Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 4188/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 784/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.10.2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom 24.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2005 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger bei einem Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung im April 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.04.2004 auf Dauer nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1951 geborene Kläger erlernte im Zeitraum vom 01.09.1965 bis 31.08.1968 den Beruf eines Betriebselektrikers und war anschließend bis 1975 als Elektriker versicherungspflichtig beschäftigt. Von September 1975 bis 1977 besuchte der Kläger eine Fachschule zur Ausbildung als Mess- und Regeltechniker und war von 1977 bis 30.06.1999 als Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sicherheitsingenieur), zuletzt bei der H. in M. , beschäftigt. Vom 01.07.1999 an machte sich der Kläger selbstständig und übte bis Dezember 2003 freiberuflich die Tätigkeit eines Sicherheitsingenieurs aus.
Am 14.04.2004 stellte der Kläger unter Übersendung ärztlicher Unterlagen bei der Beklagten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Im März 2001 sei bei ihm die Diagnose "Morbus Wegener" gestellt worden. Seit Mitte 1998 habe er regelmäßig (alle vier bis sechs Wochen) Entzündungen im linken Augenbereich gehabt, eitrige Entzündungen im Ellenbogenbereich links, Sehstörungen, Muskel- und Gliederschmerzen, beginnende Gefühllosigkeit im linken Fuß vom Knöchel abwärts. Im Juni 2000 habe er einen Hörsturz (links) erlitten. Von da an habe er unter Hörschwäche und einem Tinnitus links gelitten. Anfang 2001 hätten die Fingerspitzen an beiden Händen begonnen abzusterben (Schwarzfärbung). Während des stationären Aufenthaltes in der Klinik nach einer Lungenoperation habe er einen weiteren Hörsturz erlitten, dieses Mal auf der rechten Seite, wieder mit Einschränkung der Hörfähigkeit und Tinnitus auch rechts. Die Fehlsichtigkeit links habe im Laufe der Zeit erheblich zugenommen und das Autofahren immer beschwerlicher und damit auch gefährlicher gemacht. Während der ganzen Zeit habe er über heftige Kopfschmerzattacken gelitten, wegen der er stationär in der Neurologischen Klinik in S. gewesen sei. Der anschließend von der Beklagten beauftragte Privatdozent Dr.K. vertrat in seinem Gutachten vom 16.07.2004 nach ambulanter Untersuchung des Klägers die Auffassung, dass der Kläger als freiberuflicher Sicherheitsingenieur täglich noch sechs Stunden und mehr einsetzbar sei. Die "Wegener sche Granulomatose" manifestiere sich bei dem Kläger an den Lungen, den Nieren und auch an Augen und Ohren. Aus internistischer Sicht seien jedoch keine Einschränkungen zu erkennen. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.08.2004 den Rentenantrag des Klägers ab. Er sei in der Lage, in seinem bisherigen Beruf als freiberuflicher Sicherheitsingenieur mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Zudem seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Antrag vom 14.04.2004 nicht erfüllt. Mit Widerspruch vom 01.09.2004 hiergegen trug der Kläger insbesondere vor, dass die intensiven und häufigen Bing-Horton-Attacken einen geregelten Tagesablauf nicht zuließen. Die Folgen zweier Hörstürze, Schwerhörigkeit beidseits mit Tinnitus seien im Bescheid nicht berücksichtigt worden. Wegen seiner Polyneuropathie sei erst ca. zwei Stunden nach dem Aufstehen ein einigermaßen erträglicher Zustand vorhanden. Durch die Gefühllosigkeit in beiden Füßen sei beim Treppensteigen wegen permanenter Stolpergefahr ständig erhöhte Vorsicht anzuwenden. Stundenlange Betriebsbegehungen sowie das Besteigen von Leitern oder Steigeisengängen, das beruflich bei ihm sehr häufig vorgekommen sei, habe er zum Schluss seiner Tätigkeit nicht mehr durchführen können. Nach Beiziehung ärztlicher Behandlungsunterlagen erstattete anschließend der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie Dr.K. nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 30.11.2004 ein Gutachten und vertrat darin die Auffassung, dass der Kläger als Fachkraft für Arbeitssicherheit täglich sechs Stunden und mehr einsetzbar sei. Seit 01.04.2004 sei bei ihm als freiberuflicher Sicherheitsingenieur keine Belastbarkeit mehr gegeben. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2005 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 03.05.2005 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und zur Begründung Atteste der behandelnden Ärzte Dr.G. und Frau Dr.H. beigelegt. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen hat der Internist und Arbeitsmediziner Dr.S. im Auftrag des SG am 30.05.2006 ein Gutachten erstattet und am 22.06.2006 ergänzend Stellung genommen. Er ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass sich eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit nach dem klinischen Entlassungsbericht vom Februar 2001 bereits seit Beginn der stationären Behandlung vom 26.02.2001 ergebe; hierbei lasse sich jedoch eine fortbestehende Einschränkung der zeitlichen Belastbarkeit in den unter sechsstündigen Bereich zunächst nicht hinreichend belegen, wobei bei eingetretener Verschlechterung zumindest seit Antragstellung vom April 2004 dann ein nur noch unter dreistündiges Leistungsvermögen angenommen werden könne. Dabei sei von besonderer Bedeutung, dass ein später stark im Vordergrund stehender schwergradiger Kopfschmerz im April 2001 noch nicht vorgelegen habe. Diesbezüglich sei der Entlassungsbericht der Nervenklinik des L.-Krankenhauses vom November 2001 von besonderer Bedeutung, in dem dargelegt werde, dass eine hinreichende Behandelbarkeit der Kopfschmerzattacken angenommen werde.
Mit Urteil vom 10.10.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr.S. gehe die Kammer davon aus, dass eine Erwerbsminderung des Klägers vor April 2004 nicht nachgewiesen sei. Damit lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rentengewährung nicht vor. Aus dem Befundbericht des Bezirksklinikums K. vom Februar 2001 könne noch keine Erwerbsminderung abgeleitet werden. Im Entlassungsbericht vom April 2001 werde die Verdachtsdiagnose einer Wegener schen Granulomatose mit Manifestation im Bereich der Lungen durch feingewebliche Untersuchungen bestätigt. Eine Beeinträchtigung des beruflichen zeitlichen Leistungsvermögens als Dauerzustand ergebe sich hieraus jedoch nicht. Insbesondere sei der nunmehr im Vordergrund stehende schwergradige Kopfschmerz damals noch nicht befundet worden. Auch der Kläger selbst habe sowohl in seinem Rentenantrag vom April 2004 als auch in seinem Widerspruchsschreiben vom 30.08.2004 und bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr.S. am 30.05.2006 angegeben, dass eine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes erst im Jahr 2004 eingetreten sei.
Hiergegen richtet sich die beim SG am 13.11.2006 und beim Bayer.Landessozialgericht am 16.11.2006 eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung der Berufung macht der Kläger geltend, er sei jedenfalls ab April 2001 nicht mehr in der Lage gewesen, sechs Stunden oder mehr einer leichten Tätigkeit nachzugehen. Im Hinblick auf seine verschlechternden Gesundheitsverhältnisse habe er sich ab Juni 1999 selbstständig gemacht. Bereits ab 1999 habe er einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen können. Wenigstens an einem Tag, oftmals an drei Tagen in der Woche, habe er nicht arbeiten können. Die Wahrnehmung von Außenterminen sei auch stark eingeschränkt gewesen, seine finanzielle Situation habe sich von Jahr zu Jahr verschlechtert. Als Anfang des Jahres 2001 die Diagnosen der Wegener schen Granulomatose und des Bing-Horton-Kopfschmerzes erhoben worden seien, sei aufgrund der Einnahme von Medikamenten mit erheblichen Nebenwirkungen eine weitere erhebliche Einbuße seiner Leistungsfähigkeit eingetreten. Zudem habe sich die bei ihm bestehende Polyneuropathie in den Beinen, die im Widerspruchsverfahren bzw. im Klageverfahren kaum Beachtung gefunden hätte, in einer Standunsicherheit in den Beinen aufgrund einer weitgehenden Gefühllosigkeit manifestiert. Er habe ab Anfang 2000 eine Tätigkeit ausgeübt, die auf seine schlechten gesundheitlichen Verhältnisse zugeschnitten gewesen sei. Seitens seines Hausarztes Dr.G. sei in einer Bescheinigung vom 12.06.2006 festgestellt worden, dass bei ihm Erwerbsminderung seit Februar 2001 vorliege. Zu einer ähnlichen Feststellung hinsichtlich der quantitativen Einschränkungen sei die Chefärztin Dr.H. von der Klinik für internistische Rheumatologie in K. gelangt. Sie habe ihn ab Februar 2001 nur noch für leichte Tätigkeiten für weniger als drei Stunden leistungsfähig gehalten.
Nach Einholung von Auskünften der Beklagten, der Barmer Ersatzkasse B. vom 29.01.2007, der H. München vom 23.05.2007 und Beiziehung ärztlicher Behandlungsunterlagen hat der Internist, Arbeitsmediziner und Sozialmediziner Dr.M. nach Untersuchung des Klägers vom 19.07.2007 am 05.10.2007 ein Gutachten erstattet und ist darin zu dem Ergebnis gelangt, dass das Leistungsvermögen des Klägers im Zeitraum ab April 2001 (Hinzutreten der Kopfschmerzerkrankung) auf weniger als sechs Stunden herabgesunken sei, jedoch noch mindestens drei Stunden täglich betragen habe. Ab Dezember 2003 habe sich die Einsatzfähigkeit des Klägers auf weniger als drei Stunden täglich reduziert. Zur Stellungnahme der Beklagten vom 06.11.2007 hat sich der gerichtliche Sachverständige mit Schreiben vom 07.12.2007 und auf gerichtliche Anfrage vom 07.04.2008 mit Schreiben vom 07.04.2008 ergänzend geäußert.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.10.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Annahme eines im April 2001 eingetretenen Leistungsfalls der vollen Erwerbsminderung Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.04.2004 auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Für den vom Kläger begehrten Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung im April 2001 ergäben sich keine Anhaltspunkte. Der Sachverständige Dr.K. habe am 16.07.2004 in seinem internistischen Gutachten ein vollschichtiges Leistungsvermögen festgestellt. Der Gutachter Dr.K. habe anlässlich der Untersuchung am 25.11.2004 in seinem neurologischen Gutachten ebenfalls ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestätigt. Der Gerichtsgutachter Dr.S. habe in seinem Gutachten vom 30.05.2006 einschließlich ergänzender Stellungnahme vom 22.06.2006 seit April 2004 gravierende Beeinträchtigungen des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers festgestellt. Der Beurteilung des Internisten, Arbeits- und Sozialmediziners Dr.M. , der in seinem Gutachten vom 05.10.2007 keine neuen Befunde erhoben habe, könne nicht gefolgt werden. Darüber hinaus habe der Kläger seine selbstständige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen erst am 31.12.2003 aufgegeben. Im Hinblick auf die bisher eingeholten Gutachten könne aus beratungsärztlicher Sicht frühestens ab 31.12.2003 mit Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit von einer deutlichen Leistungseinschränkung des Klägers ausgegangen werden.
Das Gericht hat die Akte der Beklagten, des SG und die Schwerbehindertenakte des ZBFS Region Unterfranken beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 10.10.2006 ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung ist auch begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der Fassung ab 01.01.2001 ab 01.04.2004 zu, denn bei ihm ist im April 2001 der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung eingetreten und er hat die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 43 Abs 2 Satz 1 Nrn 2 und 3 SGB VI n.F. erfüllt.
Seit April 2001 war der Kläger nämlich aufgrund der Notwendigkeit mehrfacher täglicher Pausen von jeweils 30 Minuten weder in der Lage, seinen bisherigen Beruf des Mess- und Regeltechnikers noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter betriebsüblichen Bedingungen zu verrichten. Als Folge hiervon ist - da eine ihm gesundheitlich zumutbare Verweisungstätigkeit nicht konkret benannt werden kann - seit diesem Zeitpunkt von einem für ihn verschlossenen Arbeitsmarkt auszugehen (siehe hierzu BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 136 = NZA 1987, 38). Das quantitative Leistungsvermögen des Klägers war im Zeitraum von April 2001 bis November 2003 auf drei bis unter sechs Stunden täglich und ist seit Dezember 2003 auf unter drei Stunden täglich herabgesunken.
Zu dieser Überzeugung gelangte der Senat aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr.M. in seinem Gutachten vom 05.10.2007, das nach einer Untersuchung des Klägers am 19.07.2007 unter Würdigung der in den Akten enthaltenen ärztlichen Unterlagen und Auseinandersetzung mit den Vorgutachten erstattet worden ist. Danach sind beim Kläger im Zeitraum vom 15.02.2001 bis 20.04.2001 folgende Gesundheitsstörungen dokumentiert: - Leistungsminderung, Belastungseinschränkung, Luftnot, Schweißneigung - Glieder- und Gelenkschmerzen, Schwellung einiger kleiner Gliedmaßengelenke - Polyneuropathie der unteren Extremitäten mit Gangunsicherheit - Fingerspitzennekrosen und Ulcusbildung linker Ellenbogen (Vaskulitisfolgen an der Haut) - Schwerhörigkeit und Ohrgeräusche beidseits, links stärker als rechts, nach Hörstürzen - Sehschädigung linkes Auge bei Entzündungen der mittleren Au genhaut und der Uvea - Wegener sche Granulomatose mit Lungenbeteiligung ohne Funkti onseinschränkung und Nierenbeteiligung (Mikrohämaturie und Proteinurie) ohne Beeinträchtigung der Nierenfunktion - Cluster-Kopfschmerzen.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger aufgrund der Auswirkungen seines chronischen Cluster-Kopfschmerzes, die wegen der Notwendigkeit der Sauerstoffbehandlung täglich mehrfache Arbeitsunterbrechungen von jeweils 30 Minuten erforderlich machten, nach § 4 Satz 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) nicht vorgesehene Pausen benötigte. Nach dieser Vorschrift ist die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und ... zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Die vom Kläger benötigten Pausen sind somit im ArbZG nicht vorgesehen. Rechtliche Folge hiervon ist, dass der Kläger spätestens seit April 2001 Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten konnte.
Dass bereits seit diesem Zeitpunkt beim Kläger Kopfschmerzen in einem Schweregrad vorhanden waren, der im Oktober 2001 zu einer stationären Untersuchung in der Neurologischen Klinik des L.-Krankenhauses S. führte, ergibt sich - worauf der ärztliche Sachverständige Dr.M. zu Recht hinweist - aus dem Arztbrief des L.-Krankenhauses vom 18.10.2001. In der Anamnese dieses Arztbriefs war festgehalten, dass der Kläger bei Aufnahme berichtet habe, dass er seit April des Jahres häufig an links frontal betonten Kopfschmerzen leide, welche meistens ca. einen Tag anhalten würden (zwischen einem halben Tag und mehreren Tagen), dabei werde fast immer gleichzeitig das linke Auge rot, selten komme es zu Tränenlaufen. Aufgrund dieser Untersuchung im L.-Krankenhaus besteht an der Diagnose eines Cluster-Kopfschmerz-Leidens kein Zweifel. Bei Würdigung der in den Akten enthaltenen Befunde und glaubhaften Angaben des Klägers besteht auch keine Veranlassung, das Kopfschmerzleiden dieses Schweregrades spätestens seit April des Jahres 2001 anzuzweifeln. Bei seiner Untersuchung durch Dr.M. hat der Kläger berichtet, dass er schon Anfang der 90er Jahre linksseitige Kopfschmerzen gehabt habe, die von seinem Arzt als Migräne bezeichnet und von einem Orthopäden auf Veränderungen an der Halswirbelsäule zurückgeführt worden seien. Die Behandlung sei mehr oder weniger erfolglos verlaufen. Erstmalig im L.-Krankenhaus habe man reinen Sauerstoff zur Behandlung der Anfälle eingesetzt mit gleichzeitiger Anwendung von Voltaren-Dispers. Seit Oktober 2001 führe er die Behandlung mit Sauerstoff durch und könne sich nicht erinnern, dass er jemals über eine längere Zeit, d.h. wenigstens für ein paar Tage, mit der Sauerstoffbehandlung habe pausieren können.
Für das Vorliegen regelmäßiger und häufiger Kopfschmerzattacken seit April 2001 spricht auch die Bestätigung des Hausarztes des Klägers Dr.G. vom 12.06.2006 und der Arztbesuch des Klägers im Februar 2002 beim Nervenarzt Dr.H ... Dabei wurden seine Kopfschmerzen als äußerst intensiv, also mehrmals täglich auftretend und allein mit Sauerstoffinhalation behandelbar, beschrieben, wohingegen die Prophylaxe-Behandlung mit dem Medikament Verapamil, die von den Ärzten des L.-Krankenhauses im Oktober 2001 vorgeschlagen worden war, als weniger wirksam beurteilt worden ist. Somit ist den ärztlichen Unterlagen zu entnehmen, dass beim Kläger bereits im April 2001 hinsichtlich seiner Kopfschmerzattacken ein vergleichbarer Zustand bestanden hat, wie er im Oktober 2001 im L.-Krankenhauses vorgefunden worden ist und wie er seither praktisch ununterbrochen fortbesteht. Die Angaben des Klägers gegenüber Dr.M. , er könne damit rechnen, dass er zwei- bis dreimal am Tag Kopfschmerzen habe, die er mit Sauerstoffeinatmung bei gleichzeitiger Einnahme von Voltaren-Dispers behandele (abgesehen von wenigen kurzen Phasen, in denen die Anfälle nur einmal am Tag oder gar einmal einen Tag überhaupt nicht aufgetreten seien), sind glaubhaft. Deshalb ist auch von einem chronischen Cluster-Kopfschmerz zu sprechen.
In diesem Zusammenhang weist der gerichtliche Sachverständige Dr.M. zutreffend darauf hin, dass die wirkungslose Prophylaxebehandlung und die fortdauernden und in der Regel täglich sogar mehrfach anhaltenden heftigen Kopfschmerzattacken deutlich von dem Zustand abweichen, den der Arbeitsmediziner Dr.S. in seiner Stellungnahme vom Juni 2006 zugrunde gelegt hat. Dieser geht nämlich zumindest für die Zeit bis zur Antragstellung im April 2004 von einer zureichenden prophylaktischen und Akut-Behandelbarkeit der Kopfschmerzen aus. Dass diese Unterstellung offensichtlich unzutreffend ist, ergibt sich aus den Schilderungen des Klägers und dem Arztbrief von Dr.H. vom 26.02.2002. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass Dr.S. eine genaue Differenzierung des Verlaufs der zeitlichen beruflichen Belastbarkeit des Klägers aufgrund der damals zur Verfügung stehenden Unterlagen für nicht möglich gehalten hat und Dr.M. anlässlich der Gutachtenserstellung weitere ärztliche Behandlungsunterlagen beigezogen hat.
Die Annahme einer wirkungslosen Prophylaxebehandlung und einer nicht möglichen Akut-Behandelbarkeit der Kopfschmerzen wird auch nicht durch den Arztbrief der Frau Dr.H. über eine im März 2002 durchgeführte ambulante Untersuchung des Klägers widerlegt, soweit darin ausgeführt ist, dass die "Kopfschmerzintervalle gebessert" seien. Für den Kläger hat nämlich bereits das nur einmalige Auftreten einer Kopfschmerzattacke pro Tag schon eine Besserung bedeutet. Vielmehr dokumentieren die Berichte von Frau Dr.H. die Fortdauer der Kopfschmerzattacken und deren beeinträchtigenden Charakter für den Kläger auch in den Jahren 2003 und 2004 (s. Arztbriefe vom 23.04.2003, 17.02.2004, 03.06.2004 und 08.09.2004). Die darin enthaltenen Formulierungen, wie "im Vordergrund stehen intermittierende Kopfschmerzen" und "Hauptproblem Kopfschmerzen", weisen darauf hin, dass die Auswirkungen des chronischen Kopfschmerzleidens die der Wegener schen Granulomatose erheblich überlagerten und zumindest zeitweise gegenüber diesen sogar im Vordergrund standen.
Die umfangreichen Unterlagen aus der Zeit der Diagnosestellung der Wegener schen Granulomatose von Februar bis April 2001 dokumentieren eine deutliche klinische und humorale Krankheitsaktivität und - trotz bereits zuvor eingeleiteter Kortisonbehandlung - Glieder- und Gelenkschmerzen sowie eine allgemeine Leistungsminderung. In der Zeit der noch laufenden diagnostischen Maßnahmen kam es zu einem deutlichen Voranschreiten der bereits vorbestehenden Polyneuropathie der Beine mit strumpfförmig ausgeprägter Sensibilitätsstörung, weitgehendem Erlöschen der Tiefensensibilität und zunehmender Gangunsicherheit, was im Arztbrief von Frau Dr.H. vom 22.08.2001 als "fast pseudoataktisch und cerebellär" beschrieben worden ist. An diesem Zustand hat sich bis jetzt nichts geändert. Bei nachfolgender Beteiligung von Augen und Ohrnerven bestand linksseitig eine nur mäßig bis auf einen Visus von 0,32 korrigierbare Sehschädigung und - als Folge von Hörstürzen - eine beiderseitige Schwerhörigkeit, die nach dem Urteil der behandelnden HNO-Ärztin mit Hörgeräten versorgt werden sollte. Der Kläger hatte nämlich durch die Schwerhörigkeit beruflich Verständigungsprobleme.
Die Arztberichte der Frau Dr.H. über ambulante Vorstellungen des Klägers im Zeitraum von Juni 2001 bis August 2004 belegen, dass sich weder aufgrund der Behandlung der Wegener schen Granulomatose noch bei der Kopfschmerzproblematik eine wesentliche Besserung eingestellt hat.
Dieser Beurteilung des quantitativen und qualitativen Leistungsvermögens des Klägers stehen nicht die Stellungnahmen des Internisten Dr.K. , der Ärztin L. und des Nervenarztes Dr.K. entgegen. Dr.K. hat nämlich die Kopfschmerzsymptomatik als einen wesentlichen Aspekt des Gesamtleidenszustandes des Klägers unberücksichtigt gelassen. Auch nach dem Urteil von Frau Dr.H. überwog diese im Hinblick auf den Leidenszustand des Klägers zeitweise die Folgen der Wegener schen Granulomatose (siehe Arztbriefe von Frau Dr.H. vom April 2002 und April 2003). Der sozialmedizinischen Beurteilung des Nervenarztes Dr.K. , die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers wirke sich lediglich insoweit aus, als dieser für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als freiberuflicher Sicherheitsingenieur im Außendienst keine Einsatzfähigkeit mehr habe, ihm jedoch noch körperlich leichte Tätigkeiten ohne besondere Stressfaktoren mit klar strukturierten Arbeitsabläufen vollschichtig zumutbar seien, vermag der Senat nicht zu folgen. Frau L. und Dr.K. erklären die allgemeine Erschöpfungssymptomatik des Klägers lediglich als Folge eines depressiven Syndroms, dessen Ursache sie nicht näher diskutieren. Dabei wird übersehen, dass allein die Wegener sche Granulomatose auch bei laufender Basistherapie und auch unter permanenter Schmerztherapie mit Tramal mit einer Belastungsschwäche, diffusen Gliederschmerzen und vegetativen Störungen einhergehen kann, was beim Kläger der Fall war. Der Kläger hat auch - was von Dr.K. und Dr.K. übersehen wird - die immunsuppressive Dauerbehandlung mit Metrotrexat als belastend empfunden, da sie jeweils nach der wöchentlichen Einnahme mit länger anhaltender Benommenheit, Übelkeit und mit vorübergehend verstärkten Gliederschmerzen verbunden war. Dass die Metrotrexat-Behandlung vom Kläger nicht problemlos vertragen wurde, geht auch aus seinen Angaben gegenüber Dr.M. hervor, wird aber auch im Arztbrief von Frau Dr.H. von Anfang 2004 erwähnt.
Den gutachterlichen Ausführungen des im Klageverfahren gehörten Internisten und Arbeitsmediziners Dr.S. , wonach das Leistungsvermögen des Klägers erst ab April 2004 in den unter dreistündigen Bereich herabgesunken sei und er bis zu diesem Zeitpunkt Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu betriebsüblichen Bedingungen mindestens sechs Stunden täglich habe verrichten können, ist nicht zuzustimmen. Insoweit stützt Dr.S. seine Beurteilung auf den Brief des L.-Krankenhauses, wonach damals eine durchaus noch hinreichende Behandelbarkeit der Kopfschmerzen angenommen bzw. in Aussicht gestellt worden ist. Bei der sozialmedizinischen Beurteilung ist jedoch nicht darauf abzustellen, dass eine günstige Prognose gestellt worden ist, wenn die Prognose in der Folgezeit widerlegt worden ist. Vielmehr geht aus den ärztlichen Unterlagen hervor, dass der Kläger bereits im Februar 2002 wegen seiner Kopfschmerzen erneut nervenärztlichen Rat einholte, weil sich die Hoffnung auf eine Prophylaxe der Kopfschmerzattacken mittels Verapamil, wie von der Neurologischen Klinik des L.-Krankenhauses vorgeschlagen, nicht erfüllt hatte und lediglich Sauerstoffinhalationen zur Akut-Behandlung wirksam waren. Dass sich die günstige Prognose des L.-Krankenhauses nicht bestätigt hat, ergibt sich aus der Beschwerdesymptomatik des Klägers in der Folgezeit, wie sie in den ärztlichen Unterlagen dokumentiert ist. Darüber hinaus spricht gegen die von Dr.S. vertretene Annahme eines vollschichtigen Leistungsvermögens des Klägers bis April 2004, dass - worauf Dr.M. zutreffend hinweist - die Grenze des dreistündigen Leistungsvermögens des Klägers nicht durch eine plötzliche gesundheitliche Verschlechterung unterschritten ist, sondern durch ein allmähliches Versagen seiner nervlich-seelischen Ressourcen aufgrund der langen Dauer der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen. Die Abmeldung des eigenen Betriebs durch den Kläger Ende 2003 ist mit dem Zeitpunkt gleichzusetzen, von dem an das zeitliche Leistungsvermögen von bis dahin zumindest drei bis unter sechs Stunden auf unter drei Stunden abgesunken war.
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Erwerbsminderung des Klägers nicht die von 1999 bis Ende 2003 ausgeübte Tätigkeit als selbstständiger Sicherheitsingenieur entgegen. Zwar soll die tatsächliche Arbeitsleistung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein Beweismittel sein, das die vom medizinischen Sachverständigen angenommene Erwerbsminderung widerlegen kann, sodass ihr in der Regel ein stärkerer Beweiswert zukommen soll als den medizinischen Befunden (BSG SozR 2200 § 12 RdNr 147 Nr 12; kritisch hierzu GK - SGB VI § 43 RdNr 124 ff). Dies gilt jedoch nicht, wenn die Arbeitsleistung nicht Ausdruck eines echten Leistungsvermögens ist. Wird eine Tätigkeit nur unter unzumutbaren Schmerzen, einer unzumutbaren Anspannung der Willenskraft oder auf Kosten der Gesundheit verrichtet, wird die Erwerbsminderung dadurch nicht ausgeschlossen (BSG SozR Nr 58 zu § 1246 RVO; BSGE 28, 271 = SozR Nr 17 zu § 1247 RVO = NJW 1969, 446; BSGE 51, 133 = SozR 2200 § 1247 Nr 31; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 101).
In Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen Dr.M. geht der Senat davon aus, dass der Kläger bereits ab 2000 und somit jedenfalls auch ab April 2001 aufgrund eines deutlich verminderten Leistungsvermögens seine freiberufliche Tätigkeit nur unter einem übermäßigen Energieaufwand und aufgrund des auf seine gesundheitlichen Einschränkungen angepassten Zuschnitts ausüben konnte. Die Angaben des Klägers gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr.M. , er habe ab 2000 zunehmend häufiger festgelegte Termine in den Betrieben für Begehungen und Besprechungen krankheitshalber absagen bzw. verschieben müssen, im Verlaufe des Jahres 2002 habe die Bayer. H. den Betreuungsvertrag für die bis dahin von ihm betreuten Filialen gekündigt, er habe dann bis Ende 2003 noch die übrigen Einrichtungen, die er als Sicherheitsingenieur betreut habe, von sich aus aufgegeben und seinen Betrieb abgemeldet, weil er sich dieser Aufgabe nicht mehr gewachsen gefühlt habe, sind glaubhaft. Der Verlauf der letzten Jahre des Berufslebens des Klägers macht deutlich, dass ab 2000, mithin auch ab April 2001, beim Kläger ein deutlich vermindertes Leistungsvermögen vorgelegen hat und eine Fortführung der Arbeit für ihn nur aufgrund seiner freiberuflichen Arbeitsweise und mit zunehmender Willenskraft möglich war. Auch in der Berufungsbegründung vom 21.11.2006 hat der Kläger nachvollziehbar vorgetragen, dass er ab 1999 einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht mehr habe nachgehen können; wenigstens an einem Tag, oftmals an drei Tagen in der Woche habe er nicht arbeiten können. Die Wahrnehmung von Außenterminen sei stark eingeschränkt gewesen, seine finanzielle Situation habe sich von Jahr zu Jahr verschlechtert.
Die starke Einschränkung der Wahrnehmung von Außenterminen und die überdurchschnittlich häufigen krankheitsbedingten Ausfälle lassen den Schluss zu, dass ihm die Ausübung seiner freiberuflichen Tätigkeit - wie geschehen - nur aufgrund eines seinen gesundheitlichen Einschränkungen angepassten Zuschnitts überhaupt möglich war, sodass diese für ihn günstig ausgestaltete Tätigkeit einer Erwerbsminderung i.S. des § 43 SGB VI nF nicht entgegensteht (entsprechend steht auch eine vom Regelfall abweichende günstige Arbeitsgelegenheit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung der Erwerbsminderung nicht entgegen, z.B. ungewöhnliche Gestaltung des Arbeitsplatzes, die den Einsatz überhaupt erst möglich macht, BSG SozR Nr 24 zu § 1246 RVO).
Auf seine selbstständige Tätigkeit als freiberuflicher Sicherheitsingenieur kann der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt April 2001 nicht verwiesen werden (s. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 34 = NZS 1993, 82), denn der Kläger hat - wie bereits dargelegt - diese Tätigkeit seit 2000 nur unter unzumutbarer Willensanstrengung und aufgrund eines übermäßigen Energieaufwands sowie aufgrund des - seinen Leistungseinschränkungen angepassten - besonderen Zuschnitts seiner Tätigkeit ausgeübt.
Die Rente wegen voller Erwerbsminderung war gemäß § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI n.F. unbefristet zu leisten. Nach dieser Vorschrift werden Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall aufgrund der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen erfüllt. Insbesondere hat der Krankheitsverlauf des chronischen Cluster-Kopfschmerzes gezeigt, dass sich die Prognose der Neurologischen Klinik des L.-Krankenhauses, eine Prophylaxebehandlung der Kopfschmerzattacken sei möglich, nachträglich als unrichtig herausgestellt hat.
Zum Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalls der Erwerbsminderung im April 2001 hatte der Kläger auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI nF (drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit) und die allgemeine Wartezeit gemäß § 43 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI nF erfüllt.
Nach alledem war auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.10.2006 und der Bescheid vom 24.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalles der vollen Erwerbsminderung im April 2001 ab 01.04.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1951 geborene Kläger erlernte im Zeitraum vom 01.09.1965 bis 31.08.1968 den Beruf eines Betriebselektrikers und war anschließend bis 1975 als Elektriker versicherungspflichtig beschäftigt. Von September 1975 bis 1977 besuchte der Kläger eine Fachschule zur Ausbildung als Mess- und Regeltechniker und war von 1977 bis 30.06.1999 als Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sicherheitsingenieur), zuletzt bei der H. in M. , beschäftigt. Vom 01.07.1999 an machte sich der Kläger selbstständig und übte bis Dezember 2003 freiberuflich die Tätigkeit eines Sicherheitsingenieurs aus.
Am 14.04.2004 stellte der Kläger unter Übersendung ärztlicher Unterlagen bei der Beklagten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Im März 2001 sei bei ihm die Diagnose "Morbus Wegener" gestellt worden. Seit Mitte 1998 habe er regelmäßig (alle vier bis sechs Wochen) Entzündungen im linken Augenbereich gehabt, eitrige Entzündungen im Ellenbogenbereich links, Sehstörungen, Muskel- und Gliederschmerzen, beginnende Gefühllosigkeit im linken Fuß vom Knöchel abwärts. Im Juni 2000 habe er einen Hörsturz (links) erlitten. Von da an habe er unter Hörschwäche und einem Tinnitus links gelitten. Anfang 2001 hätten die Fingerspitzen an beiden Händen begonnen abzusterben (Schwarzfärbung). Während des stationären Aufenthaltes in der Klinik nach einer Lungenoperation habe er einen weiteren Hörsturz erlitten, dieses Mal auf der rechten Seite, wieder mit Einschränkung der Hörfähigkeit und Tinnitus auch rechts. Die Fehlsichtigkeit links habe im Laufe der Zeit erheblich zugenommen und das Autofahren immer beschwerlicher und damit auch gefährlicher gemacht. Während der ganzen Zeit habe er über heftige Kopfschmerzattacken gelitten, wegen der er stationär in der Neurologischen Klinik in S. gewesen sei. Der anschließend von der Beklagten beauftragte Privatdozent Dr.K. vertrat in seinem Gutachten vom 16.07.2004 nach ambulanter Untersuchung des Klägers die Auffassung, dass der Kläger als freiberuflicher Sicherheitsingenieur täglich noch sechs Stunden und mehr einsetzbar sei. Die "Wegener sche Granulomatose" manifestiere sich bei dem Kläger an den Lungen, den Nieren und auch an Augen und Ohren. Aus internistischer Sicht seien jedoch keine Einschränkungen zu erkennen. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.08.2004 den Rentenantrag des Klägers ab. Er sei in der Lage, in seinem bisherigen Beruf als freiberuflicher Sicherheitsingenieur mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Zudem seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Antrag vom 14.04.2004 nicht erfüllt. Mit Widerspruch vom 01.09.2004 hiergegen trug der Kläger insbesondere vor, dass die intensiven und häufigen Bing-Horton-Attacken einen geregelten Tagesablauf nicht zuließen. Die Folgen zweier Hörstürze, Schwerhörigkeit beidseits mit Tinnitus seien im Bescheid nicht berücksichtigt worden. Wegen seiner Polyneuropathie sei erst ca. zwei Stunden nach dem Aufstehen ein einigermaßen erträglicher Zustand vorhanden. Durch die Gefühllosigkeit in beiden Füßen sei beim Treppensteigen wegen permanenter Stolpergefahr ständig erhöhte Vorsicht anzuwenden. Stundenlange Betriebsbegehungen sowie das Besteigen von Leitern oder Steigeisengängen, das beruflich bei ihm sehr häufig vorgekommen sei, habe er zum Schluss seiner Tätigkeit nicht mehr durchführen können. Nach Beiziehung ärztlicher Behandlungsunterlagen erstattete anschließend der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie Dr.K. nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 30.11.2004 ein Gutachten und vertrat darin die Auffassung, dass der Kläger als Fachkraft für Arbeitssicherheit täglich sechs Stunden und mehr einsetzbar sei. Seit 01.04.2004 sei bei ihm als freiberuflicher Sicherheitsingenieur keine Belastbarkeit mehr gegeben. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2005 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 03.05.2005 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und zur Begründung Atteste der behandelnden Ärzte Dr.G. und Frau Dr.H. beigelegt. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen hat der Internist und Arbeitsmediziner Dr.S. im Auftrag des SG am 30.05.2006 ein Gutachten erstattet und am 22.06.2006 ergänzend Stellung genommen. Er ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass sich eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit nach dem klinischen Entlassungsbericht vom Februar 2001 bereits seit Beginn der stationären Behandlung vom 26.02.2001 ergebe; hierbei lasse sich jedoch eine fortbestehende Einschränkung der zeitlichen Belastbarkeit in den unter sechsstündigen Bereich zunächst nicht hinreichend belegen, wobei bei eingetretener Verschlechterung zumindest seit Antragstellung vom April 2004 dann ein nur noch unter dreistündiges Leistungsvermögen angenommen werden könne. Dabei sei von besonderer Bedeutung, dass ein später stark im Vordergrund stehender schwergradiger Kopfschmerz im April 2001 noch nicht vorgelegen habe. Diesbezüglich sei der Entlassungsbericht der Nervenklinik des L.-Krankenhauses vom November 2001 von besonderer Bedeutung, in dem dargelegt werde, dass eine hinreichende Behandelbarkeit der Kopfschmerzattacken angenommen werde.
Mit Urteil vom 10.10.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr.S. gehe die Kammer davon aus, dass eine Erwerbsminderung des Klägers vor April 2004 nicht nachgewiesen sei. Damit lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rentengewährung nicht vor. Aus dem Befundbericht des Bezirksklinikums K. vom Februar 2001 könne noch keine Erwerbsminderung abgeleitet werden. Im Entlassungsbericht vom April 2001 werde die Verdachtsdiagnose einer Wegener schen Granulomatose mit Manifestation im Bereich der Lungen durch feingewebliche Untersuchungen bestätigt. Eine Beeinträchtigung des beruflichen zeitlichen Leistungsvermögens als Dauerzustand ergebe sich hieraus jedoch nicht. Insbesondere sei der nunmehr im Vordergrund stehende schwergradige Kopfschmerz damals noch nicht befundet worden. Auch der Kläger selbst habe sowohl in seinem Rentenantrag vom April 2004 als auch in seinem Widerspruchsschreiben vom 30.08.2004 und bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr.S. am 30.05.2006 angegeben, dass eine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes erst im Jahr 2004 eingetreten sei.
Hiergegen richtet sich die beim SG am 13.11.2006 und beim Bayer.Landessozialgericht am 16.11.2006 eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung der Berufung macht der Kläger geltend, er sei jedenfalls ab April 2001 nicht mehr in der Lage gewesen, sechs Stunden oder mehr einer leichten Tätigkeit nachzugehen. Im Hinblick auf seine verschlechternden Gesundheitsverhältnisse habe er sich ab Juni 1999 selbstständig gemacht. Bereits ab 1999 habe er einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen können. Wenigstens an einem Tag, oftmals an drei Tagen in der Woche, habe er nicht arbeiten können. Die Wahrnehmung von Außenterminen sei auch stark eingeschränkt gewesen, seine finanzielle Situation habe sich von Jahr zu Jahr verschlechtert. Als Anfang des Jahres 2001 die Diagnosen der Wegener schen Granulomatose und des Bing-Horton-Kopfschmerzes erhoben worden seien, sei aufgrund der Einnahme von Medikamenten mit erheblichen Nebenwirkungen eine weitere erhebliche Einbuße seiner Leistungsfähigkeit eingetreten. Zudem habe sich die bei ihm bestehende Polyneuropathie in den Beinen, die im Widerspruchsverfahren bzw. im Klageverfahren kaum Beachtung gefunden hätte, in einer Standunsicherheit in den Beinen aufgrund einer weitgehenden Gefühllosigkeit manifestiert. Er habe ab Anfang 2000 eine Tätigkeit ausgeübt, die auf seine schlechten gesundheitlichen Verhältnisse zugeschnitten gewesen sei. Seitens seines Hausarztes Dr.G. sei in einer Bescheinigung vom 12.06.2006 festgestellt worden, dass bei ihm Erwerbsminderung seit Februar 2001 vorliege. Zu einer ähnlichen Feststellung hinsichtlich der quantitativen Einschränkungen sei die Chefärztin Dr.H. von der Klinik für internistische Rheumatologie in K. gelangt. Sie habe ihn ab Februar 2001 nur noch für leichte Tätigkeiten für weniger als drei Stunden leistungsfähig gehalten.
Nach Einholung von Auskünften der Beklagten, der Barmer Ersatzkasse B. vom 29.01.2007, der H. München vom 23.05.2007 und Beiziehung ärztlicher Behandlungsunterlagen hat der Internist, Arbeitsmediziner und Sozialmediziner Dr.M. nach Untersuchung des Klägers vom 19.07.2007 am 05.10.2007 ein Gutachten erstattet und ist darin zu dem Ergebnis gelangt, dass das Leistungsvermögen des Klägers im Zeitraum ab April 2001 (Hinzutreten der Kopfschmerzerkrankung) auf weniger als sechs Stunden herabgesunken sei, jedoch noch mindestens drei Stunden täglich betragen habe. Ab Dezember 2003 habe sich die Einsatzfähigkeit des Klägers auf weniger als drei Stunden täglich reduziert. Zur Stellungnahme der Beklagten vom 06.11.2007 hat sich der gerichtliche Sachverständige mit Schreiben vom 07.12.2007 und auf gerichtliche Anfrage vom 07.04.2008 mit Schreiben vom 07.04.2008 ergänzend geäußert.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.10.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Annahme eines im April 2001 eingetretenen Leistungsfalls der vollen Erwerbsminderung Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.04.2004 auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Für den vom Kläger begehrten Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung im April 2001 ergäben sich keine Anhaltspunkte. Der Sachverständige Dr.K. habe am 16.07.2004 in seinem internistischen Gutachten ein vollschichtiges Leistungsvermögen festgestellt. Der Gutachter Dr.K. habe anlässlich der Untersuchung am 25.11.2004 in seinem neurologischen Gutachten ebenfalls ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestätigt. Der Gerichtsgutachter Dr.S. habe in seinem Gutachten vom 30.05.2006 einschließlich ergänzender Stellungnahme vom 22.06.2006 seit April 2004 gravierende Beeinträchtigungen des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers festgestellt. Der Beurteilung des Internisten, Arbeits- und Sozialmediziners Dr.M. , der in seinem Gutachten vom 05.10.2007 keine neuen Befunde erhoben habe, könne nicht gefolgt werden. Darüber hinaus habe der Kläger seine selbstständige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen erst am 31.12.2003 aufgegeben. Im Hinblick auf die bisher eingeholten Gutachten könne aus beratungsärztlicher Sicht frühestens ab 31.12.2003 mit Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit von einer deutlichen Leistungseinschränkung des Klägers ausgegangen werden.
Das Gericht hat die Akte der Beklagten, des SG und die Schwerbehindertenakte des ZBFS Region Unterfranken beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 10.10.2006 ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung ist auch begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der Fassung ab 01.01.2001 ab 01.04.2004 zu, denn bei ihm ist im April 2001 der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung eingetreten und er hat die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 43 Abs 2 Satz 1 Nrn 2 und 3 SGB VI n.F. erfüllt.
Seit April 2001 war der Kläger nämlich aufgrund der Notwendigkeit mehrfacher täglicher Pausen von jeweils 30 Minuten weder in der Lage, seinen bisherigen Beruf des Mess- und Regeltechnikers noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter betriebsüblichen Bedingungen zu verrichten. Als Folge hiervon ist - da eine ihm gesundheitlich zumutbare Verweisungstätigkeit nicht konkret benannt werden kann - seit diesem Zeitpunkt von einem für ihn verschlossenen Arbeitsmarkt auszugehen (siehe hierzu BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 136 = NZA 1987, 38). Das quantitative Leistungsvermögen des Klägers war im Zeitraum von April 2001 bis November 2003 auf drei bis unter sechs Stunden täglich und ist seit Dezember 2003 auf unter drei Stunden täglich herabgesunken.
Zu dieser Überzeugung gelangte der Senat aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr.M. in seinem Gutachten vom 05.10.2007, das nach einer Untersuchung des Klägers am 19.07.2007 unter Würdigung der in den Akten enthaltenen ärztlichen Unterlagen und Auseinandersetzung mit den Vorgutachten erstattet worden ist. Danach sind beim Kläger im Zeitraum vom 15.02.2001 bis 20.04.2001 folgende Gesundheitsstörungen dokumentiert: - Leistungsminderung, Belastungseinschränkung, Luftnot, Schweißneigung - Glieder- und Gelenkschmerzen, Schwellung einiger kleiner Gliedmaßengelenke - Polyneuropathie der unteren Extremitäten mit Gangunsicherheit - Fingerspitzennekrosen und Ulcusbildung linker Ellenbogen (Vaskulitisfolgen an der Haut) - Schwerhörigkeit und Ohrgeräusche beidseits, links stärker als rechts, nach Hörstürzen - Sehschädigung linkes Auge bei Entzündungen der mittleren Au genhaut und der Uvea - Wegener sche Granulomatose mit Lungenbeteiligung ohne Funkti onseinschränkung und Nierenbeteiligung (Mikrohämaturie und Proteinurie) ohne Beeinträchtigung der Nierenfunktion - Cluster-Kopfschmerzen.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger aufgrund der Auswirkungen seines chronischen Cluster-Kopfschmerzes, die wegen der Notwendigkeit der Sauerstoffbehandlung täglich mehrfache Arbeitsunterbrechungen von jeweils 30 Minuten erforderlich machten, nach § 4 Satz 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) nicht vorgesehene Pausen benötigte. Nach dieser Vorschrift ist die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und ... zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Die vom Kläger benötigten Pausen sind somit im ArbZG nicht vorgesehen. Rechtliche Folge hiervon ist, dass der Kläger spätestens seit April 2001 Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten konnte.
Dass bereits seit diesem Zeitpunkt beim Kläger Kopfschmerzen in einem Schweregrad vorhanden waren, der im Oktober 2001 zu einer stationären Untersuchung in der Neurologischen Klinik des L.-Krankenhauses S. führte, ergibt sich - worauf der ärztliche Sachverständige Dr.M. zu Recht hinweist - aus dem Arztbrief des L.-Krankenhauses vom 18.10.2001. In der Anamnese dieses Arztbriefs war festgehalten, dass der Kläger bei Aufnahme berichtet habe, dass er seit April des Jahres häufig an links frontal betonten Kopfschmerzen leide, welche meistens ca. einen Tag anhalten würden (zwischen einem halben Tag und mehreren Tagen), dabei werde fast immer gleichzeitig das linke Auge rot, selten komme es zu Tränenlaufen. Aufgrund dieser Untersuchung im L.-Krankenhaus besteht an der Diagnose eines Cluster-Kopfschmerz-Leidens kein Zweifel. Bei Würdigung der in den Akten enthaltenen Befunde und glaubhaften Angaben des Klägers besteht auch keine Veranlassung, das Kopfschmerzleiden dieses Schweregrades spätestens seit April des Jahres 2001 anzuzweifeln. Bei seiner Untersuchung durch Dr.M. hat der Kläger berichtet, dass er schon Anfang der 90er Jahre linksseitige Kopfschmerzen gehabt habe, die von seinem Arzt als Migräne bezeichnet und von einem Orthopäden auf Veränderungen an der Halswirbelsäule zurückgeführt worden seien. Die Behandlung sei mehr oder weniger erfolglos verlaufen. Erstmalig im L.-Krankenhaus habe man reinen Sauerstoff zur Behandlung der Anfälle eingesetzt mit gleichzeitiger Anwendung von Voltaren-Dispers. Seit Oktober 2001 führe er die Behandlung mit Sauerstoff durch und könne sich nicht erinnern, dass er jemals über eine längere Zeit, d.h. wenigstens für ein paar Tage, mit der Sauerstoffbehandlung habe pausieren können.
Für das Vorliegen regelmäßiger und häufiger Kopfschmerzattacken seit April 2001 spricht auch die Bestätigung des Hausarztes des Klägers Dr.G. vom 12.06.2006 und der Arztbesuch des Klägers im Februar 2002 beim Nervenarzt Dr.H ... Dabei wurden seine Kopfschmerzen als äußerst intensiv, also mehrmals täglich auftretend und allein mit Sauerstoffinhalation behandelbar, beschrieben, wohingegen die Prophylaxe-Behandlung mit dem Medikament Verapamil, die von den Ärzten des L.-Krankenhauses im Oktober 2001 vorgeschlagen worden war, als weniger wirksam beurteilt worden ist. Somit ist den ärztlichen Unterlagen zu entnehmen, dass beim Kläger bereits im April 2001 hinsichtlich seiner Kopfschmerzattacken ein vergleichbarer Zustand bestanden hat, wie er im Oktober 2001 im L.-Krankenhauses vorgefunden worden ist und wie er seither praktisch ununterbrochen fortbesteht. Die Angaben des Klägers gegenüber Dr.M. , er könne damit rechnen, dass er zwei- bis dreimal am Tag Kopfschmerzen habe, die er mit Sauerstoffeinatmung bei gleichzeitiger Einnahme von Voltaren-Dispers behandele (abgesehen von wenigen kurzen Phasen, in denen die Anfälle nur einmal am Tag oder gar einmal einen Tag überhaupt nicht aufgetreten seien), sind glaubhaft. Deshalb ist auch von einem chronischen Cluster-Kopfschmerz zu sprechen.
In diesem Zusammenhang weist der gerichtliche Sachverständige Dr.M. zutreffend darauf hin, dass die wirkungslose Prophylaxebehandlung und die fortdauernden und in der Regel täglich sogar mehrfach anhaltenden heftigen Kopfschmerzattacken deutlich von dem Zustand abweichen, den der Arbeitsmediziner Dr.S. in seiner Stellungnahme vom Juni 2006 zugrunde gelegt hat. Dieser geht nämlich zumindest für die Zeit bis zur Antragstellung im April 2004 von einer zureichenden prophylaktischen und Akut-Behandelbarkeit der Kopfschmerzen aus. Dass diese Unterstellung offensichtlich unzutreffend ist, ergibt sich aus den Schilderungen des Klägers und dem Arztbrief von Dr.H. vom 26.02.2002. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass Dr.S. eine genaue Differenzierung des Verlaufs der zeitlichen beruflichen Belastbarkeit des Klägers aufgrund der damals zur Verfügung stehenden Unterlagen für nicht möglich gehalten hat und Dr.M. anlässlich der Gutachtenserstellung weitere ärztliche Behandlungsunterlagen beigezogen hat.
Die Annahme einer wirkungslosen Prophylaxebehandlung und einer nicht möglichen Akut-Behandelbarkeit der Kopfschmerzen wird auch nicht durch den Arztbrief der Frau Dr.H. über eine im März 2002 durchgeführte ambulante Untersuchung des Klägers widerlegt, soweit darin ausgeführt ist, dass die "Kopfschmerzintervalle gebessert" seien. Für den Kläger hat nämlich bereits das nur einmalige Auftreten einer Kopfschmerzattacke pro Tag schon eine Besserung bedeutet. Vielmehr dokumentieren die Berichte von Frau Dr.H. die Fortdauer der Kopfschmerzattacken und deren beeinträchtigenden Charakter für den Kläger auch in den Jahren 2003 und 2004 (s. Arztbriefe vom 23.04.2003, 17.02.2004, 03.06.2004 und 08.09.2004). Die darin enthaltenen Formulierungen, wie "im Vordergrund stehen intermittierende Kopfschmerzen" und "Hauptproblem Kopfschmerzen", weisen darauf hin, dass die Auswirkungen des chronischen Kopfschmerzleidens die der Wegener schen Granulomatose erheblich überlagerten und zumindest zeitweise gegenüber diesen sogar im Vordergrund standen.
Die umfangreichen Unterlagen aus der Zeit der Diagnosestellung der Wegener schen Granulomatose von Februar bis April 2001 dokumentieren eine deutliche klinische und humorale Krankheitsaktivität und - trotz bereits zuvor eingeleiteter Kortisonbehandlung - Glieder- und Gelenkschmerzen sowie eine allgemeine Leistungsminderung. In der Zeit der noch laufenden diagnostischen Maßnahmen kam es zu einem deutlichen Voranschreiten der bereits vorbestehenden Polyneuropathie der Beine mit strumpfförmig ausgeprägter Sensibilitätsstörung, weitgehendem Erlöschen der Tiefensensibilität und zunehmender Gangunsicherheit, was im Arztbrief von Frau Dr.H. vom 22.08.2001 als "fast pseudoataktisch und cerebellär" beschrieben worden ist. An diesem Zustand hat sich bis jetzt nichts geändert. Bei nachfolgender Beteiligung von Augen und Ohrnerven bestand linksseitig eine nur mäßig bis auf einen Visus von 0,32 korrigierbare Sehschädigung und - als Folge von Hörstürzen - eine beiderseitige Schwerhörigkeit, die nach dem Urteil der behandelnden HNO-Ärztin mit Hörgeräten versorgt werden sollte. Der Kläger hatte nämlich durch die Schwerhörigkeit beruflich Verständigungsprobleme.
Die Arztberichte der Frau Dr.H. über ambulante Vorstellungen des Klägers im Zeitraum von Juni 2001 bis August 2004 belegen, dass sich weder aufgrund der Behandlung der Wegener schen Granulomatose noch bei der Kopfschmerzproblematik eine wesentliche Besserung eingestellt hat.
Dieser Beurteilung des quantitativen und qualitativen Leistungsvermögens des Klägers stehen nicht die Stellungnahmen des Internisten Dr.K. , der Ärztin L. und des Nervenarztes Dr.K. entgegen. Dr.K. hat nämlich die Kopfschmerzsymptomatik als einen wesentlichen Aspekt des Gesamtleidenszustandes des Klägers unberücksichtigt gelassen. Auch nach dem Urteil von Frau Dr.H. überwog diese im Hinblick auf den Leidenszustand des Klägers zeitweise die Folgen der Wegener schen Granulomatose (siehe Arztbriefe von Frau Dr.H. vom April 2002 und April 2003). Der sozialmedizinischen Beurteilung des Nervenarztes Dr.K. , die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers wirke sich lediglich insoweit aus, als dieser für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als freiberuflicher Sicherheitsingenieur im Außendienst keine Einsatzfähigkeit mehr habe, ihm jedoch noch körperlich leichte Tätigkeiten ohne besondere Stressfaktoren mit klar strukturierten Arbeitsabläufen vollschichtig zumutbar seien, vermag der Senat nicht zu folgen. Frau L. und Dr.K. erklären die allgemeine Erschöpfungssymptomatik des Klägers lediglich als Folge eines depressiven Syndroms, dessen Ursache sie nicht näher diskutieren. Dabei wird übersehen, dass allein die Wegener sche Granulomatose auch bei laufender Basistherapie und auch unter permanenter Schmerztherapie mit Tramal mit einer Belastungsschwäche, diffusen Gliederschmerzen und vegetativen Störungen einhergehen kann, was beim Kläger der Fall war. Der Kläger hat auch - was von Dr.K. und Dr.K. übersehen wird - die immunsuppressive Dauerbehandlung mit Metrotrexat als belastend empfunden, da sie jeweils nach der wöchentlichen Einnahme mit länger anhaltender Benommenheit, Übelkeit und mit vorübergehend verstärkten Gliederschmerzen verbunden war. Dass die Metrotrexat-Behandlung vom Kläger nicht problemlos vertragen wurde, geht auch aus seinen Angaben gegenüber Dr.M. hervor, wird aber auch im Arztbrief von Frau Dr.H. von Anfang 2004 erwähnt.
Den gutachterlichen Ausführungen des im Klageverfahren gehörten Internisten und Arbeitsmediziners Dr.S. , wonach das Leistungsvermögen des Klägers erst ab April 2004 in den unter dreistündigen Bereich herabgesunken sei und er bis zu diesem Zeitpunkt Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu betriebsüblichen Bedingungen mindestens sechs Stunden täglich habe verrichten können, ist nicht zuzustimmen. Insoweit stützt Dr.S. seine Beurteilung auf den Brief des L.-Krankenhauses, wonach damals eine durchaus noch hinreichende Behandelbarkeit der Kopfschmerzen angenommen bzw. in Aussicht gestellt worden ist. Bei der sozialmedizinischen Beurteilung ist jedoch nicht darauf abzustellen, dass eine günstige Prognose gestellt worden ist, wenn die Prognose in der Folgezeit widerlegt worden ist. Vielmehr geht aus den ärztlichen Unterlagen hervor, dass der Kläger bereits im Februar 2002 wegen seiner Kopfschmerzen erneut nervenärztlichen Rat einholte, weil sich die Hoffnung auf eine Prophylaxe der Kopfschmerzattacken mittels Verapamil, wie von der Neurologischen Klinik des L.-Krankenhauses vorgeschlagen, nicht erfüllt hatte und lediglich Sauerstoffinhalationen zur Akut-Behandlung wirksam waren. Dass sich die günstige Prognose des L.-Krankenhauses nicht bestätigt hat, ergibt sich aus der Beschwerdesymptomatik des Klägers in der Folgezeit, wie sie in den ärztlichen Unterlagen dokumentiert ist. Darüber hinaus spricht gegen die von Dr.S. vertretene Annahme eines vollschichtigen Leistungsvermögens des Klägers bis April 2004, dass - worauf Dr.M. zutreffend hinweist - die Grenze des dreistündigen Leistungsvermögens des Klägers nicht durch eine plötzliche gesundheitliche Verschlechterung unterschritten ist, sondern durch ein allmähliches Versagen seiner nervlich-seelischen Ressourcen aufgrund der langen Dauer der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen. Die Abmeldung des eigenen Betriebs durch den Kläger Ende 2003 ist mit dem Zeitpunkt gleichzusetzen, von dem an das zeitliche Leistungsvermögen von bis dahin zumindest drei bis unter sechs Stunden auf unter drei Stunden abgesunken war.
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Erwerbsminderung des Klägers nicht die von 1999 bis Ende 2003 ausgeübte Tätigkeit als selbstständiger Sicherheitsingenieur entgegen. Zwar soll die tatsächliche Arbeitsleistung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein Beweismittel sein, das die vom medizinischen Sachverständigen angenommene Erwerbsminderung widerlegen kann, sodass ihr in der Regel ein stärkerer Beweiswert zukommen soll als den medizinischen Befunden (BSG SozR 2200 § 12 RdNr 147 Nr 12; kritisch hierzu GK - SGB VI § 43 RdNr 124 ff). Dies gilt jedoch nicht, wenn die Arbeitsleistung nicht Ausdruck eines echten Leistungsvermögens ist. Wird eine Tätigkeit nur unter unzumutbaren Schmerzen, einer unzumutbaren Anspannung der Willenskraft oder auf Kosten der Gesundheit verrichtet, wird die Erwerbsminderung dadurch nicht ausgeschlossen (BSG SozR Nr 58 zu § 1246 RVO; BSGE 28, 271 = SozR Nr 17 zu § 1247 RVO = NJW 1969, 446; BSGE 51, 133 = SozR 2200 § 1247 Nr 31; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 101).
In Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen Dr.M. geht der Senat davon aus, dass der Kläger bereits ab 2000 und somit jedenfalls auch ab April 2001 aufgrund eines deutlich verminderten Leistungsvermögens seine freiberufliche Tätigkeit nur unter einem übermäßigen Energieaufwand und aufgrund des auf seine gesundheitlichen Einschränkungen angepassten Zuschnitts ausüben konnte. Die Angaben des Klägers gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr.M. , er habe ab 2000 zunehmend häufiger festgelegte Termine in den Betrieben für Begehungen und Besprechungen krankheitshalber absagen bzw. verschieben müssen, im Verlaufe des Jahres 2002 habe die Bayer. H. den Betreuungsvertrag für die bis dahin von ihm betreuten Filialen gekündigt, er habe dann bis Ende 2003 noch die übrigen Einrichtungen, die er als Sicherheitsingenieur betreut habe, von sich aus aufgegeben und seinen Betrieb abgemeldet, weil er sich dieser Aufgabe nicht mehr gewachsen gefühlt habe, sind glaubhaft. Der Verlauf der letzten Jahre des Berufslebens des Klägers macht deutlich, dass ab 2000, mithin auch ab April 2001, beim Kläger ein deutlich vermindertes Leistungsvermögen vorgelegen hat und eine Fortführung der Arbeit für ihn nur aufgrund seiner freiberuflichen Arbeitsweise und mit zunehmender Willenskraft möglich war. Auch in der Berufungsbegründung vom 21.11.2006 hat der Kläger nachvollziehbar vorgetragen, dass er ab 1999 einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht mehr habe nachgehen können; wenigstens an einem Tag, oftmals an drei Tagen in der Woche habe er nicht arbeiten können. Die Wahrnehmung von Außenterminen sei stark eingeschränkt gewesen, seine finanzielle Situation habe sich von Jahr zu Jahr verschlechtert.
Die starke Einschränkung der Wahrnehmung von Außenterminen und die überdurchschnittlich häufigen krankheitsbedingten Ausfälle lassen den Schluss zu, dass ihm die Ausübung seiner freiberuflichen Tätigkeit - wie geschehen - nur aufgrund eines seinen gesundheitlichen Einschränkungen angepassten Zuschnitts überhaupt möglich war, sodass diese für ihn günstig ausgestaltete Tätigkeit einer Erwerbsminderung i.S. des § 43 SGB VI nF nicht entgegensteht (entsprechend steht auch eine vom Regelfall abweichende günstige Arbeitsgelegenheit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung der Erwerbsminderung nicht entgegen, z.B. ungewöhnliche Gestaltung des Arbeitsplatzes, die den Einsatz überhaupt erst möglich macht, BSG SozR Nr 24 zu § 1246 RVO).
Auf seine selbstständige Tätigkeit als freiberuflicher Sicherheitsingenieur kann der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt April 2001 nicht verwiesen werden (s. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 34 = NZS 1993, 82), denn der Kläger hat - wie bereits dargelegt - diese Tätigkeit seit 2000 nur unter unzumutbarer Willensanstrengung und aufgrund eines übermäßigen Energieaufwands sowie aufgrund des - seinen Leistungseinschränkungen angepassten - besonderen Zuschnitts seiner Tätigkeit ausgeübt.
Die Rente wegen voller Erwerbsminderung war gemäß § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI n.F. unbefristet zu leisten. Nach dieser Vorschrift werden Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall aufgrund der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen erfüllt. Insbesondere hat der Krankheitsverlauf des chronischen Cluster-Kopfschmerzes gezeigt, dass sich die Prognose der Neurologischen Klinik des L.-Krankenhauses, eine Prophylaxebehandlung der Kopfschmerzattacken sei möglich, nachträglich als unrichtig herausgestellt hat.
Zum Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalls der Erwerbsminderung im April 2001 hatte der Kläger auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI nF (drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit) und die allgemeine Wartezeit gemäß § 43 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI nF erfüllt.
Nach alledem war auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.10.2006 und der Bescheid vom 24.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalles der vollen Erwerbsminderung im April 2001 ab 01.04.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
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