Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 7056/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 1237/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Befreiung vom ärztlichen Notfalldienst im Streit.
Der Kläger (geboren 15. Februar 1947) ist als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychotherapeutische Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Er beantragte am 27. Juni 2005 seine Befreiung vom Bereitschaftsdienst in der psychiatrischen Notfallambulanz am Furtbachkrankenhaus. Zur Begründung führte er aus, auf Grund einer seit Jahren leicht einsetzenden und inzwischen recht schwer ausgeprägten Schwerhörigkeit sei er nur mit entsprechenden elektronischen Zusatzeinrichtungen in der Lage, seiner Praxis gerecht zu werden. Im Notfalldienst erweise sich dies inzwischen als nicht mehr ausgleichbar, da er ohne elektronische Verstärkung mit einem üblichen Telefon nicht mehr zu telefonieren in der Lage sei. Außerdem sei er, um ein Gespräch zu führen, auf ein Mikrofon direkt beim Sprecher angewiesen, von welchem dann auf seine Hörgeräte per Sender die Sprache übertragen werde. Patienten in der Notfallpraxis, fremd und in aller Regel in einem Ausnahmezustand, erst recht, wenn sie in ihrer Realitätsprüfung eingeschränkt seien, reagierten darauf im Extremfall paranoid und befürchteten, abgehört zu werden oder zumindest einen Mitschnitt des Gesprächs. Wenn er das Mikrofon-Sende-Gerät entferne, um auf solche Ängste einzugehen, sei seine Kommunikationsmöglichkeit und -fähigkeit maximal eingeschränkt, sodass er seiner Funktion nicht mehr gerecht werden könne. Dem war das Attest des Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten und Allergologen Dr. G. vom 20. Juni 2005 beigefügt, in welchem dieser eine beiderseitige hochgradige Schwerhörigkeit bescheinigte und ausführte, der Kläger sei hierdurch unter anderem in der Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit, zum Beispiel bei der Anamneseerhebung, aber auch am Telefon, ausgesprochen beeinträchtigt.
Aus Aktenvermerken der Beklagten vom 28. Juni 2005 und 8. Juli 2005 ist zu entnehmen, dass der Kläger praktisch ausschließlich psychotherapeutisch tätig ist und in den Quartalen 1/04, 2/04, 3/04 und 4/04 Fallzahlen von 66, 71, 53 und 64 gegenüber dem Durchschnitt der Fachgruppe der vorwiegend psychotherapeutisch tätigen Ärzte von 40, 39, 38 und 39 sowie gegenüber dem Durchschnitt der Fachgruppe der vorwiegend psychiatrisch/nervenärztlich tätigen Ärzte von 682, 665, 663 und 695 aufwies.
Mit Bescheid vom 19. Juli 2005 lehnten die Beauftragten der Beklagten für die Durchführung des Notfalldienstes im Bereich der Ärzteschaft Stuttgart (Notfalldienst-Beauftragten) den Befreiungsantrag des Klägers ab. Zur Begründung führten sie aus, sie sähen sich unter Berücksichtigung der überdurchschnittlichen Fallzahlen des Klägers in den vergangenen Quartalen nicht in der Lage, seinem Befreiungsantrag zu entsprechen. Sollte es dem Kläger nicht möglich sein, die zugeteilten Notfalldienste persönlich durchzuführen, bleibe es ihm unbenommen, eigenverantwortlich eine geeignete Vertretung zu organisieren.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er sei inzwischen unfähig, mit herkömmlichen Apparaten, wie sie in der Notfallpraxis zur Verfügung stünden, zu telefonieren. Zur Teilnahme am Notfalldienst könne ihm wohl nicht abverlangt werden, für die Notfallpraxis ein weiteres spezielles Telefon für Hörgeschädigte auf seine Kosten zu erwerben und installieren zu lassen. Ebenso wenig dürfte von ihm verlangt werden, einen Vertreter im Notfalldienst zu finanzieren. Sollte es bei der ablehnenden Entscheidung bleiben, würde er am Notfalldienst weiter teilnehmen, sei dann aber dort telefonisch nicht verfügbar. Der Kläger legt hierzu die von Dr. G. angefertigten Tonaudiogramme und Sprachaudiogramme vom 9. Mai 2005 / 10. November 2005 vor. In seinem Schreiben vom 30. März 2006 regte der Vorsitzende des Widerspruchsausschusses gegenüber den Notfalldienst-Beauftragten an, zu prüfen, ob entweder für die psychiatrische Notfallpraxis ein Telefonverstärker mit einem Kostenaufwand zwischen 100 EUR und 300 EUR angeschafft werde oder andernfalls dem Befreiungsantrag entsprochen werde.
Mit Bescheid vom 18. Mai 2006 lehnten die Notfalldienstbeauftragten den Befreiungsantrag erneut ab. Zur Begründung führten sie aus, die Fallzahlen des Klägers belegten, dass die körperliche Behinderung des Klägers nicht auch außerhalb des Notfalldienstes zu einer Beeinträchtigung der ärztlichen Tätigkeit führe und die Krankheit nicht mit einem entsprechenden Rückgang der Vertragspraxis des Klägers verbunden sei.
Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, seine ärztliche Tätigkeit könne er nur aufrecht erhalten, weil er in seiner Praxis eine umgerüstete Telefonanlage verwende. Als Befeiungsgrund reiche aus, dass er den Notfalldienst in tatsächlicher Hinsicht nicht durchführen könne, da eine erforderliche Telefonanlage in der Notfallpraxis nicht vorhanden sei. Es sei auch nicht seine Aufgabe, die technischen Voraussetzungen für die Teilnahme am Notfalldienst zu schaffen. Auf die Fallzahlen käme es nicht an, da er seine Tätigkeit nur mit technischen Hilfsmitteln weiterführen könne. Auch die Organisation einer ständigen Vertretung könne ihm nicht zugemutet werden, da er hierdurch wegen seiner Schwerbehinderung finanziell belastet würde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da der Schwerpunkt des Klägers im Bereich der Psychotherapie liege, sei er nicht mit den nervenärztlichen Praxen, sondern mit psychotherapeutisch tätigen Kollegen zu vergleichen. Er weise in den Quartalen 2/04 bis 1/06 Fallzahlen von 70, 52, 61, 60, 49, 62, 69 gegenüber dem Durchschnitt seiner Fachgruppe von 35, 36, 36, 36, 36, 37 und 38 auf. Die Ablehnung des Befreiungsantrages sei zu Recht erfolgt, da die Praxis des Klägers auf Grund des Praxisschwerpunktes im Vergleich mit der Fachgruppe der Psychotherapeuten bei den gesetzlich Krankenversicherten durchgängig überdurchschnittlich hohe Fallzahlen aufweise. Eine Krankheit komme aber nur als Befreiungstatbestand in Betracht, wenn die Erkrankung mit einem entsprechenden Rückgang der vertragsärztlichen Praxis verbunden sei. Da die vertragsärztliche Tätigkeit systemimmanent auch die Pflicht zur Teilnahme am Notfalldienst beinhalte, liege es in der Verantwortung des Klägers, entweder in eigener Zuständigkeit die Voraussetzungen zu seiner Teilnahme am Notfalldienst zu schaffen oder gegebenenfalls eine Dienstvertretung zu regeln.
Dagegen hat der Kläger am 21. September 2006 Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat sein Bevollmächtigter geltend gemacht, es sei mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht zu vereinbaren, dass der Kläger für die Einrichtung der Notfalldiensträumlichkeiten auf seine Kosten ein spezielles Telefon anschaffen solle. Es könne von ihm auch nicht verlangt werden, dass er seine angeschafften Geräte bei jedem Dienst extra installieren lasse. Dies gelte im speziellen vor dem Hintergrund, dass manche Geräte aus dieser Anlage heraus bei ihm nur stationär, also nicht mobil, verwendet würden. Zwar könne er die 5.000 EUR teuren Richtmikrofone und die 2.500 EUR teuren an den Hörgeräten anzubringenden spezifischen Empfänger zum Notfalldienst mitnehmen. Dies gelte aber nicht für die mit einem Verstärker auszustattende Telefonanlage bzw. eine Telefonanlage mit einer Induktionsschleife. In seiner Praxis verwende er eine Telefonanlage mit einem Telefongerätlautstärke-Verstärker. Um beidohrig hören zu können, müsse er sein Telefon auf "laut" also "mithören" stellen und aus dem der Hörmuschel zugewandten Ohr sein Hörgerät entfernen. Da die psychiatrische Notfallambulanz im Furtbachkrankenhaus nicht eine solche veraltete Analogtechnik, sondern eine digitale Anlage habe, für die es keine externen Lautstärkedimmer gäbe, könne er seine Geräte nicht mit zur Notfallpraxis nehmen. Anzuschaffen wäre also in diesem Falle für die Notfallambulanz ein spezielles digitales Telefon mit einer, bei solchen Apparaten möglichen, sogenannten Induktionsschleife. Ein solches Telefon müsse aber fest installiert werden und könne nicht von ihm zum Notfalldienst mitgebracht und jedes Mal neu installiert werden. Im Übrigen komme er tatsächlich nur auf deutlich weniger als 20 Scheine pro Quartal, da bei ihm pro Quartal 20 bis 30 Patienten zur Indikationsklärung einer Psychotherapie auftauchten und er bereits in diesen Fällen eine Sitzung als psychotherapeutische Sitzung abrechne. Unter anderem vor diesem Hintergrund seien die von der Beklagten zu Grunde gelegten Fallzahlen falsch. Es sei auch in keiner Weise belegt, dass die durchschnittlichen Fallzahlen richtig seien.
Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat darauf verwiesen, dass selbst wenn man zugunsten des Klägers die von ihm erwähnten 20 bis 30 Scheine aus der Gesamtbetrachtung herausrechnen würde, er mit seinen dann noch verbleibenden Fallzahlen immer noch im Durchschnitt der Vergleichsgruppe liege. Damit nehme er im uneingeschränkten Maße an der vertragsärztlichen Versorgung mit seiner Praxis teil. Insoweit sei es Sache des Klägers, entweder selbst die Voraussetzungen für seine Teilnahme am psychiatrischen Notfalldienst zu schaffen oder aber eigenverantwortlich eine Vertretung für seine Dienste zu organisieren. Es sei ihm außerdem zuzumuten, die technischen Voraussetzungen für die Teilnahme am Notfalldienst zu schaffen. Da die Kosten der Anschaffung eines Telefonverstärkers deutlich unter den Kosten für eine ständige persönliche Vertretung im Notfalldienst lägen, sei dem Kläger auch die Anschaffung eines Telefonverstärkers zumutbar.
Das SG hat die Stellungnahmen des Verwaltungsleiters des Furtbachkrankenhauses vom 19. Juli 2007 und der A. GmbH & Co. KG vom 2. August 2007 eingeholt. Der Verwaltungsleiter des Furtbachkrankenhauses hat darin mitgeteilt, man verwende eine digitale Telefonanlage der Firma A. GmbH & Co. KG. Die Firma A. GmbH & Co. KG hat ferner mitgeteilt, Lieferung und Montage eines digitalen Telefons mit speziellem Hörer mit Magnetfelderzeuger koste 276,79 EUR.
Mit Urteil vom 31. Januar 2008 hat das SG die Bescheide vom 19. Mai 2005 und 18. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger von der Teilnahme am psychiatrischen Notfalldienst Stuttgart zu befreien. Das SG hat hierbei die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ihrer aus § 75 SGB V entspringenden Pflicht auch zur Sicherstellung eines Notfalldienstes durch Erlass ihrer Notfalldienstverordnung (NFDO) nachgekommen. Auch die darin enthaltenen Befreiungstatbestände in § 4 Nr. 2 Satz 2 a NFDO, § 4 Nr. 2 Satz 2 b sowie § 4 Nr. 6 seien nicht zu beanstanden unter Berücksichtigung der Rechtssprechung des BSG (mit Hinweis auf Urteil vom 11. Juni 1986 - 6 RKA 5/85 -). Die Beklagte habe aber ihr Satzungsrecht in zu beanstandender Weise angewandt, indem sie nur den Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 2 Satz 2 b NFDO geprüft und mit dem Argument, die Erkrankung des Klägers sei nicht mit einem entsprechenden Rückgang der Vertragsarztpraxis verbunden, abgelehnt habe. Die Beklagte habe hierbei nicht beachtet, dass der Kläger seine Praxis trotz seiner Erkrankung nur unter Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel, hier in Form der mit einem Verstärker versehenen analogen Telefonanlage, seiner Hörgeräte und der Richtmikrofone betreiben könne. Die überdurchschnittlichen bzw. jedenfalls durchschnittlichen Fallzahlen könnten dem Kläger in diesem Zusammenhang daher nicht entgegen gehalten werden. Zu Unrecht nicht geprüft habe die Beklagte den Befreiungstatbestand nach § 4 Nr. 2 Satz 2 a NFDO. Danach reiche es aus, dass eine körperliche Behinderung vorliege, die auch außerhalb des Notfalldienstes zu einer Beeinträchtigung der ärztlichen Tätigkeit führe. Unzweifelhaft handele es sich bei der Schwerhörigkeit des Klägers ausweislich des Attestes von Dr. G. vom 20. Juni 2005 um eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und damit um eine solche im Sinne von § 4 Nr. 2 Satz 2 a NFDO. Hier sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger mit Hilfe seiner entsprechenden Verstärker, Hörgeräte und Richtmikrofone in seiner Praxis in der Lage sei, seine Patienten ausreichend gut zu verstehen, er jedoch nicht in der Lage sei, auch in der Notfallpraxis seine Behinderung auszugleichen. Zwar könne er seine Hörgeräte und die Richtmikrofone zum Notfalldienst mitnehmen, nicht aber seine Telefonanlage. Erforderlich sei beispielsweise die von der Fa. A. GmbH & Co. KG angebotene Verstärkung der sich in der Notfallpraxis befindlichen digitalen Telefonanlage. Nach Ansicht des SG sei der Vertragsarzt zwar an der Teilnahme zum Notfalldienst, nicht aber zur Schaffung der Rahmenbedingungen für die Durchführung desselben verpflichtet. Die Kosten besonderer Notfalldiensteinrichtungen seien vielmehr nach § 10 Nr. 2 NFDO durch eine entsprechende Umlage zu finanzieren. Da dies bislang nicht geschehen sei, greife jedenfalls der Befreiungstatbestand nach § 4 Nr. 2 Satz 2 a NFDO. Der Kläger könne auch nicht auf die Möglichkeit, der Bestellung eines Vertreters verwiesen werden. Zwar habe die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Vertragsarzt nach § 4 Nr. 6 Satz 4 NFDO aufgegeben werden könne, einen Vertreter für den Notfalldienst zu bestellen. Voraussetzung für diese Ermessensentscheidung sei aber, dass ein solches Vorgehen erforderlich sei. Die Bestellung eines Vertreters setzte also die Verpflichtung zur Teilnahme zum Notfalldienst auch im konkreten Einzelfall voraus, da ansonsten jede Befreiung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Vertreterbestellung verweigert werden könnte (Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 3. November 1998 - 9 S 3399/96, LSG NRW Urteil vom 8. Dezember 2004 - L 10 KA 5/04 -). Hierzu habe die Beklagte nichts vorgetragen. Die Beklagte habe auch nichts dazu vorgetragen, dass die Befreiung des Klägers nach § 4 Nr. 6 Satz 1 NFDO zu einer unzumutbaren Belastung der übrigen Ärzte im Notfalldienst führen oder die Befreiung des Klägers nach § 4 Nr. 6 NFDO der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung entgegenstehen würde. Letztlich komme nach den gesamten Umständen des Falles somit als einzige rechtmäßige Ermessensentscheidung im Sinne einer Ermessungsreduzierung auf Null nur die Erteilung der Befreiung in Betracht.
Die Beklagte hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 11. Februar 2008 zugestellte Urteil am 11. März 2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, dass zunächst zum 1. Januar 2008 die "alte" Notfalldienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordwürttemberg vom 1. Juli 1999 abgelöst und nunmehr die Notfalldienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg in Kraft getreten sei. Des Weiteren habe das BSG mit Urteil vom 6. Februar 2008 eine grundlegende Entscheidung zum Ausschluss bzw. zur Befreiung von Vertragsärzten vom Notfalldienst getroffen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Ablehnung der Befreiung vom Notfalldienst zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung auf Grundlage der damaligen Notfalldienstordnung rechtmäßig gewesen sei. Jedenfalls könne aber die begehrte Befreiung nach der derzeit gültigen Rechtslage nicht erfolgen. Hierauf komme es an, da es sich hier (auch) um ein Verpflichtungsbegehren handele, bei dem die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz maßgeblich sei. Gem. § 6 Abs. 3 der seit 1. Januar 2008 geltenden Notfalldienstordnung sei eine Befreiung von der Teilnahme am Notfalldienst auf Antrag bei schwerwiegenden gesundheitlichen Gründen, bei erheblicher körperlicher Beeinträchtigung oder sofern aus anderen zwingenden Gründen eine Teilnahme am Notfalldienst nicht zumutbar oder vertretbar sei, möglich. Diese Befreiungstatbestände würden dem Entscheidungsträger Ermessen einräumen, das selbstverständlich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG auszuüben sei. Das BSG habe nun in seinem Urteil vom 6. Februar 2008 nochmals ausgeführt, dass die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Vertragsarztes zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst aus seinem Zulassungsstatus folge. Dieser auf seinen Antrag hin verliehene Status erfordere es, in zeitlicher Hinsicht umfassend - das bedeute auch in den Zeiten außerhalb der Sprechstunde - für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Der einzelne Arzt werde dadurch, dass die gesamte Ärzteschaft einen Notfalldienst organisiere, von seiner andernfalls bestehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet. Als Gegenleistung hierfür müsse jeder Vertragsarzt den Notfalldienst als gemeinsame Aufgabe aller Ärzte gleichwertig mittragen. Diese bundesrechtliche Verpflichtung zu einem gleichwertigen Mittragen der Belastungen in Folge des ärztlichen Notfalldienstes bestehe auch für den Fall, dass einer persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gesundheitliche Gründe entgegenstünden. Eine vollständige (ersatzlose) Befreiung komme unter dem Gesichtspunkt gleichmäßiger Belastung (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -) nur unter zusätzlichen Voraussetzungen in Frage, wenn nämlich gesundheitliche oder vergleichbare Belastungen zu einer deutlichen Einschränkung der Praxistätigkeit des Arztes führen und ihm zudem auf Grund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden könne, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen. Damit habe der aus gesundheitlichen oder vergleichbar schwerwiegenden Gründen an der persönlichen Notdienstleistung gehinderte Arzt primär einen Vertreter zur Ableistung der ihm obliegenden Notfalldienste zu stellen. Dasselbe gelte unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes darüber hinaus erst recht, wenn ein Arzt aus anderen Gründen - zum Beispiel wegen fehlender aktueller Kenntnisse und Fähigkeiten für den Notfalldienst - den Notfalldienst nicht persönlich erbringen dürfe. Eine Befreiung aus gesundheitlichen Gründen könne nach alledem nur dann in Betracht kommen, wenn in der Person des Arztes solch schwerwiegende Gründe verwirklicht seien, die seine Arbeitskraft und damit seine Fähigkeit zur Finanzierung eines Notdienst-Vertreters einschränkten. Dies sei hier offensichtlich nicht der Fall. Der Kläger könne zwar auf Grund seiner schweren körperlichen Hörbehinderung den Notfalldienst aus gesundheitlichen Gründen faktisch nicht selbst durchführen, sofern nicht technische Vorkehrungen an der Telefonanlage in der Notfallpraxis getroffen würden, die seine Hörbehinderung ausgleichen würden. Dies könne im vorliegenden Fall im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG aber nicht zu einer ersatzlosen Befreiung vom Notfalldienst führen. Dem Kläger sei es finanziell ohne weiteres möglich und zumutbar, eigenverantwortlich einen Vertreter mit der Durchführung seines Notfalldienstes zu beauftragen. Der Kläger sei praktisch ausschließlich psychotherapeutisch tätig und seine Fallzahlen würden ganz deutlich über dem Durchschnitt der Fallzahlen der vorwiegend psychotherapeutisch tätigen Fachgruppenmitglieder liegen. Selbst wenn man seinem Vortrag folge, wonach zahlreiche Fälle (20 bis 30 Patienten) nur zur Indikationsstellung einer Psychotherapie seine Praxis aufsuchen würden, sich bei diesen aber keine Psychotherapie anschließen würde, läge er mit den dann noch verbleibenden Fallzahlen immer noch im Durchschnitt der Vergleichsgruppe. Er führe außerdem im Gegensatz zu den allermeisten Psychotherapeuten noch Sprechstunden durch, was ebenfalls seine uneingeschränkte vertragsärztliche Tätigkeit belege. Die Honorarumsätze des Klägers hätten in den Quartalen 1/07, 2/07, 3/07 und 4/07 15.845,76 Euro, 12.898,78 EUR, 14.442,72 EUR bzw. 17.192,75 EUR betragen.
Im Übrigen sei die Notfalldienstordnung zwischenzeitlich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zum 1. August 2008 nochmals geändert worden und nunmehr sei in § 6 Abs 3 geregelt, dass Ärztinnen und Ärzte von der Teilnahme am Notfalldienst befreit werden könnten, wenn • sie aus gesundheitlichen oder vergleichbaren schwerwiegenden Gründen, die zu einer deutlichen Einschränkung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit führen, an der persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gehindert seien • und ihnen die Bestellung eines Vertreters aus wirtschaftlichen Gründen nicht zugemutet werden könne. Wirtschaftliche Gründe seien gegeben, wenn der Ärztin/dem Arzt auf Grund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden könne, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch ein Vertreter durchführen zu lassen. Der Kreisbeauftragte informiere sich bei der Notfalldienst-Kommission über das Vorliegen derartiger wirtschaftlicher Gründe.
Darauf bezogen verweist die Beklagte weiter darauf, dass es dem Kläger finanziell ohne weiteres möglich und zumutbar sei, eigenverantwortlich einen Vertreter mit der Durchführung seines Notfalldienstes zu beauftragen. Dies belegten seine Fallzahlen, wie auch das Honorar, das er hier zuletzt in den Quartalen 1/07 bis 4/07 erzielt habe. Dass der Kläger diese Umsätze nur erzielen könne, weil er in seiner Praxis entsprechende, seine Behinderung ausgleichende technische Vorkehrungen getroffen habe, sei hierbei ohne Belang. Fakt sei, dass er auf Grund der von ihm getroffenen Maßnahmen keine Einschränkung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit zu verzeichnen habe. Dann sei es ihm aber auch finanziell zumutbar, einen Vertreter auf seine Kosten zu bestellen. Hätte der Kläger die entsprechenden technischen Vorkehrungen nicht getroffen, dann wäre er nicht "nur" vom vertragsärztlichen Notfalldienst zu befreien. Ihm wäre vielmehr die Ausübung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit insgesamt gar nicht mehr möglich, mit der Folge, dass er sicherlich freiwillig längst auf seine Zulassung verzichtet hätte, bevor sie ihm von Amts wegen vom Zulassungsausschuss hätte entzogen werden müssen. Soweit der Kläger noch auf die Umlage abgestellt habe, sei darauf hinzuweisen, dass mit dieser die "gewöhnlichen" Kosten besonderer Einrichtungen von den im betreffenden Notfalldienstbereich an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten getragen würden, nicht aber die Kosten für die den individuellen Bedürfnissen des Einzelnen am Notfalldienst teilnehmenden Arztes angepassten besonderen technischen Vorkehrungen, auch wenn sie dem Ausgleich einer Behinderung oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen dienten. Der Vertragsarzt, der seine Behinderung nicht durch technische Mittel ausgleichen könne, sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf Grund seiner Gesamtverantwortung für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten, soweit es ihm finanziell zumutbar sei, zur Stellung eines Vertreters auf seine Kosten verpflichtet. Diesen Ärzten gegenüber würde der Kläger völlig zu Unrecht besser gestellt, könnte er ohne diese finanzielle Verpflichtung vom Notfalldienst befreit werden, nur weil seine Behinderung praktisch ausgleichbar sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 NFDO könne auf Grund schwerwiegend gesundheitlicher Gründe oder auf Grund erheblicher körperlicher Beeinträchtigungen eine Befreiung von der Teilnahme am Notfalldienst erteilt werden. Die beim Kläger unstreitig vorliegende erhebliche Schwerhörigkeit sei hierunter einzuordnen. Auch das werde von der Beklagten nicht bestritten. Soweit sie auf das Urteil des BSG vom 6. Februar 2008 abstelle, werde darauf verwiesen, dass diesem Urteil ein anderer Sachverhalt zu Grunde liege. Vorliegend gehe es im Wesentlichen darum, wer die technische Einrichtung der Notfallpraxis schaffen müsse und ob es dem einzelnen Arzt, wenn die Einrichtungen nicht vorhanden seien, zuzumuten sei, dann einen kostenpflichtigen Vertreter zu bestellen. Hier müsse im Rahmen des Ermessens berücksichtigt werden, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers zu einer erheblichen Einschränkung seiner Praxistätigkeit führen würden, wenn er nicht spezielle technische Hilfsmittel verwenden würde. Diese machten ihm eine Verständigung mit seinen Patienten sowohl am Telefon als auch persönlich überhaupt erst möglich. Der Kläger wäre im Stande am ärztlichen Notfalldienst teilzunehmen, wenn ihm seitens der Beklagten die technischen Hilfsmittel gestellt würden. Diese Rahmenbedingungen zu schaffen sei allerdings nicht Aufgabe des Klägers, sondern der Beklagten. Dies ergebe sich sowohl aus der "alten", als auch aus der " neuen" NFDO, nämlich aus § 10 Nr. 2 NFDO alter Fassung bzw. § 8 Abs. 5 NFD neuer Fassung. Hätte der Kläger in seiner Praxis nicht die technischen Hilfsmittel zur Verfügung, so könnte ihm auf Grund der dann erheblich geringeren Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden, einen von ihm zu bezahlenden Vertreter zu bestellen. Hieraus ergebe sich, dass der Kläger ohne die technischen Rahmenbedingungen in seiner Praxis auf Grund der bestehenden Regelungen vom Notdienst zu befreien wäre, da zu berücksichtigen sei, dass allein der Umstand der technischen Ausstattung nicht zur einer Beeinträchtigung seiner ärztlichen Tätigkeit führe. Es seien auch keine Gründe ersichtlich, die den Kläger verpflichten sollten, die technischen Einrichtungen selbst zu schaffen. Eine Verpflichtung zur eigenverantwortlichen Bestellung eines Vertreters würde nach alledem nicht mehr durch die gleichwertige Heranziehung aller Vertragsärzte unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Belastung gem. Art. 3 GG zu begründen sein. Vielmehr würde eine solche Verpflichtung eine Schlechterstellung behinderter Menschen darstellen und gerade nicht mit der Rechtsprechung des BSG im Einklang stehen. Es sei nicht einzusehen, dass der Kläger auf Grund seiner Behinderung und seinem Willen, den Notfalldienst zu verrichten, schlechter gestellt werden solle als andere. Andere Ärzte müssten zum Notfalldienst auch keine Gerätschaften auf eigene Kosten beschaffen. Solange also die technischen Rahmenbedingungen, die unzweifelhaft für den Kläger zur Verrichtung des Notdienstes erforderlich seien, noch nicht geschaffen worden seien, müsse der Kläger vom Notdienst befreit werden und dies, ohne einen Vertreter stellen zu müssen. Soweit die Beklagte noch vortrage, dass der Kläger, wenn er entsprechende technische Vorkehrungen in seiner Praxis nicht getroffen hätte, seine ärztliche Tätigkeit im Ganzen einstellen müsse, da er seine Patienten andernfalls nicht betreuen könnte, werde darauf hingewiesen, dass er für seine Praxis persönlich und allein zuständig sei. Der Notdienst allerdings diene der Entlastung aller Vertragsärzte, weshalb auch eine Finanzierung über eine Umlage gerechtfertigt sei. Die Beklagte mache weiter geltend, dass "das finanzielle Aufkommen für individuelle, die eigene Behinderung ausgleichende Maßnahmen" vom jeweiligen Behinderten selbst zu tragen wäre. Eine Behinderung sei aber stets eine individuelle Angelegenheit, weshalb demnach eigentlich überhaupt keine Erstattung durch Umlagen für Einrichtungen, die zumindest auch behinderten Ärzten zu Gute kämen, erfolgen dürften. Gleich darauf werde aber von Seiten der Beklagten die Schaffung eines behindertengerechten Zugangs zur Notfallpraxis als umlagefähig angesehen, da ein solcher Zugang auch potentiellen Patienten zu Gute käme. Eine Telefonanlage, die es schwerhörigen Menschen ermögliche, normal zu kommunizieren, komme aber ebenfalls potenziellen Patienten zu Gute. Dies beispielsweise, wenn ein nichtschwerhöriger Arzt Notdienst tue, er aber einen schwerhörigen Patienten zu betreuen habe. In diesem Fall wäre ein ärztliches Tätigwerden für einen solchen Patienten ohne die technische Vorrichtung nicht möglich, da der betreffende Patient dann ebenfalls das Digitaltelefon mit speziellem Hörer mit Magnetfelderzeuger nutzen könne, indem der Arzt den Patienten auf diesem Telefon anrufe. Einem im Rollstuhl fahrenden Arzt werde die Ausübung des Notdienstes mit Hilfe des besonderen Zuganges gewährt und die Kosten würden umgelegt. Einem schwerhörigen Arzt werde die Ausübung des Notdienstes jedoch verwehrt, da sein Hilfsmittel eine technische Anlage sei, die im Gegensatz zu behindertengerechten Zugängen nicht bereits fast überall vorhanden und damit akzeptiert sei. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass der Kläger gar nicht selber in der Lage sei, die entsprechenden technischen Voraussetzungen zu schaffen, da er schlicht nicht bei jedem Notfalldienst die Telefonanlage des Furtbachkrankenhauses neu einrichten könne und ein hierzu notwendiger Fachmann wiederum gem. § 8 Abs. 5 Satz 1 NFDO als Kosten besonderer Einrichtungen von allen Vertragsärzten zu tragen wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis 31. März 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor. Die Klage betrifft keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, sondern vielmehr die Befreiung vom Notfalldienst.
II.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Notfalldienst.
Das Begehren des Klägers ist auf die Aufhebung der Ablehnung des Antrages auf Befreiung und auf Verpflichtung der Beklagten gerichtet, ihn dauerhaft vom Notfalldienst zu befreien. Es liegt damit eine Verpflichtungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG (im Sinne einer Bescheidungsklage) vor. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Versagung hinsichtlich der Befreiung und zu der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Notfalldienst gegeben sind, ist damit der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG 9.Auflage, § 54 Rndnr. 34).
Gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Die Sicherstellung umfasst gemäß § 75 Abs. 1 S. 2 SGB V auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst) nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit landesrechtlich anderes bestimmt ist. Im Hinblick darauf ordnen sowohl das allgemeine ärztliche Berufsrecht als auch das Vertragsarztrecht deshalb an, dass zu diesem Zweck ein Notfalldienst einzurichten ist, an dem die niedergelassenen Ärzte teilzunehmen haben (vgl. § 30 Abs. 3 S. 2 des Baden-Württembergischen Kammergesetzes in der Neufassung vom 16. März 1995 - GBl BW 1995 S. 313 - i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Kammergesetzes vom 25. November 1999 - GBl BW 1999 S. 453 - i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 1 der Berufsordnung der Landesärztekammer 1998).
Ein Vertragsarzt übernimmt als Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung mit seiner Zulassung die Verpflichtung, in zeitlicher Hinsicht umfassend für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Das umfasst auch die Zeiten außerhalb der Sprechstunde. Der einzelne Arzt wird dadurch, dass die gesamte Ärzteschaft einen Notfalldienst organisiert, von der täglichen Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet, muss aber dafür den Notfalldienst gleichwertig mittragen, solange er in vollem Umfang vertragsärztlich tätig ist (siehe hierzu zuletzt Urteile des BSG vom 6. September 2006 - B 6 KA 43/05 R - in SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 und vom 6. Februar 2008 - B 6 KA 13/06 R - in Juris). Die Kassenärztliche Vereinigung kann - gegebenenfalls zusammen mit der Ärztekammer (dazu siehe näher BSG SozR 3-2500, § 75 Nr. 2) - Regelungen in Satzungsform über die Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in den sprechstundenfreien Zeiten (Not- bzw. Bereitschaftsdienst) erlassen (siehe BSG SozR 4-2500 § 75 Nr. 5). Von dieser Kompetenz hat die Beklagte durch Erlass der Notfalldienstordnung (NFDO) Gebrauch gemacht, die zuletzt zum 1. Januar 2008 bzw. 1. August 2008 geändert worden ist.
Die nunmehr für den Bezirk der Beklagten maßgebliche, seit 1. August 2008 geltende Fassung der NFDO trifft folgende Regelungen:
§ 1 Grundsätze
(1) Der Notfalldienst hat die Aufgabe, Notfälle zu versorgen und akute Erkrankungen zu behandeln (Satz 1). Die Einrichtung eines Notfalldienstes entbindet den behandelnden Arzt nicht von seiner Verpflichtung, für die Betreuung seiner Patienten zu sorgen, wie es deren Krankheitszustand erfordert (Satz 2).
§ 2 Organisation:
(1) Die KV BW bildet Notfalldienstbereiche (Satz 1)
(2) Die Ärzte des jeweiligen Notfalldienstbereiches bestimmen den örtlichen Notfalldienstbeauftragten als Koordinator, der dem Kreisbeauftragten mitzuteilen ist (Satz 1).
(3) Auf Vorschlag der örtlichen Notfalldienstbeauftragten eines Landkreises benennt die Notfalldienst-Kommission einen Kreisbeauftragten für die ganz oder überwiegend im Kreis gelegenen Notfalldienstbereiche (Satz 1). Dem Kreisbeauftragten obliegen insbesondere (u. a.) - die Entscheidung von Anträgen auf Befreiung von der Teilnahme am Notfalldienst, außer in den Fällen nach § 6 Abs. 7
§ 4 Teilnahme:
(1) Niedergelassene Ärzte haben grundsätzlich am Notfalldienst teilzunehmen (Satz 1).
(6) Werden gebietsärztliche Notfalldienste eingerichtet, sind die dem jeweiligen Notfalldienst zuzuordnenden Ärzte dort zur Teilnahme verpflichtet (Satz 1)
§ 5 Vertretung
(1) Der zum Notfalldienst eingeteilte Arzt kann sich von einem anderen approbierten Arzt vertreten lassen (Satz 1). Er bleibt dafür verantwortlich, dass der vertretende Arzt den Dienst ordnungsgemäß versieht (Satz 2). Im gebietsärztlichen Notfalldienst kann eine Vertretung nur durch einen Arzt mit der gleichen Gebietsbezeichnung erfolgen (Satz 3).
§ 6 Befreiung/Ausschluss
(1) Eine Befreiung von der Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst erfolgt nur, wenn es die örtlichen Verhältnisse gestatten und die Sicherstellung des Notfalldienstes durch die Befreiung nicht gefährdet wird.
(2) Ärztinnen sind auf Antrag ganz oder teilweise von der Teilnahme am Notfalldienst ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft und bis zu acht Wochen nach der Entbindung zu befreien (Satz 1).
(3) Abgesehen von den Fällen des Absatzes 2 können Ärztinnen und Ärzte von der Teilnahme am Notfalldienst befreit werden, wenn - sie aus gesundheitlichen oder vergleichbar schwerwiegenden Gründen, die zu einer deutlichen Einschränkung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit führen, an der persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gehindert sind und - ihnen die Bestellung eines Vertreters aus wirtschaftlichen Gründen nicht zugemutet werden kann. Wirtschaftliche Gründe sind gegeben, wenn der Ärztin/dem Arzt auf Grund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter durchführen zu lassen. Der Kreisbeauftragte informiert sich bei der Notfalldienstkommission über das Vorliegen derartiger wirtschaftlicher Gründe. Das Erreichen eines bestimmten Lebensalters belegärztliche oder berufspolitische Tätigkeiten oder fehlende aktuelle Kenntnisse und Fähigkeiten für die Durchführung des Notfalldienstes sind keine schwerwiegenden Gründe im Sinne des Satzes 1 (Satz 2).
(4) Der Antrag auf Befreiung vom Notfalldienst ist schriftlich an den Kreisbeauftragten zu richten (Satz 1). Der Antragsteller kann die Begründung des Antrages direkt der Notfalldienst - Kommission vorlegen (zum Beispiel aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes) (Satz 2).
(6) In begründeten Fällen kann der Kreisbeauftragte einen Befreiungsantrag der Notfalldienst-Kommission zur Entscheidung vorlegen (Satz 1). Im Fall des Absatz 4 Satz 2 hat der Kreisbeauftragte den Befreiungsantrag der Notfalldienst-Kommission vorzulegen (Satz 2).
(8) Die Notfalldienst-Kommission entscheidet über den Ausschluss von der persönlichen Durchführung des Notfalldienstes, wenn Gründe vorliegen, die den betreffenden Arzt für die Durchführung des Notfalldienstes ungeeignet erscheinen lassen (Satz 1). In diesen Fällen ist der betreffende Arzt verpflichtet, auf seine Kosten einen geeigneten Vertreter zu bestellen (Satz 2)
§ 8 Besondere Einrichtungen/finanzielle Förderungen
(1) Über die Einführung von besonderen Einrichtungen im allgemeinen und gebietsärztlichen Notfalldienst, insbesondere von zentralen Notfallpraxen, entscheidet die örtlich zuständige Notfalldienst-Kommission vorbehaltlich der Zustimmung durch den Vorstand der KV BW.
(5) Die Kosten besonderer Einrichtungen werden grundsätzlich von den im betreffenden Notfalldienstbereich an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen, die dem jeweiligen Dienst zuzuordnen sind, getragen (Satz 1). Die Einzelheiten der Umlageerhebung bedürfen der Zustimmung durch den Vorstand der KV BW, sofern die Umlageerhebung über Abzüge von der kalendervierteljährlichen Gesamtabrechnung des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes erfolgt (Satz 2).
Danach ist ganz eindeutig eine Befreiung des Klägers vom Notfalldienst nur möglich, wenn er auf Grund seiner hier unstreitigen Behinderung (Schwerhörigkeit) an der persönlichen Teilnahme des Notfalldienstes gehindert ist, die Behinderung weiter auch zu einer deutlichen Einschränkung der vertragsärztlichen Tätigkeit, letztlich dies wiederum zu sinkenden Einnahmen führt und die Bestellung eines Vertreters daher wirtschaftlich dem Kläger unzumutbar ist.
Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis schon aus der bis zum 31. Dezember 2007 noch geltenden Fassung der NFDO der damaligen KV Nordwürttemberg in der Fassung vom 1. Juli 1999 i. d. F. des Beschlusses der Vertreterversammlung vom 8. Dezember 2004, die zunächst gem. § 2 der Organisationsregelung zur Zusammenlegung der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordbaden, Nordwürttemberg, Südbaden und Südwürttemberg zur Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg vom 18. Februar 2004 auch nach dem 1. Januar 2005 weitergalt. Die Regelungen zur Befreiung vom Notfalldienst lauteten wie folgt:
§ 4 Befreiung vom NFD (2) Eine Befreiung von der Teilnahme am Notfalldienst kann aus schwerwiegenden Gründen ausgesprochen werden (Satz 1). Befreiungstatbestände sind insbesondere: a) Körperliche Behinderungen, so weit diese auch außerhalb des NFD zu einer Beeinträchtigung der ärztlichen Tätigkeit führen, b) Krankheit, wobei eine Befreiung aus Krankheitsgründen längerfristig nur erfolgen kann, wenn die Erkrankung mit einem entsprechenden Rückgang der Vertragspraxis verbunden ist und kein angestellter Arzt, Assistent oder Vertreter beschäftigt wird und kein Arzt im Jobsharing tätig ist. c) ...
(6) Die Befreiung vom NFD darf nicht zu einer unzumutbaren Belastung für die übrigen Ärzte im NFD führen (Satz 1). Sie ist dann ausgeschlossen, wenn die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung entgegensteht (Satz 2). Vor einer Befreiung vom NFD ist zu prüfen, ob es dem antragstellenden Arzt zuzumuten ist, einen eingeschränkten Dienst zu übernehmen (Satz 3). Wenn es erforderlich ist, können die Beauftragten dem Antragsteller auch aufgeben, einen Vertreter für die Teilnahme am Notfalldienst zu bestellen (Satz 4).
Das heißt aber, zwingende Voraussetzung war und ist, dass letztlich die körperliche Behinderung auch außerhalb des Notfalldienstes zu einer Beeinträchtigung der ärztlichen Tätigkeit führt (§ 4 Abs.2 Nr. a NFDO aF bzw. § 6 Abs.3 NFDO nF) bzw. die Krankheit (hier die Schwerhörigkeit) mit einem Rückgang der Vertragspraxis verbunden ist (§ 4 Abs.2 Nr. b aF bzw. § 6 Abs.3 nF). Beim Kläger liegt aber ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Fall- und Umsatzzahlen gerade kein Rückgang der Vertragspraxis unter den Durchschnitt der Fachgruppe vor. Der Kläger liegt vielmehr sowohl hinsichtlich der Fallzahlen (sofern man die 20 bis 30 Fälle, bei denen es sich nach seinen Angaben nur um einmalige Gesprächstermine handele außen vor lässt) ebenso wie auch hinsichtlich des Umsatzes auf dem Niveau der ihm hier zuzuordnenden Gruppe der Psychotherapeuten. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen bzw. die Behinderung (Schwerhörigkeit) führen also beim Kläger schon gar nicht zu einer deutlichen Einschränkung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Dass der Kläger dieses Niveau "nur" dank der in seiner Praxis installierten Hilfsmittel (Einrichtungen am Telefon, Mikrofonanlage) hält, ändert daran nichts. Im Gegenteil, der Kläger erklärt selbst, dass er bei entsprechenden Hilfsmitteln auch in der Lage sei, den Notfalldienst auszuüben. Mit anderen Worten: ein Vertragsarzt, der trotz bei ihm bestehender deutlicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen noch in der Lage ist, in vollem Umfang vertragsärztlich tätig zu sein, ist auch nicht vom Notfalldienst zu befreien. Ihm ist es vielmehr gegebenenfalls, sofern er den Notfalldienst selbst nicht ausführen kann oder nicht ausführen will, zumutbar, einen Vertreter auf seine Kosten zu bestellen. Das BSG hat in seinen Urteilen vom 6. September 2006 (SozR 4-2500 § 75 Nr. 5) und vom 6. Februar 2008 (B 6 KA 13/06 R in Juris - am Beispiel eines Pathologen, der eine Befreiung unter dem Hinweis auf seine Spezialisierung und fehlende Kenntnisse für einen allgemeinen Notdienst begehrte) nochmals ausdrücklich hierzu klargestellt:
Dieses Auslegungsergebnis ist mit Bundesrecht vereinbar. Der Senat hat hierzu zuletzt im Urteil vom 6.9.2006 (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr. 5) bekräftigt, dass die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Vertragsarztes zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst aus seinem Zulassungsstatus folgt. Dieser auf seinen Antrag hin verliehene Status erfordert es, in zeitlicher Hinsicht umfassend - d.h. auch in den Zeiten außerhalb der Sprechstunde - für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Der einzelne Arzt wird mithin dadurch, dass die gesamte Ärzteschaft einen Notfalldienst organisiert, von seiner andernfalls bestehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet. Als Gegenleistung hierfür muss jeder Vertragsarzt den Notfalldienst als gemeinsame Aufgabe aller Ärzte gleichwertig mittragen (vgl. BSG, aaO, RdNr. 10).
Die bundesrechtliche Verpflichtung aller Vertragsärzte zu einem gleichwertigen Mittragen der Belastungen infolge des ärztlichen Notfalldienstes besteht nach der Rechtsprechung des Senats auch für den Fall, dass einer persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gesundheitliche Gründe entgegenstehen. Eine vollständige (ersatzlose) Befreiung kommt unter dem Gesichtspunkt gleichmäßiger Belastung (Art 3 Abs 1 GG) nur unter zusätzlichen Voraussetzungen in Frage, wenn nämlich gesundheitliche oder vergleichbare Belastungen zu einer deutlichen Einschränkung der Praxistätigkeit des Arztes führen und ihm zudem aufgrund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 11.6.1986 - 6 RKa 5/85 = MedR 1987, 122, 124 - insoweit unter Modifizierung der früheren Rechtsprechung, vgl. BSGE 33, 165, 166 f = SozR Nr. 3 zu BMV-Ärzte; BSGE 44, 253, 257 = SozR 2200 § 368n Nr. 12 S 34). Hat mithin der aus gesundheitlichen oder vergleichbar schwerwiegenden Gründen an der persönlichen Notdienstleistung gehinderte Arzt primär einen Vertreter zur Ableistung der ihm obliegenden Notfalldienste zu stellen, so muss unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots dasselbe erst recht gelten, wenn ein Arzt aus anderen Gründen - wie z.B. wegen fehlender aktueller Kenntnisse und Fähigkeiten für den Notdienst - den Notfalldienst nicht persönlich erbringen darf. Verfügt die KÄV den Ausschluss eines Arztes vom Notfalldienst wegen solcher Ungeeignetheit, so enthält dies lediglich das Verbot, den Notfalldienst persönlich zu erbringen. Seine Pflicht zum Mittragen der Belastungen des Notfalldienstes bleibt davon unberührt; deshalb muss er auf eigene Kosten einen geeigneten Vertreter für die Durchführung der ihm obliegenden Notdienste stellen.
Mit anderen Worten: Schon die auf Grund der alten Fassung (1. Juli 1999) erfolgte Ablehnung der vom Kläger beantragten Befreiung ist entgegen der Auffassung des SG rechtmäßig, da - wenngleich im Text noch nicht als Kriterium aufgeführt - auf Grund der schon seit langem ständigem Rechtsprechung des BSG (so schon BSG im Urteil vom 11. Juni 1986 - 6 RKA 5/85 - in MedR 1987, 122-124) eine Befreiung auf Grund körperlicher Behinderungen bzw. Erkrankungen nur in Betracht kommt, wenn zum Einen die Praxistätigkeit und damit verbunden der Umsatz (und Ertrag) auch zurückgegangen sind und deshalb zum Anderen die Bestellung etwa eines Vertreters wirtschaftlich (nicht) mehr zumutbar ist. Schon im Urteil vom 11. Juni 1986 hat das BSG ausdrücklich dazu ausgeführt:
Vielmehr lässt sich mit dem übergeordneten Recht vereinbaren, die Freistellung vom Notfallvertretungsdienst (NVD) zusätzlich von beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Arztes, insbesondere von seinem Honorarumsatz abhängig zu machen. Das Kassenarztrecht überträgt die ärztliche Versorgung der Versicherten denjenigen freiberuflich tätigen Ärzten, die dazu bereit sind. Mit der auf ihren Antrag hin ausgesprochenen Zulassung übernehmen die Ärzte die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung (§§ 368, 368a, 368k, 368n RVO). Zutreffend ist in den Vorinstanzen darauf hingewiesen worden, dass die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung nicht auf gewisse Zeiträume (z.B. Sprechstunden, Werktage) beschränkt ist, sondern auch in zeitlicher Hinsicht umfassend sein muss ("rund um die Uhr"). Die Erfüllung dieser Aufgabe macht es, wenn nicht anderweitig vorgesorgt, erforderlich, für bestimmte Zeiten (insbesondere für die Wochenenden) einen NVD zu organisieren (§ 368 Abs 3 RVO). Da es sich um eine gemeinsame Aufgabe aller Kassenärzte handelt, sind auch alle Kassenärzte zur Mitwirkung heranzuziehen, und zwar in einer alle gleichmäßig belastenden Weise. Persönliche Verhältnisse des einzelnen Arztes bleiben dabei grundsätzlich unberücksichtigt. Ein Kassenarzt hat den NVD, der für ihn auch eine Entlastung darstellt, zumindest solange gleichwertig mitzutragen, wie er in vollem Umfange kassenärztlich tätig ist. Es ist nicht geboten, einzelne Kassenärzte zu Lasten ihrer Kollegen von kassenärztlichen Pflichten freizustellen, wenn sie im übrigen ihrer beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen, also die wirtschaftlichen Möglichkeiten des freien Berufes voll nutzen und deshalb wirtschaftlich nicht schlechter, eventuell sogar besser gestellt sind als ihre Kollegen, auf deren Kosten sie die Freistellung begehren. Es ist daher mit den Grundsätzen des Kassenarztrechts vereinbar, wenn die Freistellung von der gemeinsamen Aufgabe des NVD nicht allein von den gesundheitlichen Verhältnissen des Kassenarztes, sondern auch davon abhängig gemacht wird, ob die gesundheitlichen Verhältnisse sich nachteilig auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Arztes auswirken, z.B. dass sie zu einer deutlichen Einschränkung der Praxisausübung geführt haben (vgl. § 3 Ziffer 2 der Notfalldienstordnung der KÄV Nordbaden) oder wie im Bereich der Beklagten dem Kassenarzt aufgrund seiner Einkommensverhältnisse (des Honorarumsatzes) nicht mehr zugemutet werden kann, den NVD auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen.
Dem Kläger ist es vor diesem Hintergrund also zumutbar gegebenenfalls jeweils einen Vertreter auf seine Kosten zu bestellen, sofern er sich nicht in der Lage sieht bzw. nicht willens ist, den Notfalldienst selbst auszuüben. Soweit letztlich das SG zwar grundsätzlich auch von einer Pflicht des Klägers zur Teilnahme am Notfalldienst ausgeht, konkret hier aber die Auffassung vertritt, der Kläger sei solange zu befreien, bis die entsprechenden behindertengerechten Einrichtungen für ihn in der Notfallpraxis von der Beklagten (bzw. Ärzteschaft) geschaffen worden seien, kann der Senat dem nicht folgen. Denn bei der Frage, wer gegebenenfalls die Kosten für eine (notwendige) behindertengerechte Ausstattung der Notfallpraxis zu tragen hat, handelt es sich um eine von dem hier streitigen Punkt der Befreiung vom Notfalldienst zu trennende Frage. Ob gegebenenfalls und inwieweit diese Kosten für die Einrichtung eines zusätzlichen behindertengerechten Telefons auch als Kosten einer gemeinsamen besonderen Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 5 NFDO anzusehen und gegebenenfalls umzulegen wären, hat der Senat hier gerade nicht zu entscheiden. Hierzu fehlt es bislang schon an einer Verwaltungsentscheidung der zuständigen Gremien. Sollte der Kläger nach wie vor der Auffassung sein, die Kosten einer entsprechenden Einrichtung der Telefonanlage seien von der Ärzteschaft insgesamt zu tragen, bleibt es ihm unbenommen, einen entsprechenden Antrag zu stellen, worüber dann die hierfür zuständigen Gremien zu entscheiden haben werden und gegebenenfalls bei Vorliegen einer entsprechenden Verwaltungsentscheidung dann auch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Entscheidung berufen wären.
Zusammenfassend bleibt damit festzustellen, dass unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des BSG entgegen der Auffassung des SG die von der Beklagten getroffene Entscheidung, nämlich die Ablehnung der beantragten Befreiung vom Notfalldienst, nicht zu beanstanden ist. Denn beim Kläger liegen zwar gesundheitliche Beeinträchtigungen vor, diese führen aber zum Einen nicht zu einer Einschränkung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit und deshalb ist es zum Anderen dem Kläger wirtschaftlich zumutbar einen Vertreter zu bestellen, sofern er sich außer Stande sieht den Notfalldienst selbst zu leisten. Das heißt, ob im übrigen gegen eine Befreiung sprechende Ausschlussgründe nach § 4 Abs. 6 Satz 1, 2 und 4 NFDO aF bzw. § 6 Abs. 1 nF (unzumutbare Belastung für die übrigen Ärzte, Sicherstellung der ärztlichen Versorgung) daneben noch im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu berücksichtigen gewesen wären, musste hier nicht mehr geprüft werden, nachdem schon kein Befreiungstatbestand erfüllt ist.
Aus diesen Gründen ist daher auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt. Im Streit steht hier die Befreiung vom Notfalldienst. Mangels weitergehender Anhaltspunkte ist hier dann vom Regelstreitwert auszugehen.
Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Befreiung vom ärztlichen Notfalldienst im Streit.
Der Kläger (geboren 15. Februar 1947) ist als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychotherapeutische Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Er beantragte am 27. Juni 2005 seine Befreiung vom Bereitschaftsdienst in der psychiatrischen Notfallambulanz am Furtbachkrankenhaus. Zur Begründung führte er aus, auf Grund einer seit Jahren leicht einsetzenden und inzwischen recht schwer ausgeprägten Schwerhörigkeit sei er nur mit entsprechenden elektronischen Zusatzeinrichtungen in der Lage, seiner Praxis gerecht zu werden. Im Notfalldienst erweise sich dies inzwischen als nicht mehr ausgleichbar, da er ohne elektronische Verstärkung mit einem üblichen Telefon nicht mehr zu telefonieren in der Lage sei. Außerdem sei er, um ein Gespräch zu führen, auf ein Mikrofon direkt beim Sprecher angewiesen, von welchem dann auf seine Hörgeräte per Sender die Sprache übertragen werde. Patienten in der Notfallpraxis, fremd und in aller Regel in einem Ausnahmezustand, erst recht, wenn sie in ihrer Realitätsprüfung eingeschränkt seien, reagierten darauf im Extremfall paranoid und befürchteten, abgehört zu werden oder zumindest einen Mitschnitt des Gesprächs. Wenn er das Mikrofon-Sende-Gerät entferne, um auf solche Ängste einzugehen, sei seine Kommunikationsmöglichkeit und -fähigkeit maximal eingeschränkt, sodass er seiner Funktion nicht mehr gerecht werden könne. Dem war das Attest des Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten und Allergologen Dr. G. vom 20. Juni 2005 beigefügt, in welchem dieser eine beiderseitige hochgradige Schwerhörigkeit bescheinigte und ausführte, der Kläger sei hierdurch unter anderem in der Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit, zum Beispiel bei der Anamneseerhebung, aber auch am Telefon, ausgesprochen beeinträchtigt.
Aus Aktenvermerken der Beklagten vom 28. Juni 2005 und 8. Juli 2005 ist zu entnehmen, dass der Kläger praktisch ausschließlich psychotherapeutisch tätig ist und in den Quartalen 1/04, 2/04, 3/04 und 4/04 Fallzahlen von 66, 71, 53 und 64 gegenüber dem Durchschnitt der Fachgruppe der vorwiegend psychotherapeutisch tätigen Ärzte von 40, 39, 38 und 39 sowie gegenüber dem Durchschnitt der Fachgruppe der vorwiegend psychiatrisch/nervenärztlich tätigen Ärzte von 682, 665, 663 und 695 aufwies.
Mit Bescheid vom 19. Juli 2005 lehnten die Beauftragten der Beklagten für die Durchführung des Notfalldienstes im Bereich der Ärzteschaft Stuttgart (Notfalldienst-Beauftragten) den Befreiungsantrag des Klägers ab. Zur Begründung führten sie aus, sie sähen sich unter Berücksichtigung der überdurchschnittlichen Fallzahlen des Klägers in den vergangenen Quartalen nicht in der Lage, seinem Befreiungsantrag zu entsprechen. Sollte es dem Kläger nicht möglich sein, die zugeteilten Notfalldienste persönlich durchzuführen, bleibe es ihm unbenommen, eigenverantwortlich eine geeignete Vertretung zu organisieren.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er sei inzwischen unfähig, mit herkömmlichen Apparaten, wie sie in der Notfallpraxis zur Verfügung stünden, zu telefonieren. Zur Teilnahme am Notfalldienst könne ihm wohl nicht abverlangt werden, für die Notfallpraxis ein weiteres spezielles Telefon für Hörgeschädigte auf seine Kosten zu erwerben und installieren zu lassen. Ebenso wenig dürfte von ihm verlangt werden, einen Vertreter im Notfalldienst zu finanzieren. Sollte es bei der ablehnenden Entscheidung bleiben, würde er am Notfalldienst weiter teilnehmen, sei dann aber dort telefonisch nicht verfügbar. Der Kläger legt hierzu die von Dr. G. angefertigten Tonaudiogramme und Sprachaudiogramme vom 9. Mai 2005 / 10. November 2005 vor. In seinem Schreiben vom 30. März 2006 regte der Vorsitzende des Widerspruchsausschusses gegenüber den Notfalldienst-Beauftragten an, zu prüfen, ob entweder für die psychiatrische Notfallpraxis ein Telefonverstärker mit einem Kostenaufwand zwischen 100 EUR und 300 EUR angeschafft werde oder andernfalls dem Befreiungsantrag entsprochen werde.
Mit Bescheid vom 18. Mai 2006 lehnten die Notfalldienstbeauftragten den Befreiungsantrag erneut ab. Zur Begründung führten sie aus, die Fallzahlen des Klägers belegten, dass die körperliche Behinderung des Klägers nicht auch außerhalb des Notfalldienstes zu einer Beeinträchtigung der ärztlichen Tätigkeit führe und die Krankheit nicht mit einem entsprechenden Rückgang der Vertragspraxis des Klägers verbunden sei.
Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, seine ärztliche Tätigkeit könne er nur aufrecht erhalten, weil er in seiner Praxis eine umgerüstete Telefonanlage verwende. Als Befeiungsgrund reiche aus, dass er den Notfalldienst in tatsächlicher Hinsicht nicht durchführen könne, da eine erforderliche Telefonanlage in der Notfallpraxis nicht vorhanden sei. Es sei auch nicht seine Aufgabe, die technischen Voraussetzungen für die Teilnahme am Notfalldienst zu schaffen. Auf die Fallzahlen käme es nicht an, da er seine Tätigkeit nur mit technischen Hilfsmitteln weiterführen könne. Auch die Organisation einer ständigen Vertretung könne ihm nicht zugemutet werden, da er hierdurch wegen seiner Schwerbehinderung finanziell belastet würde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da der Schwerpunkt des Klägers im Bereich der Psychotherapie liege, sei er nicht mit den nervenärztlichen Praxen, sondern mit psychotherapeutisch tätigen Kollegen zu vergleichen. Er weise in den Quartalen 2/04 bis 1/06 Fallzahlen von 70, 52, 61, 60, 49, 62, 69 gegenüber dem Durchschnitt seiner Fachgruppe von 35, 36, 36, 36, 36, 37 und 38 auf. Die Ablehnung des Befreiungsantrages sei zu Recht erfolgt, da die Praxis des Klägers auf Grund des Praxisschwerpunktes im Vergleich mit der Fachgruppe der Psychotherapeuten bei den gesetzlich Krankenversicherten durchgängig überdurchschnittlich hohe Fallzahlen aufweise. Eine Krankheit komme aber nur als Befreiungstatbestand in Betracht, wenn die Erkrankung mit einem entsprechenden Rückgang der vertragsärztlichen Praxis verbunden sei. Da die vertragsärztliche Tätigkeit systemimmanent auch die Pflicht zur Teilnahme am Notfalldienst beinhalte, liege es in der Verantwortung des Klägers, entweder in eigener Zuständigkeit die Voraussetzungen zu seiner Teilnahme am Notfalldienst zu schaffen oder gegebenenfalls eine Dienstvertretung zu regeln.
Dagegen hat der Kläger am 21. September 2006 Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat sein Bevollmächtigter geltend gemacht, es sei mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht zu vereinbaren, dass der Kläger für die Einrichtung der Notfalldiensträumlichkeiten auf seine Kosten ein spezielles Telefon anschaffen solle. Es könne von ihm auch nicht verlangt werden, dass er seine angeschafften Geräte bei jedem Dienst extra installieren lasse. Dies gelte im speziellen vor dem Hintergrund, dass manche Geräte aus dieser Anlage heraus bei ihm nur stationär, also nicht mobil, verwendet würden. Zwar könne er die 5.000 EUR teuren Richtmikrofone und die 2.500 EUR teuren an den Hörgeräten anzubringenden spezifischen Empfänger zum Notfalldienst mitnehmen. Dies gelte aber nicht für die mit einem Verstärker auszustattende Telefonanlage bzw. eine Telefonanlage mit einer Induktionsschleife. In seiner Praxis verwende er eine Telefonanlage mit einem Telefongerätlautstärke-Verstärker. Um beidohrig hören zu können, müsse er sein Telefon auf "laut" also "mithören" stellen und aus dem der Hörmuschel zugewandten Ohr sein Hörgerät entfernen. Da die psychiatrische Notfallambulanz im Furtbachkrankenhaus nicht eine solche veraltete Analogtechnik, sondern eine digitale Anlage habe, für die es keine externen Lautstärkedimmer gäbe, könne er seine Geräte nicht mit zur Notfallpraxis nehmen. Anzuschaffen wäre also in diesem Falle für die Notfallambulanz ein spezielles digitales Telefon mit einer, bei solchen Apparaten möglichen, sogenannten Induktionsschleife. Ein solches Telefon müsse aber fest installiert werden und könne nicht von ihm zum Notfalldienst mitgebracht und jedes Mal neu installiert werden. Im Übrigen komme er tatsächlich nur auf deutlich weniger als 20 Scheine pro Quartal, da bei ihm pro Quartal 20 bis 30 Patienten zur Indikationsklärung einer Psychotherapie auftauchten und er bereits in diesen Fällen eine Sitzung als psychotherapeutische Sitzung abrechne. Unter anderem vor diesem Hintergrund seien die von der Beklagten zu Grunde gelegten Fallzahlen falsch. Es sei auch in keiner Weise belegt, dass die durchschnittlichen Fallzahlen richtig seien.
Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat darauf verwiesen, dass selbst wenn man zugunsten des Klägers die von ihm erwähnten 20 bis 30 Scheine aus der Gesamtbetrachtung herausrechnen würde, er mit seinen dann noch verbleibenden Fallzahlen immer noch im Durchschnitt der Vergleichsgruppe liege. Damit nehme er im uneingeschränkten Maße an der vertragsärztlichen Versorgung mit seiner Praxis teil. Insoweit sei es Sache des Klägers, entweder selbst die Voraussetzungen für seine Teilnahme am psychiatrischen Notfalldienst zu schaffen oder aber eigenverantwortlich eine Vertretung für seine Dienste zu organisieren. Es sei ihm außerdem zuzumuten, die technischen Voraussetzungen für die Teilnahme am Notfalldienst zu schaffen. Da die Kosten der Anschaffung eines Telefonverstärkers deutlich unter den Kosten für eine ständige persönliche Vertretung im Notfalldienst lägen, sei dem Kläger auch die Anschaffung eines Telefonverstärkers zumutbar.
Das SG hat die Stellungnahmen des Verwaltungsleiters des Furtbachkrankenhauses vom 19. Juli 2007 und der A. GmbH & Co. KG vom 2. August 2007 eingeholt. Der Verwaltungsleiter des Furtbachkrankenhauses hat darin mitgeteilt, man verwende eine digitale Telefonanlage der Firma A. GmbH & Co. KG. Die Firma A. GmbH & Co. KG hat ferner mitgeteilt, Lieferung und Montage eines digitalen Telefons mit speziellem Hörer mit Magnetfelderzeuger koste 276,79 EUR.
Mit Urteil vom 31. Januar 2008 hat das SG die Bescheide vom 19. Mai 2005 und 18. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger von der Teilnahme am psychiatrischen Notfalldienst Stuttgart zu befreien. Das SG hat hierbei die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ihrer aus § 75 SGB V entspringenden Pflicht auch zur Sicherstellung eines Notfalldienstes durch Erlass ihrer Notfalldienstverordnung (NFDO) nachgekommen. Auch die darin enthaltenen Befreiungstatbestände in § 4 Nr. 2 Satz 2 a NFDO, § 4 Nr. 2 Satz 2 b sowie § 4 Nr. 6 seien nicht zu beanstanden unter Berücksichtigung der Rechtssprechung des BSG (mit Hinweis auf Urteil vom 11. Juni 1986 - 6 RKA 5/85 -). Die Beklagte habe aber ihr Satzungsrecht in zu beanstandender Weise angewandt, indem sie nur den Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 2 Satz 2 b NFDO geprüft und mit dem Argument, die Erkrankung des Klägers sei nicht mit einem entsprechenden Rückgang der Vertragsarztpraxis verbunden, abgelehnt habe. Die Beklagte habe hierbei nicht beachtet, dass der Kläger seine Praxis trotz seiner Erkrankung nur unter Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel, hier in Form der mit einem Verstärker versehenen analogen Telefonanlage, seiner Hörgeräte und der Richtmikrofone betreiben könne. Die überdurchschnittlichen bzw. jedenfalls durchschnittlichen Fallzahlen könnten dem Kläger in diesem Zusammenhang daher nicht entgegen gehalten werden. Zu Unrecht nicht geprüft habe die Beklagte den Befreiungstatbestand nach § 4 Nr. 2 Satz 2 a NFDO. Danach reiche es aus, dass eine körperliche Behinderung vorliege, die auch außerhalb des Notfalldienstes zu einer Beeinträchtigung der ärztlichen Tätigkeit führe. Unzweifelhaft handele es sich bei der Schwerhörigkeit des Klägers ausweislich des Attestes von Dr. G. vom 20. Juni 2005 um eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und damit um eine solche im Sinne von § 4 Nr. 2 Satz 2 a NFDO. Hier sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger mit Hilfe seiner entsprechenden Verstärker, Hörgeräte und Richtmikrofone in seiner Praxis in der Lage sei, seine Patienten ausreichend gut zu verstehen, er jedoch nicht in der Lage sei, auch in der Notfallpraxis seine Behinderung auszugleichen. Zwar könne er seine Hörgeräte und die Richtmikrofone zum Notfalldienst mitnehmen, nicht aber seine Telefonanlage. Erforderlich sei beispielsweise die von der Fa. A. GmbH & Co. KG angebotene Verstärkung der sich in der Notfallpraxis befindlichen digitalen Telefonanlage. Nach Ansicht des SG sei der Vertragsarzt zwar an der Teilnahme zum Notfalldienst, nicht aber zur Schaffung der Rahmenbedingungen für die Durchführung desselben verpflichtet. Die Kosten besonderer Notfalldiensteinrichtungen seien vielmehr nach § 10 Nr. 2 NFDO durch eine entsprechende Umlage zu finanzieren. Da dies bislang nicht geschehen sei, greife jedenfalls der Befreiungstatbestand nach § 4 Nr. 2 Satz 2 a NFDO. Der Kläger könne auch nicht auf die Möglichkeit, der Bestellung eines Vertreters verwiesen werden. Zwar habe die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Vertragsarzt nach § 4 Nr. 6 Satz 4 NFDO aufgegeben werden könne, einen Vertreter für den Notfalldienst zu bestellen. Voraussetzung für diese Ermessensentscheidung sei aber, dass ein solches Vorgehen erforderlich sei. Die Bestellung eines Vertreters setzte also die Verpflichtung zur Teilnahme zum Notfalldienst auch im konkreten Einzelfall voraus, da ansonsten jede Befreiung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Vertreterbestellung verweigert werden könnte (Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 3. November 1998 - 9 S 3399/96, LSG NRW Urteil vom 8. Dezember 2004 - L 10 KA 5/04 -). Hierzu habe die Beklagte nichts vorgetragen. Die Beklagte habe auch nichts dazu vorgetragen, dass die Befreiung des Klägers nach § 4 Nr. 6 Satz 1 NFDO zu einer unzumutbaren Belastung der übrigen Ärzte im Notfalldienst führen oder die Befreiung des Klägers nach § 4 Nr. 6 NFDO der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung entgegenstehen würde. Letztlich komme nach den gesamten Umständen des Falles somit als einzige rechtmäßige Ermessensentscheidung im Sinne einer Ermessungsreduzierung auf Null nur die Erteilung der Befreiung in Betracht.
Die Beklagte hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 11. Februar 2008 zugestellte Urteil am 11. März 2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, dass zunächst zum 1. Januar 2008 die "alte" Notfalldienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordwürttemberg vom 1. Juli 1999 abgelöst und nunmehr die Notfalldienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg in Kraft getreten sei. Des Weiteren habe das BSG mit Urteil vom 6. Februar 2008 eine grundlegende Entscheidung zum Ausschluss bzw. zur Befreiung von Vertragsärzten vom Notfalldienst getroffen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Ablehnung der Befreiung vom Notfalldienst zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung auf Grundlage der damaligen Notfalldienstordnung rechtmäßig gewesen sei. Jedenfalls könne aber die begehrte Befreiung nach der derzeit gültigen Rechtslage nicht erfolgen. Hierauf komme es an, da es sich hier (auch) um ein Verpflichtungsbegehren handele, bei dem die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz maßgeblich sei. Gem. § 6 Abs. 3 der seit 1. Januar 2008 geltenden Notfalldienstordnung sei eine Befreiung von der Teilnahme am Notfalldienst auf Antrag bei schwerwiegenden gesundheitlichen Gründen, bei erheblicher körperlicher Beeinträchtigung oder sofern aus anderen zwingenden Gründen eine Teilnahme am Notfalldienst nicht zumutbar oder vertretbar sei, möglich. Diese Befreiungstatbestände würden dem Entscheidungsträger Ermessen einräumen, das selbstverständlich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG auszuüben sei. Das BSG habe nun in seinem Urteil vom 6. Februar 2008 nochmals ausgeführt, dass die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Vertragsarztes zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst aus seinem Zulassungsstatus folge. Dieser auf seinen Antrag hin verliehene Status erfordere es, in zeitlicher Hinsicht umfassend - das bedeute auch in den Zeiten außerhalb der Sprechstunde - für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Der einzelne Arzt werde dadurch, dass die gesamte Ärzteschaft einen Notfalldienst organisiere, von seiner andernfalls bestehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet. Als Gegenleistung hierfür müsse jeder Vertragsarzt den Notfalldienst als gemeinsame Aufgabe aller Ärzte gleichwertig mittragen. Diese bundesrechtliche Verpflichtung zu einem gleichwertigen Mittragen der Belastungen in Folge des ärztlichen Notfalldienstes bestehe auch für den Fall, dass einer persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gesundheitliche Gründe entgegenstünden. Eine vollständige (ersatzlose) Befreiung komme unter dem Gesichtspunkt gleichmäßiger Belastung (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -) nur unter zusätzlichen Voraussetzungen in Frage, wenn nämlich gesundheitliche oder vergleichbare Belastungen zu einer deutlichen Einschränkung der Praxistätigkeit des Arztes führen und ihm zudem auf Grund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden könne, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen. Damit habe der aus gesundheitlichen oder vergleichbar schwerwiegenden Gründen an der persönlichen Notdienstleistung gehinderte Arzt primär einen Vertreter zur Ableistung der ihm obliegenden Notfalldienste zu stellen. Dasselbe gelte unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes darüber hinaus erst recht, wenn ein Arzt aus anderen Gründen - zum Beispiel wegen fehlender aktueller Kenntnisse und Fähigkeiten für den Notfalldienst - den Notfalldienst nicht persönlich erbringen dürfe. Eine Befreiung aus gesundheitlichen Gründen könne nach alledem nur dann in Betracht kommen, wenn in der Person des Arztes solch schwerwiegende Gründe verwirklicht seien, die seine Arbeitskraft und damit seine Fähigkeit zur Finanzierung eines Notdienst-Vertreters einschränkten. Dies sei hier offensichtlich nicht der Fall. Der Kläger könne zwar auf Grund seiner schweren körperlichen Hörbehinderung den Notfalldienst aus gesundheitlichen Gründen faktisch nicht selbst durchführen, sofern nicht technische Vorkehrungen an der Telefonanlage in der Notfallpraxis getroffen würden, die seine Hörbehinderung ausgleichen würden. Dies könne im vorliegenden Fall im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG aber nicht zu einer ersatzlosen Befreiung vom Notfalldienst führen. Dem Kläger sei es finanziell ohne weiteres möglich und zumutbar, eigenverantwortlich einen Vertreter mit der Durchführung seines Notfalldienstes zu beauftragen. Der Kläger sei praktisch ausschließlich psychotherapeutisch tätig und seine Fallzahlen würden ganz deutlich über dem Durchschnitt der Fallzahlen der vorwiegend psychotherapeutisch tätigen Fachgruppenmitglieder liegen. Selbst wenn man seinem Vortrag folge, wonach zahlreiche Fälle (20 bis 30 Patienten) nur zur Indikationsstellung einer Psychotherapie seine Praxis aufsuchen würden, sich bei diesen aber keine Psychotherapie anschließen würde, läge er mit den dann noch verbleibenden Fallzahlen immer noch im Durchschnitt der Vergleichsgruppe. Er führe außerdem im Gegensatz zu den allermeisten Psychotherapeuten noch Sprechstunden durch, was ebenfalls seine uneingeschränkte vertragsärztliche Tätigkeit belege. Die Honorarumsätze des Klägers hätten in den Quartalen 1/07, 2/07, 3/07 und 4/07 15.845,76 Euro, 12.898,78 EUR, 14.442,72 EUR bzw. 17.192,75 EUR betragen.
Im Übrigen sei die Notfalldienstordnung zwischenzeitlich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zum 1. August 2008 nochmals geändert worden und nunmehr sei in § 6 Abs 3 geregelt, dass Ärztinnen und Ärzte von der Teilnahme am Notfalldienst befreit werden könnten, wenn • sie aus gesundheitlichen oder vergleichbaren schwerwiegenden Gründen, die zu einer deutlichen Einschränkung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit führen, an der persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gehindert seien • und ihnen die Bestellung eines Vertreters aus wirtschaftlichen Gründen nicht zugemutet werden könne. Wirtschaftliche Gründe seien gegeben, wenn der Ärztin/dem Arzt auf Grund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden könne, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch ein Vertreter durchführen zu lassen. Der Kreisbeauftragte informiere sich bei der Notfalldienst-Kommission über das Vorliegen derartiger wirtschaftlicher Gründe.
Darauf bezogen verweist die Beklagte weiter darauf, dass es dem Kläger finanziell ohne weiteres möglich und zumutbar sei, eigenverantwortlich einen Vertreter mit der Durchführung seines Notfalldienstes zu beauftragen. Dies belegten seine Fallzahlen, wie auch das Honorar, das er hier zuletzt in den Quartalen 1/07 bis 4/07 erzielt habe. Dass der Kläger diese Umsätze nur erzielen könne, weil er in seiner Praxis entsprechende, seine Behinderung ausgleichende technische Vorkehrungen getroffen habe, sei hierbei ohne Belang. Fakt sei, dass er auf Grund der von ihm getroffenen Maßnahmen keine Einschränkung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit zu verzeichnen habe. Dann sei es ihm aber auch finanziell zumutbar, einen Vertreter auf seine Kosten zu bestellen. Hätte der Kläger die entsprechenden technischen Vorkehrungen nicht getroffen, dann wäre er nicht "nur" vom vertragsärztlichen Notfalldienst zu befreien. Ihm wäre vielmehr die Ausübung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit insgesamt gar nicht mehr möglich, mit der Folge, dass er sicherlich freiwillig längst auf seine Zulassung verzichtet hätte, bevor sie ihm von Amts wegen vom Zulassungsausschuss hätte entzogen werden müssen. Soweit der Kläger noch auf die Umlage abgestellt habe, sei darauf hinzuweisen, dass mit dieser die "gewöhnlichen" Kosten besonderer Einrichtungen von den im betreffenden Notfalldienstbereich an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten getragen würden, nicht aber die Kosten für die den individuellen Bedürfnissen des Einzelnen am Notfalldienst teilnehmenden Arztes angepassten besonderen technischen Vorkehrungen, auch wenn sie dem Ausgleich einer Behinderung oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen dienten. Der Vertragsarzt, der seine Behinderung nicht durch technische Mittel ausgleichen könne, sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf Grund seiner Gesamtverantwortung für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten, soweit es ihm finanziell zumutbar sei, zur Stellung eines Vertreters auf seine Kosten verpflichtet. Diesen Ärzten gegenüber würde der Kläger völlig zu Unrecht besser gestellt, könnte er ohne diese finanzielle Verpflichtung vom Notfalldienst befreit werden, nur weil seine Behinderung praktisch ausgleichbar sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 NFDO könne auf Grund schwerwiegend gesundheitlicher Gründe oder auf Grund erheblicher körperlicher Beeinträchtigungen eine Befreiung von der Teilnahme am Notfalldienst erteilt werden. Die beim Kläger unstreitig vorliegende erhebliche Schwerhörigkeit sei hierunter einzuordnen. Auch das werde von der Beklagten nicht bestritten. Soweit sie auf das Urteil des BSG vom 6. Februar 2008 abstelle, werde darauf verwiesen, dass diesem Urteil ein anderer Sachverhalt zu Grunde liege. Vorliegend gehe es im Wesentlichen darum, wer die technische Einrichtung der Notfallpraxis schaffen müsse und ob es dem einzelnen Arzt, wenn die Einrichtungen nicht vorhanden seien, zuzumuten sei, dann einen kostenpflichtigen Vertreter zu bestellen. Hier müsse im Rahmen des Ermessens berücksichtigt werden, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers zu einer erheblichen Einschränkung seiner Praxistätigkeit führen würden, wenn er nicht spezielle technische Hilfsmittel verwenden würde. Diese machten ihm eine Verständigung mit seinen Patienten sowohl am Telefon als auch persönlich überhaupt erst möglich. Der Kläger wäre im Stande am ärztlichen Notfalldienst teilzunehmen, wenn ihm seitens der Beklagten die technischen Hilfsmittel gestellt würden. Diese Rahmenbedingungen zu schaffen sei allerdings nicht Aufgabe des Klägers, sondern der Beklagten. Dies ergebe sich sowohl aus der "alten", als auch aus der " neuen" NFDO, nämlich aus § 10 Nr. 2 NFDO alter Fassung bzw. § 8 Abs. 5 NFD neuer Fassung. Hätte der Kläger in seiner Praxis nicht die technischen Hilfsmittel zur Verfügung, so könnte ihm auf Grund der dann erheblich geringeren Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden, einen von ihm zu bezahlenden Vertreter zu bestellen. Hieraus ergebe sich, dass der Kläger ohne die technischen Rahmenbedingungen in seiner Praxis auf Grund der bestehenden Regelungen vom Notdienst zu befreien wäre, da zu berücksichtigen sei, dass allein der Umstand der technischen Ausstattung nicht zur einer Beeinträchtigung seiner ärztlichen Tätigkeit führe. Es seien auch keine Gründe ersichtlich, die den Kläger verpflichten sollten, die technischen Einrichtungen selbst zu schaffen. Eine Verpflichtung zur eigenverantwortlichen Bestellung eines Vertreters würde nach alledem nicht mehr durch die gleichwertige Heranziehung aller Vertragsärzte unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Belastung gem. Art. 3 GG zu begründen sein. Vielmehr würde eine solche Verpflichtung eine Schlechterstellung behinderter Menschen darstellen und gerade nicht mit der Rechtsprechung des BSG im Einklang stehen. Es sei nicht einzusehen, dass der Kläger auf Grund seiner Behinderung und seinem Willen, den Notfalldienst zu verrichten, schlechter gestellt werden solle als andere. Andere Ärzte müssten zum Notfalldienst auch keine Gerätschaften auf eigene Kosten beschaffen. Solange also die technischen Rahmenbedingungen, die unzweifelhaft für den Kläger zur Verrichtung des Notdienstes erforderlich seien, noch nicht geschaffen worden seien, müsse der Kläger vom Notdienst befreit werden und dies, ohne einen Vertreter stellen zu müssen. Soweit die Beklagte noch vortrage, dass der Kläger, wenn er entsprechende technische Vorkehrungen in seiner Praxis nicht getroffen hätte, seine ärztliche Tätigkeit im Ganzen einstellen müsse, da er seine Patienten andernfalls nicht betreuen könnte, werde darauf hingewiesen, dass er für seine Praxis persönlich und allein zuständig sei. Der Notdienst allerdings diene der Entlastung aller Vertragsärzte, weshalb auch eine Finanzierung über eine Umlage gerechtfertigt sei. Die Beklagte mache weiter geltend, dass "das finanzielle Aufkommen für individuelle, die eigene Behinderung ausgleichende Maßnahmen" vom jeweiligen Behinderten selbst zu tragen wäre. Eine Behinderung sei aber stets eine individuelle Angelegenheit, weshalb demnach eigentlich überhaupt keine Erstattung durch Umlagen für Einrichtungen, die zumindest auch behinderten Ärzten zu Gute kämen, erfolgen dürften. Gleich darauf werde aber von Seiten der Beklagten die Schaffung eines behindertengerechten Zugangs zur Notfallpraxis als umlagefähig angesehen, da ein solcher Zugang auch potentiellen Patienten zu Gute käme. Eine Telefonanlage, die es schwerhörigen Menschen ermögliche, normal zu kommunizieren, komme aber ebenfalls potenziellen Patienten zu Gute. Dies beispielsweise, wenn ein nichtschwerhöriger Arzt Notdienst tue, er aber einen schwerhörigen Patienten zu betreuen habe. In diesem Fall wäre ein ärztliches Tätigwerden für einen solchen Patienten ohne die technische Vorrichtung nicht möglich, da der betreffende Patient dann ebenfalls das Digitaltelefon mit speziellem Hörer mit Magnetfelderzeuger nutzen könne, indem der Arzt den Patienten auf diesem Telefon anrufe. Einem im Rollstuhl fahrenden Arzt werde die Ausübung des Notdienstes mit Hilfe des besonderen Zuganges gewährt und die Kosten würden umgelegt. Einem schwerhörigen Arzt werde die Ausübung des Notdienstes jedoch verwehrt, da sein Hilfsmittel eine technische Anlage sei, die im Gegensatz zu behindertengerechten Zugängen nicht bereits fast überall vorhanden und damit akzeptiert sei. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass der Kläger gar nicht selber in der Lage sei, die entsprechenden technischen Voraussetzungen zu schaffen, da er schlicht nicht bei jedem Notfalldienst die Telefonanlage des Furtbachkrankenhauses neu einrichten könne und ein hierzu notwendiger Fachmann wiederum gem. § 8 Abs. 5 Satz 1 NFDO als Kosten besonderer Einrichtungen von allen Vertragsärzten zu tragen wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis 31. März 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor. Die Klage betrifft keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, sondern vielmehr die Befreiung vom Notfalldienst.
II.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Notfalldienst.
Das Begehren des Klägers ist auf die Aufhebung der Ablehnung des Antrages auf Befreiung und auf Verpflichtung der Beklagten gerichtet, ihn dauerhaft vom Notfalldienst zu befreien. Es liegt damit eine Verpflichtungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG (im Sinne einer Bescheidungsklage) vor. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Versagung hinsichtlich der Befreiung und zu der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Notfalldienst gegeben sind, ist damit der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG 9.Auflage, § 54 Rndnr. 34).
Gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Die Sicherstellung umfasst gemäß § 75 Abs. 1 S. 2 SGB V auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst) nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit landesrechtlich anderes bestimmt ist. Im Hinblick darauf ordnen sowohl das allgemeine ärztliche Berufsrecht als auch das Vertragsarztrecht deshalb an, dass zu diesem Zweck ein Notfalldienst einzurichten ist, an dem die niedergelassenen Ärzte teilzunehmen haben (vgl. § 30 Abs. 3 S. 2 des Baden-Württembergischen Kammergesetzes in der Neufassung vom 16. März 1995 - GBl BW 1995 S. 313 - i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Kammergesetzes vom 25. November 1999 - GBl BW 1999 S. 453 - i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 1 der Berufsordnung der Landesärztekammer 1998).
Ein Vertragsarzt übernimmt als Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung mit seiner Zulassung die Verpflichtung, in zeitlicher Hinsicht umfassend für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Das umfasst auch die Zeiten außerhalb der Sprechstunde. Der einzelne Arzt wird dadurch, dass die gesamte Ärzteschaft einen Notfalldienst organisiert, von der täglichen Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet, muss aber dafür den Notfalldienst gleichwertig mittragen, solange er in vollem Umfang vertragsärztlich tätig ist (siehe hierzu zuletzt Urteile des BSG vom 6. September 2006 - B 6 KA 43/05 R - in SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 und vom 6. Februar 2008 - B 6 KA 13/06 R - in Juris). Die Kassenärztliche Vereinigung kann - gegebenenfalls zusammen mit der Ärztekammer (dazu siehe näher BSG SozR 3-2500, § 75 Nr. 2) - Regelungen in Satzungsform über die Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in den sprechstundenfreien Zeiten (Not- bzw. Bereitschaftsdienst) erlassen (siehe BSG SozR 4-2500 § 75 Nr. 5). Von dieser Kompetenz hat die Beklagte durch Erlass der Notfalldienstordnung (NFDO) Gebrauch gemacht, die zuletzt zum 1. Januar 2008 bzw. 1. August 2008 geändert worden ist.
Die nunmehr für den Bezirk der Beklagten maßgebliche, seit 1. August 2008 geltende Fassung der NFDO trifft folgende Regelungen:
§ 1 Grundsätze
(1) Der Notfalldienst hat die Aufgabe, Notfälle zu versorgen und akute Erkrankungen zu behandeln (Satz 1). Die Einrichtung eines Notfalldienstes entbindet den behandelnden Arzt nicht von seiner Verpflichtung, für die Betreuung seiner Patienten zu sorgen, wie es deren Krankheitszustand erfordert (Satz 2).
§ 2 Organisation:
(1) Die KV BW bildet Notfalldienstbereiche (Satz 1)
(2) Die Ärzte des jeweiligen Notfalldienstbereiches bestimmen den örtlichen Notfalldienstbeauftragten als Koordinator, der dem Kreisbeauftragten mitzuteilen ist (Satz 1).
(3) Auf Vorschlag der örtlichen Notfalldienstbeauftragten eines Landkreises benennt die Notfalldienst-Kommission einen Kreisbeauftragten für die ganz oder überwiegend im Kreis gelegenen Notfalldienstbereiche (Satz 1). Dem Kreisbeauftragten obliegen insbesondere (u. a.) - die Entscheidung von Anträgen auf Befreiung von der Teilnahme am Notfalldienst, außer in den Fällen nach § 6 Abs. 7
§ 4 Teilnahme:
(1) Niedergelassene Ärzte haben grundsätzlich am Notfalldienst teilzunehmen (Satz 1).
(6) Werden gebietsärztliche Notfalldienste eingerichtet, sind die dem jeweiligen Notfalldienst zuzuordnenden Ärzte dort zur Teilnahme verpflichtet (Satz 1)
§ 5 Vertretung
(1) Der zum Notfalldienst eingeteilte Arzt kann sich von einem anderen approbierten Arzt vertreten lassen (Satz 1). Er bleibt dafür verantwortlich, dass der vertretende Arzt den Dienst ordnungsgemäß versieht (Satz 2). Im gebietsärztlichen Notfalldienst kann eine Vertretung nur durch einen Arzt mit der gleichen Gebietsbezeichnung erfolgen (Satz 3).
§ 6 Befreiung/Ausschluss
(1) Eine Befreiung von der Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst erfolgt nur, wenn es die örtlichen Verhältnisse gestatten und die Sicherstellung des Notfalldienstes durch die Befreiung nicht gefährdet wird.
(2) Ärztinnen sind auf Antrag ganz oder teilweise von der Teilnahme am Notfalldienst ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft und bis zu acht Wochen nach der Entbindung zu befreien (Satz 1).
(3) Abgesehen von den Fällen des Absatzes 2 können Ärztinnen und Ärzte von der Teilnahme am Notfalldienst befreit werden, wenn - sie aus gesundheitlichen oder vergleichbar schwerwiegenden Gründen, die zu einer deutlichen Einschränkung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit führen, an der persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gehindert sind und - ihnen die Bestellung eines Vertreters aus wirtschaftlichen Gründen nicht zugemutet werden kann. Wirtschaftliche Gründe sind gegeben, wenn der Ärztin/dem Arzt auf Grund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter durchführen zu lassen. Der Kreisbeauftragte informiert sich bei der Notfalldienstkommission über das Vorliegen derartiger wirtschaftlicher Gründe. Das Erreichen eines bestimmten Lebensalters belegärztliche oder berufspolitische Tätigkeiten oder fehlende aktuelle Kenntnisse und Fähigkeiten für die Durchführung des Notfalldienstes sind keine schwerwiegenden Gründe im Sinne des Satzes 1 (Satz 2).
(4) Der Antrag auf Befreiung vom Notfalldienst ist schriftlich an den Kreisbeauftragten zu richten (Satz 1). Der Antragsteller kann die Begründung des Antrages direkt der Notfalldienst - Kommission vorlegen (zum Beispiel aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes) (Satz 2).
(6) In begründeten Fällen kann der Kreisbeauftragte einen Befreiungsantrag der Notfalldienst-Kommission zur Entscheidung vorlegen (Satz 1). Im Fall des Absatz 4 Satz 2 hat der Kreisbeauftragte den Befreiungsantrag der Notfalldienst-Kommission vorzulegen (Satz 2).
(8) Die Notfalldienst-Kommission entscheidet über den Ausschluss von der persönlichen Durchführung des Notfalldienstes, wenn Gründe vorliegen, die den betreffenden Arzt für die Durchführung des Notfalldienstes ungeeignet erscheinen lassen (Satz 1). In diesen Fällen ist der betreffende Arzt verpflichtet, auf seine Kosten einen geeigneten Vertreter zu bestellen (Satz 2)
§ 8 Besondere Einrichtungen/finanzielle Förderungen
(1) Über die Einführung von besonderen Einrichtungen im allgemeinen und gebietsärztlichen Notfalldienst, insbesondere von zentralen Notfallpraxen, entscheidet die örtlich zuständige Notfalldienst-Kommission vorbehaltlich der Zustimmung durch den Vorstand der KV BW.
(5) Die Kosten besonderer Einrichtungen werden grundsätzlich von den im betreffenden Notfalldienstbereich an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen, die dem jeweiligen Dienst zuzuordnen sind, getragen (Satz 1). Die Einzelheiten der Umlageerhebung bedürfen der Zustimmung durch den Vorstand der KV BW, sofern die Umlageerhebung über Abzüge von der kalendervierteljährlichen Gesamtabrechnung des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes erfolgt (Satz 2).
Danach ist ganz eindeutig eine Befreiung des Klägers vom Notfalldienst nur möglich, wenn er auf Grund seiner hier unstreitigen Behinderung (Schwerhörigkeit) an der persönlichen Teilnahme des Notfalldienstes gehindert ist, die Behinderung weiter auch zu einer deutlichen Einschränkung der vertragsärztlichen Tätigkeit, letztlich dies wiederum zu sinkenden Einnahmen führt und die Bestellung eines Vertreters daher wirtschaftlich dem Kläger unzumutbar ist.
Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis schon aus der bis zum 31. Dezember 2007 noch geltenden Fassung der NFDO der damaligen KV Nordwürttemberg in der Fassung vom 1. Juli 1999 i. d. F. des Beschlusses der Vertreterversammlung vom 8. Dezember 2004, die zunächst gem. § 2 der Organisationsregelung zur Zusammenlegung der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordbaden, Nordwürttemberg, Südbaden und Südwürttemberg zur Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg vom 18. Februar 2004 auch nach dem 1. Januar 2005 weitergalt. Die Regelungen zur Befreiung vom Notfalldienst lauteten wie folgt:
§ 4 Befreiung vom NFD (2) Eine Befreiung von der Teilnahme am Notfalldienst kann aus schwerwiegenden Gründen ausgesprochen werden (Satz 1). Befreiungstatbestände sind insbesondere: a) Körperliche Behinderungen, so weit diese auch außerhalb des NFD zu einer Beeinträchtigung der ärztlichen Tätigkeit führen, b) Krankheit, wobei eine Befreiung aus Krankheitsgründen längerfristig nur erfolgen kann, wenn die Erkrankung mit einem entsprechenden Rückgang der Vertragspraxis verbunden ist und kein angestellter Arzt, Assistent oder Vertreter beschäftigt wird und kein Arzt im Jobsharing tätig ist. c) ...
(6) Die Befreiung vom NFD darf nicht zu einer unzumutbaren Belastung für die übrigen Ärzte im NFD führen (Satz 1). Sie ist dann ausgeschlossen, wenn die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung entgegensteht (Satz 2). Vor einer Befreiung vom NFD ist zu prüfen, ob es dem antragstellenden Arzt zuzumuten ist, einen eingeschränkten Dienst zu übernehmen (Satz 3). Wenn es erforderlich ist, können die Beauftragten dem Antragsteller auch aufgeben, einen Vertreter für die Teilnahme am Notfalldienst zu bestellen (Satz 4).
Das heißt aber, zwingende Voraussetzung war und ist, dass letztlich die körperliche Behinderung auch außerhalb des Notfalldienstes zu einer Beeinträchtigung der ärztlichen Tätigkeit führt (§ 4 Abs.2 Nr. a NFDO aF bzw. § 6 Abs.3 NFDO nF) bzw. die Krankheit (hier die Schwerhörigkeit) mit einem Rückgang der Vertragspraxis verbunden ist (§ 4 Abs.2 Nr. b aF bzw. § 6 Abs.3 nF). Beim Kläger liegt aber ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Fall- und Umsatzzahlen gerade kein Rückgang der Vertragspraxis unter den Durchschnitt der Fachgruppe vor. Der Kläger liegt vielmehr sowohl hinsichtlich der Fallzahlen (sofern man die 20 bis 30 Fälle, bei denen es sich nach seinen Angaben nur um einmalige Gesprächstermine handele außen vor lässt) ebenso wie auch hinsichtlich des Umsatzes auf dem Niveau der ihm hier zuzuordnenden Gruppe der Psychotherapeuten. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen bzw. die Behinderung (Schwerhörigkeit) führen also beim Kläger schon gar nicht zu einer deutlichen Einschränkung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Dass der Kläger dieses Niveau "nur" dank der in seiner Praxis installierten Hilfsmittel (Einrichtungen am Telefon, Mikrofonanlage) hält, ändert daran nichts. Im Gegenteil, der Kläger erklärt selbst, dass er bei entsprechenden Hilfsmitteln auch in der Lage sei, den Notfalldienst auszuüben. Mit anderen Worten: ein Vertragsarzt, der trotz bei ihm bestehender deutlicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen noch in der Lage ist, in vollem Umfang vertragsärztlich tätig zu sein, ist auch nicht vom Notfalldienst zu befreien. Ihm ist es vielmehr gegebenenfalls, sofern er den Notfalldienst selbst nicht ausführen kann oder nicht ausführen will, zumutbar, einen Vertreter auf seine Kosten zu bestellen. Das BSG hat in seinen Urteilen vom 6. September 2006 (SozR 4-2500 § 75 Nr. 5) und vom 6. Februar 2008 (B 6 KA 13/06 R in Juris - am Beispiel eines Pathologen, der eine Befreiung unter dem Hinweis auf seine Spezialisierung und fehlende Kenntnisse für einen allgemeinen Notdienst begehrte) nochmals ausdrücklich hierzu klargestellt:
Dieses Auslegungsergebnis ist mit Bundesrecht vereinbar. Der Senat hat hierzu zuletzt im Urteil vom 6.9.2006 (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr. 5) bekräftigt, dass die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Vertragsarztes zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst aus seinem Zulassungsstatus folgt. Dieser auf seinen Antrag hin verliehene Status erfordert es, in zeitlicher Hinsicht umfassend - d.h. auch in den Zeiten außerhalb der Sprechstunde - für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Der einzelne Arzt wird mithin dadurch, dass die gesamte Ärzteschaft einen Notfalldienst organisiert, von seiner andernfalls bestehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet. Als Gegenleistung hierfür muss jeder Vertragsarzt den Notfalldienst als gemeinsame Aufgabe aller Ärzte gleichwertig mittragen (vgl. BSG, aaO, RdNr. 10).
Die bundesrechtliche Verpflichtung aller Vertragsärzte zu einem gleichwertigen Mittragen der Belastungen infolge des ärztlichen Notfalldienstes besteht nach der Rechtsprechung des Senats auch für den Fall, dass einer persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gesundheitliche Gründe entgegenstehen. Eine vollständige (ersatzlose) Befreiung kommt unter dem Gesichtspunkt gleichmäßiger Belastung (Art 3 Abs 1 GG) nur unter zusätzlichen Voraussetzungen in Frage, wenn nämlich gesundheitliche oder vergleichbare Belastungen zu einer deutlichen Einschränkung der Praxistätigkeit des Arztes führen und ihm zudem aufgrund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 11.6.1986 - 6 RKa 5/85 = MedR 1987, 122, 124 - insoweit unter Modifizierung der früheren Rechtsprechung, vgl. BSGE 33, 165, 166 f = SozR Nr. 3 zu BMV-Ärzte; BSGE 44, 253, 257 = SozR 2200 § 368n Nr. 12 S 34). Hat mithin der aus gesundheitlichen oder vergleichbar schwerwiegenden Gründen an der persönlichen Notdienstleistung gehinderte Arzt primär einen Vertreter zur Ableistung der ihm obliegenden Notfalldienste zu stellen, so muss unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots dasselbe erst recht gelten, wenn ein Arzt aus anderen Gründen - wie z.B. wegen fehlender aktueller Kenntnisse und Fähigkeiten für den Notdienst - den Notfalldienst nicht persönlich erbringen darf. Verfügt die KÄV den Ausschluss eines Arztes vom Notfalldienst wegen solcher Ungeeignetheit, so enthält dies lediglich das Verbot, den Notfalldienst persönlich zu erbringen. Seine Pflicht zum Mittragen der Belastungen des Notfalldienstes bleibt davon unberührt; deshalb muss er auf eigene Kosten einen geeigneten Vertreter für die Durchführung der ihm obliegenden Notdienste stellen.
Mit anderen Worten: Schon die auf Grund der alten Fassung (1. Juli 1999) erfolgte Ablehnung der vom Kläger beantragten Befreiung ist entgegen der Auffassung des SG rechtmäßig, da - wenngleich im Text noch nicht als Kriterium aufgeführt - auf Grund der schon seit langem ständigem Rechtsprechung des BSG (so schon BSG im Urteil vom 11. Juni 1986 - 6 RKA 5/85 - in MedR 1987, 122-124) eine Befreiung auf Grund körperlicher Behinderungen bzw. Erkrankungen nur in Betracht kommt, wenn zum Einen die Praxistätigkeit und damit verbunden der Umsatz (und Ertrag) auch zurückgegangen sind und deshalb zum Anderen die Bestellung etwa eines Vertreters wirtschaftlich (nicht) mehr zumutbar ist. Schon im Urteil vom 11. Juni 1986 hat das BSG ausdrücklich dazu ausgeführt:
Vielmehr lässt sich mit dem übergeordneten Recht vereinbaren, die Freistellung vom Notfallvertretungsdienst (NVD) zusätzlich von beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Arztes, insbesondere von seinem Honorarumsatz abhängig zu machen. Das Kassenarztrecht überträgt die ärztliche Versorgung der Versicherten denjenigen freiberuflich tätigen Ärzten, die dazu bereit sind. Mit der auf ihren Antrag hin ausgesprochenen Zulassung übernehmen die Ärzte die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung (§§ 368, 368a, 368k, 368n RVO). Zutreffend ist in den Vorinstanzen darauf hingewiesen worden, dass die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung nicht auf gewisse Zeiträume (z.B. Sprechstunden, Werktage) beschränkt ist, sondern auch in zeitlicher Hinsicht umfassend sein muss ("rund um die Uhr"). Die Erfüllung dieser Aufgabe macht es, wenn nicht anderweitig vorgesorgt, erforderlich, für bestimmte Zeiten (insbesondere für die Wochenenden) einen NVD zu organisieren (§ 368 Abs 3 RVO). Da es sich um eine gemeinsame Aufgabe aller Kassenärzte handelt, sind auch alle Kassenärzte zur Mitwirkung heranzuziehen, und zwar in einer alle gleichmäßig belastenden Weise. Persönliche Verhältnisse des einzelnen Arztes bleiben dabei grundsätzlich unberücksichtigt. Ein Kassenarzt hat den NVD, der für ihn auch eine Entlastung darstellt, zumindest solange gleichwertig mitzutragen, wie er in vollem Umfange kassenärztlich tätig ist. Es ist nicht geboten, einzelne Kassenärzte zu Lasten ihrer Kollegen von kassenärztlichen Pflichten freizustellen, wenn sie im übrigen ihrer beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen, also die wirtschaftlichen Möglichkeiten des freien Berufes voll nutzen und deshalb wirtschaftlich nicht schlechter, eventuell sogar besser gestellt sind als ihre Kollegen, auf deren Kosten sie die Freistellung begehren. Es ist daher mit den Grundsätzen des Kassenarztrechts vereinbar, wenn die Freistellung von der gemeinsamen Aufgabe des NVD nicht allein von den gesundheitlichen Verhältnissen des Kassenarztes, sondern auch davon abhängig gemacht wird, ob die gesundheitlichen Verhältnisse sich nachteilig auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Arztes auswirken, z.B. dass sie zu einer deutlichen Einschränkung der Praxisausübung geführt haben (vgl. § 3 Ziffer 2 der Notfalldienstordnung der KÄV Nordbaden) oder wie im Bereich der Beklagten dem Kassenarzt aufgrund seiner Einkommensverhältnisse (des Honorarumsatzes) nicht mehr zugemutet werden kann, den NVD auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen.
Dem Kläger ist es vor diesem Hintergrund also zumutbar gegebenenfalls jeweils einen Vertreter auf seine Kosten zu bestellen, sofern er sich nicht in der Lage sieht bzw. nicht willens ist, den Notfalldienst selbst auszuüben. Soweit letztlich das SG zwar grundsätzlich auch von einer Pflicht des Klägers zur Teilnahme am Notfalldienst ausgeht, konkret hier aber die Auffassung vertritt, der Kläger sei solange zu befreien, bis die entsprechenden behindertengerechten Einrichtungen für ihn in der Notfallpraxis von der Beklagten (bzw. Ärzteschaft) geschaffen worden seien, kann der Senat dem nicht folgen. Denn bei der Frage, wer gegebenenfalls die Kosten für eine (notwendige) behindertengerechte Ausstattung der Notfallpraxis zu tragen hat, handelt es sich um eine von dem hier streitigen Punkt der Befreiung vom Notfalldienst zu trennende Frage. Ob gegebenenfalls und inwieweit diese Kosten für die Einrichtung eines zusätzlichen behindertengerechten Telefons auch als Kosten einer gemeinsamen besonderen Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 5 NFDO anzusehen und gegebenenfalls umzulegen wären, hat der Senat hier gerade nicht zu entscheiden. Hierzu fehlt es bislang schon an einer Verwaltungsentscheidung der zuständigen Gremien. Sollte der Kläger nach wie vor der Auffassung sein, die Kosten einer entsprechenden Einrichtung der Telefonanlage seien von der Ärzteschaft insgesamt zu tragen, bleibt es ihm unbenommen, einen entsprechenden Antrag zu stellen, worüber dann die hierfür zuständigen Gremien zu entscheiden haben werden und gegebenenfalls bei Vorliegen einer entsprechenden Verwaltungsentscheidung dann auch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Entscheidung berufen wären.
Zusammenfassend bleibt damit festzustellen, dass unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des BSG entgegen der Auffassung des SG die von der Beklagten getroffene Entscheidung, nämlich die Ablehnung der beantragten Befreiung vom Notfalldienst, nicht zu beanstanden ist. Denn beim Kläger liegen zwar gesundheitliche Beeinträchtigungen vor, diese führen aber zum Einen nicht zu einer Einschränkung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit und deshalb ist es zum Anderen dem Kläger wirtschaftlich zumutbar einen Vertreter zu bestellen, sofern er sich außer Stande sieht den Notfalldienst selbst zu leisten. Das heißt, ob im übrigen gegen eine Befreiung sprechende Ausschlussgründe nach § 4 Abs. 6 Satz 1, 2 und 4 NFDO aF bzw. § 6 Abs. 1 nF (unzumutbare Belastung für die übrigen Ärzte, Sicherstellung der ärztlichen Versorgung) daneben noch im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu berücksichtigen gewesen wären, musste hier nicht mehr geprüft werden, nachdem schon kein Befreiungstatbestand erfüllt ist.
Aus diesen Gründen ist daher auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt. Im Streit steht hier die Befreiung vom Notfalldienst. Mangels weitergehender Anhaltspunkte ist hier dann vom Regelstreitwert auszugehen.
Rechtskraft
Aus
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