L 5 KR 1/08

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
S 12 KR 516/05
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KR 1/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des SG Koblenz vom 20.11.2007 sowie der Bescheid der Beklagten vom 23.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2005 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu einer Beitragsfestsetzung ausgehend von dem halben allgemeinen Beitragssatz ohne Berücksichtigung des konkreten Beihilfesatzes nicht berechtigt ist.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der 1944 geborene Kläger, früher DO-Angestellter beim AOK-Bundesverband, ist freiwilliges Mitglied der Beklagten mit Anspruch auf Teilkostenerstattung gemäß § 14 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Er hat als Versorgungsempfänger Anspruch auf Beihilfe in Höhe von 70 vH der beihilfefähigen Kosten. Mit Bescheid vom 23.3.2005 stellte die Beklagte wegen seiner Pensionierung den Kranken und Pflegeversicherungsbeitrag unter Berücksichtigung der Änderungen durch das zum 1.1.2004 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) neu fest. Sie führte aus, der Krankenversicherungsbeitrag von Versorgungsbezügen bei gewählter Teilkostenerstattung betrage 6,95 vH (Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes von Mitgliedern mit Anspruch auf Krankengeld von 13,9 vH). Der neue Monatsbeitrag belaufe sich für das Jahr 2004 auf 272,02 EUR (Krankenversicherung 242,38 EUR; Pflegeversicherung 29,64 EUR) und ab 1.1.2005 auf 274,95 EUR (Krankenversicherung 244,99 EUR; Pflegeversicherung 29,96 EUR). Für die Zeit vom 1.1.2004 bis zum 28.2.2005 forderte die Beklagte einen Beitrag von 293,34 EUR nach. Diesem Bescheid lag § 18 der Satzung der Beklagten zugrunde. Darin heißt es:
...
(2) Für Mitglieder, die bei Arbeitsunfähigkeit für mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, gilt der allgemeine Beitragssatz; er beträgt 13,9 vH.

(4) Für Mitglieder, für die kein Anspruch auf Krankengeld besteht, gilt ein ermäßigter Beitragssatz; er beträgt 12,7 vH.
...
(6) Bei freiwilligen Mitgliedern gilt für Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und für Versorgungsbezüge der Beitragssatz nach Abs 2 ...
...
(8) Für Mitglieder, die nach § 14 Abs 2 die Teilkostenerstattung gewählt haben, wird der Beitragssatz auf 50 vH des Beitragssatzes abgesenkt, der für freiwillig Versicherte ohne Anspruch auf Krankengeld gilt (vgl Absatz 4). Absatz 6 gilt mit der Maßgabe der Absenkung des Beitragssatzes nach Absatz 2 auf 50 vH.

Zur Teilkostenerstattung ist in § 16 Abs 1 der Satzung geregelt:
(1) ... (DO-Angestellte), erhalten, soweit sie vom Wahlrecht des § 14 Abs 2 SGB V Gebrauch gemacht haben, Teilkostenerstattung. Sie wird für die Aufwendungen gewährt, denen Leistungen zugrunde liegen, die im Sozialgesetzbuch dem Grunde nach vorgesehen sind.

(3) Teilkostenerstattung wird in Höhe des Vomhundertsatzes gewährt, der den nicht durch die Beihilfe gedeckten Aufwendungen des Erstattungsberechtigten im Verhältnis zu den vollen Kassenleistungen entspricht. Maßgebend für die Feststellung des Erstattungsbetrages ist die Kassenleistung. Die gesetzlichen Zuzahlungen sind in voller Höhe zu leisten.

(4) Die Kostenerstattung und die ohne Berücksichtigung des Teilkostenerstattungsanspruchs zustehende Beihilfe dürfen die beihilfefähigen Gesamtaufwendungen nicht überschreiten.

Nach § 16 Abs 6 der Satzung gilt Abs 3 auch für im Ruhestand befindliche ehemalige DO-Angestellte sowie für Hinterbliebene von DO-Angestellten.

Zur Begründung seines gegen die Beitragserhöhung eingelegten Widerspruchs machte der Kläger geltend: Eine Satzungsregelung, nach der bei freiwillig Versicherten mit Anspruch auf Teilkostenerstattung die Beiträge für Versorgungsbezüge ausgehend von 50 vH des allgemeinen Beitragssatzes bemessen werden, sei nicht zulässig. Sie verstoße zu seinen Lasten gegen den Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG), weil die Beklagte im Hinblick auf die Erhöhung seines Beihilfesatzes wegen seiner Pensionierung im Verhältnis zu noch im Dienst befindlichen DO-Angestellten verringerte Leistungsaufwendungen habe.

Durch Widerspruchsbescheid vom 19.10.2005 (zugestellt am 20.10.2005) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Darin hieß es ua: Hintergrund der in ihrer Satzung festgelegten 50 vH Regelung sei das Bestreben gewesen, die durch die Teilkostenerstattung entstehenden Belastungen der Kassen insgesamt nicht über 50 vH des Leistungsvolumens anwachsen zu lassen, das für die Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld durchschnittlich gegeben sei. Nur unter dieser Voraussetzung lasse sich die pauschale Beitragssatzbemessung rechtfertigen, die außerdem in vollem Umfang den Finanzierungsanteil der Krankenversicherung der Rentner sowie den Verwaltungskostenanteil enthalte.

Hiergegen hat der Kläger am 21.11.2005 (Montag) Klage erhoben. Die Beklagte hat ua vorgetragen: Bei der Teilkostenerstattung handele es sich um eine Art Schnittstelle zwischen der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine Differenzierung in der Beitragshöhe, etwa nach einem beihilfeadäquaten Differenztarif wie in der privaten Krankenversicherung oder nach anderen individuellen Leistungskriterien wie Alter, Familienstand oder Zahl der Kinder sei mit dem Finanzierungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu vereinbaren (Hinweis auf § 243 Abs 2 Satz 2 SGB V). Diese würde das hier herrschende Prinzip der Solidarität durchbrechen. Durch die Regelung der Teilkostenerstattung werde der DO-Angestellte bzw der Versorgungsempfänger in die Lage versetzt, statt des Sachleistungsanspruchs Kostenerstattung und Beihilfe zu erhalten, wobei der in einen Kostenerstattungsanspruch umgewandelte Sachleistungsanspruch so kalkuliert sei, dass er den Beihilfeanspruch sinnvoll, dh ohne Über- oder Unterdeckung ergänze.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage durch Urteil vom 20.11.2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die diesem zugrundeliegende Satzungsregelung der Beklagten verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liege nicht vor. Die Zugrundelegung des allgemeinen Beitragssatzes für Versorgungsbezüge sei bei freiwillig versicherten Rentnern verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Hinweis auf Bundessozialgericht BSG 24.8.2005 B 12 KR 29/04 R). Dies gelte entsprechend für den bei ehemaligen DO-Angestellten herangezogenen halben Beitragssatz (§ 18 Abs 8 Satz 2 iVm Abs 2 der Satzung). Dem stehe nicht entgegen, dass die Krankenkasse wegen der Erhöhung des Beihilfesatzes nach dem Ausscheiden aus dem Dienst auf 70 vH nur noch 30 vH der Aufwendungen für Krankenbehandlung tragen müsse. In den Blick zu nehmen seien in diesem Zusammenhang auch die absoluten Belastungen, die statistisch gesehen mit zunehmendem Alter anstiegen.

Gegen dieses seiner Prozessbevollmächtigen am 30.11.2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 27.12.2007 eingelegte Berufung des Klägers, der vorträgt: Er wende sich dagegen, dass er trotz geringerer Einnahmen nach seiner Pensionierung (69 % der Dienstbezüge) und gleichzeitiger Absenkung des Leistungs /Kostenrisikos der Beklagten zu höheren Beiträgen als ein teilkostenversicherter DO-Angestellter im aktiven Dienst herangezogen werde. Nach Sinn und Zweck des § 14 SGB V solle der Beitrag im Falle der Teilkostenerstattung so abgesenkt werden, dass er lediglich dem durch die Krankenkasse abzudeckenden Risiko entspreche (Hinweis auf Amtliche Begründung zum Entwurf des Gesundheitsreformgesetzes GRG ). Diesem Gesetzeszweck trage die durch das GRG eingeführte Regelung des § 243 Abs 1 SGB V Rechnung, indem dort ein ermäßigter Beitragssatz angeordnet werde, wenn die Krankenkasse aufgrund von Vorschriften des SGB V für einzelne Mitgliedergruppen den Umfang der Leistungen beschränke. Die Satzungsregelung der Beklagten werde diesem Gesetzesziel nicht gerecht. Als Vergleichsgruppe im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen Art 3 Abs 1 GG sei vorliegend nicht die Gruppe freiwillig versicherter Rentner und pflichtversicherter Rentner mit Versorgungsbezügen, sondern die Gruppe der im aktiven Dienst stehenden DO-Angestellten heranzuziehen, da nur bei diesen eine vergleichbare Konstellation, nämlich ein verminderter Leistungsanspruch und dadurch ermäßigter Beitragssatz, gegeben sei. Satzungsregelungen anderer Kassen, zB der AOK Rheinland-Pfalz, enthielten Regelungen in dem Sinne, wie er sie für erforderlich halte.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Koblenz vom 20.11.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2005 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte zu einer Beitragsfestsetzung ausgehend von dem halben allgemeinen Beitragssatz ohne Berücksichtigung des konkreten Beihilfesatzes nicht berechtigt ist.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz SGG zulässige Berufung ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig, da die diesem zugrunde liegenden, den Beitrag bei Teilkostenerstattung betreffenden Regelungen der Satzung der Beklagten gegen höherrangiges Recht verstoßen und daher nichtig sind.

Beschränkt die Krankenkasse auf Grund von Vorschriften des SGB V für einzelne Mitgliedergruppen den Umfang der Leistungen, ist der Beitragssatz nach § 243 Abs 1 SGB entsprechend zu ermäßigen. Diese Vorschrift gilt ua für die Gruppe der Mitglieder mit Teilkostenerstattung nach § 14 SGB V (Peters in Kasseler Kommentar, § 243 Rn 4). Maßgaben für die Art und den Umfang der Ermäßigung hat der Gesetzgeber nur insoweit gemacht, als die Ermäßigung "entsprechend" zu erfolgen hat (§ 243 Abs 1 SGB V) und Beitragsabstufungen nach dem Familienstand oder der Zahl der Angehörigen, für die eine Versicherung nach § 10 SGB V besteht, unzulässig sind (§ 243 Abs 2 SGB V).

Die Vorgabe "entsprechend" in § 243 Abs 1 SGB V bedeutet, dass dem Satzungsgeber ein Spielraum eingeräumt wird, der allerdings nur innerhalb der Grenzen des sich aus Art 3 Abs 1 GG ergebenden Grundsatzes der Beitragsgerechtigkeit besteht. Möglich ist bei Mitgliedern mit Teilkostenerstattung die Festlegung eines besonderen Beitragssatzes, bei dessen Kalkulation die Grundlohnsumme und die Leistungsinanspruchnahme der genau abzugrenzenden Mitgliedergruppe zugrundegelegt werden (Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, K § 243 Rn 35). Zum anderen besteht auch die Möglichkeit, den nach den Einkommens und Leistungsgesichtspunkten aller Mitglieder festgelegten Beitragssatz für Versicherte ohne Anspruch auf Krankengeld zugrunde zu legen und diesen Beitrag im Hinblick auf die Beihilfegewährung zu kürzen (vgl Gerlach aaO Rn 36). Die Beklagte hat mit der von ihr gewählten konkreten Regelung die Grenzen ihres satzungsmäßig eingeräumten Spielraums überschritten, weshalb es an einer rechtmäßigen "entsprechenden" Ermäßigung iSd § 243 Abs 1 SGB V fehlt. Sie durfte nicht von der Berücksichtigung des jeweiligen Beihilfesatzes bei der Beitragshöhe absehen (ebenso Krauskopf, SGB V, § 243 Rn 10 11).

Bei der Konkretisierung dessen, was sich innerhalb des Rahmens der Beitragsgerechtigkeit hält, sind bei Mitgliedern mit Teilkostenerstattung Sinn und Zweck der erhöhten Beihilfesätze zu berücksichtigen. Diese sind Ausfluss des beamtenrechtlichen Fürsorgeprinzips. Der Beihilfesatz beträgt nach § 14 Abs 1 Satz 1 Nr 1 der Beihilfevorschriften des Bundes (BhV), der den vergleichbaren landesrechtlichen Bestimmungen entspricht, grundsätzlich 50 vH. Die Beihilfevorschriften sehen Erhöhungen des Beihilfesatzes ua auf 70 vH für Empfänger von Versorgungsbezügen (§ 14 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BhV) und Beamte mit zwei oder mehr berücksichtigungsfähigen Kindern (§ 14 Abs 1 Satz 2 1. Halbsatz BhV) vor. Die Erhöhung des Beihilfesatzes von 50 vH auf 70 vH soll bei Beihilfeberechtigten mit zwei oder mehr Kindern der höheren finanziellen Belastung des Beihilfeberechtigten Rechnung tragen (VGH Baden-Württemberg 23.9.1991 4 S 1534/91, juris Rn 3). Bei Versorgungsempfängern bezweckt die Erhöhung des Beihilfesatzes den Ausgleich der vergleichsweise höheren Belastung durch Krankheitskosten im Alter wegen des gegenüber dem Einkommen im aktiven Dienst geringeren Einkommens nach der Pensionierung (vgl VG München 14.2.2007 M 5 K 06. 2751 juris Rn 8). Die Erhöhung auf 70 vH dient nicht dem Ausgleich höherer Kosten für eine zusätzliche private Krankenversicherung bei Mitgliedschaft des Beamten in einer solchen. Wegen der in der privaten Krankenversicherung gebildeten Altersrückstellungen erhöht sich dort der Beitragssatz im Rahmen eines laufenden Versicherungsverhältnisses nicht wegen zunehmenden Alters (Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, § 178g Rn 5).

Dem Sinn und Zweck der auf dem beamtenrechtlichen Alimentationsgrundsatz beruhenden Beihilfesatzerhöhung würde es widersprechen, wenn die Krankenkasse berechtigt wäre, bei allen Mitgliedern mit Teilkostenerstattung Beiträge in gleicher Höhe ausgehend von dem halben Beitragssatz (bei Versorgungsempfängern sogar 50 vH des Beitragssatzes für Mitglieder mit Krankengeldanspruch nach § 18 Abs 2 der Satzung) zu fordern. Bei einer solchen Handhabung kann sich der höhere Beihilfesatz nicht angemessen zugunsten des Betroffenen auswirken. Der Nachteil der fehlenden Differenzierung des Beitrags nach der Höhe des Beihilfesatzes wird auch nicht durch Vorteile bei der Leistungsgewährung für die Gruppe der Beihilfeberechtigten mit einem erhöhten Beihilfesatz im Verhältnis zu denjenigen mit nicht erhöhtem Beihilfesatz ausgeglichen. Die Leistungsgewährung erfolgt bei beiden Gruppen in Höhe des Vomhundertsatzes der nicht durch die Beihilfe gedeckten Aufwendungen des Erstattungsberechtigten im Verhältnis zu den vollen Kassenleistungen (§ 16 Abs 3 der Satzung der Beklagten), sodass die Leistungen durch die Beihilfe zuzüglich der Teilkostenerstattung durch die Beklagte bei Beihilfeberechtigten mit einem Beihilfesatz von 70 vH gleich hoch wie bei einem Beihilfesatz von 50 vH sind (vgl das Berechnungsbeispiel auf S. 5/6 des Schriftsatzes der Beklagten vom 30.3.2006). Die von der Beklagten eingeräumten Varianten der Abwicklung des Versicherungsverhältnisses ("Selbstzahl-Variante"; "Behandlung mit Krankenversicherungskarte") sind im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung.

Dass die Krankenkasse für Mitglieder mit Teilkostenerstattung nicht von einer Differenzierung nach der Höhe des Beihilfesatzes absehen darf, entspricht der Gesetzesbegründung zum GRG, mit dem die freiwillige Mitgliedschaft mit Teilkostenerstattung eingeführt wurde. Im Regierungsentwurf zum GRG (abgedruckt bei Hauck/Noftz, M 010, S. 62) heißt es, die Erstattungstarife sollten nach der Höhe des Beihilfeanspruchs abgestuft werden und bei Anwendung des Teilkostenanteils habe die Krankenkasse die Beiträge "in dem in § 252 (entspricht jetzt § 243 SGB V) vorgesehenen Rahmen" zu ermäßigen.

Die von der Beklagten angeführten Gründe vermögen die von ihr geschaffene Satzungsregelung nicht zu rechtfertigen. Das Bestreben, die durch die Teilkostenerstattung entstehenden Belastungen der Kassen insgesamt nicht über einen bestimmten Betrag hinaus anwachsen zu lassen, stellt wegen des Zwecks der Mitgliedschaft mit Teilkostenerstattung und des Zwecks der erhöhten Beihilfesätze keine hinreichende Begründung dar. Die Satzungsregelung der Beklagten lässt sich auch nicht durch das vom SG angeführte Argument der statistisch im Alter steigenden absoluten Belastungen der Krankenversicherung rechtfertigen. Dieser Gesichtspunkt scheidet bei den Beihilfeempfängern mit einer auf der Kinderzahl beruhenden Erhöhung des Beihilfesatzes (§ 14 Abs 1 Satz 2 1. Halbsatz BhV) von vornherein aus. Aber auch hinsichtlich der Versorgungsempfänger kann hierauf nicht abgestellt werden. Wenn zunehmendes Alter schon bei der privaten Krankenversicherung (abgesehen von der Bedeutung des Eintrittsalters) keine höheren Beiträge rechtfertigt, muss dies in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen deren sozialen Schutzzwecks erst recht der Fall sein. Zudem würde eine für den Betroffenen nachteilige Berücksichtigung des Alters der Zielsetzung der Erhöhung des Beihilfesatzes auf 70 vH für Versorgungsempfänger zuwiderlaufen.

Da die Beitragsbemessung in Bezug auf die Krankenversicherung rechtswidrig ist, gilt Entsprechendes auch für die soziale Pflegeversicherung (§ 57 Abs 4 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) iVm § 240 SGB V).

Der angefochtene Beitragsbescheid ist ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger nach Änderung der Satzung der Beklagten einen Beitrag wird zahlen müssen, insgesamt aufzuheben. Eine Beschränkung der Aufhebung auf einen bestimmten konkreten Teilbetrag ist nicht möglich, weil die Beklagte wie dargelegt mehrere Möglichkeiten hat, um die Rechtswidrigkeit ihrer Satzung zu beheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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