Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 1275/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1571/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Leistungen im Wege des Zugunstenverfahrens.
Der 1951 geborene, verheiratete Kläger meldete sich am 03.07.2000 erneut arbeitslos und beantragte die Weitergewährung von Arbeitslosenhilfe. Auf seiner mit Antragstellung vorgelegten Lohnsteuerkarte war zu Beginn des Jahres 2000 und ohne weitere Änderung die Lohnsteuerklasse V eingetragen. Auch in seinem Antrag gab der Kläger an, dass zu Beginn des Jahres auf der Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse V eingetragen gewesen sei. Er hatte zuvor (bis zur Erschöpfung seines Anspruches) Arbeitslosengeld vom 01.04.1994 bis 17.07.1998, damals nach der eingetragenen Lohnsteuerklasse III unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C bezogen. Vor der Aufnahme einer Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter am 15.01.1999 hatte die Beklagte für die Zeit ab 18.07.1998 Arbeitslosenhilfe ebenfalls unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C bewilligt.
Auf den Antrag vom 03.07.2000 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 26.07.2000 - zunächst vorläufig - Arbeitslosenhilfe unter Berücksichtigung eines Bemessungsentgeltes in Höhe von 1.850,- DM, eines erhöhten Leistungssatzes und - entsprechend der zu Jahresbeginn eingetragenen Steuerklasse V - der Leistungsgruppe D sowie unter Anrechnung von Nebeneinkommen ab 01.07.2000. Mit Bescheid vom 18.10.2000 stellte die Beklagte für die Bewilligung ab 01.07.2000 einen wöchentlichen Zahlbetrag von 366,10 DM und ab dem 18.07.2000 (Anpassung des Bemessungsentgelts gemäß § 201 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)) von 359,38 DM fest. In der Zeit vom 17.07.2001 bis 19.11.2001 bezog der Kläger während der Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme Unterhaltsgeld (Bewilligungsbescheid vom 01.08.2001) und anschließend bis 16.02.2002 Anschlussunterhaltsgeld (Zahlbetrag ab 17.07.2001 wöchentlich 448,70 DM, ab 01.01.2002 nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 925,- EUR einem erhöhten Leistungssatz und der Leistungsgruppe D, Zahlbetrag wöchentlich 229,46 EUR, vgl. Bescheide vom 27.11.2001 und 07.01.2002). Vom 17.02.2002 bezog der Kläger bis zu einer Arbeitsaufnahme im November 2002 wiederum Arbeitslosenhilfe (Zahlbetrag zunächst unter Berücksichtigung von Einkommen der Ehefrau 152,81 EUR [Bescheid v.15.03.2002], dann ab 01.03.2002 - ohne Anrechnung - 195,23 EUR [Bescheid vom 21.03.2002]) zunächst unter Berücksichtigung unveränderter Bemessungsgrundlagen, dann ab dem 01.05.2002 unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C, nachdem die Eheleute zu diesem Datum ihre Steuerklassen getauscht hatten. Entsprechend der vom Kläger gewählten Steuerklasse III wurde ihm Arbeitslosenhilfe dann nach Leistungsgruppe C bewilligt (Zahlbetrag 335,02 EUR wöchentlich, Bescheid vom 14.05.2002).
Mit einem bei der Beklagten am 14.05.2002 eingegangenen Schreiben beantragte der Kläger die Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 26.07.2000 sowie aller ergangenen Folgebescheide. Er trug vor, dass er während seiner selbständigen Tätigkeit vor dem Leistungsbezug seine bisherige Steuerklasse III in die Steuerklasse V habe ändern lassen. Deshalb sei zu Anfang des Jahres 2000 auf seiner Lohnsteuerkarte auch die Steuerklasse V eingetragen gewesen. Nach Erhalt des Steuerbescheides für das Jahr 2000 müsse er nun eine Einkommensteuernachzahlung in Höhe von 2.200,50 EUR leisten. Dem Sachbearbeiter der Beklagten hätte bei der Antragstellung diese ungünstige Steuerklassenwahl auffallen müssen, weil er aus dem Einkommenssteuerbescheid seiner Frau habe erkennen können, dass nur ein sehr geringer Steuerabzug erfolgt sei. Eine Beratung sei jedoch nicht erfolgt und habe auch deshalb nicht erfolgen können, weil keiner der Mitarbeiter der Beklagten, die er nach Erhalt des Steuerbescheides befragt habe, die steuerrechtlichen Folgen einer falschen Wahl gekannt habe. Er begehre daher die Neuberechnung seines Leistungsanspruches unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C für die Zeit ab dem 01.07.2000.
Mit Bescheid vom 14.05.2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 26.07.2000 ab. Sie führte zur Begründung aus, dass bei der Antragstellung am 01.07.2000 auf der Lohnsteuerkarte des Jahres 2000 die Steuerklasse V eingetragen gewesen sei. Der während der Selbständigkeit vorgenommene Steuerklassenwechsel sei somit gemäß § 137 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III berücksichtigt worden, weil sich durch die Änderung von Steuerklasse III in Steuerklasse V eine geringere Leistung ergeben habe. Damit sei das Recht weder unrichtig angewandt noch sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2002 zurück. Sie berief sich auf die Bindungswirkung des Bescheides, der Kläger habe auch nichts benannt, was für eine Unrichtigkeit der Entscheidung sprechen könnte. Es hätten sich auch keine neuen Erkenntnisse ergeben, die dafür sprechen könnten, dass die Entscheidung falsch sei.
Hiergegen hat der Kläger am 16.08.2002 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Er hat auch weiterhin daran festgehalten, dass ihn die Beklagte bei der Antragstellung auf Arbeitslosenhilfe im Juli 2000 nicht ausreichend beraten habe und daher die Verpflichtung bestehe, die gewährte Arbeitslosenhilfe rückwirkend neu zu berechnen.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die getroffene Entscheidung den gesetzlichen Vorschriften entsprochen habe. Für sie sei auch nicht nachzuvollziehen, wo sie ihren Beratungspflichten nicht nachgekommen sei. Ein Beratungsbedarf sei seitens des Klägers bei Abgabe des Antrages nicht geäußert worden. Ein solcher habe sich nach den vorgelegten Unterlagen auch nicht zwingend aufgedrängt.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.12.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass der Kläger mit seinem Überprüfungsantrag keine neuen Gründe dargelegt oder Tatsachen vorgebracht habe, die eine Rechtswidrigkeit des ab 1. Juli 2000 Arbeitslosenhilfe bewilligenden Bescheides vom 26. Juli 2000 hinsichtlich der zugrunde gelegten Leistungsgruppe D ergebe. Zweifelsfrei sei in der Lohnsteuerkarte des Klägers die Lohnsteuerklasse V eingetragen gewesen, die zur Heranziehung der Leistungsgruppe D führe. Eine Änderung der Lohnsteuerklasse von V in III sei erst mit Wirkung ab dem 01.05.2002 erfolgt, weshalb ab diesem Tag die Leistungsgruppe C der Bemessung der Leistung zugrunde gelegt worden sei. Das Begehren des Klägers könne auch nicht nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches begründet werden. Denn selbst dann, wenn eine Verletzung der Beratungspflicht auf Seiten des Arbeitsamtes vorgelegen hätte, könne eine rückwirkende Änderung der Lohnsteuerklasse von V in III nicht fingiert werden.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 11.12.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.01.2004 Berufung eingelegt.
Er hält im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrages an der von ihm vertretenen Rechtsauffassung fest. Er verweist dabei insbesondere auf die zum Lohnsteuerklassenwechsel unter Ehegatten ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Außerdem trägt er vor, dass er bei seiner Antragstellung im Juli 2000 von einem Mitarbeiter der Beklagten dahingehend informiert worden sei, die Lohnsteuerklasse des Vorjahres gelte weiterhin und eine Änderung sei nicht möglich.
Das mit Beschluss vom 27.01.2005 ruhende Verfahren wurde vom Kläger am 21.03.2007 wieder angerufen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 8. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2002 zu verpflichten, ihren Bescheid vom 26. Juli 2000 sowie die ergangenen Folgebescheide nach § 44 SGB X zurückzunehmen und die für die Zeit ab dem 1. Juli 2000 bewilligte Arbeitslosenhilfe, das Unterhaltsgeld und Anschlussunterhaltsgeld nach der Leistungsgruppe C zu gewähren, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheides sowie auf ihren Vortrag in der ersten Instanz. Sie hält die zitierten Urteile des Bundessozialgerichts nicht für einschlägig, weil im vorliegenden Fall die grob fahrlässige Verletzung einer Mitteilungspflicht beim Steuerklassenwechsel von Ehegatten nicht streitig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und auch gemäß §§ 143,144 SGG zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die bestandskräftigen Bewilligungen von Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld und Anschlussunterhaltsgeld im Zeitraum vom 01.07.2000 bis 30.04.2002 zurückzunehmen und den Anspruch auf diese Leistungen jeweils unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C neu zu berechnen.
Anspruchsgrundlage ist, da die ursprünglichen Bewilligungsbescheide bestandskräftig geworden sind, § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Hiernach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Denn die Beklagte ist bei ihrer Entscheidung weder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, noch erweist sich die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe das Recht unrichtig angewandt, als zutreffend.
Zwischen den Beteiligten ist insoweit lediglich die Höhe der gewährten Arbeitslosenhilfe bzw. auch des Unterhaltsgeldes und des Anschlussunterhaltsgeldes streitig, insbesondere, ob die Beklagte verpflichtet ist, diese Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C, die der Lohnsteuerklasse III entspricht, zu gewähren. Dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2000 bis 30.04.2002 grundsätzlich einen Anspruch gemäß § 190 SGB III auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe erfüllt hatte, insbesondere also arbeitslos gewesen war, sich arbeitslos gemeldet hatte und bedürftig gewesen ist sowie die Vorfrist nach § 192 SGB III erfüllt hatte, steht zwischen Beteiligten nicht im Streit und wird nach eigener Überprüfung durch den Senat auch nicht in Zweifel gezogen. Gemäß § 198 Abs. 2 SGB III (in der bis 31.12.2004 anzuwendenden Fassung) sind die Vorschriften über das Arbeitslosengeld auf die Arbeitslosenhilfe entsprechend anzuwenden, insbesondere auch die Regelungen zur Leistungsgruppe und damit auch § 137 SGB III, wie sich aus der Nr. 4 des § 198 Satz 2 SGB III ergibt. In der hier ebenfalls bis 31.12.2004 anzuwendenden Fassung des § 137 SGB III richtet sich die als gewöhnlicher Abzug zugrunde zu legende Steuer nach der Leistungsgruppe, der der Arbeitslose zuzuordnen ist. Nach § 137 Abs. 2 SGB III erfolgt die Zuordnung der Lohnsteuerklasse I oder IV zur Leistungsgruppe A, der Lohnsteuerklasse II zur Leistungsgruppe B, der Lohnsteuerklasse III zur Leistungsgruppe C, der Lohnsteuerklasse V zur Leistungsgruppe D und der Lohnsteuerklasse VI zur Leistungsgruppe E. § 137 Abs. 3 Satz 1 SGB III bestimmt, dass die Zuordnung sich nach der Lohnsteuerklasse richtet, die zu Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war. Nach der vom Kläger bei Antragstellung vorgelegten Lohnsteuerkarte für das Jahr 2000 (und dies entspricht auch seinen Angaben im Antrag) war auf der Lohnsteuerkarte des Klägers zu Beginn des Jahres 2000 und ohne nachfolgende Änderung die Lohnsteuerklasse V eingetragen. Entsprechend hat die Beklagte zurecht der Bemessung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab dem 1. Juli 2000 und auch in der Folge die Bemessung von Unterhaltsgeld und Anschlussunterhaltsgeld (für diese Leistungen gelten über § 157 SGB III dieselben Grundsätze der Bemessung) die Leistungsgruppe D zugeordnet. Änderungen in den persönlichen Verhältnissen des Klägers, die steuerrechtlich zu einer Änderung der Steuerklasse hätten führen können, sind in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht eingetreten. Eine Änderung der Lohnsteuerklasse erfolgte erst mit Wirkung zum 01.05.2002, als die Ehegatten die Kombination III/V geändert haben. Nur für diesen Fall ist § 137 Abs. 4 SGB III anzuwenden, weil es sich bei einem Steuerklassenwechsel unter Ehegatten um eine Sonderform der Steuerklassenänderung innerhalb der Steuerklassenkombination III/V, IV/IV oder V/III handelt. § 137 Abs. 4 SGB III stellt gegenüber dem Abs. 3 Satz 2 und 3 des § 137 SGB III eine diese Bestimmungen ausschließende Sonderregelung dar (vgl. BSG SozR 3-4100 § 113 Nr. 1). Ein Fall des Wechsels der Steuerklassen unter Eheleuten liegt jedoch in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht vor. Denn bis zum 01.05.2002 haben die Eheleute eine entsprechende Erklärung nicht abgegeben. Die Einstufung in die Leistungsgruppe D entspricht daher den Vorgaben des § 137 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 1 SGB III und ist daher weder hinsichtlich der Bemessung der Arbeitslosenhilfe noch hinsichtlich des Unterhaltsgeldes oder Anschlussunterhaltsgeldes zu beanstanden.
Der Kläger kann auch nicht geltend machen, die Beklagte müsse ihn so stellen, als hätten die Eheleute die Steuerklassen spätestens bei Antragstellung gewechselt, weil der Beklagten insoweit ein Beratungsfehler zuzurechnen sei. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass eine Behörde durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln nachteilige Folgen für die Rechtsstellung des Versicherten herbeiführt. Wenn diese durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden kann, hat die Behörde dem Versicherten die Rechtsposition einzuräumen, die er gehabt hätte, wenn von Anfang an ordnungsgemäß verfahren worden wäre. Er greift insbesondere dann ein, wenn Nebenpflichten wie Auskunfts-, Beratungs- und Fürsorgepflichten verletzt wurden. Rechtsfolge kann jedoch nur eine gesetzlich zulässige Amtshandlung sein (vgl. hierzu Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 131 Rz. 4a ff). Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob eine Beratungspflicht der Beklagten hinsichtlich der steuerrechtlichen Auswirkungen einer bereits gewählten Steuerklassenkombination bei Antragstellung tatsächlich besteht. Zweifel bestehen hier schon deshalb, weil der Gesetzgeber mit § 137 Abs. 3 S. 1 SGB III vorgegeben hat, wonach sich die Zuordnung zur Leistungsgruppe bei Antragstellung zu richten hat, nämlich nach der zu Jahresbeginn eingetragenen Steuerklasse. Die vom Kläger insoweit geltend gemachten Beratungspflichten und die hierzu ergangene Rechtsprechung beziehen sich auf einen Wechsel der Steuerklassen unter Ehegatten und dessen Auswirkungen auf den Leistungsbezug, welche sich jedoch nach § 137 Abs. 4 SGB III richten, also, ob ein solcher Steuerklassenwechsel nach den unter Absatz 4 genannten Voraussetzungen von der Arbeitsverwaltung zu berücksichtigen ist. So hat das Bundessozialgericht (BSG) in mittlerweile ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 14.07.2004 - B 11 AL 80/03 R, 16.03.2005 - B 11a/11 AL 45/04 R, 06.04.2006 - B 7a AL 82/05 R, 10.05.2007 - B 7a Al 12/06 R - alle in juris) klargestellt, dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Beratung über die Lohnsteuerklassenwahl nicht eingreifen kann, wenn es sich nicht um einen Lohnsteuerklassenwechsel unter Eheleuten handelt, sondern - wie hier - allein um die Zuordnung der Steuerklasse zur Leistungsgruppe bei Antragstellung. Das BSG bestätigt in den genannten Entscheidungen seine Rechtsprechung vom 01.04.2004 (B 7 AL 52/03 R), welche die Anwendbarkeit eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches bereits auf die Fallgestaltungen eines Lohnsteuerklassenwechsels unter Ehegatten beschränkt hatte. Insbesondere weist das BSG darauf hin, dass es mangels eines vorherigen Lohnsteuerklassenwechsels an der Voraussetzung fehlt, dass der Nachteil durch eine vom Gesetz vorgesehene und zulässige Amtshandlung ausgeglichen werden kann. Denn ohne (eingetragenen) Wechsel der Steuerklasse ist eine andere Steuerklasse, die die Arbeitsverwaltung berücksichtigen könnte, auf der Lohnsteuerkarte nicht vermerkt. Damit kann auch durch eine zulässige Amtshandlung eine vom Willen des Klägers und seiner Ehefrau abhängige steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeit nicht ersetzt werden. Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 14.07.2004 (a.a.O.) noch zum im Wesentlichen gleichlautenden § 113 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entschieden, dass von der Beklagten eine Prüfung der Richtigkeit der Eintragung nicht vorzunehmen ist. Vielmehr hat die eingetragene Steuerklasse für die Berechnung der Leistung Tatbestandswirkung. Ob die Eintragung steuerrechtlich zutreffend ist, bedarf daher keiner Prüfung, denn maßgebend für die Anwendung des § 113 Abs. 2 AFG ist nach der Rechtsprechung des BSG allein die Tatsache der Eintragung der Steuerklasse auf den Steuerkarten der Ehegatten, solange diese Bestand hat. In Bezug auf die Rechtsprechung des 7. Senats (B 7 Al 52/03 R, a.a.O.) hat es dabei deutlich gemacht, dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch jedenfalls daran scheitere, dass auch nach der neueren Rechtsprechung des 7. Senats des BSG ein Herstellungsanspruch nicht eingreifen kann, wenn ein Lohnsteuerklassenwechsel nicht vorgenommen worden ist. Dieser Rechtsprechung schließt sich auch der Senat aus den bereits genannten Gründen in vollem Umfang an.
Hinzuweisen ist im Übrigen darauf, dass für die angesprochene Entscheidung des 7. Senats eine Fallkonstellation maßgeblich war, die eine rückwirkende Aufhebung einer Leistungsbewilligung und Rückforderung von Leistungen zum Gegenstand hatte. Dem Kläger dieses Verfahrens stand zunächst der auf Leistungsgruppe C beruhende höhere Arbeitslosengeld-Anspruch zu, der aufgrund des Wechsels der Steuerklasse und der dadurch erforderlichen Bemessung nach Leistungsgruppe D rechtswidrig geworden war. Grundlage der Prüfung war insoweit - und im Gegensatz zu dem vorliegenden Rechtsstreit - § 137 Abs. 4 SGB III, ob also eine abweichende Berücksichtigung der zu Jahresbeginn eingetragenen Steuerklasse von der Arbeitsverwaltung zu berücksichtigen ist. Das BSG äußerte in dieser Konstellation erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 137 Abs. 4 SGB III und statuierte deshalb eine besondere Beratungspflicht der Arbeitsämter/Agenturen für Arbeit über die leistungsrechtlichen Konsequenzen eines Lohnsteuerklassenwechsels unter Ehegatten, deren Verletzung in dieser speziellen Konstellation und mit verwaltungskonformen Mitteln wieder behoben werden kann.
Nachdem nicht festgestellt werden kann, dass dem Kläger aus anderen Gründen ein höherer Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bzw. Unterhaltsgeld oder Anschlussunterhaltsgeld zusteht, ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen nicht zu beanstanden. Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Leistungen im Wege des Zugunstenverfahrens.
Der 1951 geborene, verheiratete Kläger meldete sich am 03.07.2000 erneut arbeitslos und beantragte die Weitergewährung von Arbeitslosenhilfe. Auf seiner mit Antragstellung vorgelegten Lohnsteuerkarte war zu Beginn des Jahres 2000 und ohne weitere Änderung die Lohnsteuerklasse V eingetragen. Auch in seinem Antrag gab der Kläger an, dass zu Beginn des Jahres auf der Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse V eingetragen gewesen sei. Er hatte zuvor (bis zur Erschöpfung seines Anspruches) Arbeitslosengeld vom 01.04.1994 bis 17.07.1998, damals nach der eingetragenen Lohnsteuerklasse III unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C bezogen. Vor der Aufnahme einer Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter am 15.01.1999 hatte die Beklagte für die Zeit ab 18.07.1998 Arbeitslosenhilfe ebenfalls unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C bewilligt.
Auf den Antrag vom 03.07.2000 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 26.07.2000 - zunächst vorläufig - Arbeitslosenhilfe unter Berücksichtigung eines Bemessungsentgeltes in Höhe von 1.850,- DM, eines erhöhten Leistungssatzes und - entsprechend der zu Jahresbeginn eingetragenen Steuerklasse V - der Leistungsgruppe D sowie unter Anrechnung von Nebeneinkommen ab 01.07.2000. Mit Bescheid vom 18.10.2000 stellte die Beklagte für die Bewilligung ab 01.07.2000 einen wöchentlichen Zahlbetrag von 366,10 DM und ab dem 18.07.2000 (Anpassung des Bemessungsentgelts gemäß § 201 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)) von 359,38 DM fest. In der Zeit vom 17.07.2001 bis 19.11.2001 bezog der Kläger während der Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme Unterhaltsgeld (Bewilligungsbescheid vom 01.08.2001) und anschließend bis 16.02.2002 Anschlussunterhaltsgeld (Zahlbetrag ab 17.07.2001 wöchentlich 448,70 DM, ab 01.01.2002 nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 925,- EUR einem erhöhten Leistungssatz und der Leistungsgruppe D, Zahlbetrag wöchentlich 229,46 EUR, vgl. Bescheide vom 27.11.2001 und 07.01.2002). Vom 17.02.2002 bezog der Kläger bis zu einer Arbeitsaufnahme im November 2002 wiederum Arbeitslosenhilfe (Zahlbetrag zunächst unter Berücksichtigung von Einkommen der Ehefrau 152,81 EUR [Bescheid v.15.03.2002], dann ab 01.03.2002 - ohne Anrechnung - 195,23 EUR [Bescheid vom 21.03.2002]) zunächst unter Berücksichtigung unveränderter Bemessungsgrundlagen, dann ab dem 01.05.2002 unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C, nachdem die Eheleute zu diesem Datum ihre Steuerklassen getauscht hatten. Entsprechend der vom Kläger gewählten Steuerklasse III wurde ihm Arbeitslosenhilfe dann nach Leistungsgruppe C bewilligt (Zahlbetrag 335,02 EUR wöchentlich, Bescheid vom 14.05.2002).
Mit einem bei der Beklagten am 14.05.2002 eingegangenen Schreiben beantragte der Kläger die Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 26.07.2000 sowie aller ergangenen Folgebescheide. Er trug vor, dass er während seiner selbständigen Tätigkeit vor dem Leistungsbezug seine bisherige Steuerklasse III in die Steuerklasse V habe ändern lassen. Deshalb sei zu Anfang des Jahres 2000 auf seiner Lohnsteuerkarte auch die Steuerklasse V eingetragen gewesen. Nach Erhalt des Steuerbescheides für das Jahr 2000 müsse er nun eine Einkommensteuernachzahlung in Höhe von 2.200,50 EUR leisten. Dem Sachbearbeiter der Beklagten hätte bei der Antragstellung diese ungünstige Steuerklassenwahl auffallen müssen, weil er aus dem Einkommenssteuerbescheid seiner Frau habe erkennen können, dass nur ein sehr geringer Steuerabzug erfolgt sei. Eine Beratung sei jedoch nicht erfolgt und habe auch deshalb nicht erfolgen können, weil keiner der Mitarbeiter der Beklagten, die er nach Erhalt des Steuerbescheides befragt habe, die steuerrechtlichen Folgen einer falschen Wahl gekannt habe. Er begehre daher die Neuberechnung seines Leistungsanspruches unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C für die Zeit ab dem 01.07.2000.
Mit Bescheid vom 14.05.2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 26.07.2000 ab. Sie führte zur Begründung aus, dass bei der Antragstellung am 01.07.2000 auf der Lohnsteuerkarte des Jahres 2000 die Steuerklasse V eingetragen gewesen sei. Der während der Selbständigkeit vorgenommene Steuerklassenwechsel sei somit gemäß § 137 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III berücksichtigt worden, weil sich durch die Änderung von Steuerklasse III in Steuerklasse V eine geringere Leistung ergeben habe. Damit sei das Recht weder unrichtig angewandt noch sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2002 zurück. Sie berief sich auf die Bindungswirkung des Bescheides, der Kläger habe auch nichts benannt, was für eine Unrichtigkeit der Entscheidung sprechen könnte. Es hätten sich auch keine neuen Erkenntnisse ergeben, die dafür sprechen könnten, dass die Entscheidung falsch sei.
Hiergegen hat der Kläger am 16.08.2002 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Er hat auch weiterhin daran festgehalten, dass ihn die Beklagte bei der Antragstellung auf Arbeitslosenhilfe im Juli 2000 nicht ausreichend beraten habe und daher die Verpflichtung bestehe, die gewährte Arbeitslosenhilfe rückwirkend neu zu berechnen.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die getroffene Entscheidung den gesetzlichen Vorschriften entsprochen habe. Für sie sei auch nicht nachzuvollziehen, wo sie ihren Beratungspflichten nicht nachgekommen sei. Ein Beratungsbedarf sei seitens des Klägers bei Abgabe des Antrages nicht geäußert worden. Ein solcher habe sich nach den vorgelegten Unterlagen auch nicht zwingend aufgedrängt.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.12.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass der Kläger mit seinem Überprüfungsantrag keine neuen Gründe dargelegt oder Tatsachen vorgebracht habe, die eine Rechtswidrigkeit des ab 1. Juli 2000 Arbeitslosenhilfe bewilligenden Bescheides vom 26. Juli 2000 hinsichtlich der zugrunde gelegten Leistungsgruppe D ergebe. Zweifelsfrei sei in der Lohnsteuerkarte des Klägers die Lohnsteuerklasse V eingetragen gewesen, die zur Heranziehung der Leistungsgruppe D führe. Eine Änderung der Lohnsteuerklasse von V in III sei erst mit Wirkung ab dem 01.05.2002 erfolgt, weshalb ab diesem Tag die Leistungsgruppe C der Bemessung der Leistung zugrunde gelegt worden sei. Das Begehren des Klägers könne auch nicht nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches begründet werden. Denn selbst dann, wenn eine Verletzung der Beratungspflicht auf Seiten des Arbeitsamtes vorgelegen hätte, könne eine rückwirkende Änderung der Lohnsteuerklasse von V in III nicht fingiert werden.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 11.12.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.01.2004 Berufung eingelegt.
Er hält im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrages an der von ihm vertretenen Rechtsauffassung fest. Er verweist dabei insbesondere auf die zum Lohnsteuerklassenwechsel unter Ehegatten ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Außerdem trägt er vor, dass er bei seiner Antragstellung im Juli 2000 von einem Mitarbeiter der Beklagten dahingehend informiert worden sei, die Lohnsteuerklasse des Vorjahres gelte weiterhin und eine Änderung sei nicht möglich.
Das mit Beschluss vom 27.01.2005 ruhende Verfahren wurde vom Kläger am 21.03.2007 wieder angerufen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 8. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2002 zu verpflichten, ihren Bescheid vom 26. Juli 2000 sowie die ergangenen Folgebescheide nach § 44 SGB X zurückzunehmen und die für die Zeit ab dem 1. Juli 2000 bewilligte Arbeitslosenhilfe, das Unterhaltsgeld und Anschlussunterhaltsgeld nach der Leistungsgruppe C zu gewähren, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheides sowie auf ihren Vortrag in der ersten Instanz. Sie hält die zitierten Urteile des Bundessozialgerichts nicht für einschlägig, weil im vorliegenden Fall die grob fahrlässige Verletzung einer Mitteilungspflicht beim Steuerklassenwechsel von Ehegatten nicht streitig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und auch gemäß §§ 143,144 SGG zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die bestandskräftigen Bewilligungen von Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld und Anschlussunterhaltsgeld im Zeitraum vom 01.07.2000 bis 30.04.2002 zurückzunehmen und den Anspruch auf diese Leistungen jeweils unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C neu zu berechnen.
Anspruchsgrundlage ist, da die ursprünglichen Bewilligungsbescheide bestandskräftig geworden sind, § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Hiernach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Denn die Beklagte ist bei ihrer Entscheidung weder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, noch erweist sich die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe das Recht unrichtig angewandt, als zutreffend.
Zwischen den Beteiligten ist insoweit lediglich die Höhe der gewährten Arbeitslosenhilfe bzw. auch des Unterhaltsgeldes und des Anschlussunterhaltsgeldes streitig, insbesondere, ob die Beklagte verpflichtet ist, diese Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C, die der Lohnsteuerklasse III entspricht, zu gewähren. Dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2000 bis 30.04.2002 grundsätzlich einen Anspruch gemäß § 190 SGB III auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe erfüllt hatte, insbesondere also arbeitslos gewesen war, sich arbeitslos gemeldet hatte und bedürftig gewesen ist sowie die Vorfrist nach § 192 SGB III erfüllt hatte, steht zwischen Beteiligten nicht im Streit und wird nach eigener Überprüfung durch den Senat auch nicht in Zweifel gezogen. Gemäß § 198 Abs. 2 SGB III (in der bis 31.12.2004 anzuwendenden Fassung) sind die Vorschriften über das Arbeitslosengeld auf die Arbeitslosenhilfe entsprechend anzuwenden, insbesondere auch die Regelungen zur Leistungsgruppe und damit auch § 137 SGB III, wie sich aus der Nr. 4 des § 198 Satz 2 SGB III ergibt. In der hier ebenfalls bis 31.12.2004 anzuwendenden Fassung des § 137 SGB III richtet sich die als gewöhnlicher Abzug zugrunde zu legende Steuer nach der Leistungsgruppe, der der Arbeitslose zuzuordnen ist. Nach § 137 Abs. 2 SGB III erfolgt die Zuordnung der Lohnsteuerklasse I oder IV zur Leistungsgruppe A, der Lohnsteuerklasse II zur Leistungsgruppe B, der Lohnsteuerklasse III zur Leistungsgruppe C, der Lohnsteuerklasse V zur Leistungsgruppe D und der Lohnsteuerklasse VI zur Leistungsgruppe E. § 137 Abs. 3 Satz 1 SGB III bestimmt, dass die Zuordnung sich nach der Lohnsteuerklasse richtet, die zu Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war. Nach der vom Kläger bei Antragstellung vorgelegten Lohnsteuerkarte für das Jahr 2000 (und dies entspricht auch seinen Angaben im Antrag) war auf der Lohnsteuerkarte des Klägers zu Beginn des Jahres 2000 und ohne nachfolgende Änderung die Lohnsteuerklasse V eingetragen. Entsprechend hat die Beklagte zurecht der Bemessung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab dem 1. Juli 2000 und auch in der Folge die Bemessung von Unterhaltsgeld und Anschlussunterhaltsgeld (für diese Leistungen gelten über § 157 SGB III dieselben Grundsätze der Bemessung) die Leistungsgruppe D zugeordnet. Änderungen in den persönlichen Verhältnissen des Klägers, die steuerrechtlich zu einer Änderung der Steuerklasse hätten führen können, sind in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht eingetreten. Eine Änderung der Lohnsteuerklasse erfolgte erst mit Wirkung zum 01.05.2002, als die Ehegatten die Kombination III/V geändert haben. Nur für diesen Fall ist § 137 Abs. 4 SGB III anzuwenden, weil es sich bei einem Steuerklassenwechsel unter Ehegatten um eine Sonderform der Steuerklassenänderung innerhalb der Steuerklassenkombination III/V, IV/IV oder V/III handelt. § 137 Abs. 4 SGB III stellt gegenüber dem Abs. 3 Satz 2 und 3 des § 137 SGB III eine diese Bestimmungen ausschließende Sonderregelung dar (vgl. BSG SozR 3-4100 § 113 Nr. 1). Ein Fall des Wechsels der Steuerklassen unter Eheleuten liegt jedoch in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht vor. Denn bis zum 01.05.2002 haben die Eheleute eine entsprechende Erklärung nicht abgegeben. Die Einstufung in die Leistungsgruppe D entspricht daher den Vorgaben des § 137 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 1 SGB III und ist daher weder hinsichtlich der Bemessung der Arbeitslosenhilfe noch hinsichtlich des Unterhaltsgeldes oder Anschlussunterhaltsgeldes zu beanstanden.
Der Kläger kann auch nicht geltend machen, die Beklagte müsse ihn so stellen, als hätten die Eheleute die Steuerklassen spätestens bei Antragstellung gewechselt, weil der Beklagten insoweit ein Beratungsfehler zuzurechnen sei. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass eine Behörde durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln nachteilige Folgen für die Rechtsstellung des Versicherten herbeiführt. Wenn diese durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden kann, hat die Behörde dem Versicherten die Rechtsposition einzuräumen, die er gehabt hätte, wenn von Anfang an ordnungsgemäß verfahren worden wäre. Er greift insbesondere dann ein, wenn Nebenpflichten wie Auskunfts-, Beratungs- und Fürsorgepflichten verletzt wurden. Rechtsfolge kann jedoch nur eine gesetzlich zulässige Amtshandlung sein (vgl. hierzu Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 131 Rz. 4a ff). Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob eine Beratungspflicht der Beklagten hinsichtlich der steuerrechtlichen Auswirkungen einer bereits gewählten Steuerklassenkombination bei Antragstellung tatsächlich besteht. Zweifel bestehen hier schon deshalb, weil der Gesetzgeber mit § 137 Abs. 3 S. 1 SGB III vorgegeben hat, wonach sich die Zuordnung zur Leistungsgruppe bei Antragstellung zu richten hat, nämlich nach der zu Jahresbeginn eingetragenen Steuerklasse. Die vom Kläger insoweit geltend gemachten Beratungspflichten und die hierzu ergangene Rechtsprechung beziehen sich auf einen Wechsel der Steuerklassen unter Ehegatten und dessen Auswirkungen auf den Leistungsbezug, welche sich jedoch nach § 137 Abs. 4 SGB III richten, also, ob ein solcher Steuerklassenwechsel nach den unter Absatz 4 genannten Voraussetzungen von der Arbeitsverwaltung zu berücksichtigen ist. So hat das Bundessozialgericht (BSG) in mittlerweile ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 14.07.2004 - B 11 AL 80/03 R, 16.03.2005 - B 11a/11 AL 45/04 R, 06.04.2006 - B 7a AL 82/05 R, 10.05.2007 - B 7a Al 12/06 R - alle in juris) klargestellt, dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Beratung über die Lohnsteuerklassenwahl nicht eingreifen kann, wenn es sich nicht um einen Lohnsteuerklassenwechsel unter Eheleuten handelt, sondern - wie hier - allein um die Zuordnung der Steuerklasse zur Leistungsgruppe bei Antragstellung. Das BSG bestätigt in den genannten Entscheidungen seine Rechtsprechung vom 01.04.2004 (B 7 AL 52/03 R), welche die Anwendbarkeit eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches bereits auf die Fallgestaltungen eines Lohnsteuerklassenwechsels unter Ehegatten beschränkt hatte. Insbesondere weist das BSG darauf hin, dass es mangels eines vorherigen Lohnsteuerklassenwechsels an der Voraussetzung fehlt, dass der Nachteil durch eine vom Gesetz vorgesehene und zulässige Amtshandlung ausgeglichen werden kann. Denn ohne (eingetragenen) Wechsel der Steuerklasse ist eine andere Steuerklasse, die die Arbeitsverwaltung berücksichtigen könnte, auf der Lohnsteuerkarte nicht vermerkt. Damit kann auch durch eine zulässige Amtshandlung eine vom Willen des Klägers und seiner Ehefrau abhängige steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeit nicht ersetzt werden. Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 14.07.2004 (a.a.O.) noch zum im Wesentlichen gleichlautenden § 113 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entschieden, dass von der Beklagten eine Prüfung der Richtigkeit der Eintragung nicht vorzunehmen ist. Vielmehr hat die eingetragene Steuerklasse für die Berechnung der Leistung Tatbestandswirkung. Ob die Eintragung steuerrechtlich zutreffend ist, bedarf daher keiner Prüfung, denn maßgebend für die Anwendung des § 113 Abs. 2 AFG ist nach der Rechtsprechung des BSG allein die Tatsache der Eintragung der Steuerklasse auf den Steuerkarten der Ehegatten, solange diese Bestand hat. In Bezug auf die Rechtsprechung des 7. Senats (B 7 Al 52/03 R, a.a.O.) hat es dabei deutlich gemacht, dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch jedenfalls daran scheitere, dass auch nach der neueren Rechtsprechung des 7. Senats des BSG ein Herstellungsanspruch nicht eingreifen kann, wenn ein Lohnsteuerklassenwechsel nicht vorgenommen worden ist. Dieser Rechtsprechung schließt sich auch der Senat aus den bereits genannten Gründen in vollem Umfang an.
Hinzuweisen ist im Übrigen darauf, dass für die angesprochene Entscheidung des 7. Senats eine Fallkonstellation maßgeblich war, die eine rückwirkende Aufhebung einer Leistungsbewilligung und Rückforderung von Leistungen zum Gegenstand hatte. Dem Kläger dieses Verfahrens stand zunächst der auf Leistungsgruppe C beruhende höhere Arbeitslosengeld-Anspruch zu, der aufgrund des Wechsels der Steuerklasse und der dadurch erforderlichen Bemessung nach Leistungsgruppe D rechtswidrig geworden war. Grundlage der Prüfung war insoweit - und im Gegensatz zu dem vorliegenden Rechtsstreit - § 137 Abs. 4 SGB III, ob also eine abweichende Berücksichtigung der zu Jahresbeginn eingetragenen Steuerklasse von der Arbeitsverwaltung zu berücksichtigen ist. Das BSG äußerte in dieser Konstellation erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 137 Abs. 4 SGB III und statuierte deshalb eine besondere Beratungspflicht der Arbeitsämter/Agenturen für Arbeit über die leistungsrechtlichen Konsequenzen eines Lohnsteuerklassenwechsels unter Ehegatten, deren Verletzung in dieser speziellen Konstellation und mit verwaltungskonformen Mitteln wieder behoben werden kann.
Nachdem nicht festgestellt werden kann, dass dem Kläger aus anderen Gründen ein höherer Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bzw. Unterhaltsgeld oder Anschlussunterhaltsgeld zusteht, ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen nicht zu beanstanden. Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved