Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 5932/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4810/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Zu den (hier verneinten) Voraussetzungen einer Zwischenentscheidung (sog Hängebeschluss) bis zum Inkrafttreten eines vom Bundestag bereits beschlossenen Gesetzes (hier: Gesetzesbeschluss zum GKV-OrgWG vom 17.10.2008).
2. Die gesetzlichen Krankenkassen sind öffentliche Auftraggeber iSd § 98 Nr. 2 GWB. Dies beruht aber nicht darauf, dass sie überwiegend vom Bund finanziert werden, sondern darauf, dass sie als staatlich kontrollierte Einrichtungen betrachtet werden können. Für landesunmittelbare Versicherungsträger ist daher die Vergabekammer des Landes zuständig.
3. Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V sind öffentliche Lieferaufträge iSd § 99 Abs. 2 GWB, wenn das pharmazeutische Unternehmen über die Substitutionsverpflichtung des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V einen Wettbewerbsvorteil erhält. Dies ist nur der Fall, wenn sich die Krankenkassen verpflichten, für die Dauer eines Rabattvertrages keine weiteren Rabattverträge mit anderen pharmazeutischen Unternehmern über vergleichbare Arzneimittel abzuschließen (Zusicherung von Exklusivität).
4. Mit dem Verordnungsverhalten der Vertragsärzte lässt sich eine
vergaberechtliche Auswahlentscheidung und damit die Notwendigkeit
einer Ausschreibung nicht begründen.
2. Die gesetzlichen Krankenkassen sind öffentliche Auftraggeber iSd § 98 Nr. 2 GWB. Dies beruht aber nicht darauf, dass sie überwiegend vom Bund finanziert werden, sondern darauf, dass sie als staatlich kontrollierte Einrichtungen betrachtet werden können. Für landesunmittelbare Versicherungsträger ist daher die Vergabekammer des Landes zuständig.
3. Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V sind öffentliche Lieferaufträge iSd § 99 Abs. 2 GWB, wenn das pharmazeutische Unternehmen über die Substitutionsverpflichtung des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V einen Wettbewerbsvorteil erhält. Dies ist nur der Fall, wenn sich die Krankenkassen verpflichten, für die Dauer eines Rabattvertrages keine weiteren Rabattverträge mit anderen pharmazeutischen Unternehmern über vergleichbare Arzneimittel abzuschließen (Zusicherung von Exklusivität).
4. Mit dem Verordnungsverhalten der Vertragsärzte lässt sich eine
vergaberechtliche Auswahlentscheidung und damit die Notwendigkeit
einer Ausschreibung nicht begründen.
1. Die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. September 2008 wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag der Beigeladenen zu 1, vorab mit sofortiger Wirkung bis zum 1. Januar 2009 auszusprechen, dass die Klage der Antragstellerin vom 20. August 2008 in dem Verfahren S 10 KR 5657/08 gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) keine aufschiebende Wirkung hat bzw. hilfsweise die sofortige Vollziehung des Beschlusses der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) anzuordnen, wird abgelehnt.
3. Die Beigeladene zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 2, die diese selbst trägt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, ob die am 20. August 2008 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage (S 10 KR 5657/08) gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) aufschiebende Wirkung hat.
Die Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 sind pharmazeutische Unternehmen. Sie vertreiben in Deutschland sogenannte erythropoese-stimmulierende Proteine (ESP), die biotechnologisch produzierte Nachbildungen des körpereigenen Hormons Erythropoetin (EPO) enthalten und zur Behandlung bei Blutarmut (Anämie) verwendet werden. Die Beigeladene zu 2 bietet hierzu das patentgeschützte Arzneimittel MIRCERA® (Wirkstoff Metoxy-Polyethylenglycol-Epoetin beta, zugelassen zur nephrologischen Indikation) und Neo-Recormon® (ohne Patentschutz, Wirkstoff: Epoetin beta, zugelassen zur nephrologischen wie onkologischen Indikation), die Beigeladene zu 1 das patentgeschützte Arzneimittel Aranesp® (mit dem Wirkstoff Darbepoetin alfa, zugelassen zur nephrologischen wie onkologischen Indikation) an. Nur Neo-Recormon® kann zur Vorbeugung der Frühgeborenenanämie bei Kindern mit einem Geburtsgewicht zwischen 750 und 1500 Gramm, die vor der 34. Schwangerschaftswoche geboren wurden, eingesetzt werden. Weiterhin verfügt Neo-Recormon® über das umfassendste Sortiment in Bezug auf Dosierung- und Applikationssysteme. Auch die Zusammensetzung und Konzentration der Stabilisatoren von Epoetin beta ist im Vergleich zu den anderen ESP-Präparaten unterschiedlich.
Die Antragstellerin schloss mit der Beigeladenen zu 2 am 28. April 2008 ohne vorherige öffentliche Ausschreibung einen Rabattvertrag nach § 130a Abs. 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), der am 01. Mai 2008 in Kraft trat. Dieser Rabattvertrag regelt die Gewährung von Rabatten für die von der Beigeladenen zu 2 vertriebenen Arzneimittel NeoRecormon® und MIRCERA® , "die zu Lasten der A. unter Verwendung des Musters 16 des BMV-Ä (Kassenrezept) verordnet werden" (§ 1 Satz 1 der Rabattvereinbarung).
Auf den von der Beigeladenen zu 1 mit Schreiben vom 11. Juli 2008 gestellten Nachprüfungsantrag stellte die 3. Vergabekammer des Bundes (Antragsgegnerin) mit Beschluss vom 15. August 2008 fest, dass die zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 am 28. April 2008 abgeschlossene Rabattvereinbarung über die vertriebenen Arzneimittel NeoRecormon® und MIRCERA®nichtig sei und gab der Antragstellerin auf, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die Vergabe von Rabattvereinbarungen im Sinne des § 130a Abs. 8 SGB V über ESP als Gruppe unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin durchzuführen und hierbei die gesetzlichen Bestimmungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge anzuwenden. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die Vergabekammern des Bundes seien deswegen für die Entscheidung zuständig, weil der Bund über die §§ 3, 5, 220 ff. SGB V die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen gewährleiste. Der Abschluss einer Rahmenvereinbarung stelle auch einen öffentlichen Auftrag dar, der aufgrund der europarechtlichen Vorgaben nach Vergaberecht abzuwickeln sei. Die Antragstellerin habe sich deswegen nicht darauf beschränken dürfen, über einen Rabattvertrag alleine mit der Beigeladenen zu 2 zu verhandeln. Denn mit dem Vertragsschluss habe sie gleichzeitig eine Auswahlentscheidung zu Lasten der übrigen Anbieter von ESP getroffen, bei denen es eine erhebliche Schnittmenge von Patienten/Krankheitsbildern gebe, in denen die Präparate gleichermaßen anzuwenden seien. Die Antragstellerin habe deswegen den Wettbewerb nicht auf einen einzelnen Anbieter einengen dürfen, sondern ein offenes Verfahren durchführen müssen, wobei Lose gebildet werden könnten. Dieser Beschluss enthielt die Rechtsbehelfsbelehrung, dass hiergegen die sofortige Beschwerde beim OLG Düsseldorf zulässig sei.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin am 20. August 2008 Klage beim SG erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 10 KR 567/08 anhängig ist.
Ferner hat die Antragstellerin am 1. September 2008 beantragt, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes festzustellen, dass die von ihr am 20. August 2008 erhobene Klage gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 15. August 2008 aufschiebende Wirkung habe. Denn die Antragsgegnerin habe abweichend von der Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg und trotz der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung über die Unanwendbarkeit des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in § 69 SGB V die Anwendbarkeit des GWB für gegeben gehalten, so dass ein rechtliches Interesse an der Klärung des Eintritts der aufschiebenden Wirkung bestehe. Dies gelte umso mehr, als eine gesetzliche Regelung über das Entfallen der aufschiebenden Wirkung fehle. Insbesondere ergebe sich ein solcher Ausschluss auch nicht aus den Regelungen des GWB, da die §§ 97 ff. GWB, somit auch § 118 Abs. 3 GWB, nicht anwendbar seien.
Das SG hat die A. GmbH (Beigeladene zu 1) und die R. P. AG (Beigeladene zu 2) zum Rechtsstreit beigeladen und mit Beschluss vom 26. September 2008, der Beigeladenen zu 1 zugestellt am 6. Oktober 2008, dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben und festgestellt, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die aufschiebende Wirkung der Klage ergebe sich bereits aus § 86a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hätten. In diesem Zusammenhang finde § 118 GWB keine Anwendung. Deswegen habe die Klage gegen die Entscheidung der Vergabekammer (hier der Antragsgegnerin) vor einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit auch unmittelbar aufschiebende Wirkung. Für die Entscheidung hierüber seien auch die Sozialgerichte zuständig. Das BSG habe in seiner Vorabentscheidung zu der Rechtswegbeschwerde nämlich nicht abschließend entschieden, ob bei Arzneimittel-Rabattverträgen nach § 130a SGB V das Vergaberecht das GWB Anwendung fände. Der weitere Antrag der Beigeladenen zu 1 auf Feststellung, dass die von der Antragstellerin erhobene Klage keine aufschiebende Wirkung habe, sei deswegen zwar zulässig, jedoch unbegründet. Dies gelte auch für den Antrag auf sofortige Vollziehung des Beschlusses der Antragsgegnerin vom 15. August 2008. Beim derzeitigen Sach- und Streitstand sei eine Beurteilung der Erfolgsaussicht der von der Antragstellerin erhobenen Klage nicht möglich. Zwar müsse wohl ein "faires Ausschreibungsverfahren" durchgeführt werden. Ob die Antragstellerin dagegen verstoßen habe, lasse sich bei der hier allein möglichen summarischen Prüfung nicht beurteilen. Denn bei der vorzunehmenden Abwägung sei ein überwiegendes Interesse der Beigeladenen zu 1 nicht erkennbar. Inwiefern ihr durch die Praktizierung der angegriffenen Vereinbarung Nachteile im Wettbewerb drohten, habe die Beigeladene zu 1 nicht näher spezifiziert, insbesondere den eingetretenen wirtschaftlichen Verlust nicht angegeben. Auch fehle es an Darlegungen, aus denen sich ergebe, dass die Antragstellerin weitere gleichartige Vereinbarungen mit Pharmaunternehmen abschließen wolle bzw. werde. Hierbei könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Antragstellerin dargelegt habe, dass sie bereit sei, weitere Rabattverträge abzuschließen. Demgegenüber führe die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses der Antragsgegnerin dazu, dass der Rabattvertrag nicht angewendet werden könne und sich dadurch die bezweckten Einsparmöglichkeiten nicht realisieren ließen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der ständig steigenden Kosten im Arzneimittelsektor müsse der Realisierung bestehender Einsparmöglichkeiten im Arzneimittelbereich ein hoher Stellenwert zugemessen werden. Deswegen überwiege das Interesse der Antragstellerin, den geschlossenen Rabattvertrag weiterhin anzuwenden und dadurch Einsparungen im Arzneimittelsektor erzielen zu können, das Interesse der Beigeladenen zu 1 an der sofortigen Vollziehung des Beschlusses.
Mit ihrer dagegen am 16. Oktober 2008 eingelegten Beschwerde macht die Beigeladene zu 1 geltend, das Fehlen der aufschiebenden Wirkung der von der Antragstellerin eingelegten Klage ergebe sich weiterhin aus § 118 Abs. 3 GWB. Ansonsten bliebe die bloße Rechtsschutzmöglichkeit des § 86b Abs. 2 SGG deutlich hinter der Rechtsschutzgarantie des § 115 Abs. 1 GWB zurück. Dafür spreche auch, dass in der geplanten Neuregelung zum 1. Januar 2009 vorgesehen sei, dass in vergaberechtlichen Streitigkeiten, über die künftig das für den Sitz der Vergabekammer zuständige Landessozialgericht erstinstanzlich entscheide, der § 118 Abs. 3 GWB entsprechend anzuwenden sei. Das SG habe die Folgenabwägung nicht richtig vorgenommen. Denn das Verhalten der Antragstellerin sei objektiv rechtswidrig und es sei deswegen der Beigeladenen zu 1 nicht zumutbar, den gerichtlichen Rechtsschutz allein über ein Hauptsacheverfahren zu erreichen. Der Beigeladenen zu 2 sei es gelungen, seit Unterrichtung der Ärzte über den Abschluss des Rabattvertrages in nur drei Monaten ihren Marktanteil von ursprünglich ca. 33 % mit dem Präparat NeoRecormon®auf inzwischen 53 % im August 2008 auszubauen. Zeitgleich sei der Marktanteil des Präparats Aranesp® der Beigeladenen zu 1 von 33 % auf 25 % gefallen. Ferner sei die Anordnung eines "Hängebeschlusses" unter dem Gesichtspunkt der Kontinuitätenrechtssicherheit geboten, denn zum 1. Januar 2009 müsse der Beschluss des SG ohnehin auf Antrag aufgehoben werden. Die Beigeladene zu 1 hat hierzu eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vorgelegt, wonach sich mit Bekanntwerden und offensiver Vermarktung des Rabattvertrages eine starke Scherenentwicklung ergeben habe. Der Absatz von Aranesp® sei innerhalb von nur zweieinhalb Monaten auf ca. 25 % gefallen. Die Umsatzentwicklung im Monat September 2008 liege ihm noch nicht vor.
Die Beigeladene zu 1 beantragt,
1. unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. September 2008, den Antrag der Antragstellerin vom 1. September 2008 zurückzuweisen, 2. auszusprechen, dass die Klage der A. B.-W. vom 20. August 2008 in dem Verfahren S 10 KR 5657/08 gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) keine aufschiebende Wirkung hat, 3. hilfsweise, die sofortige Vollziehung des Beschlusses der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) anzuordnen.
Vorab beantragt die Beigeladene zu 1 im Wege des "Hängebeschlusses" mit sofortiger Wirkung bis zum 1. Januar 2009
1. auszusprechen, dass die Klage der Antragstellerin vom 20. August 2008 in dem Verfahren S 10 KR 5657/08 gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) keine aufschiebende Wirkung hat, 2. hilfsweise die sofortige Vollziehung des Beschlusses der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) anzuordnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 zurückzuweisen und den Antrag auf Erlass eines Hängebeschlusses abzulehnen.
Zur Begründung trägt sie vor, der Rabattvertrag sei deswegen ohne öffentliche Ausschreibung abgeschlossen worden, weil für das Arzneimittel MIRCERA® Patentschutz besehe und für das Arzneimittel NeoRecormon® sich keine Alternative mit gleichem Wirkstoff auf dem Markt befinde. Angebote und Interessenbekundungen anderer pharmazeutischer Unternehmer aus der Klasse der ESP hätten ihr bei Vertragsschluss nicht vorgelegen. Sie sei aber bereit, mit anderen pharmazeutischen Unternehmern Rabattverträge abzuschließen, die patentgeschützte Arzneimittel oder Arzneimittel anböten, für die keine Alternative mit dem gleichen Wirkstoff auf dem Markt seien. Dies gelte insbesondere auch für die Beigeladene zu 1. Denn der mit der Beigeladenen zu 2 abgeschlossene Rabattvertrag enthalte keinerlei Exklusivitätsklausel. Die Beigeladene zu 1 könne deswegen die - vermeintlichen - nachteiligen Folgen des bestehenden Rabattvertrages jederzeit abwenden, indem sie einen Rabatt anbiete und ebenfalls einen Rabattvertrag abschließe. Dass sie dies vehement ablehne, zeige, dass es ihr nicht um einen Zuschlag zu ihren Gunsten ginge, sondern sie vielmehr versuche, das Vergaberecht zu instrumentalisieren, um eine der gesetzlichen Aufträge der Krankenkassen, nämlich den Abschluss von Rabattverträgen nach § 130 a Abs. 8 SGB V zur Realisierung von Wirtschaftlichkeitsreserven, zu verhindern. Auch im Falle einer unterstellten Anwendbarkeit des Vergaberechts bestünde eine Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB jedoch nur für solche Unternehmen, die ein "Interesse am Auftrag" hätten. Dies bestehe bei der Beigeladenen zu 1 jedoch offensichtlich nicht. Mehr als den Abschluss eines Rabattvertrages hinsichtlich des Präparats Aranesp® hätte sie nämlich auch bei Einhaltung sämtlicher - vermeintlich anwendbarer - Normen des Vergaberechts nicht erlangen können. Ob zudem die behaupteten Marktanteilsverschiebungen auf den Rabattvertrag zurückzuführen seien, sei unklar. Dies gelte umso mehr, als unabhängig von dem bestehenden Rabattvertrag das ebenfalls patentgeschützte Präparat der Beigeladenen zu 1 nach wie vor auch in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähig sei und selbstverständlich an ihre Versicherten abgegeben und von ihr vergütet werde. Auf die Unanwendbarkeit der §§ 73 Abs. 5 Satz 2, 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V sei bereits hingewiesen worden. Ebenso sei ein wesentlicher wirtschaftlicher Nachteil von der Beigeladenen zu 1 nicht dargelegt worden. Die von ihr behaupteten Marktanteilsverschiebungen bezögen sich ausschließlich auf die Versicherten der Antragstellerin. Die Beigeladene zu 1 biete ihre Arzneimittel aber bundesweit an. Der Antrag auf Erlass einer Zwischenentscheidung sei auch unzulässig. Denn der Hängebeschluss diene ausschließlich der Sicherung der Effektivität des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens. Dieses sei aber bis zum 1. Januar 2009 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit längst abgeschlossen. Durch die Neuregelung des § 142a Abs. 1 SGG n.F. bleibe die materiell-rechtliche Rechtslage unverändert. Lediglich das prozessuale Regel-Ausnahme-Prinzip drehe sich dahingehend um, dass die sofortige Beschwerde bzw. Klage in Zukunft (zunächst) keine aufschiebende Wirkung mehr habe. Dies führe jedoch nicht zum Erfolg eines Abänderungsantrages. Die Antragstellerin verweist auf das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Juli 2008 (34 O 114/08).
Die Antragsgegnerin hat erklärt, sie verzichte auf eine Stellungnahme zur Beschwerde (Schriftsatz vom 24. 10. 2008).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltens und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen.
Entscheidungsgründe:
Die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 26. September 2008 wird zurückgewiesen und die von ihr im Beschwerdeverfahren gestellten Anträge werden abgelehnt.
I.
Eine Zwischenentscheidung (sog. Hängebeschluss) für die Zeit bis zum 1. Januar 2009 braucht nicht zu ergehen. Der hierauf gerichtete Antrag der Beigeladenen zu 1, vorab mit sofortiger Wirkung bis zum 1. Januar 2009 auszusprechen, dass die Klage der Antragstellerin vom 20. August 2008 in dem Verfahren S 10 KR 5657/08 gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) keine aufschiebende Wirkung hat, hilfsweise die sofortige Vollziehung des Beschlusses der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) anzuordnen, wird daher abgelehnt.
Die in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verbürgte Garantie eines effektiven Rechtsschutzes erfordert im vorliegenden Fall auch im Hinblick auf die sich abzeichnende Rechtsentwicklung keine Zwischenentscheidung. Der Deutsche Bundestag hat in seiner 184. Sitzung am 17. Oktober 2008 aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit - BTDrs. 16/10609 - den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) - BTDrs 16/9559, 16/10070 - in der vom Ausschuss vorgeschlagenen Fassung angenommen (BRDrs. 733/08). In Art 2b Nr. 3 dieses Gesetzes ist beschlossen worden, einen neuen § 142a in das SGG einzufügen. Danach sind in Streitigkeiten über Entscheidungen von Vergabekammern, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen, u.a. die §§ 117 bis 123 GWB anzuwenden. Nach § 118 Abs. 3 GWB muss ein Zuschlag, dessen Erteilung die Vergabekammer im Nachprüfungsverfahren untersagt hat, unterbleiben, solange nicht das Beschwerdegericht die Entscheidung der Vergabekammer nach § 121 GWB oder § 123 GWB aufhebt. Diese Regelung greift auch ein, wenn die Vergabekammer in entsprechender Anwendung von § 13 Vergabeverordnung - VgV - (siehe hierzu BGH, Urteil vom 1. Februar 2005, X ZB 27/04, BGHZ 162, 116) entschieden hat, dass eine Vereinbarung zwischen dem Auftraggeber und einem Unternehmen nichtig ist, weil ein Vergabeverfahren zwar hätte durchgeführt werden müssen, aber nicht durchgeführt worden ist. Diese - noch nicht in Kraft getretene - Regelung würde die Beigeladene zu 1 begünstigen, da aufgrund des Beschlusses der Vergabekammer vom 15. August 2008 bis zu einer Entscheidung über die Hauptsache von einer Unwirksamkeit des gemäß § 130a SGB V zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 geschlossenen Rabattvertrages ausgegangen werden müsste.
Der vorläufige Rechtsschutz des vor der Vergabekammer unterlegenen Auftraggebers (hier der Antragstellerin) richtet sich nach der Neuregelung nach dem in § 121 GWB geregelten Vorab¬entscheidungsverfahren. Von ihrem Wortlaut her erfasst § 121 GWB Sachverhalte der vorliegenden Art nicht. Denn die Regelung ermöglicht es, einen Zuschlag zu gestatten, der mangels eines Vergabeverfahrens gar nicht erfolgen kann. Ob diese Regelung analog anzuwenden ist, wenn die Vergabekammer die Auffassung vertritt, dass ein geschlossener Vertrag analog § 13 VgV nichtig ist, ist zumindest fraglich. Das OLG Frankfurt - Vergabesenat - hat im Beschluss vom 10. Juli 2007 (11 Verg 5/07, juris) diese Frage letztlich zwar offen gelassen, aber Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung des § 121 GWB auf Fälle der vorliegenden Art geäußert. Wäre eine entsprechende Anwendung des § 121 GWB ausgeschlossen, würde dies bedeuten, dass die Antragstellerin unter Geltung des SGG weitergehenden Rechtsschutz erlangen kann als unter Geltung des GWB.
Die mit der (beabsichtigten) Neuregelung einhergehende Verschlechterung der Rechtsschutzmöglichkeiten eines von einer belastenden Entscheidung der Vergabekammer betroffenen Auftraggebers ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich. Denn es ist dem Gesetzgeber nicht verwehrt, ein bisher nach der jeweiligen Verfahrensordnung statthaftes Rechtsmittel abzuschaffen oder den Zugang zu einem an sich eröffneten Rechtsmittel von neuen einschränkenden Voraussetzungen abhängig zu machen. Dies kann grundsätzlich mit Wirkung auch für solche Verfahren geschehen, die bereits bei Gericht anhängig sind, soweit dem nicht durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG Grenzen gezogen sind (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992, NVwZ 1992, 1182). Allerdings sind die rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, die für jedermann gelten, als verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstäbe heranzuziehen, wenn der Gesetzgeber auf eine bislang gegebene verfahrensrechtliche Lage, in der ein Prozessbeteiligter sich befindet, einwirkt. Mit der Einlegung eines nach der jeweiligen Verfahrensordnung statthaften und zulässigen Rechtsmittels wird nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG aaO) eine gewichtige verfahrensrechtliche Position begründet. Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin sogar eine für sie günstige Entscheidung des SG erstritten. Auch ihr muss daher der prozessrechtliche Grundsatz der Rechtsmittelsicherheit zugute kommen. Dieser Grundsatz besagt, dass eine prozessrechtliche Einschränkung der Statthaftigkeit von Rechtsmitteln oder die Verschärfung ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen grundsätzlich nicht Rechtsmittel unzulässig werden lässt, die noch nach altem Rechtszustand zulässig eingelegt worden sind.
Anderes gilt nur, wenn dies durch eine hinreichend deutliche gesetzliche Übergangsregelung angeordnet wird (BVerfG aaO). Dies ist hier nicht der Fall. Die nach Art. 2b Nr. 4 als neu eingefügter § 207 SGG des Gesetzesbeschlusses vorgesehene Übergangsregelung besagt im Gegenteil, dass die bei den Oberlandesgerichten und den Sozialgerichten anhängigen Verfahren "in dem Stadium, in dem sie sich befinden," auf das für den Sitz der Vergabekammer zuständige Landessozialgericht übergehen. Der Senat folgert hieraus, dass die Anordnung oder Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin auch nach Inkrafttreten des GKV-OrgWG fortbesteht.
II.
Die gemäß den §§ 172 ff SGG statthafte Beschwerde der Beigeladenen zu 1 ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Klage der Antragsstellerin gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) aufschiebende Wirkung hat.
Rechtsgrundlage für diese Entscheidung ist § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG. Das SG hat zutreffend entschieden, dass in den Fällen, in denen - wie hier - zweifelhaft sein kann, ob ein Rechtsmittel aufschiebende Wirkung hat, dies durch Beschluss ausgesprochen werden kann. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an und sieht insoweit von einer weiteren Darlegung der Gründe ab.
Ebenso wie das SG ist der Senat ferner der Ansicht, dass die Regelung des § 118 GWB für die Zeit vor Inkrafttreten des GKV-OrgWG im sozialgerichtlichen Verfahren nicht heranzuziehen ist. Für eine analoge Anwendung fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Im Übrigen hat der Gesetzgeber den Hinweis des BSG auf einen Änderungsbedarf der Prozessordnung (Beschluss vom 22. April 2008, B 1 SF 1/08 R, NZBau 2008, 527) mit dem GKV-OrgWG aufgegriffen. Die aufschiebende Wirkung der Klage ist daher nicht kraft bundesgesetzlicher Regelung ausgeschlossen.
Die Entscheidung des SG ist auch inhaltlich richtig. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass die von der Antragstellerin am 20. August 2008 beim SG erhobene Klage (S 10 KR 5657/08) gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) aufschiebende Wirkung hat und es hat ebenfalls zu Recht die Anträge der Beigeladenen zu 1 abgelehnt. Denn der angefochtene Beschluss der Antragsgegnerin ist rechtswidrig, so dass auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieses Beschlusses ausscheidet. Die zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 abgeschlossene Rabattvereinbarung i. S. d. § 130a Abs. 8 SGB V über die von der Beigeladenen zu 2 vertriebenen Arzneimittel MIRCERA® und NeoRecormon® ist nicht nichtig. Die Antragstellerin war nicht verpflichtet, ein Vergabeverfahren durchzuführen.
Nach § 130a Abs. 8 Satz 1 SGB V können die Krankenkassen oder ihre Verbände mit pharmazeutischen Unternehmern zusätzlich zu den Abschlägen nach den § 130a Abs 1 und 2 SGB V Rabatte für die zu ihren Lasten abgegeben Arzneimittel vereinbaren. Die Bestimmung beinhaltet keine Ermächtigung zum Abschluss von Verträgen, die ohne diese Regelung nicht getroffen werden könnten; die Regelung stellt den Krankenkassen also keine neue Handlungsform zur Verfügung (a.A. Sodan, NJW 2003, 1761, 1762f). Denn Verträge zwischen den Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmern bedürfen keiner gesetzlichen Zulassung (BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005, 2 BvF 2/03, SozR 4-2500 § 266 Nr. 9). Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V sind öffentlich-rechtliche Verträge, deren Zulässigkeit sich nach § 53 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) beurteilt und die schon vor Inkrafttreten des § 130a SGB V zulässig waren.
Die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmern sind aufgrund der Regelung in § 69 SGB V öffentlich-rechtlicher Natur (BVerfG aaO). In Rechtsprechung und Literatur wird die Frage, ob sich aus § 69 SGB V ein Ausschluss des nationalen Vergaberechts ergibt und, falls dies der Fall sein sollte, ob dieser Ausschluss mit europäischem Recht vereinbar ist oder nicht, unterschiedlich beurteilt (ausführlich hierzu BSG, Beschluss vom 22. April 2008, B 1 SF 1/08 R, NZBau 2008, 527). Diese Streitfrage bedarf hier keiner Entscheidung. Denn eine Pflicht zur Ausschreibung bestand im hier zu beurteilenden Fall auch dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass trotz der Regelung in § 69 SGB V Vergaberecht zur Anwendung kommt. Zwar ist die Antragstellerin - eine gesetzliche Krankenkasse - auch nach Auffassung des Senats als Auftraggeberin i.S. des Vergaberechts anzusehen. Der zwischen ihr und der Beigeladenen zu 2 geschlossene Rabattvertrag ist jedoch kein ausschreibungspflichtiger öffentlicher Auftrag.
Öffentlicher Auftraggeber i. S. der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl EG vom 30. April 2004 L 134 S 114) ist jede Einrichtung, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, Rechtspersönlichkeit besitzt und überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von den Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind. Diese Begriffsbestimmung entspricht im Wesentlichen derjenigen in § 98 Nr. 2 GWB. Der Zweck der Richtlinie 2004/18/EG besteht darin, die Gefahr einer Bevorzugung einheimischer Bieter oder Bewerber bei der Auftragsvergabe durch öffentliche Auftraggeber auszuschalten und zugleich die Möglichkeit auszuschließen, dass eine vom Staat finanzierte oder kontrollierte Stelle sich von anderen als wirtschaftlichen Überlegungen leiten lässt (EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2007, C-337/06, juris; und 3. Oktober 2004, C-380/98, juris). Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers ist funktionell zu verstehen. Eine staatliche Finanzierung ist anzunehmen, wenn vom Bürger ein Entgelt (Gebühr, Beitrag) verlangt wird, dessen Voraussetzungen und Höhe auf einer gesetzlichen Regelung beruhen und das im Wege hoheitlichen Handelns eingezogen wird, für das er aber keine spezifische Gegenleistung erhält (vgl EuGH aaO).
Die Antragsgegnerin ist danach als öffentliche Auftraggeberin iSd § 98 Nr. 2 GWB anzusehen. Dies beruht aber - entgegen der vom OLG Düsseldorf (Beschluss vom 19. Dezember 2007 NZBau 2008,194) und der Antragsgegnerin vertretenen Ansicht - nicht auf einer überwiegenden Finanzierung durch den Bund. Das folgt bereits aus § 220 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach die Mittel der Krankenversicherung durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufgebracht werden. Der Bund beteiligt sich nach § 221 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur in Form einer pauschalen Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für versicherungsfremde Leistung an dieser Finanzierung. Von einer Finanzierung durch den Bund kann daher bereits nach dem klaren Wortlaut des SGB V keine Rede sein. Weiter erhalten sowohl die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherten als auch die Pflichtversicherten für ihre Beiträge eine spezifische Gegenleistung in Form eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes (Frenz, NZS 2007, 233, 236). Anders als bei der Rundfunkgebühr, bei der die Gebührenpflicht allein dadurch entsteht, dass ein Empfangsgerät bereitgehalten wird, und die Gebühr keine Gegenleistung für die tatsächliche Inanspruchnahme der von den fraglichen Einrichtungen erbrachten Dienstleistungen darstellt (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2007, C-337/06, juris), erwerben die gesetzlich Krankenversicherten einen Schutz gegen das Risiko einer Krankheit. Die Gegenleistung besteht nicht in der Gewährung bestimmter Dienst-, Sach- oder Geldleistungen, sondern wie bei jeder anderen Risikoversicherung in der Abdeckung eines bestimmten versicherten Risikos und wird deshalb auch dann erbracht, wenn ein Versicherungsfall gar nicht eintritt. Der Umstand, dass die Beitragserhebung bei den Pflichtversicherten nicht auf einer vertraglichen Vereinbarung der Versicherten mit den Krankenkassen beruht, sondern auf einer gesetzlichen Regelung, zwingt nicht dazu, eine staatliche Finanzierung anzunehmen. So muss z.B. ein bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen gegen Krankheit Versicherter eine private Pflegeversicherung abschließen (§§ 1 Abs. 2 Satz 2, 23 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - SGB XI), wobei der Gesetzgeber zudem noch bestimmte Versicherungsbedingungen vorgegeben hat (§ 110 SGB XI), ohne dass das private Versicherungsunternehmen dadurch zu einem öffentlichen Auftraggeber i. S. des § 98 Nr. 2 GWB wird.
Die Antragsstellerin kann aber als staatlich kontrollierte Einrichtung betrachtet werden. Sie unterliegt sowohl einer nachträglichen Rechtsaufsicht (§§ 87 ff. Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) als auch einer präventiven Aufsicht (zB § 34 SGB IV). Die staatliche Regelungsdichte ist derart hoch, dass den Sozialversicherungsträgern eine eigenverantwortliche Gestaltung des Satzungs-, Organisations-, Beitrags- und Leistungsrechts weitgehend verwehrt ist (BVerfG, Beschluss vom 9. Juni 2004, 2 BvR 1248/032 BvR 1249/03, juris). Aufgrund der besonderen staatlichen Aufsicht ist die Antragsstellerin öffentlicher Auftraggeber i. S. der Richtlinie 2004/18 EG bzw. § 98 Nr. 2 GWB (vgl. Bloch/Pruns, SGb 2007, 645, 647; Frenz, NZS 2007, 233, 236 m.w.N.; a.A. BayObLG, NVwZ 2005, 117, 118ff).
Der hier zu beurteilende Rabattvertrag ist jedoch kein öffentlicher Lieferauftrag (a.A. OLG Düsseldorf, Beschluss v 19. Dezember 2007, VII-Verg 50/07, juris). Öffentliche Lieferaufträge sind zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern (z.B. pharmazeutische Unternehmer) und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern geschlossene schriftliche entgeltliche Verträge, die den Kauf, das Leasing, die Miete, die Pacht oder den Ratenkauf, mit oder ohne Kaufoption, von Waren (zB Arzneimitteln) betreffen (Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) der Richtlinie 2004/18 EG). Dazu zählen Rabattverträge nach § 130a SGB V nicht. Bei der Auslieferung von Arzneimitteln an Versicherte der gesetzlichen Krankenkasse kommt ein Kaufvertrag zwischen der Krankenkasse und dem Apotheker zustande. Der pharmazeutische Unternehmer ist an diesem Vertrag weder beteiligt noch wird er dadurch in seinen Rechten betroffen. Da der Apotheker Vertragspartner der Krankenkasse wird, kann sein Handeln auch nicht der Krankenkasse zugerechnet werden (so aber OLG Düsseldorf a.a.O.). Auf Seiten der Krankenkasse agieren nur der Vertragsarzt bei der Ausstellung der Arzneimittelverordnung (als Vertreter der Krankenkasse) und der Versicherte (ebenfalls als Vertreter bei der Auswahl der Apotheke, im Übrigen als Bote).
Eine der Krankenkasse zuzurechnende vergaberechtliche Auswahlentscheidung kann auch nicht ohne Weiteres darin gesehen werden, dass der Apotheker nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V im Falle eines Vertrages nach § 130a Abs. 8 SGB V für den betreffenden Wirkstoff ein Medikament auswählen muss, das Gegenstand eines Rabattvertrages ist (so OLG Düsseldorf a.a.O.; Gabriel NZS 2007, 344,348; Byok, GesR 2007, 553, 556). Denn die Nachfrage nach Arzneimitteln wird nicht durch die Rabattverträge, sondern - abgesehen vom Versicherten - durch den die Verordnung ausstellenden Vertragsarzt bestimmt. Er entscheidet darüber, welches Arzneimittel der Versicherte erhalten soll und ob die Ersetzung des verordneten Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches ausgeschlossen wird. Diese Entscheidung kann entgegen der Ansicht des OLG Düsseldorf aufgrund der bestehenden Therapiefreiheit des Arztes nicht der Krankenkasse zugerechnet werden. Allein dadurch erhalten die pharmazeutischen Unternehmer, mit denen ein Rabattvertrag abgeschlossen worden ist, keine Sonderstellung im Wettbewerb, die einer Absatzgarantie für die rabattierten Medikamente gleichkommt (a.A. Byok, GesR 2007, 553, 556).
Etwas anderes kann allerdings auch nach Ansicht des Senats gelten, wenn der Rabattvertrag eine Bestimmung enthält, nach der die Krankenkasse verpflichtet ist, keine weiteren Rabattverträge mit anderen pharmazeutischen Unternehmen abzuschließen, die vergleichbare Arzneimittel anbieten (Zusicherung von Exklusivität). In einem solchen Fall führt der Rabattvertrag i.V.m. der Ersetzungsverpflichtung des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V tatsächlich zu einem Wettbewerbsvorteil, den der Auftraggeber dem Unternehmen einräumt, um einen möglichst hohen Rabatt zu erzielen. Insoweit kann der Rabattvertrag als öffentlicher Auftrag in Form einer Rahmenvereinbarung zu werten sein. Nach Abschnitt 2 § 3a Nr. 4 Satz 1 der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) Teil A, Ausgabe 2006 vom 6. April 2006 (Bundesanzeiger vom 30. Mai 2006 S. 1ff) sind auch Rahmenvereinbarungen, die die Auftraggeber an ein oder mehrere Unternehmen vergeben können, um die Bedingungen für Einzelaufträge, die während eines bestimmten Zeitraumes vergeben werden sollen, festzulegen, öffentliche Aufträge.
Eine solche Sachverhaltskonstellation ist hier jedoch nicht gegeben. Gegenstand des zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 geschlossenen Rabattvereinbarung ist nur die Gewährung eines Rabattes für die von der Beigeladenen zu 2 vertriebenen Arzneimittel NeoRecormon® und MIRCERA® , "die zu Lasten der A. unter Verwendung des Musters 16 des BMV-Ä (Kassenrezept) verordnet werden" (§ 1 Satz 1 der Rabattvereinbarung). Die Rabattvereinbarung enthält keine Bestimmung, in der sich die Antragstellerin verpflichtet, keine weiteren Rabattverträge mit anderen pharmazeutischen Unternehmen abzuschließen.
Da eine vergaberechtliche Auswahlentscheidung beim Abschluss von Rabattverträgen nur anzunehmen ist, wenn das pharmazeutische Unternehmen u. a. über die Substitutionsverpflichtung des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V einen Wettbewerbsvorteil erhält, bestand eine Pflicht zur Ausschreibung auch deshalb nicht, weil die Rabattvereinbarung ausdrücklich auf die verordneten und nicht auf die zu Lasten der Antragsgegnerin abgegebenen Arzneimittel abstellt. Dies schließt eine Rabattgewährung für die von einem Vertragsarzt nicht verordneten, aber vom Apotheker im Wege der Ersetzung zu Lasten der Antragsgegnerin an die Versicherten abgegebenen Arzneimittel aus. Damit tragen die Vertragsschließenden ersichtlich dem Umstand Rechnung, dass eine Ersetzung durch den Apotheker trotz der möglicherweise anzunehmenden pharmakologischen Vergleichbarkeit der betroffenen Arzneimittel aus medizinischen Gründen ausscheidet. Nach der von der Beigeladenen zu 2 für MIRCERA® herausgegebenen Arzneimittelfachinformation können zwar bisher mit einem ESA (erythropoiesis stimulating agent) behandelte Patienten auf MIRCERA® umgestellt werden, das 1-mal pro Monat als einmalige intravenöse oder subkutane Injektion verabreicht wird. Dazu muss die Anfangsdosis MIRCERA® auf der Grundlage der vorherigen wöchentlichen Dosis von ESA zum Zeitpunkt der Therapieumstellung berechnet werden, wie dies in einer beigefügten Tabelle beschrieben wird. Daraus wird ersichtlich, dass eine Umstellung von dem einen auf das andere Medikament aufgrund der pharmakologischen Vergleichbarkeit nur im Wege einer vom Arzt verordneten und überwachten Therapieentscheidung erfolgen kann, nicht aber durch den Apotheker im Rahmen der Substitution. Gleiches muss dann für die Umstellung von MIRCERA® auf Aranesp® gelten. Im Übrigen sollte die Behandlung mit Aranesp® nach der von der Beigeladenen zu 1 freigegebenen Fachinformation von einem Arzt eingeleitet werden, der mit den Indikationen für die Anwendung von Aranesp über Erfahrung verfügt. Aus medizinischen Gründen ist daher eine Umstellung auf das eine oder andere Medikament aufgrund der pharmakologischen Vergleichbarkeit zwar möglich, kann aber nicht vom Apotheker vorgenommen werden.
Die Beigeladene zu 1 stellt deshalb folgerichtig auch auf das Verordnungsverhalten der Ärzte ab. Damit lässt sich nach Ansicht des Senats jedoch die Pflicht zur Ausschreibung eines Rabattvertrages nicht begründen. Denn das Verordnungsverhalten der Ärzte muss sich zwar auch, aber nicht nur am Wirtschaftlichkeitsgebot orientieren. Für die Verordnung von Arzneimitteln ist nach Nr. 12 Satz 1 der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V beschlossenen Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittelrichtlinien - AMR -) der therapeutische Nutzen gewichtiger als die Kosten. Der therapeutische Nutzen setzt eine Nutzen-Risiko-Abwägung mit günstigem Ergebnis voraus (Nr. 13 Satz 1 AMR). Die Therapieentscheidung des Vertragsarztes stellt deshalb keine vergaberechtlichen Auswahlentscheidung dar.
Ob in Bezug auf das Arzneimittel MIRCERA® auch deshalb kein förmliches Vergabeverfahren hat durchgeführt werden müssen, weil für dieses Präparat noch ein Patentschutz besteht, kann offenbleiben (ausführlich zu dieser Problematik Wille, Arzneimittel & Recht, 2008, 164 sowie Gabriel, NZS 2008, 455).
Da nach der vom Senat vertretenen Ansicht die Antragstellerin nur deshalb öffentlicher Auftraggeber ist, weil sie als staatlich kontrollierte Einrichtung zu betrachten ist, nicht aber weil es sich um eine vom Bund finanzierte Einrichtung handelt, war nicht die Vergabekammer des Bundes zu einer Entscheidung in dem Nachprüfungsverfahren zuständig; vielmehr wäre nach § 104 Abs. 1 GWB i.V.m. § 18 Abs. 7 VgV eine Zuständigkeit der Vergabekammer des Landes Baden-Württemberg gegeben gewesen. Denn die Antragsgegnerin ist ein landesunmittelbarer Versicherungsträger i. S. der §§ 90 Abs. 2, 90a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV des Landes Baden-Württemberg.
Die Beigeladene zu 1 war zudem gar nicht befugt, ein Nachprüfungsverfahren zu beantragen und die Antragsgegnerin demzufolge nicht berechtigt, ein solches Verfahren einzuleiten. Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein (§ 107 Abs. 1 GWB). Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht (§ 107 Abs. 2 GWB). Ein Interesse am Auftrag für die Lieferung der Arzneimittel, die Gegenstand der Rabattvereinbarung sind, kann die Beigeladene zu 1 nicht geltend machen. Denn die mit der Beigeladenen zu 2 geschlossene Rabattvereinbarung steht einer solchen Vereinbarung zugunsten des von der Beigeladenen zu 1 vertriebenen Arzneimittels nicht entgegen. Auch dies zeigt, dass die für eine Ausschreibungspflicht typische Fallkonstellation hier gar nicht vorliegt. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass mit der Erteilung eines Auftrags an ein Unternehmen der Bedarf des Auftraggebers an einer bestimmten Leistung (z. B. Errichtung eines Verwaltungsgebäudes) gedeckt ist und deshalb andere Unternehmen diesen Bedarf entweder schon rein tatsächlich nicht mehr decken können oder aus Sicht des Auftraggebers nicht mehr decken müssen. Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
2. Der Antrag der Beigeladenen zu 1, vorab mit sofortiger Wirkung bis zum 1. Januar 2009 auszusprechen, dass die Klage der Antragstellerin vom 20. August 2008 in dem Verfahren S 10 KR 5657/08 gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) keine aufschiebende Wirkung hat bzw. hilfsweise die sofortige Vollziehung des Beschlusses der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) anzuordnen, wird abgelehnt.
3. Die Beigeladene zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 2, die diese selbst trägt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, ob die am 20. August 2008 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage (S 10 KR 5657/08) gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) aufschiebende Wirkung hat.
Die Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 sind pharmazeutische Unternehmen. Sie vertreiben in Deutschland sogenannte erythropoese-stimmulierende Proteine (ESP), die biotechnologisch produzierte Nachbildungen des körpereigenen Hormons Erythropoetin (EPO) enthalten und zur Behandlung bei Blutarmut (Anämie) verwendet werden. Die Beigeladene zu 2 bietet hierzu das patentgeschützte Arzneimittel MIRCERA® (Wirkstoff Metoxy-Polyethylenglycol-Epoetin beta, zugelassen zur nephrologischen Indikation) und Neo-Recormon® (ohne Patentschutz, Wirkstoff: Epoetin beta, zugelassen zur nephrologischen wie onkologischen Indikation), die Beigeladene zu 1 das patentgeschützte Arzneimittel Aranesp® (mit dem Wirkstoff Darbepoetin alfa, zugelassen zur nephrologischen wie onkologischen Indikation) an. Nur Neo-Recormon® kann zur Vorbeugung der Frühgeborenenanämie bei Kindern mit einem Geburtsgewicht zwischen 750 und 1500 Gramm, die vor der 34. Schwangerschaftswoche geboren wurden, eingesetzt werden. Weiterhin verfügt Neo-Recormon® über das umfassendste Sortiment in Bezug auf Dosierung- und Applikationssysteme. Auch die Zusammensetzung und Konzentration der Stabilisatoren von Epoetin beta ist im Vergleich zu den anderen ESP-Präparaten unterschiedlich.
Die Antragstellerin schloss mit der Beigeladenen zu 2 am 28. April 2008 ohne vorherige öffentliche Ausschreibung einen Rabattvertrag nach § 130a Abs. 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), der am 01. Mai 2008 in Kraft trat. Dieser Rabattvertrag regelt die Gewährung von Rabatten für die von der Beigeladenen zu 2 vertriebenen Arzneimittel NeoRecormon® und MIRCERA® , "die zu Lasten der A. unter Verwendung des Musters 16 des BMV-Ä (Kassenrezept) verordnet werden" (§ 1 Satz 1 der Rabattvereinbarung).
Auf den von der Beigeladenen zu 1 mit Schreiben vom 11. Juli 2008 gestellten Nachprüfungsantrag stellte die 3. Vergabekammer des Bundes (Antragsgegnerin) mit Beschluss vom 15. August 2008 fest, dass die zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 am 28. April 2008 abgeschlossene Rabattvereinbarung über die vertriebenen Arzneimittel NeoRecormon® und MIRCERA®nichtig sei und gab der Antragstellerin auf, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die Vergabe von Rabattvereinbarungen im Sinne des § 130a Abs. 8 SGB V über ESP als Gruppe unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin durchzuführen und hierbei die gesetzlichen Bestimmungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge anzuwenden. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die Vergabekammern des Bundes seien deswegen für die Entscheidung zuständig, weil der Bund über die §§ 3, 5, 220 ff. SGB V die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen gewährleiste. Der Abschluss einer Rahmenvereinbarung stelle auch einen öffentlichen Auftrag dar, der aufgrund der europarechtlichen Vorgaben nach Vergaberecht abzuwickeln sei. Die Antragstellerin habe sich deswegen nicht darauf beschränken dürfen, über einen Rabattvertrag alleine mit der Beigeladenen zu 2 zu verhandeln. Denn mit dem Vertragsschluss habe sie gleichzeitig eine Auswahlentscheidung zu Lasten der übrigen Anbieter von ESP getroffen, bei denen es eine erhebliche Schnittmenge von Patienten/Krankheitsbildern gebe, in denen die Präparate gleichermaßen anzuwenden seien. Die Antragstellerin habe deswegen den Wettbewerb nicht auf einen einzelnen Anbieter einengen dürfen, sondern ein offenes Verfahren durchführen müssen, wobei Lose gebildet werden könnten. Dieser Beschluss enthielt die Rechtsbehelfsbelehrung, dass hiergegen die sofortige Beschwerde beim OLG Düsseldorf zulässig sei.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin am 20. August 2008 Klage beim SG erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 10 KR 567/08 anhängig ist.
Ferner hat die Antragstellerin am 1. September 2008 beantragt, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes festzustellen, dass die von ihr am 20. August 2008 erhobene Klage gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 15. August 2008 aufschiebende Wirkung habe. Denn die Antragsgegnerin habe abweichend von der Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg und trotz der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung über die Unanwendbarkeit des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in § 69 SGB V die Anwendbarkeit des GWB für gegeben gehalten, so dass ein rechtliches Interesse an der Klärung des Eintritts der aufschiebenden Wirkung bestehe. Dies gelte umso mehr, als eine gesetzliche Regelung über das Entfallen der aufschiebenden Wirkung fehle. Insbesondere ergebe sich ein solcher Ausschluss auch nicht aus den Regelungen des GWB, da die §§ 97 ff. GWB, somit auch § 118 Abs. 3 GWB, nicht anwendbar seien.
Das SG hat die A. GmbH (Beigeladene zu 1) und die R. P. AG (Beigeladene zu 2) zum Rechtsstreit beigeladen und mit Beschluss vom 26. September 2008, der Beigeladenen zu 1 zugestellt am 6. Oktober 2008, dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben und festgestellt, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die aufschiebende Wirkung der Klage ergebe sich bereits aus § 86a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hätten. In diesem Zusammenhang finde § 118 GWB keine Anwendung. Deswegen habe die Klage gegen die Entscheidung der Vergabekammer (hier der Antragsgegnerin) vor einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit auch unmittelbar aufschiebende Wirkung. Für die Entscheidung hierüber seien auch die Sozialgerichte zuständig. Das BSG habe in seiner Vorabentscheidung zu der Rechtswegbeschwerde nämlich nicht abschließend entschieden, ob bei Arzneimittel-Rabattverträgen nach § 130a SGB V das Vergaberecht das GWB Anwendung fände. Der weitere Antrag der Beigeladenen zu 1 auf Feststellung, dass die von der Antragstellerin erhobene Klage keine aufschiebende Wirkung habe, sei deswegen zwar zulässig, jedoch unbegründet. Dies gelte auch für den Antrag auf sofortige Vollziehung des Beschlusses der Antragsgegnerin vom 15. August 2008. Beim derzeitigen Sach- und Streitstand sei eine Beurteilung der Erfolgsaussicht der von der Antragstellerin erhobenen Klage nicht möglich. Zwar müsse wohl ein "faires Ausschreibungsverfahren" durchgeführt werden. Ob die Antragstellerin dagegen verstoßen habe, lasse sich bei der hier allein möglichen summarischen Prüfung nicht beurteilen. Denn bei der vorzunehmenden Abwägung sei ein überwiegendes Interesse der Beigeladenen zu 1 nicht erkennbar. Inwiefern ihr durch die Praktizierung der angegriffenen Vereinbarung Nachteile im Wettbewerb drohten, habe die Beigeladene zu 1 nicht näher spezifiziert, insbesondere den eingetretenen wirtschaftlichen Verlust nicht angegeben. Auch fehle es an Darlegungen, aus denen sich ergebe, dass die Antragstellerin weitere gleichartige Vereinbarungen mit Pharmaunternehmen abschließen wolle bzw. werde. Hierbei könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Antragstellerin dargelegt habe, dass sie bereit sei, weitere Rabattverträge abzuschließen. Demgegenüber führe die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses der Antragsgegnerin dazu, dass der Rabattvertrag nicht angewendet werden könne und sich dadurch die bezweckten Einsparmöglichkeiten nicht realisieren ließen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der ständig steigenden Kosten im Arzneimittelsektor müsse der Realisierung bestehender Einsparmöglichkeiten im Arzneimittelbereich ein hoher Stellenwert zugemessen werden. Deswegen überwiege das Interesse der Antragstellerin, den geschlossenen Rabattvertrag weiterhin anzuwenden und dadurch Einsparungen im Arzneimittelsektor erzielen zu können, das Interesse der Beigeladenen zu 1 an der sofortigen Vollziehung des Beschlusses.
Mit ihrer dagegen am 16. Oktober 2008 eingelegten Beschwerde macht die Beigeladene zu 1 geltend, das Fehlen der aufschiebenden Wirkung der von der Antragstellerin eingelegten Klage ergebe sich weiterhin aus § 118 Abs. 3 GWB. Ansonsten bliebe die bloße Rechtsschutzmöglichkeit des § 86b Abs. 2 SGG deutlich hinter der Rechtsschutzgarantie des § 115 Abs. 1 GWB zurück. Dafür spreche auch, dass in der geplanten Neuregelung zum 1. Januar 2009 vorgesehen sei, dass in vergaberechtlichen Streitigkeiten, über die künftig das für den Sitz der Vergabekammer zuständige Landessozialgericht erstinstanzlich entscheide, der § 118 Abs. 3 GWB entsprechend anzuwenden sei. Das SG habe die Folgenabwägung nicht richtig vorgenommen. Denn das Verhalten der Antragstellerin sei objektiv rechtswidrig und es sei deswegen der Beigeladenen zu 1 nicht zumutbar, den gerichtlichen Rechtsschutz allein über ein Hauptsacheverfahren zu erreichen. Der Beigeladenen zu 2 sei es gelungen, seit Unterrichtung der Ärzte über den Abschluss des Rabattvertrages in nur drei Monaten ihren Marktanteil von ursprünglich ca. 33 % mit dem Präparat NeoRecormon®auf inzwischen 53 % im August 2008 auszubauen. Zeitgleich sei der Marktanteil des Präparats Aranesp® der Beigeladenen zu 1 von 33 % auf 25 % gefallen. Ferner sei die Anordnung eines "Hängebeschlusses" unter dem Gesichtspunkt der Kontinuitätenrechtssicherheit geboten, denn zum 1. Januar 2009 müsse der Beschluss des SG ohnehin auf Antrag aufgehoben werden. Die Beigeladene zu 1 hat hierzu eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vorgelegt, wonach sich mit Bekanntwerden und offensiver Vermarktung des Rabattvertrages eine starke Scherenentwicklung ergeben habe. Der Absatz von Aranesp® sei innerhalb von nur zweieinhalb Monaten auf ca. 25 % gefallen. Die Umsatzentwicklung im Monat September 2008 liege ihm noch nicht vor.
Die Beigeladene zu 1 beantragt,
1. unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. September 2008, den Antrag der Antragstellerin vom 1. September 2008 zurückzuweisen, 2. auszusprechen, dass die Klage der A. B.-W. vom 20. August 2008 in dem Verfahren S 10 KR 5657/08 gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) keine aufschiebende Wirkung hat, 3. hilfsweise, die sofortige Vollziehung des Beschlusses der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) anzuordnen.
Vorab beantragt die Beigeladene zu 1 im Wege des "Hängebeschlusses" mit sofortiger Wirkung bis zum 1. Januar 2009
1. auszusprechen, dass die Klage der Antragstellerin vom 20. August 2008 in dem Verfahren S 10 KR 5657/08 gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) keine aufschiebende Wirkung hat, 2. hilfsweise die sofortige Vollziehung des Beschlusses der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) anzuordnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 zurückzuweisen und den Antrag auf Erlass eines Hängebeschlusses abzulehnen.
Zur Begründung trägt sie vor, der Rabattvertrag sei deswegen ohne öffentliche Ausschreibung abgeschlossen worden, weil für das Arzneimittel MIRCERA® Patentschutz besehe und für das Arzneimittel NeoRecormon® sich keine Alternative mit gleichem Wirkstoff auf dem Markt befinde. Angebote und Interessenbekundungen anderer pharmazeutischer Unternehmer aus der Klasse der ESP hätten ihr bei Vertragsschluss nicht vorgelegen. Sie sei aber bereit, mit anderen pharmazeutischen Unternehmern Rabattverträge abzuschließen, die patentgeschützte Arzneimittel oder Arzneimittel anböten, für die keine Alternative mit dem gleichen Wirkstoff auf dem Markt seien. Dies gelte insbesondere auch für die Beigeladene zu 1. Denn der mit der Beigeladenen zu 2 abgeschlossene Rabattvertrag enthalte keinerlei Exklusivitätsklausel. Die Beigeladene zu 1 könne deswegen die - vermeintlichen - nachteiligen Folgen des bestehenden Rabattvertrages jederzeit abwenden, indem sie einen Rabatt anbiete und ebenfalls einen Rabattvertrag abschließe. Dass sie dies vehement ablehne, zeige, dass es ihr nicht um einen Zuschlag zu ihren Gunsten ginge, sondern sie vielmehr versuche, das Vergaberecht zu instrumentalisieren, um eine der gesetzlichen Aufträge der Krankenkassen, nämlich den Abschluss von Rabattverträgen nach § 130 a Abs. 8 SGB V zur Realisierung von Wirtschaftlichkeitsreserven, zu verhindern. Auch im Falle einer unterstellten Anwendbarkeit des Vergaberechts bestünde eine Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB jedoch nur für solche Unternehmen, die ein "Interesse am Auftrag" hätten. Dies bestehe bei der Beigeladenen zu 1 jedoch offensichtlich nicht. Mehr als den Abschluss eines Rabattvertrages hinsichtlich des Präparats Aranesp® hätte sie nämlich auch bei Einhaltung sämtlicher - vermeintlich anwendbarer - Normen des Vergaberechts nicht erlangen können. Ob zudem die behaupteten Marktanteilsverschiebungen auf den Rabattvertrag zurückzuführen seien, sei unklar. Dies gelte umso mehr, als unabhängig von dem bestehenden Rabattvertrag das ebenfalls patentgeschützte Präparat der Beigeladenen zu 1 nach wie vor auch in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähig sei und selbstverständlich an ihre Versicherten abgegeben und von ihr vergütet werde. Auf die Unanwendbarkeit der §§ 73 Abs. 5 Satz 2, 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V sei bereits hingewiesen worden. Ebenso sei ein wesentlicher wirtschaftlicher Nachteil von der Beigeladenen zu 1 nicht dargelegt worden. Die von ihr behaupteten Marktanteilsverschiebungen bezögen sich ausschließlich auf die Versicherten der Antragstellerin. Die Beigeladene zu 1 biete ihre Arzneimittel aber bundesweit an. Der Antrag auf Erlass einer Zwischenentscheidung sei auch unzulässig. Denn der Hängebeschluss diene ausschließlich der Sicherung der Effektivität des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens. Dieses sei aber bis zum 1. Januar 2009 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit längst abgeschlossen. Durch die Neuregelung des § 142a Abs. 1 SGG n.F. bleibe die materiell-rechtliche Rechtslage unverändert. Lediglich das prozessuale Regel-Ausnahme-Prinzip drehe sich dahingehend um, dass die sofortige Beschwerde bzw. Klage in Zukunft (zunächst) keine aufschiebende Wirkung mehr habe. Dies führe jedoch nicht zum Erfolg eines Abänderungsantrages. Die Antragstellerin verweist auf das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Juli 2008 (34 O 114/08).
Die Antragsgegnerin hat erklärt, sie verzichte auf eine Stellungnahme zur Beschwerde (Schriftsatz vom 24. 10. 2008).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltens und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen.
Entscheidungsgründe:
Die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 26. September 2008 wird zurückgewiesen und die von ihr im Beschwerdeverfahren gestellten Anträge werden abgelehnt.
I.
Eine Zwischenentscheidung (sog. Hängebeschluss) für die Zeit bis zum 1. Januar 2009 braucht nicht zu ergehen. Der hierauf gerichtete Antrag der Beigeladenen zu 1, vorab mit sofortiger Wirkung bis zum 1. Januar 2009 auszusprechen, dass die Klage der Antragstellerin vom 20. August 2008 in dem Verfahren S 10 KR 5657/08 gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) keine aufschiebende Wirkung hat, hilfsweise die sofortige Vollziehung des Beschlusses der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) anzuordnen, wird daher abgelehnt.
Die in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verbürgte Garantie eines effektiven Rechtsschutzes erfordert im vorliegenden Fall auch im Hinblick auf die sich abzeichnende Rechtsentwicklung keine Zwischenentscheidung. Der Deutsche Bundestag hat in seiner 184. Sitzung am 17. Oktober 2008 aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit - BTDrs. 16/10609 - den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) - BTDrs 16/9559, 16/10070 - in der vom Ausschuss vorgeschlagenen Fassung angenommen (BRDrs. 733/08). In Art 2b Nr. 3 dieses Gesetzes ist beschlossen worden, einen neuen § 142a in das SGG einzufügen. Danach sind in Streitigkeiten über Entscheidungen von Vergabekammern, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen, u.a. die §§ 117 bis 123 GWB anzuwenden. Nach § 118 Abs. 3 GWB muss ein Zuschlag, dessen Erteilung die Vergabekammer im Nachprüfungsverfahren untersagt hat, unterbleiben, solange nicht das Beschwerdegericht die Entscheidung der Vergabekammer nach § 121 GWB oder § 123 GWB aufhebt. Diese Regelung greift auch ein, wenn die Vergabekammer in entsprechender Anwendung von § 13 Vergabeverordnung - VgV - (siehe hierzu BGH, Urteil vom 1. Februar 2005, X ZB 27/04, BGHZ 162, 116) entschieden hat, dass eine Vereinbarung zwischen dem Auftraggeber und einem Unternehmen nichtig ist, weil ein Vergabeverfahren zwar hätte durchgeführt werden müssen, aber nicht durchgeführt worden ist. Diese - noch nicht in Kraft getretene - Regelung würde die Beigeladene zu 1 begünstigen, da aufgrund des Beschlusses der Vergabekammer vom 15. August 2008 bis zu einer Entscheidung über die Hauptsache von einer Unwirksamkeit des gemäß § 130a SGB V zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 geschlossenen Rabattvertrages ausgegangen werden müsste.
Der vorläufige Rechtsschutz des vor der Vergabekammer unterlegenen Auftraggebers (hier der Antragstellerin) richtet sich nach der Neuregelung nach dem in § 121 GWB geregelten Vorab¬entscheidungsverfahren. Von ihrem Wortlaut her erfasst § 121 GWB Sachverhalte der vorliegenden Art nicht. Denn die Regelung ermöglicht es, einen Zuschlag zu gestatten, der mangels eines Vergabeverfahrens gar nicht erfolgen kann. Ob diese Regelung analog anzuwenden ist, wenn die Vergabekammer die Auffassung vertritt, dass ein geschlossener Vertrag analog § 13 VgV nichtig ist, ist zumindest fraglich. Das OLG Frankfurt - Vergabesenat - hat im Beschluss vom 10. Juli 2007 (11 Verg 5/07, juris) diese Frage letztlich zwar offen gelassen, aber Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung des § 121 GWB auf Fälle der vorliegenden Art geäußert. Wäre eine entsprechende Anwendung des § 121 GWB ausgeschlossen, würde dies bedeuten, dass die Antragstellerin unter Geltung des SGG weitergehenden Rechtsschutz erlangen kann als unter Geltung des GWB.
Die mit der (beabsichtigten) Neuregelung einhergehende Verschlechterung der Rechtsschutzmöglichkeiten eines von einer belastenden Entscheidung der Vergabekammer betroffenen Auftraggebers ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich. Denn es ist dem Gesetzgeber nicht verwehrt, ein bisher nach der jeweiligen Verfahrensordnung statthaftes Rechtsmittel abzuschaffen oder den Zugang zu einem an sich eröffneten Rechtsmittel von neuen einschränkenden Voraussetzungen abhängig zu machen. Dies kann grundsätzlich mit Wirkung auch für solche Verfahren geschehen, die bereits bei Gericht anhängig sind, soweit dem nicht durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG Grenzen gezogen sind (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992, NVwZ 1992, 1182). Allerdings sind die rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, die für jedermann gelten, als verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstäbe heranzuziehen, wenn der Gesetzgeber auf eine bislang gegebene verfahrensrechtliche Lage, in der ein Prozessbeteiligter sich befindet, einwirkt. Mit der Einlegung eines nach der jeweiligen Verfahrensordnung statthaften und zulässigen Rechtsmittels wird nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG aaO) eine gewichtige verfahrensrechtliche Position begründet. Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin sogar eine für sie günstige Entscheidung des SG erstritten. Auch ihr muss daher der prozessrechtliche Grundsatz der Rechtsmittelsicherheit zugute kommen. Dieser Grundsatz besagt, dass eine prozessrechtliche Einschränkung der Statthaftigkeit von Rechtsmitteln oder die Verschärfung ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen grundsätzlich nicht Rechtsmittel unzulässig werden lässt, die noch nach altem Rechtszustand zulässig eingelegt worden sind.
Anderes gilt nur, wenn dies durch eine hinreichend deutliche gesetzliche Übergangsregelung angeordnet wird (BVerfG aaO). Dies ist hier nicht der Fall. Die nach Art. 2b Nr. 4 als neu eingefügter § 207 SGG des Gesetzesbeschlusses vorgesehene Übergangsregelung besagt im Gegenteil, dass die bei den Oberlandesgerichten und den Sozialgerichten anhängigen Verfahren "in dem Stadium, in dem sie sich befinden," auf das für den Sitz der Vergabekammer zuständige Landessozialgericht übergehen. Der Senat folgert hieraus, dass die Anordnung oder Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin auch nach Inkrafttreten des GKV-OrgWG fortbesteht.
II.
Die gemäß den §§ 172 ff SGG statthafte Beschwerde der Beigeladenen zu 1 ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Klage der Antragsstellerin gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) aufschiebende Wirkung hat.
Rechtsgrundlage für diese Entscheidung ist § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG. Das SG hat zutreffend entschieden, dass in den Fällen, in denen - wie hier - zweifelhaft sein kann, ob ein Rechtsmittel aufschiebende Wirkung hat, dies durch Beschluss ausgesprochen werden kann. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an und sieht insoweit von einer weiteren Darlegung der Gründe ab.
Ebenso wie das SG ist der Senat ferner der Ansicht, dass die Regelung des § 118 GWB für die Zeit vor Inkrafttreten des GKV-OrgWG im sozialgerichtlichen Verfahren nicht heranzuziehen ist. Für eine analoge Anwendung fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Im Übrigen hat der Gesetzgeber den Hinweis des BSG auf einen Änderungsbedarf der Prozessordnung (Beschluss vom 22. April 2008, B 1 SF 1/08 R, NZBau 2008, 527) mit dem GKV-OrgWG aufgegriffen. Die aufschiebende Wirkung der Klage ist daher nicht kraft bundesgesetzlicher Regelung ausgeschlossen.
Die Entscheidung des SG ist auch inhaltlich richtig. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass die von der Antragstellerin am 20. August 2008 beim SG erhobene Klage (S 10 KR 5657/08) gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 15. August 2008 (VK 3-107/08) aufschiebende Wirkung hat und es hat ebenfalls zu Recht die Anträge der Beigeladenen zu 1 abgelehnt. Denn der angefochtene Beschluss der Antragsgegnerin ist rechtswidrig, so dass auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieses Beschlusses ausscheidet. Die zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 abgeschlossene Rabattvereinbarung i. S. d. § 130a Abs. 8 SGB V über die von der Beigeladenen zu 2 vertriebenen Arzneimittel MIRCERA® und NeoRecormon® ist nicht nichtig. Die Antragstellerin war nicht verpflichtet, ein Vergabeverfahren durchzuführen.
Nach § 130a Abs. 8 Satz 1 SGB V können die Krankenkassen oder ihre Verbände mit pharmazeutischen Unternehmern zusätzlich zu den Abschlägen nach den § 130a Abs 1 und 2 SGB V Rabatte für die zu ihren Lasten abgegeben Arzneimittel vereinbaren. Die Bestimmung beinhaltet keine Ermächtigung zum Abschluss von Verträgen, die ohne diese Regelung nicht getroffen werden könnten; die Regelung stellt den Krankenkassen also keine neue Handlungsform zur Verfügung (a.A. Sodan, NJW 2003, 1761, 1762f). Denn Verträge zwischen den Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmern bedürfen keiner gesetzlichen Zulassung (BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005, 2 BvF 2/03, SozR 4-2500 § 266 Nr. 9). Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V sind öffentlich-rechtliche Verträge, deren Zulässigkeit sich nach § 53 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) beurteilt und die schon vor Inkrafttreten des § 130a SGB V zulässig waren.
Die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmern sind aufgrund der Regelung in § 69 SGB V öffentlich-rechtlicher Natur (BVerfG aaO). In Rechtsprechung und Literatur wird die Frage, ob sich aus § 69 SGB V ein Ausschluss des nationalen Vergaberechts ergibt und, falls dies der Fall sein sollte, ob dieser Ausschluss mit europäischem Recht vereinbar ist oder nicht, unterschiedlich beurteilt (ausführlich hierzu BSG, Beschluss vom 22. April 2008, B 1 SF 1/08 R, NZBau 2008, 527). Diese Streitfrage bedarf hier keiner Entscheidung. Denn eine Pflicht zur Ausschreibung bestand im hier zu beurteilenden Fall auch dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass trotz der Regelung in § 69 SGB V Vergaberecht zur Anwendung kommt. Zwar ist die Antragstellerin - eine gesetzliche Krankenkasse - auch nach Auffassung des Senats als Auftraggeberin i.S. des Vergaberechts anzusehen. Der zwischen ihr und der Beigeladenen zu 2 geschlossene Rabattvertrag ist jedoch kein ausschreibungspflichtiger öffentlicher Auftrag.
Öffentlicher Auftraggeber i. S. der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl EG vom 30. April 2004 L 134 S 114) ist jede Einrichtung, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, Rechtspersönlichkeit besitzt und überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von den Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind. Diese Begriffsbestimmung entspricht im Wesentlichen derjenigen in § 98 Nr. 2 GWB. Der Zweck der Richtlinie 2004/18/EG besteht darin, die Gefahr einer Bevorzugung einheimischer Bieter oder Bewerber bei der Auftragsvergabe durch öffentliche Auftraggeber auszuschalten und zugleich die Möglichkeit auszuschließen, dass eine vom Staat finanzierte oder kontrollierte Stelle sich von anderen als wirtschaftlichen Überlegungen leiten lässt (EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2007, C-337/06, juris; und 3. Oktober 2004, C-380/98, juris). Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers ist funktionell zu verstehen. Eine staatliche Finanzierung ist anzunehmen, wenn vom Bürger ein Entgelt (Gebühr, Beitrag) verlangt wird, dessen Voraussetzungen und Höhe auf einer gesetzlichen Regelung beruhen und das im Wege hoheitlichen Handelns eingezogen wird, für das er aber keine spezifische Gegenleistung erhält (vgl EuGH aaO).
Die Antragsgegnerin ist danach als öffentliche Auftraggeberin iSd § 98 Nr. 2 GWB anzusehen. Dies beruht aber - entgegen der vom OLG Düsseldorf (Beschluss vom 19. Dezember 2007 NZBau 2008,194) und der Antragsgegnerin vertretenen Ansicht - nicht auf einer überwiegenden Finanzierung durch den Bund. Das folgt bereits aus § 220 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach die Mittel der Krankenversicherung durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufgebracht werden. Der Bund beteiligt sich nach § 221 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur in Form einer pauschalen Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für versicherungsfremde Leistung an dieser Finanzierung. Von einer Finanzierung durch den Bund kann daher bereits nach dem klaren Wortlaut des SGB V keine Rede sein. Weiter erhalten sowohl die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherten als auch die Pflichtversicherten für ihre Beiträge eine spezifische Gegenleistung in Form eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes (Frenz, NZS 2007, 233, 236). Anders als bei der Rundfunkgebühr, bei der die Gebührenpflicht allein dadurch entsteht, dass ein Empfangsgerät bereitgehalten wird, und die Gebühr keine Gegenleistung für die tatsächliche Inanspruchnahme der von den fraglichen Einrichtungen erbrachten Dienstleistungen darstellt (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2007, C-337/06, juris), erwerben die gesetzlich Krankenversicherten einen Schutz gegen das Risiko einer Krankheit. Die Gegenleistung besteht nicht in der Gewährung bestimmter Dienst-, Sach- oder Geldleistungen, sondern wie bei jeder anderen Risikoversicherung in der Abdeckung eines bestimmten versicherten Risikos und wird deshalb auch dann erbracht, wenn ein Versicherungsfall gar nicht eintritt. Der Umstand, dass die Beitragserhebung bei den Pflichtversicherten nicht auf einer vertraglichen Vereinbarung der Versicherten mit den Krankenkassen beruht, sondern auf einer gesetzlichen Regelung, zwingt nicht dazu, eine staatliche Finanzierung anzunehmen. So muss z.B. ein bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen gegen Krankheit Versicherter eine private Pflegeversicherung abschließen (§§ 1 Abs. 2 Satz 2, 23 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - SGB XI), wobei der Gesetzgeber zudem noch bestimmte Versicherungsbedingungen vorgegeben hat (§ 110 SGB XI), ohne dass das private Versicherungsunternehmen dadurch zu einem öffentlichen Auftraggeber i. S. des § 98 Nr. 2 GWB wird.
Die Antragsstellerin kann aber als staatlich kontrollierte Einrichtung betrachtet werden. Sie unterliegt sowohl einer nachträglichen Rechtsaufsicht (§§ 87 ff. Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) als auch einer präventiven Aufsicht (zB § 34 SGB IV). Die staatliche Regelungsdichte ist derart hoch, dass den Sozialversicherungsträgern eine eigenverantwortliche Gestaltung des Satzungs-, Organisations-, Beitrags- und Leistungsrechts weitgehend verwehrt ist (BVerfG, Beschluss vom 9. Juni 2004, 2 BvR 1248/032 BvR 1249/03, juris). Aufgrund der besonderen staatlichen Aufsicht ist die Antragsstellerin öffentlicher Auftraggeber i. S. der Richtlinie 2004/18 EG bzw. § 98 Nr. 2 GWB (vgl. Bloch/Pruns, SGb 2007, 645, 647; Frenz, NZS 2007, 233, 236 m.w.N.; a.A. BayObLG, NVwZ 2005, 117, 118ff).
Der hier zu beurteilende Rabattvertrag ist jedoch kein öffentlicher Lieferauftrag (a.A. OLG Düsseldorf, Beschluss v 19. Dezember 2007, VII-Verg 50/07, juris). Öffentliche Lieferaufträge sind zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern (z.B. pharmazeutische Unternehmer) und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern geschlossene schriftliche entgeltliche Verträge, die den Kauf, das Leasing, die Miete, die Pacht oder den Ratenkauf, mit oder ohne Kaufoption, von Waren (zB Arzneimitteln) betreffen (Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) der Richtlinie 2004/18 EG). Dazu zählen Rabattverträge nach § 130a SGB V nicht. Bei der Auslieferung von Arzneimitteln an Versicherte der gesetzlichen Krankenkasse kommt ein Kaufvertrag zwischen der Krankenkasse und dem Apotheker zustande. Der pharmazeutische Unternehmer ist an diesem Vertrag weder beteiligt noch wird er dadurch in seinen Rechten betroffen. Da der Apotheker Vertragspartner der Krankenkasse wird, kann sein Handeln auch nicht der Krankenkasse zugerechnet werden (so aber OLG Düsseldorf a.a.O.). Auf Seiten der Krankenkasse agieren nur der Vertragsarzt bei der Ausstellung der Arzneimittelverordnung (als Vertreter der Krankenkasse) und der Versicherte (ebenfalls als Vertreter bei der Auswahl der Apotheke, im Übrigen als Bote).
Eine der Krankenkasse zuzurechnende vergaberechtliche Auswahlentscheidung kann auch nicht ohne Weiteres darin gesehen werden, dass der Apotheker nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V im Falle eines Vertrages nach § 130a Abs. 8 SGB V für den betreffenden Wirkstoff ein Medikament auswählen muss, das Gegenstand eines Rabattvertrages ist (so OLG Düsseldorf a.a.O.; Gabriel NZS 2007, 344,348; Byok, GesR 2007, 553, 556). Denn die Nachfrage nach Arzneimitteln wird nicht durch die Rabattverträge, sondern - abgesehen vom Versicherten - durch den die Verordnung ausstellenden Vertragsarzt bestimmt. Er entscheidet darüber, welches Arzneimittel der Versicherte erhalten soll und ob die Ersetzung des verordneten Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches ausgeschlossen wird. Diese Entscheidung kann entgegen der Ansicht des OLG Düsseldorf aufgrund der bestehenden Therapiefreiheit des Arztes nicht der Krankenkasse zugerechnet werden. Allein dadurch erhalten die pharmazeutischen Unternehmer, mit denen ein Rabattvertrag abgeschlossen worden ist, keine Sonderstellung im Wettbewerb, die einer Absatzgarantie für die rabattierten Medikamente gleichkommt (a.A. Byok, GesR 2007, 553, 556).
Etwas anderes kann allerdings auch nach Ansicht des Senats gelten, wenn der Rabattvertrag eine Bestimmung enthält, nach der die Krankenkasse verpflichtet ist, keine weiteren Rabattverträge mit anderen pharmazeutischen Unternehmen abzuschließen, die vergleichbare Arzneimittel anbieten (Zusicherung von Exklusivität). In einem solchen Fall führt der Rabattvertrag i.V.m. der Ersetzungsverpflichtung des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V tatsächlich zu einem Wettbewerbsvorteil, den der Auftraggeber dem Unternehmen einräumt, um einen möglichst hohen Rabatt zu erzielen. Insoweit kann der Rabattvertrag als öffentlicher Auftrag in Form einer Rahmenvereinbarung zu werten sein. Nach Abschnitt 2 § 3a Nr. 4 Satz 1 der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) Teil A, Ausgabe 2006 vom 6. April 2006 (Bundesanzeiger vom 30. Mai 2006 S. 1ff) sind auch Rahmenvereinbarungen, die die Auftraggeber an ein oder mehrere Unternehmen vergeben können, um die Bedingungen für Einzelaufträge, die während eines bestimmten Zeitraumes vergeben werden sollen, festzulegen, öffentliche Aufträge.
Eine solche Sachverhaltskonstellation ist hier jedoch nicht gegeben. Gegenstand des zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 geschlossenen Rabattvereinbarung ist nur die Gewährung eines Rabattes für die von der Beigeladenen zu 2 vertriebenen Arzneimittel NeoRecormon® und MIRCERA® , "die zu Lasten der A. unter Verwendung des Musters 16 des BMV-Ä (Kassenrezept) verordnet werden" (§ 1 Satz 1 der Rabattvereinbarung). Die Rabattvereinbarung enthält keine Bestimmung, in der sich die Antragstellerin verpflichtet, keine weiteren Rabattverträge mit anderen pharmazeutischen Unternehmen abzuschließen.
Da eine vergaberechtliche Auswahlentscheidung beim Abschluss von Rabattverträgen nur anzunehmen ist, wenn das pharmazeutische Unternehmen u. a. über die Substitutionsverpflichtung des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V einen Wettbewerbsvorteil erhält, bestand eine Pflicht zur Ausschreibung auch deshalb nicht, weil die Rabattvereinbarung ausdrücklich auf die verordneten und nicht auf die zu Lasten der Antragsgegnerin abgegebenen Arzneimittel abstellt. Dies schließt eine Rabattgewährung für die von einem Vertragsarzt nicht verordneten, aber vom Apotheker im Wege der Ersetzung zu Lasten der Antragsgegnerin an die Versicherten abgegebenen Arzneimittel aus. Damit tragen die Vertragsschließenden ersichtlich dem Umstand Rechnung, dass eine Ersetzung durch den Apotheker trotz der möglicherweise anzunehmenden pharmakologischen Vergleichbarkeit der betroffenen Arzneimittel aus medizinischen Gründen ausscheidet. Nach der von der Beigeladenen zu 2 für MIRCERA® herausgegebenen Arzneimittelfachinformation können zwar bisher mit einem ESA (erythropoiesis stimulating agent) behandelte Patienten auf MIRCERA® umgestellt werden, das 1-mal pro Monat als einmalige intravenöse oder subkutane Injektion verabreicht wird. Dazu muss die Anfangsdosis MIRCERA® auf der Grundlage der vorherigen wöchentlichen Dosis von ESA zum Zeitpunkt der Therapieumstellung berechnet werden, wie dies in einer beigefügten Tabelle beschrieben wird. Daraus wird ersichtlich, dass eine Umstellung von dem einen auf das andere Medikament aufgrund der pharmakologischen Vergleichbarkeit nur im Wege einer vom Arzt verordneten und überwachten Therapieentscheidung erfolgen kann, nicht aber durch den Apotheker im Rahmen der Substitution. Gleiches muss dann für die Umstellung von MIRCERA® auf Aranesp® gelten. Im Übrigen sollte die Behandlung mit Aranesp® nach der von der Beigeladenen zu 1 freigegebenen Fachinformation von einem Arzt eingeleitet werden, der mit den Indikationen für die Anwendung von Aranesp über Erfahrung verfügt. Aus medizinischen Gründen ist daher eine Umstellung auf das eine oder andere Medikament aufgrund der pharmakologischen Vergleichbarkeit zwar möglich, kann aber nicht vom Apotheker vorgenommen werden.
Die Beigeladene zu 1 stellt deshalb folgerichtig auch auf das Verordnungsverhalten der Ärzte ab. Damit lässt sich nach Ansicht des Senats jedoch die Pflicht zur Ausschreibung eines Rabattvertrages nicht begründen. Denn das Verordnungsverhalten der Ärzte muss sich zwar auch, aber nicht nur am Wirtschaftlichkeitsgebot orientieren. Für die Verordnung von Arzneimitteln ist nach Nr. 12 Satz 1 der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V beschlossenen Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittelrichtlinien - AMR -) der therapeutische Nutzen gewichtiger als die Kosten. Der therapeutische Nutzen setzt eine Nutzen-Risiko-Abwägung mit günstigem Ergebnis voraus (Nr. 13 Satz 1 AMR). Die Therapieentscheidung des Vertragsarztes stellt deshalb keine vergaberechtlichen Auswahlentscheidung dar.
Ob in Bezug auf das Arzneimittel MIRCERA® auch deshalb kein förmliches Vergabeverfahren hat durchgeführt werden müssen, weil für dieses Präparat noch ein Patentschutz besteht, kann offenbleiben (ausführlich zu dieser Problematik Wille, Arzneimittel & Recht, 2008, 164 sowie Gabriel, NZS 2008, 455).
Da nach der vom Senat vertretenen Ansicht die Antragstellerin nur deshalb öffentlicher Auftraggeber ist, weil sie als staatlich kontrollierte Einrichtung zu betrachten ist, nicht aber weil es sich um eine vom Bund finanzierte Einrichtung handelt, war nicht die Vergabekammer des Bundes zu einer Entscheidung in dem Nachprüfungsverfahren zuständig; vielmehr wäre nach § 104 Abs. 1 GWB i.V.m. § 18 Abs. 7 VgV eine Zuständigkeit der Vergabekammer des Landes Baden-Württemberg gegeben gewesen. Denn die Antragsgegnerin ist ein landesunmittelbarer Versicherungsträger i. S. der §§ 90 Abs. 2, 90a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV des Landes Baden-Württemberg.
Die Beigeladene zu 1 war zudem gar nicht befugt, ein Nachprüfungsverfahren zu beantragen und die Antragsgegnerin demzufolge nicht berechtigt, ein solches Verfahren einzuleiten. Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein (§ 107 Abs. 1 GWB). Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht (§ 107 Abs. 2 GWB). Ein Interesse am Auftrag für die Lieferung der Arzneimittel, die Gegenstand der Rabattvereinbarung sind, kann die Beigeladene zu 1 nicht geltend machen. Denn die mit der Beigeladenen zu 2 geschlossene Rabattvereinbarung steht einer solchen Vereinbarung zugunsten des von der Beigeladenen zu 1 vertriebenen Arzneimittels nicht entgegen. Auch dies zeigt, dass die für eine Ausschreibungspflicht typische Fallkonstellation hier gar nicht vorliegt. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass mit der Erteilung eines Auftrags an ein Unternehmen der Bedarf des Auftraggebers an einer bestimmten Leistung (z. B. Errichtung eines Verwaltungsgebäudes) gedeckt ist und deshalb andere Unternehmen diesen Bedarf entweder schon rein tatsächlich nicht mehr decken können oder aus Sicht des Auftraggebers nicht mehr decken müssen. Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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