L 4 KR 2680/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2621/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2680/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2008 abgeändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (zu vollziehen an deren Vorstand) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken auch zu unterlassen, in Werbeanschreiben oder sonstigen Werbemedien gegenüber Versicherten der Antragstellerin durch Teilnahme an Gesundheitsbonusprogrammen zur Erzielung der Ersparnisse konkret auszuweisen, ohne darauf hinzuweisen, dass auch die Antragstellerin vergleichbarer Bonusprogramme anbietet, die den Ersparnisvorteil relativieren können. Diese ersatzweise Ordnungshaft gilt auch für das Unterlassen zu behaupten, dass viele Großkassen, ihren aktuellen Beitragssatz nur mit dem Wissen stabil halten würden, dass sie im Jahr 2009 Zusatzbeiträge erheben müssen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt die Antragstellerin ein Viertel und die Antragsgegnerin drei Viertel, von denen des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin ein Drittel und die Antragsgegnerin zwei Drittel.

Der Streitwert wird für das Verfahren erster Instanz auf 15.000,00 EUR und für das Beschwerdeverfahren endgültig auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die Unterlassung von Werbemaßnahmen durch die Antragsgegnerin gegenüber ihren Versicherten.

Die Antragsgegnerin (Beitragssatz seit 01. Januar 2008 13,7 von Hundert [v.H.], Bonusmodelle Gesundheits-Bonus 2.0 und Family-Bonus) führte durch einen Mitarbeiter (Firmenkundenberater) zwecks Werbung neuer Mitglieder am 14. Januar 2008 bei der Firma G. Hoch- Tiefbau GmbH in S.-E. (GmbH) einen Besuchstermin durch. Von den 16 Mitarbeitern der GmbH waren elf bei der Antragstellerin versichert. Bei dem Besuchstermin wurde unter anderem die Antragsgegnerin vorgestellt, ferner wurden auch deren Bonusmodelle als Modelle zur Einsparung von Sozialversicherungskosten für den Arbeitgeber erläutert, wobei Vorteile/Nutzen für den Arbeitgeber und die Arbeitnehmer dargestellt wurden. Die Firma erstellte einen anonymisierte Aufstellung der elf bei der Antragstellerin versicherten Mitarbeiter mit Angaben zum monatlichen Bruttolohn, zum Familienstand, zur Steuerklasse, zur Kinderzahl, zum Geburtsdatum und zum 13. Monatsgehalt. In dieser Aufstellung wurde auch die Ersparnisse des Arbeitnehmers bzw. des Arbeitgebers bei einem Kassenwechsel aufgeführt (Bl. 47 der SG-Akte). Aufgrund der genannten Daten erstellte die Antragsgegnerin unter dem 21. Januar 2008 für die elf bei der Antragstellerin versicherten Beschäftigten persönliche Angebote für den Krankenkassenwechsel. Darin war unter Nr. 1 (Ihr individueller Vergleich) jeweils die jährliche Ersparnis ohne Bonus hinsichtlich des Beitragssatzes unter Gegenüberstellung des Monatsbeitrags betragsmäßig ausgewiesen, und zwar mit dem kleingedruckten Sternchen-Zusatz: "Bitte beachten Sie, dass sich die Satzungsleistungen der verschiedenen Krankenkassen unterscheiden können." Ferner war unter Nr. 2. (Steigerung Ihrer jährlichen Ersparnis durch die Teilnahme an einem Bonusprogramm) jeweils die Ersparnis aufgrund des Gesundheits-Bonus 2.0 bzw. des Family-Bonus betragsmäßig ausgewiesen (Bl. 48 bis 59 der SG-Akte). Dem persönlichen Angebot waren jeweils "Hinweise zum Beitragssatz", "Erläuterungen zu den Bonusmodellen Informationen zum Wahlrecht", eine "Ersparnistabelle" (Stand 11. Dezember 2007), "Informationen zum Kassenwahlrecht", der Vordruck für eine Kündigung der Mitgliedschaft und der Vordruck einer Mitgliedschaftserklärung beigefügt (Bl. 15 bis 22 der SG-Akte).

Am 25. März 2008 wandte sich die Antragsstellerin (Beitragssatz ab 01. Januar 2007 14,5 v.H., ab 01. Oktober 2008 15,1 v.H., Bonusprogramme Grundbonus sowie Gesundheitsbonus I und II) wegen irreführendem Beitragsvergleich (Abmahnung) gegenüber ihren Versicherten, die bei der GmbH beschäftigt seien, an die Antragsgegnerin. Sie machte geltend, der in den Angeboten an die Versicherten enthaltene Betrag einer jährlichen Beitragsersparnis sei unrichtig und damit irreführend, da dieser Betrag selbst bei einer unmittelbaren Kündigung nicht mehr hätte erzielt werden können. Frühester Termin für einen Kassenwechsel zur Antragsgegnerin wäre der 01. April 2008 gewesen. Da für die Zeit ab 01. Januar 2009 weder die Höhe des für alle Krankenkassen durch Rechtsverordnung festzulegenden allgemeinen Beitragssatzes noch die Höhe der möglicherweise erforderlichen kassenindividuellen Zusatzbeiträge oder eventueller möglicher Prämienauszahlungen vorhersagbar festgestanden habe, hätte eine Beitragsersparnis allenfalls für neun Monate berechnet und ausgewiesen werden dürfen. Dies stelle bereits einen Verstoß gegen Rdnr. 9 der Gemeinsamen Wettbewerbsgrundsätze der Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenversicherung (Wettbewerbsgrundsätze) dar, da Vergleiche von Beiträgen und Leistungen nur zulässig seien, sofern sie nicht in unlauterer Weise erfolgten, insbesondere nicht irreführend, herabsetzend oder verunglimpfend seien. Es komme hinzu, dass die Antragsgegnerin bewusst und damit ebenfalls in irreführender Weise verschwiegen habe, dass auch sie, die Antragsstellerin, verschiedene Bonusprogramme anbiete und sich damit die durch Bonusprogramme zu erzielenden Ersparnisse ihr gegenüber unter Umständen auf Null EUR reduzieren würden. Im Übrigen werde in den den Versicherten übersandten Unterlagen ohne gesicherte Tatsachengrundlage behauptet, dass die Großkassen, wozu auch sie, die Antragsstellerin, gehören dürfte, ihren aktuellen Beitragssatz nur deshalb stabil halten würden, da bereits bekannt sei, dass die Großkassen im Jahr 2009 Zusatzbeiträge erheben müssten. Zumal der ab 01. Januar 2009 einheitlich geltende allgemeine Beitragssatz noch nicht festgelegt sei, könne ein derartiges Gebaren nur als unlauter qualifiziert werden. Aufgrund des irreführenden Gehalts der Werbeunterlagen und der Adressierung an ihre Mitglieder sei zu befürchten, dass Mitarbeiter der GmbH ihre Mitgliedschaft bei ihr kündigen würden, um zur Antragsgegnerin zu wechseln. Insoweit wurde die Antragsgegnerin aufgefordert, bis zum 31. März 2008 eine Unterlassungserklärung abzugeben, in denen sie sich gegenüber der Antragstellerin verpflichten sollte, es im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken es zu unterlassen, in Werbeanschreiben oder sonstigen Werbemedien gegenüber AOK-Versicherten 1. anhand eines konkreten Bruttoeinkommen unter Heranziehung der allgemeinen Beitragssätze der Antragsgegnerin und der Antragstellerin eine auf das Jahr bezogene Beitragsersparnisberechnung vorzunehmen, 2. durch Teilnahme an Gesundheitsbonusprogrammen zu erzielende Ersparnisse konkret auszuweisen, ohne darauf hinzuweisen, dass auch die Antragstellerin vergleichbare Bonusprogramme anbietet, die ebenfalls zu beziffern sind, 3. zu behaupten, dass viele Großkassen ihren aktuellen Beitragssatz nur mit dem Wissen stabil halten würden, dass sie im Jahr 2009 Zusatzbeiträge erheben müssen. Die Antragsgegnerin (Schreiben vom 31. März 2008) lehnte die Abgabe der Unterlassungserklärung ab (Bl. 28 bis 30 der SG-Akte).

Am 03. April 2008 beantragte die Antragstellerin danach beim Sozialgericht Stuttgart (SG) den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung auf Unterlassung hinsichtlich der drei Punkte. Aufgrund des Verhaltens der Antragsgegnerin seien die Voraussetzungen für eine Regelungsanordnung gegeben. Es bestehe ein Rechtsschutzinteresse. Sie könne nicht auf die Einschaltung der Aufsichtsbehörde oder einer Schiedsstelle verwiesen werden. Vergleiche von Beiträgen oder Leistungen seien zulässig, sofern sie nicht in unlauterer Weise erfolgen würden, insbesondere nicht irreführend seien. Dies gelte jedoch für die vorgenommene, auf das gesamte Jahr bezogene Beitragsersparnisberechnung unter Berücksichtigung der allgemeinen Beitragssätze und in Bezug auf die einseitige Berücksichtigung von Gesundheitsbonusprogrammen der Antragsgegnerin. Insoweit verweise sie auch auf das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 07. März 2008 (S 48 KR 317/08 ER). Zwar werde derzeit über die Einführung des Gesundheitsfonds diskutiert, es sei jedoch nicht ernsthaft eine Revidierung der zum 01. Januar 2009 eintretenden Rechtsänderungen zu erwarten. Der in den von der Antragsgegnerin verwendeten Unterlagen nicht direkt erkennbare Hinweis, dass die Politik mit der Einführung des Gesundheitsfonds ab 01. Januar 2009 die Rahmenbedingungen in der gesetzlichen Krankenversicherung deutlich verändern werde, sei nicht ausreichend, die als absolut dargestellten Ersparnisbeträge zu relativieren. Es sei insbesondere auch zu berücksichtigen, dass längst nicht alle, sondern nur eine Minderheit der verständigen und durchschnittlich informierten Verbraucher die Strukturelemente kennen würden, die nach dem ab 01. Januar 2009 geltenden Recht der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung der Bildung des Gesundheitsfonds zugrunde liegen würden. Was die Nichterwähnung möglicher Beitragsersparnisse durch die Einbeziehung von ihren (der Antragsstellerin) Gesundheitsprogrammen und die damit verbundene Relativierung des Ersparnisbetrags bei einem Kassenwechsel angehe, könne sich die Antragsgegnerin nicht mit dem lapidaren Hinweis herausreden, dass sich die Satzungsleistungen der verschiedenen Krankenkassen unterscheiden könnten, zumal dieser Hinweis sich auf den Ersparnisbetrag aufgrund der unterschiedlichen Beitragssätze und gerade nicht auf die weiter zu erzielenden Ersparnisbeträge aufgrund der Einbeziehung von Gesundheitsbonusprogrammen beziehe. Eine unzulässige Diskriminierung bzw. Diffamierung liege auch in der Aussage, dass viele Großkassen ihren aktuellen Beitragssatz nur mit dem Wissen stabil halten würden, dass sie im Jahr 2009 Zusatzbeiträge erheben müssten. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund, da aufgrund der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 31. März 2008 davon auszugehen sei, dass diese ihr wettbewerbswidriges Verhalten fortsetzen und wiederholen werde; hieraus bestünden bei ihr konkrete Mitgliederverluste zu befürchten. Im Interesse der Wahrung des Mitgliederbestands bei ihr könne sie nicht auf ein langwieriges Hauptsacheverfahren verwiesen werden. Neben der Festsetzung eines Ordnungsgelds für den Fall der Zuwiderhandlung sei ersatzweise auch Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, die am Vorstand der Antragsgegnerin zu vollziehen sei, anzuordnen. Der Streitwert sei vorliegend nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) festzusetzen. Die Antragstellerin reichte verschiedene Unterlagen ein.

Die Antragsgegnerin trat den Anträgen entgegen. Durch die jeweilige Verknüpfung "und/oder" am Ende der Unterlassungsbegehren zu 1 und 2 seien die Anträge mangels Bestimmtheit unzulässig. Im Übrigen seien die Anträge unbegründet. Die von ihr angegebene Ersparnis ohne Bonusmodelle beziehe sich auf das Kalenderjahr und es sei daher richtig, dass die tatsächliche Ersparnis für das Kalenderjahr 2008 niedriger ausfalle. Die Antragsstellerin betreibe jedoch "Beckmesserei", wenn sie die Auffassung vertrete, mit dem Beginn des neuen Jahres und mit der Einführung des Gesundheitsfonds sei die Ersparnis, auf das Kalenderjahr bezogen, Makulatur. Zum einen entspreche es einer allgemein bekannten Tatsache, dass sich sozialrechtliche Regelungen, insbesondere auf dem Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung, rasch änderten, was aktuell auch an der öffentlichen Diskussion über die Strukturelemente des sog. Gesundheitsfonds sichtbar werde. Entsprechende Ausführungen seien entbehrlich und angesichts der aktuellen Tagespresse bekannt. Vor diesem öffentlichen Hintergrund sei die von der Antragstellerin angegriffene Beitragsersparnis nicht geeignet, beim Empfänger den Eindruck zu erwecken, er könne unabhängig von den Folgen der Einführung des Gesundheitsfonds auf jeden Fall und gleichsam für alle Ewigkeit mit weiteren Einsparungen durch eine Mitgliedschaft bei ihr gerechnet werden. Im Übrigen habe sie, die Antragsgegnerin, in den Hinweisen zum Beitragssatz, die den Versicherten vorgelegt worden seien, ausdrücklich ausgeführt, welche Veränderungen der Gesundheitsfonds ab 01. Januar 2009 bringe, was man unter dem Zusatzbeitrag verstehe und wer den Zusatzbeitrag trage. Hierin lägen die Unterschiede zu dem Fall, über den das Sozialgericht Hamburg im Beschluss vom 07. März 2008 entschieden habe. Sie habe in den persönlichen Angeboten an die Versicherten auch zunächst lediglich die monatliche Ersparnis ohne Bonus aufgrund der unterschiedlichen Beitragssätze gegenübergestellt. Aus den dann beigefügten Unterlagen (Hinweise zum Beitragssatz) habe der Leser erkennen können, dass der Beitragssatz ab 01. Januar 2009 vereinheitlicht werde, aber auch, dass es nach 2008 zu unterschiedlichen Beitragsbelastungen bei der gesetzlichen Krankenversicherung kommen könne. Sie habe darin auch dargelegt, warum sie ihre Strategie im Hinblick auf den Gesundheitsfonds so konsequent auf die Vermeidung eines Zusatzbeitrags ausgerichtet und deswegen sogar eine Beitragssatzerhöhung für das Jahr 2008 in Kauf genommen habe. Der Durchschnittsleser habe den Unterlagen entnehmen können, dass eine Ersparnis auf der Ebene des monatlichen Beitrags erreicht werden könne, aber dass diese Ersparnis wiederum frühestens ab 01. Januar 2009 eine Zäsur erfahren könne. Die den Versicherten der Antragstellerin vorgelegten persönlichen Angebote hätten ferner unter "1. Ihr individueller Vergleich ... Ersparnis ohne Bonus" den Zusatz enthalten, dass beachtet werden möge, dass sich die Satzungsleistungen der verschiedenen Krankenkassen unterscheiden können. Insoweit seien Gesundheitsbonus und Familienbonusmodelle Satzungsleistungen. Damit sei klar zum Ausdruck gebracht worden, dass andere gesetzliche Krankenversicherungen, wie auch die Antragstellerin, ähnliche Modelle aufweisen würden. Dies sie wettbewerbsrechtlich nach der Rechtsprechung völlig ausreichend. Die Antragsstellerin könne von ihr auch nicht verlangen, die Behauptung zu unterlassen, dass viele Großkassen ihren aktuellen Beitragssatz nur mit dem Wissen stabil halten würden, dass sie im Jahr 2009 Zusatzbeiträge erheben müssten. Insoweit habe sie die Antragstellerin überhaupt nicht benannt. Die Antragsgegnerin hat verschiedene Unterlagen eingereicht.

Mit Beschluss vom 25. April 2008, der der Antragstellerin gegen Empfangsbekenntnis am 05. Mai 2008 zugestellt wurde, verpflichtete das SG die Antragsgegnerin, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds von bis zu 250.000,00 EUR im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu unterlassen, in Werbeanschreiben oder sonstigen Werbemedien gegenüber Versicherten der Antragsstellerin zu behaupten, dass viele Großkassen ihren aktuellen Beitragssatz nur mit dem Wissen stabil halten würden, dass sie im Jahre 2009 Zusatzbeiträge erheben müssten. Im Übrigen wurden die Anträge abgelehnt. Der Streitwert wurde auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Das SG führte aus, die Anträge der Antragstellerin seien hinreichend bestimmt und es bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Behauptung der Antragsgegnerin, viele Großkassen würden ihren aktuellen Beitragssatz nur mit dem Wissen stabil halten, dass sie im Jahr 2009 Zusatzbeiträge erheben müssten, sei wettbewerbswidrig, denn sie stelle eine die Antragsstellerin herabsetzende, weil spekulative, Behauptung dar. Die Antragsgegnerin sei daher zu verpflichten gewesen, diese Behauptung, die sich ersichtlich auch auf die Antragsstellerin bezogen habe, unter Vermeidung eines Ordnungsgelds zu unterlassen. Soweit die Antragstellerin die am Vorstand zu vollziehende ersatzweise Ordnungshaft beantragt habe, habe der Antrag keinen Erfolg gehabt. Bei der Vollstreckung wegen öffentlich rechtlicher Körperschaften sei zu beachten, dass diese in der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht beeinträchtigt werden dürften. Eine Ordnungshaft gegen eine gesetzliche Krankenkasse, die an deren Vertretern zu vollziehen wäre, würde schwerwiegende Eingriffe in ihr organisatorisches Gefüge und in den Ablauf ihrer Verfahren zur Folge haben. Die weiteren Unterlassungsbegehren (zu 1 und 2) seien unbegründet, weil wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Es stellte keine Irreführung dar, dass die Antragsgegnerin eine jährliche Beitragsersparnis angegeben habe. Sie habe nicht behauptet, dass diese Ersparnis noch im Jahr 2008 eintreten werde, sondern habe lediglich die monatliche Ersparnis auf ein Jahr hochgerechnet. In dem beigefügten Informationsmaterial sei ausdrücklich auf die zum 01. Januar 2009 in Kraft tretenden Neuregelungen hingewiesen worden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sich die derzeit bestehende unterschiedliche Beitragsbelastung von Mitgliedern verschiedener Krankenkassen mit Wirkung vom 01. Januar 2009 nicht grundlegend verändern werde. Auch die Werbung der Antragsgegnerin mit ihren Bonusprogrammen sei zulässig. Sie habe die von ihr gewährten Zusatzleistungen zu Werbezwecken hervorheben dürfen. Es sei Sache des verständigen Empfängers dieser Information, die Bonusleistungen der Antragsgegnerin mit solchen von anderen Krankenkassen zu vergleichen. Im Rahmen einer Werbemaßnahme bestehe keine Verpflichtung, vergleichbare Bonusprogramme anderer Krankenkasse zu benennen oder diese gar mit den eigenen zu vergleichen. Denn von der Werbung der Krankenkassen könne nicht ein solches Maß an Zurückhaltung verlangt werden, dass sie kaum Interesse erwecke und deshalb praktisch wirkungslos wäre. Es sei auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin falsche Informationen über ihre Bonusprogramme gegeben habe.

Gegen den Beschluss hat die Antragstellerin am 04. Juni 2008 beim SG Beschwerde eingelegt. Sie begehrt die Änderung der sozialgerichtlichen Entscheidung, soweit die Anträge abgelehnt worden seien; ihren Anträgen sei in vollem Umfang statt zu geben. Sie macht geltend, die Antragsgegnerin habe bei ihrer Werbung irreführend einen jährlichen Ersparnisbetrag ausgewiesen. Frühester Termin einer Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin aufgrund eines erklärten Kassenwechsels wäre der 01. April 2008 gewesen. Da für die Zeit ab 01. Januar 2009 weder die Höhe des für alle Krankenkassen durch Rechtsverordnung festzulegenden allgemeinen Beitragssatzes noch die Höhe der möglicherweise erforderlichen kassenindividuellen Zusatzbeiträge oder eventueller möglicher Prämienauszahlungen vorhersehbar festgestanden hätten, wäre allenfalls eine Beitragsersparnis für neun Monate und keinesfalls für ein Jahr auszuweisen gewesen. Unerheblich sei es, dass im weiter beigefügten Informationsmaterial auf die zum 01. Januar 2009 in Kraft tretenden Neuregelungen hinwiesen worden sei. Wettbewerbsrechtlich sei entscheidend, dass die Adressaten der Werbematerialen diese aufgrund des Anschreibens und der vorgenommenen Vorteilsberechnung nur so hätten verstehen können, dass die genannten Beträge konkret und ohne weitere Einschränkungen bei einem Kassenwechsel zur Antragsgegnerin erzielt werden könnten. Die Antragsgegnerin hätte, um den Vorwurf der irreführenden Werbung zu entgehen, bereits in direktem Zusammenhang mit der Errechnung der Beitragsvorteile erwähnen müssen, dass sich diese aufgrund der Einführung des Gesundheitsfonds zum 01. Januar 2009 relativieren könnten. Der Hinweis auf die weiter beigefügten allgemeinen Ausführung zur gesetzlichen Veränderungen zum 01. Januar 2009 seien insoweit wettbewerbsrechtlich nicht ausreichend. Die Ausführungen des SG zur zukünftigen Beitragssituation seien vage und spekulativ, da keinesfalls sicher davon ausgegangen werden könne, dass trotz Einführung des allgemeinen gültigen Beitragssatzes zum 01. Januar 2009 die derzeit bestehenden Beitragsunterschiede zwischen den Beteiligten fortbestehen würden. Jede Werbung mit Beitragssatzvergleichen müsse der ab 01. Januar 2009 maßgebenden Rechtslage hinreichend Rechnung tragen. Insoweit verweise sie nochmals auf den vorgelegten Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 07. März 2008. Mit der weiter vorgenommenen Vorteilsberechnung aufgrund der Inanspruchnahme von Gesundheitsprogrammen habe die Antragsgegnerin gegenüber den Adressaten der Werbung die konkrete Werbeaussage getroffen, dass diese weiteren Beträge ebenfalls bei einem Wechsel von ihr zur Antragsgegnerin zusätzlich zur reinen Beitragssatzersparnis erzielt werden könnten. Die Antragsgegnerin hätte zumindest darauf hinweisen müssen, dass auch sie, die Antragstellerin, vergleichbare Bonusprogramme anbiete, die den Ersparnisvorteil relativieren könnte. Der von der Antragsgegnerin erwähnte Sternchen-Zusatz könne keinesfalls den angeführten Ersparnisbeträgen durch die Teilnahme an Bonusprogrammen zugeordnet werden. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass die Ersparnisbeträge in einem Angebot enthalten seien; insoweit würden wettbewerbsrechtlich striktere Anforderungen gelten, als für eine nur allgemein gehaltene Werbebotschaft. Es sei auch jeweils ein Anordnungsgrund aufgrund der Wiederholungsgefahr gegeben. Im Übrigen komme auch ersatzweise Ordnungshaft als Ordnungsmittel in Betracht. Insoweit verweise sie auf den erwähnten Beschluss des Sozialgerichts Hamburg. Die Antragsstellerin hat auch Ausführungen zu ihren Bonusprogrammen gemacht und verschiedene Unterlagen eingereicht, darunter den genannten Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 07. März 2008 sowie die Gemeinsamen Wettbewerbsgrundsätze der Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenversicherung vom 19. März 1998 (in der Fassung vom 09. November 2006).

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2008 abzuändern und die Antragsgegnerin zu verpflichten, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (zu vollziehen an deren Vorstand) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken auch zu unterlassen, in Werbeanschreiben oder sonstigen Werbemedien gegenüber AOK-Versicherten 1. vor dem Hintergrund der Einführung des Gesundheitsfonds zum 01. Januar 2009 anhand eines konkreten Bruttoeinkommens unter Heranziehung der allgemeinen Beitragssätze der Antragsgegnerin und der Antragsstellerin jährliche Ersparniserträge zugunsten der Antragsgegnerin in einer auf das Kalenderjahr berechneten Höhe auszuweisen und/oder 2. durch Teilnahme an Gesundheitsbonusprogrammen zu erzielende Ersparnisse konkret auszuweisen, ohne darauf hinzuweisen, dass auch die Antragstellerin vergleichbare Bonusprogramme anbietet, die den Ersparnisvorteil relativieren können, ferner auch bezüglich der Unterlassung zu behaupten, dass viele Großkunden ihren individuellen Beitragssatz nur mit dem Wissen stabil halten würden, dass sie im Jahr 2009 Zusatzbeiträge erheben müssen, für jeden Fall der Zuwiderhandlung ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (zu vollziehen an dem Vorstand der Antragsgegnerin) anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie werde die streitgegenständliche Werbung in der vorliegenden Art und Weise weiter betreiben. Soweit die Antragstellerin in der ersten Instanz erfolglos geblieben sei, sei der Beschluss des SG nicht zu beanstanden. Sie wiederholt ihr Vorbringen im Antragsverfahren (Schriftsätze vom 04. Juli und 20. August 2008).

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsstellerin ist zulässig. Sie ist auch nicht nach § 172 Abs. 3 SGG in der seit 01. April 2008 geltenden Fassung des Artikels 1 Nr. 29 Buchstabe b des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 - SGG ArbGÄndG - (BGBl. I, S. 444) ausgeschlossen.

Sie ist auch teilweise begründet.

Streitgegenstand bilden aufgrund der allein von der Antragsstellerin eingelegten Beschwerde nur die (weiteren) mit der Beschwerde noch verfolgten Unterlassungsbegehren zu 1 und zu 2 sowie - auch soweit es um das hier nicht mehr nachzuprüfende Unterlassungsbegehren zu 3 geht - ob für den Fall der Zuwiderhandlung ersatzweise Ordnungshaft anzuordnen ist. Die Beschwerde ist begründet, soweit es um das weitere Unterlassungsbegehren zu 2 geht (hierzu unter 1.). Ferner ist die Beschwerde begründet, soweit die Antragsstellerin sowohl bezüglich dieses Unterlassungsbegehrens zu 2 als auch des Unterlassungsbegehrens zu 3, dass nicht mehr sachlich nachzuprüfen ist, für den Fall der Zuwiderhandlung ersatzweise die Anordnung von Ordnungshaft begehrt (hierzu unter 2.). Im Übrigen, hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens zu 1 ist die Beschwerde unbegründet (hierzu unter 3.).

Das SG hat die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG im angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt, sodass der Senat hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt.

1. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung besteht für den Unterlassungsanspruch zu 2 ( ... zu unterlassen, in Werbeanschreiben oder sonstigen Werbemedien gegenüber AOK-Versicherten durch Teilnahme an Gesundheitsbonusprogrammen zu erzielende Ersparnisse konkret auszuweisen, ohne darauf hinzuweisen, dass auch die Antragsstellerin vergleichbare Bonusprogramme anbietet, die den Ersparnisvorteil relativieren können) sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund. Indem die Antragsgegnerin in den an Versicherte der Antragstellerin gerichteten persönlichen Angeboten die jährliche Ersparnis durch Teilnahme an Bonusprogrammen konkret ohne den genannten Hinweis beziffert hat, überschreitet sie bei der Mitgliederwerbung die Grenzen des Wettbewerbs zwischen den Krankenkassen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann sich die Antragsstellerin zwar nicht unmittelbar auf die wettbewerbsrechtlichen Grundsätze des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) stützen. Die Grenzen des Wettbewerbs zwischen Krankenkassen sind allein anhand des gesetzlichen Auftrags und der zu seiner Verwirklichung erlassenen Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuchs zu bestimmen (vgl. BSGE 82, 78, 79; zur Unanwendbarkeit nationalen Wettbewerbsrechts auf Rechtsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Natur siehe auch BSGE 89, 24). Das BSG hat entschieden, dass sich aus der Pflicht der Krankenkassen zu Aufklärung, Beratung und Information der Versicherten (§ 13 bis 15 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB I]) sowie dem Gebot, bei der Erfüllung dieser und anderer gesetzlicher Aufgaben mit den übrigen Sozialversicherungsträgern zusammenzuarbeiten, Beschränkungen hinsichtlich Form und Inhalt von Maßnahmen der Mitgliederwerbung ergeben (BSGE 82, 78, 80). In diesen Rahmen können wettbewerbsrechtliche Regelungen und die dazu von den ordentlichen Gerichten entwickelten Rechtsgrundsätze als Auslegungshilfe ergänzend herangezogen werden. Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung stehen in einem Konkurrenzverhältnis, woraus sich der Wettbewerb ergibt (zur Bedeutung dieses Wettbewerbs vgl. BSGE 82, 78, 81 f.). Im Rahmen dieses Konkurrenz- und damit Wettbewerbsverhältnisses gehört auch die Mitgliederwerbung zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenkassen. Bei dieser Werbung ist die Pflicht zur sachbezogenen Information und zur Rücksichtnahme auf die Belange der anderen Krankenversicherungsträger zu beachten (BSGE 82, 78, 80). Die Werbung kann die Besonderheiten der werbenden Krankenkasse herausstellen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz Breithaupt 2005, 613, 616). Es hat jedoch jeder Hinweis zu unterbleiben, der, sei es auch nur durch Unvollständigkeit, die umworbene Person (Versicherten) irreführen oder die Wahl der Kasse unsachgemäß beeinflussen könnte (BSG, Urteil vom 20. April 1988 - 3/8 RK 4/87). Insoweit ergibt sich auch aus den heranzuziehenden Gemeinsamen Wettbewerbsgrundsätzen der Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenversicherung (in der Fassung vom 09. November 2006), dass die Werbung die Besonderheiten der Versicherung bei der Krankenkasse herausstellen kann, wobei jedoch darauf zu achten ist, dass nur durch eine sachliche Darstellung der eigenen Besonderheiten aufgeklärt wird; Vergleiche von Beiträgen oder Leistungen sind danach zulässig, sofern sie nicht in unlauterer Weise erfolgen, d.h. insbesondere nicht irreführend, herabsetzend oder verunglimpfend sind (unter II. 2. RdNrn. 8 und 9).

Zwar ergeben sich zwischen den gesetzlichen Krankenkassen wettbewerbliche Auswirkungen auf dem Gebiet der Bonusregelung für gesundheitsbewusstes Verhalten nach § 65a des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V, vgl. dazu auch die Gemeinsamen Wettbewerbsgrundsätze unter I. Rdnr. 3). Insoweit hat die Antragsgegnerin in den persönlichen Angeboten vom 21. Januar 2008 an elf Versicherte der Antragstellerin ihre Bonusprogramme, wobei die Bonusmodelle auch noch in beigefügten Erläuterungen dargestellt waren, zur Mitgliederwerbung insoweit eingesetzt, als jeweils unter Nr. 2. "Steigerung Ihrer jährlichen Ersparnis durch die Teilnahme an einem Bonusprogramm" durch Bezifferung ein konkreter Ersparnisbetrag ausgewiesen war. Diese Bezifferung einer jährlichen Ersparnis durch die Teilnahme an einem Bonusprogramm erscheint irreführend und damit wettbewerbswidrig. Denn die Beklagte hat es unterlassen darauf hinzuweisen, dass auch andere Kassen von der Bonusregelung des § 65a SGB V Gebrauch gemacht haben, weshalb sich die bei einer Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin zu erzielende Ersparnis durch die Teilnahme an einem Bonusprogramm relativieren könnte, weshalb der Kassenwechsel zur Antragsgegnerin nicht zwangsläufig zu der konkret genannten Ersparnis führen muss. Insoweit hat die Antragstellerin im Schriftsatz vom 29. August 2008 dargelegt, dass sich aufgrund der bei ihr bestehenden Bonusprogramme bei einem monatlichen Bruttoeinkommen zwischen 2.200,00 und 3.300,00 EUR ein Ersparnisbetrag von 300,00 EUR pro Jahr sowie bei einem Bruttoeinkommen von über 3.300,00 EUR ein solcher Ersparnisbetrag von 340,00 EUR pro Jahr ergeben kann. Dadurch wird belegt, dass sich die von der Antragsgegnerin für den Fall einer Mitgliedschaft bei ihr ausgewiesenen Bonus-Ersparnisbeträge erheblich relativieren können. Auch wenn die Antragsgegnerin, wie in den beigefügt gewesenen "Erläuterungen zu den Bonusmodellen" angegeben, in diesem Punkt Pionierarbeit geleistet haben mag, erscheint der fehlende Hinweis auf unterschiedliche Bonusregelungen bei den verschiedenen Krankenkassen, wie auch bei der Antragstellerin, gegenüber den umworbenen Personen als irreführend. Dabei genügt es nicht, dass unter 1. beim "individuellen Vergleich" aufgrund der Beitragssätze (Ersparnis ohne Bonus) der SternchenZusatz angebracht war: "Bitte beachten Sie, dass sich die Satzungsleistungen der verschiedenen Krankenkassen unterscheiden können". Dieser allgemeine (kleingedruckte) Hinweis bezog sich nach der Gestaltung der persönlichen Angebote vom 21. Januar 2008 nur auf die aufgrund der unterschiedlichen Beitragssätze ergebenden monatlichen Ersparnis. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die den beworbenen Personen von der Antragsgegnerin vorgelegten "Ersparnistabelle" ebenfalls einerseits zwar die monatliche Ersparnis aufgrund von unterschiedlichen Beitragssätzen ausweist, im Vergleich dazu jedoch andererseits bei der Beitragsersparnis gemäß dem persönlichen Bonus lediglich die Bonusersparnis bei der Antragsgegnerin aufführt. Gleichfalls findet sich der oben genannte Zusatz (bitte beachten Sie, dass sich die Satzungsleistungen der verschiedenen Krankenkassen unterscheiden können) lediglich bei der Ersparnis im Kalenderjahr hinsichtlich des unterschiedlichen Beitragssatzes. Der Hinweis auf entsprechende Bonusprogramme anderer Kassen, insbesondere der Antragsstellerin, war auch nicht deswegen entbehrlich, weil von den Adressaten des persönlichen Angebots der Antragsgegnerin, die bei der Antragstellerin versichert waren, hätte erwartet werden können, dass ihnen die Höhe des Einsparvolumens durch die Teilnahme an Bonusprogrammen ihrer damaligen Krankenkasse (der Antragsstellerin) hätte bekannt gewesen sein müssen.

Der Senat bejaht auch einen Anordnungsgrund, denn der Antragsstellerin ist unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten nicht zuzumuten, die Hauptsachentscheidung abzuwarten, zumal die Antragsgegnerin auch im Beschwerdenverfahren (Schriftsatz vom 20. August 2008) hat vortragen lassen, dass sie die streitgegenständliche Werbung hinsichtlich des Einsparvolumens bei Inanspruchnahme der Bonusprogramme in der vorliegenden Art und Weise weiterhin betreiben wolle.

Die Antragsgegnerin war daher zu verpflichten, es unter Meidung des festgesetzten Ordnungsgelds, ersatzweise Ordnungshaft (dazu unter 2.), zu unterlassen, durch Teilnahme an Gesundheitsbonusprogrammen zu erzielende Ersparnisse konkret auszuweisen, ohne darauf hinzuweisen, dass auch die Antragsstellerin vergleichbare Bonusprogramme anbietet, die den Ersparnisvorteil relativieren können.

2. Anders als das SG hält der Senat die Androhung von ersatzweiser bzw. alternativer Ordnungshaft im Sinne des § 890 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) auch gegenüber der Antragsgegnerin (sowohl bei einer Zuwiderhandlung hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs zu 3 als auch hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs zu 2) - für zulässig.

Die Androhung von ersatzweiser bzw. alternativer Ordnungshaft in einem Beschluss, durch den ein Beteiligter verpflichtet wird, eine Handlung zu unterlassen, ist in § 890 Abs. 2 ZPO vorgesehen, der im vorliegenden Fall entsprechend anwendbar ist. Hierbei kann der Senat offenlassen, ob sich die entsprechende Anwendbarkeit aus § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 928 ZPO (so LSG Rheinland Pfalz Breithaupt 2008, 163) oder aus § 198 Abs. 1 SGG (so Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2005, C. VII. Randnr. 328) ergibt. Denn in beiden Fällen werden die Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung für entsprechend anwendbar erklärt.

Nach § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat auf Antrag das Prozessgericht einen Beteiligten, der seiner Verpflichtung zuwiderhandelt, eine Handlung zu unterlassen, wegen jeder Zuwiderhandlung zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000,00 EUR, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen (Satz 2). Der Verurteilung muss jedoch nach § 890 Abs. 2 ZPO eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in den die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs erlassen wird (Abs. 2).

Es ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass § 890 ZPO - aufgrund der genannten Verweisungsnormen - auch für die Vollstreckung gegen Körperschaften des öffentlichen Rechts Anwendung findet (vgl. hierzu BSGE 63, 144, 149). § 890 ZPO ist insbesondere dann anwendbar, wenn die Behörde zur Unterlassung einer Handlung verurteilt worden ist (BSG a.a.O.). Etwas anderes gilt auch nicht nach § 201 SGG. Denn diese Norm ist nur anwendbar, wenn es sich um die Vollstreckung von Verpflichtungsurteilen im Sinne des § 131 SGG handelt. Vorliegend begehrt die Antragsstellerin jedoch nicht die Verpflichtung der Antragsgegnerin, sondern vielmehr eine Unterlassung, so dass es bei der Anwendbarkeit des § 890 ZPO verbleibt (vgl. auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 201 Randnr. 2b). Die Anwendbarkeit des § 890 ZPO gegenüber Körperschaften des öffentlichen Rechts ist in den Verweisungsnormen (§ 86b Abs. 2 Satz 4, 198 Abs. 1 SGG) nicht eingeschränkt worden. Daraus folgt, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverfügung ersatzweise bzw. alternativ Ordnungshaft angedroht werden kann (so auch LSG Rheinland-Pfalz Breithaupt 2008, 163; Beschluss vom 17. Dezember 2007 - L 5 ER 289/07 KR; SG Dresden, Beschluss vom 12. Juli 2006 - S 18 KR 348/06 ER; a.A. LSG für das Saarland, Beschluss vom 21. Juni 2006 - L 2 B 5/06 KR; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. Januar 1995 - 10 S 488/94; sämtlich veröffentlich in juris). Dies ergibt sich bereits aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes. Der von Verfassungs wegen gebotene vorläufige Rechtsschutz liefe leer, wenn Sozialgerichte keine Maßnahmen zur Durchsetzung der von ihnen erlassenen einstweiligen Anordnung treffen könnten (vgl. allgemein hierzu Bundesverfassungsgericht [BVerfG] NVwZ 1999, 1330). Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber durch den Verweis auf die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvorschriften der ZPO in § 198 SGG bzw. über § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 928 ZPO ein entsprechendes Instrumentarium für die Vollstreckung gegen die öffentliche Hand zur Verfügung gestellt. Das BVerfG hat - in einem vergleichbaren Zusammenhang - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes im Einzelfall auch gegenüber Körperschaften des öffentlichen Rechts gebietet, von der "entsprechenden" Anwendung zivilprozessualer Vorschriften uneingeschränkt Gebrauch zu machen und "einschneidendere" Zwangsmaßnahmen zu ergreifen (BVerfG a.a.O.). Die teilweise erhobenen Bedenken, wonach eine Ordnungshaft gegen Behörden, die an Behördenvertreter zu vollziehen wäre (vgl. zum Vollzug der Ordnungshaft gegen den gesetzlichen Vertreter Gruber in Münchner Kommentar zur ZPO, 3. Auflage 2007, § 890 RdNr. 37 m.w.N.; Stöber in Zöller, ZPO, 26. Auflage 2007, § 890 RdNr. 6) ein schwerwiegender Eingriff in das organisatorische Gefüge darstellen würde (so LSG für das Saarland, Beschluss vom 21. Juni 2006 a.a.O. m.w.N.), müssen gegenüber dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes in den Hintergrund treten. Zwar muss im Interesse der Versicherten die Funktionsfähigkeit der Organe der Sozialversicherung stets gewährleistet sein. Die Funktionsfähigkeit kann jedoch durch die Regelungen der §§ 35a Abs. 4 Satz 3, 37 Abs. 2 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) sichergestellt werden. Danach kann der Vorstand ein anderes Vorstandsmitglied oder - wenn der Vorstand nur aus einer Person besteht (§ 35a Abs. 4 Satz 4 SGB VI) - einen leitenden Beschäftigten des Versicherungsträgers mit der vorübergehenden Wahrnehmung des Amtes des Vorstands, des Stellvertreters oder eine Vorstandsmitglieds beauftragen, wenn diese für längere Zeit an der Ausübung ihres Amtes gehindert sind. Aus der Einschränkung des § 201 SGG lassen sich für den vorliegenden Fall ebenfalls keine Rückschlüsse ziehen, da diese Norm - wie bereits dargelegt - nur auf Verpflichtungsurteile im Sinne des § 131 SGG Anwendung findet.

3. Zutreffend hat das SG entschieden, dass die Antragstellerin keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin hat, es zu unterlassen, in Werbeanschreiben oder sonstigen Werbemedien gegenüber AOK-Versicherten vor dem Hintergrund der Einführung des Gesundheitsfonds zum 01. Januar 2009 anhand eines konkreten Bruttoeinkommens unter Heranziehung der allgemeinen Beitragssätze der Antragsgegnerin und der Antragstellerin jährliche Ersparnisbeträge zugunsten der Antragsgegnerin in einer auf das Kalenderjahr berechneten Höhe auszuweisen.

Mit dem Unterlassungsbegehren zu 1 nimmt die Antragstellerin Bezug auf die in den persönlichen Angeboten der Antragsgegnerin an ihre Versicherten vom 21. Januar 2008 enthaltenen individuellen Vergleiche, in denen die Krankenkassenbeiträge zur Antragsgegnerin und zur Antragstellerin aufgrund der unterschiedlichen Beitragssätze pro Monat gegenübergestellt sind und für den Kassenwechsel eine jährliche Ersparnis (ohne Bonus) dann hochgerechnet und ausgewiesen wurde. Dies erachtet der Senat nicht als irreführend und damit als wettbewerbswidrige Mitgliederwerbung. Insoweit ist der Vergleich von Beiträgen, bezogen auf den Beitragssatz, zulässig. Die Antragsgegnerin hat lediglich jeweils die monatliche Ersparnis aufgrund der Unterschiede der Beitragssätze auf ein Kalenderjahr umgerechnet, wobei ohnehin davon auszugehen ist, dass den Versicherten eher die Ersparnis interessiert, die sich bei einem Kassenwechsel für ein Jahr ergeben könnte. Auch vor der bereits Ende Januar 2008 beschlossen gewesenen Einführung des Gesundheitsfonds zum 01. Januar 2009 mit dem einheitlichen Beitragssatz nach § 241 Abs. 2 SGB V sowie dem kassenindividuellen Zusatzbeitrag dazu bzw. den Versicherten auszuzahlenden Prämien nach § 242 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V, war es für die Antragsgegnerin nicht geboten, im Januar 2008 in den verwendeten persönlichen Angeboten die sich aufgrund von Beitragssatzunterschieden ergebenden Einsparungen lediglich für eine nach einem tatsächlichen Kassenwechsel noch verbleibende Zeit bis 31. Dezember 2008 hochzurechnen. Denn der Senat berücksichtigt, dass dem persönlichen Angebot auch die "Hinweise zum Beitragssatz" beigefügt waren, in denen auf die derzeitige Ausgangssituation, darauf, was der Gesundheitsfonds ist, welche Veränderungen der Gesundheitsfonds ab 01. Januar 2009 bringt, was man unter den Zusatzbeiträgen versteht und wer den Zusatzbeitrag trägt, enthalten waren, ferner auch Informationen zum Kassenwahlrecht mit einer Beispielstabelle für Regel-Kündigungsfristen. Im Übrigen ergibt sich aus Ankündigungen in der Tagespresse (vgl. Stuttgarter Zeitung Nr. 229 vom 30. September 2008), dass der Beitragssatz der Antragstellerin ab 01. Oktober 2008 auf 15,1 v.H. gestiegen ist. Aus dem Gesamtzusammenhang des persönlichen Angebots und der weiteren Informationen über den Gesundheitsfonds ab 01. Januar 2009 war danach den zu werbenden Personen durchaus vor Augen geführt, dass es zum 01. Januar 2009 beitragsmäßige Veränderungen geben könnte, wobei einerseits, wie sich auch aus den Äußerungen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren ergibt, die Höhe des einheitlichen Beitragssatzes noch nicht feststeht, andererseits die Option auf einen Zusatzbeitrag bzw. eine Prämienzahlung gegeben ist. Auf die Entscheidung des Sozialgerichts Hamburg kann sich die Antragsstellerin hier schon deswegen nicht berufen, weil es hier nicht nur um die Beurteilung eines im Hörfunk verbreiteten Werbespotts ging, der die Aussage enthielt, dass man bei einem Wechsel zur dortigen Antragsgegnerin bis zu 600,00 EUR und mehr einsparen könne.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

5. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist danach ein Streitwert von 5.000,00 EUR (Auffangstreitwert) anzunehmen. Hiervon ist vorliegend an sich auszugehen, da das wirtschaftliche Interesse der Antragsstellerin hinsichtlich der drei Unterlassungsansprüche nicht beziffert werden kann und genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung fehlen (vgl. hierzu auch LSG für das Saarland, Beschluss vom 21. Juni 2006 a.a.O.). Da jedoch im Antragsverfahren um drei Unterlassungsbegehren und im Beschwerdeverfahren noch um zwei Unterlassungsbegehren der Antragsstellerin gestritten wurde, war der Auffangstreitwert für das Antragsverfahren zu verdreifachen und derjenige für das Beschwerdeverfahren zu verdoppeln, ohne dass hier jeweils im Hinblick auf das Verfahren wegen einstweiligen Rechtsschutz lediglich ein Teilwert davon in Ansatz zu bringen war. Mithin war der Streitwert für das Antragsverfahren unter Abänderung des Beschlusses des SG auf 15.000,00 EUR, ferner der endgültige Streitwert für das Beschwerdeverfahren unter Abänderung des Beschlusses vom 20. Juni 2008 auf 10.000,00 EUR festzusetzen.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved