L 13 AS 4147/08 ER

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4147/08 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Für den im vorläufigen Rechtschutzverfahren gestellten Anspruch des Antragstellers auf Leistungen nach dem 2. Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ist prozessuale Grundlage § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem SGB II in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, von einer - hier nicht glaubhaft gemachten - in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 a. a. O. m. w. N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Beklagten zur vorläufigen Gewährung von Arbeitslosengeld II (ALG II) für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens am 27. August 2008 begehrt, war ihm der Erfolg zu versagen; es fehlt an dem nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG erforderlichen Gegenwartsbezug und damit am Anordnungsgrund, nämlich der besonderen Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens. Die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, den Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind (vgl. Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 11. Juni 2005 - L 7 SO 2060/05 ER-B und vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B und vom 28. März 2007 - L 7 AS 1214/07 ER-B -). Einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigung in der Vergangenheit herbeizuführen, ist deshalb grundsätzlich nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes; eine Ausnahme ist bei Regelungsanordnungen nur dann zu machen, wenn die (frühere) Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B; Krodel in NZS 2007, 20, 21 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Einen derartigen Nachholbedarf hat der Antragsteller indes nicht glaubhaft gemacht.

Im Hinblick auf die vom Antragsteller ab 27. August 2008 begehrten Leistungen fehlt es an der Glaubhaftmachung eines entsprechenden Anordnungsanspruch. Er hat nicht glaubhaft gemacht, hilfebedürftig im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II zu sein. Der Antragsteller ist zur Hälfte Erbe der am 15. Mai 2008 verstorbenen Gerda M. E., die Mutter des Antragstellers (vgl. Erbschein des Notariat IV T. vom 13. August 2008). In Folge dessen ist der Antragsteller auch hälftig Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N. in T. geworden. Obwohl mehrfach dazu aufgefordert, hat der Antragsteller zu seinen in Folge des Erbfalles zu prüfenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen, zur geerbten Immobilie und ererbten Geld- und Sachwerten sowie zu Einnahmen aus Vermietung/Verpachtung aus der geerbten Immobilie keinerlei nachvollziehbare Angaben gemacht. Der Antragsteller hat hierzu lediglich pauschal ausgeführt, dass die ererbte Immobilie womöglich über ihren Wert hinausgehend mit Verbindlichkeiten belastet sei und das Mitbewohner des Hauses N in T., Marion B. und Stefan B. - die gleichzeitig Miterben sind - seit mehreren Monaten keine Miete mehr gezahlt hätten. Obwohl jedoch das Gericht ausgehend davon, dass die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2008 einen Vermerk über ein Telefonat mit Frau Marion B. vom 9. September 2008 des Inhalts, dass der Antragsteller persönlich Mieteinnahmen in monatlicher Höhe von ca. 900,00 EUR einziehe, vorgelegt hat, den Antragsteller zu Angaben dazu aufgefordert hat, wie viele Wohnungen das Haus N. in T. aufweise, ob Wohnungen vermietet seien und wenn ja, in welcher Höhe und an wen die Miete fließe und er generell Angaben zur Höhe des Nachlasses machen solle, hat der Antragsteller hierzu keine nachvollziehbaren und im Rahmen der Glaubhaftmachung den Sachverhalt klärende Angaben gemacht. Den ihm mit gerichtlicher Verfügung vom 7. Oktober 2008 überlassenen Telefonvermerk vom 9. September 2008 hat der Antragsteller in Kopie an das Gericht zurück gesandt, wobei er den Betrag der Mieteinnahmen, die er in monatlicher Höhe alleine einziehe, von 900,00 EUR auf 755,00 EUR handschriftlich korrigiert und daneben den Betrag von 150,00 EUR Grundsteuer vermerkt hat. Es bleibt unklar, ob der Antragsteller damit mitteilen will, dass er monatlich Miete in Höhe von 755,00 EUR einzieht. Auch seine diesbezüglichen Angaben im Schreiben vom 21.Oktober 2008 klären dies nicht, deuten es aber ebenfalls an. Des weiteren ist der Kläger mit gerichtlicher Verfügung vom 7. Oktober 2008 dazu aufgefordert worden, die sich aus den von ihm vorgelegten Kontoauszügen für den Zeitraum Januar bis Juli 2008 ergebenden getätigten Bareinzahlungen zu erläutern. Dieser Aufforderung ist der Antragsteller nicht nachgekommen, obwohl er am 5. Juni 2008 50,00 EUR, am 4 Juni 2008 210,00 EUR, am 7. April 2008 150,00 EUR, am 5. März 2008 100,00 EUR, am 5. Februar 2008 einmal 50,00 EUR und einmal 100,00 EUR sowie schließlich am 4. Januar 2008 200,00 EUR bar auf sein Konto bei der Volksbank Tübingen eingezahlt hat. Im übrigen hat der Antragsteller offenbar bislang die Erbschaft nicht ausgeschlagen (vgl. § 1945 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), obwohl er selbst noch diese Möglichkeit in Erwägung gezogen hat; dieser Umstand spricht nicht für eine Überschuldung des Nachlasses. Die 6-Wochen-Frist für die Ausschlagung (vgl. § 1944 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB) dürfte inzwischen abgelaufen sein. Nach alldem kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller seine Bedürftigkeit glaubhaft gemacht hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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