L 10 U 1416/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 2603/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1416/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17.12.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtlichen Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 16.09.2002.

Der am 1941 geborene Kläger ist Rechtshänder. Er zog sich am 16.09.2002 während seiner Tätigkeit als Gehilfe in einer Schreinerei beim Heben einer schweren Holzhaustüre ein Rotationstrauma an der rechten Hand mit Bänderriss im Bereich Kahnbein/Mondbein und einer Dislokation des Diskus ulnocarpales zu, was im Februar 2003 eine Operation mit Bandfixierung in der Universitätsklinik F. erforderte. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30.11.2002 beendet, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum 17.08.2003, seither ist der Kläger arbeitslos.

Nachdem seitens der Abteilung Plastische und Handchirurgie am Universitätsklinikum F. (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. S. ) der Beklagten im August 2003 das Ende der Arbeitsunfähigkeit angezeigt und mitgeteilt worden war, hinsichtlich Beweglichkeit und Kraft sei ein ordentliches Ergebnis erzielt worden, es bestünden noch belastungsabhängige Beschwerden und - entgegen früherer Einschätzung - es liege eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Ausmaß vor, holte die Beklagte bei Dr. B. , Unfallchirurg, eine Stellungnahme ein (MdE ab 18.08.2003 unter 10 v. H.) und lehnte hierauf gestützt mit Bescheid vom 26.09.2003 die Gewährung von Verletztenrente ab. Als Unfallfolgen anerkannte sie an der rechten Hand: "Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit und der Kraftentfaltung und hierdurch bedingte verminderte Einsetzbarkeit und Belastbarkeit, Narbenbildung und Druckschmerz im ehemaligen Operationsbereich sowie medizinisch erklärbare subjektive Beschwerden. Röntgenologisch ist ein korrekt einliegendes Metallteil (so genannter Mitek-Anker) nachweisbar."

Nachdem Prof. Dr. S. angesichts der von ihm im Dezember 2003 mitgeteilten schmerzhaften Bewegungseinschränkung und Reduktion der Grobkraft an der rechten Hand des Klägers weiterhin von einer rentenberechtigtenden MdE ausgegangen war, holte die Beklagte während des Widerspruchsverfahrens ein Gutachten von Prof. Dr. Sch. , Klinik für Hand-, Plastische-, Rekonstruktive- und Verbrennungschirurgie an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. ein. Er stellte als Unfallfolgen funktionell eine endgradige Einschränkung der rechten Handgelenksbeweglichkeit, Handgelenksschmerzen rechts in Ruhe und verstärkt bei Belastung mit partieller Ausstrahlung in den Bereich des Unterarmes und der Langfinger und eine verminderte Kraftausprägung beim Faustschluss fest. Die MdE werde ab dem 18.08.2003 bis zum Ablauf des dritten Unfalljahres auf 10 v. H. eingeschätzt. Unfallunabhängig diagnostizierte er u.a. ein Streckdefizit des Ring- und Kleinfingers rechts, an der linken Hand eine Lunatumnekrose sowie eine Endgelenkversteifung des Mittelfingers.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.

Das hiergegen am 23.07.2004 angerufene Sozialgericht Freiburg hat das Gutachten des Dr. H. , Chefarzt der Chirurgischen Abteilung an der H. R. Klinik B. eingeholt. Er hat als Unfallfolgen im Wesentlichen eine aktive wie passive endgradige Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit rechts nach allen Richtungen, eine deutliche Minderung der groben Kraft der rechten Hand, eine eingeschränkte Streckfähigkeit des 2. bis 4. Fingers in den Endgelenken rechts, eine herabgesetzte Beschwielung der rechten Handinnenfläche, eine messbare Muskelverschmächtigung am rechten Ober- und Unterarm, eine Verschmächtigung der kleinen Handmuskeln, eine röntgenologisch sichtbare Kalksalzverminderung im Bereich des Handgelenks und der Handwurzelknochen rechts sowie vom Kläger angegebene massive belastungsabhängige Schmerzen in der rechten Hand, geringer auch in der Ruhe, angesehen. Die gekrümmte Haltung im Mittelgelenk und Endgelenk des Kleinfingers rechts gehe vornehmlich auf ein Quetschtrauma im Kindesalter zurück. Die MdE hat er auf 20 v. H. geschätzt, auch unter Berücksichtigung des Vorliegens einer besonderen beruflichen Betroffenheit.

Das Sozialgericht hat außerdem das Gutachten von Prof. Dr. H. , Chefarzt der Orthopädischen Abteilung am Kreiskrankenhaus R. , vom 07.07.2005 eingeholt. Er hat zusammenfassend ausgeführt, beim Kläger sei trotz intensiver Krankengymnastik eine eingeschränkte Beweglichkeit der rechten Hand, eine leicht verminderte Kraftausprägung und ein etwas erschwerter Faustschluss verblieben. Auf Grund der klinischen und röntgenologischen Untersuchung nehme er eine MdE von 10 v.H. an.

Mit Urteil vom 17.01.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.09.2002 bedingten lediglich eine MdE von 10 v. H. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Prof. Dr. Sch. und Prof. Dr. H. , denen gefolgt werde. Ein rentenberechtigender Umfang sei nach den ärztlichen Erfahrungswerten lediglich bei deutlich stärkeren Einschränkungen der Handgelenksbeweglichkeit angezeigt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 622 zu den Erfahrungswerten bei Speichenbrüchen). Dieses Beschwerdeausmaß liege jedoch nicht vor. Dies ergebe sich insbesondere auch nicht aus den Feststellungen von Dr. H. sowie von Prof. Dr. S ... Die von Dr. H. erhobenen Befunde unterschieden sich im Wesentlichen nicht von denen der anderen Gutachter. Auch unter dem Gesichtspunkt besonderer beruflicher Betroffenheit komme eine Entschädigung des Arbeitsunfalls nicht in Betracht. Die zuletzt vom Kläger ausgeübte Beschäftigung als Gehilfe in einer Schreinerei sei nach seinem beruflichen Lebenslauf nicht in einer solchen Weise zum Lebensberuf geworden, dass eine Anhebung der nach allgemeinen Erfahrungswerten gewonnenen MdE gerechtfertigt erscheine.

Gegen das am 27.02.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.03.2006 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, das Gutachten von Dr. H. sei sorgfältiger, genauer und auch überzeugender als die übrigen Gutachten. Im Übrigen habe das Sozialgericht auch fälschlicherweise das Vorliegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit verneint. Er könne seinen Beruf als Fensterbauer/Schreiner auf Grund der Handverletzung nicht mehr ausüben. Diese Tätigkeit sei sehr wohl als sein Lebensberuf anzusehen. Er habe im Unfallbetrieb seit September 2000 gearbeitet und davor seit 1973 im Fenster- und Türenbau.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17.01.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2004 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.09.2002 Verletztenrente ab 18.08.2003 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen von Prof. Dr. Sch. und Prof. Dr. H. für zutreffend.

Auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das Gutachten von Dr. Z. , Chefarzt der Abteilung für Plastische- und Handchirurgie am Kreiskrankenhaus Sch. , vom 05.04.2007 und 15.10.2007 eingeholt. Er hat eine endgradige Bewegungseinschränkung sowie eine Minderung der Kraftentfaltung des rechten Handgelenks, einen unvollständigen Faustschluss, eine reizfreie Narbe auf der Streckseite des Handgelenks sowie glaubhafte subjektive Beschwerden als Unfallfolgen angesehen und die MdE ab dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit bis zum 14.06.2005 (Untersuchung durch Prof. Dr. H. ) auf 20 v. H. geschätzt. Anschließend bestehe lediglich noch eine MdE von 10 v. H. Eine Bejahung der besonderen beruflichen Betroffenheit sei zur Annahme einer MdE von 20 v. H. für den oben genannten Zeitraum nicht erforderlich.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente, weil keine rentenberechtigende MdE von mindestens 20 v.H. festgestellt werden kann.

Soweit sich der Kläger auf Beurteilungen durch Prof. Dr. S. stützt, folgt ihm der Senat nicht. Prof. Dr. S. ist in seinen Befundberichten vom Dezember 2003 und Januar 2004 zwar von einer rentenberechtigenden MdE ausgegangen. Eine Begründung hierfür oder dies rechtfertigende Befunde hat er aber nicht mitgeteilt.

Im Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. Sch. am 26.02.2004 war das rechte Handgelenk bei der Extension und Flexion lediglich endgradig eingeschränkt und der Schmerz im Bereich des Handgelenks war bei kräftiger passiver Ulnar- und Radialduktion sowie Extension und Flexion lediglich mäßig. Der Faustschluss der rechten Hand war komplett, die Handspanne rechts war lediglich geringfügig verkleinert und bei der Kraftdruckmessung rechts ergaben sich gute Werte bei der Grobkraft, wenn auch vermindert gegenüber links. Daumenopposition, Spitzgriff, Klemmgriff und Feingriff waren problemlos durchführbar. Es ist daher ohne weiteres für den Senat nachvollziehbar, wenn Prof. Dr. Sch. eine rentenberechtigende MdE verneinte.

In seiner Untersuchung am 28.09.2004 hat auch Dr. H. lediglich eine leicht herabgesetzte Beschwielung der rechten Handinnenfläche im Vergleich zu links festgestellt und ebenfalls lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung im Handgelenksbereich. Die Bewegungsmaße unterscheiden sich gegenüber jenen, die Prof. Dr. Sch. erhob, nicht wesentlich, insbes. im Hinblick auf die üblichen Messtoleranzen: handrückwärts/hohlhandwärts 40-0-35 (Prof. Dr. Sch. ) gegenüber 40-0-30 (Dr. H. ) und speichenwärts/ellenwärts 10-0-10 gegenüber 20-0-15. Vergleichbares gilt hinsichtlich der Umfangmaße; auch sie differieren nicht in relevantem Ausmaß und halten sich im Bereich der Messungenauigkeit: Lediglich der Messpunkt 15 cm oberhalb des äußeren Oberarmknorrens war bei der Untersuchung durch Dr. H. rechts um 2 cm geringer als links, jener 10 cm unterhalb des äußeren Oberarmknorrens war um 1 cm vermindert. Alle anderen Umfangmaße waren seitengleich, in gleichem Verhältnis wie bei Prof. Dr. Sch. oder sogar rechts besser (Ellenbogengelenk). Soweit Dr. H. eine Minderung der groben Kraft angibt, fehlt eine konkrete Darstellung. Insbesondere bleibt unklar, ob es sich insoweit lediglich um eine Differenz gegenüber links handelt, die auch Prof. Dr. Sch. bereits darstellte, oder ob die grobe Kraft - anders als bei Prof. Dr. Sch. (Druckkraft rechts gut) - unzureichend für einen normalen Einsatz der Hand war. Die von Dr. H. röntgenologisch diagnostizierte erhöhte Kalksalzminderung gegenüber links insbesondere im Bereich der Handwurzelknochen als Zeichen einer Schonung haben weder Prof. Dr. Sch. noch später Prof. Dr. H. feststellen können. Unter der Annahme (gegenüber dem Gutachten von Prof. Dr. Sch. ) schlechterer Umfangmaße, einer maßgeblichen Minderung der groben Kraft und der erwähnten Kalksalzminderung, alles als Indiz für eine Minderung der Gebrauchsfähigkeit und somit glaubhafter Beschwerden, ist Dr. H. in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme lediglich auf Grund einer von ihm angenommenen besonderen beruflichen Betroffenheit vom Vorliegen einer MdE von 20 v. H. ausgegangen. Ob eine besondere berufliche Betroffenheit vorliegt, ist jedoch nicht von einem Mediziner, sondern vom Gericht zu klären. Der Senat verneint diese Frage.

Nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII sind bei der Bemessung der MdE Nachteile zu berücksichtigen, die der Verletzte dadurch erleidet, dass er bestimmte, von ihm erworbene berufliche Kenntnisse und Erfahrungen in Folge des Arbeitsunfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen kann, soweit sie nicht durch sonstige zumutbare Fähigkeiten ausgeglichen werden. Eine solche besondere berufliche Betroffenheit liegt nach Auffassung des Senats nicht vor.

Die ständige Rechtsprechung versteht die Regelung im Sinne einer Härteklausel in Fällen, wo die Versicherten ihre verbliebenen Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs verwerten können. Als wesentliche Merkmale für die Beurteilung der Frage, ob eine höhere Bewertung der MdE zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt ist, hat das BSG (Urteil vom 27.06.2000, B 2 U 14/99 R in SozR 3-2200 § 581 Nr. 7, auch zum gesamten Nachfolgenden) insbesondere das Alter des Verletzten, die Dauer der Ausbildung sowie vor allem die Dauer der Ausübung der speziellen beruflichen Tätigkeit und auch den Umstand, dass die bisher verrichtete Tätigkeit eine günstige Stellung im Erwerbsleben gewährleistete, angesehen. Aus diesen Merkmalen und den außerdem zu beachtenden sonstigen besonderen Umständen des Einzelfalls kann sich eine höhere Bewertung der MdE nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII ergeben, wenn der Verletzte infolge eines Arbeitsunfalls einen Lebensberuf aufgeben muss und die ihm verbliebenen Kenntnisse und Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens verwerten kann. Bei der Prüfung, ob ein Fall unbilliger Härte gegeben ist, sind die einzelnen Umstände des jeweiligen Falles nicht isoliert, sondern in ihrer Gesamtheit zu beurteilen.

Hier hat der Kläger zwar nach seinen Angaben seit 1973 im Fenster- und Türenbau gearbeitet, jedoch hat er in diesem Bereich keinen Berufsabschluss. Er war lediglich als Gehilfe eingesetzt und ist somit als Angelernter anzusehen. Von einem Lebensberuf, der eine günstige Stellung im Erwerbsleben vermittelt hätte, vermag der Senat daher nicht auszugehen. Im Übrigen kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger - selbst wenn er seine zuletzt bei der Firma Marx ausgeübte Tätigkeit wegen der Folgen des Unfalls nicht mehr ausüben konnte - nicht noch Helfertätigkeiten in anderen Bereichen, die keine besondere Kraft in der rechten Hand erforderten, hätte durchführen können. Ein unzumutbarer sozialer Abstieg wäre damit nicht einhergegangen. Eine besondere berufliche Betroffenheit besteht nicht.

Im Ergebnis zeigt die Beurteilung der MdE durch Dr. H. , dass die von ihm angenommenen (auch schmerzbedingten) Funktionseinschränkungen der rechten Hand jedenfalls keine rentenberechtigende MdE verursachen. Auch in der Folgezeit blieben die von den Gutachtern erhobenen Befunde im Wesentlichen unverändert (so ausdrücklich Dr. Z. in seinem für den Senat erstatteten Gutachten).

Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. am 14.06.2005 hat eine seitengleiche und altersentsprechend unauffällige Beschwielung der Hände vorgelegen mit einem regelrechten Faustschluss, Spitzgriff, Schlüsselgriff, Grobgriff und Hohlhandgriff beidseits. Hinweise auf motorische, vaskuläre oder sensible Störungen im Bereich der Finger hat es nicht gegeben. An Einschränkungen hat lediglich eine Minderung der Beweglichkeit der rechten Hand (handrückwärts/hohlhandwärts 40-0-20, speichenwärts/ellenwärts 10-0-10) und eine leicht verminderte Kraftausprägung bestanden. Prof. Dr. H. hat keine Umfangdifferenzen und im Seitenvergleich keine Kalksalzminderung gefunden. Er hat den Gebrauchszustand der rechten Hand dem entsprechend als gut bewertet. Hieraus ergibt sich überzeugend, dass die Unfallfolgen keine MdE von mindestens 20 v. H. bedingen.

Dem Gutachten von Dr. Z. vermag sich der Senat somit nicht voll anzuschließen. Gegen seine Annahme einer MdE von 20 v.H. bis zum 14.06.2005, dem Tag der Begutachtung durch Prof. Dr. H. , spricht das Gutachten von Prof. Dr. Sch. mit den darin erhobenen und oben festgestellten Befunden. Hierzu hat sich der Sachverständige trotz der entsprechenden Einwände der Beklagten auch in seiner ergänzenden Stellungnahme nicht geäußert. Soweit er sich auf die erwähnten Berichte von Prof. Dr. S. beruft, ist oben bereits dargelegt, dass auf diese Angaben eine MdE-Bewertung nicht gestützt werden kann. Soweit sich Dr. Z. auf die Bewertung von Dr. H. bezieht, hat er nicht begründet, warum - anders als Dr. H. meint - zur Begründung einer MdE von 20 v.H. eine besondere berufliche Betroffenheit - die der Senat wie oben dargelegt verneint - nicht erforderlich sein soll. Für die Zeit ab dem 14.06.2005 geht auch Dr. Z. lediglich vom Vorliegen einer MdE von 10 v. H. aus. Dabei hat er am rechten Handgelenk eine endgradige Bewegungseinschränkung (handrückwärts/hohlhandwärts 40-0-20, speichenwärts/ellenwärts 15-0-10), eine Minderung der Kraftentfaltung, einen nicht ganz vollständigen Faustschluss und eine eingeschränkte Fingerstreckung mit glaubhaften subjektiven Beschwerden festgestellt.

Inwieweit die von allen Gutachtern beschriebene Funktionseinschränkung des 5. Fingers der rechten Hand in vollem Umfang auf eine nicht unfallbedingte Quetschverletzung zurückzuführen ist, kann offen bleiben. Denn diese Funktionsstörung spielt ausweislich der insgesamt erhobenen Funktionsbefunde der rechten Hand keine wesentliche Rolle. So hat Prof. Dr. Henke den Gebrauchszustand der rechten Hand ausdrücklich als gut beschrieben.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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