L 1 R 568/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 4 R 440/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 568/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Beklagten im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.

Die 19 geborene Klägerin erlangte ausweislich der Urkunde der Ingenieurschule für Bauwesen Magdeburg vom 22. Juli 1972 die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur. Danach war sie ausweislich des Arbeitsvertrages vom 14. August 1972 vom 1. September 1972 an beim VEB Wohnungsbaukombinat Magdeburg, Betrieb WBK-Projekt, mit einer Dauer bis über den 30. Juni 1990 hinaus beschäftigt. Beim WBK-Projekt handelte es sich um einen Betriebsteil, der ausweislich der entsprechenden Eintragung im Register der volkseigenen Wirtschaft vom 1. Juli 1986 an rechtsfähig wurde und am 30. Juni 1990 den Namen VEB WBK-Projekt trug. Die Klägerin versicherte zu keinem Zeitpunkt ihr tatsächlich versichertes Arbeitsentgelt in der Sozialversicherung der DDR. Die schriftliche Zusage einer Zusatzversorgung erhielt sie nicht.

Mit Bescheid vom 4. November 2004 lehnte die Beklagte die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem ab, da das AAÜG nicht auf die Klägerin anwendbar sei. Eine Anwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Die Klägerin habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, wegen der sie dem Kreis der zwingend Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Sie sei nämlich nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb im Sinne der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 beschäftigt gewesen. Der Bescheid wurde der Klägerin auf dem Postwege übersandt. Mit Eingangsdatum vom 7. Dezember 2004 legte sie bei der Beklagten Widerspruch ein und berief sich darauf, andere Mitarbeiter des Betriebes hätten bereits Bescheide zu ihren Gunsten erhalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2005 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Sie führte ergänzend aus, ein Rationalisierungs- und Projektierungsbetrieb sei kein Produktionsbetrieb im Sinne der 2. Durchführungsbestimmung.

Mit der am 10. Mai 2005 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat die Klägerin sich auf den gegenteiligen Standpunkt gestellt und die rechtliche Selbständigkeit des VEB WBK-Projekt im Hinblick auf die Weisungsgebundenheit gegenüber der Kombinatsleitung nach den Kombinatsstatuten in Abrede gestellt. Sie hat auf Rechtsprechung von Instanzgerichten verwiesen, nach der Projektierungsbetriebe die betrieblichen Voraussetzungen der 2. Durchführungsbestimmung erfüllen können. Das Sozialgericht hat Auszüge aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft und Kombinatsstatuten beigezogen. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf Bl. 13 - 50 d. A. Bezug genommen.

Mit Urteil vom 12. Oktober 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klägerin unterfalle nicht dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG, weil sie weder über eine verbindliche Versorgungszusage verfüge noch die Voraussetzungen für eine Einbeziehung am 30. Juni 1990 erfüllt habe. Denn ihre Beschäftigung im VEB WBK-Projekt erfülle nicht die betrieblichen Voraussetzungen. Es handele sich dabei nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung. Dazu zählten im Bereich des Bauwesens nur Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken bestehe. Der VEB WBK-Projekt sei ein Projektierungsbetrieb gewesen. Dies besage bereits der Name des Betriebes. Aber auch nach den Statuten des Kombinates habe die Hauptaufgabe in der Planung, Vorbereitung und Überwachung von Bautätigkeiten, nicht aber in der Erbringung von Bauleistungen bestanden. Der VEB WBK-Projekt sei seit Juli 1986 juristisch selbständig gewesen. Der Betrieb sei seit dieser Zeit unter einer eigenen Betriebsnummer im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen gewesen, wobei der Beginn der Rechtsfähigkeit ausdrücklich vermerkt gewesen sei. Der VEB WBK-Projekt unterfalle auch nicht den gleichgestellten Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung. Insbesondere sei er kein Konstruktionsbüro. Nach der Begriffsbestimmung eines Konstruktionsbüros im Lexikon der Wirtschaft – Industrie aus dem Jahre 1970 sei ein Konstruktionsbüro mit der Vorbereitung der Produktion von Sachgütern und nicht mit der Vorbereitung der Errichtung von Bauwerken und der Investitionsplanung betraut gewesen. Selbständige Konstruktionsbüros seien grundsätzlich mit dem Hauptzweck der Konstruktion errichtet und so bezeichnet worden. Projektierungsaufgaben seien nach der gleichen Quelle keine Konstruktionsaufgaben. Die Aufzählung im § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung sei abschließend. Auf Entscheidungen zu Gunsten früherer Kollegen aus dem gleichen Betrieb könne die Klägerin sich nicht mit Erfolg berufen, da Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht gebe. Vorrangig sei insoweit der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes.

Gegen das ihr am 8. November 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Dezember 2006 beim Sozialgericht Magdeburg Berufung eingelegt. Sie bleibt bei ihrem Vorbringen und wendet sich nach Hinweis auf die Rechtsprechung des Senates zu ihrem Beschäftigungsbetrieb vor allem gegen die Maßgeblichkeit des 30. Juni 1990 als Stichtag.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Oktober 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 4. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2005 aufzuheben und

die Beklagte zu verpflichten, ihre Beschäftigungszeit vom 1. September 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf das Urteil des Sozialgerichts.

Das Gericht hat durch Übersendung an die Beteiligten den Eintrag zum Begriff des Konstruktionsbüros aus dem ökonomischen Lexikon des Verlages Die Wirtschaft Berlin 1967, die Einträge zum Begriff der Konstruktion und der Projektierung aus dem Wörterbuch der Ökonomie Sozialismus, Berlin 1989, sowie den Handelsregisterauszug zur Mitteldeutschen Architekten- und Ingenieur-GmbH als Nachfolgegesellschaft des VEB WBK-Projekt in das Verfahren eingeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 101 - 110 d. A. verwiesen.

Ein Rentenstreitverfahren zwischen den Beteiligten ist nicht anhängig. Die Akte der Beklagten über die Klägerin – Vers.-Nr. – hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 4. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2005 beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Denn auf die beantragten Feststellungen hatte die Klägerin gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung durch Gesetz vom 27.7.01 (BGBl. I S. 1939), deren im vorliegenden Zusammenhang wesentlicher Inhalt durch die nachfolgenden Änderungen nicht berührt wird, keinen Anspruch, weil sie in dem umstrittenen Zeitraum nicht im Sinne dieser Vorschrift eine Anwartschaft in einem Zusatzversorgungssystem erworben hat.

Der Klägerin ist zu keinem Zeitpunkt durch eine einseitige oder vertragliche, auf die Begründung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung eine Zusatzversorgung aus diesem System zugesagt worden.

Die Klägerin gehört auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zuerst Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 RSozR 3-8570 § 5 Nr. 3) im Wege der Unterstellung dem Zusatzversorgungssystem an. Denn auch nach der Rechtsprechung des BSG liegen die Voraussetzungen dafür hier nicht vor. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach eine Zeit gem. § 1 Abs. 1 AAÜG aus unterstellter Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nur bei Erfüllung aller tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs. 2 der 2. DB in Betracht kommt, schließt sich der Senat an, wobei er offen lässt, ob dies für eine Anwartschaft ausreicht.

Die Tatbestandsmerkmale der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24.5.1951 (GBl. der DDR S. 487) müssen nach dem Verständnis des Senats von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei der Auslegung rechtlich unzweideutig und unmittelbar eine gesetzliche Versorgungszusage ergeben (Urt. des Senats v. 25.4.04 - L 1 RA 179/02 - Juris). Dies folgt aus dem Zweck der angeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Erstreckung des Anwendungsbereiches des AAÜG auch auf Fälle, in denen eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht erteilt wurde. Dabei geht es darum, objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (BSG, Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 RSozR 3-8570 § 5 Nr. 3 S. 10). Willkür besteht insofern nicht schon in der Verkennung einer zur Abgeltung gesellschaftlichen Verdienstes bestmöglichen Auslegung oder der Verfehlung der gerechtesten Ermessensentscheidung, sondern in der Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauens, nicht von der Anwendung von Rechtsnormen ausgenommen zu werden. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen, die seit der Schließung der Versorgungssysteme zum 1. Juli 1990 nach § 22 Abs. 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28.6.1990 (GBl. der DDR I S. 495) endgültig ausgeschlossen ist.

Für die Feststellungen von Zugehörigkeitszeiten i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG ohne tatsächliche Versorgungszusage muss der Anspruch auf Einbeziehung so klar sein, dass deshalb einerseits der Vollzugsakt durch eine einzelfallbezogene Versorgungszusage entbehrlich erscheint und andererseits eine unterstellte Verweigerung der Einbeziehung nicht nur als falsch, sondern als der – grundlegende – Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze erscheint, den Art. 19 S. 2 des Einigungsvertrages umgekehrt zum Maßstab für die Aufhebbarkeit von Verwaltungsentscheidungen der DDR macht. Der Einbeziehungstatbestand muss auch deshalb deutlich sein, da er durch Kürzung der berücksichtigungsfähigen Entgelte auch nachteilige Folgen haben kann. Für eine unterschiedliche Auslegung des § 1 AAÜG hinsichtlich der Einbeziehung in das AAÜG je nach den dann eintretenden günstigen oder ungünstigen Rechtsfolgen gibt das AAÜG keinen Anhaltspunkt.

Der VEB WBK-Projekt ist nach den festgestellten Umständen kein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Maßgeblich ist hier der – im Ergebnis enge – Sinn, mit dem dieser Begriff der bundesrechtlichen Ausfüllung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu Grunde zu legen ist. Die Voraussetzung der Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb enthält § 1 Abs. 1 2. DB im Umkehrschluss, weil anderenfalls die Gleichstellung nicht produzierender Betriebe in § 1 Abs. 2 der 2. DB mit Produktionsbetrieben ohne Bezug wäre.

Die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion (bzw. zum Bauwesen) oder zu einem anderen Bereich der Volkswirtschaft hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe dem VEB nach den tatsächlichen Verhältnissen das Gepräge gegeben hat (vgl. BSG, Urt. v. 10.4.02 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 5 S. 34 f). Bei dieser Prüfung ist der Betrieb des Arbeitgebers angesprochen; dieser ist die Beschäftigungsstelle im rechtlichen Sinn (BSG, Urt. v. 18.12.03 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 Nr. 2). Dies ist hier der ausweislich des Registers der volkseigenen Wirtschaft jedenfalls seit Juli 1986 rechtsfähige VEB WBK-Projekt und nicht das übergeordnete Kombinat. Nach allen vorliegenden Unterlagen geht das Gericht davon aus, dass am 30. Juni 1990 ein Arbeitsrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und diesem Betrieb bestand. Schon der Arbeitsvertrag vom 14. August 1972 bestand ausdrücklich mit dem später rechtsfähig gewordenen Betriebsteil. Die Klägerin benennt verschiedentlich selbst den WBK-Projekt als ihren Arbeitgeber. Im Sozialversicherungsausweis der Klägerin ist für das erste Halbjahr 1990 der VEB WBK-Projekt als Arbeitgeber eingetragen. Darin liegt ein Indiz, dass dieser Betrieb Arbeitgeber war.

Der VEB WBK-Projekt war mit seiner Errichtung als Kombinatsbetrieb in § 3 Abs. 1 der Kombinatssatzung vom 30. Juli 1986 kraft Gesetzes voll rechtsfähig, wie aus § 6 Abs. 2 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe v. 8.11.1979 (GBl. I S. 355) unmittelbar folgt. Insoweit sind die Regelungen der Satzung, die demgegenüber nur auf eine innere Bindung gegenüber der Kombinatsleitung hinauslaufen und bezüglich einer Einschränkung der Rechtsfähigkeit gar nicht wirksam sein könnten, ohne Belang.

Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell (d.h. serienmäßig wiederkehrend; BSG, Urt. v. 18.12.03 - B 4 RA 14/03 R - zitiert nach Juris) fertigen. Speziell im Bereich des Bauwesens erfasst der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken liegt, die dabei standardisierte Produkte massenhaft ausstoßen und eine komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand haben (BSG, Urt. v. 8.6.04 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 S. 20 f.). Das Gericht hält mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an der notwendigen Voraussetzung hauptsächlich industrieller Fertigung von Sachgütern oder Bauwerken im jeweiligen Beschäftigungsbetrieb fest. Die Bedeutung der damit verbundenen Begriffsbildung in der Wirtschaft der DDR hat das Bundessozialgericht unter Darstellung der Wirtschaftsgeschichte zur Zeit des Erlasses der maßgeblichen Versorgungsnormen herausgearbeitet (BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 46 f.).

Ob zeitweise daneben, möglicherweise auch überwiegend, im Wirtschaftsleben der DDR davon abweichende Begriffe wirtschaftlicher Produktion verwendet worden sind, hält der Senat nicht für maßgeblich. Rechtliche Bedeutung käme der Verwendung abweichender Produktionsbegriffe für das rückschauende bundesrechtliche Verständnis des Begriffes der industriellen Produktion im Sinne der Versorgungsvorschriften nicht zu. Denn die bundesrechtliche Auslegung des Begriffs der industriellen Produktion erfordert, sich auf den engsten Begriff zu stützen, der Gegenstand der gesetzlichen Regelung gewesen sein kann, weil nur so die Abgrenzung rechtsstaatswidrig willkürlicher Fehlentscheidungen durch unterlassene Versorgungszusagen erreicht wird. Um eine rechtsstaatlich zwingende Korrektur geht es nämlich nur bei der Prüfung, ob bundesrechtlich eine Versorgungszusage zu unterstellen ist, nicht hingegen um die Prüfung, ob bei der Unterlassung einer Versorgungszusage gerade von dem verbreitetsten Wortgebrauch im Wirtschaftsleben ausgegangen worden ist.

Um einen solchen Betrieb handelt es sich beim VEB WBK-Projekt nicht. Nach § 6 Abs. 2 des Kombinatsstatuts vom 30. Juli 1986 oblagen dem Kombinatsbetrieb Projektierung ausschließlich Planungs- und Überwachungsaufgaben wie Aufgaben bei der Erzeugnisentwicklung, bei der Vorbereitung der Wohnkomplexe und Standorte als Generalauftragnehmer-Projektant, bei der Erarbeitung der Angebote, bei der Erarbeitung von Ausführungsprojekten hinsichtlich Bautechnik und Bauökonomie, bei der Baudurchführungskontrolle und der Bauprojektierungsbilanzierung. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Aufgaben bis zum 30. Juni 1990 im Wesentlichen unverändert wahrgenommen wurden, denn auch die MAI-GmbH als eine der Nachfolgegesellschaften war noch vorrangig im Bauplanungs- und -betreuungsbereich tätig.

Bauproduktion im hier maßgeblichen Sinne ist die körperliche Herstellung von Bauwerken mit – im Wesentlichen – den betrieblichen Mitteln des jeweiligen Betriebes. Ein Betrieb, der Bauvorhaben projektiert, übt nicht die Betriebstätigkeit einer Erstellung von Bauwerken (vgl. BSG, Urt. v. 8.6.04 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4 - 8570 § 1 Nr. 3 Rdnr. 20) aus. Auch ist den tatsächlichen Verhältnissen des Betriebes (vgl. BSG, Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 R – SozR 4-8570 Nr. 1 Rdnr. 18) insoweit nicht das Gepräge eines Produktionsbetriebes des industriellen Bauens, sondern allein das eines Projektierungsbetriebes zu entnehmen. Es kommt auf die Tätigkeit an, die der Betrieb, verkörpert in seinen Mitarbeitern und seiner sachlichen Ausstattung, konkret ausübt, nicht darauf, ob er in irgendeiner Weise für Bauwerke ursächlich wird. Deutlich wird dies auch an der Parallele des nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erforderlichen Massenausstoßes standardisierter (Bau-) Produkte (Urt. v. 8.6.04 – B 4 RA 57/03 R – SozR 4-8570 Nr. 3 Rdnr. 19) zur erforderlichen industriellen Sachgüterproduktion im Bereich der Industrie (BSG, Urt. v. 9.4.02 - B 4 RA 41/01 RSozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Denn auch dann kann nicht von Herstellung und Fertigung, erst recht nicht von Fabrikation (BSG, a.a.O.) die Rede sein, wenn ein Betrieb die Entstehung des Sachgutes Bauwerk nur vorbereitet und begleitet, ohne Mauer- oder Betoniertätigkeiten vorzunehmen. Eine solche Parallele liegt zwischen den Bereichen der Industrie und des Bauwesens vor, weil der Begriff des Produktionsbetriebes im Sinne von § 1 Abs. 2 2. DB einheitlich durch das wirtschaftliche Ziel der Zusatzversorgung nach dem Inhalt der Präambel der Verordnung vom 17.8.50 (GBl. S. 844) geprägt ist. Ebensowenig kann die Prüfung des Hauptzwecks eines Betriebes so verstanden werden, dass dabei die Funktion des Betriebes innerhalb des übergeordneten Kombinates maßgeblich sein kann. Entscheidend ist allein der als Inbegriff der eigenen Tätigkeit zu ermittelnde Zweck.

Der VEB WBK-Projekt war kein Konstruktionsbüro im Sinne von § 1 Abs. 2 2. DB. Ob ein Konstruktionsbüro vorliegt, ist nach dem rechtlichen und hilfsweise allgemeinen Sprachgebrauch der DDR zu bestimmen. Eine Legaldefinition dieses Begriffs ist im Recht der DDR nicht bekannt (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 8.9.04 - L 4 RA 45/03). Erkennbar ist allerdings, dass das Konstruktionsbüro in verschiedenen Vorschriften einem Projektierungsbüro gegenübergestellt und insoweit sprachlich unterschieden wird (GBl. 1951, S. 1138; GBl. II 1956, S. 378; GBl. I 1959, S. 71). Der Name "VEB WBK-Projekt" oder vorher "Kombinatsbetrieb Projektierung" spricht damit gegen das Vorliegen eines Konstruktionsbüros.

In dem Ökonomischen Lexikon der DDR (Verlag Die Wirtschaft, Berlin 1967) wird als Konstruktionsbüro eine Einrichtung bezeichnet, die die Aufgabe hat, im Prozess der technischen Vorbereitung der Produktion die konstruktive Gestaltung der Erzeugnisse auszuarbeiten, die Konstruktionszeichnungen anzufertigen, die Materialstücklisten aufzustellen und die Funktion der Neukonstruktion zu erproben.

Ein Projektierungsbetrieb erfüllt allgemein nicht die Voraussetzungen eines Konstruktionsbüros (BSG, Urt. v. 7.9.06 – B 4 RA 39/05 R, zitiert nach Juris-Rechtsprechung). Unter Projektierung versteht man nach den Eintragungen im Wörterbuch der Ökonomie Sozialismus die Ausarbeitung und allseitige Abstimmung der zweckmäßigsten technischen, gestalterischen und ökonomischen Konzeption und Festlegung der Aufgaben zur Herstellung von Grundmitteln einschließlich des Realisierungsablaufs. Diese Aufgabe ist nicht auf technische Inhalte beschränkt, sondern schließt eine umfassendere Entscheidungsvorbereitung mit ein. Komplexe Projektierungen umfassten zudem sogar die städtebauliche und architektonische Gestaltung einschließlich Verkehrsführung, Grünanlagen und Erarbeitung eines Bestands- und Vermessungsplanes mit Angaben über die Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken (vgl. Anordnung über die Durchführung komplexer Projektierungen vom 8. Dezember 1955, GBl. 1955, S. 989). Dem Begriff der Projektierung entsprechende Aufgabenstellungen finden sich für den VEB WBK Projekt in § 6 Abs. 2 des Kombinatsstatuts vom 30. Juli 1986 wieder. Auch die hier verankerten Aufgaben der Bauüberwachung und des Generalauftragnehmers entsprechen nicht der Aufgabenstellung eines Konstruktionsbüros nach dessen Beschreibung.

Die Unterschiedlichkeit von Konstruktion und Projektierung folgt auch unmittelbar aus der Anordnung über die allgemeinen Bedingungen für Entwurfs– und Konstruktionsleistungen vom 1. Februar 1958 (GBl. II S. 14). In § 2 der Anlage 1 zu dieser Verordnung werden Konstruktionsleistungen von Projektierungen ausdrücklich unterschieden und gegenüber bautechnischen Projektierungen sogar unterschiedlich behandelt.

Hieraus folgt, dass der Begriff der Projektierung nicht nur weiter ist, als der der Konstruktion, sondern als anderer Begriff die Konstruktion nur als notwendige Unterfunktion einer übergeordneten Aufgabe umfasst (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 23 f.).

Die dargelegte Auslegung der Tatbestandmerkmale der 2. DB steht auch in Einklang mit dem Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 4.8.04 - 1 BvR 1557/01) hat hierzu ausgeführt: "Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sich das Bundessozialgericht bei der Durchführung dieses grundsätzlichen Ansatzes am Wortlaut der Versorgungsordnungen orientiert und nicht an eine Praxis ... der Deutschen Demokratischen Republik anknüpft. Zwar wird dabei auf eine Weise verfahren, welche in der Deutschen Demokratischen Republik unter Umständen nicht allein maßgeblich für die Aufnahme in Zusatzversorgungen war. Die mit der Auslegung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes befassten Gerichte sind aber verfassungsrechtlich nicht gehalten, die in der Deutschen Demokratischen Republik herrschende Praxis der Aufnahme in Systeme der Zusatzversorgung, soweit sie dem Text der Zusatzversorgungssysteme entgegenstand, im gesamtdeutschen Rechtsraum fortzusetzen (vgl. auch Stoew/Schwitzer, DAngVers, 2003, S. 1 (5)). Würde man unter Missachtung des Textes der Versorgungsordnungen Kriterien für die Aufnahme in die Versorgungssysteme entwickeln, würde dies zwangsläufig zu neuen Ungleichheiten innerhalb der Versorgungssysteme und im Verhältnis der Versorgungssysteme zueinander führen." Dem schließt sich der Senat an.

Mit diesem Ergebnis war die Klage insgesamt, d. h. auch für die Zeiträume abzuweisen, in denen die Klägerin vor der rechtlichen Selbständigkeit des VEB WBK-Projekt in dem Betriebsteil beschäftigt war, da ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage bestanden haben muss (BSG, Urt. v. 29.7.04 – B 4 RA 4/04 RSozR 4-8570 § 1 Nr. 4).

Der Senat teilt die Auffassung, wonach zumindest am 30. Juni 1990 noch ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage bestanden haben muss, um auch für den Fall einer erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG den Begriff der Anwartschaft auszufüllen. Allenfalls dies ergibt dessen Auslegung, weil "aufgrund einer Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem" im Sinne der Vorschrift Anwartschaften nur nach den Versorgungsregelungen der DDR erworben werden konnten. Gegenstand einer Rechtsposition vor dem Versorgungsfall selbst konnte danach außer den Ansprüchen aus einer erteilten Versorgungszusage ggf. der Anspruch auf eine solche Zusage sein. Die Fortwirkung der maßgeblichen Rechtspositionen bis zum 30. Juni 1990 setzt § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG voraus, weil sonst – mit Ausnahme der in § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG bundesrechtlich ausdrücklich durch Unterstellung getroffenen Regelung – keine Position besteht, die im Sinne von § 4 Abs. 5 AAÜG in die Rentenversicherung überführt werden könnte. Denn schon überführungsfähige "Anwartschaften" nach § 22 Abs. 3 RAG konnten bei Inkrafttreten der Vorschrift am 1. Juli 1990 (§ 35 RAG) nur Positionen sein, die im Versorgungsfall einen Versorgungsanspruch begründet hätten. Solche konnten nur auf der Grundlage gültiger Versorgungszusagen bestehen. Entsprechend kann auch der Anspruch auf deren Erteilung nach den gesetzlichen Voraussetzungen, soweit er auf Grund der geltenden Versorgungsvorschriften schon vor Schließung der Zusatzversorgungssysteme mit dem 30. Juni 1990 (§ 22 Abs. 1 RAG) erloschen war, von einer Auslegung des Begriffs der Anwartschaft in § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG nicht betroffen sein.

Das Versicherungsleben der Klägerin ist auch nicht nach § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einbezogen, denn sie hat nicht im Sinne dieser Vorschrift eine Anwartschaft bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall verloren. Dazu fehlt es an einem tatsächlichen Einbeziehungsakt, der nicht durch die Unterstellung einer Einbeziehung auf Grund früherer, möglicherweise versorgungsberechtigender Tätigkeiten ersetzt werden kann (BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 31/01 RSozR 3-8570 § 1 Nr. 2; Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 RSozR 4-8570 § 1 Nr. 1 RdNr. 22). § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG stellt allein auf den Verlust der Anwartschaften ab, die bereits nach den Regelungen der Versorgungssysteme selbst zuerkannt waren. Die Zuerkennung erfolgte nach dem in § 3 2. DB geregelten Einbeziehungsverfahren, das gemäß § 3 Abs. 5 2. DB mit der Übersendung eines "Dokuments" abgeschlossen wurde. Entsprechende Erklärungen sind im Falle der Klägerin nicht ergangen.

Die dargestellte Rechtsprechung steht auch insoweit mit dem Grundgesetz in Einklang (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts v. 26.10.05 – 1 BvR 1921/04 u.a.). Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist allerdings nicht jede Differenzierung unzulässig. Das Grundrecht ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Urt. v. 14.3.2000 – 1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96BVerfGE 102, 41, 54). Vergleichbar mit der Fallgruppe der Klägerin, bei der die gesetzlichen Versorgungsvoraussetzungen vor dem 30. Juni 1990 zumindest entfallen waren, ist innerhalb des Geltungsbereiches des AAÜG nur die Fallgruppe des § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG, bei der dies ebenfalls der Fall war. Der Gesetzgeber muss die beiden Personengruppen aber nicht den gleichen Rechtsfolgen unterwerfen, weil die Tatbestände sich in für ihn wesentlichen Gesichtspunkten unterscheiden. § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Altersversorgungsprivileg an, das im Gegensatz zu einer für die Zusatzversorgung folgenlos gebliebenen Berufslaufbahn ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt.

Im Hinblick auf eine Rechtsfolgenbetrachtung erscheint bei der Bestimmung des Anwendungsbereiches des AAÜG die Unterscheidung zwischen den genannten Fallgruppen anhand der ausdrücklich erteilten Versorgungszusage gerechtfertigt. Die Bedeutung einer ausdrücklich erteilten Versorgungszusage für die Anwendbarkeit des AAÜG ergibt sich aus der Gesamtheit der im AAÜG vorgesehenen Rechtsfolgen. Das Rechtsfolgensystem des AAÜG geht in beiderlei Richtung über die allgemeine rentenrechtliche Bewertung von Arbeitsentgelten hinaus. Einerseits gewährt § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG den von der allgemein geltenden Regel des § 256a Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) abweichenden Vorteil einer rentenrechtlichen Berücksichtigung tatsächlicher Einkommen ungeachtet der tatsächlichen Beitragszahlung. Andererseits bewirkt § 6 Abs. 2 AAÜG eine Benachteiligung von Zusatzversorgungsberechtigten durch eine gegenüber § 256a SGB VI verminderte Auswirkung erzielter Entgelte auf die Rente. Nach diesen Regelungen des AAÜG ist eine gesetzlich typisierte Sonderüberprüfung erzielter Arbeitsentgelte auf ihre angemessene rentenerhöhende Wirkung vorzunehmen. Nur auf die gesamte Breite aller im AAÜG vorgesehenen Rechtsfolgen kann es bei der Auslegung seines Anwendungsbereiches ankommen, weil die engere Prüfung der Tatbestände bestimmter – begünstigender oder belastender – Rechtsfolgen erst nach der bestätigenden Prüfung des Anwendungsbereiches eröffnet ist. Nach dem Regelungskonzept des Gesetzgebers ist insbesondere zur Anwendung der auch belastenden Rechtsfolgen die Anknüpfung an die bereits in der DDR erteilte Versorgungszusage notwendig. Denn nur ein Verständnis des Bundesgesetzgebers von der Zusatzversorgung als einem in der DDR verliehenen – durch außergewöhnliche Leistung gerechtfertigten oder durch politische Be¬günsti¬gung missbrauchten – Privileg erklärt die genannten Rechtsfolgen. Danach zeigt nämlich die Zugehörigkeit unmittelbar die Prüfbedürftigkeit selbst einer Rentenhöhe an, die sich nach den allgemeinen Regeln des SGB VI errechnen würde. Das die Sonderregelung auslösende frühere Privileg liegt dabei auf der Ebene des Anwendungsbereiches in der Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem und nicht in den auf der Rechtsfolgenseite – zumindest auch – zu überprüfenden Arbeitsentgelten. Denn diese lässt der Gesetzgeber in gleicher Höhe bei einer alleinigen Zugehörigkeit zu einem System der Sozialversicherung der DDR gleichmäßig und unüberprüft rentenwirksam werden. Anders als im Fall des § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG handelt es sich bei der Fallgruppe der Klägerin um eine tatsächlich niemals durchgeführte Privilegierung, die eine Sonderüberprüfung der Rentenwirksamkeit bestimmter, vor dem 30. Juni 1990 erzielter Arbeitsentgelte nicht rechtfertigen kann.

Die Stichtagsregelung führt auch nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung mit der Personengruppe, die am 30. Juni 1990 die gesetzlichen Voraussetzungen zwingender Versorgungsregelungen erfüllten und denen bis dahin ebenfalls noch keine Versorgungszusage erteilt worden war. Für diese Gruppe unterstellt die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Anwartschaft auf eine Zusatzversorgung im Hinblick auf eine gesetzlich gerechtfertigte Erwartung, im Versorgungsfall Leistungen zu erhalten (vgl. BSG, Urt. v. 12.6.01 – B 4 RA 117/00 RSozR 3-8570 § 5 Nr. 6 S. 36). Selbst wenn dieser Rechtsprechung gefolgt wird, ist dieser Gedanke nicht auf einen schon in der Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt übertragbar. Denn während die Verleihung einer in der Vergangenheit liegenden Anwartschaft schon sachlich nicht möglich ist, konnten Personen, die zum Ende des Anwartschaftsaufbaus am 30. Juni 1990 gemäß § 22 Abs. 3 RAG noch die Voraussetzungen erfüllten, zukunftsbezogen darauf vertrauen, bei Eintritt eines Versorgungsfalles werde ungeachtet der bis dahin unterbliebenen Versorgungszusage die rechtsstaatlich maßgebliche Gesetzeslage Vorrang haben. Die auf einen Zeitpunkt, nämlich die Versorgungszusage oder den Versorgungsverlust abstellende Unterscheidung ist dabei durch das anzuwendende Zusatzversorgungsrecht schon vorgegeben, weil die Vollversorgung nach § 3 Abs. 5 2. DB durch ein punktuelles Ereignis, nämlich die Zustellung der Versorgungszusage als "Dokument", erworben und ggf. nach § 2 Abs. 1 2. DB durch ein punktuelles Ereignis, nämlich das Ende der letzten Tätigkeit in einem volkseigenen oder gleichgestellten Betrieb, vollständig verloren ging.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Rechtslage bezüglich der Ablehnungsgründe durch die angegebene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
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