich keine weitere Maßnahme vor Ablauf von vier Jahren) hier aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr zu beachten sei, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht, denn die Voraussetzungen für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme lägen nicht vor. Bei dem beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen, wie sie sich aus den Gutachten von Dr. B.-S. und Dr. H., den Aussagen der behandelnden Ärzte und den Stellungnahmen des MDK ergeben würden, stünden die orthopädischen Erkrankungen für die hier streitige Frage einer stationären Rehabilitation ganz im Vordergrund. Die internistischen Erkrankungen würden ambulant behandelt und bedürften auch nach der Einschätzung von Dr. H. keiner stationären Rehabilitation. Auch hinsichtlich der übrigen nicht-orthopädischen Erkrankungen komme eine Rehabilitation nicht in Betracht. Die orthopädischen Erkrankungen bedürften keiner stationären Rehabilitation. Dies folge aus dem überzeugenden und in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen von Dr. B.-S ... Diese habe in ihrem Gutachten nachvollziehbar ausgeführt, dass angesichts der nur geringen Funktionsbeeinträchtigungen - insbesondere im Bereich der Schultern, Hüften und Hals- und Lendenwirbelsäule - ambulante Behandlungen ausreichend seien. Im Bereich der Brustwirbelsäule lägen zwar erhebliche degenerative Veränderungen (Morbus Forrestier) vor. Bei der Untersuchung durch Dr. B.-S. habe der Kläger insoweit jedoch nicht einmal Beschwerden angegeben. Schließlich sei auch der behandelnde Orthopäde nicht durchgehend aufgesucht worden. Insoweit könne von einer Erschöpfung ambulanter Behandlungsmöglichkeiten keine Rede sein. Daran ändere auch nichts, dass der Kläger ausführe, er habe die Krankengymnastik beendet, da es hierdurch zu einer Schmerzverstärkung gekommen sei. Die von dem behandelnden Orthopäden empfohlenen Therapiemaßnahmen, wie schonende sportliche Betätigung und allgemeines Fitnesstraining, welche ebenfalls vom MDK und Dr. B.-S. für sinnvoll und sachgerecht erachtet würden, könnten ohne Weiteres vom Kläger selbst durchgeführt werden. Im Bedarfsfall könne in einer Akutphase zusätzlich Krankengymnastik verordnet werden. Soweit es dem Kläger darum ginge, wie er offenbar gegenüber Dr. B.-S. angedeutet habe, im Rahmen einer stationären Rehabilitation eine weitergehende Diagnostik seiner Beschwerden zu erhalten, sei dem zu entgegnen, dass dies nicht zu den Zielen der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gehöre. Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers seien nicht ersichtlich.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 20. Mai 2008 zugestellte Urteil am 9. Juni 2008 Berufung eingelegt. Die Berufung ist nach erfolgter Akteneinsicht trotz mehrfacher Erinnerung nicht begründet worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 8. Mai 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 3. August 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten sind dazu gehört worden, dass beabsichtigt sei, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von vom Kläger beanspruchte Rehabilitationsmaßnahme dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt, weil die Möglichkeiten ambulanter Maßnahmen ausreichend und vom Kläger noch nicht ausgeschöpft sind. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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