Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 265/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 245/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der 1938 geborene Kläger arbeitete vom 05.06.1973 bis zum 31.10.2003 bei der E C; seit dem 01.01.2003 bezieht er Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Nach den Feststellungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten war der Kläger während seiner Tätigkeit bei der E C1 hauptsächlich als Weichenreiniger eingesetzt worden und dabei insbesondere dem Lärm des Zugverkehrs auf den Nachbargleisen ausgesetzt gewesen: Messungen hätten gezeigt, dass in etwa drei Meter Entfernung der Gleismitte bei Reisezügen regelmäßig gemittelte Schalldruckpegel bis zu 95 dB (A) und bei Güterzügen bei hohen Geschwindigkeiten bis zu 100 dB (A) auftreten würden. Die Vorbeifahrtdauer der Züge liege je nach Kombination von Zuglänge und Geschwindigkeit überwiegend zwischen vier bis 18 Sekunden und könne im Mittel mit 9 Sekunden angesetzt werden. Nehme man beispielsweise für das nächstgelegene Gleis eine durchschnittlich hohe Belegung von 10 Zügen je Stunde mit 95 dB (A) und einer Vorbeifahrtdauer von 9 Sekunden an, errechne sich am Arbeitsplatz eines Weichenreinigers bei ca. 7 Stunden pro Arbeitstag ein Beurteilungspegel von 79 dB (A). Später ergänzte der Technische Aufsichtsdienst aufgrund neuer Informationen, der Kläger sei in der Zeit vom 01.10.1977 bis zum 31.03.1978, vom 01.07.1983 bis zum 31.12.1983 und vom 01.01.1984 bis zum 30.09.1984 ca. 21 Monate bei schichtbezogenen Beurteilungspegeln von mehr als 90 dB (A) tätig gewesen. Unter dem 25.11.2004 zeigte die HNO-Ärztin A den Verdacht auf eine Lärmschwerhörigkeit an. Die Beklagte zog daraufhin über den Kläger vorliegende medizinische Unterlagen bei und hörte ihren beratenden Arzt B, der die medizinischen Voraussetzungen einer Lärmschwerhörigkeit verneinte. Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV ab (Bescheid vom 14.06.2005). Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.09.2005). Mit seiner am 17.10.2005 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, als Weichenreiniger über die Dauer von 30 Jahren dem Lärm vorbeifahrender Züge ausgesetzt gewesen zu sein. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass er fast während des gesamten Beschäftigungszeitraums bei der E C1 Gleisbauarbeiten unter extremer Lärmbelästigung verrichtet habe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 14.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2005 aufzuheben und die bei ihm vorhandene Schwerhörigkeit als Berufskrankheit-Lärmschwerhörigkeit nach Nr. 2301 der Anlage der BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat zur Feststellung der Lärmbelastung des Klägers während seiner Beschäftigung bei der E C1 als Zeugen C2, D, M und T gehört. Außerdem hat das Gericht ein HNO-ärztliches Gutachten von C3 eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Einzelnen sowie wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 14.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2005 ist rechtmäßig. Beim Kläger liegt eine Lärmschwerhörigeit im Sinne der Nr. 2301 der Anlage zur BKV nicht vor. Mit dieser Feststellung fußt die Kammer auf den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen C3. Danach besteht beim Kläger zwar eine geringgradige Schwerhörigkeit, jedoch lässt sich ein beruflicher Zusammenhang nur dann wahrscheinlich machen, wenn der Kläger über die gesamte Beschäftigungsdauer bei der E C1 (drei Jahrzehnte) gehörschädigendem Lärm ausgesetzt war. Daran fehlt es hier. Nach den Feststellungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten war der Kläger lediglich während seiner Tätigkeit als Gleisbauhelfer in der Zeit vom 01.10.1977 bis zum 31.03.1978 und vom 01.07.1983 bis zum 30.09.1984 über die Dauer von ca. 21 Monaten schichtbezogenen Lärmbelastungen mit Überschreitung des Lärmgrenzwertes von 85 dB (A) ausgesetzt gewesen. Demgegenüber betrug der schichtbezogene Beurteilungspegel infolge vorbeifahrender Züge bei seiner Tätigkeit als Weichenreiniger lediglich 79 dB (A) und erreichte damit kein gehörgefährdendes Ausmaß. Auch wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er - so der Zeuge M - in der Zeit bis 1998 an ca. 30 Tagen des Jahres mit Gleisbauarbeiten beschäftigt wurde, ergibt dies in der Summation nicht mehr als ca. 25 Monate, so dass davon auszugehen ist, dass der Kläger jedenfalls nicht mehr als vier Jahre gehörgefährdendem Lärm ausgesetzt war. Dies gilt umso mehr, als die Zeugen T und D übereinstimmend ausgesagt haben, ihres Wissen habe der Kläger nach 1998 keine Gleisbauarbeiten mehr verrichtet. Damit lässt sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der geringgradigen Schwerhörigkeit und der beruflichen Lärmbelastung am früheren Arbeitsplatz des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit herstellen, da der Kläger nur während eines Bruchteils seiner Beschäftigung bei der E C und nicht während der gesamten Beschäftigungsdauer von ca. 30 Jahren gehörgefährdendem Lärm ausgesetzt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der 1938 geborene Kläger arbeitete vom 05.06.1973 bis zum 31.10.2003 bei der E C; seit dem 01.01.2003 bezieht er Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Nach den Feststellungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten war der Kläger während seiner Tätigkeit bei der E C1 hauptsächlich als Weichenreiniger eingesetzt worden und dabei insbesondere dem Lärm des Zugverkehrs auf den Nachbargleisen ausgesetzt gewesen: Messungen hätten gezeigt, dass in etwa drei Meter Entfernung der Gleismitte bei Reisezügen regelmäßig gemittelte Schalldruckpegel bis zu 95 dB (A) und bei Güterzügen bei hohen Geschwindigkeiten bis zu 100 dB (A) auftreten würden. Die Vorbeifahrtdauer der Züge liege je nach Kombination von Zuglänge und Geschwindigkeit überwiegend zwischen vier bis 18 Sekunden und könne im Mittel mit 9 Sekunden angesetzt werden. Nehme man beispielsweise für das nächstgelegene Gleis eine durchschnittlich hohe Belegung von 10 Zügen je Stunde mit 95 dB (A) und einer Vorbeifahrtdauer von 9 Sekunden an, errechne sich am Arbeitsplatz eines Weichenreinigers bei ca. 7 Stunden pro Arbeitstag ein Beurteilungspegel von 79 dB (A). Später ergänzte der Technische Aufsichtsdienst aufgrund neuer Informationen, der Kläger sei in der Zeit vom 01.10.1977 bis zum 31.03.1978, vom 01.07.1983 bis zum 31.12.1983 und vom 01.01.1984 bis zum 30.09.1984 ca. 21 Monate bei schichtbezogenen Beurteilungspegeln von mehr als 90 dB (A) tätig gewesen. Unter dem 25.11.2004 zeigte die HNO-Ärztin A den Verdacht auf eine Lärmschwerhörigkeit an. Die Beklagte zog daraufhin über den Kläger vorliegende medizinische Unterlagen bei und hörte ihren beratenden Arzt B, der die medizinischen Voraussetzungen einer Lärmschwerhörigkeit verneinte. Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV ab (Bescheid vom 14.06.2005). Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.09.2005). Mit seiner am 17.10.2005 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, als Weichenreiniger über die Dauer von 30 Jahren dem Lärm vorbeifahrender Züge ausgesetzt gewesen zu sein. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass er fast während des gesamten Beschäftigungszeitraums bei der E C1 Gleisbauarbeiten unter extremer Lärmbelästigung verrichtet habe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 14.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2005 aufzuheben und die bei ihm vorhandene Schwerhörigkeit als Berufskrankheit-Lärmschwerhörigkeit nach Nr. 2301 der Anlage der BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat zur Feststellung der Lärmbelastung des Klägers während seiner Beschäftigung bei der E C1 als Zeugen C2, D, M und T gehört. Außerdem hat das Gericht ein HNO-ärztliches Gutachten von C3 eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Einzelnen sowie wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 14.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2005 ist rechtmäßig. Beim Kläger liegt eine Lärmschwerhörigeit im Sinne der Nr. 2301 der Anlage zur BKV nicht vor. Mit dieser Feststellung fußt die Kammer auf den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen C3. Danach besteht beim Kläger zwar eine geringgradige Schwerhörigkeit, jedoch lässt sich ein beruflicher Zusammenhang nur dann wahrscheinlich machen, wenn der Kläger über die gesamte Beschäftigungsdauer bei der E C1 (drei Jahrzehnte) gehörschädigendem Lärm ausgesetzt war. Daran fehlt es hier. Nach den Feststellungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten war der Kläger lediglich während seiner Tätigkeit als Gleisbauhelfer in der Zeit vom 01.10.1977 bis zum 31.03.1978 und vom 01.07.1983 bis zum 30.09.1984 über die Dauer von ca. 21 Monaten schichtbezogenen Lärmbelastungen mit Überschreitung des Lärmgrenzwertes von 85 dB (A) ausgesetzt gewesen. Demgegenüber betrug der schichtbezogene Beurteilungspegel infolge vorbeifahrender Züge bei seiner Tätigkeit als Weichenreiniger lediglich 79 dB (A) und erreichte damit kein gehörgefährdendes Ausmaß. Auch wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er - so der Zeuge M - in der Zeit bis 1998 an ca. 30 Tagen des Jahres mit Gleisbauarbeiten beschäftigt wurde, ergibt dies in der Summation nicht mehr als ca. 25 Monate, so dass davon auszugehen ist, dass der Kläger jedenfalls nicht mehr als vier Jahre gehörgefährdendem Lärm ausgesetzt war. Dies gilt umso mehr, als die Zeugen T und D übereinstimmend ausgesagt haben, ihres Wissen habe der Kläger nach 1998 keine Gleisbauarbeiten mehr verrichtet. Damit lässt sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der geringgradigen Schwerhörigkeit und der beruflichen Lärmbelastung am früheren Arbeitsplatz des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit herstellen, da der Kläger nur während eines Bruchteils seiner Beschäftigung bei der E C und nicht während der gesamten Beschäftigungsdauer von ca. 30 Jahren gehörgefährdendem Lärm ausgesetzt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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