L 5 KA 5003/07 W-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 2840/06 W-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 5003/07 W-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.7.2007 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Streitwert des bei ihm anhängig gewesenen Klageverfahrens S 5 KA 2839/06 (offensive Konkurrentenklage gegen die Auswahl bzw. Zulassung eines Mitbewerbers um eine zur Nachfolge ausgeschriebene Vertragsarztpraxis) rechtsfehlerfrei auf 210.600 EUR festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. §§ 197a, 184 SGG. Danach ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen. Erstrecken sich diese auf eine längere Zeit, ist das gebührend zu berücksichtigen.

Der Senat legt seiner Rechtsprechung zur Streitwertfestsetzung die Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit zugrunde. Diese sehen für Konkurrentenklagen gegen die Zulassung eines Arztes zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung unter Nr. C IX 16.6 den dreifachen Regelstreitwert bzw. Auffangstreitwert (des § 52 Abs. 2 GKG: 5000 EUR), die (Mehr-)Einnahmen einer durchschnittlichen Praxis innerhalb von drei Jahren oder – bei Praxisübernahme – den Durchschnittsumsatz in der jeweiligen Arztgruppe ohne Abzug von Praxiskosten vor. Damit ist die Bedeutung der Sache i. S. d. § 52 Abs. 1 GKG in Fallgestaltungen der vorliegenden Art jedoch nicht angemessen erfasst.

Mit der (offensiven) Konkurrentenklage gegen die Zulassung eines Mitbewerbers um eine zur Nachfolge ausgeschriebene Vertragsarztpraxis verfolgt der im Auswahlverfahren unterlegene Arzt das (End-)Ziel, an Stelle des von den Zulassungsgremien ausgewählten Konkurrenten selbst zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen zu werden und aus dieser Tätigkeit Gewinn zu erzielen (vgl. Senatsbeschluss vom 6.2.2007, - L 5 KA 3385/06 W-A – unter Hinweis auf Senatsbeschluss vom 24.7.2006, - L 5 KA 2736/06 W-A -). Die Bedeutung der Sache i. S. d § 52 Abs. 1 GKG ist deshalb an Hand des Gewinns (Umsatz abzüglich Praxiskosten) aus der beabsichtigten vertragsärztlichen Tätigkeit zu bestimmen. Der Sach- und Streitstand bietet somit regelmäßig genügend Anhaltspunkte zur Bemessung des Streitwerts, so dass für die Anwendung des Auffangwerts (von 5000 EUR) gem. § 52 Abs. 2 GKG kein Raum ist (vgl. auch LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.6.2007, - L 4 B 269/06 KA ER – sowie Wenner, NZS 2003, 568, 571). Wegen der Maßgeblichkeit des Gewinns kann auf den Umsatz allein ebenfalls nicht abgestellt werden (dazu –in Abweichung von den Empfehlungen des Streitwertkatalogs – bereits Senatsbeschluss vom 6.2.2007, - L 5 KA 3385/06 W-A -).

Nach ständiger Rechtsprechung auch des erkennenden Senats (vgl. nur Senatsbeschluss vom 6.2.2007, a. a. O.) ist für den Streitwert in vertragsärztlichen Zulassungssachen bei Neuzulassungen auf die Höhe der durchschnittlichen Umsätze der jeweiligen Arztgruppe abzüglich des durchschnittlichen Praxiskostenanteils in einem Zeitraum von drei Jahren abzustellen (vgl. die entsprechende Empfehlung in Nr. C IX 16.4 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit). Das gilt grundsätzlich auch für den Konkurrentenstreit um einen im Nachbesetzungsverfahren (§ 102 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) bei Praxisnachfolge zu vergebenden Vertragsarztsitz. Der Konkurrentenkläger, der (im Endziel) an Stelle des ausgewählten Bewerbers zugelassen werden und die Praxis fortführen will, steht hinsichtlich der Bemessung des Streitwerts dem eine Neuzulassung erstrebenden Arzt gleich (vgl. ebenfalls Senatsbeschluss vom 6.2.2007, - L 5 KA 3385/06 W-A -). Deshalb ist unerheblich, ob in der konkret zur Nachfolge ausgeschriebenen Praxis in der Vergangenheit unterdurchschnittliche Umsätze erwirtschaftet worden waren. Denn es ist davon auszugehen, dass der Praxisübernehmer zumindest den durchschnittlichen Umsatz seiner Arztgruppe erzielen will. Eine Ausnahme von der Maßgeblichkeit des Durchschnittsumsatzes der jeweiligen Arztgruppe kann allerdings geboten sein, wenn die Praxis eine ganz besondere Struktur aufweist und die Erzielung weit überdurchschnittlicher Umsätze ermöglicht (vgl. auch dazu Senatsbeschluss vom 6.2.2007, - L 5 KA 3385/06 W-A -); dafür ist hier nichts ersichtlich.

Bei der (offensiven) Konkurrentenklage des Arztes, der sich neben weiteren Ärzten um einen im Nachbesetzungsverfahren (§ 103 Abs. 4 SGB V) zu vergebenden Vertragsarztsitz beworben hat, aber nicht zum Zuge gekommen ist, müssen allerdings zwei Fallgruppen unterschieden werden:

Besteht das Rechtsschutzziel des Klägers ausschließlich darin, die Zulassung des für die Praxisnachfolge ausgewählten Konkurrenten (im Wege der Anfechtungsklage) aufzuheben, um den Weg für eine neue Auswahlentscheidung der Zulassungsgremien freizumachen, kann der für Zulassungssachen maßgebliche Streitwert nicht in voller Höhe angesetzt werden. Das Interesse des (Konkurrenten-)Klägers erschöpft sich in dieser Fallgestaltung nämlich darin, in einem neuen Auswahlverfahren erneut eine (bloße) Aussicht auf Auswahl als Praxisnachfolger und auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu erlangen. Die Bedeutung der Sache (§ 52 Abs. 1 GKG) entspricht daher nicht dem "vollen Zulassungsinteresse". Nach Auffassung des Senats ist sie mit einem Drittel des für Zulassungssachen maßgeblichen Streitwerts angemessen bewertet (so auch LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.6.2007, - L 4 B 269/06 KA ER -). Umfasst das Rechtsschutzziel des Klägers jedoch nicht nur die Aufhebung der Zulassung seines Konkurrenten, wird vielmehr zugleich die eigene Zulassung an dessen Stelle begehrt, ist es sachgerecht, den Streitwert für Zulassungssachen in voller Höhe anzusetzen (vgl. auch bereits Senatsbeschluss vom 6.2.2007, - L 5 KA 3385/06 W-A -).

Hier hat die Klägerin nicht nur die Aufhebung der Zulassung des im Auswahlverfahren obsiegenden Konkurrenten (bzw. die Aufhebung des Bescheids des Beschwerdegegners vom 6.3.2006) begehrt, sondern darüber hinaus beantragt, an Stelle des Konkurrenten selbst zur vertragsärztlichen Versorgung als Nachfolgerin der zur Nachbesetzung ausgeschriebenen Praxis ausgewählt und damit zugelassen zu werden (vgl. die entsprechenden Anträge in der Klageschrift vom 21.4.2006 sowie den im Verwaltungsverfahren gestellten Zulassungsantrag der Klägerin vom 18.7.2006, Verwaltungsakte S. 42). Das Sozialgericht hat für die Streitwertfestsetzung damit zu Recht auf das (volle) Zulassungsinteresse abgestellt und hierfür den durchschnittlichen Umsatz aus vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit bzw. die durchschnittlichen Praxiskosten von Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie herangezogen. Gegen die von der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung mitgeteilten Zahlenwerte sind Einwendungen nicht erhoben worden; Berechnungsfehler sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG.
Rechtskraft
Aus
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