L 11 KR 4295/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1891/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4295/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 13. August 2008 aufgehoben, soweit das SG der Antragsgegnerin unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 für jeden Fall des Zuwiderhandelns untersagte, zu behaupten, dass ab 2009 für alle Krankenkassen ein einheitlicher Beitragssatz gilt, ohne auf die Möglichkeit kassenindividueller Zusatzbeiträge bzw. Prämienzahlungen hinzuweisen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Unterlassung der Behauptung hat, dass ab dem Jahr 2009 alle gesetzlichen Krankenkassen den selben Beitragssatz haben, ohne auf die Regelungen kassenindividueller Zusatzbeiträge bzw. Prämienzahlungen nach § 242 Abs. 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der ab dem 01. Januar 2009 geltenden Fassung (BGBl I 278) hinzuweisen.

Die Antragsgegnerin unterhält eine Website mit der URL "http://www.a.-gewinnerseite.de" auf der es u.a. heißt: "Willkommen auf der Gewinnerseite - bei Ihrer A. B ... Ab 2009 gilt für alle Krankenkassen ein einheitlicher Beitragssatz. Die Leistungen der Gesundheitskasse werden damit umso wichtiger. Entdecken Sie, wie Sie durch einen Wechsel zur A. B. selbst zum Gewinner werden."

Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 forderte die Antragsstellerin die Antragsgegnerin auf, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach sie es zukünftig unterlassen werde zu behaupten, dass ab 2009 für alle Krankenkassen ein einheitlicher Beitragssatz gelte. Denn diese Behauptung sei wettbewerbswidrig. Der einheitliche Beitragssatz sei nur die halbe Wahrheit. Bei derzeitigem Stand der Dinge könne die gesetzliche Krankenversicherung noch nicht absehen, wie der finanzielle Beitragsaufwand für alle Versicherten aussehen werde. Es seien Prämienzahlungen und die Erhebung von Zusatzbeiträgen möglich.

Die Antragsgegnerin erwiderte unter Hinweis auf eine Entscheidung des LSG Niedersachsen vom 31. März 2008 (Az.: L 4 KR 68/08 ER), dass ihre Aussage nicht zu beanstanden sei. Eine Unterlassungserklärung werde daher nicht abgegeben.

Mit ihrer dagegen am 25. Juni 2008 beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage (S 8 KR 1896/08) und ihrem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Antragstellerin ihr Unterlassungsbegehren weiter verfolgt. Zu deren Begründung hat sie unter anderem vorgetragen, dass ein unterlassener rechtlicher Hinweis auf auch im Jahr 2009 unterschiedliche finanzielle Belastungen über Prämienzahlungen bzw. Zusatzbeiträge einen marktrelevanten und damit wettbewerbsrechtlichen Bezug aufweise.

Mit Beschluss vom 13. August 2008, der Antragsgegnerin zugestellt am 18. August 2008, hat das SG der Antragsgegnerin unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- EUR für jeden Fall des Zuwiderhandelns untersagt zu behaupten, ab 2009 gelte für alle Krankenkassen ein einheitlicher Beitragssatz, ohne auf die Möglichkeit kassenindividueller Zusatzbeiträge bzw. Prämienzahlungen hinzuweisen. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag auf Unterlassung sei zulässig, insbesondere fehle ihm deswegen nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragsgegnerin der Rechtsaufsicht unterliege. Denn der einzelne von einer Rechtsverletzung Betroffene habe keinen Anspruch gegen die Aufsichtsbehörde auf deren Einschreiten gegen den ihrer Aufsicht unterliegenden Sozialversicherungsträger. Deswegen verbleibe ihm nur die Möglichkeit, seinen Anspruch gegen den Versicherungsträger selbst durchzusetzen. Der Antrag sei auch im Wesentlichen begründet. Denn die Formen und Grenzen der Mitgliederwerbung bestimmten sich nach den Gesetzen und den öffentlich rechtlich normierten Pflichten der Krankenkassen untereinander. Die privatrechtlichen Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) seien zwar nicht unmittelbar anwendbar, jedoch könnten die dort aufgestellten allgemeinen Grundsätze entsprechend angewandt bzw. jedenfalls ergänzend als Auslegungshilfe herangezogen werden, soweit sie nicht durch die Besonderheiten der öffentlich rechtlichen Beziehungen der Krankenkassen zueinander zu modifizieren seien. Beschränkungen hinsichtlich Form- und Inhalt von Maßnahmen der Mitgliederwerbung ergäben sich demnach insbesondere aus den Pflichten der Krankenkassen zur Aufklärung, Beratung und Information der Versicherten sowie dem Gebot, bei der Erfüllung dieser und anderer gesetzlicher Aufgaben mit den übrigen Sozialversicherungsträgern zusammen zu arbeiten. Wie bei jeder Handlungspflicht korrespondiere damit eine Pflicht zur Unterlassung von Tätigkeiten, die dem vorgegebenen Handlungsziel zuwiderliefen. Werde deshalb bei der Werbung die Pflicht zur sachbezogenen Information und zur Rücksichtnahme auf die Belange der anderen Krankenversicherungsträger nicht beachtet, könne sich daraus im Umkehrschluss ein Anspruch des beeinträchtigten Trägers auf Unterlassung der unzulässigen Werbemaßnahmen ergeben. Unzulässig seien Werbemaßnahmen dann, wenn sie irreführend, herabsetzend oder verunglimpfend seien oder die Wahl der Krankenkasse unsachgemäß beeinflussen könnten. Die Antragsgegnerin habe deswegen eine Werbung zu unterlassen, mit welcher der Eindruck erweckt werde, ab dem Jahr 2009 komme es nicht mehr zu Unterschieden in der finanziellen Belastung der Versicherten zwischen den einzelnen Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein unbefangener Leser der streitgegenständlichen Internetseite, die von der Antragsgegnerin unterhalten werde, müsse jedoch diesen Schluss aus deren Aussagen ziehen. Zwar würden ab dem Inkrafttreten des GKV-WSG am 01. Januar 2009 die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung tatsächlich ausgehend von einem einheitlichen allgemeinen Beitragssatz erhoben, den die Bundesregierung durch Rechtsverordnung festlegen werde (§ 241 SGB V i.d.F. des GKV-WSG). Die Antragstellerin weise jedoch zu Recht darauf hin, dass es ab dem 01. Januar 2009 zu Unterschieden in der Höhe der finanziellen Belastung der Versicherten zwischen den einzelnen Krankenkassen kommen könne. Denn diese könnten nach § 242 Abs. 1 SGB V i.d.F. des GKV-WSG durch ihre Satzung bestimmen, dass ein kassenindividueller Zusatzbeitrag erhoben werde, soweit der Finanzbedarf durch die Zuweisungen aus dem neu gebildeten Fonds nicht gedeckt sein werde. Zudem werde eine Krankenkasse, soweit die Zuweisungen aus dem Fonds ihren Finanzbedarf überstiegen, die Möglichkeit haben, Prämien an ihre Mitglieder auszuzahlen. Die Kassen wüssten erst nach Mitteilung des Bundesversicherungsamtes im Dezember 2008, wie viel sie für ihre Versicherten je nach Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand erhalten würden und ob dies ihre Kosten decke oder nicht. Erst dann sei absehbar, ob sie von ihren Mitgliedern vielleicht schon im Januar einen Zusatzbeitrag erheben müssten oder ob sie günstigstenfalls eine Prämie ausschütten könnten. Somit werde ein für die Wahlentscheidung des Versicherten zugunsten oder zuungunsten einer Krankenkasse wesentlicher Umstand verschwiegen. Insoweit sei der Antragsgegnerin aber nicht gänzlich die beanstandete Äußerung zu untersagen, sondern nur einer solchen ohne den ergänzenden Hinweis. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ergebe sich aus dem längerfristigen Unterhalten der Internetseite. Da zudem eine Abmahnung vorher von Seiten der Antragstellerin erfolgt sei, bestehe auch ein Anordnungsgrund.

Mit ihrer dagegen am 03. September 2008 beim SG eingelegten Beschwerde macht die Antragsgegnerin geltend, die Internetseite sei erstmalig am 21. April 2008 veröffentlicht worden. Zu diesem Zeitpunkt habe ihr eine Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 31. März 2008 vorgelegen, die ihr die Verwendung der beanstandeten Formulierung ausdrücklich gestattet habe. Schon aus diesem Grund habe sie nicht unlauter gehandelt. Denn der einheitliche Beitragssatz sei Wille des Gesetzgebers. Das SG habe bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, dass die Höhe des allgemeinen Beitragssatzes sicherstellen müsse, dass in der Startphase die Ausgaben der Krankenkassen zu 100 % gedeckt seien. Die bloße Möglichkeit, dass sich Beiträge in der Zukunft veränderten, führe unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu keiner anderen Beurteilung. Auch fehle ein Anordnungsgrund. Das SG habe diesen alleine mit allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Erwägungen begründet. Eine solche bedürfe einer gesetzlichen Regelung wie z.B. § 12 Abs. 2 UWG, der aber auf den Wettbewerb zwischen Krankenkassen nicht anwendbar sei. Die Antragstellerin hätte somit die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung glaubhaft machen und darlegen müssen, welche konkreten eigenen Rechte so gefährdet seien, dass ein Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar wäre, obwohl sie keine Geschäftsstellen in B. unterhalte. Auch habe die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., die als kompetent in Wettbewerbssachen angesehen werden könne, den Satz "Ab 1. Januar gilt für alle Krankenkassen ein einheitlicher Beitragssatz" nicht beanstandet.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 13. August 2008 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die abweichend entscheidenden Gerichte die Problematik der Beitragssätze nach Einführung des Gesundheitsfonds nur sehr "unvollständig" erfasst hätten. Denn ab dem 01. Januar 2009 komme es zu Unterschieden in der Höhe der finanziellen Belastung der Versicherten zwischen den einzelnen Krankenkassen. Ein unterlassener Hinweis auf diesen rechtlichen Hintergrund von Zusatzbeiträgen bzw. Prämienrückerstattungen weise einen marktrelevanten und mithin wettbewerbsrechtlichen Bezug auf. Es gehe auch um die Aussage auf einer Internetpräsenz, wo der unbefangene Leser den Eindruck gewinnen könne, dass der Beitragssatz bei allen gesetzlichen Krankenversicherten gleich bleibe. Das gelte in besonderem Maße, weil die Hintergründe des Gesundheitsfonds der Allgemeinheit aufgrund der komplizierten Rechtslage größtenteils verborgen bliebe. Der Hinweis, einem Versicherten stünde bei Erhebung eines Zusatzbeitrags ohnehin ein Sonderkündigungsrecht zu, verfange nicht, denn dieses Sonderkündigungsrecht könne zwar einen möglichen wirtschaftlichen Nachteil des Versicherten auffangen, aber nicht den wirtschaftlichen Nachteil derjenigen gesetzlichen Krankenversicherung, deren Mitglieder sich ob der irreführenden Werbung abwendeten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

II.

Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Die Beschwerde ist auch nicht nach § 172 Abs. 3 SGG in der seit 01. April 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 29 Buchst. b) des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 - SGGArbGÄndG - (BGBl. I, S. 444) ausgeschlossen.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch begründet.

Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Antragstellerin vorläufigen Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG begehrt. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Absatzes 1 der Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend ist eine Regelungsanordnung, nämlich einer (künftigen) Unterlassung, zu treffen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO).

Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung fehlt es für den Unterlassungsanspruch - hinsichtlich der Behauptung eines für alle Versicherten gleichen Beitragssatzes mit Einführung des Gesundheitsfonds - an einem Anordnungsanspruch. Mit der in dem Internetauftritt der Antragsgegnerin angegebenen Aussage "Ab 2009 gilt für alle Krankenkassen ein einheitlicher Beitragssatz" überschreitet die Antragsgegnerin nicht die Grenzen des Wettbewerbs zwischen den Krankenkassen. Diese Aussage ist zwar insofern unvollständig, weil ein Hinweis auf die Möglichkeit kassenindividueller Zusatzbeiträge bzw. Prämienzahlungen fehlt, aber deswegen weder falsch noch irreführend. Der erkennende Senat schließt sich der vom 4. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg im Beschluss vom 26. August 2008 (L 4 KR 2992/08) vertretenen Auffassung in vollem Umfang an.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann sich die Antragstellerin nicht unmittelbar auf die wettbewerbsrechtlichen Grundsätze des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) stützen. Die Grenzen des Wettbewerbs zwischen Krankenkassen sind allein anhand des gesetzlichen Auftrags und der zu seiner Verwirklichung erlassenen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs zu bestimmen (vgl. BSGE 82, 78, 79; zur Unanwendbarkeit nationalen Wettbewerbsrechts auf Rechtsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Natur auch BSGE 89, 24). So hat das BSG entschieden, dass sich aus der Pflicht der Krankenkassen zur Aufklärung, Beratung und Information der Versicherten (§§ 13 bis 15 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs -SGB I - ) sowie dem Gebot bei der Erfüllung dieser und anderer gesetzlicher Aufgaben mit den übrigen Sozialversicherungsträgern zusammenzuarbeiten, Beschränkungen hinsichtlich Form und Inhalt von Maßnahmen der Mitgliederwerbung ergeben (BSGE 82, 78, 80). Der Senat kann offenlassen, ob sich der Anspruch auf Unterlassung zwischen Krankenkassen allein nach der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung richtet oder ob hierbei wettbewerbsrechtliche Grundsätze über § 69 SGB V i.V.m. § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bzw. § 1004 BGB heranzuziehen sind (vgl. hierzu LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31. März 2008 - L 4 KR 68/08 ER -; LSG Rheinland-Pfalz vom 13. Dezember 2007 - L 5 ER 289/07 KR , m.w.N., in juris veröffentlicht). Denn die Antragsgegnerin hat mit der Formulierung "Ab 2009 gilt für alle Krankenkassen ein einheitlicher Beitragssatz." weder gegen das öffentlich-rechtliche Gebot der Rücksichtnahme noch gegen wettbewerbsrechtliche Grundsätze verstoßen. Die Aussage ist vielmehr zutreffend, nur unvollständig

Das Finanzierungsmodell der gesetzlichen Krankenversicherung wird zum 01. Januar 2009 neu geregelt. Beim Bundesversicherungsamt (BVA) wird der Gesundheitsfonds gebildet, der künftig die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung festzulegenden einheitlichen Beiträge der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, der anderen Sozialversicherungsträger und der Mitglieder der Krankenkassen sowie die Bundesmittel bündelt (vgl. § 271 Abs. 1 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG). Aus dem Fonds erhalten die Krankenkassen Zuweisungen zur Deckung ihrer Ausgaben. Ab dem 01. Januar 2009 wird zudem erstmals ein allgemeiner Beitragssatz von der Bundesregierung nach Auswertung der Ergebnisse eines beim BVA zu bildenden Schätzerkreises durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates festgelegt (§ 241 Abs. 2 SGB V in der ab 01. Januar 2008 geltenden Fassung des GKV-WSG). Erforderliche Veränderungen des allgemeinen Beitragssatzes sollen jeweils bis zum 01. November eines Jahres mit Wirkung vom 01. Januar des Folgejahres festgelegt werden (§ 241 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG). Damit gilt - wie in der gesetzlichen Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung üblich - ein einheitlicher Beitragssatz auch in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Bei einem gesetzlich fixierten Beitragssatz für alle Krankenkassen kann sich der Wettbewerb unter ihnen nur über die Leistungen und/oder die Möglichkeit zur Einräumung eines begrenzten Bonus bzw. eines nur begrenzten Zusatzbeitrags entfalten (vgl. hierzu auch Wille/Koch, Gesundheitsreform 2007, S. 375 Rdnr. 893 ff). Dies geschieht über den kassenindividuellen Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG. Soweit die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds dem Finanzbedarf einer Krankenkasse übersteigen und sie mithin gut gewirtschaftet hat, kann sie in ihrer Satzung bestimmen, dass Prämien an ihrer Mitglieder ausgezahlt werden (§ 242 Abs. 2 Satz 2 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG). Umgekehrt gilt: Kommt eine Krankenkasse mit den zugewiesenen Mitteln aus dem Gesundheitsfonds nicht aus, muss sie von ihren Versicherten einen zusätzlichen Beitrag erheben, dessen Höhe allerdings begrenzt ist (vgl. § 242 Abs. 1 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG). Der Zusatzbeitrag ist auf 1 vom Hundert (v.H.) der beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds begrenzt. Abweichend hiervon erhebt die Krankenkasse den Zusatzbeitrag ohne Prüfung der Höhe der Einnahmen des Mitglieds, wenn der monatliche Zusatzbeitrag den Betrag von EUR 8,00 nicht übersteigt (Sätze 2 und 3). Erhebt die Krankenkasse einen Zusatzbeitrag, erhöht sie ihn oder senkt sie die Prämienrückzahlung, muss sie ihre Versicherten auf das Sonderkündigungsrecht nach § 242 Abs. 1 i.V.m. § 175 Abs. 4 Sätze 5 und 6 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG hinweisen.

Kernstück dieser gesetzlichen Neuregelung ist somit der allgemeine Beitragssatz, der durch die Bundesregierung ohne Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung festgelegt wird. Der Hinweis der Antragsgegnerin in ihrem Internetauftritt darauf, dass für alle gesetzlich Versicherten ab Januar 2009 ein einheitlicher Beitragssatz gilt, gibt mithin diese Kernregelung des GKV-WSG zutreffend wieder. Der Antragstellerin ist zwar zuzugeben, dass es sich um einen verkürzten Hinweis handelt. Denn die Regelungen des § 242 Abs. 1 und 2 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG werden nicht erwähnt. Allerdings vermag der Senat darin kein wettbewerbswidriges Verhalten der Antragsgegnerin zu sehen. Insoweit ist hier ein allgemein gefasster Hinweis auf die geltende bzw. zukünftige Rechtslage grundsätzlich zulässig.

Etwas anderes könnte ausnahmsweise nur dann gelten, wenn ein verkürzter Hinweis auf die Rechtslage für die Adressaten irreführend wäre und sie deshalb von ihren gesetzlich zustehenden Rechten keinen Gebrauch machen könnten. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Senat teilt die Auffassung des 5. Senats des LSG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 13. Dezember 2007 - L 5 ER 289/07 KR, in juris veröffentlicht), wonach durch einen verkürzten Hinweis auf die zukünftige Rechtslage ein "grundlegend falscher Eindruck erweckt wird", nicht (so auch 4. Senats des LSG Baden-Württemberg, L 4 KR 2992/08 ER-B). Zum jetzigen Zeitpunkt ist nämlich noch nicht absehbar, ob die Antragsgegnerin - wie im Übrigen auch die Antragstellerin - zukünftig verpflichtet sein wird, nach § 242 Abs. 1 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag zu erheben. Allein die gesetzlich normierte Option eines Zusatzbeitrags bzw. einer Prämienzahlung steht dem Hinweis der Antragsgegnerin, dass ab 01. Januar 2009 ein allgemeiner Beitragssatz gilt, nicht entgegen. Sie muss hierbei auch nicht auf die genannten Optionen des § 242 Abs. 1 und 2 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG hinweisen, da - wie bereits dargelegt - zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorhersehbar ist, ob diese Optionen überhaupt ausgeschöpft werden können bzw. müssen. Würde man bereits jetzt einen Hinweis auf diese Optionen verlangen, so würde man die Informations- und Beratungspflicht der Antragsgegnerin überspannen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Versicherten eine Eigenverantwortung trifft. Ihnen steht es frei, sich - z.B. im Falle eines geplanten Kassenwechsels - bei ihrer neuen Krankenkasse zu erkundigen, ob sie (die neue Krankenkasse) die von anderen bzw. der früheren Krankenkasse getätigten (Werbe-)Aussagen für zutreffend erachtet und wie sie selbst (die neue Krankenkasse) die Rechtslage ab 01. Januar 2009 beurteilt. Der Antragstellerin stünde es dann ebenfalls frei, auf die Option kassenindividueller Zusatzbeiträge hinzuweisen.

Sollte ein Versicherter allein wegen des Hinweises auf einen ab 01. Januar 2009 geltenden allgemeinen Beitragssatz derzeit von einem Kassenwechsel absehen und erhebt seine Krankenkasse zukünftig einen Zusatzbeitrag oder erhöht sie ihn bzw. senkt die Prämienrückzahlung, so steht ihm im Übrigen nach § 242 i.V.m. § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG ein Sonderkündigungsrecht zu. Die Mitgliedschaft kann bis zur erstmaligen Fälligkeit der Beitragserhebung, der Beitragserhöhung oder der Prämienverringerung gekündigt werden (§ 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG). Die Krankenkasse hat ihre Mitglieder zudem auf dieses Kündigungsrecht nach Satz 5 der Vorschrift spätestens einen Monat vor erstmaliger Fälligkeit hinzuweisen (Satz 6). Kommt die Krankenkasse ihrer Hinweispflicht gegenüber einem Mitglied verspätet nach, verschiebt sich für dieses Mitglied die Erhebung oder die Erhöhung des Zusatzbeitrags und die Frist für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts um den entsprechenden Zeitraum (Satz 7). Der verkürzte Hinweis auf den allgemeinen Beitragssatz ab dem 01. Januar 2009 führt mithin nicht dazu, dass Versicherte, die wegen dieses Hinweises von einem Kassenwechsel absehen, auf Dauer und zu ihren Lasten an ihre Entscheidung gebunden sind. In der Ausübung dieses (Kündigungs-)Rechts sieht der Senat keinen wesentlichen Nachteil (a.A. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. Dezember 2007 - L 5 ER 289/07 KR -, in juris veröffentlicht).

Ein Unterlassungsanspruch besteht mithin nicht. Deshalb musste vom Senat auch nicht geprüft werden, ob ein Anordnungsgrund besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 des Gerichtsostengesetzes (GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist danach ein Streitwert von EUR 5.000,00 (Auffangstreitwert) anzunehmen. Hiervon ist vorliegend auszugehen, da das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin nicht beziffert werden kann und genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung fehlen (vgl. hierzu auch LSG für das Saarland, Beschluss vom 21. Juni 2006 - L 2 B 5/06 KR).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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