L 13 AL 647/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 1955/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 647/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 1. April 1998 bis zum 30. November 2000.

Der Kläger ist seit 1. April 1998 Geschäftsführer der Firma S. S. e.K. in N., deren Inhaberin seine Ehefrau ist. Die A. in P. stellte gegenüber dieser Firma mit Bescheid vom 26. Oktober 2005 fest, dass der Kläger seit 1. April 1998 nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe. Gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass ein Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden sei. Der Kläger habe bei der Betriebsführung mitgewirkt und eine Generalvollmacht seiner Ehefrau besessen. Seine Mitarbeit sei auf Grund familiärer Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zur Betriebsinhaberin geprägt gewesen. Eine persönliche Abhängigkeit habe nicht festgestellt werden können, so dass eine fremdbestimmte Tätigkeit nicht vorgelegen habe. Dieser Bescheid wurde bindend. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg stimmte dieser Beurteilung mit Schreiben vom 24. Oktober 2005 zu. In der Folge machte der Kläger über die A. in P. bei der Beklagten mit Formularantrag vom 11. November 2005 die Erstattung der seit 1. April 1998 entrichteten Arbeitnehmerbeiträge auch zur Arbeitslosenversicherung geltend.

Die Agentur für Arbeit P. entsprach dem Antrag mit Bescheid vom 2. Dezember 2005 hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile für die Zeit vom 1. Dezember 2000 bis 31. Juli 2005 in Höhe von 5.541,16 EUR. Bezüglich der davor liegenden Zeiträume berief sie sich auf Verjährung.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass ihm auch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 1. April 1998 bis zum 30. November 2000 zu erstatten seien, weil bei einer Betriebsprüfung im Jahre 2000 der Prüfer die nicht bestehende Versicherungspflicht nicht erkannt habe. Die Widerspruchsstelle der Agentur für Arbeit P. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2006 als unbegründet zurück. Nach § 27 Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IV verjährten Beitragsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien. Die Einrede der Verjährung sei nicht rechtsmissbräuchlich. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Beitragszahlung deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Bundesagentur für Arbeit, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung (letztere als Prüfinstitution) beruht habe, das heißt, die fehlerhafte Beitragszahlung müsse von einer dieser Stellen nachweislich verursacht worden sein. Ein solches fehlerhaftes Verwaltungshandeln lasse sich nicht feststellen. Es sei insbesondere nicht darin zu sehen, dass bei Betriebsprüfungen die Beitragsentrichtung nicht beanstandet worden sei. Betriebsprüfungen hätten lediglich eine Kontrollfunktion. Sie bezweckten nicht, die Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit festzustellen. Die Agentur für Arbeit habe sich deshalb für die Zeit vom 1. April 1998 bis 30. November 2000 zu Recht auf die Einrede der Verjährung berufen.

Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt, am 28. April 2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, dass zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung im Jahre 2002/2003 bei richtiger Beratung die entsprechenden Beitragserstattungsansprüche noch nicht verjährt gewesen wären.

Mit Gerichtsbescheid vom 19. Dezember 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe dem Kläger die zur Bundesagentur für Arbeit geleisteten Arbeitnehmerbeiträge für die Zeiten vom 1. April 1998 bis 30. November 2000 nicht zu erstatten. Das Gericht gehe auf Grund des von der A. in P. erteilten Bescheides vom 26. Oktober 2005 und dem Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2005 davon aus, dass der Kläger während der geltend gemachten Zeiträume in keinem versicherungspflichtigem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Der Kläger habe jedoch lediglich einen Beitragserstattungsanspruch nach § 26 Abs. 2 SGB IV für die Zeit vom 1. Dezember 2000 bis 31. Juli 2005. Hinsichtlich der geltend gemachten vor dem 1. Dezember 2000 liegenden Zeiträume sei der Erstattungsanspruch verjährt, denn nach § 27 Abs. 2 S. 1 SGB IV verjähre der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien. Die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte gemäß § 27 Abs. 2 SGB IV bedeute vorliegend keine unzulässige Rechtsausübung. Selbst dort, wo, wie im vorliegenden Fall, über die tatsächlichen Verhältnisse keine Zweifel bestünden und die Verjährung begründete Ansprüche betreffe, sei das Rechtsinstitut der Verjährung durch die Gedanken des Schuldnerschutzes und des Rechtsfriedens gerechtfertigt. Die Unkenntnis des Berechtigten von seinem Anspruch und damit die fehlende Möglichkeit, diesen rechtszeitig geltend zu machen, sei auch im Bereich der Beitragserstattung ohne Bedeutung. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung sei rechtsfehlerfrei. Die in ihrem Widerspruchsbescheid gemachten Ausführungen ließen erkennen, dass die Beklagte ihrer Pflicht, eine Ermessensentscheidung über die Erhebung der Verjährungseinrede zu treffen, nachgekommen sei. Sie habe darin insbesondere geprüft, ob wegen Rechtsmissbräuchlichkeit von der Verjährungseinrede abzusehen sei. Dies wäre dann der Fall, wenn die Beitragszahlung deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Beklagten, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung beruhe. Insoweit müsse die fehlerhafte Beitragszahlung von einer dieser Stellen nachweislich verursacht worden sein. Die Beklagte sei zutreffend davon ausgegangen, dass ein nachweisbares ihr zurechenbares fehlerhaftes Verwaltungshandeln sich nicht feststellen lasse. Soweit von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, vormals Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg, am 16. Dezember 2002 und am 14. April 2003 Betriebsprüfungen unter Hinweis auf § 28p Abs. 1 SGB IV durchgeführt worden seien, verfolgten diese nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezweckten insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm Entlastung zu erteilen. Eine andere Bedeutung komme auch nicht den Prüfberichten zu. Das Ergebnis der Prüfung habe nicht die Funktion eines Entlastungsnachweises mit Außenwirkung. Eine materielle Bindungswirkung für die Beschäftigten könne sich nur dann und insoweit ergeben, als Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden seien. Der von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg erteilte Änderungsbescheid vom 15. Juni 2007 führe zu keiner anderen Beurteilung. Mit diesem Änderungsbescheid habe der Rentenversicherungsträger hinsichtlich seines Betriebsprüfungsbescheides vom 25. August 2003 zwar festgestellt, dass mit diesem zu Unrecht Beiträge für den Kläger erhoben worden seien, dies aber nicht mit der Begründung, dass die damalige Betriebsprüfung fehlerhaft gewesen wäre, sondern im Hinblick auf den von der A. in P. erteilten Bescheid vom 26. Oktober 2005. Deshalb lasse sich mit diesem Änderungsbescheid ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln zum Zeitpunkt der letzten Betriebsprüfung weiterhin nicht feststellen.

Gegen diesen ihm am 28. Dezember 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22. Januar 2008 beim SG Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren verwiesen.

Der Kläger beantragt, teilweise sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Dezember 2007 sowie den Bescheid vom 2. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die geleisteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 1. April 1998 bis 30. November 2000 zu erstatten, hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihre Bescheide für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte der Beklagten, die Gerichtsakten des SG und die Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berichterstatterin entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2, § 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die zulässige Berufung ist in der Sache unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der für die Zeit vor dem 1. Dezember 2000 entrichteten Beiträge. Der Beklagten war es nicht wegen unzulässiger Rechtsausübung (Verstoß gegen Treu und Glauben) verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Die Erhebung dieser Einrede war auch sonst nicht ermessensfehlerhaft.

Die Beklagte hat nach § 351 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) i.V.m. § 26 Abs. 2 und 3 Satz 1 SGB IV zu Unrecht entrichtete Beiträge demjenigen zu erstatten, der die Beiträge getragen hat. Die Voraussetzungen dieses Erstattungsanspruchs sind erfüllt. Die vom Kläger gezahlten Arbeitnehmeranteile sind im Hinblick auf die von der A. mit Bescheid vom 25. Oktober 2005 getroffene Feststellung der fehlenden Versicherungspflicht zu Unrecht entrichtet worden. Der Senat hat über die Rechtmäßigkeit der für die Beteiligten bindend gewordenen Entscheidung der A., der im vorliegenden Verfahren Tatbestandswirkung zukommt, nicht zu befinden. Die Beklagte hat den Beitragserstattungsanspruch des Klägers für die Zeit von Dezember 2000 bis Juli 2005 entrichteten Beiträge auch erfüllt.

Sie macht jedoch zu Recht die Einrede der Verjährung geltend und ist daher zur Leistungsverweigerung berechtigt, soweit der Kläger die Erstattung der für die Zeit vor Dezember 2000 entrichteten Beiträge begehrt. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV verjährt der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Nach § 351 Abs. 1 Satz 2 SGB III findet die Regelung des § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV, wonach die Verjährung nach Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung beginnt, wenn der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen beanstandet, keine Anwendung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. August 2007 - L 7 AL 1337/07 - (juris) m.w-N.). Nach § 27 Abs. 3 SGB IV gelten für die Hemmung, die Unterbrechung und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sinngemäß (Satz 1); die Verjährung wird durch schriftlichen Antrag auf die Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt (Satz 2). Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch (Satz 3). Der Kläger hat die Erstattung im November 2005 beantragt. Da die Beiträge für Dezember 2000 erst am 15. Januar 2001 fällig waren (vgl. § 348 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 23 SGB IV in der bis 31. Dezember 2005 gültigen Fassung), unterfielen nur diese und die folgenden Beiträge nicht der Verjährung.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung, die Erstattungsansprüche die für die Zeit vom 1. April 1998 bis 30. November 2000 entrichteten Beiträge betreffend, rechtsfehlerfrei erhoben. Zu den Wirkungen der Verjährung gehört, dass der Schuldner nach § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV i.V.m. § 214 Abs. 1 BGB nach Eintritt der Verjährung berechtigt ist, die Leistung zu verweigern. Die Inanspruchnahme dieses Leistungsverweigerungsrechts ist in das Ermessen der Beklagten gestellt (vgl. BSG, Urteil vom 13. Juni 1985, a.a.O. und Urteil vom 26. März 1987 - 11a RLw 3/86 - BSGE 61, 226, 229). Die Beklagte hat dies beachtet und bei der Begründung des Ausgangsbescheids die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen sie bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. August 2007 - L 7 AL 1337/07 - (juris) m.w-N.). Es ist insoweit ausreichend, im Bescheid auf die allgemeine Ermessenspraxis einzugehen und diese anzuwenden, wie dies die Beklagte getan hat, indem sie im Bescheid vom 2. Dezember 2005 ausgeführt hat, dass keine besonderen Gründe vorlägen, die Einrede der Verjährung nicht zu erheben. Die Beklagte hat sich an ihre Ermessensrichtlinie (Dienstanweisung 2.3.3 zu § 27 SGB IV) gehalten, wonach die Einrede der Verjährung nach pflichtgemäßem Ermessen nur in Fällen einer besonderen Härte nicht erhoben wird. Eine besondere Härte wird nach der Dienstanweisung im allgemeinen angenommen, wenn die Beitragszahlung zu Unrecht erfolgt ist, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Bundesanstalt, der Einzugsstelle oder des Trägers der Rentenversicherung beruht, d.h. die fehlerhafte Beitragszahlung muss von einer dieser Stellen nachweislich verursacht worden sein (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. August 2007 - L 7 AL 1337/07 - (juris)). Diese Ermessensrichtlinie, an die die Beklagte aus Gründen der Gleichbehandlung gebunden ist, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. August 2007 - L 7 AL 1337/07 - (juris) m.w.N.). Ein Verstoß gegen früheres eigenes oder zuzurechnendes Verhalten des Rentenversicherungsträgers, welcher der Verjährungseinrede entgegenstehen könnte, liegt nicht vor. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Gesichtspunkt des so genannten venire contra factum proprium als Unterfall des auch im öffentlichen Recht maßgeblichen und von Amts wegen zu beachtenden Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bereits tatbestandsmäßig der Berufung auf den Verjährungseintritt entgegen steht (so zu § 29 Abs. 3 RVO: BSG, Urteil vom 13. Februar 1969 - 12 RJ 268/66 - Breithaupt 1969, 813, 815; dahingestellt in BSG, Urteil vom 23. Oktober 1975 - 11 RA 152/74 - BSGE 40, 279 ff.) oder erst im Zusammenhang mit dem auszuübenden Ermessen zu berücksichtigen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. August 2007 - L 7 AL 1337/07 (juris)).

Insbesondere liegt keine Mitverursachung der unrechtmäßigen Beitragsentrichtung durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln des Rentenversicherungsträgers als Prüfinstitution vor. Die Betriebsprüfungen erfolgten auf der Grundlage von § 28p Abs. 1 SGB IV. Nach dieser Regelung prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) alle vier Jahre. § 6 Abs. 1 der Beitragsüberwachungsverordnung (BÜVO) erlaubt Stichproben bei der Überprüfung der Lohnunterlagen und Beitragsnachweise. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG können Arbeitgeber wie Arbeitnehmer aus Betriebsprüfungen, bei denen die unzutreffende Beurteilung der Versicherungs- und Beitragspflicht von Beschäftigten nicht aufgefallen war, keine weitergehenden Rechte herleiten. Danach haben Betriebsprüfungen unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt ihnen nicht zu, sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. August 2007 - L 7 AL 1337/07 - (juris) m.w.N.). Diese Schlussfolgerung verbietet sich schon deshalb, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend oder erschöpfend sein kann und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken darf (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 1995 - 12 RK 19/94 - BSGE 47, 194, 198; Urteil vom 22. Februar 1980 - 12 RK 34/79 - BSGE 50, 25, 28). Die Berichterstatterin schließt sich diesen Grundsätzen aufgrund eigener Überzeugung an und sieht auch im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers keinen Anlass, hiervon abzuweichen. Insoweit ist lediglich anzumerken, dass von der ab 1. Januar 1989 eingeführten Möglichkeit, im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht zu erlassen (§ 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV), vorliegend nicht Gebrauch gemacht wurde. Der Prüfbescheid bezieht sich vielmehr allein auf die Höhe und die Abführung von Beiträgen.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger als Ehemann der Betriebs-inhaberin beschäftigt war. Denn die Prüfstellen sind auch bei kleinen Betrieben nicht zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten verpflichtet (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. August 2007 - L 7 AL 1337/07 - (juris) m.w.N.). Denn eine Unterscheidung zwischen kleinen und großen Betrieben hinsichtlich Umfang und Schutzzweck von Betriebsprüfungen lässt sich dem SGB IV und der BÜVO nicht entnehmen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R - (juris)).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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