L 16 KR 94/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 8 (2) KR 5/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 94/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 13/08 BH
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
PKH-Antrag mit Beschluss beim BSG abgelehnt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 11. März 2002 wird zurückgewiesen. Die Klage bezüglich der Kostenerstattung für die Behandlung von September/Oktober 2002 (nebst Reisekosten) wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Erstattung von Kosten dreier Elektrostimulationstherapien (einschließlich Reisekosten), denen sich der Kläger 2001 bzw. 2002 im staatlichen Rehabilitationszentrum in Moskau / Russland unterzogen hat. Bei der Elektrostimulationstherapie nach Prof. Dr. B W wird bei Querschnittgelähmten und anderen Gehbehinderten mit Hilfe eines kurzen Stromimpulses eine Muskelzuckung ausgelöst, die bei einer hohen Wiederholungsrate zu einer Dauerkontraktion des Muskels führt. Dadurch sollen die verloren gegangenen Funktionen des Stehens, Gehens und Laufens wiederhergestellt bzw. verbessert werden.

Der am 00.00.1948 geborene Kläger leidet an einer schweren motorisch-spinalen QuerschTittssymptomatik mit schwerer Kyphoskoliose bei Zustand nach Aufrichtungsoperation im Jahre 1983. Seit Oktober 1981 ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen der Merkzeichen "G" (erhebliche Gehbehinderung), "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung), "H" (hilflos) und "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) festgestellt. Am 11.01.2001 beantragte er bei der Beklagten, bei der er gegen Krankheit versichert ist, zunächst die Übernahme der Kosten einer Beratung und Untersuchung durch Prof. W in Moskau, Russland, sowie von Reisekosten für ihn selbst sowie für eine Begleitperson. Zur Begründung bezog er sich auf ein Attest seines behandelnden Hausarztes Dr. T, Arzt für Allgemeinmedizin aus N, vom 22.12.2000, der die Behandlung des Klägers mittels der von Prof. W entwickelten modifizierten Elektrostromtherapie in Moskau befürwortete.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Westfalen-Lippe lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2001 die Kostenübernahme ab. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I 2266) lägen nicht vor. Sei danach eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich, könne die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen. In den Fällen des Absatzes 1 könne die Krankenkasse auch weitere Kosten für den Versicherten und für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen. Einer Behandlung im Ausland bedürfe es jedoch nicht. Vielmehr sei die Erkrankung des Klägers einer dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechenden Behandlung in Deutschland zugänglich, beispielsweise in der Neurologischen Universitätsklinik in N. Zudem stelle die Elektrostimulationstherapie nach Vitenson eine alternative Behandlungsmethode dar, deren therapeutische Wirksamkeit nicht nachgewiesen sei. Die Methode habe sich in der medizinischen Praxis nicht durchgesetzt.

Am 25.05.2001 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Münster erhoben. Er hat geltend gemacht, mit Behandlungen in der Universitätsklinik in N habe er in der Vergangenheit sehr schlechte Erfahrungen gemacht; sein Gesundheitszustand habe sich jeweils verschlimmert. Auch Behandlungen in Münster, Kassel, Homberg, Bad Wildungen, in London und New York seien ohne nennenswerten Erfolg verlaufen. Unter Bezugnahme auf eine beigefügte Videoaufzeichnung des Fernseh-Wissenschaftsmagazins "Galileo" vom 21.11.2000 und ein weiteres befürwortendes Attest von Dr. T vom 23.05.2001 hat er weiter vorgetragen, von der angestrebten Behandlung in Moskau sei eine komplette Erholung der beschädigten Motorik im Bereich der Wirbelsäule zu erwarten. In Deutschland gebe es ein entsprechendes Therapieangebot nicht.

Nach Durchführung der ersten beiden Therapieeinheiten in der Zeit vom 05.06.2001 bis zum 03.07.2001 und vom 14.01.2002 bis zum 14.02.2002 in Moskau hat der Kläger an Stelle der Sachleistung Erstattung der durch entsprechende Belege nachgewiesenen Kosten erstrebt. Unter Bezugnahme auf medizinische Unterlagen des Föderalen Wissenschaftlichen Zentrums für sozialmedizinische Gutachten und Rehabilitation hat er den individuellen Erfolg der Behandlung als weiteres Argument für die Verpflichtung der Beklagten zur Kostentragung herangezogen: Er sei zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung am 05.06.2001 mühsam an zwei Gehhilfen gelaufen. Nach täglich neunzehn Elektrostimulationen verschiedenster Muskeln hätten sich eine Verbesserung der Stabilität und Gehgeschwindigkeit von 0,86 km/h auf 2,02 km/h, der Schrittlänge von 0,67 m auf 1,22 m, des Schritttempos von 43 Schritten/min auf 55 Schritte/min, eine Normalisierung der kinematischen Charakteristik des Ganges in Form von Reduzierung des ausgeprägten Einknickens der Beine in den Kniegelenken, Verbesserung des Hüftwinkels sowie eine Verstärkung der Muskelfunktionen ergeben. Ergänzend hat der Kläger geltend gemacht, die Behandlung nach W entlaste die Beklagte in der Zukunft von erheblichen weiteren Behandlungskosten.

Der Kläger, der die Beklagte jeweils vorab über die bevorstehenden Behandlungsabschnitte unterrichtet hatte, hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn die Kosten für eine zweimalige Behandlung in 2001 und 2002 im Ausland in Form der Elektrostromtherapie in Moskau/Russland in Höhe von insgesamt 4.100 EUR zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den angefochtenen Bescheid als rechtmäßig erachtet und sich auf das bisherige Vorbringen bezogen. Auf die Erzielung guter Behandlungsergebnisse im Einzelfall lasse sich ein Anspruch auf Sachleistung bzw. Kostenerstattung nicht stützen.

Ergänzend hat das Sozialgericht per Internet Auskünfte über Prof. Dr. W sowie Berichte über die Behandlung von Querschnittslähmungen bei Elektrostimulation der gelähmten Muskeln, u. a. im Rahmen des Projektes der Orthopädischen Universitätskliniken in Heidelberg, eingeholt.

Mit Urteil vom 11.03.2002 hat das Sozialgericht sodann die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V bestehe nicht; denn bereits die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 SGB V seien nicht erfüllt. Die fachwissenschaftlich nicht als anerkannt anzusehende Behandlungsmethode von Prof. Dr. W lasse sich in ihrer Wirksamkeit und in ihren Risiken nicht abschließend bewerten. Es reiche nicht aus, dass im Einzelfall Behandlungserfolge erzielt worden seien, die sich jedoch wissenschaftlich nicht verifizieren ließen und statistisch nicht sicher belegt seien. Der Kläger könne im Übrigen mit anerkannten Behandlungsmethoden auch im Inland zumutbar therapiert werden. Experimentell werde an der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg im Rahmen eines Forschungsvorhabens die funktionelle Elektrostimulation als neuartige Behandlungsmethode seit 1998 u. a. zur Unterstützung eingeschränkter Gehfunktionen der unteren Extremitäten von querschnittsgelähmten Patienten angeboten. Eine Behandlung der Krankheiten des Klägers könne mit herkömmlichen Methoden aber auch u. a. an der Neurologischen Klinik der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, an der Klinik für manuelle Therapie in Hamm oder auch an anerkannten Fachkliniken, wie den berufsgenossenschaftlichen Unfallkliniken in Duisburg und Frankfurt/Main, erfolgen. Im Übrigen bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass keine andere Behandlungsmöglichkeit in Betracht komme. Da eine Kostenübernahme für die Hauptleistung - Elektrostimulationstherapie - nicht in Betracht komme, gelte dasselbe für die geltend gemachten Reisekosten.

Gegen das seinem damaligen Prozessbevollmächtigten am 20.03.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.04.2002 Berufung eingelegt.

Zur Begründung hat er ergänzend vorgetragen, auf die an der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg im Rahmen eines Forschungsvorhabens angewendete Elektrostimulation bei Querschnittsgelähmten könne er nicht verwiesen werden. Zum einen sei die dort praktizierte Methode nicht ausgereift; zum anderen bestünden sehr lange Wartelisten. In Deutschland habe er, wie die Vergangenheit zeige, nicht die Möglichkeit, gesund zu werden. Dagegen könne die Elektrostimulationstherapie nach W auf eine ca. dreißigjährige Tradition und entsprechende Heilungserfolge zurückblicken. Ergänzend hat sich der Kläger auf ein ärztliches Gutachten von Dr. M, Facharzt für Innere Medizin aus N, vom 25.05.2003 bezogen. Danach sei im Falle des Klägers keine andere adäquate Behandlung als die Elektrostimulationstherapie nach W ersichtlich, die ihm, Dr. M, aus seiner früheren Tätigkeit in Russland bekannt sei.

Bezüglich der dritten Therapieeinheit, der sich der Kläger in der Zeit vom 16.09.2002 bis zum 12.10.2002 unterzogen hat, hat dieser vorgetragen, es sei erneut zu einer entscheidenden Verbesserung seiner Mobilität gekommen. Wie die entsprechenden medizinischen Unterlagen belegten, sei es durch die Therapie zu einer Steigerung der elektrischen Muskelaktivität in den unteren Extremitäten gekommen. Dies habe eine Erhöhung der Stützfertigkeit und der Stabilität beim Gehen zur Folge gehabt. Nach täglichen Elektrostimulationen hätten sich folgende Veränderungen ergeben: Verbesserung der Stabilität und Gehgeschwindigkeit von 1,08 km/h auf 1,33 km/h, der Schrittlänge von 0,70 m auf 0,73 m, des Schritttempos von 52,3 Schritten/min auf 59,8 Schritte/min, Normalisierung der kinematischen Charakteristik des Ganges und Reduzierung des ausgeprägten Einknickens der Beine in den Kniegelenken, Verbesserung des Hüftwinkels sowie Verstärkung der Muskelfunktionen.

Der Kläger, der zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 31.08.2006 ordnungsgemäß geladen worden, aber nicht erschienen ist, hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 11.03.2002 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2001 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, an ihn insgesamt 6.150,00 EUR für die Kosten dreier sog. Elektrostimulationstherapien nach W am staatlichen Rehabilitationszentrum in Moskau/ Russland in den Jahren 2001 und 2002 einschließlich Reisekosten zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 11.03.2002 zurückzuweisen.

Sie hat das erstinstanzliche Urteil als zutreffend erachtet.

Zweitinstanzlich sind Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt worden. In seinem Befundbericht vom 28.11.2003 hat Dr. M mitgeteilt, die Behandlungen des Klägers im Rehabilitationszentrum in Moskau hätten zu einer Verbesserung der Sensibilität und Feinmotorik geführt. Seit dem Behandlungsabbruch sei allerdings wieder eine Verschlechterung eingetreten. Dr. N, Arzt für Neurologie und Psychiatrie aus N, hat unter dem 11.12.2003 als zusätzliche Erkrankung u. a. ein hirnorganisches Psychosyndrom diagnostiziert. Durch das subjektive Gefühl der Besserung nach erfolgter Behandlungen in Moskau habe sich im Sinne eines Placeboeffektes die psychische Situation des Klägers verbessert. Schließlich hat Dr. L, Arzt für Orthopädie aus N, unter dem 14.01.2004 aktuell ein mühsames, deutlich verschlechtertes Gangbild bei dem Kläger beschrieben, der an zwei Unterarmgehstützen eine maximale Strecke von einhundert bis zweihundert Metern zurücklegen könne.

Nachdem der Kläger eine körperliche Untersuchung verweigert hatte, ist zum vorliegenden und zu dem anhängig gewesen weiteren Verfahren (Az.: L 16 (5,2) KR 78/03, LSG NRW), bei dem es die Kostenübernahme für ein von Prof. Dr. W entwickeltes, zum ambulanten Einsatz im häuslichen Bereich bestimmtes Gerät zur Elektrostimulation von Muskeln bei Querschnittlähmung ging, ein neurologisches Gutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. U, Arzt für Neurologie und Nervenheilkunde, Leitender Oberarzt der Neurologischen Universitätsklinik, BG-Kliniken C in C, eingeholt worden. In seinem Gutachten vom 23.01.2006 hat der Sachverständige unter Auswertung der oben genannten medizinischen Berichte folgende Diagnose gestellt: Sensomotorisches Querschnittssyndrom mit inkompletter spastischer Paraparese und Blasenmastdarmstörungen. Primär sei die Querschnittslähmung mit einer konsequenten, regelmäßigen Krankengymnastik zu behandeln; gegebenenfalls könnten zusätzlich neuartige, zum Teil computergestützte Therapieverfahren auf experimenteller Basis zum Einsatz kommen, die auch in Deutschland, z. B. in den Zentren für Rückenmarksverletzte, zur Verfügung stünden. Die von Prof. Dr. W in Moskau angebotene Behandlungsmethode entspreche nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft. Die Therapie werde in Deutschland nicht in gleicher Weise angeboten, sondern nur von Prof. Dr. W selbst in Moskau. In Deutschland würden andere Geräte für die funktionelle Rehabilitation von Querschnittsgelähmten eingesetzt. Das bei dem Kläger diagnostizierte hirnorganisches Psychosyndrom schränke die Durchführung einer häuslichen Elektrostimulationstherapie ohnehin massiv ein. Welche Behandlung im Einzelnen für den Kläger in Betracht komme, könne nur nach einer körperlicher Untersuchung entschieden werden.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 16.05.2006 hat der Sachverständige ergänzt, dass Prof. Dr. W die Elektrostimulationstherapie zwar offensichtlich seit ca. dreißig Jahren anwende und darüber, wenn auch in eingeschränktem Maße, publiziere; dennoch habe sich diese Therapie noch nicht als Standardtherapie etabliert. Daran zeige sich deutlich, dass es sich weiterhin um ein experimentelles Verfahren handele.

Mit Urteil vom 31.08.2006 hat der Senat sodann die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 11. März 2002 zurückgewiesen und die Klage bezüglich der Kostenerstattung für die Behandlung von September / Oktober 2002 (nebst Reisekosten) abgewiesen. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Mit der Beschwerde hat sich der Kläger sodann bei dem Bundessozialgericht (BSG) gegen Nichtzulassung der Revision gewandt. Soweit er geltend gemacht hat, der erkennen-de Senat habe über den von ihm mit Schreiben vom 4.01.2004, 24.6.2004 und 29.08.2004 gestellten Ablehnungsantrag gegen den vom Gericht bestellten Sachverständigen Prof. Dr. U nicht förmlich entschieden und damit verfahrensfehlerhaft gehandelt, hat das BSG die Beschwerde mit Beschluss vom 24.05.2007 (Az.: B 1 KR 131/06 B) als zulässig und begründet angesehen, das Urteil des erkennenden Senates vom 31.08.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den erkennenden Senat zurückverwiesen. Der Kläger habe, so das BSG in der weiteren Begründung, in seinem wiederholten Ablehnungsgesuch deutlich gemacht, dass er den Sachverständigen offenbar aufgrund früherer Kontakte nicht für unvoreingenommen halte; er habe sich schon zwei Mal zu Untersuchungen und Rehabilitationsmaßnahmen in den BG-Kliniken Bergmannsheil befunden, sei dort aber nur unzureichend betreut worden. Ungeachtet dessen habe der erkennende Senat in der Sache entschieden, ohne zuvor über das Ablehnungsgesuch zu befinden. Er habe sich dabei auch auf das Sachverständigengutachten gestützt und wäre möglicherweise zu einer anderen Entscheidung gelangt, wenn ein anderer Sachverständiger zu anderen Ergebnissen gelangt wäre.

Der erkennende Senat hat sodann eine Stellungnahme des abgelehnten Sachverständigen unter Hinweis auf die vom Kläger vorgetragenen Gründe eingeholt. Prof. Dr. U hat sich nicht für befangen gehalten. Er selbst sei auch in der Vergangenheit nicht in die Behandlung des Klägers in den BG-Kliniken C einbezogen gewesen. Nach Einräumung einer Frist zur Stellungnahme hat der Senat sodann mit Beschluss vom 09.04.2008 das Gesuch des Klägers, den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. U wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zurückgewiesen.

Der Kläger, der sein Begehren weiterverfolgt, trägt ergänzend vor, er halte an dem Befangenheitsvorwurf gegen den Sachverständigen Prof. Dr. U fest; denn dieser habe "grob und absichtlich gelogen", als er behauptet habe, dass die Methode von Dr. W aus Moskau nicht weltweit bekannt sei und sich keine Hinweise auf die Methode in Datenbanken befänden. Er sieht das eingeholte Gutachten zudem nicht als ausreichend an. Der Sachverständige habe keine konkreten Behandlungsalternativen benannt. Er rege an, ein ergänzendes Gutachten von Prof. Dr. B T, Chefarzt der Neurochirurgischen Klinik am Clemenshospital in Münster, einzuholen, von dem er sich auch untersuchen lassen wolle.

Zu dem Termin zur erneuten mündlichen Verhandlung am 04.09.2008 ist der Kläger unter Bezugnahme auf ein ärztliches Attest von Dr. S L, Facharzt für Orthopädie aus N, vom 07.08.2008 nicht erschienen. Er hat seinen Prozessbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hinweisen lassen, dass nur er allein in der Lage sei, über seinen Zustand und die Auswirkungen auf den strittigen Fall sachgerecht vortragen zu können. Da ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten sei, von Münster nach Essen zu reisen, müsse ein Termin zur mündlichen Verhandlung des Senates in Münster stattfinden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 11.03.2002 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2001 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, an ihn insgesamt 6.150,00 EUR für die Kosten dreier sogenannter Elektrostimulationstherapien nach W am staatlichen Rehabilitationszentrum in Moskau/Russland in den Jahren 2001 und 2002 einschließlich Reisekosten zu zahlen.

Hilfsweise beantragt der Kläger,

zu den Beweisfragen 1. bis 6. aus der Beweisanordnung vom 31.03.2004 ein neuerliches Sachverständigengutachten von Amts wegen einzuholen von Prof. Dr. B T, Klinik für Neurochirurgie des D Hospitals GmbH N, E-weg 00, N.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 11.03.2002 zurückzuweisen.

Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Eine Notwendigkeit zu weiterer Sachverhaltsaufklärung sieht sie nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozess- sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Obwohl der Kläger zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.09.2008 nicht erschienen ist, ist der Senat nicht gehindert gewesen, in der Streitsache zu verhandeln und entscheiden; denn der - ohnehin ordnungsgemäß durch seinen Prozessbevollmächtigten vertretene - Kläger ist in der Ladung auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden (§ 153 Abs. 1 i. V. m. § 110 Abs. 1 SGG, § 126 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Es hat kein Anlass bestanden, die mündliche Verhandlung zu vertagen. Der Kläger hatte, abgesehen von der Vertretung durch seinen Prozessbevollmächtigten im Termin, hinreichend Gelegenheit, sich schriftsätzlich selbst bzw. über seinen Prozessbevollmächtigten rechtliches Gehör zu verschaffen. Im Übrigen ist dem Kläger wegen dessen gesundheitlicher Beeinträchtigungen vorab die Übernahme von Reisekosten auch für eine Begleitperson zugesagt worden, um ihm die von ihm gewünschte Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, die der Senat nicht für notwendig erachtet hat, zu ermöglichen. Warum er daran aus gesundheitlichen Gründen generell gehindert sein sollte, lässt sich dem vorgelegten Attest, das dazu keinerlei Angaben enthält, ohne dass es darauf ankäme, jedenfalls nicht entnehmen.

Die Berufung ist zulässig; insbesondere bestehen keine Bedenken, dass der Kläger erst im Berufungsverfahren die Kosten für die nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens durchgeführte dritte Therapieeinheit geltend gemacht hat. Darin liegt eine zulässige Klageerweiterung im Sinne von § 99 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht mit Urteil vom 11.03.2002 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2001 ist rechtmäßig. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten seiner in Russland durchgeführten Elektrostimulationstherapie-Einheiten sowie der geltend gemachten Nebenkosten - dies gilt auch für den in der Berufungsinstanz geltend gemachten dritten Therapieabschnitt - steht dem Kläger nicht zu.

Die in dem staatlichen Rehabilitationszentrum von Prof. Dr. W in Moskau/Russland in den Jahren 2001 und 2002 durchgeführten Behandlungseinheiten der Elektrostimulationstherapie erfüllen nicht die Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 18 Abs. 1 Satz 1 (in der hier noch maßgeblichen, bis 31.12.2003 geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 - BGBl I 2266) i. V. m. § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V.

Nach § 18 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 i. V. m. § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V kann eine Krankenkasse die Kosten einer notwendigen Behandlung einer Krankheit sowie weitere Kosten für den Versicherten und Kosten für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung nur im Ausland möglich ist. Die Regelung ermöglicht als Rechtsfolge nicht nur eine Kostenübernahme, sondern auch - nach entsprechender vorheriger Antragstellung und Ablehnung der Kostenübernahme durch die Krankenkasse - die hier begehrte Kostenerstattung (vgl. BSG Sozialrecht -SozR- 4-2500 § 18 Nr. 5; SozR 4-2500 § 18 Nr. 2; ferner SozR 4-2500 § 18 Nr. 1).

Dem Kostenerstattungsanspruch des Klägers nach § 18 Abs. 1 S. 1 SGB V steht zwar nicht entgegen, dass ein Versicherter vor Durchführung einer Auslandsbehandlung bei seiner Krankenkasse die Kostenübernahme beantragen, ihr Gelegenheit zur Prüfung geben und deren Entscheidung abwarten muss (vgl. BSG SozR- 4-2500 § 18 Nr. 5 und SozR 4-2500 § 18 Nr. 1); denn der Kläger hat die Behandlung in Moskau erst nach Erteilung des abschlägigen Bescheides durch die Beklagte aufgenommen.

Auch kann der Senat offen lassen, ob ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 SGB V voraussetzt, dass der Betroffene der Krankenkasse eine vertragsärztliche Verordnung für die Auslandsbehandlung vorlegt (dieses Erfordernis wohl verneinend: BSG SozR 4-2500 § 18 Nr. 5; offen lassend BSG SozR 4-2500 § 18 Nr. 2) und ob das Empfehlungsschreiben des Hausarztes eine solche ordnungsgemäße Verordnung darstellt.

Der Kostenerstattungsanspruch des Klägers scheitert jedenfalls aus anderen Gründen. Neben dem hier außer Streit befindlichen Vorliegen einer behandlungsbedürftigen und in Bezug auf die gesetzlichen Behandlungsziele des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V allgemein behandlungsfähigen Krankheit des Klägers müssen zwei weitere Voraussetzungen für die nach § 18 Abs. 1 S. 1 SGB V zu treffende Ermessensentscheidung der beklagten Krankenkasse gegeben sein, an denen es fehlt: Die in Russland durchgeführten Behandlungen müssten dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und darüber hinaus - kumulativ (vgl. schon BSG SozR 3-2500 § 18 Nr. 4) - dürften diese Behandlungen nur im Ausland möglich gewesen sein.

Bezüglich der ersten Tatbestandsvoraussetzung ist entscheidend, dass die Leistung im Ausland den Kriterien des in § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V geregelten Wissenschaftlichkeitsgebots zu entsprechen hat. Das wiederum ist der Fall, wenn die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Auch muss die Therapie in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (BSG SozR 3-2500 § 18 Nr. 4; BSG SozR 3-2500 § 18 Nr. 6). Eine Methode entspricht jedoch dann nicht dem gesetzlich geforderten Standard, wenn sie eng an die Person des Behandlers gebunden ist. Insoweit fehlt es nämlich an der wesentlichen Voraussetzung für eine wissenschaftliche Anerkennung: der Überprüfbar- und Wiederholbarkeit durch andere Fachleute (BSG SozR 3-2500 § 18 Nr. 4). Dadurch soll gesichert werden, dass dem Versicherten die an hohen aktuellen Maßstäben gemessenen und verfahrensmäßig gesicherten, das heißt diagnostisch und therapeutisch auf der Höhe der Zeit stehenden, insoweit also bestmöglichen, medizinischen Maßnahmen zugute kommen (Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Loseblattsammlung, Stand: August 2008, K § 18 Rn. 7).

An die wissenschaftliche Akzeptanz der angewandten Behandlungsmethode sind keine geringeren, aber auch keine höheren Anforderungen zu stellen als bei einer Behandlung im Inland (BSG SozR 3-2500 § 18 Nr. 4). Ohne Bedeutung ist bei Auslandsbehandlungen entgegen der Auffassung der Beklagten jedoch, ob sich der Gemeinsame Bundesausschuss zu der Behandlungsmethode bereits geäußert hat; denn das in § 135 SGB V beschriebene Anerkennungsverfahren bezieht sich nur auf Leistungen, die im Inland angeboten werden (BSG a. a. O.).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Kostenerstattungsanspruchs ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Behandlung (BSG SozR 3-2500 § 18 Nr. 6).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates fest, dass die im Ausland vom Kläger in Anspruch genommene Behandlung nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse genügt. Dies ergibt sich aus der gutachterlichen Stellungnahme von Frau Dr. I, MDK Westfalen-Lippe, sowie aus Gutachten und ergänzender Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. U. Diese haben nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass sich die Methode weder in anderen Rehabilitationseinrichtungen in Russland noch weltweit durchgesetzt habe. Bei den Veröffentlichungen handele es sich im Übrigen nicht um kontrollierte, im Einzelnen überprüfbare Studien, sondern lediglich um Berichte und Erfahrungswerte, die sich einer wissenschaftlich fundierten Beurteilung entzögen. Dabei stellt der Sachverständige keineswegs in Abrede, dass es im Einzelfall Erfolge im Sinne einer Besserung der Mobilität Rückenmarkverletzter geben mag. Dies reicht jedoch nicht aus, um den Leistungsanspruch eines gesetzlich Versicherten zu begründen. Der Senat vermag den vom Kläger vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen, dass sich die Methode allgemeiner Anerkennung berühmen könnte. Es handelt sich bei den vom Kläger genannten Quellen ausschließlich um Veröffentlichungen der vom Sachverständigen beschriebenen, nicht aussagekräftigen Art. Studien aussagekräftiger Evidenz, insbesondere Langzeitstudien über die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Methode, haben der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter ebenfalls nicht benennen können. Schließlich ergibt sich auch aus dem vom Kläger eingereichten Beitrag des Wissenschaftsmagazins "Galileo" nichts anderes. Zwar wird von etwa 5.000 erfolgreich behandelten Patienten in Moskau gesprochen, zugleich aber darauf hingewiesen, dass die Wirkungsmechanismen der Behandlungsweise noch nicht hinreichend erforscht seien. Deshalb entziehe sich die Methode einer abschließenden wissenschaftlichen Bewertung.

Der Argumentation des Klägers, die Methode habe bei ihm zu Behandlungsfortschritten geführt, ist, abgesehen davon, dass sie einen Leistungsanspruch ohnehin nicht rechtfertigen könnte, bereits entgegen zu halten, dass offensichtlich keine dauerhaften Erfolge eingetreten sind. Die mitgeteilten Messergebnisse der dritten Behandlungseinheit liegen deutlich unterhalb derjenigen, die bei Abschluss der ersten Einheit notiert wurden. Auch geht aus den Befundberichten der behandelnden Ärzte keineswegs hervor, dass seit 2002 eine deutliche Besserung eingetreten sei. Dr. N spricht gar von einem bloßen Placeboeffekt der Therapie nach W.

Der Senat hat sich auch nicht veranlasst gesehen, dem Antrag des Klägers auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 106 SGG von Prof. Dr. T zu folgen. Es ist nicht ersichtlich, zu welchen weiteren Erkenntnissen das Gutachten führen sollte. Die vom Kläger nunmehr in Aussicht gestellte Bereitschaft zur körperlichen Untersuchung vermag nach Einschätzung des Senates nicht zu weiteren Erkenntnissen zu führen; denn zu beurteilen ist ein Anspruch auf Kostenerstattung, bei dem die Sach- und Rechtslage zur Zeit der Behandlung maßgebend ist, mithin gerade nicht der aktuelle Gesundheitszustand des Klägers, wie er durch eine körperliche Untersuchung feststellbar wäre. Der Sachverständige Dr. U hatte im Übrigen auch nur deshalb auf die - damals leider verschlossene - Möglichkeit, weitere Erkenntnisse durch eine körperliche Untersuchung des Klägers zu gewinnen, hingewiesen, da er zur Erstattung eines Gutachtens zugleich zu dem anhängig gewesenen Parallelverfahren (Az.: L 16 KR 78/03, LSG NRW) aufgefordert war. Im Gegensatz zu dem vorliegenden Verfahren ging es dabei um einen - in die Zukunft gerichteten - Sachleistungsanspruch, bei dem u. a. der aktuelle Gesundheitszustand des Klägers zu berücksichtigen gewesen ist. Die auf beide Verfahren bezogenen Beweisfragen, auf die sich der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten bei dem Beweisantrag bezieht, sind daher, soweit sie sich auf Erkenntnisse nach Abschluss der Behandlung in Moskau beziehen, gar nicht geeignet, zur Sachaufklärung beizutragen. Der Senat sieht die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen und die damit verbundenen Funktionsbeeinträchtigungen zur Zeit der Durchführung der Behandlungen in Russland aufgrund der eingeholten Befundberichte und des Sachverständigengutachtens als hinreichend geklärt an.

Dem Anspruch auf Kostenerstattung steht schließlich auch die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 18 Abs. 1 S. 1 SGB V entgegen. Danach darf die Krankenkasse Kosten einer Auslandsbehandlung nicht übernehmen, wenn eine andere, gleich oder ähnlich Erfolg versprechende Behandlung der Krankheit im Inland möglich ist (BSG SozR 3-2500 § 18 Nr. 4, BSG SozR 4-2500 § 18 Nr. 5). Eine medizinische Versorgungslücke ist nur dann anzunehmen, wenn eine im Inland nicht behandelbare Krankheit im Ausland mit der erforderlichen Erfolgsaussicht behandelt werden kann, und nicht schon dann, wenn das außerhalb angebotene Leistungsangebot lediglich andere medizinische Maßnahmen umfasst, ohne im Ergebnis die Behandlungsmöglichkeiten für die beim Versicherten bestehende Krankheit entscheidend zu verbessern. Gibt es hingegen mehrere gleichwertige Behandlungsalternativen, können allein die im EU / EWR-Inland bestehenden Therapieangebote in Anspruch genommen werden (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr. 5). Der Inlandsbehandlung kommt nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen des auch für § 18 Abs. 1 S. 1 SGB V geltenden Wirtschaftlichkeitsgebotes gemäß § 12 Abs. 1 SGB V ebenfalls Vorrang zu, wenn das Leistungsangebot im Ausland wegen einer besonders modernen technischen Ausrüstung oder wegen des auch international herausragenden fachlichen Rufs eines bestimmten Arztes eine überdurchschnittliche Qualität aufweist; denn Spitzenmedizin ist nicht der Maßstab für die Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung. Die Krankenkassen schulden ihren Versicherten eine bedarfsgerechte und gleichmäßige Versorgung unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der medizinischen Wissenschaft und Technik. Leistungen sind dann zu gewähren, wenn sie zur Heilung und Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend sind (BSG SozR 3-2500 § 18 Nr. 4). Auf eine optimale, das heißt über den gesetzlichen Standard hinausgehende Versorgung, besteht hingegen grundsätzlich kein Anspruch (BSG SozR 5520 § 29 Nr. 3).

Gemäß den nachvollziehbaren Ausführungen des MDK sind bei der neurologischen Erkrankung des Klägers eine Diagnostik und Behandlung in Deutschland, beispielsweise in der Neurologischen Universitätsklinik in N, möglich. Auch aus dem insoweit nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen, dem der Senat folgt, ergibt sich, dass das Ansprechen der jeweils relevanten Muskelgruppe grundsätzlich auch auf andere Weise, z. B. über physiotherapeutische Maßnahmen oder mechanische Reize, möglich ist. Im Übrigen werden entsprechende computergestützte Trainingsverfahren zur Verbesserung des Gangbildes bei Querschnittsverletzungen, wie beispielsweise das System "Lokomat", sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz angewandt. Dass es sich bei der von Prof. W angebotenen Behandlungsmethode um eine gegenüber den alternativen Therapien eindeutig überlegene Methode handelt, ist ebenfalls nicht feststellbar. Selbst wenn sich bestätigen sollte, dass eine Therapiemöglichkeit für den Kläger wegen der großen Nachfrage an der Neurologischen Klinik N nicht unmittelbar zu verwirklichen gewesen wäre und längere Wartezeiten bestanden hätten, ergäbe sich daraus schließlich ebenfalls kein Anspruch des Klägers. In einem solchen Fall, wenn die Behandlung im Inland zwar an sich möglich ist, aber wegen fehlender Kapazitäten oder aus anderen Gründen nicht rechtzeitig erfolgen kann, würde der Ausnahmetatbestand des § 18 SGB V zwar greifen (BSG SozR 3-2500 § 18 Nr. 4). Allerdings hat der Senat nicht feststellen können, dass eine derartige Dringlichkeit der Behandlung bestanden hat, zumal auch andere Therapien, wie intensive Krankengymnastik, denkbar gewesen sind. Eine derartige Erforderlichkeit hat das BSG beispielsweise in dem Fall einer notwendigen Nierentransplantation verneint: Die Wartezeit in Deutschland könne insoweit durch eine dem allgemeinen Versorgungsstand entsprechende Dialysebehandlung überbrückt werden (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr. 2; Noftz, a. a.O., K § 18 Rn. 15). Weder der Kläger noch die befragten behandelnden Ärzte haben Gründe für eine medizinisch indizierte Dringlichkeit zu benennen vermocht noch sind diese sonst ersichtlich.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage schließlich auch insoweit abgewiesen, als es um die Erstattung der angefallenen Reisekosten geht. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 SGB V liegen nicht vor. Danach kann die Krankenkasse in den Fällen des Abs. 1 auch weitere Kosten für den Versicherten und für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen. Wie sich aus der Formulierung des Abs. 2 "in den Fällen des Absatzes 1" jedoch ergibt, dürfen Folgekosten einer Behandlung als akzessorische Leistungen nur übernommen werden, wenn die Krankenkasse auch die Behandlungskosten selber zu übernehmen verpflichtet ist. Da hier bereits die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung über die Hauptleistung nicht vorliegen, schließt dies die Übernahme der Folgekosten ebenfalls aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht. Die Frage nach den Therapiemöglichkeiten für ein einzelnes Leiden und nach dem darauf bezogenen krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsanspruch ist regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr. 9).
Rechtskraft
Aus
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