L 2 SO 4101/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 3767/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 4101/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 15. August 2008 dahingehend geändert, dass er die Mietschulden in Höhe von 843,71 EUR als Darlehen zu gewähren hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegnerin für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragsgegners (Ageg) hat teilweise Erfolg.

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.

Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller (Ast) schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (vgl. Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde.

Unter Berücksichtigung der genannten Voraussetzungen besteht ein Anordnungsanspruch dahingehend, die aufgelaufenen Mietschulden zu übernehmen. Gem. § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - können Schulden übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist; sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht, wobei Geldleistungen als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden können. Angesichts des Schreibens der Städtischen Baugesellschaft O. mbH vom 25. August 2008, nachdem die Räumungsklage angedroht wurde für den Fall, dass die Wohnung nicht bis 30. Oktober 2008 geräumt bzw. der Mietrückstand nicht bezahlt wird, droht der Antragstellerin die Wohnungslosigkeit. Die Übernahme der Schulden in Höhe von 843,71 EUR (s. Schreiben der Städtischen Baugesellschaft O. mbH vom 21. August 2008) ist auch gerechtfertigt und notwendig, zumal noch nicht einmal geklärt ist, ob die Ast gesundheitsbedingt überhaupt umziehen könnte. Hiernach besteht für den Senat auch kein Zweifel an dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes, um die Wohnungslosigkeit abzuwenden; ein Abwarten der Räumungsklage ist hierfür nicht erforderlich, da nicht gewährleistet ist, dass effektiver Eilrechtschutz dann noch gewährt werden kann. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Freiburg (SG) reicht die Verpflichtung der Ageg aus, die Mietschulden als Darlehen zu gewähren, da damit dem Eilbedürfnis ausreichend Rechnung getragen ist. Aus diesem Grund besteht auch kein Anordnungsgrund dafür, die Miete in voller Höhe laufend zu übernehmen, auch wenn ein Anordnungsanspruch gem. § 29 SGB XII zumindest möglich - so das SG - ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und trägt dem Rechnung, dass dem wirklichen Begehren der Ast, die Wohnungslosigkeit abzuwenden, in vollem Umfang entsprochen worden ist.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe hat sich angesichts des rechtskräftigen Kostenerstattungsanspruchs gegen den Ageg erledigt (s. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 4. März 2008, L 26 B 260/08 AS ER).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG.)
Rechtskraft
Aus
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