L 10 V 10/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 25 (18) V 101/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 V 10/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 14.05.2008 (im Gerichtsbescheid fälschlich bezeichnet als 14.05.2007) wird zurückgewiesen. Dem Kläger werden wegen mutwilliger Prozessführung Kosten i.H.v. 225,00 EUR auferlegt. Im Übrigen sind Kosten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine vom Kläger behauptete Untätigkeit des Beklagten bezüglich eines vom Kläger behaupteten Antrages vom 27.09.2003.

Der 1943 geborene Kläger leidet an einer als lmpfschaden anerkannten Multiplen Sklerose. Er führt eine Vielzahl von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren wegen der Art und des Umfangs der Versorgung sowie wegen sonstiger Angelegenheiten in diversen Gerichtsbarkeiten und allen Instanzen. Mit Stand vom 27.08.2008 hat der Kläger 33 Hauptsache- und Beschwerdeverfahren vor dem Senat anhängig.

Am 31.05.2006 erhob der Kläger beim Sozialgericht (SG) Aachen eine Untätigkeitsklage. Der Beklagte entscheide nicht über seinen "Antrag vom 27.9.2003". Soweit das Sozialgericht nachfrage, um was für einen Antrag es sich dabei handele und an wen er gerichtet sei, sei der Klagegegenstand "völlig klar für alle". Nötigenfalls müsse der Beklagte ihre Akten vorlegen.

Der Kläger hat erstinstanzlich schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

den Antrag vom 27.09.2003 zu bescheiden.

Der Beklagte hat sinngemäß beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat darauf hingewiesen, dass sich in seinen Akten kein Antrag vom 27.09.2003 befinde.

Das SG hat den Kläger zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und anschließend mit Gerichtsbescheid vom 14.05.2008 (im Tenor fälschlich als 14.05.2007 bezeichnet) die Klage abgewiesen. Es hat u.a. ausgeführt: Der vom Kläger behauptete Antrag könne in den Akten des Beklagten nicht gefunden werden. Der Kläger habe sich trotz mehrfacher Anfrage nicht dazu geäußert, an welche Behörde der Antrag gerichtet gewesen und was mit dem Antrag begehrt worden sei. Er habe sich auch nicht im Stande gesehen, eine Durchschrift dieses Antrags zu den Gerichtsakten zu reichen. Es stehe mithin nicht fest, ob ein Antrag vom 27.09.2003 überhaupt gestellt worden sei. Demzufolge könne der Beklagte nicht wegen Untätigkeit verurteilt werden.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers. Er meint, dass die Frage, was er mit seinem Antrag vom 27.09.2003 begehre, bei der Krankenkasse oder beim Landesamt ermittelt werden müsse. Die Aufklärung des Sachverhalts sei Aufgabe des Gerichts. Zudem beantrage er Akteneinsicht, Verlegung des Verkündungstermins mangels einer Begleitperson sowie Stellung einer solchen Begleitperson in einem weiteren Termin.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Aachen vom 14.05.2008 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf sein bisheriges Vorbringen und den angefochtenen Gerichtsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Streitakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten betreffend den Kläger Bezug genommen. Diese liegen dem Senat in Kopie mit Stand bis Ende 2007 vollständig vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

1.

a) Der Senat hat trotz Ausbleibens des Beklagten und des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden können, weil die Beteiligten von diesem Termin mit dem Hinweis benachrichtigt worden sind, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.

Den Anträgen des Klägers auf Verlegung des Termins war nicht stattzugeben. Diese Anträge sind nicht rechtswirksam gestellt worden. Den Terminverlegungsantrag vom 18.08.2008 hat nicht der Kläger gestellt. Zwar wird in diesem Schreiben sein Briefkopf verwendet. Das Schreiben schließt jedoch mit einer unleserlichen Unterschrift und dem Zusatz "i.A.". Es handelt sich um ein Fax-Schreiben, auf dem computertechnisch als Absender "Fam. C" vermerkt ist. Ungeachtet der Frage, ob der Unterzeichner des Schriftsatzes vom 18.08.2008 vertretungsbefugt im Sinne des § 73 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist, liegt jedenfalls keine auf ihn ausgestellte Vollmacht vor (§ 73 Abs. 6 Satz 1 SGG). Eine solche ist weder nachgereicht worden (§ 73 Abs. 6 Satz 2 SGG) noch hat der Kläger die Verfahrenshandlung genehmigt. Diesen Mangel berücksichtigt der Senat von Amts wegen (§ 73 Abs. 6 Satz 4 SGG). Vom Kläger unterzeichnet ist lediglich der Fax-Schriftsatz (ohne Datum) mit Eingang 18.08.2008 (12:17). Dieser wiederum enthält keinen Terminverlegungsantrag. Einen weiteren Terminverlegungsantrag enthält zwar der Schriftsatz vom 22.08.2008. Auch dieser ist nicht wirksam gestellt. Denn er ist wiederum mit "i.A." unterzeichnet. Der nicht individualisierte und dem übrigen Schriftbild entsprechende Namenszug "Q" deutet darauf hin, dass der Bruder des Klägers (W Q) dieses Schreiben verfasst hat. Eine Bestätigung hierfür findet sich im Schriftsatz vom 20.08.2008, der einen identischen Namenzug aufweist und in dem darauf hingewiesen wird, dass Zustellungen bis zum 15.09. an W Q erfolgen sollen. Entsprechendes gilt für den Verlegungsantrag vom 10.08.2008, der mit dem Namenzug "Q W" und dem Zusatz "i.A." unterzeichnet ist.

Im Übrigen: Dem Kläger ist aus einer Vielzahl von ihm geführter Verfahren bekannt, dass der Senat einem von ihm - regelhaft - gestellten Terminverlegungsantrag nur dann stattgeben wird, wenn die Dienst-, Termin- und Reiseunfähigkeit amtsärztlich bestätigt wird. In diesem Zusammenhang ist auf den den Kläger betreffenden Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.03.2007 - B 9 a V 26/06 B - zu verweisen. Ohnehin hat der Senat aus diesem und der Vielzahl vom Kläger geführten Verfahren die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger sich in hohem Maße querulatorisch verhält, indem er auf nahezu jede richterliche Tätigkeit mit teils umfangreichen, inhaltlich aber kaum nachvollziehbaren Schriftsätzen reagiert und fortlaufend Befangenheits- oder Terminverlegungsanträge stellt. Beispielsweise hat der Kläger bei dem für Befangenheitsanträge nach dem Geschäft verteilungsplan des LSG Nordrhein-Westfalen für 2007 zuständigen 15. Senat allein 32 Befangenheitsanträge (einschließlich nachfolgender Anhörungsrügen) gegen Richter des für ihn örtlich zuständigen SG Aachen anhängig gemacht.

b) Auch soweit der Kläger Akteneinsicht beantragt hat, hindert dies eine Entscheidung des Senats nicht. Der Akteneinsichtsantrag im Schriftsatz vom 18.08.2008 ist nicht rechtswirksam gestellt. Auf die Ausführungen zu Ziffer a) ist zu verweisen. Im Übrigen hat der Senat dem Kläger mit Verfügung vom 25.06.2008 unter Setzung einer Frist von 14 Tagen ermöglicht, die Akten einzusehen. Darauf hat er nicht reagiert. Auf den erneuten und kurzfristig vor dem Termin vom 27.08.2008 gestellten Antrag auf Akteneinsicht vom 18.08.2008 hat ihm der Senatsvorsitzende mit Verfügung vom 19.08.2008 die Gelegenheit gegeben, die Akten auf der Geschäftstelle einzusehen. Davon hat er ebenfalls nicht Gebrauch gemacht. Er hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass es weder ihm noch den zahlreichen in seinem Auftrag in diesem und anderen Verfahren tätigen Personen (W Q, Familie Dr. C etc.) möglich war, die Akten einzusehen. Zur Überzeugung des Senats steht vielmehr fest, dass es vorliegend - wie nahezu in allen anderen vom Kläger vor dem Senat anhängig gemachten Verfahren - sein einzige Ziel ist, den Senat durch rechtsmissbräuchliches Verhalten zu veranlassen, den Termin aufzuheben, um damit den Rechtsstreit zu verschleppen (vgl. zum missbräuchlichen Antrag auf Akteneinsicht: Beschluss des Senats vom 05.09.2001 - L 10 SB 136/00 -). Dies folgt sowohl aus dem prozessualen Gesamtverhalten des Klägers, als auch daraus, dass er die Akten nicht eingesehen hat, obgleich ihm dies mehrfach angeboten worden ist. Damit hat der Senat alles Erforderliche getan, um dem Kläger die Einsichtnahme in die Streitkakte zu ermöglichen (vgl. BFH, Beschluss vom 23.09.1999 - VI B 397/98 -). Auf eine Übersendung der Akten an die häusliche Adresse besteht kein Anspruch. Im Übrigen ist gerichtsbekannt, dass der Kläger Verfahrensakten mehrfach trotz Aufforderung nur verspätet zurückgereicht hat.

2.

a) Die Berufung ist zulässig. Die Berufungsschrift gegen den am 15.05.2008 zugestellten Gerichtsbescheid ist am 06.06.2008 beim LSG eingegangen. Dieser Fax-Schriftsatz ist zwar wiederum nicht vom Kläger unterzeichnet. Als Namenzug ist lediglich "i.A. Q W" vermerkt. Der Senat hat die Berufung dennoch nicht verworfen, weil er dem auf diesem Schriftsatz computertechnisch vermerkten Absender "Q" (im Gegensatz zu "Q W") meint noch hinreichend sicher entnehmen zu können, dass sich der Kläger dieses Schriftsatzes mit Wissen und Wollen begeben hat.

b) Die Berufung ist unbegründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist darauf hinzu- weisen, dass der vom Kläger behauptete Antrag vom 27.09.2003 sich auch nicht in den in Kopie auf der Geschäftsstelle des Senats gelagerten Verwaltungsvorgängen des Beklagten befindet. Ohnehin hat der Kläger trotz wiederholter Aufforderung weder dargelegt, welchen Antrag er gestellt haben will, noch dass und wie dieser Antrag dem Beklagten zugegangen sein soll. Eine Untätigkeit des Beklagten kann danach nicht festgestellt werden (§ 88 SGG).

Angesichts dieser eindeutigen Sach- und Rechtslage hat der Kläger - nach schriftlicher Erteilung eines entsprechenden Hinweises - die Kosten für die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zumindest teilweise zu tragen. Dabei belässt es der Senat bei dem Mindestbetrag von 225,00 EUR (§ 192 Abs. 1 Satz 1 Satz 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung im Übrigen ergeht nach §§ 183, 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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