Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 856/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 4162/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. September 2005 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 6. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2004 verurteilt, dem Kläger ab 1. Dezember 1999 eine bis 30. November 2008 befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene Kläger hat keinen Ausbildungsberuf erlernt; eine am 8. August 1977 begonnene Ausbildung zum Friseur brach er am 13. Februar 1978 ab. Anschließend war er als Versand- und Produktionsarbeiter bei der Firma N. in W. beschäftigt, das Arbeitsverhältnis wurde seitens des Arbeitgebers mit Wirkung zum 1. Juli 2000 gekündigt.
Zuvor hatte der Kläger am 1. März 1999 bei der damaligen LVA B. medizinische Leistungen zur Rehabilitation beantragt. Ihm war daraufhin ein stationäres Heilverfahren in der Reha-Klinik H. in B. bewilligt worden. Nach Abschluss des in der Zeit vom 6. Mai bis 10. Juni 1999 durchgeführten Heilverfahrens hatte Dr. F. im ärztlichen Entlassungsbericht vom 6. Juli 1999 ausgeführt, der Kläger leide an einer chronisch rezidivierenden pseudoradikulären Lumboischialgie, an einer chronisch rezidivierenden pseudoradikulären Cervikobrachialgie, an einer übergewichtsmitbedingten sagittalen Fehlstatik bei muskulärer Dysbalance (Haltungsinsuffizienz) und an Adipositas. Darüber hinaus bestehe der Verdacht auf eine Spondylitis ankylosans mit fortgeschrittenen degenerativ-entzündlich-postentzündlichen HWS- und LWS-Veränderungen. Dem gesamten Krankheitsbild liege am ehesten eine systemisch entzündliche rheumatische Grunderkrankung zugrunde. Der Kläger sei allerdings noch in der Lage, sowohl in seiner letzten Berufstätigkeit als ungelernter Arbeiter als auch bezogen auf sonstige leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes weiterhin vollschichtig zu arbeiten. In der Folge gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rehabilitationsabklärung im Berufsförderungswerk B. W., die in der Zeit vom 19. März bis 6. April 2001 durchgeführt wurden. Nachdem der Kläger am 12. Oktober 2002 erneut einen Reha-Antrag gestellt hatte, erklärte sich die Beklagte mit Bescheid vom 3. Februar 2002 bereit, als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zu leisten. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. August 2002 ab, den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2003 zurück.
Am 26. Mai 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung trug er vor, er halte sich seit 26. Februar 1996 für erwerbsgemindert, er leide unter einem HWS-Syndrom, unter einem Bandscheibenschaden der unteren HWS und der LWS, unter einer Arthralgie des linken Arms, unter einer Coxarthrose und unter Adipositas. Zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts ließ die Beklagte den Kläger auf orthopädischem Fachgebiet von Dr. R. begutachten. Dieser führte in seinem Gutachten vom 26. Juli 2003 aus, der Kläger könne leichte Tätigkeiten ohne Rumpfvorneige, ohne häufiges Bücken, fortgesetzte Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten und Heben oder Tragen von Lasten über 12 kg arbeitstäglich noch sechs Stunden und länger verrichten. Mit Bescheid vom 6. August 2003 lehnte die Beklage den Rentenantrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie nach Beiziehung weiterer Befundberichte und Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme von Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. G. vom 16. Dezember 2003 (Bl. 171 bis 174 der Verwaltungsakten der Beklagten) mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2004 zurück.
Mit der am 26. März 2004 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und zur Begründung ein Attest seines behandelnden Orthopäden D. vom 17. März 2004 vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, er schätze die maximale Arbeitszeit für leichte Arbeiten auf circa drei Stunden. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das SG hat zunächst den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. und den Orthopäden D. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. R. hat ausgeführt, eine Tätigkeit von sechs Stunden täglich könne der Kläger nicht verrichten (Aussage vom 21. Juni 2004; Bl. 18 der Klageakten des SG). Der Orthopäde D. hat in seiner Aussage vom 17. August 2004 (nun) ein zwei- bis dreistündiges Leistungsvermögen angenommen. Anschließend sind der Arzt für Orthopädie und Rheumatologie Prof. Dr. C. sowie der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Priv. Doz. Dr. W. mit der Erstattung medizinischer Sachverständigengutachten beauftragt worden. Prof. Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 5. November 2004 ausgeführt, er halte den Kläger noch für vollschichtig leistungsfähig. Demgegenüber hat Priv. Doz. Dr. W. in seinem Gutachten vom 6. April 2005 die Auffassung vertreten, der Kläger könne leichte Arbeiten nur für die Dauer von vier bis sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Nach Durchführung einer innerhalb von drei Monaten zu realisierenden Behandlung könne der Kläger allerdings wieder in der Lage sein, körperlich leichte Arbeiten sechs Stunden und länger zu verrichten. Mit Urteil vom 14. September 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Gegen das ihm gemäß Empfangsbekenntnis am 6. Oktober 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Oktober 2005 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er trägt vor, die vom SG vorgenommen Beweiswürdigung überzeuge nicht. Die sozialmedizinischen Beurteilungen der behandelnden Ärzte Dr. R. und D. sowie diejenige des Sachverständigen Priv. Doz. Dr. W. rechtfertigten sehr wohl die Gewährung der begehrten Erwerbsminderungsrente.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. September 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 6. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. März 2004 zu verurteilen, ihm ab 1. Mai 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und das Urteil des SG für zutreffend. Zur weiteren Begründung legt die Beklagte sozialmedizinische Stellungnahmen von Internist Dr. Be. und Internist Dr. L. vom 29. Mai 2006 bzw. vom 23. Januar 2008 vor. Wegen des Inhalts dieser Stellungnahmen wird auf Bl. 53/54 und 108 bis 110 der Berufungsakten des Senats verwiesen.
Der Senat hat eine schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. M. eingeholt und anschließend Dr. Ma. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. M. hat in seiner Aussage vom 16. April 2006 das Vorliegen eines wenigstens dreistündigen Leistungsvermögens verneint. Dr. Ma. hat in seinem Gutachten vom 14. August 2007 ebenfalls eine quantitative Leistungsminderung angenommen, das verbliebene Leistungsvermögen aber auf drei- bis unter sechsstündig eingeschätzt. Dieser Zustand bestehe im wesentlichen unverändert seit dem im Jahre 1999 absolvierten Heilverfahren.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG (S 10 RJ 856/04) und die Berufungsakten des Senats (L 13 R 4162/05) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist auch teilweise begründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ablehnende Bescheid vom 6. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. März 2004. Dieser erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in subjektiven Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Dezember 1999; insoweit ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 14. September 2005 begründet. Der Rentenanspruch besteht jedoch nicht auf Dauer, sondern lediglich befristet bis 30. November 2008.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden. Berufsunfähige Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, können nun gemäß § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen.
Gemäß § 302b Abs. 1 SGB VI besteht ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, der bereits am 31. Dezember 2000 bestanden hat, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, so lange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Gewährung dieser Leistungen maßgebend waren. Dementsprechend bleiben §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.) anwendbar, wenn sich bei Eintritt des Leistungsfalls der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 ergibt (vgl. §§ 99 ff. SGB VI). Dies gilt unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Rentenanspruch anerkannt wurde. Ergibt sich hingegen ein späterer Rentenbeginn findet das neue Recht (§§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung) Anwendung (vgl. hierzu Jörg in Kreikebohm, SGB VI, § 302b Rdnr. 3). Im Fall des Klägers richtet sich der Rentenanspruch noch nach altem Recht, denn in seinem Fall ergibt sich unter Zugrundelegung eines im Mai 1999 eingetretenen Leistungsfalls und des am 1. März 1999 gestellten, gemäß § 116 SGB VI als Rentenantrag zu wertenden Antrags auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein vor dem 1. Januar 2001 liegender Rentenbeginn; da die Rente zu befristen ist, beginnt sie am 1. Dezember 1999.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI a. F. haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sowie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und erwerbsunfähig sind; entsprechende Regelungen sind in § 43 Abs. 1 SGB VI a. F. für die Rente wegen Berufsunfähigkeit vorgesehen. Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 1. Halbsatz 1 SGB VI a. F. sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630 DM übersteigt. Berufsunfähig sind nach allen Fassungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI - geändert erst durch die Einführung der neuen Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI ab 1. Januar 2001 - Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI a. F.). Zu beachten sind außerdem die Vorschrift der §§ 43 Abs. 2 Satz 4, 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB VI vom 2. Mai 1996 (BGBl. I S. 659; vgl. BSGE 78, 207, 212; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 52); danach ist bei vollschichtigem Leistungsvermögen die jeweilige Arbeitsmarktlage grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (vgl. dazu allgemein BSG - Großer Senat - BSGE 80, 24 ff).
Der Kläger hat - worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht - nicht nur die allgemeine Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 SGB VI), sondern auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigket erfüllt (vgl. (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a. F.). Letzteres gilt nicht nur für einen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung (26. Mai 2003) eingetretenen Leistungsfall, sondern erst Recht unter Zugrundelegung einer im Mai 1999 eingetretenen Leistungsminderung; denn bis zu diesem Zeitpunkt sind seit August 1977 sämtliche Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Darüber hinaus ist er Kläger auch erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. Nach dem Ergebnis der im Verlauf des Berufungsverfahrens durchgeführten Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger jedenfalls seit dem in der Zeit vom 6. Mai bis 10. Juni 1999 in der Reha-Klinik H. in B. durchgeführten Heilverfahren nicht mehr in der Lage ist, selbst leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Der Senat schließt sich insoweit der sozialmedizinischen Beurteilung des im Verlauf des Berufungsverfahrens beauftragten Sachverständigen Dr. Ma. in seinem Gutachten vom 14. August 2007 an. Wie Dr. Ma. in seinem aufgrund am 14. August 2007 durchgeführter Untersuchung erstatteten Gutachten nachvollziehbar und schlüssig dargelegt hat, steht im Vordergrund der das Leistungsvermögen einschränkenden Erkrankungen des Klägers eine entzündliche Wirbelsäulenerkrankung im Sinne einer sog. undifferenzierten Spondylarthritis sowie eine chronische Schmerzerkrankung, die einer klassischen somatisch betonten Form einer Fibromyalgie entspricht und als sekundäre Form einzuschätzen ist. In der Summe wirken sich diese Erkrankungen dergestalt limitierend auf das berufliche Restleistungsvermögen aus, als dem Kläger selbst die Verrichtung leichter körperlicher Arbeiten, die vorwiegend im Sitzen verrichtet werden können, nicht in einem vollschichtigen Umfang möglich ist. Der Kläger kann zwar noch mindestens halbschichtig arbeiten; einen wenigstens sechsstündigen Umfang erreicht das Leistungsvermögen hingegen nicht. Den seitens der Beklagten insoweit gegen das Gutachten von Dr. Ma. erhobenen Einwänden vermochte sich der Senat nicht anzuschließen. In seiner sozialmedizinischen Beurteilung stimmt der vom Senat beauftragte Sachverständige mit derjenigen von Priv. Doz. Dr. W. in dessen Gutachten vom 6. April 2005 überein. Priv. Doz. Dr. W. hatte dem Kläger ebenfalls eine unter sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten attestiert. Letztlich haben auch die als sachverständige Zeugen gehörten behandelnden Ärzte Dr. R., D. und Dr. M. ein auch quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen des Klägers angenommen. Angesichts dieser in der Verneinung eines vollschichtigen Restleistungsvermögens übereinstimmenden Einschätzungen vermag der Einwand von Dr. L. in seiner für die Beklagte erstellten sozialmedizinischen Stellungnahme vom 23. Januar 2008, Dr. Ma. habe den beim Kläger vorliegenden Leidensdruck überbewertet, nicht zu überzeugen. Dass Dr. R. und Prof. Dr. C. in ihren Gutachten vom 26. Juli 2003 bzw. 5. November 2004 zu einer abweichenden Beurteilung gelangt sind, steht der Überzeugungskraft des Gutachtens von Dr. Ma. nicht entgegen. Dr. R. und Prof. Dr. C. haben das Leistungsvermögen des Klägers aus rein orthopädischer Sicht beurteilt und sind auf dieser Grundlage zu ihrer Einschätzung, der Kläger könne noch sechs Stunden arbeitstäglich und länger erwerbstätig sein, gelangt. Diese Beurteilung steht, soweit sie das orthopädische Fachgebiet betrifft derjenigen von Dr. Ma. nicht entgegen; auch Dr. Ma. hat den Kläger allein unter Zugrundelegung der somatischen Befunde noch für fähig gehalten, sechs Stunden täglich zu arbeiten, das Leistungsvermögen aber bei einer integrierenden Betrachtung sämtlicher Fachgebiete überzeugend als auf ein eindeutig unter sechsstündiges Maß abgesunken gewertet.
Der Senat schließt sich auch insoweit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Ma. an, als dieser eine ununterbrochene Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in dem oben dargelegten Umfang bereits seit dem in der Zeit vom 6. Mai bis 10. Juni 1999 vom Kläger absolvierten Heilverfahren angenommen hat. Der Sachverständige hat dies überzeugend damit begründet, dass die entzündlich-rheumatische Erkrankung im Prinzip schon während des Heilverfahrens diagnostiziert worden und auch die generalisierte Schmerzerkrankung bereits seit Ende der 90er Jahre vorhanden sei. Dementsprechend geht der Senat von einem im Mai 1999 eingetretenen Leistungsfall aus.
Da somit feststeht, dass der Kläger jedenfalls seit Beginn des Heilverfahrens nicht mehr vollschichtig arbeiten kann, ist der Kläger seit diesem Zeitpunkt erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F. Das Leistungsvermögen des Klägers ist zwar nicht in dem vom Tatbestand dieser Norm geforderten Ausmaß eingeschränkt, wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes ist es dem Kläger aber nicht möglich, sein verbliebenes, jedenfalls halbschichtiges Restleistungsvermögen auf dem (Teilzeit-) Arbeitsmarkt zu verwerten. In Anwendung des § 116 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI ist der am 1. März 1999 gestellte Antrag auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Rentenantrag zu werten; die durchgeführte medizinische Rehabilitiationsmaßnahme ist, wie sich aus dem oben Dargelegten ergibt, nämlich nicht erfolgreich gewesen, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert hat. In Anwendung der § 99 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 1, 102 Abs. 2 Satz 3 SGB VI ergibt sich als Rentenbeginn der 1. Dezember 1999. Da der Rentenanspruch von der jeweiligen Arbeitsmarktlage abhängig ist, wird die Rente nicht auf Dauer sondern lediglich befristet geleistet (§ 102 Abs. 2 Satz 1 und 4 SGB VI). Da die nach § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI höchstmögliche Zeitdauer für eine Befristung (drei Jahre) im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat bereits abgelaufen ist, war die Befristung (zweimal) zu wiederholen (§ 102 Abs. 2 Satz 3 SGB VI) und die Beklagte dementsprechend zur Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bis 30. November 2008 zu verurteilen. Darüber hinaus steht dem Kläger (auch) eine Rene wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI a. F. nicht auf Dauer zu, denn auch dieser Rentenanspruch kommt nicht unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene Kläger hat keinen Ausbildungsberuf erlernt; eine am 8. August 1977 begonnene Ausbildung zum Friseur brach er am 13. Februar 1978 ab. Anschließend war er als Versand- und Produktionsarbeiter bei der Firma N. in W. beschäftigt, das Arbeitsverhältnis wurde seitens des Arbeitgebers mit Wirkung zum 1. Juli 2000 gekündigt.
Zuvor hatte der Kläger am 1. März 1999 bei der damaligen LVA B. medizinische Leistungen zur Rehabilitation beantragt. Ihm war daraufhin ein stationäres Heilverfahren in der Reha-Klinik H. in B. bewilligt worden. Nach Abschluss des in der Zeit vom 6. Mai bis 10. Juni 1999 durchgeführten Heilverfahrens hatte Dr. F. im ärztlichen Entlassungsbericht vom 6. Juli 1999 ausgeführt, der Kläger leide an einer chronisch rezidivierenden pseudoradikulären Lumboischialgie, an einer chronisch rezidivierenden pseudoradikulären Cervikobrachialgie, an einer übergewichtsmitbedingten sagittalen Fehlstatik bei muskulärer Dysbalance (Haltungsinsuffizienz) und an Adipositas. Darüber hinaus bestehe der Verdacht auf eine Spondylitis ankylosans mit fortgeschrittenen degenerativ-entzündlich-postentzündlichen HWS- und LWS-Veränderungen. Dem gesamten Krankheitsbild liege am ehesten eine systemisch entzündliche rheumatische Grunderkrankung zugrunde. Der Kläger sei allerdings noch in der Lage, sowohl in seiner letzten Berufstätigkeit als ungelernter Arbeiter als auch bezogen auf sonstige leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes weiterhin vollschichtig zu arbeiten. In der Folge gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rehabilitationsabklärung im Berufsförderungswerk B. W., die in der Zeit vom 19. März bis 6. April 2001 durchgeführt wurden. Nachdem der Kläger am 12. Oktober 2002 erneut einen Reha-Antrag gestellt hatte, erklärte sich die Beklagte mit Bescheid vom 3. Februar 2002 bereit, als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zu leisten. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. August 2002 ab, den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2003 zurück.
Am 26. Mai 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung trug er vor, er halte sich seit 26. Februar 1996 für erwerbsgemindert, er leide unter einem HWS-Syndrom, unter einem Bandscheibenschaden der unteren HWS und der LWS, unter einer Arthralgie des linken Arms, unter einer Coxarthrose und unter Adipositas. Zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts ließ die Beklagte den Kläger auf orthopädischem Fachgebiet von Dr. R. begutachten. Dieser führte in seinem Gutachten vom 26. Juli 2003 aus, der Kläger könne leichte Tätigkeiten ohne Rumpfvorneige, ohne häufiges Bücken, fortgesetzte Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten und Heben oder Tragen von Lasten über 12 kg arbeitstäglich noch sechs Stunden und länger verrichten. Mit Bescheid vom 6. August 2003 lehnte die Beklage den Rentenantrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie nach Beiziehung weiterer Befundberichte und Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme von Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. G. vom 16. Dezember 2003 (Bl. 171 bis 174 der Verwaltungsakten der Beklagten) mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2004 zurück.
Mit der am 26. März 2004 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und zur Begründung ein Attest seines behandelnden Orthopäden D. vom 17. März 2004 vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, er schätze die maximale Arbeitszeit für leichte Arbeiten auf circa drei Stunden. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das SG hat zunächst den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. und den Orthopäden D. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. R. hat ausgeführt, eine Tätigkeit von sechs Stunden täglich könne der Kläger nicht verrichten (Aussage vom 21. Juni 2004; Bl. 18 der Klageakten des SG). Der Orthopäde D. hat in seiner Aussage vom 17. August 2004 (nun) ein zwei- bis dreistündiges Leistungsvermögen angenommen. Anschließend sind der Arzt für Orthopädie und Rheumatologie Prof. Dr. C. sowie der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Priv. Doz. Dr. W. mit der Erstattung medizinischer Sachverständigengutachten beauftragt worden. Prof. Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 5. November 2004 ausgeführt, er halte den Kläger noch für vollschichtig leistungsfähig. Demgegenüber hat Priv. Doz. Dr. W. in seinem Gutachten vom 6. April 2005 die Auffassung vertreten, der Kläger könne leichte Arbeiten nur für die Dauer von vier bis sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Nach Durchführung einer innerhalb von drei Monaten zu realisierenden Behandlung könne der Kläger allerdings wieder in der Lage sein, körperlich leichte Arbeiten sechs Stunden und länger zu verrichten. Mit Urteil vom 14. September 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Gegen das ihm gemäß Empfangsbekenntnis am 6. Oktober 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Oktober 2005 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er trägt vor, die vom SG vorgenommen Beweiswürdigung überzeuge nicht. Die sozialmedizinischen Beurteilungen der behandelnden Ärzte Dr. R. und D. sowie diejenige des Sachverständigen Priv. Doz. Dr. W. rechtfertigten sehr wohl die Gewährung der begehrten Erwerbsminderungsrente.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. September 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 6. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. März 2004 zu verurteilen, ihm ab 1. Mai 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und das Urteil des SG für zutreffend. Zur weiteren Begründung legt die Beklagte sozialmedizinische Stellungnahmen von Internist Dr. Be. und Internist Dr. L. vom 29. Mai 2006 bzw. vom 23. Januar 2008 vor. Wegen des Inhalts dieser Stellungnahmen wird auf Bl. 53/54 und 108 bis 110 der Berufungsakten des Senats verwiesen.
Der Senat hat eine schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. M. eingeholt und anschließend Dr. Ma. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. M. hat in seiner Aussage vom 16. April 2006 das Vorliegen eines wenigstens dreistündigen Leistungsvermögens verneint. Dr. Ma. hat in seinem Gutachten vom 14. August 2007 ebenfalls eine quantitative Leistungsminderung angenommen, das verbliebene Leistungsvermögen aber auf drei- bis unter sechsstündig eingeschätzt. Dieser Zustand bestehe im wesentlichen unverändert seit dem im Jahre 1999 absolvierten Heilverfahren.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG (S 10 RJ 856/04) und die Berufungsakten des Senats (L 13 R 4162/05) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist auch teilweise begründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ablehnende Bescheid vom 6. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. März 2004. Dieser erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in subjektiven Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Dezember 1999; insoweit ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 14. September 2005 begründet. Der Rentenanspruch besteht jedoch nicht auf Dauer, sondern lediglich befristet bis 30. November 2008.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden. Berufsunfähige Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, können nun gemäß § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen.
Gemäß § 302b Abs. 1 SGB VI besteht ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, der bereits am 31. Dezember 2000 bestanden hat, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, so lange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Gewährung dieser Leistungen maßgebend waren. Dementsprechend bleiben §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.) anwendbar, wenn sich bei Eintritt des Leistungsfalls der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 ergibt (vgl. §§ 99 ff. SGB VI). Dies gilt unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Rentenanspruch anerkannt wurde. Ergibt sich hingegen ein späterer Rentenbeginn findet das neue Recht (§§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung) Anwendung (vgl. hierzu Jörg in Kreikebohm, SGB VI, § 302b Rdnr. 3). Im Fall des Klägers richtet sich der Rentenanspruch noch nach altem Recht, denn in seinem Fall ergibt sich unter Zugrundelegung eines im Mai 1999 eingetretenen Leistungsfalls und des am 1. März 1999 gestellten, gemäß § 116 SGB VI als Rentenantrag zu wertenden Antrags auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein vor dem 1. Januar 2001 liegender Rentenbeginn; da die Rente zu befristen ist, beginnt sie am 1. Dezember 1999.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI a. F. haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sowie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und erwerbsunfähig sind; entsprechende Regelungen sind in § 43 Abs. 1 SGB VI a. F. für die Rente wegen Berufsunfähigkeit vorgesehen. Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 1. Halbsatz 1 SGB VI a. F. sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630 DM übersteigt. Berufsunfähig sind nach allen Fassungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI - geändert erst durch die Einführung der neuen Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI ab 1. Januar 2001 - Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI a. F.). Zu beachten sind außerdem die Vorschrift der §§ 43 Abs. 2 Satz 4, 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB VI vom 2. Mai 1996 (BGBl. I S. 659; vgl. BSGE 78, 207, 212; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 52); danach ist bei vollschichtigem Leistungsvermögen die jeweilige Arbeitsmarktlage grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (vgl. dazu allgemein BSG - Großer Senat - BSGE 80, 24 ff).
Der Kläger hat - worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht - nicht nur die allgemeine Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 SGB VI), sondern auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigket erfüllt (vgl. (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a. F.). Letzteres gilt nicht nur für einen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung (26. Mai 2003) eingetretenen Leistungsfall, sondern erst Recht unter Zugrundelegung einer im Mai 1999 eingetretenen Leistungsminderung; denn bis zu diesem Zeitpunkt sind seit August 1977 sämtliche Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Darüber hinaus ist er Kläger auch erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. Nach dem Ergebnis der im Verlauf des Berufungsverfahrens durchgeführten Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger jedenfalls seit dem in der Zeit vom 6. Mai bis 10. Juni 1999 in der Reha-Klinik H. in B. durchgeführten Heilverfahren nicht mehr in der Lage ist, selbst leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Der Senat schließt sich insoweit der sozialmedizinischen Beurteilung des im Verlauf des Berufungsverfahrens beauftragten Sachverständigen Dr. Ma. in seinem Gutachten vom 14. August 2007 an. Wie Dr. Ma. in seinem aufgrund am 14. August 2007 durchgeführter Untersuchung erstatteten Gutachten nachvollziehbar und schlüssig dargelegt hat, steht im Vordergrund der das Leistungsvermögen einschränkenden Erkrankungen des Klägers eine entzündliche Wirbelsäulenerkrankung im Sinne einer sog. undifferenzierten Spondylarthritis sowie eine chronische Schmerzerkrankung, die einer klassischen somatisch betonten Form einer Fibromyalgie entspricht und als sekundäre Form einzuschätzen ist. In der Summe wirken sich diese Erkrankungen dergestalt limitierend auf das berufliche Restleistungsvermögen aus, als dem Kläger selbst die Verrichtung leichter körperlicher Arbeiten, die vorwiegend im Sitzen verrichtet werden können, nicht in einem vollschichtigen Umfang möglich ist. Der Kläger kann zwar noch mindestens halbschichtig arbeiten; einen wenigstens sechsstündigen Umfang erreicht das Leistungsvermögen hingegen nicht. Den seitens der Beklagten insoweit gegen das Gutachten von Dr. Ma. erhobenen Einwänden vermochte sich der Senat nicht anzuschließen. In seiner sozialmedizinischen Beurteilung stimmt der vom Senat beauftragte Sachverständige mit derjenigen von Priv. Doz. Dr. W. in dessen Gutachten vom 6. April 2005 überein. Priv. Doz. Dr. W. hatte dem Kläger ebenfalls eine unter sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten attestiert. Letztlich haben auch die als sachverständige Zeugen gehörten behandelnden Ärzte Dr. R., D. und Dr. M. ein auch quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen des Klägers angenommen. Angesichts dieser in der Verneinung eines vollschichtigen Restleistungsvermögens übereinstimmenden Einschätzungen vermag der Einwand von Dr. L. in seiner für die Beklagte erstellten sozialmedizinischen Stellungnahme vom 23. Januar 2008, Dr. Ma. habe den beim Kläger vorliegenden Leidensdruck überbewertet, nicht zu überzeugen. Dass Dr. R. und Prof. Dr. C. in ihren Gutachten vom 26. Juli 2003 bzw. 5. November 2004 zu einer abweichenden Beurteilung gelangt sind, steht der Überzeugungskraft des Gutachtens von Dr. Ma. nicht entgegen. Dr. R. und Prof. Dr. C. haben das Leistungsvermögen des Klägers aus rein orthopädischer Sicht beurteilt und sind auf dieser Grundlage zu ihrer Einschätzung, der Kläger könne noch sechs Stunden arbeitstäglich und länger erwerbstätig sein, gelangt. Diese Beurteilung steht, soweit sie das orthopädische Fachgebiet betrifft derjenigen von Dr. Ma. nicht entgegen; auch Dr. Ma. hat den Kläger allein unter Zugrundelegung der somatischen Befunde noch für fähig gehalten, sechs Stunden täglich zu arbeiten, das Leistungsvermögen aber bei einer integrierenden Betrachtung sämtlicher Fachgebiete überzeugend als auf ein eindeutig unter sechsstündiges Maß abgesunken gewertet.
Der Senat schließt sich auch insoweit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Ma. an, als dieser eine ununterbrochene Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in dem oben dargelegten Umfang bereits seit dem in der Zeit vom 6. Mai bis 10. Juni 1999 vom Kläger absolvierten Heilverfahren angenommen hat. Der Sachverständige hat dies überzeugend damit begründet, dass die entzündlich-rheumatische Erkrankung im Prinzip schon während des Heilverfahrens diagnostiziert worden und auch die generalisierte Schmerzerkrankung bereits seit Ende der 90er Jahre vorhanden sei. Dementsprechend geht der Senat von einem im Mai 1999 eingetretenen Leistungsfall aus.
Da somit feststeht, dass der Kläger jedenfalls seit Beginn des Heilverfahrens nicht mehr vollschichtig arbeiten kann, ist der Kläger seit diesem Zeitpunkt erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F. Das Leistungsvermögen des Klägers ist zwar nicht in dem vom Tatbestand dieser Norm geforderten Ausmaß eingeschränkt, wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes ist es dem Kläger aber nicht möglich, sein verbliebenes, jedenfalls halbschichtiges Restleistungsvermögen auf dem (Teilzeit-) Arbeitsmarkt zu verwerten. In Anwendung des § 116 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI ist der am 1. März 1999 gestellte Antrag auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Rentenantrag zu werten; die durchgeführte medizinische Rehabilitiationsmaßnahme ist, wie sich aus dem oben Dargelegten ergibt, nämlich nicht erfolgreich gewesen, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert hat. In Anwendung der § 99 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 1, 102 Abs. 2 Satz 3 SGB VI ergibt sich als Rentenbeginn der 1. Dezember 1999. Da der Rentenanspruch von der jeweiligen Arbeitsmarktlage abhängig ist, wird die Rente nicht auf Dauer sondern lediglich befristet geleistet (§ 102 Abs. 2 Satz 1 und 4 SGB VI). Da die nach § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI höchstmögliche Zeitdauer für eine Befristung (drei Jahre) im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat bereits abgelaufen ist, war die Befristung (zweimal) zu wiederholen (§ 102 Abs. 2 Satz 3 SGB VI) und die Beklagte dementsprechend zur Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bis 30. November 2008 zu verurteilen. Darüber hinaus steht dem Kläger (auch) eine Rene wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI a. F. nicht auf Dauer zu, denn auch dieser Rentenanspruch kommt nicht unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved