L 5 KR 82/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 23/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 82/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21. September 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger der am 28.08.2007 verstorbenen Versicherten H. S. die Erstattung der Kosten für die stationäre Behandlung in der L. Klinik in Höhe von 27.945,33 EUR.

Die 1938 geborene Versicherte erkrankte im Jahr 2000 an einem Ovarialkarzinom, das im März 2000 operiert wurde. Außerdem wurde im Jahr 2000 eine Chemotherapie durchgeführt. Bei ansteigenden Tumormarkern wurden im April 2002 Metastasen in der Milz-Region festgestellt. Von Dr. S. wurde eine erneute Chemotherapie mit Paclitaxel/Carboplatin empfohlen. Diese Behandlung wurde von der Versicherten jedoch nicht begonnen, vielmehr verordnete ihr Hausarzt Dr. D. am 24.05.2002 eine Krankenhausbehandlung als Notfallbehandlung und benannte als nächsterreichbare geeignete Klinik die onkologische L. Klinik. Bereits am 23.05.2002 war per Fax ein Antrag auf Kostenübernahme der L. Klinik eingegangen. Es sei eine Behandlung mit Hyperthermie und Chemotherapie vorgesehen. Dr. D. stellte eine Notwendigkeitsbescheinigung aus.

Die Beklagte hat zunächst telefonisch und dann mit Bescheid vom 28.05.2002 die Übernahme der Behandlungskosten abgelehnt, da es sich bei der L. Klinik nicht um ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne von §§ 108, 111 SGB V handele. Der Klägerin wurden mehrere wohnortnahe zugelassene Kliniken benannt, die eine Behandlung ihrer Erkrankung sicherstellen können.

Die L. Klinik zeigte die Aufnahme und stationäre Behandlung vom 04.06.2002 bis zum 20.06.2002 an. Die Versicherte legte mit Schreiben vom 24.06.2002 gegen den ablehnenden Bescheid Widerspruch ein. Sie verwies darauf, dass alle bisherigen Standardtherapien, auch in den von der Beklagten benannten Vertragseinrichtungen, dem stark progredienten Krankheitsverlauf nicht entgegenwirken konnten und es zu einer fortschreitenden lebensbedrohlichen Situation gekommen sei, so dass ein akuter Behandlungsbedarf bestand. Über die von ihr durchgeführte Therapie habe der Bundesausschuss noch nicht entschieden, so dass eine Einzelfallentscheidung möglich sei. Sie bitte deshalb nach § 13 Abs. 3 SGB V die Kosten zu erstatten. Eine Stellungnahme der L. Klinik war beigefügt.

Dr. M. vom MDK stellte aufgrund des Ovarialkarzinoms Stadium IV, Progredienz mit Lymphknotenvergrößerung im Milzhilusbereich die medizinische Notwendigkeit für eine Krankenhausbehandlung fest. Bei der von der Versicherten gewählten Hyperthermie in Kombination mit einer Chemotherapie handle es sich um eine noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode eines fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms. Das bedeute, diese Behandlung befinde sich noch im Stadium der Erprobung beziehungsweise Erforschung. In der Frauenklinik der LMU München werde derzeit eine wissenschaftliche Therapiestudie bezüglich der Ganzkörper-Hyperthermie in Kombination mit einer Chemotherapie durchgeführt. Es hätte vorab geprüft werden können, ob die Patientin nicht im Rahmen der wissenschaftlichen Therapiestudie dort hätte behandelt werden können. Die Notwendigkeit für eine Behandlung außerhalb einer Therapiestudie sei nicht zu begründen.

Die Beklagte teilte der Versicherten mit, dass nach Anhörung des MDK keine Kostenerstattung der in einer nicht zugelassenen Klinik durchgeführten Behandlung erfolgen könne.

Von Dr. D. wurde ein weiterer Aufenthalt in der Klinik L. verordnet, der am 07.07.2002 beginnen sollte. Die Klinik teilte mit, die bisherige Therapie sei gut vertragen worden und habe offensichtlich eine Stabilisierung der Erkrankung bewirkt. Die Versicherte beantragte für die voraussichtliche Dauer von zwei bis drei Wochen die Übernahme der Kosten bei der Beklagten.

Erneut lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten ab (Bescheid vom 02.07.2002), da es sich um eine wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handle und die aufgesuchte Klinik kein zugelassenes Krankenhaus sei.

Gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für die Zeit vom 07.07.2002 bis 18.07.2002 legte die Klägerin erneut Widerspruch ein. Zur Begründung des Widerspruchs legte Dr. D. dar, dass nur die Therapie wie sie in der L. Klinik durchgeführt werde für seine Patientin geeignet sei, da bei der Ganzkörperüberwärmung, wie sie in München Großhadern stattfinde, erhebliche Kreislaufprobleme bei der Versicherten auftreten würden. Die Klägerin beantragte für die am 02.09.2002 geplante Weiterbehandlung erneut die Übernahme der Kosten. Die Verordnung von Dr. D. fügte sie bei.

Im sozialmedizinischen Gutachten des MDK wurde ausgeführt, nach Auswertung aller vorliegenden medizinischen Unterlagen liege bei der Klägerin ein fortgeschrittenes Stadium einer aggressiven Tumorerkrankung vor. In der Vertragsmedizin stünden jedoch differenzierte wissenschaftlich anerkannte zweckmäßige und wirtschaftliche Behandlungsmöglichkeiten zur Therapie zur Verfügung, die nachweislich den Versicherten auch zugemutet werden können. Es könne den Unterlagen nicht entnommen werden, ob bei der Versicherten diese Möglichkeiten bereits ausgeschöpft wurden. Mangels einer kontrollierten Phase-III-Studie sei bisher nicht bekannt, ob eine Hyperthermiebehandlung in Verbindung mit einer Chemotherapie tatsächlich einen signifikanten Überlebensvorteil erbringen könne. Der Nutzen dieser Therapie müsse erst anhand von Untersuchungen nachgewiesen werden. Angesichts fehlender Vergleiche mit den jeweiligen Therapiestandards könne gegenwärtig deshalb eine Anwendung dieser Behandlungsmethode außerhalb von Studienprojekten nicht akzeptiert werden. Ein wissenschaftlicher Therapieversuch laufe an der Ludwig-Maximilians-Universität München, dort hätte die Klägerin betreut werden können. Aus diesen Gründen könne die Behandlung außerhalb einer Therapiestudie und in einer Klinik ohne Versorgungsvertrag nicht befürwortet werden.

Mit Bescheid vom 05.09.2002 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Behandlung ab 02.09.2002 ab.

Für die Weiterführung der Therapie ab 18.11.2002 beantragte die Versicherte erneut unter Vorlage der Verordnung von Dr. D. die Kostenübernahme (ablehnender Bescheid vom 25.11.2002).

Die Widersprüche gegen die ablehnenden Bescheide wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2003 zurück.

Dagegen richtet sich die zum Sozialgericht Augsburg erhobene Klage. Zur Begründung wurden die Rechnungen der L. Klinik über die Behandlungen vom 14.06.2002 bis 20.06.2002, 07.06.2002 bis 18.07.2002, 09.09.2002 bis 17.09.2002, 18.11.2002 bis 22.11.2002 und einer ambulanten Behandlung am 29.11.2002 vorgelegt. Die vom behandelnden Arzt für notwendig erachtete Therapie hätte in den von der Beklagten benannten Krankenhäusern nicht durchgeführt werden können, da dort lediglich Standardtherapien angewandt würden. Aufgrund ihres Gesundheitszustandes sei eine Notfallbehandlung erforderlich gewesen. Im Übrigen berufe sich die Beklagte zu Unrecht darauf, dass die Hyperthermie in Kombination mit einer Chemotherapie keine zweckmäßige Behandlungsart darstelle. Bereits im Behandlungszeitpunkt habe ein wissenschaftlich begründeter Nachweis der Wirksamkeit der Behandlungsmethode vorgelegen. Auch die Beklagte gestehe ein, dass eine wissenschaftliche Therapiestudie an der LMU München durchgeführt werde. Es habe sich bei der Behandlung der L. nicht um eine Ganzkörperhyperthermie sondern um eine Teilkörperhyperthermie gehandelt, die für den Gesamtorganismus weniger belastend sei.

Die Beklagte sah keine Veranlassung die Feststellungen des MDK in Zweifel zu ziehen. Die anfallenden Kosten im Rahmen der Erprobung neuer Behandlungsmethoden könnten nicht von den gesetzlichen Krankenkassen getragen werden. Im Übrigen hätten für die Behandlung der Klägerin geeignete Vertragskrankenhäuser zur Verfügung gestanden. Diese seien der Klägerin auch benannt worden.

Das Sozialgericht holte einen Befundbericht des Gynäkologen Dr. S. ein, der über die Tumor-Nachsorgeuntersuchung ab Mai 2002 berichtete und zahlreiche Arztbriefe beifügte. Ab Juli 2003 waren zystische Raumforderungen an der Milz und der linken Niere festgestellt worden. Dr. S. behandelte im Rahmen der Nachsorge, gleichzeitig wurden die geltend gemachten Behandlungen in der L. Klinik durchgeführt.

Nach Vortrag der Beklagten war die Wirksamkeit der Methode im Jahr 2002 wissenschaftlich noch nicht nachgewiesen. Im Übrigen habe die Versicherte keinen Rechtsanspruch auf bestimmte Leistungen gehabt. Die Leistung hätte nur in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgen können. Außerdem seien private Behandlungsverträge abgeschlossen worden.

Das Sozialgericht wies die Beteiligten darauf hin, dass der gemeinsame Bundesausschuss zwischenzeitlich die ambulante Behandlung durch Hyperthermie mit oder ohne Chemotherapie beraten und es abgelehnt habe, die Behandlungsmethode in die Anlage A zu § 135 SGB V aufzunehmen. Das Verfahren befinde sich noch im experimentellen Stadium, es bestünden keine einheitlichen Therapierichtlinien für die Behandlung. Ein Sachverständigengutachten sei daher nicht erforderlich.

Mit Urteil vom 21.09.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Behandlung nach § 13 Abs. 3 SGB V, da in einer Privatklinik behandelt wurde. Eine stationäre Behandlung in einer Privatklinik gehöre aber nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung. Stationäre Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V sei nur in zugelassen Vertragskliniken möglich. Die Kostenübernahme käme daher nur unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht. Dazu sei aber erforderlich, dass die Behandlung anerkannten medizinischen Erkenntnissen entspreche. Dies sei nach der Rechtsprechung des BSG nur dann der Fall, wenn über die Zweckmäßigkeit der Behandlung in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen Konsens bestehe. Die Behandlung müsse sich in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Fällen als erfolgreich erwiesen haben, was in der Regel durch wissenschaftlich einwandfrei geführte Statistiken belegt sein müsse. Dies treffe für die angewandte Behandlungsmethode nicht zu. Der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Hyperthermie sei dem zusammenfassenden Bericht des "Ausschusses ärztliche Behandlung" des gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V vom 15.06.2005 zu entnehmen. Darin wurden Publikationen zur Hyperthermie und zwar sowohl zur Ganzkörperhyperthermie als auch zur regionalen Tiefenhyperthermie und andere Verfahren ausgewertet. Der Bundesausschuss sei aber zum Ergebnis gelangt, dass nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens noch nicht valide belegt sei. Eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung wurde daher vom Bundesausschuss nicht empfohlen. Auch die Internetrecherche des Gerichts habe ergeben, dass die Hyperthermie im Rahmen von Studien an verschiedenen Zentren in Deutschland erprobt werde. Das Gericht sei deshalb davon überzeugt, dass noch kein Konsens in wissenschaftlichen Fachkreisen zur Wirksamkeit der Hyperthermie bestehe und damit im Jahr 2002, als die Behandlung erfolgte, erst recht kein solcher Konsens vorlag. Ein Sachverständigengutachten sei daher nicht erforderlich gewesen.

Dagegen richtet sich die Berufung. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass für die bei der Versicherten vorliegende Erkrankung eine allgemein anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung gestanden habe, zumal die Versicherte vorher bereits vielfältige Behandlungen ohne hinreichenden Erfolg in Anspruch genommen habe. Die in der L. Klinik angewandte besondere Behandlungsmethode habe zunächst auch eine positive Wirkung auf den lebensbedrohlichen Krankheitsverlauf gehabt. Die Behandlungskosten seien deshalb im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 zu übernehmen.

Der Senat beauftragte mit der Erstellung eines Gutachtens Privatdozent Dr. W. , Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie, Onkologie, Oberarzt der Universitätsklinik W ... Dieser führte im Gutachten vom 03.08.2007 aus, dass bei der Versicherten eine herkömmliche Chemotherapie hinreichende Erfolgsaussichten geboten habe, eine Verzögerung des Krankheitsverlaufs zu erreichen. Bei der Versicherten hätten zwar günstige und ungünstige Voraussetzungen für den Erfolg der Behandlung vorgelegen. Zum einen sei als günstig einzustufen gewesen, dass nach der Operation zunächst Tumorfreiheit bestand und ein gutes Ansprechen auf die primäre Chemotherapie dokumentiert wurde. Als ungünstige Voraussetzung sei hingegen anzusehen, dass der Tumor sich bereits bei Diagnosesicherung im Stadium IV befunden habe. Grundsätzlich hätte durch eine herkömmliche Chemotherapie behandelt werden können.

Nach Mitteilung des Klägerbevollmächtigten ist die Versicherte am 28.08.2007 verstorben. Das Verfahren werde vom Ehemann fortgeführt.

Der Kläger beantragt das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.09.2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 28.05.2002, 02.07.2002, 09.07.2002, 29.07.2002, 05.09.2002 und 25.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2003 aufzuheben und die Kosten der stationären Behandlung in der L. Klinik in Höhe von 27.945,33 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Augsburg, des Bayerischen Landessozialgerichts sowie die beigezogene Akte des Amtes für Versorgung und Familienförderung und die von der L. Klinik vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form -und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Das Sozialgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Versicherte keinen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 SGB V gegen die Beklagte hatte, so dass auch dem Ehemann als Rechtsnachfolger die verauslagten Behandlungskosten nicht erstattet werden können.

Nachdem die Versicherte bei erstmaliger Diagnosestellung die operative und die anschließende Chemotherapie entsprechend dem allgemein anerkannten medizinischen Standard hat durchführen lassen, entschloss sie sich bei Feststellung der Metastasen, nicht die angebotene erneute Chemotherapie anzutreten sondern außerhalb des bestehenden Versicherungsschutzes Hilfe in der privatärztlichen Behandlung zu suchen. Die vor Aufnahme der Behandlung beantragte Kostenerstattung wurde von der Beklagten erstmals im Bescheid vom 28.05.2005 abgelehnt mit dem zutreffenden Hinweis, das es sich bei der L. Klinik nicht um ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne der §§ 108, 111 SGB V handle und daher eine Behandlung nach § 39 SGB V zu Lasten der Beklagten nicht möglich sei. Diese Entscheidung ist nicht zu beanstanden.

Weiter hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt, dass die Versicherte keinen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 SGB V gegen die Beklagte hat. Nach dieser Norm sind Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Leistung notwendig war und die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Kosten entstanden sind. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Hyperthermie in Kombination mit einer Chemotherapie eine neue Behandlungsmethode, die grundsätzlich nicht im Sinne des § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V von der gesetzlichen Krankenkasse geschuldet wird, weil eine Empfehlung des gemeinsamen Bundesausschusses bis heute nicht vorliegt. Dies hat das Sozialgericht ausführlich und völlig zutreffend in der Urteilsbegründung dargelegt, insoweit schließt sich der Senat dieser Begründung an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ergibt sich ein Kostenerstattungsanspruch auch nicht unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (Az. 1 BvR 347/98 - BVerfGE 115, 25). Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Beschluss drei Kriterien aufgeführt, die vorliegen müssen, um die nach dem SGB V und dem auf der Grundlage der §§ 92, 135 SGB V in den Richtlinien geschaffenen Leistungsausschluß zu überwinden und sich die ausgeschlossenen Behandlungsmethoden beziehungsweise Arzneimittel gleichwohl zu beschaffen. Dazu muss einmal eine lebensbedrohende oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorliegen, die mit den zugelassenen, also dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechenden Behandlungen nicht behandelbar ist. Außerdem muss die gewählte Behandlung eine "nicht ganz entfernt liegende" Aussicht auf Heilung oder zumindest spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehen.

Für eine Erstattung unter Beachtung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze fehlt es an der Feststellung, dass für die Krankheit der Versicherten keine anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung stand.

Wie der vom Senat gehörte Sachverständige Dr. W. überzeugend dargelegt hat, stand eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Stand entsprechende Behandlung für die Klägerin zur Verfügung. Zur Begründung seiner Beurteilung stützt sich der Gutachter auf die einschlägige Fachliteratur sowie die Empfehlungen (Manual) des Tumorzentrums München an den medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilian-Universität zur Therapie maligner Ovarialtumoren. Dr. W. stellt dabei darauf ab, dass bei der Versicherten zum Zeitpunkt als das Rezidiv im April 2002 auftrat, drei von vier Kriterien als günstige Voraussetzungen erfüllt waren. Nach den Unterlagen habe Tumorfreiheit nach der Primäroperation bestanden, wobei allerdings die Tumormanifestation oberhalb des Zwerchfelles nicht berücksichtigt worden sei. Dennoch sei ein gutes Ansprechen auf die primäre Chemotherapie dokumentiert und es habe 20 Monate Rezidivfreiheit bestanden. Die Versicherte habe zu diesem Zeitpunkt, entsprechend den Feststellungen des behandelnden Internisten Dr. S. einen guten Allgemeinzustand bei subjektivem Wohlbefinden und unauffälligem Herz-Lungen-Befund gezeigt. Als ungünstige Voraussetzung stand dem das initial fortgeschrittenes Tumorstadium inklusive Pleuracarcinose gegenüber. Dr. W. konnte daher nicht mit hinreichender Sicherheit beantworten, ob es durch eine Rezidivoperation zu einer Tumorfreiheit gekommen wäre. Allerdings habe die Möglichkeit zur Rezidiv-Behandlung bestanden, wie sie durch die Gabe von Paclitaxel/Carboplatin vom behandelnden Internisten Dr. S. empfohlen wurde. Alternativ hätten auch andere Substanzen in Form einer Monotherapie (Cisplatin, Carboplatin, Paclitaxel, Topotecan, liposomales Doxorubicin, Treosulfan, Gemcitabine, Vinorelbin) eingesetzt werden können. Im Manual des Tumorzentrums München sei dazu seit 1998 im Wesentlichen gleich bleibend vermerkt, dass in jedem Fall mit zunehmendem Abstand zu der systemischen Primärtherapie akzeptable Remissionsraten für den erneuten Einsatz der medikamentösen Primärtherapie sprechen. Diese Aussagen haben sich bis zur neuesten Auflage aus dem Jahre 2007 im Wesentlichen nicht geändert.

Therapiealternativen, zum Beispiel solche, die eine Kombination mit einer Hyperthermie Behandlung enthalten, sind dort nicht genannt. Damit ist die Frage, ob eine herkömmliche Chemotherapie ohne Kombination mit Hyperthermie eine hinreichende Erfolgsaussicht bot, um eine Verzögerung des Krankheitsverlaufs zu erreichen, zu bejahen. Die vorgeschlagenen Therapien hatten eine Erfolgswahrscheinlichkeit aufgrund der nicht sehr ausgedehnten Tumormasse und des monolokulären (nur eine Lymphknotenmetastase) Befalls. Der Gutachter hat dadurch relativ günstige Voraussetzungen für den Erfolg der Rezidiv-Chemotherapie angenommen. Einzuräumen ist allerdings, dass die bekannte Histologie des Ovarialtumores prognostisch ungünstig war, da dieser sich bei Diagnosesicherung im Stadium IV (Klassifizierung: pT3bpN1pM1G3) befand.

Soweit der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom 06.02.2008 darauf hinweist, das Karzinom habe sich im Stadium III und nicht wie vom Gutachter angenommen im Stadium IV befunden, muss zum Beispiel auf den Bericht der L. Klinik vom 02.10.2002 hingewiesen werden, wo unter Diagnose Ovarialkarzinomstadium IV pT3b vermerkt ist. Also gingen auch die Ärzte der L. Klinik vom gleichen Stadium aus. Es ist deshalb nicht erkennbar, dass der Gutachter seiner Beurteilung eine falsche Klassifizierung des Ursprungstumors zurunde gelegt hat. Zu weiteren Ermittlungen oder einer Rückfrage beim Gutachter musste sich der Senat daher nicht gedrängt fühlen.

Soweit im gleichen Schriftsatz dargelegt wird, die Versicherte sei gegen eine "ausschließliche Chemotherapie mit Paclitaxel/ Carboplatin resistent gewesen", ist dieser Vortrag nicht nachvollziehbar, da ausweislich der Rechnungen der L. Klinik dort Carboplatin verabreicht wurde, wenn auch offenbar andere Medikamente wie Ovastat zusätzlich gegeben wurden. Bei Resistenz der Versicherten hätte dieses Medikament auch von der L. Klinik nicht gegeben werden dürfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Erwägung, dass die Berufung ohne Erfolg blieb (§§ 183, 193 SGG).

Gründe, gemäß § 160 Abs.2 Ziffer 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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