L 1 U 658/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 1665/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 658/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25.10.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine myoklonieforme (kurze ruckartige Zuckungen) Bewegungsstörung und ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom Folgen einer als Berufskrankheit nach Nr. 3104 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anerkannten Malaria sind und der Klägerin deshalb Entschädigungsleistungen zustehen.

Die Klägerin ist als Reisebürokauffrau tätig. Vom 11. bis 18.03.2000 hielt sie sich im Rahmen einer Informationsreise in K. auf. Am 06.04.2000 erstellte Dr. H. bei der Klägerin die Verdachtsdiagnose auf Malaria tropica und veranlasste die Einweisung der Klägerin zur stationären Behandlung in die M. Klinik Gemeinnützige Gesellschaft W., Tropenmedizinische Abteilung, wo die Klägerin bis 18.04.2000 unter der Diagnose einer Malaria tropica behandelt wurde (ärztliche Stellungnahmen an die Beklagte von Dr. H. vom 10.11.2000 und der M. Klinik W. vom 21.11.2000, jeweils mit irrtümlich angegebenen Entlassungsdatum 14.04.2000; vgl. Arztbrief Prof. Dr. F., M. Klinik W. vom 18.09.2003). Wegen einer komplexen Bewegungs- und Gangstörung mit einschießenden Zuckungen an allen vier Extremitäten wurde die Klägerin stationär in der Neurologischen Universitätsklinik W. vom 03.08. bis 19.08.2000 behandelt. Es wurde bei fehlendem Anhalt einer strukturellen Läsion eine funktionelle Bewegungsstörung diagnostiziert (Entlassungsbericht der B. J.-M.-Universität - Neurologische Klinik und Poliklinik im Kopfklinikum - vom 29.08.2000). Zu Lasten des Rentenversicherungsträgers wurde die Klägerin anschließend vom 31.08. bis 26.10.2000 in den Kliniken S. A. behandelt, wo sie als arbeitsunfähig unter den Diagnosen: "Zustand nach Malaria tropica mit persistierender Gangunsicherheit und myoklonen Zuckungen, affektiv-emotionale Störungen und leichtes hirnorganisches Psychosyndrom mit eingeschränkter geistiger Dauerbelastbarkeit " entlassen wurde (Entlassungsbericht der Kliniken S. vom 16.01.2001).

Nach Anzeige der Erkrankung als Berufskrankheit leitete die Beklagte das Feststellungsverfahren ein. Sie holte Befundberichte und Stellungnahmen der behandelnden Ärzte ein, u. a. vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. dessen Stellungnahmen vom 22.01. und 08.02.2001, in denen unter Bezugnahme auf den radiologischen Befund einer Positronen-Emissions-Tomografie (PET) vom 29.01.2001 durch Dr. H. von Residuen der Malariaerkrankung bzw. einer Schädigung durch die hochdosierte Lariamgabe während der Malariatherapie ausgegangen wurde.

Die Beklagte veranlasste das neurologische Gutachten von Dr. S. vom 09.10.2001, in dem ein Zusammenhang des von ihm diagnostizierten psychovegetativen Erschöpfungssyndroms mit myoklonieformer Bewegungsstörung mit der Malaria tropica als nicht wahrscheinlich bewertet wurde. Dr. S. stützte sich hierbei auch auf das neuropsychologische Zusatzgutachten von Prof. Dr. Dr. S. vom 06.09.2001. In seinem tropenärztlichen und internistischen Gutachten vom 09.12.2002 verneinte Dr. K. einen direkten kausalen Zusammenhang des psychovegetativen Erschöpfungssyndroms und der Bewegungsstörung mit der aufgetretenen Malaria. Im Anschluss an die durchgeführte Malariatherapie seien Symptome aufgetreten, die als Nebenwirkungen der angewandten Medikation verstanden werden könnten und deshalb mit der Erkrankung im Zusammenhang stünden. Als Folge der antiparasitären Behandlung seien durch die Medikamenten-Nebenwirkungen neurologische Symptome aufgetreten, die nach bisherigen Erfahrungen jedoch vollständig reversibel seien. Als Zeitdauer dieser Effekte könne retrospektiv ein Zeitraum von 12 Wochen als angemessen angesehen werden.

Mit Bescheid vom 05.02.2003 stellte die Beklagte eine Malaria tropica als Berufskrankheit nach Nr. 3104 der Anlage zur BKV und als Folgen der Berufskrankheit eine bis 28.06.2000 anzuerkennende "vorübergehende Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit nach zwischenzeitlich ohne wesentliche Folgen ausgeheilte Malaria tropica und Mefloquin-Therapie" fest. Die Gewährung einer Rente wurde abgelehnt. Keine Folge der Berufskrankheit sei das psychovegetative Erschöpfungssyndrom mit funktioneller myoklonieformer Bewegungsstörung.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein unter Verweis auf die vorgelegten ärztlichen Atteste von Dr. K. vom 14.04. und 15.05.2003, wonach ein leichtes hirnorganisches Psychosyndrom mit eingeschränkter geistiger Belastbarkeit und Frustrationstoleranz sowie affektiv-emotionale Störungen ein Residualzustand der Malariaerkrankung sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Die Klägerin hat am 20.06.2003 beim Sozialgericht Mannheim Klage erhoben.

Das Sozialgericht hat die Behandlungsunterlagen der M. Klinik W. sowie die für den Rentenversicherungsträger erstatteten nervenärztlichen Gutachten von Dr. W. vom 30.4.2004 und von Dr. E. vom 03.02.2003 beigezogen und außerdem schriftlich Dr. K. (Aussage vom 14.10.2003), die ihre Behandlungsunterlagen vorgelegt hat, und Dr. H. (Aussage vom 28.01.2004) als sachverständige Zeugen gehört.

In seinem neurologischen Sachverständigengutachten vom 04.10.2006 hat Prof. Dr. M., gestützt auf das neuropsychologische Zusatzgutachten von Diplom-Psychologe W. vom 01.05.2006, unter Auswertung der aktenkundigen Behandlungsunterlagen einen ursächlichen wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen dem aktuellen Beschwerdebild der Klägerin und der als Berufskrankheit anerkannten Infektion mit Malaria tropica oder deren medikamentöser Behandlung, insbesondere mit Mefloquin (Lariam) verneint. Unstreitig sei während der Keniareise bei der Klägerin eine Infektion mit Plasmodium falciparum aufgetreten, weshalb es im April 2000 zum Ausbruch einer Malaria tropica gekommen sei. Diese sei zunächst mit Malarone und nach erneutem Auftreten auf Grund eines resistenten Stammes adäquat und erfolgreich mit Mefloquin behandelt worden. Nach den Krankenakten der M. Klinik W. habe sich im klinischen Verlauf während der Akutphase kein Anhaltspunkt für eine cerebrale Malaria ergeben. Der Befund der Kernspintomographie von August 2000 habe ebenfalls keinen Hinweis auf eine cerebrale Mitbeteiligung ergeben. Der auffällige PET-Befund vom 29.01.2001 erlaube keine Ableitung eines Zusammenhangs mit der Infektion mit Plasmodium falciparum, denn eine Seitendifferenz zwischen den Hirnhemisphären und eine verminderte Glukose-Utilisation im Bereich der Stammganglien wäre dann nicht zu erwarten gewesen. Eine Komplikation der somit nicht cerebralen Verlaufsform der Malaria habe sich ausschließlich durch den resistenten Erregerstamm ergeben. Die Symptome in Form von Körperzittern seien auf die Nebenwirkungen der am 14.04.2000 aufgenommenen Behandlung mit Mefloquin zurückzuführen. Die differenzialdiagnostisch bestehende Möglichkeit eines post malaria neurological syndromes erscheine im Hinblick auf den milden Verlauf der Malariainfektion ohne cerebrale Beteiligung als sehr unwahrscheinlich. In der Fachliteratur werde aber auch die Symptomatik eines post malaria neurological syndromes (PMNS) durchgehend als nur vorübergehend und innerhalb weniger Wochen selbst limitierend und ohne bleibende Schäden abklingend beschrieben. Auch die neurologischen, neuropsychologischen und psychiatrischen Symptome der Nebenwirkungen einer Behandlung mit Mefloquin würden in der Fachliteratur als nur vorübergehend beschrieben, Hinweise auf Langzeitfolgen seien nicht zu beobachten gewesen. Bei dem langen klinischen Beschwerdeverlauf und dem aktuell bestehenden Beschwerdebild der Klägerin handle es sich daher nicht um Nebenwirkungen der Therapie mit Mefloquin.

In dem nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten nervenärztlichen Gutachten vom 10.04.2007 hat die Sachverständige G. das bei der Klägerin aufgetretene Beschwerdebild als Folge einer Malaria-Enzephalopathie in geminderter Intensität durch medizinische Behandlung beurteilt. Bereits nach der Entlassung aus der Klinik im April 2000 seien bis heute Myoklonien aufgetreten, die auf ein cerebrales Geschehen hindeuteten. Dafür spreche auch der pathologische Magnetresonanztomographie-Befund. Es bestehe kein Anlass, bei der Klägerin eine funktionelle Symptomatik anzunehmen. Trotz einiger Probleme und Konfliktbewältigungen im Leben der Klägerin seien diese keiner neurotischen Genese zuzuordnen. Als Folgen der anerkannten Berufskrankheit bestünden atheoide Bewegungsstörungen, die mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. einzustufen seien.

Die Beklagte hat die beratungsfachärztliche Stellungnahme von Privatdozent Dr. R. vom 16.05.2007 vorgelegt, in der der gutachtlichen Einschätzung der Sachverständigen G. widersprochen wird.

Mit Urteil vom 25.10.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen auf die Gutachten von Dr. S. vom 09.10.2001 und von Prof. Dr. M. vom 04.10.2006 gestützt.

Gegen das der Klägerin am 28.01.2008 zugestellte Urteil hat sie am 11.02.2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt mit der Begründung, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts erfülle die Gutachtenserstattung durch die Sachverständige G. die Kausalitätsanforderungen in der gesetzlichen Unfallversicherung. Im neurologischen Gutachten von Dr. S. vom 09.10.2001 werde eingeräumt, dass für das psychovegetative Erschöpfungssyndrom ein denkbarer Kausalzusammenhang bei einer einzelfallbezogenen Bewertung nicht ausgeschlossen sei. Auch Dr. K. führe in seinem tropenärztlichen/internistischen Gutachten aus, dass ein indirekter Einfluss im Sinne eines psychodynamischen Prozesses nicht völlig ausgeschlossen werden könne. Vor diesem Hintergrund sei eine Überprüfung erforderlich. Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25.10.2007 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 12.06.2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, eine myoklonieforme Bewegungsstörung und ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom als Folgen der Berufskrankheit Nr. 3104 der Anlage zur BKV festzustellen sowie Rente in Höhe von mindestens 30 v.H. der Vollrente und die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und macht geltend, soweit Gutachter nur einen denkbaren Kausalzusammenhang anführen bzw. einen solchen nicht als völlig ausgeschlossen erachten, reiche dies in der gesetzlichen Unfallversicherung als bloße Möglichkeit nicht aus, um den haftungsausfüllenden Kausalzusammenhang zu begründen.

Mit richterlichen Verfügungen vom 29.04. und 19.05.2008 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 12.05.2008 hierzu Stellung genommen.

Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit richterlichen Verfügungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Äußerung der Klägerin vom 12.05. 2008, mit dem das bisherige Vorbringen vertiefend wiederholt worden ist, hat dem Senat keinen Anlass gegeben, von der beabsichtigten Verfahrensweise Abstand zu nehmen und auf Grund mündlicher Verhandlung zu entscheiden.

Die Berufung ist unbegründet.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Gem. § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld § 45 SGB VII und Rente § 56 SGB VII). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherte sind unter anderem Beschäftigte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.

Eine Leistungspflicht wegen einer Berufskrankheit besteht - von einer MdE von wenigstens 20 v.H. abgesehen - nur dann, wenn die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kausalität) und durch die schädigende Einwirkung die Krankheit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden ist (haftungsausfüllende Kausalität). Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch hier die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u.a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen, die Schädigung und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287; 58, 80, 83). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9/A 26). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist.

Nach diesen Grundsätzen ist die begehrte Feststellung der Gesundheitsstörungen "psychovegetatives Erschöpfungssyndrom" und "myoklonieforme Bewegungsstörung", die bei sachgerechter Auslegung des Klagebegehrens auf die Feststellung eines Zustandes nach dem 28.06.2000 beschränkt ist, nicht begründet.

Diese Krankheitsbilder sind nicht als unmittelbare Folgen der Malariaerkrankung einzustufen. Nach dem überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. M. sind durch die Infektion mit Plasmodium falciparum bei der Klägerin keine organisch geschädigte cerebrale oder nervale Strukturen aufgetreten. Der klinische Verlauf der Malariainfektion, wie er in den Krankenakten der tropenmedizinischen Abteilung der M. Klinik W. dokumentiert ist, entspricht nach den nachvollziehbaren Darlegungen von Dr. S. (Gutachten vom 09.10.2001) und Prof. Dr. M. (Gutachten vom 04.10.2006) nicht einer cerebralen Malaria oder einem post malaria neurological syndrome. Weder war die Klägerin während der stationären Behandlung im April 2000 komatös noch war sie in relevanter Weise bewusstseinsgemindert. Erst zwei Wochen nach Behandlungsbeginn kam es zu einem allgemeinen Schwächesyndrom mit sich progredient entwickelnder unspezifischer Gang- und Gleichgewichtsstörung. Ein auffälliger neurologischer Befund wurde nicht erhoben. Die von Dr. S. als ausführlich bezeichneten elektrophysiologischen Untersuchungen und die cerebrale Kernspintomographie im August 2000 waren unauffällig. Der einzige von der Norm abweichende apparative Befund der PET im Januar 2001 ist nach dem überzeugenden Ausführungen von Dr. S. für sich allein betrachtet völlig unspezifisch, denn es liegt weder ein konkreter Vergleichsbefund im Krankheitsverlauf der Klägerin vor noch finden sich in der einschlägigen internationalen Fachliteratur vergleichbare Beschreibungen entsprechender PET-Befunde bei Menschen. Prof. Dr. M. hat dargelegt, dass in der internationalen Literatur nur eine nennenswerte Arbeit über Tierversuche vorliegt, die Rückschlüsse des Tiermodells auf cerebrale Malaria bei Menschen zulasse. Aber auch nach dieser Arbeit ist der bei der Klägerin erhobene PET-Befund nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit der Malariainfektion zuzuordnen. Die Überwindung der Blut-Hirn-Schranke durch Plasmodium falciparum führte bei dem Tierversuch mit Äffchen zu einer diffusen und heterogenen Verteilung einer geminderten Glukose-Utilisation, ohne dass Unterschiede zwischen rechter und linker Hemisphäre aufgetreten sind. Darüber hinaus kam es zu keiner verminderten Glukose-Utilisation im Bereich der Basalganglien. Demgegenüber ergab der von Dr. H. im Januar 2001 erhobene PET-Befund eine Seitendifferenz und eine verminderten Glukose-Utilisation im Bereich der Stamm-Ganglien. Eine cerebrale Verlaufsformen der malaria tropica ist bei der Klägerin daher nicht nachgewiesen. Auch ein post malaria neurological syndrome ist nicht nachgewiesen. Gegen eine unspezifische Schädigung im Rahmen eines post malaria neurological syndrome sprechen nach Prof. Dr. M. die übrigen neurologisch unauffälligen Befunde und die Persistenz der sich progredient entwickelnden Beschwerden, denn in der Literatur wird das post malaria neurological syndrome durchgehend als nur vorübergehend und innerhalb weniger Wochen abklingend beschrieben. Außerdem spricht nach Prof. Dr. M. dagegen, dass nur in einem Fall unter 16.948 Patienten mit einem milden Verlauf der Malariainfektion ohne cerebrale Beteiligung ein post malaria neurological syndrome entwickelt worden ist.

Ein wesentlicher Zusammenhang der geltend gemachten Symptomatik mit der erforderlichen Malariatherapie durch Mefloquin ist zur Überzeugung des Senats auch nicht wahrscheinlich gemacht. Nebenwirkungen der Behandlung mit Mefloquin, was durch das Medikament Lariam der Klägerin auch verabreicht worden ist, können Symptome sein, die bei der Klägerin auch in Form von Gangunsicherheit, Zittern, Koordinationsstörungen, Kopfschmerzen, unspezifischer Schwindel, vermehrte Ängstlichkeit usw. auch aufgetreten sind. Diese Beschwerden sind aber als Nebenwirkungen des Arzneimittels keine Dauerfolgen, sondern klingen nach Absetzen des Medikaments längstens im Verlauf mehrerer Wochen ab, was sich nach Prof. Dr. M. aus der gesamten einschlägigen Fachliteratur entnehmen lässt. Insoweit hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid rechtsfehlerfrei zu Gunsten der Klägerin angenommen, dass die beschriebene Symptomatik bis zum 28.06.2000 als mittelbare Folge der Erkrankung zu entschädigen ist, Dauerfolgen den versicherten Nebenwirkungen der Malariatherapie aber nicht zuzurechnen sind. Prof. Dr. M. hat in seinem Gutachten auch differenzialdiagnostisch die myoklonieforme Bewegungsstörung der Klägerin abgehandelt und die Krankheitsbilder mit physiologisch auftretenden Myoklonusformen sowie kortikales, retikuläres und spinales Myoklonussyndrom, die essentielle, epileptische und symptomatische Myoklonuserkrankung und darüberhinaus progrediente Myoklonusformen in Kombination mit Myoklonusataxien (S. 52 bis 67 seines Gutachten vom 04.10.2006) verneint. Eine organisch erklärbare Ursache hat er für den Senat insoweit überzeugend ausgeschlossen. Er ist ebenso wie Dr. S. zu der Überzeugung gelangt, dass das Beschwerdebild der Klägerin in keinem direkten ursächlichen Zusammenhang mit der Infektion mit Plasmodium falciparum oder der Behandlung mit Mefloquin steht.

Die gegenteilige Auffassung der Sachverständigen G. überzeugt den Senat nicht. Sie stützt sich bei ihrer Beurteilung darauf, dass nach ihrer Einschätzung die Malariaerkrankung mit einer minimalen cerebralen Beteiligung aufgetreten ist. Soweit sie hierfür auf die Magnetresonanztomographie verweist, wird nicht ganz deutlich, ob Sie hiermit auf die Kernspintomographie von August 2000 abstellt, die sie selbst in der Wiedergabe der Krankheitsgeschichte als unauffälliges kranielles MRT zitiert (S. 4 ihres Gutachtens vom 10.04.2007), oder die PET-Untersuchung im Januar 2001 gemeint ist. Nähere Ausführungen hierzu fehlen, sind aber entbehrlich. Auf einen selbst als unauffällig bezeichneten Befund kann die Diagnose einer Enzephalopathie nicht gestützt werden. Soweit der pathologische MRT/PET Befund vom Januar 2001 gemeint ist, haben auch Prof. Dr. M. und Dr. S. der Diagnose von Dr. H. zu einer krankheitswertigen Veränderungen von Hirnareale zugestimmt, die die neuropsychologischen Auffälligkeiten der Klägerin erklären könnten. Beide Ärzte haben aber überzeugend dargelegt, dass der Befund unspezifisch ist und nicht auf die Malariaerkrankung bzw. die Malariatherapie bezogen werden kann. Die Sachverständige G. hat dagegen allein auf den pathologischen Befund abgestellt, ohne sich mit den gutachtlichen Schlussfolgerungen von Prof. Dr. M. und Dr. S., die sie in ihrem Gutachten auch referiert hat, auseinander zu setzen. Die anderen vorbegutachtenden Ärzte Dr. M., Dr. D. und Dr. E. u.a. , auf die sich die Sachverständige G. bezieht, sind ohne nähere Begründung von einer cerebralen Malaria ausgegangen, was den Senat aus den angeführten Gründen nicht überzeugt. Die Sachverständige G. verweist zusätzlich darauf, dass nicht nachgewiesen werden könne, dass ausnahmsweise die bei der Klägerin auftretenden Bewegungsstörungen doch als länger anhaltende Folgen der Lariameinnahme anzusehen seien. Doch soll es in der Literatur einen Fall gegeben haben, wo durch Lariam eine bleibende neurologische Symptomatik entstanden sei. Dies widerspricht den gutachtlichen Ausführungen von Prof. Dr. M. und Dr. S. und ist für den Senat auch deshalb nicht überzeugend, weil die Sachverständige G. den entsprechenden Literaturnachweis in ihrem Gutachten nicht gegeben hat und wohl nach ihrer Formulierung auch nicht geben kann. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass der einmal als wahr unterstellte Ausnahmefall verallgemeinerungsfähig wäre bzw. inwieweit Parallelen zum Krankheitsbild der Klägerin gezogen werden könnten.

Prof. Dr. M. hat für den Senat überzeugend in sehr ausführlicher Diskussion dargelegt, dass organische Ursachen für die Bewegungsstörung auszuschließen sind, und hat hinsichtlich des Erschöpfungssyndroms mit Bewegungsstörung eine berufskrankheitsunabhängige funktionelle Störung angenommen. Auf welchen berufskrankheitsunabhängigen Ursachen die als funktionell einzustufende Gesundheitsstörung beruht, ist nicht aufklärungsbedürftig. Für die richterliche Entscheidungsfindung ist vorliegend maßgebend, dass eine mit der anerkannten Berufskrankheit im wesentlichen Zusammenhang stehende Ursache gutachtlich überzeugend ausgeschlossen ist. Auch wenn die Gesundheitsstörung erst im zeitlichen Zusammenhang mit dem Versicherungsfall aufgetreten ist, wie die Klägerin vorgetragen hat, ist allein deshalb noch kein wesentlicher Zusammenhang mit dem Versicherungsfall abzuleiten. Allein die Auslösung einer krankheitswertigen psychischen Symptomatik durch den Versicherungsfall, was Dr. K. und Dr. S. vorliegend nur als möglich erachten, begründet bei der Vielfältigkeit psychischer Konditionierungen und denkbarer psychischer Dynamik - und somit einzubeziehender Mitursachen - für sich genommen noch keinen wesentlichen Zusammenhang (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Einen in diesem Sinne wesentlichen Ursachenbeitrag durch die anerkannte Berufskrankheit für das psychische Krankheitsbild der Klägerin haben die nervenärztlichen Sachverständigen nicht darlegen können. Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen (z.B. nach ICD-10 (Zehnte Revision der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO aus dem Jahre 1989, vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information ins Deutsche übertragen, herausgegeben und weiterentwickelt) oder nach DSM-IV (Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung aus dem Jahre 1994, deutsche Bearbeitung herausgegeben von Saß/Wittchen/Zaudig, 3. Aufl 2001)), damit die Feststellung nachvollziehbar ist (vgl. BSG a.a.O.). Auch die nach § 109 SGG beauftragte Sachverständige G. hat trotz der Hinweise auf private und berufliche Probleme im Entlassungsbericht der Kliniken S. eine neurotische Genese verneint. Der Senat hat daher keinen Anlass für weitere Ermittlungen gesehen.

Da keine (Dauer-)Folgen der anerkannten Berufskrankheit nach dem 28.06.2000 zur Überzeugung des Senats nachgewiesen sind, besteht auch kein Anspruch auf Entschädigungsleistungen, insbesondere auf die geltend gemachte Rente nach einer MdE um 30 v.H.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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