Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 01793/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 RJ 5022/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. September 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf höhere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit hat.
Der 1938 in der ehemaligen Sowjetunion geborene Kläger, Inhaber des Vertriebenenausweises A, kam am 07.09.1995 in die Bundesrepublik Deutschland. Vom 07.09.1995 bis 30.09.1998 war er arbeitslos gemeldet und bezog Leistungen des Arbeitsamtes vom 07.09.1995 bis 06.03.1996. Seit dem 01.03.1996 bezog er Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG).
Am 10.10.1996 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung und gab hierbei an, von 1954 bis zum 29.03.1995 im Kollektiv 22. Parteikongress, Peterfeld gearbeitet zu haben, und zwar von 1954 bis 1969 als Viehwärter und Fahrer sowie von 1970 bis 1995 als Fahrer, wobei er von 1991 bis 1995 Fahrer eines Feuerwehrautos in der Kolchose gewesen sei. Der Kläger legte weiter sein am 20.01.1965 ausgestelltes Arbeitsbuch Nr. 338 vor, in das für die Zeit ab 1970 die Arbeitstage pro Jahr eingetragen sind. Insoweit wird auf den Inhalt des Arbeitsbuches Bezug genommen.
Am 13.07.1998 stellte der Kläger Antrag auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres.
Mit Bescheid vom 08.09.1998 bewilligte die Beklagte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 01.10.1998 in Höhe von monatlich DM (Zahlbetrag DM).
Ausweislich der Anlage 10 des Rentenbescheides wurden hierbei die Zeiten vom 26.09.1954 bis 31.08.1995 nach dem Fremdrentengesetz (FRG) als Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter Qualifikationsgruppe 5 Bereich 22 der Anlage 14 zum Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) mit um ein Fünftel erhöhten Tabellenwerten berücksichtigt. Die Zeit vom 26.09.1954 bis 31.12.1968 wurde zu 5/6 angerechnet. Die Zeiten vom 01.01.1969 bis zum 31.08.1995 wurden als nachgewiesene Zeiten berücksichtigt, wobei Entgelte mit Ausnahme der Jahre 1978 und 1994 lediglich anteilig entsprechend den im Arbeitsbuch angegebenen Arbeitstagen im Verhältnis zu 360 Tagen pro Jahr berücksichtigt wurden.
Hiergegen legte der Kläger am 14.10.1998 Widerspruch ein mit der Begründung, die Zeit von Februar 1976 bis 1995 sei in Qualifikationsgruppe 4 einzustufen, da er als Kraftfahrer mit den russischen Fahrerlaubnissen der Klassen III, II und I sowie als Traktorist/Maschinist einem Kfz-Mechaniker gleichzustellen sei. Weiter sei er von 1954 bis 1995 zeitlebens Kolchosmitglied gewesen.
Mit Bescheid vom 26.01.1999 stellte die Beklagte die Altersrente des Klägers neu fest. Als Zeit der beruflichen Ausbildung mit beitragsgeminderten Zeiten wurde nicht mehr die Zeit vom 26.09.1954 bis 31.08.1957, sondern vom 23.09.1955 bis 31.08.1958 festgesetzt. Weiter wurde die Zeit vom 23.09.1955 bis 31.12.1964 als Beschäftigungszeit nach § 16 FRG anstelle einer bisher anerkannten Beitragszeit nach § 15 FRG vom 26.09.1954 bis 31.12.1964 bewertet. Anstelle der bisher zugrundegelegten persönlichen Entgeltpunkte (pEP) in Höhe von 22,8291 wurden der Rentenberechnung 22,4063 pEP zugrundegelegt. Daraus resultierte eine Rente ab Rentenbeginn 01.10.1999 in Höhe von DM mit einem Zahlbetrag von DM.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe eine für die Einstufung in Qualifikationsgruppe 4 erforderliche Ausbildung nicht absolviert. Er habe selbst angegeben, keine berufliche Qualifikation erworben zu haben. Die Rentenberechnung sei auch zutreffend nach § 26 FRG erfolgt. Maßgeblich seien die - im Arbeitsbuch bescheinigten - tatsächlichen Arbeitstage.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.07.1999 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Zur Begründung trug er vor, durch die bei den Führerscheinkursen vermittelten handwerklichen Kenntnisse und aufgrund der langen Berufstätigkeit habe er mindestens die gleichen Kenntnisse wie ein Kfz-Lehrling nach einer dreijährigen Lehre in der DDR gehabt. Auch eine Kürzung der Tabellenwerte entsprechend den bescheinigten Arbeitstagen sei nicht zulässig, da keine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt worden sei. Die Beklagte trug vor, die in Anlage 10 der Bescheide ausgewiesenen Prozentzahlen hätten sich auf der Grundlage der Angaben im Arbeitsbuch ergeben. Bei den darin angegebenen Tagen seien Sonntage bereits mitenthalten, da ansonsten bei einer Umrechnung der angegebenen Arbeitstage Jahreswerte resultierten mit mehr Tagen, als das Jahr besitze.
Mit Urteil vom 27.09.2001 verurteilte das SG die Beklagte, in Abänderung des Bescheides vom 08.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.1999 die rentenrechtlichen Zeiten des Klägers ohne Anrechnung eines Teilzeitfaktors anzuerkennen. Im übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die anteilmäßige Kürzung könne nicht auf § 26 Satz 3 FRG gestützt werden, da der Kläger keine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt habe. Nach dem glaubwürdigen Vortrag des Klägers sei er Inhaber eines Vollzeitarbeitsplatzes gewesen. Nach Überzeugung der Kammer seien im Arbeitsbuch nur die tatsächlichen Arbeitstage ohne Sonntage bescheinigt.
Gegen das am 12.12.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.12.2001 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, es werde vorab unstreitig gestellt, dass im Zeitraum vom 01.01.1969 bis 31.08.1995 eine 6/6-Anrechnung anerkannt worden sei, weil die im Arbeitsbuch bescheinigten Arbeitstage (gegebenenfalls hochgerechnet um die Sonntage mit der Formel X 7:6) mehr als 300 Tage pro Jahr erreichten. Eine solche Hochrechnung um Sonntage sei für die Jahre 1973, 1977 bis 1979, 1982, 1984 und 1986 bis 1995 nicht möglich, weil dann das Ergebnis über 365 liegen würde. Gemäß § 26 Satz 1 FRG seien die Tage tageweise bzw. jährlich anteilmäßig bei der Berechnung von Entgeltpunkten zu berücksichtigen. Sofern dabei keine 360 Arbeitstage pro Kalenderjahr erreicht würden, müsse eine anteilmäßige Berechnung in der Weise erfolgen, dass die Entgeltpunkte entsprechend dem Verhältnis der um die Sonntage erhöhten Arbeitstage zu den Gesamttagen eines Jahres (angesetzt mit 360 Kalendertagen) anzurechnen seien. Ausweislich einer fiktiven Rentenberechnung vom 13.02.2002 ergeben sich unter Anwendung dieser Berechnungsweise 23,601 pEP.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. September 2001 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil insoweit für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, die Rente des Klägers ohne die Berücksichtigung von Teilzeitabschlägen bei den zugrundezulegenden Entgelten für die Jahre 1969 bis 1995 zu gewähren.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist lediglich der Bescheid vom 08.09.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.1999, nicht jedoch der Bescheid vom 26.01.1999. Über diesen Bescheid, der gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden ist, hat das SG nicht entschieden. Da lediglich die Beklagte Berufung eingelegt hat, ist eine Einbeziehung dieses Bescheides in das Berufungsverfahrens nicht erfolgt, so dass der Senat über diesen Verwaltungsakt auch nicht zu entscheiden hat (BSG SozR 2200 § 313a Nr. 6).
Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung der streitigen Zeiten vom 01.01.1969 bis zum 31.08.1995 ist § 15 FRG. Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich (§ 15 Abs. 1 Satz 1 FRG). Diesen Zeiten werden nach § 22 Abs. 1 FRG in der hier anwendbaren Fassung Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz und Satz 8 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ermittelt. Hierzu werden für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die in Anlage 14 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch genannten Durchschnittsjahresverdienste um ein Fünftel erhöht (§ 22 Abs. 1 FRG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung). Nach § 22 Abs. 3 FRG werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt. Die Beklagte hat die streitige Zeit vom 01.01.1969 bis 31.08.1995 als nachgewiesene Beitragszeit anerkannt und demgemäß keine Kürzung nach § 22 Abs. 3 FRG um ein Sechstel vorgenommen. Sie hat in der Berufungsbegründung und im nachfolgenden Schriftsatz vom 15.04.2002 die 6/6-Anrechnung unstreitig gestellt. Dahingestellt bleiben kann deshalb, ob zumindest für die Jahre 1972 und 1976 die Beitragsentrichtung nachgewiesen oder lediglich glaubhaft gemacht ist.
Für eine anteilige Kürzung der Entgeltpunkte entsprechend dem Verhältnis zwischen den bescheinigten und den tatsächlichen Arbeitstagen pro Kalenderjahr existiert keine rechtliche Grundlage.
Die Kürzung kann nicht auf § 26 Satz 3 FRG gestützt werden. Danach werden für Zeiten, in denen der Versicherte innerhalb eines Kalenderjahres teilzeitbeschäftigt oder unständig beschäftigt war, Entgeltpunkte mit dem auf den Teilzeitraum entfallenden Anteil berücksichtigt. Wie die Beklagte selbst anführt, ist diese Regelung nur auf Teilzeitbeschäftigungen anwendbar. Eine Teilzeitbeschäftigung liegt dann vor, wenn die regelmäßige tatsächliche Arbeitszeit geringer als die übliche Arbeitszeit ist (Verbandskommentar § 26 FRG Rn. 6). Diese Vorschrift kann nicht angewandt werden, da der Kläger eine Vollzeitbeschäftigung ausgeübt hat.
Die Kürzung kann auch nicht auf § 26 Satz 1 FRG gestützt werden. Werden danach Beitrags- und Beschäftigungszeiten nur für einen Teil eines Kalenderjahres angerechnet, werden bei Anwendung des § 22 Abs. 1 die Entgeltpunkte nur anteilmäßig berücksichtigt.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 31.03.1993 - 13 RJ 17/92; 30.10.1997 - 13 RJ 19/97 - SGB 1998, 158), der sich der erkennende Senat anschließt, begründete bereits die Mitgliedschaft in einem Kolchos in der ehemaligen Sowjetunion das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, da das Kolchosmitglied auch in den Zeiten, in denen keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wurde, dem Weisungsrecht des Kolchos unterlag und zudem nicht zugleich in einem anderen Betrieb beschäftigt sein durfte. Diese für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses maßgeblichen Kriterien der Arbeitsbereitschaft auf Seiten des Arbeitnehmers und des Direktionsrechts auf Seiten des Arbeitgebers waren somit an das Mitgliedschaftsverhältnis gekoppelt und deshalb unabhängig von der tatsächlichen Arbeitsleistung. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers bestand während des gesamten streitigen Zeitraums. Nach den Eintragungen im Arbeitsbuch trat der Kläger im Jahr 1955 in den Kolchos ein und wurde am 31.08.1995 aus der Kolchosmitgliedschaft ausgeschlossen und von der Arbeit entlassen. Diese Beurteilung entspricht auch der Anlage zum Verbandsrundschreiben vom 25.09.2001 (Az.: 30-64-00-04 (2.3.2)) zu § 22 Abs. 3 FRG. Danach sind Zeiten der Mitgliedschaft in einer Kolchose für die Zeit ab 01.01.1965 als Betragszeiten nach § 15 FRG für das gesamte Kalenderjahr anzurechnen. In Betracht kommt danach allein eine Anrechnung als lediglich glaubhaft gemachte Beitragszeit und Kürzung der Entgeltpunkte gem. § 22 Abs. 3 FRG, wenn im Arbeitsbuch nicht mehr als 300 (ggf. hochgerechnete) Arbeitstage bescheinigt sind. Dies kann vorliegend (für die Jahre 1972 und 1976) dahingestellt bleiben, weil die Beklagte die streitige Zeit als nachgewiesene Beitragszeit anerkannt hat.
Die vom Kläger in der Zeit vom 01.01.1969 bis 31.08.1995 zurückgelegten Beitragszeiten hat die Beklagte auch zu Recht als nachgewiesene Beitragszeiten berücksichtigt. Nachgewiesen sind Beitragszeiten nämlich dann, wenn nicht nur Beginn und Ende eines Beschäftigungsverhältnisses feststehen, sondern konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischenliegenden Arbeitsunterbrechungen vorliegen (BSG SozR 5050 § 19 Nr. 1; § 15 Nr. 23). Um solche Angaben handelt es sich bei der Bescheinigung der Arbeitstage im Arbeitsbuch, da darin die vom Kläger zu leistenden Mindestarbeitstage (ab 1975 300 Tage) und die von ihm geleisteten Arbeitstage (mit Ausnahme von 1972 und 1976 zwischen 302 und 365) aufgeführt sind.
Die Annahme der Beklagten, dass dann, wenn in einem Jahr mehr als 312 Arbeitstage bescheinigt seien, in einem solchen Falle die arbeitsfreien Tage bzw. Sonntage nicht in die bescheinigten Arbeitstage einbezogen seien, weil sich bei einer Hochrechnung um Sonntage mehr als 365 Tage ergäben, ist schon nicht zwingend. Im Bereich der Landwirtschaft liegt die Möglichkeit nahe, dass z.B. insbesondere während der Erntezeit auch an an sich arbeitsfreien Tage gearbeitet wird. Auch können Arbeitnehmer auf an sich arbeitsfreie Tage - z.B. zur Erzielung eines höheren Verdienstes - verzichten.
Die von der Beklagten in diesen Fällen angewandte Berechnungsformel "bescheinigte Arbeitstage: 360 x 100 = Teilzeitfaktor in Prozent" führt im Ergebnis dazu, dass die bescheinigten Arbeitstage als Maß der tatsächlich geleisteten Arbeit noch nicht einmal entsprechend der bescheinigten Anzahl, sondern mit einer um die arbeitsfreien Tage geminderten Anzahl in die Berechnung eingehen. In den Fällen, in denen die Mindestzahl der zu leistenden Arbeitstage erreicht oder überschritten wird, gibt es nach Auffassung des Senats keinen Grund, nur für einen Teil eines Kalenderjahres Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten anzurechnen und dementsprechend die Entgeltpunkte anteilig zu kürzen, zumindest dann nicht, wenn die Anzahl der Mindest-Arbeitstage für eine ununterbrochene ganzjährige Beitrags- oder Beschäftigungszeit spricht.
Gegen die Berechnungsweise der Beklagten spricht weiter, dass die Ausschlussregelung des § 26 Satz 4 FRG, wonach für Zeiten einer Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als 10 Stunden in der Woche Entgeltpunkte nicht ermittelt werden, auf Zeiten der Mitgliedschaft in einer Kolchose - zumindest für die als Beitragszeiten nach § 15 FRG zu wertenden Zeiten der Mitgliedschaft ab dem 01.01.1965 - keine Anwendung findet, weil die Beitrags- bzw. Lohnzahlung nicht an die tatsächliche - gegebenenfalls geringfügige - Arbeitsleistung, sondern an die fortdauernde Mitgliedschaft gekoppelt war. Diese Rechtsauffassung wird auch in der Anlage zum Verbandsrundschreiben vom 25.09.2001 zu § 22 Abs. 3 FRG vertreten. Diesen Zeiten mit geringfügiger Arbeitsleistung sind danach die Zeiten, in denen keine Arbeit verrichtet wurde, die Kolchosmitgliedschaft jedoch bestand, gleichzustellen.
Zu berücksichtigen ist schließlich die Regelung in § 26 Satz 2 FRG. Danach zählen bei den Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach Satz 1 Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch belegt sind, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen. Den vollwertigen Beitragszeiten gleichgestellt sind damit Zeiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und Zeiten, in denen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gewährt werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung nimmt diese Regelung Rücksicht auf die Situation in den Herkunftsländern der Zuwanderer, in denen vom ersten Tage der Arbeitsunfähigkeit an beitragsfreie Leistungen der Sozialversicherung gewährt wurden und es häufig nicht möglich ist, in den Versicherungsunterlagen kurzfristige Arbeitsunfähigkeits-Tatbestände festzustellen. Wie im geltenden Recht sollen deshalb kurzfristige Arbeitsunfähigkeitszeiten von weniger als einem Kalendermonat keine leistungsrechtlichen Auswirkungen haben. Diese Zeiten sind insoweit den Tatbeständen der Lohn- oder Gehaltsfortzahlung vergleichbar und sollen die Höhe der anzurechnenden Entgelte nicht beeinflussen. Deshalb werden Kalendermonate, die solche Zeiten beinhalten, weiterhin als volle Kalendermonate angerechnet, und zwar als Kalendermonate mit vollwertigen Beiträgen und nicht als beitragsgeminderte Zeiten (BT-Drucks. 11/4124 S. 220). Für sonstige Unterbrechungstatbestände (z.B. Arbeitslosigkeit) findet sich beim Kläger kein Anhalt.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch die Berechnungsweise der Beklagten in der fiktiven Rentenberechnung vom 13.02.2002 nicht angewandt werden kann. Danach werden die angegebenen Arbeitstage mit dem Faktor 7/6 multipliziert in den Jahren, in denen das dabei resultierende Ergebnis nicht die Anzahl der Tage eines Jahres (360) überschreitet. Hiergegen spricht, dass eine wechselnde Bescheinigung der Anzahl von Arbeitstagen mit bzw. ohne Sonntage durch dieselbe Kolchose für dasselbe Mitglied äußert unwahrscheinlich ist.
Die Berufung der Beklagten war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf höhere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit hat.
Der 1938 in der ehemaligen Sowjetunion geborene Kläger, Inhaber des Vertriebenenausweises A, kam am 07.09.1995 in die Bundesrepublik Deutschland. Vom 07.09.1995 bis 30.09.1998 war er arbeitslos gemeldet und bezog Leistungen des Arbeitsamtes vom 07.09.1995 bis 06.03.1996. Seit dem 01.03.1996 bezog er Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG).
Am 10.10.1996 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung und gab hierbei an, von 1954 bis zum 29.03.1995 im Kollektiv 22. Parteikongress, Peterfeld gearbeitet zu haben, und zwar von 1954 bis 1969 als Viehwärter und Fahrer sowie von 1970 bis 1995 als Fahrer, wobei er von 1991 bis 1995 Fahrer eines Feuerwehrautos in der Kolchose gewesen sei. Der Kläger legte weiter sein am 20.01.1965 ausgestelltes Arbeitsbuch Nr. 338 vor, in das für die Zeit ab 1970 die Arbeitstage pro Jahr eingetragen sind. Insoweit wird auf den Inhalt des Arbeitsbuches Bezug genommen.
Am 13.07.1998 stellte der Kläger Antrag auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres.
Mit Bescheid vom 08.09.1998 bewilligte die Beklagte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 01.10.1998 in Höhe von monatlich DM (Zahlbetrag DM).
Ausweislich der Anlage 10 des Rentenbescheides wurden hierbei die Zeiten vom 26.09.1954 bis 31.08.1995 nach dem Fremdrentengesetz (FRG) als Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter Qualifikationsgruppe 5 Bereich 22 der Anlage 14 zum Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) mit um ein Fünftel erhöhten Tabellenwerten berücksichtigt. Die Zeit vom 26.09.1954 bis 31.12.1968 wurde zu 5/6 angerechnet. Die Zeiten vom 01.01.1969 bis zum 31.08.1995 wurden als nachgewiesene Zeiten berücksichtigt, wobei Entgelte mit Ausnahme der Jahre 1978 und 1994 lediglich anteilig entsprechend den im Arbeitsbuch angegebenen Arbeitstagen im Verhältnis zu 360 Tagen pro Jahr berücksichtigt wurden.
Hiergegen legte der Kläger am 14.10.1998 Widerspruch ein mit der Begründung, die Zeit von Februar 1976 bis 1995 sei in Qualifikationsgruppe 4 einzustufen, da er als Kraftfahrer mit den russischen Fahrerlaubnissen der Klassen III, II und I sowie als Traktorist/Maschinist einem Kfz-Mechaniker gleichzustellen sei. Weiter sei er von 1954 bis 1995 zeitlebens Kolchosmitglied gewesen.
Mit Bescheid vom 26.01.1999 stellte die Beklagte die Altersrente des Klägers neu fest. Als Zeit der beruflichen Ausbildung mit beitragsgeminderten Zeiten wurde nicht mehr die Zeit vom 26.09.1954 bis 31.08.1957, sondern vom 23.09.1955 bis 31.08.1958 festgesetzt. Weiter wurde die Zeit vom 23.09.1955 bis 31.12.1964 als Beschäftigungszeit nach § 16 FRG anstelle einer bisher anerkannten Beitragszeit nach § 15 FRG vom 26.09.1954 bis 31.12.1964 bewertet. Anstelle der bisher zugrundegelegten persönlichen Entgeltpunkte (pEP) in Höhe von 22,8291 wurden der Rentenberechnung 22,4063 pEP zugrundegelegt. Daraus resultierte eine Rente ab Rentenbeginn 01.10.1999 in Höhe von DM mit einem Zahlbetrag von DM.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe eine für die Einstufung in Qualifikationsgruppe 4 erforderliche Ausbildung nicht absolviert. Er habe selbst angegeben, keine berufliche Qualifikation erworben zu haben. Die Rentenberechnung sei auch zutreffend nach § 26 FRG erfolgt. Maßgeblich seien die - im Arbeitsbuch bescheinigten - tatsächlichen Arbeitstage.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.07.1999 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Zur Begründung trug er vor, durch die bei den Führerscheinkursen vermittelten handwerklichen Kenntnisse und aufgrund der langen Berufstätigkeit habe er mindestens die gleichen Kenntnisse wie ein Kfz-Lehrling nach einer dreijährigen Lehre in der DDR gehabt. Auch eine Kürzung der Tabellenwerte entsprechend den bescheinigten Arbeitstagen sei nicht zulässig, da keine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt worden sei. Die Beklagte trug vor, die in Anlage 10 der Bescheide ausgewiesenen Prozentzahlen hätten sich auf der Grundlage der Angaben im Arbeitsbuch ergeben. Bei den darin angegebenen Tagen seien Sonntage bereits mitenthalten, da ansonsten bei einer Umrechnung der angegebenen Arbeitstage Jahreswerte resultierten mit mehr Tagen, als das Jahr besitze.
Mit Urteil vom 27.09.2001 verurteilte das SG die Beklagte, in Abänderung des Bescheides vom 08.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.1999 die rentenrechtlichen Zeiten des Klägers ohne Anrechnung eines Teilzeitfaktors anzuerkennen. Im übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die anteilmäßige Kürzung könne nicht auf § 26 Satz 3 FRG gestützt werden, da der Kläger keine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt habe. Nach dem glaubwürdigen Vortrag des Klägers sei er Inhaber eines Vollzeitarbeitsplatzes gewesen. Nach Überzeugung der Kammer seien im Arbeitsbuch nur die tatsächlichen Arbeitstage ohne Sonntage bescheinigt.
Gegen das am 12.12.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.12.2001 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, es werde vorab unstreitig gestellt, dass im Zeitraum vom 01.01.1969 bis 31.08.1995 eine 6/6-Anrechnung anerkannt worden sei, weil die im Arbeitsbuch bescheinigten Arbeitstage (gegebenenfalls hochgerechnet um die Sonntage mit der Formel X 7:6) mehr als 300 Tage pro Jahr erreichten. Eine solche Hochrechnung um Sonntage sei für die Jahre 1973, 1977 bis 1979, 1982, 1984 und 1986 bis 1995 nicht möglich, weil dann das Ergebnis über 365 liegen würde. Gemäß § 26 Satz 1 FRG seien die Tage tageweise bzw. jährlich anteilmäßig bei der Berechnung von Entgeltpunkten zu berücksichtigen. Sofern dabei keine 360 Arbeitstage pro Kalenderjahr erreicht würden, müsse eine anteilmäßige Berechnung in der Weise erfolgen, dass die Entgeltpunkte entsprechend dem Verhältnis der um die Sonntage erhöhten Arbeitstage zu den Gesamttagen eines Jahres (angesetzt mit 360 Kalendertagen) anzurechnen seien. Ausweislich einer fiktiven Rentenberechnung vom 13.02.2002 ergeben sich unter Anwendung dieser Berechnungsweise 23,601 pEP.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. September 2001 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil insoweit für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, die Rente des Klägers ohne die Berücksichtigung von Teilzeitabschlägen bei den zugrundezulegenden Entgelten für die Jahre 1969 bis 1995 zu gewähren.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist lediglich der Bescheid vom 08.09.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.1999, nicht jedoch der Bescheid vom 26.01.1999. Über diesen Bescheid, der gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden ist, hat das SG nicht entschieden. Da lediglich die Beklagte Berufung eingelegt hat, ist eine Einbeziehung dieses Bescheides in das Berufungsverfahrens nicht erfolgt, so dass der Senat über diesen Verwaltungsakt auch nicht zu entscheiden hat (BSG SozR 2200 § 313a Nr. 6).
Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung der streitigen Zeiten vom 01.01.1969 bis zum 31.08.1995 ist § 15 FRG. Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich (§ 15 Abs. 1 Satz 1 FRG). Diesen Zeiten werden nach § 22 Abs. 1 FRG in der hier anwendbaren Fassung Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz und Satz 8 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ermittelt. Hierzu werden für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die in Anlage 14 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch genannten Durchschnittsjahresverdienste um ein Fünftel erhöht (§ 22 Abs. 1 FRG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung). Nach § 22 Abs. 3 FRG werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt. Die Beklagte hat die streitige Zeit vom 01.01.1969 bis 31.08.1995 als nachgewiesene Beitragszeit anerkannt und demgemäß keine Kürzung nach § 22 Abs. 3 FRG um ein Sechstel vorgenommen. Sie hat in der Berufungsbegründung und im nachfolgenden Schriftsatz vom 15.04.2002 die 6/6-Anrechnung unstreitig gestellt. Dahingestellt bleiben kann deshalb, ob zumindest für die Jahre 1972 und 1976 die Beitragsentrichtung nachgewiesen oder lediglich glaubhaft gemacht ist.
Für eine anteilige Kürzung der Entgeltpunkte entsprechend dem Verhältnis zwischen den bescheinigten und den tatsächlichen Arbeitstagen pro Kalenderjahr existiert keine rechtliche Grundlage.
Die Kürzung kann nicht auf § 26 Satz 3 FRG gestützt werden. Danach werden für Zeiten, in denen der Versicherte innerhalb eines Kalenderjahres teilzeitbeschäftigt oder unständig beschäftigt war, Entgeltpunkte mit dem auf den Teilzeitraum entfallenden Anteil berücksichtigt. Wie die Beklagte selbst anführt, ist diese Regelung nur auf Teilzeitbeschäftigungen anwendbar. Eine Teilzeitbeschäftigung liegt dann vor, wenn die regelmäßige tatsächliche Arbeitszeit geringer als die übliche Arbeitszeit ist (Verbandskommentar § 26 FRG Rn. 6). Diese Vorschrift kann nicht angewandt werden, da der Kläger eine Vollzeitbeschäftigung ausgeübt hat.
Die Kürzung kann auch nicht auf § 26 Satz 1 FRG gestützt werden. Werden danach Beitrags- und Beschäftigungszeiten nur für einen Teil eines Kalenderjahres angerechnet, werden bei Anwendung des § 22 Abs. 1 die Entgeltpunkte nur anteilmäßig berücksichtigt.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 31.03.1993 - 13 RJ 17/92; 30.10.1997 - 13 RJ 19/97 - SGB 1998, 158), der sich der erkennende Senat anschließt, begründete bereits die Mitgliedschaft in einem Kolchos in der ehemaligen Sowjetunion das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, da das Kolchosmitglied auch in den Zeiten, in denen keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wurde, dem Weisungsrecht des Kolchos unterlag und zudem nicht zugleich in einem anderen Betrieb beschäftigt sein durfte. Diese für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses maßgeblichen Kriterien der Arbeitsbereitschaft auf Seiten des Arbeitnehmers und des Direktionsrechts auf Seiten des Arbeitgebers waren somit an das Mitgliedschaftsverhältnis gekoppelt und deshalb unabhängig von der tatsächlichen Arbeitsleistung. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers bestand während des gesamten streitigen Zeitraums. Nach den Eintragungen im Arbeitsbuch trat der Kläger im Jahr 1955 in den Kolchos ein und wurde am 31.08.1995 aus der Kolchosmitgliedschaft ausgeschlossen und von der Arbeit entlassen. Diese Beurteilung entspricht auch der Anlage zum Verbandsrundschreiben vom 25.09.2001 (Az.: 30-64-00-04 (2.3.2)) zu § 22 Abs. 3 FRG. Danach sind Zeiten der Mitgliedschaft in einer Kolchose für die Zeit ab 01.01.1965 als Betragszeiten nach § 15 FRG für das gesamte Kalenderjahr anzurechnen. In Betracht kommt danach allein eine Anrechnung als lediglich glaubhaft gemachte Beitragszeit und Kürzung der Entgeltpunkte gem. § 22 Abs. 3 FRG, wenn im Arbeitsbuch nicht mehr als 300 (ggf. hochgerechnete) Arbeitstage bescheinigt sind. Dies kann vorliegend (für die Jahre 1972 und 1976) dahingestellt bleiben, weil die Beklagte die streitige Zeit als nachgewiesene Beitragszeit anerkannt hat.
Die vom Kläger in der Zeit vom 01.01.1969 bis 31.08.1995 zurückgelegten Beitragszeiten hat die Beklagte auch zu Recht als nachgewiesene Beitragszeiten berücksichtigt. Nachgewiesen sind Beitragszeiten nämlich dann, wenn nicht nur Beginn und Ende eines Beschäftigungsverhältnisses feststehen, sondern konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischenliegenden Arbeitsunterbrechungen vorliegen (BSG SozR 5050 § 19 Nr. 1; § 15 Nr. 23). Um solche Angaben handelt es sich bei der Bescheinigung der Arbeitstage im Arbeitsbuch, da darin die vom Kläger zu leistenden Mindestarbeitstage (ab 1975 300 Tage) und die von ihm geleisteten Arbeitstage (mit Ausnahme von 1972 und 1976 zwischen 302 und 365) aufgeführt sind.
Die Annahme der Beklagten, dass dann, wenn in einem Jahr mehr als 312 Arbeitstage bescheinigt seien, in einem solchen Falle die arbeitsfreien Tage bzw. Sonntage nicht in die bescheinigten Arbeitstage einbezogen seien, weil sich bei einer Hochrechnung um Sonntage mehr als 365 Tage ergäben, ist schon nicht zwingend. Im Bereich der Landwirtschaft liegt die Möglichkeit nahe, dass z.B. insbesondere während der Erntezeit auch an an sich arbeitsfreien Tage gearbeitet wird. Auch können Arbeitnehmer auf an sich arbeitsfreie Tage - z.B. zur Erzielung eines höheren Verdienstes - verzichten.
Die von der Beklagten in diesen Fällen angewandte Berechnungsformel "bescheinigte Arbeitstage: 360 x 100 = Teilzeitfaktor in Prozent" führt im Ergebnis dazu, dass die bescheinigten Arbeitstage als Maß der tatsächlich geleisteten Arbeit noch nicht einmal entsprechend der bescheinigten Anzahl, sondern mit einer um die arbeitsfreien Tage geminderten Anzahl in die Berechnung eingehen. In den Fällen, in denen die Mindestzahl der zu leistenden Arbeitstage erreicht oder überschritten wird, gibt es nach Auffassung des Senats keinen Grund, nur für einen Teil eines Kalenderjahres Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten anzurechnen und dementsprechend die Entgeltpunkte anteilig zu kürzen, zumindest dann nicht, wenn die Anzahl der Mindest-Arbeitstage für eine ununterbrochene ganzjährige Beitrags- oder Beschäftigungszeit spricht.
Gegen die Berechnungsweise der Beklagten spricht weiter, dass die Ausschlussregelung des § 26 Satz 4 FRG, wonach für Zeiten einer Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als 10 Stunden in der Woche Entgeltpunkte nicht ermittelt werden, auf Zeiten der Mitgliedschaft in einer Kolchose - zumindest für die als Beitragszeiten nach § 15 FRG zu wertenden Zeiten der Mitgliedschaft ab dem 01.01.1965 - keine Anwendung findet, weil die Beitrags- bzw. Lohnzahlung nicht an die tatsächliche - gegebenenfalls geringfügige - Arbeitsleistung, sondern an die fortdauernde Mitgliedschaft gekoppelt war. Diese Rechtsauffassung wird auch in der Anlage zum Verbandsrundschreiben vom 25.09.2001 zu § 22 Abs. 3 FRG vertreten. Diesen Zeiten mit geringfügiger Arbeitsleistung sind danach die Zeiten, in denen keine Arbeit verrichtet wurde, die Kolchosmitgliedschaft jedoch bestand, gleichzustellen.
Zu berücksichtigen ist schließlich die Regelung in § 26 Satz 2 FRG. Danach zählen bei den Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach Satz 1 Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch belegt sind, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen. Den vollwertigen Beitragszeiten gleichgestellt sind damit Zeiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und Zeiten, in denen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gewährt werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung nimmt diese Regelung Rücksicht auf die Situation in den Herkunftsländern der Zuwanderer, in denen vom ersten Tage der Arbeitsunfähigkeit an beitragsfreie Leistungen der Sozialversicherung gewährt wurden und es häufig nicht möglich ist, in den Versicherungsunterlagen kurzfristige Arbeitsunfähigkeits-Tatbestände festzustellen. Wie im geltenden Recht sollen deshalb kurzfristige Arbeitsunfähigkeitszeiten von weniger als einem Kalendermonat keine leistungsrechtlichen Auswirkungen haben. Diese Zeiten sind insoweit den Tatbeständen der Lohn- oder Gehaltsfortzahlung vergleichbar und sollen die Höhe der anzurechnenden Entgelte nicht beeinflussen. Deshalb werden Kalendermonate, die solche Zeiten beinhalten, weiterhin als volle Kalendermonate angerechnet, und zwar als Kalendermonate mit vollwertigen Beiträgen und nicht als beitragsgeminderte Zeiten (BT-Drucks. 11/4124 S. 220). Für sonstige Unterbrechungstatbestände (z.B. Arbeitslosigkeit) findet sich beim Kläger kein Anhalt.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch die Berechnungsweise der Beklagten in der fiktiven Rentenberechnung vom 13.02.2002 nicht angewandt werden kann. Danach werden die angegebenen Arbeitstage mit dem Faktor 7/6 multipliziert in den Jahren, in denen das dabei resultierende Ergebnis nicht die Anzahl der Tage eines Jahres (360) überschreitet. Hiergegen spricht, dass eine wechselnde Bescheinigung der Anzahl von Arbeitstagen mit bzw. ohne Sonntage durch dieselbe Kolchose für dasselbe Mitglied äußert unwahrscheinlich ist.
Die Berufung der Beklagten war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
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