L 2 AS 6033/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 4485/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 6033/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. November 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - nämlich ohne Berücksichtigung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit P. W. (W) - nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.07.2007.

Der am 04.08.1951 geborene Kläger ist zum 01.08.2005 aus U., wo er bis dahin SGB-II-Leistungen bezogen hatte, zu seiner langjährigen Bekannten W nach R. in deren schuldenfreie Eigentumswohnung gezogen. Bei der Beklagten gab er in seinem Antrag auf SGB II-Leistungen an, ab 01.08.2005 mit W in einer eheähnlichen Gemeinschaft zu leben (Kreuz mit blauer Tinte), weitere Personen wurden nicht erwähnt. W bezieht Arbeitsentgelt in unterschiedlicher monatlicher Höhe. Sie hat einen erwachsenen behinderten Sohn, der im Heim lebt und einmal im Monat vom Kläger nach Hause geholt wird. Der Kläger ist Eigentümer eines Autos, das über W seit mindestens 20.05.2005 versichert ist (Bl. 11, 13 VA).

Der Kläger begehrt mit seiner Klage für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.07.2007 die Entscheidung über 4 Bewilligungszeiträume.

I. Bewilligungszeitraum 01.08.2005 bis 31.01.2006 und II. Bewilligungszeitraum vom 01.02.2006 bis 31.07.2006

Mit Bescheid vom 26.10.2005 bewilligte die Beklagte für den Kläger in Bedarfsgemeinschaft mit W SGB-II-Leistungen in Höhe von 287,65 EUR monatlich für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.01.2006. Der Berechnung lagen der befristete Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld (160 EUR), Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU, 119 EUR) sowie die Berücksichtigung des bereinigten Netto-Erwerbseinkommens der W zugrunde. Gegen den Bescheid legte der Kläger hinsichtlich der Berücksichtigung des Einkommens seiner Partnerin Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass eine eheähnlichen Lebensgemeinschaft erst nach dreijährigem Zusammenleben bestehe; da er erst seit 01.08.2005 mit seiner Partnerin zusammen in ihrer Eigentumswohnung wohne, somit ab 01.08.2008. Für sich errechnete er einen ALG-II-Anspruch in Höhe von 624 EUR (Grundsicherung 345 EUR, Zuschlag 160 EUR, KdU 119 EUR). Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 21.12.2005 führte die Beklagte aus, dass nach den Angaben im Antrag keine Zweifel an dem Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft bestünden (und vollzog im Übrigen die Berechnungen des Bewilligungsbescheids nach). Dagegen hat der Kläger keine Klage erhoben.

Im Fortzahlungsantrag vom 22.12.2005 kreuzte der Kläger unter der Rubrik "III. Änderungen in den persönlichen Verhältnissen der mit dem Antragsteller/der Antragstellerin in der Bedarfsgemeinschaft lebenden weiteren Personen" das Kästchen "Keine Änderungen" an. Mit Bescheid vom 09.02.2006 bewilligte die Beklagte die Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft - weiterhin unter Berücksichtigung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit W - für den Zeitraum vom 01.02.2006 bis 31.07.2006, nach Wegfall des befristeten Zuschlags nach Bezug von Arbeitslosengeld ab 01.06.2006 allerdings nur noch in Höhe von 131,75 EUR. Der Kläger legte die Lohnabrechnungen seiner Partnerin vor (Bl. 54 VA), deren tatsächliches Einkommen die Beklagte im Änderungsbescheid vom 07.03.2006 berücksichtigte. Hinsichtlich der Aberkennung des befristeten Zuschlags legte der Kläger gegen den Bewilligungsbescheid Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2006 zurückgewiesen wurde. Klage erhob der Kläger hiergegen nicht. Auch der Änderungsbescheid vom 27.06.2006 wegen Nebenkosten der Unterkunft, in dem eine eheähnliche Lebensgemeinschaft zugrunde gelegt blieb, ließ der Kläger unbeanstandet.

III. Bewilligungszeitraum vom 01.08.2006 bis 31.01.2007

Der Fortzahlungsantrag vom 12.07.2006 wies keine Änderung aus. Im Bewilligungsbescheid vom 24.07.2006 (Zeitraum 01.08.2006 bis 31.01.2007) berücksichtigte die Beklagte aufgrund der vorgelegten Kontoauszüge erstmals auch Kindergeld in Höhe von 154 EUR monatlich als Einkommen der W, durch das der monatliche Leistungsbetrag auf 18,32 EUR sank. Wegen der Anrechnung des Kindergeldes legte der Kläger Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid vom 24.08.2006 zurückgewiesen wurde. Auch hiergegen wurde keine Klage erhoben.

Im Hinblick auf die Kindergeldzahlung an W führte die Beklagte auch für die beiden zurückliegenden Bewilligungszeiträume (01.08.2005 bis 31.01.2006 (Ziff I.) und 01.02.2006 bis 31.07.2006 (Ziff. II.)) eine Neuberechnung durch. Nach Anhörung des Klägers (Schreiben vom 25.07.2006, Bl. 114 VA) hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 26.10.2005 und den Änderungsbescheid vom 07.03.2006 ganz in der genannten Höhe (der Leistungsbewilligung entsprechend) und den Änderungsbescheid vom 27.06.2006 teilweise in Höhe von 154 EUR auf, da im Zeitraum vom 01.08.2005 bis 31.07.2006 das Einkommen der W unter Berücksichtigung des Kindergeldes ganz bzw. teilweise die Bedarfe überstieg. Sie verlangte vom Kläger, der das Kindergeld nicht angegeben hatte, insgesamt den Betrag von 5.339,79 EUR (zu Unrecht gezahlte Leistungen im Zeitraum 01.08.2005 bis 31.07.2006 in Höhe von 3.176,47 EUR zuzüglich Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) erstattet (Aufhebungs- und Erstattungs-Bescheid vom 21.08.2006, nur an den Kläger adressiert). Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 31.08.2006 reduzierte die Beklagte den Erstattungsbetrag um die Rentenversicherungsbeiträge, die direkt vom Rentenversicherungsträger zurückgefordert würden, auf 4.559,73 EUR.

Dagegen hat der Kläger am 25.09.2006 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben (S 13 AS 4485/06), mit der er - nun wieder - eine eheähnliche Lebensgemeinschaft vor Ablauf von 3 Jahren in Abrede gestellt und sich hierzu auf das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf (Az. S 35 AS 146/05) berufen hat. Eine Einstehensgemeinschaft liege nicht vor, man wirtschafte getrennt. Er hat bestritten, die Rubrik eheähnliche Gemeinschaft im Antrag auf eigene Initiative hin bzw. selber angekreuzt zu haben. Im Übrigen hat er ausgeführt, dass das gezahlte Kindergeld ausschließlich für den behinderten Sohn der W verwendet werde. Er hat sich gegen die Rückforderung der Beklagten verwahrt und statt dessen eine erhebliche Nachzahlung an sich - ohne Berücksichtigung des Einkommens der W - gefordert. Das SG hat im Termin am 18.01.2007 W als Zeugin vernommen. Wegen des Inhalts der Aussage wird auf die Niederschrift Bezug genommen (Bl. 54 SG).

Nachdem der Kläger im Fortzahlungsantrag vom 18.12.2006 (Bl. 174 VA) mitgeteilt hatte, dass das Kindergeld seit November 2006 nicht mehr in die Bedarfsgemeinschaft einfließe und er auch nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe, änderte die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 24.07.2006 (Zeitraum Ziff. III.) zugunsten des Klägers dahin, dass ihm für die Monate Dezember 2006 und Januar 2007 zusätzlich je 154 EUR bewilligt wurden (monatlich gesamt je 172,32 EUR, Änderungsbescheid vom 19.02.2007). Wegen der weiterhin unterstellten eheähnlichen Lebensgemeinschaft legte der Kläger dagegen Widerspruch ein (Widerspruchsbescheid vom 27.04.2007) und erhob erneut Klage zum SG (Az. S 13 AS 2506/07), in der er weiterhin auf einen Beginn der eheähnlichen Lebensgemeinschaft erst ab 01.08.2008 abstellte, weshalb ihm Leistungen in Höhe von monatlich 501 EUR zustünden.

IV. Bewilligungszeitraum vom 01.02.2007 bis 31.07.2007

Ebenfalls mit Bescheid vom 19.02.2007 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.02. bis 31.07.2007 - bei Berücksichtigung des Einkommens der W (anteilige Berechnung des Einkommens aus Jahressumme 2006 ausgehend vom Dezembereinkommen, ohne Kindergeld) Leistungen in Höhe von 16,36 EUR monatlich (wegen der Anhebung des Regelsatzes abgeändert durch Änderungsbescheid vom 02.06.2007 auf 18,36 EUR). Anspruchsmindernd wurden erstmalig laut Kontoauszug monatliche Zahlungen in Höhe von 97,15 EUR vom Rentenversicherungsträger an W berücksichtigt. Der Widerspruch, mit dem der Kläger weiterhin die Berücksichtigung des Einkommens der W, mit der er erst ab 01.08.2008 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebe, und im Übrigen die falsche Einkommensermittlung monierte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27.04.2007). Die dagegen erhobene Klage hat das SG unter dem Az. S 13 AS 2613/07 geführt.

Nachdem der Kläger weitere für die Leistungsberechnung relevante Unterlagen (u.a. Lohnabrechnungen der W, KFZ-Haftpflicht-Versicherungsrechnungen der W, Kosten der Monatskarte der W, Rückkaufwerte der Lebensversicherungsverträge, Beschluss des Vormundschaftsgerichts für W und Unterhaltstitel der W Bl. 236-291, 316 VA) vorgelegt hatte, überprüfte die Beklagte die bewilligten Leistungen für die Zeiträume vom 01.08.2005 bis 31.07.2007 (Ziff. I. - V.). Sie gelangte zu dem Schluss, dass die Kindergeldzahlungen insgesamt nicht zu berücksichtigen seien, wohl aber die monatliche Überweisung des Rentenversicherungsträgers in Höhe von 97,15 EUR, weil es sich um Unterhaltsansprüche der W aus ihrer geschiedenen Ehe handele, die der Kläger in seinen Anträgen nicht angegeben hatte. Insgesamt errechnete sie anhand der vorliegenden Unterlagen einerseits eine Überzahlung der Leistungen in Höhe von 1.399,05 EUR vom 01.08.2005 bis 30.04.2007, der andererseits ein Nachzahlungsanspruch für die Zeit vom 01.08.2006 bis 30.11.2007 in Höhe von 1.502,47 EUR gegenüberstand, die sie aufzurechnen beabsichtigte. Sie ging nun davon aus, dass die Leistungsrückforderungen an die jeweiligen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft getrennt zu richten seien und damit dem Kläger und W die Hälfte, nämlich je 699,52 EUR zuzurechnen seien. Hierzu hörte sie den Kläger sowie die W unter Vorlage von Neuberechnungstabellen an (Schreiben vom 29.10.2007, Bl. 335, 337 VA). Der Kläger erklärte sich nach intensiver Prüfung mit der Neuberechnung einverstanden, nicht jedoch mit der Aufrechnung. Die Rückforderung in Höhe von 1.399,05 EUR werde er erst nach Vorlage des Urteils des SG vornehmen (nach Klärung der Frage des Bestehens einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft vor 01.08.2008, Schreiben vom 07.11.2007, Bl. 340 VA). Die Beklagte setzte die Neuberechnungen mit folgenden Bescheiden um:

1. Änderungsbescheid vom 20.11.2007 an den Kläger (zum Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 21.08.2006 - Zeit vom 01.08.2005 bis 31.07.2006 (Ziff. I. und II.)). Mit dem an den Kläger gerichteten Änderungsbescheid änderte die Beklagte die Entscheidung vom 21.08.2006 über die Aufhebung und Erstattung insoweit für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.07.2006 (Ziff. I. und II.), als dass die Leistung nicht mehr ganz (wie im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21.08.2006), sondern nur noch in Höhe von 606,47 EUR zurückgenommen wurde (1/2 der Erstattungsforderung).

2. Rücknahme- und Erstattungsbescheid an W vom 20.11.2007 - Zeit vom 01.08.2005 bis 31.07.2006. Für den gleichen Zeitraum nahm die Beklagte hinsichtlich der anderen Hälfte der Erstattungsforderung in Höhe von 606,68 EUR gegenüber W die Bewilligungsbescheide vom 26.10.2005, 09.02.2006, 07.03.2006 und 27.06.2006 teilweise zurück (weil eine Aufhebung oder Änderung dieser Bescheide bisher ihr gegenüber nicht erfolgt war). Der Bescheid enthielt eine Rechtsmittelbelehrung. Das hiergegen anhängige Widerspruchsverfahren ruht (Bl. 428 VA).

3. Änderungsbescheid vom 20.11.2007 an den Kläger - Zeit vom 01.08.2006 bis 31.01.2007 (Ziff. III.). Mit diesem Bescheid änderte die Beklagte die Bewilligung für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 31.01.2007 (Ziff. III). Bei Wegfall des Kindergeldes, Anrechnung des Unterhalts und unter Anrechnung des tatsächlich monatlich erzielten Lohnes ergab sich grundsätzlich eine Nachzahlung von 144,61 EUR, die die Beklagte je zur Hälfte mit den Rückforderungen aus den beiden nachfolgenden Bescheiden verrechnete.

4. Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2007 an den Kläger - Zeit vom 01.12.2006 bis 31.01.2007 (Teil von Ziff. III). Hiermit nahm die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung vom 24.07.2006 und 19.02.2007 teilweise in Höhe von 84,64 EUR (nicht in Höhe von 84,74 EUR, wie sich aus der aufgeführten Berechnung ergibt) gegenüber dem Kläger zurück und verlangte die Erstattung. Dies ergab sich aus der Differenz zwischen Anrechnung des tatsächlichen Einkommens und des bisher nicht berücksichtigten Unterhalts einerseits und der mit Änderungsbescheid vom 19.02.2007 erhöhten Leistung ohne Kindergeld. Die Überzahlung rechnete sie mit der zustehenden Nachzahlung (s.o.) in Höhe von 72,30 EUR (1/2 aus 144,61 EUR) auf und verlangte noch die Differenz von 12,33 EUR erstattet.

5. Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2007 an W - ebenfalls Zeit vom 01.12.2006 bis 31.01.2007. Ein inhaltsgleicher Bescheid erging an W.

6. Änderungsbescheid vom 20.11.2007 an den Kläger - Zeit vom 01.02.2007 bis 31.03.2007 (Teil von Ziff. IV). Zugunsten des Klägers errechnete die Beklagte für diesen Zeitraum eine Nachzahlung für Februar in Höhe von 26,01 EUR und für März in Höhe von 31,12 EUR. Insoweit hob sie die bisher hierzu ergangenen Entscheidungen auf.

7. Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2007 an den Kläger - Zeit vom 01.04.2007 bis 30.04.2007 (Teil von Ziff. IV). Für den Monat April 2007 ergab sich unter Berücksichtigung des Lohnes und des Unterhaltsanspruchs der W kein Leistungsanspruch, weshalb der Bewilligungsbescheid insoweit ganz aufgehoben wurde und die Überzahlung in Höhe von 8,18 EUR (1/2 aus bewilligten 16,36 EUR) erstattet verlangt bzw. mit der Nachzahlung für Mai 2007 (s.unten unter Ziff. 9) aufgerechnet wurde.

8. Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2007 an W - ebenfalls Zeit vom 01.04.2007 bis 30.04.2007. Ein inhaltsgleicher Bescheid erging auch an W.

9. Änderungsbescheid vom 20.11.2007 an den Kläger - Zeit vom 01.05.2007 bis 31.07.2007 (letzter Teil von I). Zugunsten des Klägers ergaben sich für die Monate Mai, Juni und Juli Nachzahlungen in Höhe von 126 EUR (gemindert durch die Aufrechnung mit Erstattungsforderung in Höhe von 16,36 EUR), 249,24 EUR und 272,48 EUR.

Mit Ausnahme des Bescheids unter Ziff. 2 an W, dem eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, enthielten alle Bescheide den Hinweis, gem. § 96 SGG Gegenstand der anhängigen Klageverfahren geworden zu sein.

In der mündlichen Verhandlung am 29.11.2007 hat das SG die Klagen (S 13 AS 4485/06, 2506/07 und 2613/07) durch Beschluss unter dem Az. S 13 AS 4485/06 verbunden (Bl. 99 SG) und die Klagen mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Änderungs-, Rücknahme- und Erstattungsbescheide vom 20.11.2007 mit Ausnahme der an W erteilten Bescheide, gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden seien. W sei hingegen nicht am Verfahren beteiligt. Der Kläger lebe aufgrund der besonderen Umstände bereits seit seinem Einzug bei W mit dieser in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft iS von § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II (in der bis 31.07.2006 geltenden Fassung) bzw. in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft iS von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II (ab 01.08.2006 geltende Fassung) zusammen. Die die Beziehung prägenden inneren Bindungen ergäben sich daraus, dass beide seit ca. 12 Jahren befreundet seien, sexuelle Beziehungen zwischen ihnen bestünden und sie die Wohnung der W wie ein Ehepaar bewohnten. W stehe trotz getrennter Kassen und Konten durch die Gewährung mietfreien Wohnens in einem nicht unerheblichen Umfang für den Kläger ein, sie nutzten den PKW des Klägers, den W versichert habe, gemeinsam. Auch stelle der Kläger selber ein eheähnliches Zusammenleben nur wegen des noch nicht abgelaufenen 3-Jahreszeitraums und nicht wegen fehlender innerer Bindungen in Abrede.

Gegen das ihm am 07.12.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.12.2007 Berufung eingelegt, im Wesentlichen mit der gleichen Begründung sein Begehren weiterverfolgt und eine Nachzahlung in Höhe von 5.744,03 EUR bis einschließlich November 2007 zuzüglich der darüber hinaus angefallenen Nachzahlungen bis 31.07.2008 begehrt.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.11.2007 aufzuheben, 2. den Aufhebungs- und Erstattungs-Bescheid der Beklagten vom 21.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.08.2006, dieser in Form des Änderungsbescheids vom 20.11.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.07.2006 unter Abänderung der Bewilligungsbescheide vom 26.10.2005, vom 09.02.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 07.03.2006 sowie des Abhilfebescheids vom 27.06.2006 höhere Leistungen ohne Berücksichtigung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu gewähren, 3. den Änderungsbescheid (Zugunstenbescheid) vom 19.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2007 in der Form des Änderungsbescheids vom 20.11.2007 abzuändern sowie den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.08.2006 bis 31.01.2007 unter Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 24.07.2006 höhere Leistungen ohne Berücksichtigung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu gewähren, 4. den Bewilligungsbescheid vom 19.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2007 in Form der Änderungsbescheide vom 02.06.2007 und vom 20.11.2007 abzuändern sowie den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.07.2007 höhere Leistungen ohne Berücksichtigung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu gewähren. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Berichterstatterin hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten im Termin am 30.05.2008 erörtert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die statthafte (§§ 143, 144 Abs.1 Satz 2 SGG), frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide sowie Änderungsbescheide sind rechtmäßig; der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf höhere SGB-II-Leistungen.

I. Bewilligungszeitraum vom 01.08.2005 bis 31.01.2006 und II. Bewilligungszeitraum vom 01.02.2006 bis 31.07.2006

Streitgegenstand sind der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.08.2006 in Form des an den Kläger gerichteten Änderungsbescheids vom 20.11.2007, letzterer ist gem. § 96 SGG Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens geworden. Zu Recht ist das SG davon ausgegangen, dass der an W gerichtete Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2007 - obwohl er einen Teil des Bescheids vom 21.08.2006 ändert - nicht Gegenstand des Verfahrens geworden ist und dass W nicht am Verfahren beteiligt ist. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur die diesbezügliche Klage des Klägers. Zwar hat das Bundessozialgericht (BSG) wegen der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten und daraus resultierenden Zweifeln für eine Übergangszeit bis 30.06.2007 nach dem "Meistbegünstigungsprinzip" unabhängig vom Wortlaut Klageanträge eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft dahingehend ausgelegt, dass alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft klagen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn eine Bedarfsgemeinschaft - wie hier - bestritten wird (BSG Urteil vom 07.11.2006 - Az. B 7b AS 8/06 R). Nicht Streitgegenstand sind die Bewilligungsbescheide vom 26.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2005 und vom 09.02.2006 in Form des Änderungsbescheids vom 07.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.04.2006 und der Abhilfebescheid vom 27.06.2006, weil der Kläger gegen diese Bescheide keine Klage erhoben hat und diese deshalb bindend geworden sind (§ 39 Abs. 2 SGB X, § 77 SGG).

Gegen die streitgegenständlichen Bescheide vom 21.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.08.2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 20.11.2007 ist nur die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG), nicht die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage - wie der Kläger begehrt - statthaft. Richtet sich die Anfechtungsklage gegen einen Änderungs- oder Berichtigungsbescheid, dh gegen einen Verwaltungsakt, der einen anderen Verwaltungsakt ändert oder berichtigt, kann für den Fall, dass der erste Verwaltungsakt bindend ist, der Änderungsbescheid nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht; im Übrigen ist die Klage unzulässig. Bei Änderung oder Berichtigung bleibt der bestandskräftige erste Verwaltungsakt bestehen, er erhält teilweise einen anderen Inhalt. Der Rechtsbehelf gegen den Änderungsbescheid kann keinen über die Reichweite dieses Verwaltungsakts hinausgehenden Erfolg haben; die Klage kann nicht zugleich gegen Inhalte des bestandskräftigen Ausgangs-Verwaltungsakts gerichtet werden (Keller in Meyer-Ladewig, SGG, § 54 Rnr. 7a mit Hinweis auf BVerwG 37, 293; Hk-SGG/Castendiek § 54 Rnr. 25). Eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist unzulässig, wenn der Verwaltungsakt bestandskräftig ist (Hk-SGG/Castendiek aaO Rnr. 129). Vorliegend betrifft der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21.08.2006/Widerspruchs-bescheid vom 31.08.2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 20.11.2007 die bestandskräftig gewordenen Leistungsbewilligungen (Bescheid vom 26.10.2005/Widerspruchsbescheid vom 21.12.2005; Bescheid vom 09.02.2006/Widerspruchsbescheid vom 03.04.2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 07.03.2006 und 27.06.2006) für die Zeiträume vom 01.08.2005 bis 31.01.2006 und 01.02.2006 bis 31.07.2006. Soweit der Kläger für diese bestandskräftig bewilligten Leistungszeiträume eine Verurteilung der Beklagten zu höheren Leistungen ohne die Berücksichtigung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit W begehrt, ist seine Klage unzulässig. Hier ist deshalb allein die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 21.08.2006/Widerspruchs-bescheids vom 31.08.2006 in der Form des Änderungsbescheids vom 20.11.2007 zu überprüfen.

Rechtsgrundlage für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 21.08.2006 in Form des Bescheids vom 20.11.2007 ist § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). In diesem Zusammenhang ist zunächst nicht zu beanstanden, dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 21.08.2006 die Bescheide vom 26.10.2005 und 09.02.2006 (in Gestalt der Widerspruchsbescheide und des Abänderungsbescheids s.o.) ganz aufgehoben und diese Entscheidung durch den Änderungsbescheid vom 20.11.2007 noch mal dahingehend korrigiert, dass sie die Bescheide nur noch teilweise aufgehoben hat. Denn die Rücknahme einer Rücknahmeentscheidung ist rechtlich zulässig (Wiesner in von Wulffen, SGB X vor §§ 44-49 Rnr. 4). Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Er darf nach Abs. 2 S. 1 dieser Vorschrift nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte in den unter Abs. 2 S. 3 Nr. 1 bis 3 genannten Fällen nicht berufen, nach Nr. 2 dann nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Berechtigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Darüber hinaus sind die Fristen in Abs. 3 zu beachten. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 20.11.2007 die teilweise Aufhebung der Ursprungsbescheide nur noch auf die monatliche Unterhaltszahlung an W in Höhe von 97,15 EUR gestützt. Der Kläger hatte der Beklagten mit seinen den Leistungsbewilligungen zugrundeliegenden Anträgen die für die Leistungsberechnung relevanten Unterhaltszahlungen an die W nicht mitgeteilt und damit - zumindest - grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht. Die Beklagte war daher zur teilweisen Aufhebung der zugrundeliegenden Bewilligungsbescheide für die Vergangenheit und zur Forderung der Erstattung gem. § 45 SGB X, § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II iVm. § 330 Abs. 2 SGB III und § 50 SGB X berechtigt. Im Übrigen hat die Beklagte das Einkommen der W in der tatsächlich erzielten Höhe nachträglich nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde) berücksichtigt. Anhaltspunkte für Fehler bei der Berechnung ergeben sich für den Senat nicht. Auch der Kläger hat nach intensiver Prüfung die ihm zugänglich gemachten Berechnungen für richtig erachtet und insoweit keine Einwendungen erhoben. Die Differenz zur Summe der für 12 Monate nach berechneten 97,15 EUR beruht auf der Berücksichtigung der später bekanntgewordenen tatsächlichen, etwas höheren Lohnsumme der W (vgl. Tabelle Bl. 333 VA). Damit erweist sich der Bescheid der Beklagten vom 21.08.2006 in Form des Bescheids vom 20.11.2007 als rechtmäßig.

III. Bewilligungszeitraum vom 01.08.2006 bis 31.01.2007

Streitgegenstand ist für diesen Zeitraum der Änderungsbescheid vom 19.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2007 in Form des Änderungsbescheids vom 20.11.2007 sowie der an den Kläger adressierte Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2007, letztere wiederum nach § 96 Gegenstand des Verfahrens. Aus den unter I. und II. genannten Gründen ist der an W gerichtete Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2007 nicht Gegenstand des Verfahrens (entgegen der anderslautenden Rechtsmittelbelehrung); ebenfalls nicht Streitgegenstand ist der zugrundeliegende Bewilligungsbescheid vom 24.07.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.08.2006, den der Kläger ebenfalls hat bindend werden lassen. Aus den bereits unter Ziff. I. und II. aufgeführten Gründen ist es dem Kläger deshalb verwehrt, eine höhere Leistung wegen des Nichtbestehens einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu verlangen. Die Klage ist insoweit unzulässig. Statthafte Klageart ist hier ebenfalls nur die isolierte Anfechtungsklage. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Neuberechnung im Änderungsbescheid vom 20.11.2007 ergeben sich aus den unter I. und II. genannten Gründen nicht, da die Beklagte in dem den Kläger belastenden Teil des Bescheids ebenfalls nur die ihrem Kenntnisstand entsprechenden Einkommensverhältnisse der W, die der Kläger vorher nicht mitgeteilt hatte, berücksichtigt hat. Die Berechnung im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2007, die die veränderte Sachlage zwischen dem Änderungsbescheid vom 19.02.2007 und der Bewilligung im Änderungsbescheid vom 20.11.2007 (Anrechnung von Unterhalt und tatsächlichem Lohn der W) nachvollzog, ist nicht zu beanstanden, der Kläger hat ihr ebenfalls zugestimmt. Die Rechtmäßigkeit der erklärten Aufrechnung, die der Kläger ablehnt, ergibt sich aus § 43 SGB II, wonach Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis zu einem Betrag in Höhe von 30 vom Hundert der für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Regelleistung mit Ansprüchen der Träger von Leistungen nach diesem Buch aufgerechnet werden können, wenn es sich um Ansprüche auf Erstattung oder auf Schadenersatz handelt, die der Hilfebedürftige durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben veranlasst hat. Damit erweist sich auch der Änderungsbescheid vom 19.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2007 in Form des Änderungsbescheids vom 20.11.2007 und des an den Kläger adressierten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2007 als rechtmäßig.

IV. Bewilligungszeitraum vom 01.02.2007 bis 31.07.2007

Streitgegenstand ist hier der Bewilligungsbescheid vom 19.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2007 in Form der Änderungsbescheide vom 02.06.2007 und vom 20.11.2007 (2 Bescheide) sowie des - an den Kläger gerichteten - Rücknahme- und Erstattungsbescheids vom 20.11.2007, die letzten drei Bescheide sind gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Ebenfalls nicht Streitgegenstand ist - entgegen der Rechtsmittelbelehrung - der Rücknahme- und Erstattungsbescheid gegen W (vgl. oben). Statthafte Klageart ist für diesen Bewilligungszeitraum die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs.1 iVm Abs. 4 SGG), sodass der Kläger für diesen Zeitraum auch höhere Leistungen ohne Berücksichtigung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit W geltend machen kann.

Der Kläger hätte nur dann Anspruch auf höhere Leistungen, wenn er iS des Gesetzes allein stehend wäre (§ 20 Abs. 2 SGB II) und nicht mit W in einer Bedarfsgemeinschaft leben würde. Dies ist nicht der Fall, wie das SG zutreffend festgestellt hat. Der Kläger hat für den Zeitraum vom 01.02.2007 bis 31.07.2007 lediglich Anspruch auf Bewilligung von SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung des Einkommens der W, weil er mit W - zur Überzeugung des Senats auch schon seit seinem Einzug am 01.08.2005 - in eheähnlicher Gemeinschaft lebt.

Gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II haben Anspruch auf Leistungen Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Hilfebedürftig ist gem. § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann und die erforderliche Hilfe auch nicht von anderen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Eine Bedarfsgemeinschaft besteht nach § 7 Abs. 3c SGB II (in der ab 01.08.2006 gültigen Fassung des Gesetzes vom 20.07.2006 BGBl. I. S. 1706; auf die vorige Fassung kommt es für den hier zu beurteilenden Zeitraum nicht mehr an) zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der Person, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammen lebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (eheähnliche Gemeinschaft). Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird u.a. vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Ziff 1 SGB II in der Fassung ab 01.08.2006). Die vom Gesetzgeber genannten Kriterien, bei deren Vorliegen das Bestehen einer Einstehensgemeinschaft vermutet wird, greifen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) und daran anschließend des Bundessozialgerichtes (BSG) auf. Im Anschluss an die Rechtsprechung, die zunächst hinsichtlich der Dauerhaftigkeit der Beziehung von einem Dreijahreszeitraum für das Zusammenleben ausging - woran der Kläger mit der Zitierung des Urteils des SG Düsseldorf (Az. S 35 AS 146/05) noch anknüpft -, dann jedenfalls bei einer Dauer des Zusammenlebens von bis zu einem Jahr regelmäßig (negatives Ausschlusskriterium) eine Einstehensgemeinschaft vorliegen sah, hat der Gesetzgeber den Zeitraum des Zusammenlebens, der die Vermutung für das Vorliegen einer Einstehensgemeinschaft begründet, ab 01.08.2006 auf ein Jahr festgelegt (vgl. BT-Drucksache 16/1410 zu Nummer 7). Eine eheähnliche Gemeinschaft ist nach der Definition des BVerfG eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft einer Frau und eines Mannes, die daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, wenn die Partner wie ein nicht getrenntes Ehepaar in einer gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft leben, sie also in Übereinstimmung einen gemeinsamen Haushalt führen, wie es für das Zusammenleben von Ehegatten typisch ist. Eine eheähnliche Gemeinschaft ist nur dann gegeben, wenn neben dem Vorliegen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft die auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau sich – im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft – durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen (BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 – 1 BvL 8/87, zitiert nach Juris, Rdnr. 92; BVerwG, Urteil vom 17.05.1995 – 5 C 16/93FEVS 46, 1; BSGE 90, 90; BSG SozR 3-4100 § 144 Nr. 10). Ob eine Einstehensgemeinschaft vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des BVerfG durch eine Gesamtwürdigung der Umstände anhand von Indizien zu entscheiden. Hierfür sprechen insbesondere: Eine bestehende Wohngemeinschaft, die Dauer des Zusammenlebens, die Betreuung gemeinsamer Kinder, die gegenseitige Verfügungsmacht über Einkommen und Vermögen, die Dauer und die Intensität der Bekanntschaft vor dem Zusammenziehen, der Anlass für das Zusammenziehen und die nach außen erkennbare Intensität der gelebten Gemeinschaft (BVerfG, a.a.O.). Die Rechtsprechung der Landessozialgerichte hat diese Kriterien ergänzt: Es ist auch auf die Ernsthaftigkeit einer Beziehung, deren Dauerhaftigkeit und Kontinuität, die Begünstigung des Partners in Lebensversicherungsverträgen und den Abschluss von Versicherungen für den Partner abzustellen (u.a. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.12.2006 - L 10 AS 1404/05 - zitiert nach Juris, Rdnr. 29). Diese Indizien sind weder abschließend noch müssen sie kumulativ vorliegen. Für die Beurteilung kommt es vielmehr auf eine Gesamtbetrachtung der Umstände an (LSG Nordrhein-Westfalen, NJW 2005, 2253). Bei der Prüfung ist auf die gegenwärtigen Verhältnisse abzustellen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.03.2007 – L 7 AS 640/07 ER-B). Dagegen ist nicht entscheidend, ob eine sexuelle Beziehung zwischen den Partnern vorliegt und wie intensiv diese ist; jedoch können intime Beziehungen, sofern sie bekannt sind, als Hinweistatsache für eine eheähnliche Gemeinschaft herangezogen werden (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 05.07.2007 – L 3 AS 32/06; Winkler, info also 2005; S.251 ff.). Die schlichte Behauptung, nicht in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben und sich finanziell nicht gegenseitig zu unterstützen, kann nicht als Nachweis des Nichtbestehens der eheähnlichen Gemeinschaft dienen (BT-Drucksache 16/1410, S. 48). Da es sich bei der Frage, ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, im Wesentlichen um innere Tatsachen handelt, ist das Gericht auf Indizien angewiesen und kann nicht allein den schlichten Behauptungen eines Teiles oder beider Partner einer evtl. bestehenden derartigen Gemeinschaft ausschlaggebendes Gewicht beimessen (LSG Niedersachsen–Bremen, Beschluss vom 20.04.2007 – L 13 AS 40/07 ER – zitiert nach Juris, insbesondere Rn. 15; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.03.2007 – L 7 AS 640/07 ER-B – zitiert nach Juris, insbesondere Rn. 25; OVG Bremen, Beschluss vom 28.06.2007 – S 2 B 203/07 und S 2 B 204/07 – zitiert nach Juris, insbesondere Rn. 16).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist dem Kläger die Widerlegung der Vermutung, dass er mit W nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt, nicht gelungen. Für das Bestehen einer solchen spricht vielmehr, dass der Kläger zunächst bis zur erheblichen Rückforderung durch die Beklagte die Entscheidung, von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft auszugehen, akzeptiert hatte und die Bewilligungsbescheide hat bestandskräftig werden lassen. Der Eintrag mit blauer Tinte im ursprünglichen Antrag auf Leistungen spricht dafür, dass die Angaben vom Kläger gemacht wurden. In Folgeanträgen hat er eine Änderung der Verhältnisse zunächst verneint. Die W hat den Kläger bei der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung als ihren Ehe/Lebenspartner angegeben und dies bereits vor dem Einzug des W. Der Kläger holt den behinderten Sohn der W aus dem Landkreis Uelzen mit seinem PKW nach Hause ab. Sie bewohnen eine 3-Zimmer-Wohnung gemeinsam ohne räumliche Trennung wie ein Ehepaar. Die W erledigt für beide gemeinsam den Haushalt. Es bestehen sexuelle Beziehungen. Die Rundfunkgebühren für die gemeinsame Wohnung werden vom Konto des Klägers abgebucht. Er hat Zugang zu den persönlichen Unterlagen der W, so hat er ohne ihr Beisein den Unterhaltstitel der W der Beklagten vorgelegt (s. Bl. 315 VA). Freizeit wird gemeinsam verbracht und scheitert allenfalls am Zeitmangel der W. Diese (objektiven) Gesamtumstände sprechen eindeutig für eine eheähnliche Lebensgemeinschaft. Im Übrigen ist die Berechnung der Beklagten nicht zu beanstanden. Sie hatte bereits im Bewilligungsbescheid vom 19.02.2007 nur die Unterhaltszahlung an W in Höhe von 97,15 EUR und nicht die Kindergeldzahlung einkommensteigernd berücksichtigt, so dass hierfür eine Korrektur nachträglich nicht vorgenommen werden musste. Einwendungen gegen die Änderungsbescheide, die die Erhöhung des Regelsatzes (Bescheid vom 02.06.2007) und die Veränderungen bei der Lohnsumme der Klägerin (Bescheide vom 20.11.2007) nachvollzogen haben, werden vom Kläger nicht erhoben und sind auch für den Senat nicht ersichtlich. Der Bewilligungsbescheid vom 19.02.2007 erweist sich daher mit seinen Änderungen als rechtmäßig.

Die Berufung war aus den genannten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 192 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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