Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 6 R 1313/06
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 82/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. April 2007 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (noch) streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin weitere Beiträge zu erstatten und (weitere) Verzugszinsen zu zahlen.
Hinsichtlich des Sachverhalts bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Hamburg vom 12. April 2007 verwiesen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Ein Recht zur freiwilligen Weiterversicherung habe sie entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, da die Beklagte von einer falschen Identität und damit zu Unrecht von einer deutschen Staatsbürgerschaft ausgehe. Zwar sei der Rechtsstreit insofern erledigt, als er die Arbeitnehmeranteile an den Beiträgen betreffe, jedoch habe sie (die Klägerin) auch Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberanteile und auf Zahlung von Verzugszinsen. Mit dem damaligen Arbeitgeber sei ein Bruttogehalt vereinbart gewesen.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. April 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2006 aufzuheben und den Bescheid vom 5. Februar 2008 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr (weitere) Beiträge zu erstatten und Verzugszinsen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Durch die Vollendung des 65. Lebensjahrs seien zwischenzeitlich die Erstattungsvoraussetzungen (wie im angegriffenen Widerspruchsbescheid ausgeführt) gegeben. Da eine frühere Zahlung nicht möglich gewesen sei, könne die Beklagte auch nicht mit Kosten belastet werden. Ein Anspruch auf Verzinsung der Beitragserstattung bestehe nur für Januar und Februar 2008. Da die Klägerin den Arbeitgeberbeitrag nicht selbst getragen habe, stehe ihr ein weiterer Erstattungsbetrag nicht zu.
Mit Bescheid vom 5. Februar 2008 erstattete die Beklagte der Klägerin den Arbeitnehmeranteil der für die Zeit vom 15. Januar bis 31. Mai 1980 und 1. Juli bis 30. November 1981 gezahlten Beiträge in Höhe von insgesamt 859,06 Euro. Das Gericht hat den Beteiligten mitgeteilt, dass dieser Bescheid Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist. Mit Teilanerkenntnis vom 10. April 2008 hat die Beklagte im Übrigen einen Anspruch auf Verzinsung des gezahlten Betrages für Januar und Februar 2008 anerkannt.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Sie sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte die Berichterstatterin an Stelle des Senats und im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 und § 155 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung des Arbeitgeberanteils der Pflichtbeiträge. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 210 Abs. 3 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) werden Beiträge (nur) in der Höhe erstattet, in der die Versicherten sie getragen haben. Da die Versicherten nur die Hälfte der Beiträge während einer pflichtversicherten Beschäftigung tragen, ist die Erstattung auf diesen Anteil begrenzt. Den vom Arbeitgeber übernommenen Beitragsanteil, den der Arbeitgeber zusätzlich zum Lohn aufbringen muss, kann dieser nicht zurück und erst Recht nicht die Klägerin ausgezahlt bekommen. Das gilt insbesondere, wenn die Klägerin – wie sie vorträgt – mit ihrem Arbeitgeber eine Bruttolohnvereinbarung getroffen haben sollte, denn in diesem Fall erhält sie ihr Entgelt ohne jegliche Abzüge. Da die Beiträge ohne die Versicherungspflicht zur deutschen Rentenversicherung nicht aufzubringen gewesen wären, der Arbeitgeberanteil hiervon also auch der Klägerin nicht zugekommen wäre, hatte der Gesetzgeber keinen Anlass eine Regelung zu schaffen, die der Klägerin einen Zugriff auf diese Geldbeträge ermöglicht. § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI stellt deswegen keine "ungerechte" Regelung dar. Dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht im Kammerbeschluss vom 24. November 1986 (1 BvR 772/85, in: SozR 2200 § 1303 Nr. 34) dargelegt, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht ebenfalls keine Bedenken gegen die Vorschrift bestehen.
Mangels Anspruch auf Erstattung des Arbeitgeberanteils der Pflichtbeiträge entfällt auch ein hieran anknüpfender Anspruch auf Verzugszinsen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache. Die Entscheidung erfolgt unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage, aber auch die Gründe für die Rechtsverfolgung und ihre Erledigung zu prüfen. Soweit die Klage auf Erstattung der Arbeitgeberanteile der Beiträge gerichtet ist, ergibt sich die fehlende Erfolgsaussicht aus den obigen Ausführungen und ein Erstattungsanspruch der außergerichtlichen Kosten der Klägerin (Gerichtskosten werden keine erhoben) besteht diesbezüglich nicht. Hinsichtlich des Arbeitnehmeranteils der Beiträge ist das Klagebegehren durch den Bescheid vom 5. Februar 2008 erledigt. Zwar hat die Klägerin insoweit Erfolg gehabt, aber da sie die Voraussetzungen für die Erstattung dieses Beitragsteils erst durch die Vollendung des 65. Lebensjahres im November 2007 erfüllt hat - mithin die Klage bis zu diesem Zeitpunkt ohne Erfolgsaussicht gewesen ist - und die Beklagte mit einem sofortigen Anerkenntnis reagiert hat, ist die Beklagte nicht zur Erstattung von außergerichtlichen Kosten zu verpflichten. Dabei kann unentschieden bleiben, ob der Vortrag der Klägerin zutrifft, sie sei zu einem anderen Zeitpunkt geboren, besitze in Wirklichkeit eine andere Identität und habe auch die deutsche Staatsangehörigkeit nicht. Nach ihrem eigenen Vortrag wäre die Klägerin zwei Jahre jünger als in der Geburtsurkunde und den Ausweisunterlagen eingetragen, so dass sie einen Anspruch auf eine frühere Beitragserstattung nicht haben könnte. Außerdem besteht ein Anspruch auf freiwillige Versicherung ebenfalls für Ausländer, die ihren Wohnsitz oder nicht nur vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Im Übrigen ist die Beklagte (und auch das Gericht) jedenfalls bis zu einer wirksamen Änderung der Identitätspapiere an die dortigen Angaben gebunden. Eine Verpflichtung der Beklagten zur (teilweisen) Kostenerstattung kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt der geltend gemachten Verzugszinsen in Betracht, denn der Obsiegensanteil liegt unter 10%. Die Beklagte war (entsprechend ihrem Teilanerkenntnis vom 10. April 2008) nur mit der Zahlung für Januar und Februar 2007 in Verzug, denn vor November 2007 bestand der geltend gemachte Anspruch noch nicht, so dass der Verzinsungsanspruch gemäß § 44 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch am 1. Januar 2007 beginnt und wegen der Gutschrift auf dem Konto der Klägerin am 12. März 2008 bereits mit dem Februar 2008 endet.
Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG ist nicht gegeben.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (noch) streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin weitere Beiträge zu erstatten und (weitere) Verzugszinsen zu zahlen.
Hinsichtlich des Sachverhalts bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Hamburg vom 12. April 2007 verwiesen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Ein Recht zur freiwilligen Weiterversicherung habe sie entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, da die Beklagte von einer falschen Identität und damit zu Unrecht von einer deutschen Staatsbürgerschaft ausgehe. Zwar sei der Rechtsstreit insofern erledigt, als er die Arbeitnehmeranteile an den Beiträgen betreffe, jedoch habe sie (die Klägerin) auch Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberanteile und auf Zahlung von Verzugszinsen. Mit dem damaligen Arbeitgeber sei ein Bruttogehalt vereinbart gewesen.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. April 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2006 aufzuheben und den Bescheid vom 5. Februar 2008 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr (weitere) Beiträge zu erstatten und Verzugszinsen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Durch die Vollendung des 65. Lebensjahrs seien zwischenzeitlich die Erstattungsvoraussetzungen (wie im angegriffenen Widerspruchsbescheid ausgeführt) gegeben. Da eine frühere Zahlung nicht möglich gewesen sei, könne die Beklagte auch nicht mit Kosten belastet werden. Ein Anspruch auf Verzinsung der Beitragserstattung bestehe nur für Januar und Februar 2008. Da die Klägerin den Arbeitgeberbeitrag nicht selbst getragen habe, stehe ihr ein weiterer Erstattungsbetrag nicht zu.
Mit Bescheid vom 5. Februar 2008 erstattete die Beklagte der Klägerin den Arbeitnehmeranteil der für die Zeit vom 15. Januar bis 31. Mai 1980 und 1. Juli bis 30. November 1981 gezahlten Beiträge in Höhe von insgesamt 859,06 Euro. Das Gericht hat den Beteiligten mitgeteilt, dass dieser Bescheid Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist. Mit Teilanerkenntnis vom 10. April 2008 hat die Beklagte im Übrigen einen Anspruch auf Verzinsung des gezahlten Betrages für Januar und Februar 2008 anerkannt.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Sie sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte die Berichterstatterin an Stelle des Senats und im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 und § 155 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung des Arbeitgeberanteils der Pflichtbeiträge. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 210 Abs. 3 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) werden Beiträge (nur) in der Höhe erstattet, in der die Versicherten sie getragen haben. Da die Versicherten nur die Hälfte der Beiträge während einer pflichtversicherten Beschäftigung tragen, ist die Erstattung auf diesen Anteil begrenzt. Den vom Arbeitgeber übernommenen Beitragsanteil, den der Arbeitgeber zusätzlich zum Lohn aufbringen muss, kann dieser nicht zurück und erst Recht nicht die Klägerin ausgezahlt bekommen. Das gilt insbesondere, wenn die Klägerin – wie sie vorträgt – mit ihrem Arbeitgeber eine Bruttolohnvereinbarung getroffen haben sollte, denn in diesem Fall erhält sie ihr Entgelt ohne jegliche Abzüge. Da die Beiträge ohne die Versicherungspflicht zur deutschen Rentenversicherung nicht aufzubringen gewesen wären, der Arbeitgeberanteil hiervon also auch der Klägerin nicht zugekommen wäre, hatte der Gesetzgeber keinen Anlass eine Regelung zu schaffen, die der Klägerin einen Zugriff auf diese Geldbeträge ermöglicht. § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI stellt deswegen keine "ungerechte" Regelung dar. Dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht im Kammerbeschluss vom 24. November 1986 (1 BvR 772/85, in: SozR 2200 § 1303 Nr. 34) dargelegt, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht ebenfalls keine Bedenken gegen die Vorschrift bestehen.
Mangels Anspruch auf Erstattung des Arbeitgeberanteils der Pflichtbeiträge entfällt auch ein hieran anknüpfender Anspruch auf Verzugszinsen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache. Die Entscheidung erfolgt unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage, aber auch die Gründe für die Rechtsverfolgung und ihre Erledigung zu prüfen. Soweit die Klage auf Erstattung der Arbeitgeberanteile der Beiträge gerichtet ist, ergibt sich die fehlende Erfolgsaussicht aus den obigen Ausführungen und ein Erstattungsanspruch der außergerichtlichen Kosten der Klägerin (Gerichtskosten werden keine erhoben) besteht diesbezüglich nicht. Hinsichtlich des Arbeitnehmeranteils der Beiträge ist das Klagebegehren durch den Bescheid vom 5. Februar 2008 erledigt. Zwar hat die Klägerin insoweit Erfolg gehabt, aber da sie die Voraussetzungen für die Erstattung dieses Beitragsteils erst durch die Vollendung des 65. Lebensjahres im November 2007 erfüllt hat - mithin die Klage bis zu diesem Zeitpunkt ohne Erfolgsaussicht gewesen ist - und die Beklagte mit einem sofortigen Anerkenntnis reagiert hat, ist die Beklagte nicht zur Erstattung von außergerichtlichen Kosten zu verpflichten. Dabei kann unentschieden bleiben, ob der Vortrag der Klägerin zutrifft, sie sei zu einem anderen Zeitpunkt geboren, besitze in Wirklichkeit eine andere Identität und habe auch die deutsche Staatsangehörigkeit nicht. Nach ihrem eigenen Vortrag wäre die Klägerin zwei Jahre jünger als in der Geburtsurkunde und den Ausweisunterlagen eingetragen, so dass sie einen Anspruch auf eine frühere Beitragserstattung nicht haben könnte. Außerdem besteht ein Anspruch auf freiwillige Versicherung ebenfalls für Ausländer, die ihren Wohnsitz oder nicht nur vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Im Übrigen ist die Beklagte (und auch das Gericht) jedenfalls bis zu einer wirksamen Änderung der Identitätspapiere an die dortigen Angaben gebunden. Eine Verpflichtung der Beklagten zur (teilweisen) Kostenerstattung kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt der geltend gemachten Verzugszinsen in Betracht, denn der Obsiegensanteil liegt unter 10%. Die Beklagte war (entsprechend ihrem Teilanerkenntnis vom 10. April 2008) nur mit der Zahlung für Januar und Februar 2007 in Verzug, denn vor November 2007 bestand der geltend gemachte Anspruch noch nicht, so dass der Verzinsungsanspruch gemäß § 44 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch am 1. Januar 2007 beginnt und wegen der Gutschrift auf dem Konto der Klägerin am 12. März 2008 bereits mit dem Februar 2008 endet.
Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG ist nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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HAM
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