Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 5/28 KA 2184/04
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 59/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
und L 4 KA 64/06
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juni 2006 abgeändert und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Honorarbescheide vom 25. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2004 verurteilt, den Betriebskostenabzug auch für das Quartal II/03 auf 15 % festzusetzen.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 13.507,15 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist Erhöhung des Betriebskostenabzugs zur Finanzierung des von der Beklagten organisierten Notdienstes.
Der Kläger, seit dem 1. September 2002 privat niedergelassener Arzt, ist seit 1999 im von der Beklagten organisierten ärztlichen Notdienst in verschiedenen Notdienstzentralen tätig. Er erklärte sich am 30. September 2002 gegenüber der Beklagten bereit, in den eingerichteten ärztlichen Notfalldiensten mitzuarbeiten, und erkannte mit Abgabe der Erklärung zugleich die ab 1. Oktober 2002 geltende Notdienstordnung der Beklagten sowie die hier zu ergänzenden Beschlüsse des Vorstandes der Beklagten, des Geschäftsausschusses der Bezirksstelle FD. und der Abgeordnetenversammlung der Beklagten an.
Die Abgeordnetenversammlung der Beklagten hatte im September 2002 zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Notfällen eine ab 1. Oktober 2002 geltende Notdienstordnung beschlossen, die in § 8 die Finanzierung der Organisation des Notdienstes enthält. Gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 Buchst. a ist, soweit die - nach § 8 Abs. 1 - bei Betrieb von Notdienstzentralen und Notdienstleitstellen zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichend sind, für die Finanzierung des organisierten Notdienstes ein Abzug eines angemessenen Betriebskostenanteils von mindestens 15%, höchstens 35%, bezogen auf die im Rahmen des Notdienstes von den Notdienstärzten erarbeiteten Honorare, zu erheben. Art und Umfang des Betriebskostenabzugs sind dabei von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft, die von den in einem Notdienstbezirk niedergelassenen Vertragsärzten gebildet wird (§ 2 Abs. 2) festzulegen und von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle zu genehmigen (§ 8 Abs. 3 S. 2). Nach § 11 Abs. 1 S. 1 der Notdienstordnung sind die Beschlüsse der Abgeordnetenversammlung, des Vorstandes und des Geschäftsausschusses der jeweiligen Bezirkstelle der Beklagten zur Gestaltung des Notdienstes für alle Vertragsärzte bindend. Nach § 11 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1 der Notdienstordnung haben nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Notdienstärzte durch entsprechende Erklärung vor der erstmaligen Teilnahme am organisierten Notdienst schriftlich die Anerkennung dieser Notdienstordnung zu bestätigen.
Mit Schreiben vom 24. September 2002 informierte die Bezirksstelle FD. die Notdienstärzte in ihrem Bereich über das Inkrafttreten der neuen Notdienstordnung zum 1. Oktober 2002 und teilte ihnen mit, dass entsprechend der Festlegung durch den Geschäftsausschuss in seiner Sitzung am 11. September 2002 mit Wirkung zum 1. Oktober 2002 in allen Notdienstzentralen ein Betriebskostenabzug in Höhe von 15% erfolge.
Am 2. November 2002 beschloss der Geschäftsausschuss der Bezirksstelle FD., mit Wirkung ab 1. Januar 2003 einen einheitlichen Betriebskostenabzug in Höhe von 35% vorzunehmen. Zeitgleich beschloss er, dass den Notdienstgemeinschaften die Möglichkeit gegeben werde, durch Sockelbeträge oder Stundenpauschalen die Situation für die Dienstausübenden so zu gestalten, dass zur früheren Regelung keine Honorareinbußen entstünden. Mit Schreiben vom 20. November 2002 informierte die Bezirksstelle FD. die Obleute der Notdienstzentralen, kollegialen Notdienste und gebietsärztlichen Bereitschaftsdienste über den Inhalt des Beschlusses, mit Schreiben vom 4. März 2003 unterrichtete sie unmittelbar alle dienstausübenden Ärztinnen und Ärzte der Notdienstzentralen.
Mit Honorarbescheiden vom 11. Oktober 2003 und 25. Oktober 2003 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für die im Rahmen des Notdienstes im Bereich der Bezirksstelle FD. erbrachten ärztlichen Leistungen in den Quartalen I/03 und II/03 – jeweils gesondert für jeden Notdienstbezirk - fest, wobei sie Kontoauszüge beifügte, aus denen sich Betriebskostenabzüge jeweils in Höhe von 35% ergaben. Mit den gegen die ergangenen Honorarbescheide erhobenen Widersprüchen wandte sich der Kläger gegen die Höhe der Betriebskostenabzüge. Zulässig sei lediglich ein Betriebskostenabzug in Höhe von 15%. Seine Notdiensteinsätze in den betroffenen Notdienstbezirken seien im Rahmen von Dienstplanbesprechungen am 15. und 21. Oktober 2002 für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2003 einvernehmlich festgelegt worden. Nachdem er generell auf der Rechtsgrundlage eines Vertrages am Notdienst mitgewirkt habe, habe es sich bei den Festlegungen der Einsätze um Vertragsabschlüsse zwischen ihm und der Beklagten, vertreten durch deren Obmann, gehandelt. Vertragsinhalt sei der zum damaligen Zeitpunkt geltende Betriebskostenabzug in Höhe von 15% geworden. An diesen Vertragsinhalt sei die Beklagte nach wie vor gebunden, eine einseitige rückwirkende Änderung ohne seine Zustimmung sei nicht möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2004 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers als unbegründet zurück. Der Betriebskostenabzug in Höhe von 35% sei aufgrund der Anerkennungserklärung des Klägers vom 30. September 2002 Bestandteil des Vertrages mit dem Kläger über seine Teilnahme am Notdienst. Im Einzelnen hätten bei der Vergabe der Einsätze keine Verhandlungen über einen Vertragsinhalt stattgefunden.
Der Kläger hat am 10. Oktober 2004 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhoben und zur Begründung ergänzend ausgeführt, der Beschluss des Geschäftsausschusses vom 2. November 2002 sei nicht wirksam zustande gekommen, da ein höherer Betriebskostenabzug nach § 8 Abs. 3 Satz 2 der Notdienstordnung von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft hätte beschlossen werden müssen. Gehe man dennoch von der Wirksamkeit des Beschlusses und Verbindlichkeit ihm gegenüber aus, so liege ausgehend davon, dass seine Notdiensteinsätze bereits bei den Dienstplanbesprechungen im Oktober 2002 festgelegt worden seien, eine unzulässige Rückwirkung der Regelung, und zwar für beide betroffenen Quartale vor. Von der Erhöhung des Betriebskostenabzugs auf 35% habe er erst aus dem Informationsschreiben vom 4. März 2003 erfahren. Von einem Obmann sei er zuvor nicht über diese Erhöhung unterrichtet worden. Der Sache nach sei die Erhöhung auch nicht angemessen. Darüber hinaus berief er sich auf Vertrauensschutz.
Mit Urteil vom 28. Juni 2006 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der Honorarbescheide vom 11. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2004 verurteilt, den Betriebskostenabzug für das Quartal I/03 auf 15% festzusetzen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass die Honorarbescheide vom 11. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2004 hinsichtlich des Betriebskostenabzugs von 35% für das Quartal I/03 rechtswidrig gewesen seien, während der Betriebskostenabzug in entsprechender Höhe für das Quartal II/03 rechtlich nicht zu beanstanden sei. Abweichend vom SG Marburg (vgl. Urteil vom 9. November 2005 – S 12 KA 35/05, in Juris dokumentiert, dort Rn. 17) komme den Honorarbescheiden beigefügten Kontoauszügen Verwaltungsaktqualität bezüglich der in ihnen ausgewiesenen Betriebskostenabzüge im Sinne des § 31 S. 1 SGB, 10. Buch - SGB X - zu. Damit sei das Klagebegehren in zulässiger Weise auch auf Aufhebung der Honorarbescheide gerichtet gewesen. Der Beschluss des Geschäftsausschusses vom 2. November 2002 über die Erhöhung des Betriebskostenabzugs auf 35% sei in formeller und materieller Hinsicht dem Grunde nach wirksam. Die Abgeordnetenversammlung der Beklagten habe den Umfang bzw. die Höhe des Betriebskostenabzugs nicht selbst regeln müssen, denn diese Festlegung könne den nachgeordneten Gremien übertragen werden (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1987 – 6 RKa 1/87, SozR 2200 § 368m Nr. 4; SG Marburg, a.a.O, Rn. 26 ff.) Die Tatsache, dass die Erhöhung des Betriebskostenabzugs auf 35% unmittelbar durch den Geschäftsausschuss als satzungsmäßige Genehmigungsstelle und nicht zuvor durch eine Versammlung der Notdienstgemeinschaft erfolgt sei, führe nicht zu einer Unwirksamkeit der Beschlussfassung vom 2. November 2002. Vielmehr liege ein Fall des zulässigen Selbsteintritts aufgrund ungeschriebener Selbsteintrittsbefugnis vor (Hinweis auf Herdegen, Der Selbsteintritt von Aufsichtsbehörden im Verwaltungsrecht, Verw. 23 (1990), S. 183 ff., m.w.N.). Sofern es um die funktionelle bzw. instanzielle Zuständigkeit gehe, könne eine ungeschriebene Selbsteintrittsbefugnis angenommen werden, wenn dem übergeordneten Gremium ein Letztentscheidungsrecht zustehe. Eine Grenze bestehe, wenn in eine fremde Verbandszuständigkeit, insbesondere in eigenständige Selbstverwaltungsrechte eingegriffen werde. Dem übergeordneten Geschäftsausschuss obliege nach § 13 Abs. 1 Buchst. e der Satzung der Beklagten dem Grunde nach die Beschlussfassung nach Maßgabe der Statuten über die besonderen Maßnahmen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung, zu denen die Notdienstordnung gehöre. Dementsprechend seien die Festlegungen der Versammlung der Notdienstgemeinschaft vom Geschäftsausschuss zu genehmigen; diesem obliege das Letztentscheidungsrecht. Ein eigenständiges Selbstverwaltungsrecht der Versammlungen der Notdienstgemeinschaften bestehe nicht. Falls man zusätzlich für die Vornahme eines Selbsteintritts ein im Einzelfall berechtigtes Interesse verlange, so sei auch dieses gegeben. Die am 1. Oktober 2002 in Kraft getretene Notdienstordnung habe sich zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 2. November 2002 in Bezug auf die Umsetzung und Bewertung ihrer Strukturen erst in der Anlaufphase befunden, so dass ein berechtigtes Interesse an zunächst einheitlichen Strukturbedingungen begründet sei. Auch materielle Mängel seien nicht erkennbar. Durch den Beschluss vom 2. November 2002 seien nicht nur die am Notdienst teilnehmenden Vertragsärzte, sondern auch diejenigen Ärzte, die wie der Kläger vor der Teilnahme am Notdienst eine entsprechende Anerkennungserklärung abgegeben haben, erfasst (vgl. § 11 Abs. 1 S. 1 und S. 2 der Notdienstordnung). Dies führe zu einer Einordnung auch des Nicht-Vertragsarztes in ein öffentlich-rechtliches Über- und Unterordnungsverhältnis zu der Beklagten. Die Freiwilligkeit der Anerkennung der für die Gestaltung des Notdienstes maßgeblichen Regelungen führe dazu, dass auch in Bezug auf den Betriebskostenabzug die maßgeblichen Regelungen gegenüber jedem im Notdienst tätigen Arzt unmittelbar zur Anwendung kämen, ohne dass im Normalfall noch Raum für vertragliche Regelungen verbleibe. Dass hiervon Abweichendes ausdrücklich mit dem Kläger vereinbart worden sei, sei von letzterem nicht geltend gemacht worden. Allerdings entfalte eine Rechtsnorm, die der Beschluss vom 2. November 2002 gegenüber den am Notdienst teilnehmenden Ärzten in Form einer unmittelbar rechtlich verbindlichen (Binnen-)Norm darstelle, erst dann rechtliche Wirkung, wenn sie rechtlich existent sei. Rechtlich existent würden Normen des geschriebenen Rechts mit der ordnungsgemäßen Verkündung. Hieraus folge, dass der Beschluss vom 2. November 2002 erst zu dem Zeitpunkt wirksam geworden sei, als sich die von ihm Betroffenen verlässlich Kenntnis von seinem Inhalt verschaffen konnten. Dies sei aber erst aufgrund des Informationsschreibens der Bezirksstelle FD. vom 4. März 2003 der Fall gewesen, nicht dagegen schon aufgrund des Schreibens nur an die Obleute vom 20. November 2002. Daher stelle sich die Frage zulässiger oder unzulässiger Rückwirkung. Die aus dem Rechtsstaatsprinzip des Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) abzuleitenden Rückwirkungsgrundsätze würden auch für untergesetzliche Rechtsnormen des Vertragsarztrechts gelten. Eine echte Rückwirkung liege vor, wenn eine Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreife, eine unechte dann, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirke und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwerte. Vorliegend sei, soweit es um das Quartal I/03 gehe, ein Fall echter Rückwirkung gegeben. Die Rückwirkung erstrecke sich auf die gesamte Zeit bis zum Schluss des Quartals am 31. März 2003. Dies ergebe sich aus dem das Vertragsarztrecht prägende Quartalsprinzip. Es komme nicht darauf an, dass zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beschlusses das Quartal I/03 noch nicht abgerechnet und damit auch noch kein konkreter Honoraranspruch des Klägers entstanden gewesen sei. Maßgeblich sei der Gesichtspunkt, dass die Ärzte im Zeitpunkt der Leistungserbringung die für die Leistungen anfallenden Kosten und die durch die Vergütungsregelungen erzielbaren Einnahmen mit berücksichtigen und ihre Leistungserbringung in gewissen Grenzen darauf einrichten können. Diese Bedeutung für Dispositionen des Arztes komme allen zum Zeitpunkt der Leistungserbringung feststehenden Berechnungsfaktoren zu. Würden sie nachträglich rückwirkend zulasten des Arztes geändert, so liege wie im Falle des Klägers eine echte Rückwirkung vor. Anders verhalte es sich dagegen für das Quartal II/03. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Erhöhungsbeschlusses im März 2003 seien für dieses Quartal noch keine Honorare erarbeitet gewesen, die von einem höheren Abzug erfasst worden seien. Die Voraussetzungen einer echten Rückwirkung würden nicht vorliegen. Auch Gründe des Vertrauensschutzes im Hinblick auf die Festlegung der Notdiensteinsätze für das Quartal II/03 bereits im Oktober 2002 stünden einer Anwendung des Erhöhungsbeschlusses auf das von dem Kläger im Quartal II/03 erarbeitete Honorar nicht entgegen. Ebenso wenig könne die Anwendung des Beschlusses als unverhältnismäßig angesehen werden. Die Bestandsinteressen des Klägers würden nicht die Veränderungsgründe des Normgebers überwiegen. Der Kläger sei nicht gezwungen gewesen, die übernommenen Notdienste zu den infolge der Erhöhung des Betriebskostenabzugs verschlechterten Bedingungen im Quartal II/03 zu leisten. Gehe man von einer einvernehmlichen Festlegung der Einsätze aus, habe sich der Kläger in entsprechender Anwendung des § 59 Abs. 1 S. 1 SGB X über die Anpassung und Kündigung von öffentlich-rechtlichen Verträgen von der Übernahme durch Kündigung lösen können. Insoweit handelt es sich um einen Fall des allgemeinen Instituts der Störung der Geschäftsgrundlage, wie es seit dem 1. Januar 2002 in § 313 Bürgerliches Gesetzbuch kodifiziert sei. Im Falle einer Einteilung durch Verwaltungsakt hätte der Kläger einen Widerruf der Einteilung nach § 46 Abs. 1 SGB X erlangen können. Etwas anderes hätte allenfalls dann gegolten, wenn es dem Kläger nicht zumutbar gewesen wäre, von einem Tätigwerden im Notdienst zu den schlechteren Honorarbedingungen Abstand zu nehmen, etwa, weil er hierauf angewiesen war und es für ihn in der Zeit nach der Bekanntgabe des Beschlusses vom 2. November 2002 keine Möglichkeit gab, im Bereich anderer Bezirksstellen zu günstigeren Bedingungen Notdiensteinsätze zu übernehmen. Diesbezüglich bestünden jedoch keine Anhaltspunkte.
Gegen das ihm am 1. September 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. September 2006 Berufung eingelegt (Az. L 4 KA 59/06), die Beklagte hat gegen das ihr am 12. September 2006 zugestellte Urteil am 10. Oktober 2006 Berufung eingelegt (Az.: L 4 KA 64/06).
Der Kläger hat die Berufung wie folgt begründet: Der Beschluss des Geschäftsausschusses der Beklagten vom 2. November 2002, indem der Betriebskostenabzug auf 35% festgelegt worden sei, sei schon in formeller Hinsicht rechtswidrig und damit ungültig. Es handele sich um einen unzulässigen Selbsteintritt des Geschäftsausschusses. Die Notdienstordnung der Beklagten sei gemäß § 27 der Satzung der Beklagten Bestandteil der Hauptsatzung. Dementsprechend habe gemäß § 7 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1 der Satzung die Entscheidung über die Notdienstordnung der Abgeordnetenversammlung oblegen. § 8 Abs. 2 S. 2 der Notdienstordnung solle jeder Notdienstgemeinschaft ermöglichen, individuell nach Maßgabe ihrer örtlichen Verhältnisse einen Betriebskostenabzug festzulegen, der für diesen Bezirk kostendeckend sei. Insoweit greife der Selbsteintritt des Geschäftsausschusses in unzulässiger Weise in eigenständige Selbstverwaltungsrechte der Notdienstgemeinschaften ein, die ihnen von dem höchsten Repräsentativorgan der Beklagten, der Abgeordnetenversammlung, verliehen worden seien. In der neuen ab 1. Januar 2005 gültigen Notdienstordnung sei in § 8 ein neuer Abs. 4 eingefügt worden: Falls die Notdienstgemeinschaft keinen Beschluss fasst, der eine Deckung der Betriebskosten durch den Abzug eines angemessenen Betriebskostenanteils oder durch eine Umlage bei den Mitgliedern der Notdienstgemeinschaft sichert, kann der Vorstand oder ein von ihm beauftragtes Gremium an Stelle der Notdienstgemeinschaft sowohl über die Höhe eines Betriebskostenabzugs (a) als auch der Art und Höhe einer Umlage gemäß (b) eine abschließende Entscheidung treffen. Diese ist der Notdienstgemeinschaft über den Obmann mitzuteilen. Die Satzungsänderung wäre nicht notwendig gewesen, wenn ein Selbsteintritt des Geschäftsausschusses gegenüber der Notdienstgemeinschaft nach der alten bis 31. Dezember 2004 geltenden Satzung möglich gewesen wäre. Der Beschluss sei auch in materieller Hinsicht fehlerhaft und rechtswidrig gewesen. Der Kläger habe in dem für dieses Verfahren maßgeblichen Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2003 in einem Vertragsverhältnis zur Beklagten gestanden. Der Beklagten sei es verwehrt, rückwirkend in die "essentialia negotii" des mit dem Kläger geschlossenen Vertrags einzugreifen. Dies sei in Bezug auf wesentliche Vorgaben im ärztlichen Notdienst der Fall. So könne der Betriebskostenabzug gemäß der Notdienstordnung in der großen Spanne zwischen 15 und 35% festgelegt werden. Bei dieser Regelung handele es sich um einen der Beklagten eröffneten Ermessenspielraum, innerhalb derer mit den teilnehmenden Ärzten Vereinbarungen getroffen werden könnten. Hinsichtlich der mit dem Obmann als Vertreter der Beklagten abgestimmten Notdienste für einen bestimmten Zeitraum handele es sich um einen Dienstvertrag mit dem Kläger. Schließlich handele es sich auch hinsichtlich des Quartals II/03 bei der Heraufsetzung des Betriebskostenanteils um einen Fall echter Rückwirkung. Das LSG Berlin habe im Urteil vom 3. März 2004 (L 7 KA 4/03) darauf hingewiesen, dass eine Regelung auch dann echte Rückwirkung entfalte, wenn diese rückwirkend in einen bereits begonnenen, fortdauernden Sachverhalt eingreife, der sich aber als einheitlich und untrennbar erweise. Der Kläger habe sich schon in den Dienstplanbesprechungen im Oktober 2002 für den Zeitraum der ersten beiden Quartale 2003 der Beklagten gegenüber verpflichtet, den ärztlichen Notdienst an den übernommenen Tagen abzuleisten. Damit stelle sich der Zeitraum der Quartale I/03 und II/03 für den Kläger als einheitlicher untrennbarer Zeitraum dar. Entgegen der Ansicht des SG könne sich der Kläger für das Quartal II/03 auf Vertrauensschutz berufen. Er sei an die Erhöhung des Betriebskostenabzugs durch die Beklagte gebunden gewesen. Der Kläger könne nicht auf eine Kündigungsmöglichkeit nach den Prinzipien der Störung der Geschäftsgrundlage verwiesen werden. Die Erhöhung der Betriebskosten durch die Beklagte stelle keinen Fall der in § 313 BGB normierten Störung der Geschäftsgrundlage dar. Auf Leistungsstörungen, die an eine Pflichtverletzung aus dem Vertragsverhältnis selbst anknüpfen, würden die Prinzipien des § 113 BGB keine Anwendung finden. Bei der Erhöhung der Betriebskosten auf 35% handle es sich um eine solche Pflichtverletzung aus einem mit dem Kläger bestehenden Vertragsverhältnis. Der Kläger sei auf seine Notdiensttätigkeit angewiesen gewesen. Die Einnahmen aus dieser Tätigkeit bildeten die Haupterwerbsquelle des Klägers. Für den Kläger sei es keinesfalls zumutbar gewesen, sich aus dem Vertragsverhältnis der Beklagten zu lösen. Entgegen den Feststellungen des SG sei es ihm auch nicht möglich gewesen, im anderen Bezirksstellen zu günstigeren Konditionen zu arbeiten. Eine dortige vermehrte Dienstübernahme sei für den Kläger nicht möglich gewesen, da jeweils im Oktober und April eines Jahres die Diensteinteilungen für das jeweilige folgende Halbjahr festgelegt würden. Entgegen der Auffassung der Beklagten enthalte die Notdienstordnung keinen erkennbaren Vorbehalt dahingehend enthalte, dass der Kläger damit habe rechnen müssen, dass der Betriebskostenabzug vor Fertigstellung einer Abrechnungsgrundlage jederzeit verändert werden könne. Eine Unterdeckung gemäß § 8 der Notdienstordnung könne erst nach dem Ende eines Quartals festgestellt werden. Da der Betriebskostenabzug von dem von den Notdienstärzten angeforderten Honorar vorgenommen werde, stehe erst weit nach Ende des Quartals fest, wie viele Mittel der Notdienstgemeinschaft über die von den Notdienstärzten erhobene Umlage zufließen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juni 2006 abzuändern, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Honorarbescheide vom 25. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2004 zu verurteilen, den Betriebskostenabzug auch für das Quartal II/03 auf 15 % festzusetzen und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juni 2006 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungsbegründung bzw. -erwiderung u. a. vorgetragen, das SG sei zu Recht davon ausgegangen, dass in Bezug auf den Beschluss des Geschäftsausschusses vom 2. November 2002 von einer zulässigen Selbsteintrittsbefugnis Gebrauch gemacht worden sei. Hinsichtlich der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Regelung des § 8 Abs. 4 der Notdienstordnung handele es sich lediglich um eine klarstellende Regelung. Das SG habe jedoch zu Unrecht die Beklagte verpflichtet, den Betriebskostenabzug für das Quartal I/03 auf 15% festzusetzen. Es sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei dem Beschluss des Geschäftsausschusses um eine Rechtsnorm handle, die echte Rückwirkung entfalte. Es sei lediglich unechte Rückwirkung gegeben. Der Beschluss des Geschäftsausschusses vom 2. November 2002 sei dem Kläger aufgrund des Informationsschreibens der Bezirksstelle FD. der Beklagten vom 4. März 2003 bekannt gegeben gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Abrechnung für das Quartal I/03 weder abgeschlossen gewesen, noch habe diese schon begonnen. Ein Anspruch auf ein der Höhe nach individualisiertes Honorar habe somit nicht bestanden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass § 8 Abs. 3 der Notdienstordnung den Zweck zu erfüllen habe, ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um den Betrieb von Notdienstzentralen und Notdienstleitstellen aufrechtzuerhalten. Diese Finanzierung sei über die Mittel des § 8 Abs. 1 der Notdienstordnung hinaus durch die am Notdienst teilnehmenden Notdienstärzte bzw. von den der Notdienstgemeinschaft angeschlossenen niedergelassenen Vertragsärzten vorzunehmen. Dabei liege es in der Natur der Sache, dass kurzfristig bzw. teilweise erst im laufenden Quartal die Höhe der benötigten finanziellen Mittel ermittelt werden könne. Aufgrund der Regelung des § 8 Abs. 1 der Notdienstordnung könne ein Vertrauensschutz der am Notdienst teilnehmenden Notdienstärzte auf Abzug eines feststehenden Betriebskostenanteils von nur 15% bezogen auf die im Notdienst erarbeiteten Honorare nicht entstehen. Vielmehr sei bereits in dieser Regelung in der Notdienstordnung ein Vorbehalt enthalten, wonach der Betriebskostenanteil zwischen 15 und 35% variieren könne, und mit welchem die Vorläufigkeit der Festsetzung des Betriebskostenanteils in ausreichender Weise deutlich gemacht worden sei. Folglich habe sich der Kläger darauf einrichten müssen, dass gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 Buchst. a der Notdienstordnung der Betriebskostenanteil zwischen 15 und 35%, bezogen auf die Notdiensthonorare, festgesetzt werden könne. Im Ergebnis sei diese unechte Rückwirkung rechtmäßig, da ausreichende Gemeinwohlgründe sie erfordern und schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf den Fortbestand nicht überwiege. Gegen Vertrauensschutz des Klägers spreche, dass dieser auch in anderen Notdienstbezirken der Beklagten tätig sei. Darüber hinaus habe er auch, nachdem ihm der Beschluss des Geschäftsausschusses im Quartal I/03 bekannt gegeben worden sei, weiterhin Dienst im ärztlichen Bereitschaftsdienst im Quartal II/03 ausgeübt. Hilfsweise für den Fall, dass der erkennende Senat den Beschluss des Geschäftsausschusses vom 2. November 2002 aufgrund der in § 8 der Notdienstordnung nicht vorhandenen Normgebungsbefugnis nicht als Rechtsnorm qualifiziere, dürfte der Rechtsgedanke des § 48 SGB X über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung mit Änderung der Verhältnisse in Verbindung mit § 8 Abs. 3 der Notdienstordnung und dem damit entfallenden Vertrauensschutz des Klägers zu berücksichtigen sein.
Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist auch begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juni 2006 und die Honorarbescheide vom 25. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2004 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide und Festsetzung eines Betriebskostenzuschusses in Höhe von 15 % für das Quartal II/03 abgewiesen wurde. Der Berufung des Klägers war daher stattzugeben. Im Übrigen ist das erstinstanzliche Urteil im Ergebnis rechtlich zutreffend, weshalb die Berufung der Beklagten zurückzuweisen war.
Den so genannten Kontoauszügen, die den Honorarbescheiden an den Kläger beigefügt waren und den Betriebskostenabzug in Höhe von 35% ausweisen, kommt nach Auffassung des Senats Verwaltungsaktqualität zu, er schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG den insoweit zutreffenden erstinstanzlichen Ausführungen an. Gegenstand des Verfahrens sind somit die Honorarbescheide vom 11. Oktober 2003 und 25. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2004, soweit der Betriebskostenabzug in Höhe von 35% festgesetzt wurde.
Der Beschluss des Geschäftsausschusses der Bezirksstelle der Beklagten vom 2. November 2002, in dem der Betriebskostenabzug auf 35% festgelegt wurde, ist wegen fehlender Normsetzungsbefugnis formell rechtswidrig. Der Beschluss wurde unter Verletzung der Vorschriften über die sachliche bzw. instanzielle Zuständigkeit getroffen, was seine Unwirksamkeit zur Folge hat. Für ein ausnahmsweise bestehendes Selbsteintrittsrecht des für die Genehmigung des Beschlusses nach § 8 Abs. 3 S. 2 der Notdienstordnung zuständigen Geschäftsausschusses der Bezirksstelle gibt es keine Anhaltspunkte.
Zuständigkeitsregelungen haben den Charakter einer Aufgabenübertragung des Staates an seine Glieder, sind Handlungsgrundlage zur Wahrnehmung der zugewiesenen Aufgaben und enthalten gleichzeitig die Verpflichtung für den von der Verwaltungstätigkeit Betroffenen, sich ausschließlich an die jeweilige Behörde zu wenden. Die Wahrnehmung von Entscheidungsbefugnissen bedarf auch dann der für die Ausübung von Staatsgewalt erforderlichen demokratischen Legitimation, wenn sie nicht völlig unabhängig von anderen Organen der staatlichen Verwaltung erfolgen kann, sondern mit den Zuständigkeiten eines anderen Organs verschränkt ist. In aller Regel genügt ein mittelbarer Legitimationszusammenhang, der durch eine ununterbrochene Legitimationskette vom ZE. über die von diesem gewählte Vertretung zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen und Amtswaltern hergestellt wird. Entscheidungsbefugnisse können im Bereich der Verwaltung auch einem unbegrenzt weisungsabhängigen Amtsträger oder Organ zu kommen. Dies gilt selbst dann, wenn Selbsteintrittsrechte, Letztentscheidungs- oder Abänderungsrechte übergeordneter Behörden in Konfliktfällen bestehen sollten (BVerfG, Urteil vom 31. Oktober 1990, Az. 2 BvF 3/89, veröffentlicht in Juris, dort Rdnr. 38, 40; BVerfGE 47, 253, 275; 52, 95,112,120,130). Einschränkungen sieht das BVerfG lediglich in folgendem Rahmen: Haben die Aufgaben eines Amtsträgers einen besonders geringen Entscheidungsgehalt, so möge dafür eine demokratische Legitimation ausreichen, bei der einzelne Legitimationselemente zurücktreten. Dies könne nur in Betracht kommen, wenn Kompetenzen gegenständlich im Einzelnen und auch ihrem Umfang nach eng begrenzt sind und die zutreffenden Entscheidungen inhaltlich soweit vorstrukturieren, dass sie sich etwa auf die messbar richtige Plan- oder Gesetzesdurchführung beschränken; geringere Anforderungen an die Legitimation seien zu stellen, wenn die Zuständigkeit eines Entscheidungsträgers nur auf einen eng umgrenzten wenig bedeutsamen Bereich gerichtet sei und außerdem einem umfassenden Evokations- oder Letztentscheidungsrecht eines übergeordneten Organs unterliege (BVerfG, Urteil vom 31. Oktober 1990, a.a.O, Juris Rdnr. 41). Diese Grundsätze sind nicht lediglich bei Beurteilung eines Selbsteintrittsrechts im Verhältnis staatlicher Aufsicht gegenüber kommunalen Körperschaften, sondern generell im staatlichen Bereich zu beachten. Bliebe die gesetzlich bestimmte sachliche Zuständigkeit im Außenverhältnis nicht gewahrt, und könnte die Aufsichtsbehörde im Einzelfall die Zuständigkeitsordnung überspielen, widerspräche dies einer geordneten Staatsverwaltung, die auf die Einhaltung der Aufgaben- und Entscheidungszuständigkeiten angewiesen ist (vgl. Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 17. Juni 1999, 1 B 117/92, Juris Rdnr. 12).
Diese Grundsätze finden, nachdem die KÄV in zulässiger Weise die Beschlussfassung über die Höhe der Umlage an die einzelnen Notdienstgemeinschaft delegiert hat, und dem Geschäftsausschuss der Bezirksstelle lediglich die Genehmigung vorbehalten hat, auch im Verhältnis der gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 Notdienstordnung mit sachlich bzw. instanziell unterschiedlichen Zuständigkeiten ausgestatteten Versammlung der Notdienstgemeinschaft und des Geschäftsausschusses der Bezirksstelle entsprechende Anwendung.
Zur vertragsärztlichen Versorgung gehört auch der Notfalldienst (§ 75 Abs. 1 S. 2 SGB V). Der Umfang und die Durchführung des Notdienstes obliegt der KÄV im Rahmen ihrer Satzungshoheit (vgl. BSG, Urteile vom 3. September 1987, Az.: 6 RKa 1/87 und vom 11. Juni 1986; Az.: 6 Ka 5/85, jeweils veröffentlicht in juris). Rechtsgrundlage für die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für den Notdienst ist § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V (vormals: § 81 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 SGB V), wonach die Satzung insbesondere Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten muss. Dementsprechend hatte gemäß § 7 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1 der Satzung der Beklagten die Abgeordnetenversammlung im September 2002 zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Notfällen eine ab 1. Oktober 2002 geltende Notdienstordnung beschlossen, die gemäß § 27 der Satzung der Beklagten Bestandteil der Hauptsatzung der Beklagten ist. Danach sind Art und Umfang des Betriebskostenabzugs von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft, die von den in einem Notdienstbezirk niedergelassenen Vertragsärzten gebildet wird (§ 2 Abs. 2) festzulegen, und von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle zu genehmigen (§ 8 Abs. 3 S. 2). Die Beklagte war auch berechtigt, die Beschlussfassung über Art und Umfang des Betriebskostenabzugs auf die einzelne Notdienstgemeinschaft zu übertragen, nachdem sie mit der Notdienstordnung als Bestandteil der Satzung die grundlegenden Bestimmungen über die Aufbringung der Mittel selbst getroffen hat.
Ein Selbsteintrittsrecht für der Notdienstgemeinschaft übergeordnete Stellen in der Form, wie es in der später geltenden Fassung der Notdienstordnung ab 1. Januar 2005 in § 8 Abs. 4 geregelt wurde, findet sich in der von 1. Oktober 2002 bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung der Notdienstordnung nicht. Ebenso wenig lässt sich ein derartiges Selbsteintrittsrecht aus der allgemeinen Aufgabenbeschreibung in § 13 Abs. 1 Buchst. e der Satzung der Beklagten entnehmen, wonach dem Geschäftsausschuss der Bezirksstelle als Aufgabe u. a. die Beschlussfassung nach Maßgabe der Statuen über die besonderen Maßnahmen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung, zu der auch der Notfalldienst gehört, obliegt. Der für die Genehmigung von Beschlüssen über Art und Umfang des Betriebskostenabzugs zuständige Geschäftsausschuss der Beklagten konnte aufgrund der in der Notdienstordnung klar abgegrenzten Zuständigkeiten und Befugnisse nicht ohne weiteres an die Stelle der für die Beschlussfassung zuständigen Versammlung der Notdienstgemeinschaft gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 der Notdienstordnung treten, eine demokratische Legitimation hierfür besteht nicht. Die Beschlussfassung der Versammlung der Notdienstgemeinschaft hat auch nicht einen lediglich so geringen Entscheidungsgehalt, und ihre Kompetenzen sind gegenständlich im Einzelnen und auch ihrem Umfang nach nicht so eng begrenzt, dass sie sich auf die richtige Gesetzesdurchführung beschränken, vielmehr sind verschiedene Ausgestaltungen der Art und des Umfangs des Betriebskostenabzugs durch die Versammlung der Notdienstgemeinschaft bei einer entsprechenden Bedarfslage denkbar. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass die Zuständigkeit der Versammlung der Notdienstgemeinschaft im Hinblick auf Festlegung von Art und Umfang des Betriebskostenabzugs auf einen eng umgrenzten wenig bedeutsamen Bereich gerichtet ist und außerdem einem umfassenden Evokations- oder Letztentscheidungsrecht eines übergeordneten Organs unterliegt. Die Annahme eines Selbsteintrittsrechts in dem Umfang wie vom SG dargelegt würde letztendlich die Übertragung von Zuständigkeiten und Befugnissen wesentlicher Förmlichkeiten für Entscheidungen der Versammlung der Notdienstgemeinschaft durch die Abgeordnetenversammlung der Beklagten völlig leerlaufen lassen.
Aber auch die Voraussetzungen entsprechend eines im Schrifttum diskutierten "Noteintritts" als Ausnahmefall bei "Gefahr im Verzug" und Nichtbefolgung von Weisungen (vgl. hierzu Engel in DVBl. 1982, 757, 762 m.w.N.) bzw. einer Eilzuständigkeit der übergeordneten Behörde (vgl. Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 17. Juni 1999, a.a.O.; Juris Rdnr. 14) sind vorliegend nicht gegeben. Seitens der Beteiligten ist weder vorgetragen noch aktenkundig, dass die Beklagte sich zunächst an die Notdienstgemeinschaft gewandt hätte, um einen ggf. zur Deckung der Unkosten kurzfristig notwendigen Beschluss zur Erhöhung des Betriebskostenabzugs zu erreichen, noch dass die Notdienstgemeinschaft einem solchen Anliegen nicht nachgekommen wäre.
Aufgrund der klar abgegrenzten Befugnisse zwischen der Versammlung der Notdienstgemeinschaft und des Geschäftsausschusses der Bezirksstelle in § 8 Abs. 3 S. 2 der Notdienstordnung besteht zur Überzeugung des Senats entgegen der Auffassung der Beklagten auch kein Raum für eine Anwendung des "Rechtsgedankens des § 48 SGB X über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung mit Änderung der Verhältnisse in Verbindung mit § 8 Abs. 3 der Notdienstordnung".
Nachdem der Beschluss vom 2. November 2002 bereits wegen fehlender Normsetzungsbefugnis unwirksam ist, und damit sowohl bezogen auf das Quartal I/03 als auch II/03 der Betriebskostenabzug in Höhe von 35 % zu Unrecht erfolgte, konnte der Senat dahingestellt lassen, ob der Beschluss im Falle seiner Wirksamkeit für eines oder beide der betroffenen Quartale echte Rückwirkung entfaltet hätte, und ob sich der Kläger daneben auf Vertrauensschutz hätte berufen können. Ebenso konnte der Senat offen lassen, ob es sich bei der Festlegung der Einsätze des Klägers um bindende vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beklagten über die Höhe des Betriebskostenabzugs gehandelt hat, da dies nicht entscheidungserheblich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 13.507,15 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist Erhöhung des Betriebskostenabzugs zur Finanzierung des von der Beklagten organisierten Notdienstes.
Der Kläger, seit dem 1. September 2002 privat niedergelassener Arzt, ist seit 1999 im von der Beklagten organisierten ärztlichen Notdienst in verschiedenen Notdienstzentralen tätig. Er erklärte sich am 30. September 2002 gegenüber der Beklagten bereit, in den eingerichteten ärztlichen Notfalldiensten mitzuarbeiten, und erkannte mit Abgabe der Erklärung zugleich die ab 1. Oktober 2002 geltende Notdienstordnung der Beklagten sowie die hier zu ergänzenden Beschlüsse des Vorstandes der Beklagten, des Geschäftsausschusses der Bezirksstelle FD. und der Abgeordnetenversammlung der Beklagten an.
Die Abgeordnetenversammlung der Beklagten hatte im September 2002 zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Notfällen eine ab 1. Oktober 2002 geltende Notdienstordnung beschlossen, die in § 8 die Finanzierung der Organisation des Notdienstes enthält. Gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 Buchst. a ist, soweit die - nach § 8 Abs. 1 - bei Betrieb von Notdienstzentralen und Notdienstleitstellen zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichend sind, für die Finanzierung des organisierten Notdienstes ein Abzug eines angemessenen Betriebskostenanteils von mindestens 15%, höchstens 35%, bezogen auf die im Rahmen des Notdienstes von den Notdienstärzten erarbeiteten Honorare, zu erheben. Art und Umfang des Betriebskostenabzugs sind dabei von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft, die von den in einem Notdienstbezirk niedergelassenen Vertragsärzten gebildet wird (§ 2 Abs. 2) festzulegen und von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle zu genehmigen (§ 8 Abs. 3 S. 2). Nach § 11 Abs. 1 S. 1 der Notdienstordnung sind die Beschlüsse der Abgeordnetenversammlung, des Vorstandes und des Geschäftsausschusses der jeweiligen Bezirkstelle der Beklagten zur Gestaltung des Notdienstes für alle Vertragsärzte bindend. Nach § 11 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1 der Notdienstordnung haben nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Notdienstärzte durch entsprechende Erklärung vor der erstmaligen Teilnahme am organisierten Notdienst schriftlich die Anerkennung dieser Notdienstordnung zu bestätigen.
Mit Schreiben vom 24. September 2002 informierte die Bezirksstelle FD. die Notdienstärzte in ihrem Bereich über das Inkrafttreten der neuen Notdienstordnung zum 1. Oktober 2002 und teilte ihnen mit, dass entsprechend der Festlegung durch den Geschäftsausschuss in seiner Sitzung am 11. September 2002 mit Wirkung zum 1. Oktober 2002 in allen Notdienstzentralen ein Betriebskostenabzug in Höhe von 15% erfolge.
Am 2. November 2002 beschloss der Geschäftsausschuss der Bezirksstelle FD., mit Wirkung ab 1. Januar 2003 einen einheitlichen Betriebskostenabzug in Höhe von 35% vorzunehmen. Zeitgleich beschloss er, dass den Notdienstgemeinschaften die Möglichkeit gegeben werde, durch Sockelbeträge oder Stundenpauschalen die Situation für die Dienstausübenden so zu gestalten, dass zur früheren Regelung keine Honorareinbußen entstünden. Mit Schreiben vom 20. November 2002 informierte die Bezirksstelle FD. die Obleute der Notdienstzentralen, kollegialen Notdienste und gebietsärztlichen Bereitschaftsdienste über den Inhalt des Beschlusses, mit Schreiben vom 4. März 2003 unterrichtete sie unmittelbar alle dienstausübenden Ärztinnen und Ärzte der Notdienstzentralen.
Mit Honorarbescheiden vom 11. Oktober 2003 und 25. Oktober 2003 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für die im Rahmen des Notdienstes im Bereich der Bezirksstelle FD. erbrachten ärztlichen Leistungen in den Quartalen I/03 und II/03 – jeweils gesondert für jeden Notdienstbezirk - fest, wobei sie Kontoauszüge beifügte, aus denen sich Betriebskostenabzüge jeweils in Höhe von 35% ergaben. Mit den gegen die ergangenen Honorarbescheide erhobenen Widersprüchen wandte sich der Kläger gegen die Höhe der Betriebskostenabzüge. Zulässig sei lediglich ein Betriebskostenabzug in Höhe von 15%. Seine Notdiensteinsätze in den betroffenen Notdienstbezirken seien im Rahmen von Dienstplanbesprechungen am 15. und 21. Oktober 2002 für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2003 einvernehmlich festgelegt worden. Nachdem er generell auf der Rechtsgrundlage eines Vertrages am Notdienst mitgewirkt habe, habe es sich bei den Festlegungen der Einsätze um Vertragsabschlüsse zwischen ihm und der Beklagten, vertreten durch deren Obmann, gehandelt. Vertragsinhalt sei der zum damaligen Zeitpunkt geltende Betriebskostenabzug in Höhe von 15% geworden. An diesen Vertragsinhalt sei die Beklagte nach wie vor gebunden, eine einseitige rückwirkende Änderung ohne seine Zustimmung sei nicht möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2004 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers als unbegründet zurück. Der Betriebskostenabzug in Höhe von 35% sei aufgrund der Anerkennungserklärung des Klägers vom 30. September 2002 Bestandteil des Vertrages mit dem Kläger über seine Teilnahme am Notdienst. Im Einzelnen hätten bei der Vergabe der Einsätze keine Verhandlungen über einen Vertragsinhalt stattgefunden.
Der Kläger hat am 10. Oktober 2004 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhoben und zur Begründung ergänzend ausgeführt, der Beschluss des Geschäftsausschusses vom 2. November 2002 sei nicht wirksam zustande gekommen, da ein höherer Betriebskostenabzug nach § 8 Abs. 3 Satz 2 der Notdienstordnung von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft hätte beschlossen werden müssen. Gehe man dennoch von der Wirksamkeit des Beschlusses und Verbindlichkeit ihm gegenüber aus, so liege ausgehend davon, dass seine Notdiensteinsätze bereits bei den Dienstplanbesprechungen im Oktober 2002 festgelegt worden seien, eine unzulässige Rückwirkung der Regelung, und zwar für beide betroffenen Quartale vor. Von der Erhöhung des Betriebskostenabzugs auf 35% habe er erst aus dem Informationsschreiben vom 4. März 2003 erfahren. Von einem Obmann sei er zuvor nicht über diese Erhöhung unterrichtet worden. Der Sache nach sei die Erhöhung auch nicht angemessen. Darüber hinaus berief er sich auf Vertrauensschutz.
Mit Urteil vom 28. Juni 2006 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der Honorarbescheide vom 11. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2004 verurteilt, den Betriebskostenabzug für das Quartal I/03 auf 15% festzusetzen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass die Honorarbescheide vom 11. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2004 hinsichtlich des Betriebskostenabzugs von 35% für das Quartal I/03 rechtswidrig gewesen seien, während der Betriebskostenabzug in entsprechender Höhe für das Quartal II/03 rechtlich nicht zu beanstanden sei. Abweichend vom SG Marburg (vgl. Urteil vom 9. November 2005 – S 12 KA 35/05, in Juris dokumentiert, dort Rn. 17) komme den Honorarbescheiden beigefügten Kontoauszügen Verwaltungsaktqualität bezüglich der in ihnen ausgewiesenen Betriebskostenabzüge im Sinne des § 31 S. 1 SGB, 10. Buch - SGB X - zu. Damit sei das Klagebegehren in zulässiger Weise auch auf Aufhebung der Honorarbescheide gerichtet gewesen. Der Beschluss des Geschäftsausschusses vom 2. November 2002 über die Erhöhung des Betriebskostenabzugs auf 35% sei in formeller und materieller Hinsicht dem Grunde nach wirksam. Die Abgeordnetenversammlung der Beklagten habe den Umfang bzw. die Höhe des Betriebskostenabzugs nicht selbst regeln müssen, denn diese Festlegung könne den nachgeordneten Gremien übertragen werden (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1987 – 6 RKa 1/87, SozR 2200 § 368m Nr. 4; SG Marburg, a.a.O, Rn. 26 ff.) Die Tatsache, dass die Erhöhung des Betriebskostenabzugs auf 35% unmittelbar durch den Geschäftsausschuss als satzungsmäßige Genehmigungsstelle und nicht zuvor durch eine Versammlung der Notdienstgemeinschaft erfolgt sei, führe nicht zu einer Unwirksamkeit der Beschlussfassung vom 2. November 2002. Vielmehr liege ein Fall des zulässigen Selbsteintritts aufgrund ungeschriebener Selbsteintrittsbefugnis vor (Hinweis auf Herdegen, Der Selbsteintritt von Aufsichtsbehörden im Verwaltungsrecht, Verw. 23 (1990), S. 183 ff., m.w.N.). Sofern es um die funktionelle bzw. instanzielle Zuständigkeit gehe, könne eine ungeschriebene Selbsteintrittsbefugnis angenommen werden, wenn dem übergeordneten Gremium ein Letztentscheidungsrecht zustehe. Eine Grenze bestehe, wenn in eine fremde Verbandszuständigkeit, insbesondere in eigenständige Selbstverwaltungsrechte eingegriffen werde. Dem übergeordneten Geschäftsausschuss obliege nach § 13 Abs. 1 Buchst. e der Satzung der Beklagten dem Grunde nach die Beschlussfassung nach Maßgabe der Statuten über die besonderen Maßnahmen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung, zu denen die Notdienstordnung gehöre. Dementsprechend seien die Festlegungen der Versammlung der Notdienstgemeinschaft vom Geschäftsausschuss zu genehmigen; diesem obliege das Letztentscheidungsrecht. Ein eigenständiges Selbstverwaltungsrecht der Versammlungen der Notdienstgemeinschaften bestehe nicht. Falls man zusätzlich für die Vornahme eines Selbsteintritts ein im Einzelfall berechtigtes Interesse verlange, so sei auch dieses gegeben. Die am 1. Oktober 2002 in Kraft getretene Notdienstordnung habe sich zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 2. November 2002 in Bezug auf die Umsetzung und Bewertung ihrer Strukturen erst in der Anlaufphase befunden, so dass ein berechtigtes Interesse an zunächst einheitlichen Strukturbedingungen begründet sei. Auch materielle Mängel seien nicht erkennbar. Durch den Beschluss vom 2. November 2002 seien nicht nur die am Notdienst teilnehmenden Vertragsärzte, sondern auch diejenigen Ärzte, die wie der Kläger vor der Teilnahme am Notdienst eine entsprechende Anerkennungserklärung abgegeben haben, erfasst (vgl. § 11 Abs. 1 S. 1 und S. 2 der Notdienstordnung). Dies führe zu einer Einordnung auch des Nicht-Vertragsarztes in ein öffentlich-rechtliches Über- und Unterordnungsverhältnis zu der Beklagten. Die Freiwilligkeit der Anerkennung der für die Gestaltung des Notdienstes maßgeblichen Regelungen führe dazu, dass auch in Bezug auf den Betriebskostenabzug die maßgeblichen Regelungen gegenüber jedem im Notdienst tätigen Arzt unmittelbar zur Anwendung kämen, ohne dass im Normalfall noch Raum für vertragliche Regelungen verbleibe. Dass hiervon Abweichendes ausdrücklich mit dem Kläger vereinbart worden sei, sei von letzterem nicht geltend gemacht worden. Allerdings entfalte eine Rechtsnorm, die der Beschluss vom 2. November 2002 gegenüber den am Notdienst teilnehmenden Ärzten in Form einer unmittelbar rechtlich verbindlichen (Binnen-)Norm darstelle, erst dann rechtliche Wirkung, wenn sie rechtlich existent sei. Rechtlich existent würden Normen des geschriebenen Rechts mit der ordnungsgemäßen Verkündung. Hieraus folge, dass der Beschluss vom 2. November 2002 erst zu dem Zeitpunkt wirksam geworden sei, als sich die von ihm Betroffenen verlässlich Kenntnis von seinem Inhalt verschaffen konnten. Dies sei aber erst aufgrund des Informationsschreibens der Bezirksstelle FD. vom 4. März 2003 der Fall gewesen, nicht dagegen schon aufgrund des Schreibens nur an die Obleute vom 20. November 2002. Daher stelle sich die Frage zulässiger oder unzulässiger Rückwirkung. Die aus dem Rechtsstaatsprinzip des Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) abzuleitenden Rückwirkungsgrundsätze würden auch für untergesetzliche Rechtsnormen des Vertragsarztrechts gelten. Eine echte Rückwirkung liege vor, wenn eine Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreife, eine unechte dann, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirke und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwerte. Vorliegend sei, soweit es um das Quartal I/03 gehe, ein Fall echter Rückwirkung gegeben. Die Rückwirkung erstrecke sich auf die gesamte Zeit bis zum Schluss des Quartals am 31. März 2003. Dies ergebe sich aus dem das Vertragsarztrecht prägende Quartalsprinzip. Es komme nicht darauf an, dass zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beschlusses das Quartal I/03 noch nicht abgerechnet und damit auch noch kein konkreter Honoraranspruch des Klägers entstanden gewesen sei. Maßgeblich sei der Gesichtspunkt, dass die Ärzte im Zeitpunkt der Leistungserbringung die für die Leistungen anfallenden Kosten und die durch die Vergütungsregelungen erzielbaren Einnahmen mit berücksichtigen und ihre Leistungserbringung in gewissen Grenzen darauf einrichten können. Diese Bedeutung für Dispositionen des Arztes komme allen zum Zeitpunkt der Leistungserbringung feststehenden Berechnungsfaktoren zu. Würden sie nachträglich rückwirkend zulasten des Arztes geändert, so liege wie im Falle des Klägers eine echte Rückwirkung vor. Anders verhalte es sich dagegen für das Quartal II/03. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Erhöhungsbeschlusses im März 2003 seien für dieses Quartal noch keine Honorare erarbeitet gewesen, die von einem höheren Abzug erfasst worden seien. Die Voraussetzungen einer echten Rückwirkung würden nicht vorliegen. Auch Gründe des Vertrauensschutzes im Hinblick auf die Festlegung der Notdiensteinsätze für das Quartal II/03 bereits im Oktober 2002 stünden einer Anwendung des Erhöhungsbeschlusses auf das von dem Kläger im Quartal II/03 erarbeitete Honorar nicht entgegen. Ebenso wenig könne die Anwendung des Beschlusses als unverhältnismäßig angesehen werden. Die Bestandsinteressen des Klägers würden nicht die Veränderungsgründe des Normgebers überwiegen. Der Kläger sei nicht gezwungen gewesen, die übernommenen Notdienste zu den infolge der Erhöhung des Betriebskostenabzugs verschlechterten Bedingungen im Quartal II/03 zu leisten. Gehe man von einer einvernehmlichen Festlegung der Einsätze aus, habe sich der Kläger in entsprechender Anwendung des § 59 Abs. 1 S. 1 SGB X über die Anpassung und Kündigung von öffentlich-rechtlichen Verträgen von der Übernahme durch Kündigung lösen können. Insoweit handelt es sich um einen Fall des allgemeinen Instituts der Störung der Geschäftsgrundlage, wie es seit dem 1. Januar 2002 in § 313 Bürgerliches Gesetzbuch kodifiziert sei. Im Falle einer Einteilung durch Verwaltungsakt hätte der Kläger einen Widerruf der Einteilung nach § 46 Abs. 1 SGB X erlangen können. Etwas anderes hätte allenfalls dann gegolten, wenn es dem Kläger nicht zumutbar gewesen wäre, von einem Tätigwerden im Notdienst zu den schlechteren Honorarbedingungen Abstand zu nehmen, etwa, weil er hierauf angewiesen war und es für ihn in der Zeit nach der Bekanntgabe des Beschlusses vom 2. November 2002 keine Möglichkeit gab, im Bereich anderer Bezirksstellen zu günstigeren Bedingungen Notdiensteinsätze zu übernehmen. Diesbezüglich bestünden jedoch keine Anhaltspunkte.
Gegen das ihm am 1. September 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. September 2006 Berufung eingelegt (Az. L 4 KA 59/06), die Beklagte hat gegen das ihr am 12. September 2006 zugestellte Urteil am 10. Oktober 2006 Berufung eingelegt (Az.: L 4 KA 64/06).
Der Kläger hat die Berufung wie folgt begründet: Der Beschluss des Geschäftsausschusses der Beklagten vom 2. November 2002, indem der Betriebskostenabzug auf 35% festgelegt worden sei, sei schon in formeller Hinsicht rechtswidrig und damit ungültig. Es handele sich um einen unzulässigen Selbsteintritt des Geschäftsausschusses. Die Notdienstordnung der Beklagten sei gemäß § 27 der Satzung der Beklagten Bestandteil der Hauptsatzung. Dementsprechend habe gemäß § 7 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1 der Satzung die Entscheidung über die Notdienstordnung der Abgeordnetenversammlung oblegen. § 8 Abs. 2 S. 2 der Notdienstordnung solle jeder Notdienstgemeinschaft ermöglichen, individuell nach Maßgabe ihrer örtlichen Verhältnisse einen Betriebskostenabzug festzulegen, der für diesen Bezirk kostendeckend sei. Insoweit greife der Selbsteintritt des Geschäftsausschusses in unzulässiger Weise in eigenständige Selbstverwaltungsrechte der Notdienstgemeinschaften ein, die ihnen von dem höchsten Repräsentativorgan der Beklagten, der Abgeordnetenversammlung, verliehen worden seien. In der neuen ab 1. Januar 2005 gültigen Notdienstordnung sei in § 8 ein neuer Abs. 4 eingefügt worden: Falls die Notdienstgemeinschaft keinen Beschluss fasst, der eine Deckung der Betriebskosten durch den Abzug eines angemessenen Betriebskostenanteils oder durch eine Umlage bei den Mitgliedern der Notdienstgemeinschaft sichert, kann der Vorstand oder ein von ihm beauftragtes Gremium an Stelle der Notdienstgemeinschaft sowohl über die Höhe eines Betriebskostenabzugs (a) als auch der Art und Höhe einer Umlage gemäß (b) eine abschließende Entscheidung treffen. Diese ist der Notdienstgemeinschaft über den Obmann mitzuteilen. Die Satzungsänderung wäre nicht notwendig gewesen, wenn ein Selbsteintritt des Geschäftsausschusses gegenüber der Notdienstgemeinschaft nach der alten bis 31. Dezember 2004 geltenden Satzung möglich gewesen wäre. Der Beschluss sei auch in materieller Hinsicht fehlerhaft und rechtswidrig gewesen. Der Kläger habe in dem für dieses Verfahren maßgeblichen Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2003 in einem Vertragsverhältnis zur Beklagten gestanden. Der Beklagten sei es verwehrt, rückwirkend in die "essentialia negotii" des mit dem Kläger geschlossenen Vertrags einzugreifen. Dies sei in Bezug auf wesentliche Vorgaben im ärztlichen Notdienst der Fall. So könne der Betriebskostenabzug gemäß der Notdienstordnung in der großen Spanne zwischen 15 und 35% festgelegt werden. Bei dieser Regelung handele es sich um einen der Beklagten eröffneten Ermessenspielraum, innerhalb derer mit den teilnehmenden Ärzten Vereinbarungen getroffen werden könnten. Hinsichtlich der mit dem Obmann als Vertreter der Beklagten abgestimmten Notdienste für einen bestimmten Zeitraum handele es sich um einen Dienstvertrag mit dem Kläger. Schließlich handele es sich auch hinsichtlich des Quartals II/03 bei der Heraufsetzung des Betriebskostenanteils um einen Fall echter Rückwirkung. Das LSG Berlin habe im Urteil vom 3. März 2004 (L 7 KA 4/03) darauf hingewiesen, dass eine Regelung auch dann echte Rückwirkung entfalte, wenn diese rückwirkend in einen bereits begonnenen, fortdauernden Sachverhalt eingreife, der sich aber als einheitlich und untrennbar erweise. Der Kläger habe sich schon in den Dienstplanbesprechungen im Oktober 2002 für den Zeitraum der ersten beiden Quartale 2003 der Beklagten gegenüber verpflichtet, den ärztlichen Notdienst an den übernommenen Tagen abzuleisten. Damit stelle sich der Zeitraum der Quartale I/03 und II/03 für den Kläger als einheitlicher untrennbarer Zeitraum dar. Entgegen der Ansicht des SG könne sich der Kläger für das Quartal II/03 auf Vertrauensschutz berufen. Er sei an die Erhöhung des Betriebskostenabzugs durch die Beklagte gebunden gewesen. Der Kläger könne nicht auf eine Kündigungsmöglichkeit nach den Prinzipien der Störung der Geschäftsgrundlage verwiesen werden. Die Erhöhung der Betriebskosten durch die Beklagte stelle keinen Fall der in § 313 BGB normierten Störung der Geschäftsgrundlage dar. Auf Leistungsstörungen, die an eine Pflichtverletzung aus dem Vertragsverhältnis selbst anknüpfen, würden die Prinzipien des § 113 BGB keine Anwendung finden. Bei der Erhöhung der Betriebskosten auf 35% handle es sich um eine solche Pflichtverletzung aus einem mit dem Kläger bestehenden Vertragsverhältnis. Der Kläger sei auf seine Notdiensttätigkeit angewiesen gewesen. Die Einnahmen aus dieser Tätigkeit bildeten die Haupterwerbsquelle des Klägers. Für den Kläger sei es keinesfalls zumutbar gewesen, sich aus dem Vertragsverhältnis der Beklagten zu lösen. Entgegen den Feststellungen des SG sei es ihm auch nicht möglich gewesen, im anderen Bezirksstellen zu günstigeren Konditionen zu arbeiten. Eine dortige vermehrte Dienstübernahme sei für den Kläger nicht möglich gewesen, da jeweils im Oktober und April eines Jahres die Diensteinteilungen für das jeweilige folgende Halbjahr festgelegt würden. Entgegen der Auffassung der Beklagten enthalte die Notdienstordnung keinen erkennbaren Vorbehalt dahingehend enthalte, dass der Kläger damit habe rechnen müssen, dass der Betriebskostenabzug vor Fertigstellung einer Abrechnungsgrundlage jederzeit verändert werden könne. Eine Unterdeckung gemäß § 8 der Notdienstordnung könne erst nach dem Ende eines Quartals festgestellt werden. Da der Betriebskostenabzug von dem von den Notdienstärzten angeforderten Honorar vorgenommen werde, stehe erst weit nach Ende des Quartals fest, wie viele Mittel der Notdienstgemeinschaft über die von den Notdienstärzten erhobene Umlage zufließen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juni 2006 abzuändern, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Honorarbescheide vom 25. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2004 zu verurteilen, den Betriebskostenabzug auch für das Quartal II/03 auf 15 % festzusetzen und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juni 2006 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungsbegründung bzw. -erwiderung u. a. vorgetragen, das SG sei zu Recht davon ausgegangen, dass in Bezug auf den Beschluss des Geschäftsausschusses vom 2. November 2002 von einer zulässigen Selbsteintrittsbefugnis Gebrauch gemacht worden sei. Hinsichtlich der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Regelung des § 8 Abs. 4 der Notdienstordnung handele es sich lediglich um eine klarstellende Regelung. Das SG habe jedoch zu Unrecht die Beklagte verpflichtet, den Betriebskostenabzug für das Quartal I/03 auf 15% festzusetzen. Es sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei dem Beschluss des Geschäftsausschusses um eine Rechtsnorm handle, die echte Rückwirkung entfalte. Es sei lediglich unechte Rückwirkung gegeben. Der Beschluss des Geschäftsausschusses vom 2. November 2002 sei dem Kläger aufgrund des Informationsschreibens der Bezirksstelle FD. der Beklagten vom 4. März 2003 bekannt gegeben gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Abrechnung für das Quartal I/03 weder abgeschlossen gewesen, noch habe diese schon begonnen. Ein Anspruch auf ein der Höhe nach individualisiertes Honorar habe somit nicht bestanden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass § 8 Abs. 3 der Notdienstordnung den Zweck zu erfüllen habe, ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um den Betrieb von Notdienstzentralen und Notdienstleitstellen aufrechtzuerhalten. Diese Finanzierung sei über die Mittel des § 8 Abs. 1 der Notdienstordnung hinaus durch die am Notdienst teilnehmenden Notdienstärzte bzw. von den der Notdienstgemeinschaft angeschlossenen niedergelassenen Vertragsärzten vorzunehmen. Dabei liege es in der Natur der Sache, dass kurzfristig bzw. teilweise erst im laufenden Quartal die Höhe der benötigten finanziellen Mittel ermittelt werden könne. Aufgrund der Regelung des § 8 Abs. 1 der Notdienstordnung könne ein Vertrauensschutz der am Notdienst teilnehmenden Notdienstärzte auf Abzug eines feststehenden Betriebskostenanteils von nur 15% bezogen auf die im Notdienst erarbeiteten Honorare nicht entstehen. Vielmehr sei bereits in dieser Regelung in der Notdienstordnung ein Vorbehalt enthalten, wonach der Betriebskostenanteil zwischen 15 und 35% variieren könne, und mit welchem die Vorläufigkeit der Festsetzung des Betriebskostenanteils in ausreichender Weise deutlich gemacht worden sei. Folglich habe sich der Kläger darauf einrichten müssen, dass gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 Buchst. a der Notdienstordnung der Betriebskostenanteil zwischen 15 und 35%, bezogen auf die Notdiensthonorare, festgesetzt werden könne. Im Ergebnis sei diese unechte Rückwirkung rechtmäßig, da ausreichende Gemeinwohlgründe sie erfordern und schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf den Fortbestand nicht überwiege. Gegen Vertrauensschutz des Klägers spreche, dass dieser auch in anderen Notdienstbezirken der Beklagten tätig sei. Darüber hinaus habe er auch, nachdem ihm der Beschluss des Geschäftsausschusses im Quartal I/03 bekannt gegeben worden sei, weiterhin Dienst im ärztlichen Bereitschaftsdienst im Quartal II/03 ausgeübt. Hilfsweise für den Fall, dass der erkennende Senat den Beschluss des Geschäftsausschusses vom 2. November 2002 aufgrund der in § 8 der Notdienstordnung nicht vorhandenen Normgebungsbefugnis nicht als Rechtsnorm qualifiziere, dürfte der Rechtsgedanke des § 48 SGB X über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung mit Änderung der Verhältnisse in Verbindung mit § 8 Abs. 3 der Notdienstordnung und dem damit entfallenden Vertrauensschutz des Klägers zu berücksichtigen sein.
Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist auch begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juni 2006 und die Honorarbescheide vom 25. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2004 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide und Festsetzung eines Betriebskostenzuschusses in Höhe von 15 % für das Quartal II/03 abgewiesen wurde. Der Berufung des Klägers war daher stattzugeben. Im Übrigen ist das erstinstanzliche Urteil im Ergebnis rechtlich zutreffend, weshalb die Berufung der Beklagten zurückzuweisen war.
Den so genannten Kontoauszügen, die den Honorarbescheiden an den Kläger beigefügt waren und den Betriebskostenabzug in Höhe von 35% ausweisen, kommt nach Auffassung des Senats Verwaltungsaktqualität zu, er schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG den insoweit zutreffenden erstinstanzlichen Ausführungen an. Gegenstand des Verfahrens sind somit die Honorarbescheide vom 11. Oktober 2003 und 25. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2004, soweit der Betriebskostenabzug in Höhe von 35% festgesetzt wurde.
Der Beschluss des Geschäftsausschusses der Bezirksstelle der Beklagten vom 2. November 2002, in dem der Betriebskostenabzug auf 35% festgelegt wurde, ist wegen fehlender Normsetzungsbefugnis formell rechtswidrig. Der Beschluss wurde unter Verletzung der Vorschriften über die sachliche bzw. instanzielle Zuständigkeit getroffen, was seine Unwirksamkeit zur Folge hat. Für ein ausnahmsweise bestehendes Selbsteintrittsrecht des für die Genehmigung des Beschlusses nach § 8 Abs. 3 S. 2 der Notdienstordnung zuständigen Geschäftsausschusses der Bezirksstelle gibt es keine Anhaltspunkte.
Zuständigkeitsregelungen haben den Charakter einer Aufgabenübertragung des Staates an seine Glieder, sind Handlungsgrundlage zur Wahrnehmung der zugewiesenen Aufgaben und enthalten gleichzeitig die Verpflichtung für den von der Verwaltungstätigkeit Betroffenen, sich ausschließlich an die jeweilige Behörde zu wenden. Die Wahrnehmung von Entscheidungsbefugnissen bedarf auch dann der für die Ausübung von Staatsgewalt erforderlichen demokratischen Legitimation, wenn sie nicht völlig unabhängig von anderen Organen der staatlichen Verwaltung erfolgen kann, sondern mit den Zuständigkeiten eines anderen Organs verschränkt ist. In aller Regel genügt ein mittelbarer Legitimationszusammenhang, der durch eine ununterbrochene Legitimationskette vom ZE. über die von diesem gewählte Vertretung zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen und Amtswaltern hergestellt wird. Entscheidungsbefugnisse können im Bereich der Verwaltung auch einem unbegrenzt weisungsabhängigen Amtsträger oder Organ zu kommen. Dies gilt selbst dann, wenn Selbsteintrittsrechte, Letztentscheidungs- oder Abänderungsrechte übergeordneter Behörden in Konfliktfällen bestehen sollten (BVerfG, Urteil vom 31. Oktober 1990, Az. 2 BvF 3/89, veröffentlicht in Juris, dort Rdnr. 38, 40; BVerfGE 47, 253, 275; 52, 95,112,120,130). Einschränkungen sieht das BVerfG lediglich in folgendem Rahmen: Haben die Aufgaben eines Amtsträgers einen besonders geringen Entscheidungsgehalt, so möge dafür eine demokratische Legitimation ausreichen, bei der einzelne Legitimationselemente zurücktreten. Dies könne nur in Betracht kommen, wenn Kompetenzen gegenständlich im Einzelnen und auch ihrem Umfang nach eng begrenzt sind und die zutreffenden Entscheidungen inhaltlich soweit vorstrukturieren, dass sie sich etwa auf die messbar richtige Plan- oder Gesetzesdurchführung beschränken; geringere Anforderungen an die Legitimation seien zu stellen, wenn die Zuständigkeit eines Entscheidungsträgers nur auf einen eng umgrenzten wenig bedeutsamen Bereich gerichtet sei und außerdem einem umfassenden Evokations- oder Letztentscheidungsrecht eines übergeordneten Organs unterliege (BVerfG, Urteil vom 31. Oktober 1990, a.a.O, Juris Rdnr. 41). Diese Grundsätze sind nicht lediglich bei Beurteilung eines Selbsteintrittsrechts im Verhältnis staatlicher Aufsicht gegenüber kommunalen Körperschaften, sondern generell im staatlichen Bereich zu beachten. Bliebe die gesetzlich bestimmte sachliche Zuständigkeit im Außenverhältnis nicht gewahrt, und könnte die Aufsichtsbehörde im Einzelfall die Zuständigkeitsordnung überspielen, widerspräche dies einer geordneten Staatsverwaltung, die auf die Einhaltung der Aufgaben- und Entscheidungszuständigkeiten angewiesen ist (vgl. Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 17. Juni 1999, 1 B 117/92, Juris Rdnr. 12).
Diese Grundsätze finden, nachdem die KÄV in zulässiger Weise die Beschlussfassung über die Höhe der Umlage an die einzelnen Notdienstgemeinschaft delegiert hat, und dem Geschäftsausschuss der Bezirksstelle lediglich die Genehmigung vorbehalten hat, auch im Verhältnis der gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 Notdienstordnung mit sachlich bzw. instanziell unterschiedlichen Zuständigkeiten ausgestatteten Versammlung der Notdienstgemeinschaft und des Geschäftsausschusses der Bezirksstelle entsprechende Anwendung.
Zur vertragsärztlichen Versorgung gehört auch der Notfalldienst (§ 75 Abs. 1 S. 2 SGB V). Der Umfang und die Durchführung des Notdienstes obliegt der KÄV im Rahmen ihrer Satzungshoheit (vgl. BSG, Urteile vom 3. September 1987, Az.: 6 RKa 1/87 und vom 11. Juni 1986; Az.: 6 Ka 5/85, jeweils veröffentlicht in juris). Rechtsgrundlage für die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für den Notdienst ist § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V (vormals: § 81 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 SGB V), wonach die Satzung insbesondere Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten muss. Dementsprechend hatte gemäß § 7 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1 der Satzung der Beklagten die Abgeordnetenversammlung im September 2002 zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Notfällen eine ab 1. Oktober 2002 geltende Notdienstordnung beschlossen, die gemäß § 27 der Satzung der Beklagten Bestandteil der Hauptsatzung der Beklagten ist. Danach sind Art und Umfang des Betriebskostenabzugs von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft, die von den in einem Notdienstbezirk niedergelassenen Vertragsärzten gebildet wird (§ 2 Abs. 2) festzulegen, und von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle zu genehmigen (§ 8 Abs. 3 S. 2). Die Beklagte war auch berechtigt, die Beschlussfassung über Art und Umfang des Betriebskostenabzugs auf die einzelne Notdienstgemeinschaft zu übertragen, nachdem sie mit der Notdienstordnung als Bestandteil der Satzung die grundlegenden Bestimmungen über die Aufbringung der Mittel selbst getroffen hat.
Ein Selbsteintrittsrecht für der Notdienstgemeinschaft übergeordnete Stellen in der Form, wie es in der später geltenden Fassung der Notdienstordnung ab 1. Januar 2005 in § 8 Abs. 4 geregelt wurde, findet sich in der von 1. Oktober 2002 bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung der Notdienstordnung nicht. Ebenso wenig lässt sich ein derartiges Selbsteintrittsrecht aus der allgemeinen Aufgabenbeschreibung in § 13 Abs. 1 Buchst. e der Satzung der Beklagten entnehmen, wonach dem Geschäftsausschuss der Bezirksstelle als Aufgabe u. a. die Beschlussfassung nach Maßgabe der Statuen über die besonderen Maßnahmen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung, zu der auch der Notfalldienst gehört, obliegt. Der für die Genehmigung von Beschlüssen über Art und Umfang des Betriebskostenabzugs zuständige Geschäftsausschuss der Beklagten konnte aufgrund der in der Notdienstordnung klar abgegrenzten Zuständigkeiten und Befugnisse nicht ohne weiteres an die Stelle der für die Beschlussfassung zuständigen Versammlung der Notdienstgemeinschaft gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 der Notdienstordnung treten, eine demokratische Legitimation hierfür besteht nicht. Die Beschlussfassung der Versammlung der Notdienstgemeinschaft hat auch nicht einen lediglich so geringen Entscheidungsgehalt, und ihre Kompetenzen sind gegenständlich im Einzelnen und auch ihrem Umfang nach nicht so eng begrenzt, dass sie sich auf die richtige Gesetzesdurchführung beschränken, vielmehr sind verschiedene Ausgestaltungen der Art und des Umfangs des Betriebskostenabzugs durch die Versammlung der Notdienstgemeinschaft bei einer entsprechenden Bedarfslage denkbar. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass die Zuständigkeit der Versammlung der Notdienstgemeinschaft im Hinblick auf Festlegung von Art und Umfang des Betriebskostenabzugs auf einen eng umgrenzten wenig bedeutsamen Bereich gerichtet ist und außerdem einem umfassenden Evokations- oder Letztentscheidungsrecht eines übergeordneten Organs unterliegt. Die Annahme eines Selbsteintrittsrechts in dem Umfang wie vom SG dargelegt würde letztendlich die Übertragung von Zuständigkeiten und Befugnissen wesentlicher Förmlichkeiten für Entscheidungen der Versammlung der Notdienstgemeinschaft durch die Abgeordnetenversammlung der Beklagten völlig leerlaufen lassen.
Aber auch die Voraussetzungen entsprechend eines im Schrifttum diskutierten "Noteintritts" als Ausnahmefall bei "Gefahr im Verzug" und Nichtbefolgung von Weisungen (vgl. hierzu Engel in DVBl. 1982, 757, 762 m.w.N.) bzw. einer Eilzuständigkeit der übergeordneten Behörde (vgl. Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 17. Juni 1999, a.a.O.; Juris Rdnr. 14) sind vorliegend nicht gegeben. Seitens der Beteiligten ist weder vorgetragen noch aktenkundig, dass die Beklagte sich zunächst an die Notdienstgemeinschaft gewandt hätte, um einen ggf. zur Deckung der Unkosten kurzfristig notwendigen Beschluss zur Erhöhung des Betriebskostenabzugs zu erreichen, noch dass die Notdienstgemeinschaft einem solchen Anliegen nicht nachgekommen wäre.
Aufgrund der klar abgegrenzten Befugnisse zwischen der Versammlung der Notdienstgemeinschaft und des Geschäftsausschusses der Bezirksstelle in § 8 Abs. 3 S. 2 der Notdienstordnung besteht zur Überzeugung des Senats entgegen der Auffassung der Beklagten auch kein Raum für eine Anwendung des "Rechtsgedankens des § 48 SGB X über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung mit Änderung der Verhältnisse in Verbindung mit § 8 Abs. 3 der Notdienstordnung".
Nachdem der Beschluss vom 2. November 2002 bereits wegen fehlender Normsetzungsbefugnis unwirksam ist, und damit sowohl bezogen auf das Quartal I/03 als auch II/03 der Betriebskostenabzug in Höhe von 35 % zu Unrecht erfolgte, konnte der Senat dahingestellt lassen, ob der Beschluss im Falle seiner Wirksamkeit für eines oder beide der betroffenen Quartale echte Rückwirkung entfaltet hätte, und ob sich der Kläger daneben auf Vertrauensschutz hätte berufen können. Ebenso konnte der Senat offen lassen, ob es sich bei der Festlegung der Einsätze des Klägers um bindende vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beklagten über die Höhe des Betriebskostenabzugs gehandelt hat, da dies nicht entscheidungserheblich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
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