S 2 AS 2437/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Reutlingen (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 2437/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
1. Schulden führen nicht zu einer Verminderung des Vermögens im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II; eine Saldierung von Aktiva und Passiva findet nicht statt.
2. Der Freibetrag des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II schützt nur das Vermögen des jeweiligen Kindes, mindert aber nicht das zu berücksichtigende Vermögen der Eltern, stellt also keinen den Eltern zugute kommenden Kinderfreibetrag dar.
3. Eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II liegt nur bei einer Befreiung nach § 6 SGB VI, nicht aber bei bloßer Versicherungsfreiheit nach § 5 SGB VI vor.
4. Der Leistungsträger darf dem Hilfebedürftigen dessen berücksichtigungsfähiges Vermögen Monat für Monat erneut entgegenhalten, solange und soweit es nicht tatsächlich verbraucht worden ist; eine lediglich fiktive Berechnung des Vermögensverbrauchs ist nicht statthaft.
Die Klagen werden abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab dem 26. Februar 2008.

Die Klägerin zu 1 ist am ... geboren. Sie lebt zusammen mit ihrem am ... geborenen Ehemann, dem Kläger zu 2, sowie den am ... bzw. am ... geborenen gemeinsamen Kindern, den Klägern zu 3 und 4, in einer Wohnung in ... Sie zahlen derzeit eine Miete in Höhe von monatlich 750 EUR sowie Nebenkosten in Höhe von monatlich 175 EUR.

Die Klägerin zu 1 verfügt über zwei fondgebundene Lebensversicherungen mit einem derzeitigen Rückkaufwert von mindestens 3.655,70 (Bl. 47 der Verwaltungsakte) bzw. mindestens 4.321,50 EUR (Bl. 49 der Verwaltungsakte). Außerdem verfügt sie über eine fondsgebundene Rentenversicherung, deren Begünstigter der Kläger zu 2 ist, und die einen derzeitigen Rückkaufwert von mindestens 1.902,19 EUR hat (Bl. 51 der Verwaltungsakte). Der Kläger zu 2 verfügt weiterhin über zwei fondsgebundene Lebensversicherungen mit einem derzeitigen Rückkaufwert von mindestens 3.842,90 EUR (Bl. 53 der Verwaltungsakte) bzw. 5.421 EUR (Bl. 55 der Verwaltungsakte) sowie einen Bausparvertrag mit einem Wert von mindestens 7.056,70 EUR (Bl. 45 der Verwaltungsakte). Für die Renten- und Lebensversicherungen ist ein Verwertungsausschluss nicht vereinbart. Der Kläger zu 2 hat zudem ein Girokonto mit einem Guthaben von 4.990,63 EUR (Stand: 4. März 2008; Bl. 9 der Verwaltungsakte). Die Klägerin zu 1 verfügt schließlich über ein Sparbuch mit einem Wert von 99,99 EUR (Stand: 14. März 2008; Bl. 8 der Verwaltungsakte) sowie ein Wertpapierdepot mit einem Gesamtwert von 1.799,99 EUR (Stand: 13. Februar 2008; Bl. 43 f. der Verwaltungsakte). Außerdem verfügen die Kläger noch über zwei sog. Riester-Renten (Bl. 56 der Verwaltungsakte). Die Kläger zu 1 und 2 erhalten für ihre Kindern Kindergeld in Höhe von insgesamt 308 EUR monatlich.

Am 26. Februar 2008 beantragte die Klägerin zu 1 Leistungen nach dem SGB II.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 2. April 2008 ab. Leistungen könnten nicht gewährt werden, da das zu berücksichtigende Vermögen von insgesamt 33.357,34 EUR die Grundfreibeträge von 12.450 EUR übersteige.

Hiergegen legte die Klägerin zu 1 am 30. April 2008 Widerspruch ein.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 10. Juni 2008 zurück. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei ein Vermögen von insgesamt 33.357,34 EUR nachgewiesen worden. Dem sehe ein Freibetrag in Höhe von 12.450 EUR gegenüber.

Mit ihren am 8. Juli 2008 erhobenen Klagen verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie sind der Ansicht, dass bei der Berechnung des Freibetrages auch die Grundfreibeträge für die beiden Kinder zu berücksichtigen seien. Zu berücksichtigendes Vermögen sei nur in Höhe von 13.818,86 EUR vorhanden. Die Lebensversicherungen und die Rentenversicherung seien als Altersvorsorge bestimmt. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 2 Mietschulden in Höhe von 6.290,50 EUR habe. Dies müsse von dem Vermögen in Abzug gebracht werden.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 2. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2008 zu verurteilen, ihnen ab dem 26. Februar 2008 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest und verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, dass sie der Ansicht sei, dass die Grundfreibeträge für die hilfebedürftigen Kinder sich nicht auf die Berücksichtigung des Vermögens der Eltern auswirkten. Lediglich der Freibetrag für notwendige Anschaffungen könne noch zusätzlich berücksichtigt werden und erhöhe den bisher ermittelten Freibetrag auf 13.950 EUR. Die Versicherungsverträge unterlägen keinem Verwertungsausschluss vor Ablauf der Laufzeit. Schulden seien bei der Ermittlung des Vermögens nicht zu berücksichtigen.

Das Gericht hat die Beteiligten auf seine Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Gerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.

2. Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 2. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2008 ist rechtmäßig. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Streitgegenständlich ist, da die Beklagte die Ablehnung der Leistungsgewährung nicht zeitlich befristet hat, der gesamte Zeitraum von der Antragstellung am 26. Februar 2008 bis zur gerichtlichen Entscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 14/06 R, NZS 2007, 383 [388]).

a) Leistungsberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II nur Personen, die hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, sind gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners zu berücksichtigen.

b) Vor diesem Hintergrund sind die Kläger nicht hilfebedürftig, da sie über ausreichendes Vermögen verfügen. Sie bilden als Eltern und Kinder eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 lit. a und Nr. 4 SGB II). Das Vermögen beider Elternteile ist bei der Bedarfsberechnung des jeweils anderen Elternteils und beider Kinder nach Maßgabe des § 12 SGB II zu berücksichtigen.

aa) Das Vermögen der Kläger zu 1 und 2 beläuft sich – insoweit unstreitig – insgesamt auf mindestens 26.199,99 EUR. Es setzt sich zusammen aus den Lebensversicherungen der Klägerin zu 1 mit einem Rückkaufswert von derzeit insgesamt mindestens 7.977,20 EUR, der Rentenversicherung der Klägerin zu 1 mit einem Rückkaufwert von mindestens 1.902,19 EUR, dem Bausparvertrag des Klägers zu 2 mit einem Wert von derzeit mindestens 7.056,70 EUR sowie zwei Lebensversicherungen des Klägers zu 2 mit einem Rückkaufwert von derzeit insgesamt mindestens 9.263,90 EUR. Auf die übrigen Vermögenspositionen – Guthaben auf Girokonto, Sparbuch und im Wertpapierdepot sowie die zwei sog. Riester-Renten – kommt es gar nicht erst an.

Schulden führen nicht zu einer Verminderung der Vermögens im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II; eine Saldierung von Aktiva und Passiva findet insofern nicht statt (BSG, Urteil vom 15.04.2008, Az.: B 14/7b AS 52/06 R , juris, Rdnr. 39; Frank, in: Hohm [Hrsg.], SGB II, § 12 [2007] Rdnr. 9; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz [Begr.], § 12 SGB II [2008] Rdnr. 33; Mecke, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2. Aufl. 2008, § 12 Rdnr. 14). Dies folgt aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge, welche erst eingreifen soll, wenn der Hilfebedürftige ihm zur Verfügung stehende Mittel verbraucht hat (BSG, Urteil vom 15.04.2008, Az.: B 14/7b AS 52/06 R, juris, Rdnr. 39). Entscheidend ist daher, dass bzw. ob Aktiva vorhanden sind, die zur aktuellen Sicherung des Lebensunterhaltes verwendet werden können. Verbindlichkeiten schränken diese Möglichkeit nicht ohne weiteres ein.

bb) Entgegen der Auffassung der Kläger steht der Berücksichtigung der Lebensversicherungen § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II nicht entgegen. Nach dieser Norm sind vom Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang nicht als Vermögen zu berücksichtigen, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.

Diese Voraussetzungen sind hier schon insoweit nicht erfüllt, als weder die Klägerin zu 1 noch der Kläger zu 2 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Hierbei müsste es sich um eine Befreiung von der Versicherungspflicht im Sinne des § 6 SGB VI handeln. Die bloße Versicherungsfreiheit nach § 5 SGB VI reicht nicht aus (ebenso Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz [Begr.], § 12 SGB II [2008] Rdnr. 195), was sich schon aus dem Wortlaut von § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II, der ausdrücklich von einer Befreiung von der Versicherungspflicht spricht, ergibt. Erforderlich ist daher auch eine Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über die Befreiung von der Versicherungspflicht (Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz [Begr.], § 12 SGB II [2008] Rdnr. 195). Der Umstand, dass der Kläger zu 2 nach Auskunft des zuständigen Rentenversicherungsträgers für eine selbständige Tätigkeit nach § 5 Abs. 2 SGB VI – also von Gesetzes wegen – aufgrund der Geringfügigkeit der Tätigkeit nicht versicherungspflichtig ist, reicht damit nicht aus. Würde er Leistungen nach dem SGB II beziehen, wäre er im übrigen nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI rentenversicherungspflichtig.

cc) Die den Klägern zustehenden Freibeträge erreichen den Wert des zu berücksichtigenden Vermögens nicht.

(1) Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II sind vom Vermögen ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners, mindestens aber jeweils 3.100 Euro, abzusetzen, wobei – was hier nicht der Fall ist – der Grundfreibetrag für den volljährigen Hilfebedürftigen und seinen Partner jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigen darf. Außerdem ist gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen abzusetzen.

Damit ist zu Gunsten der ...jährigen Klägerin zu 1 ein Freibetrag von 5.250 EUR und für den ...jährigen Kläger zu 2 ein Freibetrag von 5.850 EUR nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II zu berücksichtigen. Hinzu kommt der Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II für vier Personen, also in Höhe von 3.000 EUR. Somit ergibt sich ein Freibetrag in Höhe von insgesamt 14.100 EUR.

(2) Das zu berücksichtigende Vermögen der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2 wird indes nicht gemindert durch einen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II abzusetzenden Grundfreibetrag in Höhe von 3.100,00 EUR für die Kläger zu 3 und 4. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II ist nämlich kein Kinderfreibetrag, sondern mindert nur das zu berücksichtigende – und hier nicht vorhandene – Vermögen des Kindes selbst (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.04.2008, Az.: L 20 AS 7/07, juris, Rdnr. 33; Thüringer LSG, Beschluss vom 06.06.2006, Az.: L 7 AS 235/06 ER, juris, Rdnr. 33; SG Berlin, Urteil vom 29.03.2006, Az.: S 55 AS 7521/05, juris, Rdnr. 27; SG Aachen, Urteil vom 07.11.2006, Az.: S 11 AS 34/06, juris, Rdnr. 20; SG Düsseldorf, Urteil vom 24.11.2006, Az.: S 23 AS 104/06, juris, Rdnr. 34; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz [Begr.], § 12 SGB II [2008] Rdnr. 139h; Mecke, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2. Aufl. 2008, § 12 Rdnr. 42; tendenziell auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.03.2007, Az.: L 7 AS 1214/07 ER-B, juris, Rdnr. 4; a. A. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.2008, Az.: L 12 AS 5863/07, juris, Rdnr. 31 ff.; SG Aachen, Urteil vom 11.09.2007, Az.: S 11 AS 124/07, juris, Rdnr. 26; SG Aurich, Urteil vom 15.02.2006, Az.: S 15 AS 107/05, juris, Rdnr. 21 ff.; SG Aurich, Beschluss vom 18.08.2006, Az.: S 15 AS 333/06, juris, Rdnr. 16; Frank, in: Hohm [Hrsg.], SGB II, § 12 [2007] Rdnr. 33).

Dies folgt allerdings nicht bereits zwingend aus dem Wortlaut, der auch der gegenteiligen Auslegung nicht entgegensteht. Die Entstehungsgeschichte streitet indes für die Annahme, dass § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II nur das Vermögen der minderjährigen Kinder selbst schützen soll. Die Passage aus der Begründung des maßgeblichen Gesetzentwurfes, nach der jedwedes Vermögen in der Höhe des Freibetrages bei deren Berechnung des Arbeitslosengeldes II bzw. des Sozialgeldes geschützt bleibe (Bundestags-Drucksache 15/3674, S. 11), legt ein Verständnis nahe, nach dem nur das Vermögen des Kinder geschützt sein soll, nicht aber auch Vermögen der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.04.2008, Az.: L 20 AS 7/07, juris, Rdnr. 33; Thüringer LSG, Beschluss vom 06.06.2006, Az.: L 7 AS 235/06 ER, juris, Rdnr. 33; Mecke, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.] SGB II, 2005, § 12 Rdnr. 42; dies konzediert auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.2008, Az.: L 12 AS 5863/07, juris, Rdnr. 29). Zwingend wird dieses Verständnis durch die anderer Stelle in der Begründung des Gesetzentwurfes zu findende Formulierung, nach der die Grundfreibeträge "zur Schonung des Vermögens minderjähriger Kinder" erheblich erhöht werden (Bundestags-Drucksache 15/3674, S. 1 zu B). Dies lässt eine andere Auslegung der Norm nicht zu (siehe auch Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz [Begr.], § 12 SGB II [2008] Rdnr. 139h).

Der eindeutige (ähnlich LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.04.2008, Az.: L 20 AS 7/07, juris, Rdnr. 37 ["unmißverständlich"]) Wille des Gesetzgebers bildet zugleich die zulässige Grenze der Auslegung (BVerfG, Beschluss vom 19.09.2007, Az.: 2 BvF 3/02, NVwZ 2007, 1396 [1401]; BVerfG, Urteil vom 12. 3. 2008, Az.: 2 BvF 4/03, NVwZ 2008, 658 [665]); dies gilt auch für eine vermeintlich verfassungskonforme Auslegung (BVerfG, Beschluss vom 19.09.2007, Az.: 2 BvF 3/02, NVwZ 2007, 1396 [1401]; BVerfG, Urteil vom 12. 3. 2008, Az.: 2 BvF 4/03, NVwZ 2008, 658 [665]). Damit ist für eine andere Deutung aufgrund systematischer, teleologischer oder verfassungsrechtlicher Gesichtspunkte (so aber LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.2008, Az.: L 12 AS 5863/07, juris, Rdnr. 31; SG Aurich, Urteil vom 15.02.2006, Az.: S 15 AS 107/05, juris, Rdnr. 26 ff.) bereits aus methodischen Gründen kein Raum.

Die systematischen, teleologischen und verfassungsrechtlichen Argumente überzeugen im übrigen aber auch in der Sache nicht. Dies gilt zunächst mit Blick auf den Grundgedanken, der der Schaffung des SGB II zugrunde lag und der generalklauselartig in § 2 SGB II seinen normativen Niederschlag gefunden hat. Danach müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II) und in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Dieser für die übrigen Normen des Gesetzes interpretationsleitende Grundsatz der Subsidiarität der staatlichen Leistungsgewährung streitet im Zweifel dafür, die anspruchsbegründenden Normen restriktiv und die anspruchsmindernden Normen weit auszulegen. Dies trägt auch dem Umstand Rechnung, dass es sich um von der Allgemeinheit der Steuerzahler finanzierte Leistungen handelt und dass für solche Sozialleistungen das Subsidaritätsprinzip und das Gebot, die entstehenden Ausgaben gering zu halten, gelten (vgl. BSG, Beschluss vom 12.03.1996, Az.: 9 RV 24/94, NZS 1996, 397 [398]; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: L 15 B 132/06 SO PKH, juris, Rdnr. 9). Damit wird berücksichtigt, dass sich jede ausgabeerhöhende Auslegung reflexhaft als freiheitsverkürzend gegenüber den die Leistungen finanzierenden Steuerzahlern erweist. Insofern wirken deren Grundrechte mit ihrer abwehrrechtlichen Funktion aber gegenüber der Ausweitung sozialstaatlicher Ausgaben tendenziell hemmend (vgl. zu diesem Zusammenhang Höfling/Rixen, RdA 2007, 360 [366]).

Im übrigen lässt sich nur mit dieser Auslegung § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II widerspruchsfrei in das System des SGB II einordnen. Da zwar das Vermögen der Eltern bzw. des mit einem Elternteils in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners zur Bedarfsdeckung der Kinder heranzuziehen ist (§ 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB II), umgekehrt aber das Vermögen von minderjährigen Kinder nur zur Deckung des eigenen Bedarfes, nicht jedoch zur Deckung des Bedarfes der Eltern herangezogen werden darf (siehe auch Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz [Begr.], § 12 SGB II [2008] Rdnr. 25), ist es konsequent, den Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 1a SGB II nur auf das eigene Vermögen der Kinder anzuwenden (in diesem Sinne auch schon SG Düsseldorf, Urteil vom 24.11.2006, Az.: S 23 AS 104/06, juris, Rdnr. 36). Dies rechtfertigt es auch, bei zwei Ehepartnern oder Partnern in Verantwortungsgemeinschaft Vermögen und Freibeträge im Ergebnis zusammen zu berücksichtigen, bei minderjährigen Kindern aber nicht. Von einem "Wirtschaften aus einem Topf" (so das Argument etwa bei SG Aurich, Urteil vom 15.02.2006, Az.: S 15 AS 107/05, juris, Rdnr. 27 f.; SG Aachen, Urteil vom 11.09.2007, Az.: S 11 AS 124/07, juris, Rdnr. 27) kann in Bezug auf die Kinder nämlich gerade nicht uneingeschränkt die Rede sein.

Die Annahme, dass § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II keinen Kinderfreibetrag normiert, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Norm mit dieser Auslegung nur Kinder privilegieren könnte, die – aufgrund eigenen Einkommens oder Vermögens – gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören (so aber LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.2008, Az.: L 12 AS 5863/07, juris, Rdnr. 32). Die Prämisse ist nämlich nicht zutreffend. Der Freibetrag kommt jedem Kind, das über eigenes Vermögen verfügt, zugute. Wegen § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft gehören aber nur Kinder, die Einkommen oder Vermögen haben, dass über ihrem Freibetrag liegt. Ist dieser Freibetrag also schon "verbraucht", kommt eine Anrechnung dieses Freibetrages auf das Vermögen der Eltern schon deswegen gar nicht in Betracht.

Schließlich hat der Bürger auch keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, sein Vermögen vom eigenen Verbrauch unangetastet zu lassen, sich aber zugleich seinen Lebensunterhalt durch die Gemeinschaft der Steuerzahler finanzieren zu lassen (vgl. auch BSG, Urteil vom 27.01.2005, Az.: B 7a/7 AL 34/04 R, juris, Rdnr. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.01.2007, Az.: L 1 AL 36/06, juris, Rdnr. 23). Entsprechend sind auch die Freibeträge des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II nicht von Verfassungs wegen erforderlich, sondern Resultat der politischen Erwägung, dass dem Hilfebedürftigen ein gewisser Spielraum in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit erhalten bleiben soll – nicht zuletzt, um ihn in seinem Bestreben zu unterstützen, sich von der Hilfe unabhängig zu machen (Mecke, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2. Aufl. 2008, § 12 Rdnr. 7). Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die Freibeträge nur dem individuellen Vermögen zuordnet und nicht einen Gesamtfreibetrag der Bedarfsgemeinschaft bildet, der im übrigen kaum mit dem individuellen Charakter eines etwaigen Leistungsanspruches in Einklang zu bringen wäre.

Auch aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG (darauf stellen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.2008, Az.: L 12 AS 5863/07, juris, Rdnr. 34 ff.; SG Aurich, Urteil vom 15.02.2006, Az.: S 15 AS 107/05, juris, Rdnr. 26 ff., ab) folgt nichts anderes. Familien mit Kindern werden gegenüber Eheleuten oder Einzelpersonen ohne Kinder nicht benachteiligt. Der Umstand, dass Kinder zur Bedarfsgemeinschaft gehören, erhöht vielmehr den der Anspruchsberechnung zugrundeliegenden Bedarf. Dies führt dazu, dass – bei identischem Vermögen des Hilfebedürftigen mit Kind wie bei dem Hilfebedürftigen ohne Kind – ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zeitlich eher – weil das einzusetzende Vermögen regelmäßig früher verbraucht ist – besteht, ohne dass es auf die Berücksichtigung zusätzlicher Freibeträge ankäme. Die gegenteilige, einen Kinderfreibetrag bejahende Ansicht erhöht demgegenüber zusätzlich die Höhe des geschützten Vermögens, privilegiert also Hilfebedürftige mit Kindern. Eine gesetzliche Regelung mit einem solchen Inhalt mag zulässig sein; sie ist aber nicht verfassungsrechtlich geboten.

Es findet auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen Kindern mit eigenem Vermögen, denen der Freibetrag des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II zugute kommt, und Kindern ohne eigenes Einkommen statt. Beide Gruppen unterscheiden sich gerade aufgrund des vorhandenen bzw. nicht vorhandenen Vermögens derart von einander, dass eine unterschiedliche Behandlung ohne weiteres gerechtfertigt ist. Es liegt gerade im Wesen von Vermögensschutztatbeständen, dass diese nur für denjenigen von Vorteil sind, der eigenes Vermögen hat: Wo kein Vermögen vorhanden ist, braucht dieses auch nicht geschützt zu werden. Ob man für Eltern, die Kinder erziehen, einen zusätzlichen Freibetrag vorsieht, damit diese Rücklagen für Erziehung und Ausbildung bilden bzw. bestehen lassen können, ist eine politische Frage, unterliegt aber im Kontext der Gewährung von Sozialleistungen keinen verfassungsrechtlichen Vorgaben.

dd) Der monatliche Bedarf der Kläger beträgt höchstens 1.671 EUR. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Regelleistungen für den Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 in Höhe von inzwischen jeweils 316 EUR (§ 20 Abs. 3 SGB II) sowie den Regelleistungen für die Kläger zu 3 und 4 in Höhe von inzwischen jeweils 211 EUR (§ 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II), zu berücksichtigenden Kosten für Unterkunft und Heizung von höchstens – die Frage, in welcher Höhe die Kosten für Unterkunft und Heizung angemessen sind, kann hier dahinstehen – 925 EUR (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) abzüglich des als Einkommen zu berücksichtigenden Kindergeldes in Höhe von 308 EUR (§ 11 SGB II). Ein Abzug der Versicherungspauschale gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V von diesen Einnahmen ist nicht vorzunehmen, da diese Norm bei minderjährigen Hilfebedürftigen, die mit volljährigen Hilfebedürftigen zusammen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, nicht anzuwenden ist, das Kindergeld aber gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Einkommen der minderjährigen Kläger zu 3 und 4 zu berücksichtigen war.

ee) Damit übersteigt das zu berücksichtigende Vermögen (26.199,99 EUR abzüglich der Freibeträge in Höhe von 14.100 EUR) den monatlichen Bedarf erheblich. Das würde im übrigen selbst dann gelten, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung einen weiteren Abzug in Höhe von 6.200 EUR gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II vornehmen würde. Das zu berücksichtigende Vermögen würde dann immer noch 5.899,99 EUR betragen.

Solange aber vorhandenes und nach Abzug der Freibeträge zu berücksichtigendes Vermögen vorliegt und den monatlichen Bedarf übertrifft, besteht keine Hilfebedürftigkeit. Dabei darf die Beklagte entsprechend des regelmäßigen Zahlungszeitraumes (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) den Klägern deren Vermögen Monat für Monat erneut entgegenhalten, unabhängig davon, ob der Wert des Vermögens zur Deckung des Bedarfs für den gesamten Bedarfszeitraum ausgereicht hätte (so bereits Beschluss der Kammer vom 19.02.2007, Az.: S 2 AS 565/07 ER, juris; Rdnr. 29; im Anschluss daran Urteil der 6. Kammer des SG Reutlingen vom 19.07.2007, Az.: S 6 AS 2461/06, n.v.; vgl. zu den Parallelvorschriften §§ 11, 88 BSHG BVerwG, Urteil vom 19.12.1997, Az.: 5 C 7/96, NJW 1998, 1879 [1881]; Bayerischer VGH, Beschluss vom 01.12.2004, Az.: 12 CE 04.2090, juris, Rdnr. 15; vgl. auch Mecke, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2. Aufl. 2008, § 12 Rdnr. 34). Nach § 12 SGB II zu berücksichtigendes Vermögen steht also, soweit und solange es (noch) nicht eingesetzt oder verwertet wurde, einem Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes auch dann entgegen, wenn es nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum gedeckt hätte (so bereits Beschluss der Kammer vom 19.02.2007, Az.: S 2 AS 565/07 ER, juris, Rdnr. 29; im Anschluss daran Urteil der 6. Kammer des SG Reutlingen vom 19.07.2007, Az.: S 6 AS 2461/06, n.v.; ferner Mecke, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2. Aufl. 2008, § 12 Rdnr. 34; vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 22.04.1999, Az.: 12 B 97.2067, juris, Rdnr. 9; Bayerischer VGH, Beschluss vom 01.12.2004, Az.: 12 CE 04.2090, juris, Rdnr. 14). Eine fiktive Vermögensberechnung ist nicht zulässig (Beschluss der Kammer vom 19.02.2007, Az.: S 2 AS 565/07 ER, juris, Rdnr. 29; im Anschluss daran Urteil der 6. Kammer des SG Reutlingen vom 19.07.2007, Az.: S 6 AS 2461/06, n.v.; vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.1997, Az.: 5 C 7/96, NJW 1998, 1879 [1881]; Bayerischer VGH, Beschluss vom 01.12.2004, Az.: 12 CE 04.2090, juris, Rdnr. 14; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.11.1993, Az.: 8 A 278/92, juris, Rdnr. 61 ff.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 30.07.2008, Az.: B 14 AS 14/08 B, juris, Rdnr. 5). Dies folgt zwingend daraus, dass Anspruchsvoraussetzung tatsächliche Hilfebedürftigkeit ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Diese Hilfebedürftigkeit, für die der Betroffene die objektive Beweislast trägt, kann aber nicht fingiert werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved