Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 U 4703/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 633/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.01.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Klägerin begehrt die Feststellung einer Gonarthrose als Berufskrankheit (BK).
Die am 1968 geborene Klägerin war von 1986 bis 1987 in Teilzeit als Reinigungskraft im St. Klinikum K. , von 1988 bis Anfang 1989 als Büglerin in einer Reinigung und seit März 1989 ist sie bei der Firma T H. Präzisions-Druckguss GmbH & Co. KG, B. (Fa. T), beschäftigt.
Während der Tätigkeit bei der Fa. T war sie von 1989 bis 1996 als Maschinenarbeiterin in der mechanischen Nachbearbeitung von Zink- und Aluminiumdruckgussteilen an Tisch-Reihenbohr-maschinen und Fräsmaschinen eingesetzt. Die Tätigkeit wurde stehend ausgeübt, die zu bearbeitenden Werkstückrohlinge (Gewicht 0,1 bis 0,9 kg) wurden in gestapelten Blechkästen auf Paletten neben der Maschine bereitgestellt (Gewicht einer Materialkiste 20 kg), wovon pro Arbeitstag ca. 30 Kästen auf bzw. abgestellt werden mussten. Ab 1997 war die Klägerin an Montage- und Sichtkontrollplätzen (im Stehen oder Sitzen) tätig, wobei je Arbeitsschicht entweder 40 Kisten mit ca. 11 kg oder ca. 5 große Behälter mit maximal 22 kg und 10 kleine mit maximal 11 kg zu bewegen sind. Zur Feststellung der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht der Präventionsabteilung der Beklagten, Bl. 21 bis 24 der Verwaltungsakten, Bezug genommen. Seit Juli 2005 arbeitet die Klägerin nach eigenen Angaben im Sitzen.
Am 02.07.2004 beantragte die Klägerin bei der Edel- und Unedelmetall-Berufsgenossenschaft die Anerkennung einer Berufskrankheit wegen der Tätigkeit bei der Fa. T und machte dabei u.a. aus ihrer Sicht auf diese Tätigkeit zurückzuführende Kniebeschwerden geltend.
Nach Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte Dr. T, Orthopäde (Gonarthrose beidseits) und Dr. H. , Orthopäde (Zustand nach Tibiakopfumstellung, drittgradiger Knorpelschaden im linken Kniegelenk, kein Meniskusschaden) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.08.2006 die Anerkennung der Gonarthrose als Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 SGB VII und wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII ab. Eine Gonarthrose sei in der Berufskrankheitenliste nicht aufgeführt; sie sei auch nicht wie eine Berufskrankheit anzuerkennen, da kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der versicherten Tätigkeit bestehe. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales habe die Aufnahme einer Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbarer Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht in die Berufskrankheitenliste empfohlen. Die Klägerin habe während der Tätigkeit bei der Fa. T jedoch keine knienden Tätigkeiten verrichtet bzw. keine vergleichbare kniebelastende Tätigkeit ausgeübt.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit welchem die Klägerin geltend machte, sie habe während ihrer Tätigkeit bei der Fa. T regelmäßig schwere Kisten heben und tragen müssen und sei beim Stapeln und Umsetzen der Kisten gezwungen gewesen, dies mit einer Schwenkbewegung von etwa 120° durchzuführen, was zu einer immensen Belastung des Kniegelenkes führe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2006 zurück.
Die Klägerin hat am 09.10.2006 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben und weiterhin geltend gemacht, die Gonarthrose sei auf die Belastung durch regelmäßiges Heben und Tragen schwerer Kisten bei der Fa. T zurückzuführen.
Mit Urteil vom 09.01.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in der Begründung ausgeführt, die Gonarthrose sei nicht wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII anzuerkennen, weil die Klägerin die arbeitstechnischen Voraussetzungen nach der Empfehlung des Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BArbBl. 2005/10, S. 46) nicht erfülle. Voraussetzung für die Anerkennung einer Gonarthrose wie eine Berufskrankheit sei, dass diese durch eine Tätigkeit im Knien oder in vergleichbarer Kniebelastung entstanden sei. Eine mit einer Tätigkeit im Knien vergleichbare Kniebelastung liege bei einer ausschließlich stehenden Tätigkeit, wie sie die Klägerin verrichtet habe, nicht vor. Eine vergleichbare Tätigkeit werde in der Empfehlung näher beschrieben als "einseitiges oder beidseitiges Arbeiten im Hocken oder im Fersensitz sowie Kriechen (Vierfüßlergang)". Allen beschriebenen Tätigkeiten sei gemeinsam, dass das Knie gebeugt werde. Eine Belastung der Kniegelenke im Stehen entspreche nicht den in der Empfehlung beschriebenen Pathomechanismen.
Mit ihrer am 04.02.2008 eingelegten Berufung macht die Klägerin weiterhin geltend, das bei ihrer Tätigkeit erforderliche Heben von 20 kg schweren Kisten über 30 mal pro Tag führe naturgemäß zu besonderen Belastungen in den Knien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.01.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 03.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2006 aufzuheben und die Gonarthrose des linken Kniegelenkes gem. § 9 Abs. 2 SGB VII wie eine Berufskrankheit festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den hier von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung der Gonarthrose als sogenannte Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für die Feststellung der Gonarthrose als Berufskrankheit nach der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung - Sektion "Berufskrankheiten" (BArbBl. 2005, Heft 10, S. 46 bis 54) nicht erfüllt, weil es sich bei der Tätigkeit der Klägerin nicht um eine Tätigkeit im Knien oder mit vergleichbarer Kniebelastung handelte. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Der Behauptung der Klägerin, die Gonarthrose des linken Kniegelenkes sei auf die beruflichen Belastungen zurückzuführen, braucht der Senat nicht weiter nachzugehen, weil es auf den ursächlichen Zusammenhang hier nicht ankommt. Mit § 9 Abs. 2 SGB VII soll nicht in der Art einer "Generalklausel" erreicht werden, dass jede Krankheit, deren ursächlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit im Einzelfall zumindest hinreichend wahrscheinlich ist, wie eine BK zu entschädigen ist (BSG, Urteil vom 04.06.2002, B 2 U 20/01 R m.w.N.). Vielmehr sollen dadurch Krankheiten zur Entschädigung gelangen, die nur deshalb nicht in die BK-Liste aufgenommen wurden, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen, die durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung besonderen, nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Krankheit der betreffenden Art verursachenden Einwirkungen ausgesetzt sind (so genannte gruppentypische Risikoerhöhung) bei der letzten Fassung der Anlage zur BKV noch nicht vorhanden waren oder trotz Nachprüfung noch nicht ausreichten.
Das Tatbestandsmerkmal der gruppentypischen Risikoerhöhung ist anzunehmen (s. BSG, a.a.O.), wenn die Personengruppe, zu der die Klägerin zu zählen ist, durch die Arbeit Einwirkungen ausgesetzt war oder ist, mit denen die übrige Bevölkerung nicht in diesem Maße in Kontakt kam oder kommt (Einwirkungshäufigkeit) und die geeignet war oder ist, die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung hervorzurufen (generelle Geeignetheit). Das Erfordernis einer höheren Gefährdung bestimmter Personengruppen bezieht sich auf das allgemeine Auftreten einer Krankheit innerhalb dieser Gruppe. Auf eine Verursachung der Krankheit durch die gefährdende Tätigkeit im Einzelfall kommt es dabei nicht an. Ob eine Krankheit innerhalb einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der versicherten Tätigkeit häufiger auftritt als bei der übrigen Bevölkerung, erfordert in der Regel den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine langfristige zeitliche Überwachung derartiger Krankheitsbilder, um dann daraus schließen zu können, dass die Ursache für die Krankheit in einem schädigenden Arbeitsleben liegt.
Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Hebe- und Tragebelastungen nicht die Voraussetzungen für die Feststellung einer Gonarthrose als sogenannte Wie-BK nach der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung - Sektion "Berufskrankheiten" (BArbBl. 2005, Heft 10, S. 46 bis 54) erfüllen. Dies behauptet die Klägerin ohnehin nicht.
Maßgeblich für die Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats waren allerdings die Ergebnisse epidemiologischer Studien zum Gonarthroserisiko in verschiedenen Berufsgruppen, bei denen es nach arbeitsmedizinischer Erkenntnis teilweise zu hohen Belastungen durch Arbeiten im Knien oder vergleichbaren Kniebelastungen kommt (vergleiche die wissenschaftliche Begründung der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats in BArbBl. 2005, a. a. O.). Nach den in der Begründung des ärztlichen Sachverständigenbeirats dargestellten Pathomechanismen sprechen biomechanische Studien für eine starke Druckerhöhung auf den Gelenkknorpel im Retropatellar- und Tibiofemoral-Gelenk bei der Kniegelenksbeugung im Stehen mit einem Maximum der Druckkraft bei dorsal (rückseitig) gemessenem Beugewinkel von weniger als 110°. Entsprechend ist von einer erhöhten Druckkraft, wie in der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats beschrieben, bei Tätigkeiten auszugehen, bei denen das Knie gebeugt wird, also beim Knien, Hocken, Kriechen oder beim Fersensitz.
Dass solche (neuen) Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorliegen würden, die für eine dem Knien etc. entsprechend hohe Druckkraft auf den Gelenkknorpel im Kniegelenk und damit ein entsprechendes Schädigungsrisiko beim Heben und Tragen von Lasten sprechen würden, behauptet die Klägerin selbst nicht. Aus der bereits erwähnten wissenschaftlichen Begründung der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats (BArbBl. 2005, a. a. O.) lässt sich zwar entnehmen, dass Gewichtsbelastungen in Form von Übergewicht das Risiko für eine Gonarthrose erhöhen. Die berufliche Tätigkeit der Klägerin ist mit einer Dauerbelastung der Gelenke durch Übergewicht aber auch nicht annähernd zu vergleichen. Eine Kombination zwischen Tätigkeiten im Hocken oder Kriechen sowie durch häufiges Heben und Tragen von Lastgewichten von mindestens 11 kg wurden in einer einzigen Studie (vgl. BArbBl. a.a.O., S. 51) als Risiko für eine Gonarthrose bewertet. Allerdings musste die Klägerin nicht in solchen Körperhaltungen arbeiten. Studien über ein erhöhtes Gonarthrose-Risiko (allein) in Abhängigkeit von Art und Häufigkeit der Manipulation sowie der Größe von Lasten liegen danach nicht vor.
Damit sind aber die Voraussetzungen für die Anerkennung der bei der Klägerin vorliegenden Gonarthrose wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII nicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Klägerin begehrt die Feststellung einer Gonarthrose als Berufskrankheit (BK).
Die am 1968 geborene Klägerin war von 1986 bis 1987 in Teilzeit als Reinigungskraft im St. Klinikum K. , von 1988 bis Anfang 1989 als Büglerin in einer Reinigung und seit März 1989 ist sie bei der Firma T H. Präzisions-Druckguss GmbH & Co. KG, B. (Fa. T), beschäftigt.
Während der Tätigkeit bei der Fa. T war sie von 1989 bis 1996 als Maschinenarbeiterin in der mechanischen Nachbearbeitung von Zink- und Aluminiumdruckgussteilen an Tisch-Reihenbohr-maschinen und Fräsmaschinen eingesetzt. Die Tätigkeit wurde stehend ausgeübt, die zu bearbeitenden Werkstückrohlinge (Gewicht 0,1 bis 0,9 kg) wurden in gestapelten Blechkästen auf Paletten neben der Maschine bereitgestellt (Gewicht einer Materialkiste 20 kg), wovon pro Arbeitstag ca. 30 Kästen auf bzw. abgestellt werden mussten. Ab 1997 war die Klägerin an Montage- und Sichtkontrollplätzen (im Stehen oder Sitzen) tätig, wobei je Arbeitsschicht entweder 40 Kisten mit ca. 11 kg oder ca. 5 große Behälter mit maximal 22 kg und 10 kleine mit maximal 11 kg zu bewegen sind. Zur Feststellung der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht der Präventionsabteilung der Beklagten, Bl. 21 bis 24 der Verwaltungsakten, Bezug genommen. Seit Juli 2005 arbeitet die Klägerin nach eigenen Angaben im Sitzen.
Am 02.07.2004 beantragte die Klägerin bei der Edel- und Unedelmetall-Berufsgenossenschaft die Anerkennung einer Berufskrankheit wegen der Tätigkeit bei der Fa. T und machte dabei u.a. aus ihrer Sicht auf diese Tätigkeit zurückzuführende Kniebeschwerden geltend.
Nach Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte Dr. T, Orthopäde (Gonarthrose beidseits) und Dr. H. , Orthopäde (Zustand nach Tibiakopfumstellung, drittgradiger Knorpelschaden im linken Kniegelenk, kein Meniskusschaden) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.08.2006 die Anerkennung der Gonarthrose als Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 SGB VII und wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII ab. Eine Gonarthrose sei in der Berufskrankheitenliste nicht aufgeführt; sie sei auch nicht wie eine Berufskrankheit anzuerkennen, da kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der versicherten Tätigkeit bestehe. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales habe die Aufnahme einer Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbarer Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht in die Berufskrankheitenliste empfohlen. Die Klägerin habe während der Tätigkeit bei der Fa. T jedoch keine knienden Tätigkeiten verrichtet bzw. keine vergleichbare kniebelastende Tätigkeit ausgeübt.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit welchem die Klägerin geltend machte, sie habe während ihrer Tätigkeit bei der Fa. T regelmäßig schwere Kisten heben und tragen müssen und sei beim Stapeln und Umsetzen der Kisten gezwungen gewesen, dies mit einer Schwenkbewegung von etwa 120° durchzuführen, was zu einer immensen Belastung des Kniegelenkes führe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2006 zurück.
Die Klägerin hat am 09.10.2006 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben und weiterhin geltend gemacht, die Gonarthrose sei auf die Belastung durch regelmäßiges Heben und Tragen schwerer Kisten bei der Fa. T zurückzuführen.
Mit Urteil vom 09.01.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in der Begründung ausgeführt, die Gonarthrose sei nicht wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII anzuerkennen, weil die Klägerin die arbeitstechnischen Voraussetzungen nach der Empfehlung des Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BArbBl. 2005/10, S. 46) nicht erfülle. Voraussetzung für die Anerkennung einer Gonarthrose wie eine Berufskrankheit sei, dass diese durch eine Tätigkeit im Knien oder in vergleichbarer Kniebelastung entstanden sei. Eine mit einer Tätigkeit im Knien vergleichbare Kniebelastung liege bei einer ausschließlich stehenden Tätigkeit, wie sie die Klägerin verrichtet habe, nicht vor. Eine vergleichbare Tätigkeit werde in der Empfehlung näher beschrieben als "einseitiges oder beidseitiges Arbeiten im Hocken oder im Fersensitz sowie Kriechen (Vierfüßlergang)". Allen beschriebenen Tätigkeiten sei gemeinsam, dass das Knie gebeugt werde. Eine Belastung der Kniegelenke im Stehen entspreche nicht den in der Empfehlung beschriebenen Pathomechanismen.
Mit ihrer am 04.02.2008 eingelegten Berufung macht die Klägerin weiterhin geltend, das bei ihrer Tätigkeit erforderliche Heben von 20 kg schweren Kisten über 30 mal pro Tag führe naturgemäß zu besonderen Belastungen in den Knien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.01.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 03.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2006 aufzuheben und die Gonarthrose des linken Kniegelenkes gem. § 9 Abs. 2 SGB VII wie eine Berufskrankheit festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den hier von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung der Gonarthrose als sogenannte Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für die Feststellung der Gonarthrose als Berufskrankheit nach der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung - Sektion "Berufskrankheiten" (BArbBl. 2005, Heft 10, S. 46 bis 54) nicht erfüllt, weil es sich bei der Tätigkeit der Klägerin nicht um eine Tätigkeit im Knien oder mit vergleichbarer Kniebelastung handelte. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Der Behauptung der Klägerin, die Gonarthrose des linken Kniegelenkes sei auf die beruflichen Belastungen zurückzuführen, braucht der Senat nicht weiter nachzugehen, weil es auf den ursächlichen Zusammenhang hier nicht ankommt. Mit § 9 Abs. 2 SGB VII soll nicht in der Art einer "Generalklausel" erreicht werden, dass jede Krankheit, deren ursächlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit im Einzelfall zumindest hinreichend wahrscheinlich ist, wie eine BK zu entschädigen ist (BSG, Urteil vom 04.06.2002, B 2 U 20/01 R m.w.N.). Vielmehr sollen dadurch Krankheiten zur Entschädigung gelangen, die nur deshalb nicht in die BK-Liste aufgenommen wurden, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen, die durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung besonderen, nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Krankheit der betreffenden Art verursachenden Einwirkungen ausgesetzt sind (so genannte gruppentypische Risikoerhöhung) bei der letzten Fassung der Anlage zur BKV noch nicht vorhanden waren oder trotz Nachprüfung noch nicht ausreichten.
Das Tatbestandsmerkmal der gruppentypischen Risikoerhöhung ist anzunehmen (s. BSG, a.a.O.), wenn die Personengruppe, zu der die Klägerin zu zählen ist, durch die Arbeit Einwirkungen ausgesetzt war oder ist, mit denen die übrige Bevölkerung nicht in diesem Maße in Kontakt kam oder kommt (Einwirkungshäufigkeit) und die geeignet war oder ist, die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung hervorzurufen (generelle Geeignetheit). Das Erfordernis einer höheren Gefährdung bestimmter Personengruppen bezieht sich auf das allgemeine Auftreten einer Krankheit innerhalb dieser Gruppe. Auf eine Verursachung der Krankheit durch die gefährdende Tätigkeit im Einzelfall kommt es dabei nicht an. Ob eine Krankheit innerhalb einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der versicherten Tätigkeit häufiger auftritt als bei der übrigen Bevölkerung, erfordert in der Regel den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine langfristige zeitliche Überwachung derartiger Krankheitsbilder, um dann daraus schließen zu können, dass die Ursache für die Krankheit in einem schädigenden Arbeitsleben liegt.
Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Hebe- und Tragebelastungen nicht die Voraussetzungen für die Feststellung einer Gonarthrose als sogenannte Wie-BK nach der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung - Sektion "Berufskrankheiten" (BArbBl. 2005, Heft 10, S. 46 bis 54) erfüllen. Dies behauptet die Klägerin ohnehin nicht.
Maßgeblich für die Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats waren allerdings die Ergebnisse epidemiologischer Studien zum Gonarthroserisiko in verschiedenen Berufsgruppen, bei denen es nach arbeitsmedizinischer Erkenntnis teilweise zu hohen Belastungen durch Arbeiten im Knien oder vergleichbaren Kniebelastungen kommt (vergleiche die wissenschaftliche Begründung der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats in BArbBl. 2005, a. a. O.). Nach den in der Begründung des ärztlichen Sachverständigenbeirats dargestellten Pathomechanismen sprechen biomechanische Studien für eine starke Druckerhöhung auf den Gelenkknorpel im Retropatellar- und Tibiofemoral-Gelenk bei der Kniegelenksbeugung im Stehen mit einem Maximum der Druckkraft bei dorsal (rückseitig) gemessenem Beugewinkel von weniger als 110°. Entsprechend ist von einer erhöhten Druckkraft, wie in der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats beschrieben, bei Tätigkeiten auszugehen, bei denen das Knie gebeugt wird, also beim Knien, Hocken, Kriechen oder beim Fersensitz.
Dass solche (neuen) Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorliegen würden, die für eine dem Knien etc. entsprechend hohe Druckkraft auf den Gelenkknorpel im Kniegelenk und damit ein entsprechendes Schädigungsrisiko beim Heben und Tragen von Lasten sprechen würden, behauptet die Klägerin selbst nicht. Aus der bereits erwähnten wissenschaftlichen Begründung der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats (BArbBl. 2005, a. a. O.) lässt sich zwar entnehmen, dass Gewichtsbelastungen in Form von Übergewicht das Risiko für eine Gonarthrose erhöhen. Die berufliche Tätigkeit der Klägerin ist mit einer Dauerbelastung der Gelenke durch Übergewicht aber auch nicht annähernd zu vergleichen. Eine Kombination zwischen Tätigkeiten im Hocken oder Kriechen sowie durch häufiges Heben und Tragen von Lastgewichten von mindestens 11 kg wurden in einer einzigen Studie (vgl. BArbBl. a.a.O., S. 51) als Risiko für eine Gonarthrose bewertet. Allerdings musste die Klägerin nicht in solchen Körperhaltungen arbeiten. Studien über ein erhöhtes Gonarthrose-Risiko (allein) in Abhängigkeit von Art und Häufigkeit der Manipulation sowie der Größe von Lasten liegen danach nicht vor.
Damit sind aber die Voraussetzungen für die Anerkennung der bei der Klägerin vorliegenden Gonarthrose wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII nicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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