Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2165/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4080/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Juli 2007 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch streitig, ob die Klägerin vom 01. März 2005 bis 29. Februar 2008 Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Die am 1960 geborene Klägerin absolvierte nach ihren Angaben von 1976 bis 1978 eine Ausbildung als Verkäuferin. Sie war von 1978 bis 1980 als Verkäuferin (Modebranche) und von 1980 bis 1992 als Filialleiterin (Mode- und Schuhbranche) beschäftigt. Bis Februar 1995 übte die Klägerin keine Beschäftigung wegen Kindererziehung aus. Von März 1995 bis 05. April 2003 war sie zuerst als Sortiererin und später (nach einer erfolgreichen Bewerbung für eine Vollzeitstelle) als Briefzustellerin bei der Deutschen Post AG beschäftigt. Nach ihren Angaben wurde sie innerhalb von drei Tagen (ohne anschließende Prüfung) als Briefzustellerin eingelernt. Nach Angaben der Deutschen Post AG im Schreiben vom 04. Juli 2007, das die Klägerin im Klageverfahren vorlegte, war sie in die Entgeltgruppe 3 des Entgelttarifvertrags Deutsche Post AG (Tätigkeiten, die aufgabenbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, die in der Regel durch eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung bzw. durch entsprechende anderweitige berufliche Erfahrung erworben werden können) eingruppiert. Die Gruppenstufe habe sich aus der Betriebszugehörigkeit ergeben. Außerdem habe sie eine Besitzstandszulage nach Lohngruppe 6a des Tarifvertrags erhalten (Bl. 85 bis 93 der SG-Akte). Dieses Beschäftigungsverhältnis endete aufgrund eines Aufhebungsvertrags vom 05. Februar 2003 zum 05. April 2003. Nach Angaben des Arbeitgebers vom 15. April 2003 gegenüber der Klägerin schied diese aufgrund ihres Gesundheitszustands aus dem Beschäftigungsverhältnis aus. Von April bis Dezember 2003 war sie als Verkäuferin in einer Bäckerei beschäftigt. Zurzeit arbeitet die Klägerin wieder als Verkäuferin (Kassiererin im Textilbereich; ca. 20 bis 25 Stunden wöchentlich). Ab 19. Oktober 2002 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Sie bezog vom 30. November 2002 bis 14. Januar 2003, vom 31. Januar bis 04. April 2003 und vom 13. Januar bis 06. April 2004 Krankengeld. Vom 07. bis 27. April 2004 befand sie sich in einer stationären Rehabilitationsbehandlung und erhielt für diesen Zeitraum Übergangsgeld sowie vom 28. April bis 31. August 2004 erneut Krankengeld.
Am 06. August 2004 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte), zog den Entlassungsbericht der Dr. S. vom 30. April 2004 bei, die ein pseudoradikuläres Lendenwirbelsäulen (LWS)-Syndrom bei Bandscheibenprotrusion L3/4, L4/5 und L5/S1 mit degenerativen Veränderungen, eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei Nikotinabusus und eine Chondropathia patellae rechts diagnostizierte. Die Klägerin sei als arbeitsunfähig entlassen worden. Ihre Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin könne sie noch sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit längerer Zwangshaltung und mit erhöhten inhalativen Belastungen. Orthopäde Dr. R. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 17. September 2004 ein degeneratives pseudoradikuläres Lumbalsyndrom ohne Ausfälle bei Kyphoskoliose und Aufbaustörung des lumbosakralen Übergangs, ein pseudoradikuläres Cervicodorsalsyndrom bei Wirbelsäulenfehlstatik und eine Chondromalazie Grad I (rechts mehr als links). Ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin könne die Klägerin in einem zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden sowie leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten überwiegend in gebückter Haltung, anhaltend schwere Trage- und Hebebelastungen, seitliche Rumpffehlbelastungen und anhaltende Überkopfarbeiten. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege (Bescheid vom 15. November 2004). Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte einen Befundbericht bei Orthopäde Dr. F. ein. Dieser gab an (Befundbericht vom 23. Februar 2005), die Klägerin leide an Schmerzen in der Lendenwirbelsäule mit zeitweiliger Ausstrahlung in die Beine, an Parästhesien im rechten Fußaußenrand und an Schmerzen im rechten Kniegelenk bei Belastung des gebeugten Gelenkes. Er diagnostizierte eine chronische Lumbalgie bei Haltungsinsuffizienz und lumbosakraler Aufbaustörung sowie ein femoropatellares Schmerzsyndrom rechts. Er hielt eine Besserung der Leistungsfähigkeit durch medizinische Rehabilitation für möglich. Neurologe und Psychiater Dr. M. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 07. April 2005 pseudoradikuläre Beschwerden bei Spondylarthrose L5/S1. Neurologisch hätten sich keine sicheren radikulären Ausfallerscheinungen gezeigt. Ein Bandscheibenvorfall sei Ende 2003 auch kernspintomographisch ausgeschlossen worden. Nachdem der gesamte neurologische Befund keinerlei Auffälligkeiten biete und auch psychopathologisch die Klägerin als stabil eingestuft werden könne, fänden sich sozialmedizinisch auf nervenärztlichem Fachgebiet keine Einschränkungen. Er gehe davon aus, dass die Klägerin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig ausüben könne und stimme der Beurteilung des Dr. R. zu. Der Grund für die lange Arbeitsunfähigkeit sei nicht nachvollziehbar. Den Widerspruch der Klägerin wies die Widerspruchsstelle der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 07. Juni 2005). Die Widerspruchsstelle folgte der Leistungsbeurteilung des Dr. M. und des Dr. R ... Aus dem Befundbericht des Dr. F. ergäben sich keine weiteren Befunde, die zu einer Änderung der Leistungsbeurteilung führten.
Die Klägerin hat am 01. Juli 2005 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben. Ihr ursprüngliches Begehren auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat sie in der mündlichen Verhandlung auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung umgestellt. Unter Vorlage des Schreibens des Allgemeinarztes Dr. A. vom 08.Dezember 2005 hat sie geltend gemacht, aufgrund orthopädisch-neurologischer Beeinträchtigungen sei sie nicht mehr in der Lage, regelmäßig auch nur einer leichten Tätigkeit nachzugehen. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gegeben seien. Sie habe ihre Facharbeitertätigkeit bei der Deutschen Post AG krankheitsbedingt aufgegeben. Dementsprechend sei Bezugsberuf der Beruf einer Briefzustellerin. Diese Tätigkeit könne sie nicht mehr ausüben, weshalb die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorlägen. Sie hat verschiedene Unterlagen der Deutschen Post AG eingereicht.
Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer Stellungnahme der berufskundlichen Beraterin Urner vom 20. März 2007 entgegengetreten. Der Klägerin sei Berufsschutz einer zweijährig ausgebildeten Verkäuferin zuzustehen, sodass sie in die Stufe des oberen Anlernbereichs eingruppiert werden könne. Sie sei noch in der Lage, ihren Beruf als Verkäuferin auszuüben. Alternativ käme eine Beschäftigung an einer Etagenkasse in einem Konfektionsgeschäft in Betracht. Die Tätigkeit einer Kassiererin werde gemäß dem Tarifvertrag des Einzelhandels in die Tarifgruppe K 2 eingestuft und entspreche damit der tariflichen Einstufung einer Verkäuferin. Weitere Verweisungstätigkeiten seien Kassentätigkeiten in Bädern und zoologischen Gärten.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte (Dr. F. und Dr. A.) als sachverständige Zeugen gehört.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat Facharzt für Neurochirurgie/Chirotherapie Dr. Ha. das Gutachten vom 15. Januar 2007 und Oberarzt Dr. Mo. das fachröntgenologische Zusatzgutachten vom 29. November 2006 erstattet. Dr. Ha. hat bei der Klägerin eine belastungsabhängige intermittierende lumboischialgieforme Schmerzsymptomatik bei degenerativen LWS-Veränderungen und kleinem Bandscheibenprolaps L5/S1 rechts, eine relative spinale Stenose mit Maximum L5/S1 bei sechsteiligem LWS-Aufbau und eine intermittierende Knieschmerzsymptomatik im Sinne einer Chondromalazie Grad I diagnostiziert. Aufgrund der Beschwerdesymptomatik seien mittelschwere und schwere körperliche Belastungen wie Heben und Tragen über zehn kg nicht leidensgerecht, es sollten auch häufiges Bücken, Fließbandarbeiten, Arbeiten in Wechsel- und Nachtschichten sowie Arbeiten unter Hitze, Kälte, Zugluft, Nässe, im Freien und unter Staub-, Gas- und Dampfeinwirkung vermieden werden. Am besten eigne sich eine Tätigkeit mit leichter bis mittelschwerer körperlicher Belastung überwiegend im Wechsel zwischen Gehen, Stehen bzw. Sitzen. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin mit langem Stehen und sich nach vorne Beugen oder auch häufigem Heben von Kisten könne sie nur noch drei bis unter sechs Stunden verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen von sechs Stunden unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen. Als Verkäuferin könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Bezüglich der Leistungsfähigkeit weiche er vom Gutachten des Dr. R. und des Dr. M. nicht ab. Dr. Mo. hat über die Computertomographie der LWS vom 28. November 2006 berichtet.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 10. Juli 2007 die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Juni 2005 verurteilt, "der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01. März 2005 bis Ende Februar 2008 zu gewähren". Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne in ihrem bisherigen Bereich als Fachverkäuferin oder in einem zumutbaren Verweisungsberuf nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Sie sei derzeit als Textilverkäuferin 20 bis 25 Stunden pro Woche erwerbstätig. Als Ausgangsberuf für die Einordnung in das Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Tätigkeit der Fachverkäuferin zugrunde zu legen. Von diesem Hauptberuf habe sich die Klägerin durch die Arbeit als Briefzustellerin nicht dauerhaft gelöst. Aus dem Gutachten des Dr. Ha. folge, dass die Klägerin eine mindestens sechsstündige Tätigkeit als Verkäuferin nur noch unter Beachtung qualitativer Einschränkungen ausüben könne. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin mit langem Stehen, sich nach vorne Beugen und häufigem Heben von Kisten habe er das Leistungsvermögen auf drei bis unter sechs Stunden eingeschränkt. Die Tätigkeit als Textilverkäuferin könne im Regelfall nicht im Sitzen verrichtet werden. Auch als Kassiererin an einer Etagenkasse in einem Konfektionsgeschäft könne die Klägerin nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich arbeiten, da diese Tätigkeit ebenfalls nicht im Sitzen ausgeübt werden könne. Die Verweisungstätigkeit sei somit mit den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin nicht vereinbar, die Verweisung auf ungelernte oder nur kurzzeitig einzuarbeitende Kassiererinnen, wie z.B. in Bädern oder zoologischen Gärten, sei für die Klägerin als gelernte Fachkraft sozial nicht angemessen.
Gegen das Urteil, dessen Empfang die Beklagte mit dem 30. Juli 2007 bescheinigt hat, hat sie am 20. August 2007 Berufung eingelegt. Unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen der berufskundlichen Beraterin G. vom 16. August 2007 und 24. April 2008 ist sie der Auffassung, nicht der Beruf der Verkäuferin, sondern die Tätigkeit als Briefzustellerin sei als bisheriger Beruf im rentenrechtlichen Sinne zugrunde zu legen. Die zuvor ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin sei aus anderen als gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden. Der Beruf der Briefzustellerin sei nicht den Facharbeiterberufen zuzuordnen. Die Klägerin sei lediglich drei Tage angelernt worden, habe eine Prüfung nicht absolviert und sei tariflich in eine Entgeltgruppe eingestuft gewesen, die nicht nur ausgebildete Fachkräfte erfasse. Daher sei die Tätigkeit in die Gruppe des Mehrstufenschemas einzustufen, die dem Leitberuf der so genannten "Angelernten" entspreche. Ihr sei allenfalls der Berufsschutz der oberen Anlernebene zuzubilligen. Sie könne daher auf Tätigkeiten der unteren Anlernebene mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten verwiesen werden. Sie könne noch körperlich leichte Tätigkeiten im Haltungswechsel mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, insbesondere aus der Postzustellertätigkeit, reichten aus, um die Klägerin auf eine Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Poststelle eines Betriebs, Unternehmens oder einer Behörde, beispielhaft nach der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD), zu verweisen. Bei der Tätigkeit einer Mitarbeiterin in der Poststelle handle es sich um eine körperlich leichte Tätigkeit, die in wechselnder Körperhaltung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen verrichtet werde. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte verschiedene Sachverständigenaussagen vorgelegt (Auskunft der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Hessen, vom 14. Februar 2006, Auskunft der berufskundlichen Sachverständigen J. vom 16. Februar 2002 und Auskunft des berufskundlichen Sachverständigen Ro. vom 30. März 2000; vgl. Bl. 8 bis 63 der LSG-Akte).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin komme aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht in Frage, da diese Tätigkeit durch Sortieren und Verteilen geprägt sei. Anderweitige Tätigkeiten könne sie ebenfalls nicht mehr ausüben, auch nicht die einer Pförtnerin. Sie sei in regelmäßiger therapeutischer Behandlung. Ihr Therapeut sei der Auffassung, ihre Wirbelsäule sei eine "tickende Zeitbombe". Durch die Sporne, welche sich durch die Spondylarthrose bildeten, könne es jederzeit passieren, dass die Nerven eingeklemmt würden. Zu so einem Vorfall sei es im Dezember 2006 gekommen, sodass sie sich selbst mit Krücken nicht mehr habe bewegen können. Sie sei in ihrer Wohnung nochmals zweimal zusammengebrochen. Dies sei bei leichten Tätigkeiten im Haushalt passiert. In so einem Moment könne ihr niemand helfen, da jede Bewegung nur noch schlimmere Schmerzen verursache. Dies könne jederzeit passieren, egal ob im Sitzen, Stehen oder beim Laufen. Der Auslöser könne eine alltägliche Bewegung sein. Jedenfalls sei die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle mit Zwangshaltungen verbunden. Es sei auch nicht realistisch, dass Transporttätigkeiten von speziellen Mitarbeitern übernommen würden. Der Transport zur Poststelle bzw. zum Postamt führe dazu, dass Gegenstände mit mehr als fünf kg gehoben werden müssten. Diese Tätigkeit sei für sie nicht leidensgerecht. Im Übrigen werde bestritten, dass der allgemeine Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze bzw. offene Stellen für eine Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle biete. Insofern solle die Bundesagentur für Arbeit gehört werden.
Der Senat hat die Beteiligten auf mehrere Entscheidungen des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg im Hinblick auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle hingewiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Reha- und Rentenakte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vom 01. März 2005 bis 29. Februar 2008 zu bewilligen. Der Klägerin steht für die streitige Zeit kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Der Bescheid der Beklagten vom 15. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Juni 2005 ist im Ergebnis rechtmäßig.
Da nur die Beklagte Berufung eingelegt hat, ist im Berufungsverfahren allein darüber zu entscheiden, ob die Klägerin ab 01. März 2005 bis 29. Februar 2008 Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
2. Der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beurteilt sich nach § 240 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl. I, S. 1827). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Die Klägerin ist am 30. November 1960 und damit vor dem 02. Januar 1961 geboren. Die sonstigen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 SGB VI sind zwar gegeben. Die Klägerin ist jedoch nicht berufsunfähig.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Belastbarkeit der Klägerin ist aufgrund von Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule eingeschränkt. Die Klägerin leidet an einem degenerativen pseudoradikulären Lumbalsyndrom ohne Ausfälle bei Kyphoskoliose und Aufbaustörung des lumbosakralen Übergangs, an einem pseudoradikuläre Cervicodorsalsyndrom bei Wirbelsäulenfehlstatik und an einer Chondromalazie Grad I (rechts mehr als links). Dies ergibt sich aus den Gutachten des Dr. R. vom 17. September 2004 sowie des Dr. M. vom 07. April 2005 und wird bestätigt durch das Gutachten des Dr. Ha., der zusätzlich einen kleinen Bandscheibenprolaps L5/S1 rechts und eine relative spinale Stenose mit Maximum L5/S1 diagnostiziert hat. Wesentlich abweichende Befunde werden von den behandelnden Ärzten nicht beschrieben.
Die Klägerin kann unter Berücksichtigung der bestehenden orthopädischen Gesundheitsstörungen leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn kg sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Fließbandarbeiten, Arbeiten in Wechsel- und Nachtschichten sowie Arbeiten unter Einfluss von Hitze, Kälte, Zugluft und Nässe. Des Weiteren sind Arbeiten im Freien und Arbeiten unter Staub-, Gas- und Dampfeinwirkung nicht leidensgerecht. Zu vermeiden sind darüber hinaus Arbeiten mit seitlicher Rumpffehlbelastung und anhaltenden Überkopfarbeiten. Schwere körperliche Arbeiten können nicht mehr verrichtet werden. Dies entnimmt der Senat den genannten Gutachten.
Psychopathologisch ist die Klägerin als stabil einzustufen, sodass sie aus nervenärztlicher Sicht keinen Einschränkungen bei der Ausübung leichter bis mittelschwerer Tätigkeiten unterliegt. Dies entnimmt der Senat dem nervenärztlichen Gutachten des Dr. M. vom 07. April 2005.
Ob die Klägerin mit den Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit ihren zuletzt ausgeübten Beruf als Verkäuferin noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann, kann der Senat letztlich offenlassen. Denn sie ist zumindest noch in der Lage, die ihr medizinisch und sozial zumutbare Verweisungstätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin zu verrichten.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs (vgl. hierzu zuletzt Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 09. Oktober 2007 B 5b/8 KN 2/07 R - in juris veröffentlicht). Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Wurden mehrere Berufe ausgeübt, ist regelmäßig der Hauptberuf zu ermitteln.
Der Umstand, dass sich die Klägerin bei der Deutschen Post AG um eine Vollzeitstelle beworben hat, spricht dafür, dass sie sich von ihrem erlernten Beruf (Verkäuferin) gelöst hat. Die zuvor ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin und Filialleiterin hat die Klägerin wegen Erziehung ihres Kindes aufgegeben. Der Senat kann vorliegend aber offenlassen, ob als Hauptberuf die Tätigkeit als Verkäuferin oder die Tätigkeit als Briefzustellerin anzusehen ist. Denn in beiden Fällen kann die Klägerin im Hinblick auf das von der Rechtsprechung entwickelte Mehrstufenschema (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; zuletzt BSG, Urteil vom 09. Oktober 2007 - B 5b/8 KN 2/07 R - in juris veröffentlicht) auf die Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin medizinisch und sozial zumutbar verwiesen werden. Selbst wenn man die Tätigkeit als Verkäuferin als Hauptberuf ansehen würde, könnte diese allenfalls der Gruppe der Facharbeiter zugeordnet werden. Die Klägerin kann damit sozial zumutbar auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden. Die Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin ist einem gelernten Facharbeiter sozial zumutbar, wie das LSG Baden-Württemberg bereits entschieden hat (vgl. z.B. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Juli 2006 - L 10 R 953/05-). Arbeitsplätze sind in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Dies entnimmt der Senat der von der Beklagten vorgelegten Auskunft der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Hessen, vom 14. Februar 2006. Der Senat musste daher diesbezüglich keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen anstellen.
Die Tätigkeit als Mitarbeiterin in einer Poststelle kann - entsprechend den qualitativen Einschränkungen der Klägerin - im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen verrichtet werden. Soweit es um das dem Mitarbeiter einer Poststelle regelmäßig obliegende Fertigmachen der auslaufenden Post und die Bearbeitung der eingehenden Post geht, handelt es sich um leichte körperliche Tätigkeiten, die der Klägerin noch zuzumuten sind. Zwar müssen Pakete oder Körbe mit Postsendungen gehoben oder getragen werden, die mehr als fünf kg wiegen können; solche Transporttätigkeiten sind jedoch nach Überzeugung des Senats nicht typisch für die Tätigkeit der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle nur von speziell dafür bestimmten Mitarbeitern wahrzunehmen ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Mai 2008 - L 4 R 5212/05 -). Im Übrigen ist die Klägerin noch in der Lage, Lasten bis zu zehn kg zu heben und zu tragen. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. Ha ... Im Hinblick auf die von der Klägerin zeitweise ausgeübte Tätigkeit einer Briefzustellerin vermag der Senat auch nicht festzustellen, dass die Klägerin eine Tätigkeit in der Poststelle nicht innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten verrichten könnte.
Soweit die Klägerin geltend macht, ihre Wirbelsäule sei eine "tickende Zeitbombe" und es könnten jederzeit Schmerzen auftreten, ist darauf hinzuweisen, dass akute Schmerzen in der Regel nur zu einer zeitweisen Arbeitsunfähigkeit führen, nicht jedoch zu einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch streitig, ob die Klägerin vom 01. März 2005 bis 29. Februar 2008 Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Die am 1960 geborene Klägerin absolvierte nach ihren Angaben von 1976 bis 1978 eine Ausbildung als Verkäuferin. Sie war von 1978 bis 1980 als Verkäuferin (Modebranche) und von 1980 bis 1992 als Filialleiterin (Mode- und Schuhbranche) beschäftigt. Bis Februar 1995 übte die Klägerin keine Beschäftigung wegen Kindererziehung aus. Von März 1995 bis 05. April 2003 war sie zuerst als Sortiererin und später (nach einer erfolgreichen Bewerbung für eine Vollzeitstelle) als Briefzustellerin bei der Deutschen Post AG beschäftigt. Nach ihren Angaben wurde sie innerhalb von drei Tagen (ohne anschließende Prüfung) als Briefzustellerin eingelernt. Nach Angaben der Deutschen Post AG im Schreiben vom 04. Juli 2007, das die Klägerin im Klageverfahren vorlegte, war sie in die Entgeltgruppe 3 des Entgelttarifvertrags Deutsche Post AG (Tätigkeiten, die aufgabenbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, die in der Regel durch eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung bzw. durch entsprechende anderweitige berufliche Erfahrung erworben werden können) eingruppiert. Die Gruppenstufe habe sich aus der Betriebszugehörigkeit ergeben. Außerdem habe sie eine Besitzstandszulage nach Lohngruppe 6a des Tarifvertrags erhalten (Bl. 85 bis 93 der SG-Akte). Dieses Beschäftigungsverhältnis endete aufgrund eines Aufhebungsvertrags vom 05. Februar 2003 zum 05. April 2003. Nach Angaben des Arbeitgebers vom 15. April 2003 gegenüber der Klägerin schied diese aufgrund ihres Gesundheitszustands aus dem Beschäftigungsverhältnis aus. Von April bis Dezember 2003 war sie als Verkäuferin in einer Bäckerei beschäftigt. Zurzeit arbeitet die Klägerin wieder als Verkäuferin (Kassiererin im Textilbereich; ca. 20 bis 25 Stunden wöchentlich). Ab 19. Oktober 2002 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Sie bezog vom 30. November 2002 bis 14. Januar 2003, vom 31. Januar bis 04. April 2003 und vom 13. Januar bis 06. April 2004 Krankengeld. Vom 07. bis 27. April 2004 befand sie sich in einer stationären Rehabilitationsbehandlung und erhielt für diesen Zeitraum Übergangsgeld sowie vom 28. April bis 31. August 2004 erneut Krankengeld.
Am 06. August 2004 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte), zog den Entlassungsbericht der Dr. S. vom 30. April 2004 bei, die ein pseudoradikuläres Lendenwirbelsäulen (LWS)-Syndrom bei Bandscheibenprotrusion L3/4, L4/5 und L5/S1 mit degenerativen Veränderungen, eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei Nikotinabusus und eine Chondropathia patellae rechts diagnostizierte. Die Klägerin sei als arbeitsunfähig entlassen worden. Ihre Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin könne sie noch sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit längerer Zwangshaltung und mit erhöhten inhalativen Belastungen. Orthopäde Dr. R. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 17. September 2004 ein degeneratives pseudoradikuläres Lumbalsyndrom ohne Ausfälle bei Kyphoskoliose und Aufbaustörung des lumbosakralen Übergangs, ein pseudoradikuläres Cervicodorsalsyndrom bei Wirbelsäulenfehlstatik und eine Chondromalazie Grad I (rechts mehr als links). Ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin könne die Klägerin in einem zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden sowie leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten überwiegend in gebückter Haltung, anhaltend schwere Trage- und Hebebelastungen, seitliche Rumpffehlbelastungen und anhaltende Überkopfarbeiten. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege (Bescheid vom 15. November 2004). Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte einen Befundbericht bei Orthopäde Dr. F. ein. Dieser gab an (Befundbericht vom 23. Februar 2005), die Klägerin leide an Schmerzen in der Lendenwirbelsäule mit zeitweiliger Ausstrahlung in die Beine, an Parästhesien im rechten Fußaußenrand und an Schmerzen im rechten Kniegelenk bei Belastung des gebeugten Gelenkes. Er diagnostizierte eine chronische Lumbalgie bei Haltungsinsuffizienz und lumbosakraler Aufbaustörung sowie ein femoropatellares Schmerzsyndrom rechts. Er hielt eine Besserung der Leistungsfähigkeit durch medizinische Rehabilitation für möglich. Neurologe und Psychiater Dr. M. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 07. April 2005 pseudoradikuläre Beschwerden bei Spondylarthrose L5/S1. Neurologisch hätten sich keine sicheren radikulären Ausfallerscheinungen gezeigt. Ein Bandscheibenvorfall sei Ende 2003 auch kernspintomographisch ausgeschlossen worden. Nachdem der gesamte neurologische Befund keinerlei Auffälligkeiten biete und auch psychopathologisch die Klägerin als stabil eingestuft werden könne, fänden sich sozialmedizinisch auf nervenärztlichem Fachgebiet keine Einschränkungen. Er gehe davon aus, dass die Klägerin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig ausüben könne und stimme der Beurteilung des Dr. R. zu. Der Grund für die lange Arbeitsunfähigkeit sei nicht nachvollziehbar. Den Widerspruch der Klägerin wies die Widerspruchsstelle der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 07. Juni 2005). Die Widerspruchsstelle folgte der Leistungsbeurteilung des Dr. M. und des Dr. R ... Aus dem Befundbericht des Dr. F. ergäben sich keine weiteren Befunde, die zu einer Änderung der Leistungsbeurteilung führten.
Die Klägerin hat am 01. Juli 2005 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben. Ihr ursprüngliches Begehren auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat sie in der mündlichen Verhandlung auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung umgestellt. Unter Vorlage des Schreibens des Allgemeinarztes Dr. A. vom 08.Dezember 2005 hat sie geltend gemacht, aufgrund orthopädisch-neurologischer Beeinträchtigungen sei sie nicht mehr in der Lage, regelmäßig auch nur einer leichten Tätigkeit nachzugehen. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gegeben seien. Sie habe ihre Facharbeitertätigkeit bei der Deutschen Post AG krankheitsbedingt aufgegeben. Dementsprechend sei Bezugsberuf der Beruf einer Briefzustellerin. Diese Tätigkeit könne sie nicht mehr ausüben, weshalb die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorlägen. Sie hat verschiedene Unterlagen der Deutschen Post AG eingereicht.
Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer Stellungnahme der berufskundlichen Beraterin Urner vom 20. März 2007 entgegengetreten. Der Klägerin sei Berufsschutz einer zweijährig ausgebildeten Verkäuferin zuzustehen, sodass sie in die Stufe des oberen Anlernbereichs eingruppiert werden könne. Sie sei noch in der Lage, ihren Beruf als Verkäuferin auszuüben. Alternativ käme eine Beschäftigung an einer Etagenkasse in einem Konfektionsgeschäft in Betracht. Die Tätigkeit einer Kassiererin werde gemäß dem Tarifvertrag des Einzelhandels in die Tarifgruppe K 2 eingestuft und entspreche damit der tariflichen Einstufung einer Verkäuferin. Weitere Verweisungstätigkeiten seien Kassentätigkeiten in Bädern und zoologischen Gärten.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte (Dr. F. und Dr. A.) als sachverständige Zeugen gehört.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat Facharzt für Neurochirurgie/Chirotherapie Dr. Ha. das Gutachten vom 15. Januar 2007 und Oberarzt Dr. Mo. das fachröntgenologische Zusatzgutachten vom 29. November 2006 erstattet. Dr. Ha. hat bei der Klägerin eine belastungsabhängige intermittierende lumboischialgieforme Schmerzsymptomatik bei degenerativen LWS-Veränderungen und kleinem Bandscheibenprolaps L5/S1 rechts, eine relative spinale Stenose mit Maximum L5/S1 bei sechsteiligem LWS-Aufbau und eine intermittierende Knieschmerzsymptomatik im Sinne einer Chondromalazie Grad I diagnostiziert. Aufgrund der Beschwerdesymptomatik seien mittelschwere und schwere körperliche Belastungen wie Heben und Tragen über zehn kg nicht leidensgerecht, es sollten auch häufiges Bücken, Fließbandarbeiten, Arbeiten in Wechsel- und Nachtschichten sowie Arbeiten unter Hitze, Kälte, Zugluft, Nässe, im Freien und unter Staub-, Gas- und Dampfeinwirkung vermieden werden. Am besten eigne sich eine Tätigkeit mit leichter bis mittelschwerer körperlicher Belastung überwiegend im Wechsel zwischen Gehen, Stehen bzw. Sitzen. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin mit langem Stehen und sich nach vorne Beugen oder auch häufigem Heben von Kisten könne sie nur noch drei bis unter sechs Stunden verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen von sechs Stunden unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen. Als Verkäuferin könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Bezüglich der Leistungsfähigkeit weiche er vom Gutachten des Dr. R. und des Dr. M. nicht ab. Dr. Mo. hat über die Computertomographie der LWS vom 28. November 2006 berichtet.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 10. Juli 2007 die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Juni 2005 verurteilt, "der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01. März 2005 bis Ende Februar 2008 zu gewähren". Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne in ihrem bisherigen Bereich als Fachverkäuferin oder in einem zumutbaren Verweisungsberuf nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Sie sei derzeit als Textilverkäuferin 20 bis 25 Stunden pro Woche erwerbstätig. Als Ausgangsberuf für die Einordnung in das Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Tätigkeit der Fachverkäuferin zugrunde zu legen. Von diesem Hauptberuf habe sich die Klägerin durch die Arbeit als Briefzustellerin nicht dauerhaft gelöst. Aus dem Gutachten des Dr. Ha. folge, dass die Klägerin eine mindestens sechsstündige Tätigkeit als Verkäuferin nur noch unter Beachtung qualitativer Einschränkungen ausüben könne. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin mit langem Stehen, sich nach vorne Beugen und häufigem Heben von Kisten habe er das Leistungsvermögen auf drei bis unter sechs Stunden eingeschränkt. Die Tätigkeit als Textilverkäuferin könne im Regelfall nicht im Sitzen verrichtet werden. Auch als Kassiererin an einer Etagenkasse in einem Konfektionsgeschäft könne die Klägerin nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich arbeiten, da diese Tätigkeit ebenfalls nicht im Sitzen ausgeübt werden könne. Die Verweisungstätigkeit sei somit mit den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin nicht vereinbar, die Verweisung auf ungelernte oder nur kurzzeitig einzuarbeitende Kassiererinnen, wie z.B. in Bädern oder zoologischen Gärten, sei für die Klägerin als gelernte Fachkraft sozial nicht angemessen.
Gegen das Urteil, dessen Empfang die Beklagte mit dem 30. Juli 2007 bescheinigt hat, hat sie am 20. August 2007 Berufung eingelegt. Unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen der berufskundlichen Beraterin G. vom 16. August 2007 und 24. April 2008 ist sie der Auffassung, nicht der Beruf der Verkäuferin, sondern die Tätigkeit als Briefzustellerin sei als bisheriger Beruf im rentenrechtlichen Sinne zugrunde zu legen. Die zuvor ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin sei aus anderen als gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden. Der Beruf der Briefzustellerin sei nicht den Facharbeiterberufen zuzuordnen. Die Klägerin sei lediglich drei Tage angelernt worden, habe eine Prüfung nicht absolviert und sei tariflich in eine Entgeltgruppe eingestuft gewesen, die nicht nur ausgebildete Fachkräfte erfasse. Daher sei die Tätigkeit in die Gruppe des Mehrstufenschemas einzustufen, die dem Leitberuf der so genannten "Angelernten" entspreche. Ihr sei allenfalls der Berufsschutz der oberen Anlernebene zuzubilligen. Sie könne daher auf Tätigkeiten der unteren Anlernebene mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten verwiesen werden. Sie könne noch körperlich leichte Tätigkeiten im Haltungswechsel mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, insbesondere aus der Postzustellertätigkeit, reichten aus, um die Klägerin auf eine Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Poststelle eines Betriebs, Unternehmens oder einer Behörde, beispielhaft nach der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD), zu verweisen. Bei der Tätigkeit einer Mitarbeiterin in der Poststelle handle es sich um eine körperlich leichte Tätigkeit, die in wechselnder Körperhaltung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen verrichtet werde. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte verschiedene Sachverständigenaussagen vorgelegt (Auskunft der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Hessen, vom 14. Februar 2006, Auskunft der berufskundlichen Sachverständigen J. vom 16. Februar 2002 und Auskunft des berufskundlichen Sachverständigen Ro. vom 30. März 2000; vgl. Bl. 8 bis 63 der LSG-Akte).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin komme aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht in Frage, da diese Tätigkeit durch Sortieren und Verteilen geprägt sei. Anderweitige Tätigkeiten könne sie ebenfalls nicht mehr ausüben, auch nicht die einer Pförtnerin. Sie sei in regelmäßiger therapeutischer Behandlung. Ihr Therapeut sei der Auffassung, ihre Wirbelsäule sei eine "tickende Zeitbombe". Durch die Sporne, welche sich durch die Spondylarthrose bildeten, könne es jederzeit passieren, dass die Nerven eingeklemmt würden. Zu so einem Vorfall sei es im Dezember 2006 gekommen, sodass sie sich selbst mit Krücken nicht mehr habe bewegen können. Sie sei in ihrer Wohnung nochmals zweimal zusammengebrochen. Dies sei bei leichten Tätigkeiten im Haushalt passiert. In so einem Moment könne ihr niemand helfen, da jede Bewegung nur noch schlimmere Schmerzen verursache. Dies könne jederzeit passieren, egal ob im Sitzen, Stehen oder beim Laufen. Der Auslöser könne eine alltägliche Bewegung sein. Jedenfalls sei die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle mit Zwangshaltungen verbunden. Es sei auch nicht realistisch, dass Transporttätigkeiten von speziellen Mitarbeitern übernommen würden. Der Transport zur Poststelle bzw. zum Postamt führe dazu, dass Gegenstände mit mehr als fünf kg gehoben werden müssten. Diese Tätigkeit sei für sie nicht leidensgerecht. Im Übrigen werde bestritten, dass der allgemeine Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze bzw. offene Stellen für eine Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle biete. Insofern solle die Bundesagentur für Arbeit gehört werden.
Der Senat hat die Beteiligten auf mehrere Entscheidungen des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg im Hinblick auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle hingewiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Reha- und Rentenakte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vom 01. März 2005 bis 29. Februar 2008 zu bewilligen. Der Klägerin steht für die streitige Zeit kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Der Bescheid der Beklagten vom 15. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Juni 2005 ist im Ergebnis rechtmäßig.
Da nur die Beklagte Berufung eingelegt hat, ist im Berufungsverfahren allein darüber zu entscheiden, ob die Klägerin ab 01. März 2005 bis 29. Februar 2008 Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
2. Der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beurteilt sich nach § 240 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl. I, S. 1827). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Die Klägerin ist am 30. November 1960 und damit vor dem 02. Januar 1961 geboren. Die sonstigen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 SGB VI sind zwar gegeben. Die Klägerin ist jedoch nicht berufsunfähig.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Belastbarkeit der Klägerin ist aufgrund von Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule eingeschränkt. Die Klägerin leidet an einem degenerativen pseudoradikulären Lumbalsyndrom ohne Ausfälle bei Kyphoskoliose und Aufbaustörung des lumbosakralen Übergangs, an einem pseudoradikuläre Cervicodorsalsyndrom bei Wirbelsäulenfehlstatik und an einer Chondromalazie Grad I (rechts mehr als links). Dies ergibt sich aus den Gutachten des Dr. R. vom 17. September 2004 sowie des Dr. M. vom 07. April 2005 und wird bestätigt durch das Gutachten des Dr. Ha., der zusätzlich einen kleinen Bandscheibenprolaps L5/S1 rechts und eine relative spinale Stenose mit Maximum L5/S1 diagnostiziert hat. Wesentlich abweichende Befunde werden von den behandelnden Ärzten nicht beschrieben.
Die Klägerin kann unter Berücksichtigung der bestehenden orthopädischen Gesundheitsstörungen leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn kg sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Fließbandarbeiten, Arbeiten in Wechsel- und Nachtschichten sowie Arbeiten unter Einfluss von Hitze, Kälte, Zugluft und Nässe. Des Weiteren sind Arbeiten im Freien und Arbeiten unter Staub-, Gas- und Dampfeinwirkung nicht leidensgerecht. Zu vermeiden sind darüber hinaus Arbeiten mit seitlicher Rumpffehlbelastung und anhaltenden Überkopfarbeiten. Schwere körperliche Arbeiten können nicht mehr verrichtet werden. Dies entnimmt der Senat den genannten Gutachten.
Psychopathologisch ist die Klägerin als stabil einzustufen, sodass sie aus nervenärztlicher Sicht keinen Einschränkungen bei der Ausübung leichter bis mittelschwerer Tätigkeiten unterliegt. Dies entnimmt der Senat dem nervenärztlichen Gutachten des Dr. M. vom 07. April 2005.
Ob die Klägerin mit den Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit ihren zuletzt ausgeübten Beruf als Verkäuferin noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann, kann der Senat letztlich offenlassen. Denn sie ist zumindest noch in der Lage, die ihr medizinisch und sozial zumutbare Verweisungstätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin zu verrichten.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs (vgl. hierzu zuletzt Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 09. Oktober 2007 B 5b/8 KN 2/07 R - in juris veröffentlicht). Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Wurden mehrere Berufe ausgeübt, ist regelmäßig der Hauptberuf zu ermitteln.
Der Umstand, dass sich die Klägerin bei der Deutschen Post AG um eine Vollzeitstelle beworben hat, spricht dafür, dass sie sich von ihrem erlernten Beruf (Verkäuferin) gelöst hat. Die zuvor ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin und Filialleiterin hat die Klägerin wegen Erziehung ihres Kindes aufgegeben. Der Senat kann vorliegend aber offenlassen, ob als Hauptberuf die Tätigkeit als Verkäuferin oder die Tätigkeit als Briefzustellerin anzusehen ist. Denn in beiden Fällen kann die Klägerin im Hinblick auf das von der Rechtsprechung entwickelte Mehrstufenschema (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; zuletzt BSG, Urteil vom 09. Oktober 2007 - B 5b/8 KN 2/07 R - in juris veröffentlicht) auf die Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin medizinisch und sozial zumutbar verwiesen werden. Selbst wenn man die Tätigkeit als Verkäuferin als Hauptberuf ansehen würde, könnte diese allenfalls der Gruppe der Facharbeiter zugeordnet werden. Die Klägerin kann damit sozial zumutbar auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden. Die Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin ist einem gelernten Facharbeiter sozial zumutbar, wie das LSG Baden-Württemberg bereits entschieden hat (vgl. z.B. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Juli 2006 - L 10 R 953/05-). Arbeitsplätze sind in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Dies entnimmt der Senat der von der Beklagten vorgelegten Auskunft der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Hessen, vom 14. Februar 2006. Der Senat musste daher diesbezüglich keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen anstellen.
Die Tätigkeit als Mitarbeiterin in einer Poststelle kann - entsprechend den qualitativen Einschränkungen der Klägerin - im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen verrichtet werden. Soweit es um das dem Mitarbeiter einer Poststelle regelmäßig obliegende Fertigmachen der auslaufenden Post und die Bearbeitung der eingehenden Post geht, handelt es sich um leichte körperliche Tätigkeiten, die der Klägerin noch zuzumuten sind. Zwar müssen Pakete oder Körbe mit Postsendungen gehoben oder getragen werden, die mehr als fünf kg wiegen können; solche Transporttätigkeiten sind jedoch nach Überzeugung des Senats nicht typisch für die Tätigkeit der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle nur von speziell dafür bestimmten Mitarbeitern wahrzunehmen ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Mai 2008 - L 4 R 5212/05 -). Im Übrigen ist die Klägerin noch in der Lage, Lasten bis zu zehn kg zu heben und zu tragen. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. Ha ... Im Hinblick auf die von der Klägerin zeitweise ausgeübte Tätigkeit einer Briefzustellerin vermag der Senat auch nicht festzustellen, dass die Klägerin eine Tätigkeit in der Poststelle nicht innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten verrichten könnte.
Soweit die Klägerin geltend macht, ihre Wirbelsäule sei eine "tickende Zeitbombe" und es könnten jederzeit Schmerzen auftreten, ist darauf hinzuweisen, dass akute Schmerzen in der Regel nur zu einer zeitweisen Arbeitsunfähigkeit führen, nicht jedoch zu einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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