Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KNU 3681/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KNU 5332/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Rücknahme des Bescheids der Beklagten vom 9. April 1998 und die Gewährung einer Rente wegen einer anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung - BKV - (Lärmschwerhörigkeit).
Der 1927 geborene Kläger war vom 11. März 1943 bis 13. Oktober 1944 als Berglehrling beschäftigt. Nach Militärdienst vom 14. Oktober 1944 bis 31. Juli 1945 war er vom 1. August 1945 bis 14. September 1949 als Hauer, Schießmeister und Knappe, anschließend bis 31. Dezember 1950 als Lehr- und Grubensteiger, anschließend bis 31. März 1968 - unterbrochen durch eine Arbeitslosigkeit vom 1. April bis 31. Mai 1957 - als Grubensteiger in verschiedenen Unternehmen des Bergbaus beschäftigt. Ab 1. April 1968 war er als Bauingenieur, Bauleiter oder Geschäftsführer in Unternehmen des Straßen- und Landschaftsbaus beschäftigt.
HNO-Arzt Dr. Heumann erstattete die ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit vom 21. Juli 1975. Beigefügt war ein Tonaudiogramm vom 16. Juli 1975. Staatliche Gewerbearzt Dr. R. führte in seiner Stellungnahme vom 30. Juli 1976 aus, der Befund (innenohrbedingter Hörverlust im oberen Tonbereich beiderseits) sei so gering, dass aus ihm erfahrungsgemäß eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht resultiere. Mit Bescheid vom 18. August 1976 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Entschädigung aus Anlass einer Berufskrankheit nach (der damals noch geltenden) Nr. 26 der Anlage zur Siebten BKV ab. Es bestehe ein geringfügiger innenohrbedingter Hörverlust beidseits als mögliche Folge langjähriger Lärmarbeit. Eine MdE messbaren Grades werde hierdurch jedoch nicht verursacht.
Am 5. Juli 1983 stellte der Kläger einen Verschlimmerungsantrag, der nicht weiter bearbeitet wurde. Im Oktober 1997 machte er geltend, aus einem ärztlich festgestellten Hörverlust von 30% auf dem rechten Ohr und von 20% auf dem linken Ohr ergebe sich eine MdE von 15 vom Hundert (v.H.), sodass ein Anspruch auf eine Stützrente bestehe. Auf Anfrage der Beklagten gaben der Technische Aufsichtsdienst der Tiefbau-Berufsgenossenschaft (Schreiben vom 22. Dezember 1997) und die Gartenbau-Berufsgenossenschaft (Schreiben vom 19. Januar 1997) an, der Beurteilungspegel über eine Arbeitswoche betrachtet habe für die Tätigkeit von 1. April 1968 bis 31. März 1976 unter 85 dB(A) gelegen bzw. der Kläger habe in der Zeit vom 1. April 1976 bis 31. März 1995 keine Arbeiten mit wesentlicher Lärmbelastung ausgeübt. In der Stellungnahme vom 19. März 1998 sah Prof. Dr. Hi. nach Aktenlage die Hörstörung unter Berücksichtigung der Berufsanamnese als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV an, die jedoch eine wirtschaftlich messbare MdE (mindestens 10 v.H.) nicht bedinge. Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 9. April 1998 eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV an, lehnte aber einen Anspruch auf Rente ab. Nachdem der Kläger Widerspruch erhoben hatte, führte der beratende HNO-Arzt der Beklagten Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 14. September 1998 aus, aus einem Tonaudiogramm vom 2. Mai 1988 sei eine Hochtonschwerhörigkeit beidseits erkennbar. Es könne maximal von einem prozentualen Hörverlust von 10% beidseits ausgegangen werden. Hierdurch sei 30 Jahre nach Beendigung der beruflichen Lärmexposition keine MdE in wirtschaftlich messbarem Grade ableitbar. Die Zunahme des Hörverlusts von 1968 bis 1998 (nach dem Tonaudiogramm vom 12. Juni 1998 Hörverlust rechts von 55% und links von 25%) müsse als lärmunabhängig angesehen werden. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Dr. N. vom 19. März 1998 zurück (Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 1998).
Mit Bescheiden vom 1. Juli 1999 erkannte die Beklagte eine Berufskrankheit nach Nr. 4111 der Anlage zur BKV an und bewilligte dem Kläger eine Dauerrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 23. November 1996 sowie eine Berufskrankheit nach Nr. 4101 der Anlage zur BKV an, lehnte jedoch einen Anspruch auf Leistungen wegen der geringen Ausprägung ab. Der Kläger beantragte daraufhin am 1. September 1999 die Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Stützrente wegen der Lärmschwerhörigkeit vorliegen. Unter Übersendung der Bescheide vom 9. April und 14. Oktober 1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Zahlung einer Rente nicht in Betracht komme (Schreiben vom 1. September 1999). Der Kläger hielt an seinem Überprüfungsantrag fest. Er leide an Ohrgeräuschen, die bislang nicht berücksichtigt worden seien (Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 23. September 1999). Weiter behauptete er, in der Zeit vom 1. April 1969 bis 30. März 1976 als bauleitender Subunternehmer auf Baustellen mit erheblicher Lärmbelästigung tätig gewesen zu sein. Auf Anfrage der Beklagten teilte HNO-Arzt Dr. Bo. mit (Schreiben vom 25. November 1999), der Kläger habe dieses Jahr erstmals Ohrgeräusch zur Sprache gebracht und berichtet, dass diese verstärkt seien. Dr. N. blieb in seiner Stellungnahme vom 25. Januar 2000 bei der Einschätzung der MdE mit unter 10 v.H ... Dass eine Tinnitussymptomatik schon 30 Jahre vor dem erstmaligen Klagen hierüber vorgelegen habe, halte er für abwegig und somit für unwahrscheinlich. Zumindest habe keinerlei Leidensdruck bestanden, der den Versicherten zu ärztlichen Konsultationen geführt gehabt hätte. Mit Bescheid vom 22. August 2000 lehnte es die Beklagte ab, den Bescheid vom 9. April 1998 zurückzunehmen und wegen der Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV eine Entschädigung zu leisten. Die beruflich verursachte Hochtonschwerhörigkeit verursache nur einen prozentualen Hörverlust von 10% beidseits. Eine messbare MdE werde dadurch noch nicht begründet. Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten aus den Gründen des angefochtenen Bescheids zurück (Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2001). Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Freiburg (SG) nach Anhörung des behandelnden HNO-Arztes Dr. Bo., der die Stellungnahme des Dr. N. vom 14. September 1998 für schlüssig hielt, ab (Urteil vom 27. Juli 2001 - S 2 KN 167/01 -). Im anschließenden Berufungsverfahren (L 13 KN 3569/01) erstattete Prof. Dr. Z. das hals-nasen-ohrenärztliche Gutachten nach Aktenlage vom 21. Mai 2002. Die Schwerhörigkeit habe sich kontinuierlich und deutlich bis zum heutigen Stand verschlechtert. Diese Verschlechterung sei jedoch nicht durch Berufslärm entstanden, da ein solcher nach 1975 oder nach Angaben des Klägers nach 1976 nicht mehr vorgelegen habe. Die Verschlimmerung nach 1975 beruhe sicher nicht auf der vor 1975 ausgeübten Lärmtätigkeit. Es sei wissenschaftlich anerkannt, dass eine Lärmschwerhörigkeit nur während der Expositionszeit entstehen könne. Verschlechterungen nach Ende der Expositionszeit seien lärmunabhängig und als Nachschaden anzusehen. Aus einem Tonaudiogramm vom 1975 lasse sich ein prozentualer Hörverlust von 0% beidseits ableiten. Da der Kläger die Ohrgeräusche erstmals 1999 angegeben habe, spreche dies dafür, dass diese 1975 entweder noch gar nicht vorhanden gewesen seien oder zumindest keinen substanziellen Leidensdruck verursacht hätten, sodass sie bei der Beurteilung der MdE keine Rolle spielen könnten. Die berufslärmbedingte MdE betrage 0 v.H ... Der Kläger nahm daraufhin seine Berufung zurück.
In dem weiteren Klageverfahren beim SG S 2 KN 954/03, in dem der Kläger die Erstattung der Kosten der Versorgung mit Hörgeräten über die Festbeträge hinaus begehrte, erstattete Prof. Dr. Z. das Gutachten vom 3. September 2003. Er hielt die Versorgung mit Hörgeräten im Rahmen der Festbetragsregelung für nicht ausreichend. Unter Verweis auf dieses Gutachten machte der Kläger erneut geltend, bezüglich der Lärmschwerhörigkeit sei eine MdE von 10 v.H. und damit eine Stützrente anzuerkennen (Schreiben vom 23. Oktober 2003). Prof. Dr. Z. habe das Gutachten vom 21. Mai 2002 nur nach Aktenlage erstellt und habe in seinem weiteren Gutachten vom 3. September 2003 darauf hingewiesen, ein Stütztatbestand liege vor. Im Übrigen liege eine MdE von mindestens 20 v.H. vor. Die Beklagte lehnte die Rücknahme des Bescheids vom 9. April 1998 ab (Bescheid vom 24. März 2004). Das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003 habe sich mit Fragen der Hörgeräteversorgung und nicht mit der Höhe der MdE wegen der anerkannten Berufskrankheit (der Lärmschwerhörigkeit) befasst. Das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 habe bestätigt, dass eine berufslärmbedingte MdE von 0 v.H. bestehe. Es bestehe damit auch kein Stützrententatbestand. Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2004). Neue Tatsachen, die bei Erteilung des Bescheids vom 9. April 1998 oder im Überprüfungsverfahren nicht berücksichtigt worden seien, aber von Bedeutung gewesen wären und zu einer anderen Entscheidung hätten führen können, lägen nicht vor.
Hiergegen erhob der Kläger Klage beim SG (S 2 KN 2101/04). Die Beklagte verhindere ein Gutachten entsprechend dem "Königsteiner Merkblatt". Das Gutachten vom 21. Mai 2002 sei entgegen der Anordnung des LSG nur nach Aktenlage erstellt worden und könne deshalb nicht zur Urteilsfindung herangezogen werden. Bereits das Audiogramm vom 16. Juli 1975 reiche aus, um ohne Berücksichtigung des Tinnitus eine MdE von 15 v.H. anzunehmen. Mit Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2001 wies das SG die Klage ab. Der Bescheid vom 9. April 1998 sei nicht rechtswidrig, weil der Anteil der als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit an der vorliegenden Hörstörung keine MdE von mindestens 10 v.H. bedinge, wie bereits im Urteil vom 27. Juli 2001 entschieden worden sei. Das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003 sei nicht zu der Feststellung gekommen, dass die frühere Beurteilung der MdE revidiert werden müsse. Die hiergegen eingelegte Berufung L 13 KNU 427/06 nahm der Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 19. April 2006 zurück.
Nachdem der Kläger gegenüber der Beklagten auf einer erneuten Untersuchung bestand sowie erneut auf die Äußerung im Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003, es bestehe ein Stützrententatbestand, verwies, teilte ihm die Beklagte mit, neue Tatsachen seien nicht erkennbar, sodass sie davon absehe, einen Bescheid nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuch (SGB X) zu erteilen (Schreiben vom 12. Dezember 2006). Hiergegen erhob der Kläger "Widerspruch". Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. April 2007 die Rücknahme des Bescheids vom 9. April 1998 und die Einleitung eines neuen Verwaltungsverfahrens ab. Es lägen keine neue Tatsachen vor. Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2007). Nach dem Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 bestehe unter Berücksichtigung der MdE-Richtlinien im "Königsteiner Merkblatt" keine Lärmschwerhörigkeit, die eine messbare MdE bedinge. Das Audiogramm vom 16. Juli 1975 zeige ebenso wie das Audiogramm vom 2. Mai 1988 einen Hörverlust, der keine messbare MdE zur Folge gehabt habe. Die danach eingetretene Verschlimmerung der Schwerhörigkeit könne nicht auf die berufliche Lärmgefährdung zurückgeführt werden. Eine aktuelle Begutachtung könne deshalb keine neuen Erkenntnisse erbringen.
Der Kläger erhob am 4. Juli 2007 Klage beim SG. Er machte erneut geltend, das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 missachte die Empfehlungen des "Königsteiner Merkblatts" und sei in sich widersprüchlich. Das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003 habe ergeben, dass die bestehende Lärmschwerhörigkeit in der Zeit von 1943 bis 1968 im Bergbau durch erhöhte Lärmbelästigung erworben worden sei und bekräftige, dass ein Stützrententatbestand vorliege, da seit November 1996 aufgrund der Berufskrankheit nach Nr. 4111 der Anlage zur BKV eine MdE von 20 v.H. vorliege. Es stelle sich die Frage, wozu Hörhilfen, deren Versorgung die Beklagte übernommen habe, benötigt würden und die die erworbene Lärmschwerhörigkeit ausgleichen sollten, wenn nach dem Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 keine Lärmschwerhörigkeit bestehe. Eine geringgradige Schwerhörigkeit bestehe seit 1968. Die Schwerhörigkeit habe nichts mit seinem Alter zu tun.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung nahm es Bezug auf den Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2006 und führte weiter aus, nach dem Ergebnis der in früheren Verfahren durchgeführten medizinischen Ermittlungen lasse sich eine durch Lärmexposition verursachte Schwerhörigkeit, die mit einer MdE von mindestens 10 v.H. zu bewerten sei, nicht nachweisen. Prof. Dr. Z. habe dieses Ergebnis in seinem Gutachten vom 21. Mai 2002 in nicht zu beanstandender Weise schlüssig und nachvollziehbar begründet. Aufgrund eines negativen Ausgangsbefunds im Jahre 1975 und dann fehlender fortgesetzter Lärmexposition habe es der vom Kläger angeführten Untersuchungen von vornherein nicht mehr bedurft.
Gegen den ihm am 7. November 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12. November 2007 Berufung eingelegt. Es bestehe seit 1975 eine geringfügige Lärmschwerhörigkeit. Dies werde durch das Tonaudiogramm vom Juli 1975 bestätigt. Nach der Tabelle 3 des "Königsteiner Merkblatts" zur Berechnung der MdE im Mittel mit einer MdE von 20 v.H. bewertet. Das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 sei ohne klinische Untersuchung erstattet worden. Das SG habe die widersprüchlichen Aussagen in den Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 und 3. September 2003 nicht geklärt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Oktober 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 12. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2007 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 9. April 1998 Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 1998 teilweise zurückzunehmen und ihm wegen der Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit (Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung) ab 1. Januar 2002 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 15 v.H. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des LSG und des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte und auch nach § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2007 ist rechtmäßig.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit beurteilt sich nach dem zum 1. Januar 1997 Kraft getretenen (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes) Siebten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VII). Nach § 214 Abs. 3 Satz 1 SGB VII gelten die in Vorschriften über Renten, Beihilfen, Abfindungen und Mehrleistungen auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten sind, wenn diese Leistungen nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erstmals festzusetzen sind. Da die Beklagte erstmals mit dem Bescheid vom 9. April 1998 die Berufskrankheit nach Nr. 2301 Anlage zur BKV anerkannte, wäre eine Rente erstmals für einen Zeitpunkt nach dem Inkrafttreten des SGB VII zum 1. Januar 1997 festzusetzen gewesen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 19. August 2003 - B 2 U 9/03 R - und 4. Dezember 2007 - B 2 U 34/06 R -).
Nach § 56 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen. Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV ist eine Lärmschwerhörigkeit.
Eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV (Lärmschwerhörigkeit) ist dem Grunde nach mit dem Bescheid vom 9. April 1998 anerkannt. Aus dieser Anerkennung einer Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit dem Grunde nach folgt aber nicht, dass der gesamte Hörverlust Folge der Berufskrankheit ist. Erforderlich ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung. Für die Beurteilung Zusammenhangs gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, die Theorie der wesentlichen Bedingung. Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Haben mehrere Bedingungen zu einem Erfolg beigetragen, so sind nur solche Bedingungen wesentlich, die gegenüber anderen von überragender Bedeutung sind (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen: z.B. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 22/03 R -; Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R -; Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -; jeweils m.w.N.). Was den anzuwendenden Beweismaßstab anbelangt, gelten für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs verminderte Anforderungen. Während die Grundlagen der Ursachenbeurteilung - versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung - mit einem der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein müssen, genügt für den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aufgrund der mit der zumeist medizinischen Beurteilung dieses Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände, die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.). Von diesen Grundsätzen ist nicht deshalb abzuweichen, weil das Unfallereignis längere Zeit zurückliegt.
Beim Kläger liegt zwar zwischenzeitlich ein Hörverlust von 75 v.H. rechts und von 40 v.H. links vor, wie sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003 ergibt. Da die Beklagten allein über einen Antrag des Klägers auf Rücknahme des bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 9. April 1998 entschieden hat, muss im vorliegenden alleinige werden , ob zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids eine ein Hörverlust bestand, der eine MdE wenigstens 10 v.H. rechtfertigte. Dies ist nicht der Fall. Wie bereits das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 2007 sowie im Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2006 folgt auch der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002. Prof. Dr. Z. führte aus, dass 1975 lediglich eine geringfügige Lärmschwerhörigkeit bestand. Diese Beurteilung stützte er auf das Tonaudiogramm vom 16. Juli 1975, das beidseits Normalhörigkeit in den tiefen und mittleren Frequenzen bis vier kHz, darüber einen Hochtonsteilabfall bis 60 dB bei sechs kHz sowie keine sicher messbare Hörschwellen bei acht kHz zeigte. Die Auswertung des Audiogramms vom 16. Juli 1975 durch Prof. Dr. Z. steht in Übereinstimmung mit der Auswertung aller anderen HNO-Ärzte, die seit der Anzeige über die Berufskrankheit vom 21. Juli 1975 dieses Tonaudiogramm beurteilten (Stellungnahmen des Dr. R. vom 30. Juli 1976 und des Dr. N. vom 19. März 1998). Im Juli 1975 war der Kläger bereits nicht mehr in Lärmexposition beschäftigt. Die Beschäftigung mit der schädigenden Lärmexposition war am 31. März 1968 beendet. Für die Beschäftigungen danach lässt sich unter Berücksichtigung der von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen eine schädigende Lärmexposition nicht feststellen. Eine Lärmschwerhörigkeit kann nur während des Zeitraums einer Lärmexposition entstehen. Endet die Lärmexposition, ändert sich ein gegebenenfalls durch die Lärmexposition eingetretener Hörverlust nicht. Verschlechtert sich das Hörvermögen nach Ende der Lärmexposition gleichwohl, ist dies nicht auf die zurückliegende Lärmexposition zurückzuführen. Eine wesentliche Hörverschlechterung nach Beendigung der Lärmexposition kann nur auf lärmunabhängige Komponenten zurückgeführt werden (vgl. LSG Hessen, Urteil vom 16. Juli 1997 - L 3 U 933/95 -, veröffentlicht in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 419). Die lärmunabhängigen Komponenten sind dann die wesentlichen Ursachen nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Auch diesen wissenschaftlich anerkannten Gesichtspunkt berücksichtigte Prof. Dr. Z. in dem Gutachten vom 21. Mai 2002. Dies führte auch schon Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 14. September 1998 aus. Zudem ergibt sich aus dem von ihm ausgewerteten weiteren Audiogramm vom 2. Mai 1988 maximal ein prozentualer Hörverlust von 10 v.H. beidseits. 1988 war der Kläger bereits längere Zeit keiner schädigenden Lärmexposition bei seiner Beschäftigung mehr ausgesetzt. Diesen Befund bestätigte auch der behandelnde HNO-Arzt Dr. Bo. in seiner dem SG im Rechtsstreit S 2 KN 167/01 gegebenen Auskunft vom 6. März 2001.
Aus dem Tonaudiogramm vom 16. Juli 1975 ergibt sich ein Hörverlust von 0%. Ein solcher Hörverlust bedingt keine MdE (vgl. Tabelle 3 des Königsteiner Merkblatts; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 437), mithin auch keine MdE von wenigstens 10 v.H., die im Falle des Klägers für die Gewährung einer Rente ausreichend wäre, weil er wegen einer anderen Berufskrankheit eine Rente nach einer MdE von 20 v.H. bezieht.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 verwertbar. Der Verwertbarkeit steht nicht entgegen, dass Prof. Dr. Z. dieses Gutachten lediglich nach Aktenlage und nicht nach Untersuchung des Klägers erstellte. Eine solche Untersuchung war für die Beantwortung der entscheidungserheblichen Fragen nicht notwendig. Maßgeblich für die Beurteilung des durch die dem Grunde nach anerkannten Lärmschwerhörigkeit bedingten Hörverlustes waren insoweit die in der Vergangenheit erhobenen Befunde, insbesondere das Audiogramm vom 16. Juni 1975, das am nächsten zum Zeitpunkt des Endes der Beschäftigung in der Lärmexposition erstellt worden war. Aktuell erhobene Befunde konnten, weil die Lärmschwerhörigkeit nach dem Ende der Lärmexposition nicht fortschreitet, keine weiteren Erkenntnisse ergeben.
Dass die Beklagte dem Kläger mit Hörgeräten versorgte, ist für die Frage, ob ein Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen und Versicherung besteht, unerheblich. Allein aus der Tatsache, dass die Beklagte eine Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit dem Grunde nach anerkannt hat, ergibt sich die Verpflichtung zur Versorgung mit Hörgeräten, und zwar nicht nur mit Hörgeräten zu den festgesetzten Festbeträgen, sondern über diese Festbeträgen hinaus. Ein Anspruch auf Versorgung mit Hörgeräten besteht auch dann, wenn eine Rente nicht zu zahlen ist.
Das weitere Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003 vermag einen Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen der anerkannten Lärmschwerhörigkeit nicht zu stützen. Dieses Gutachten, das Prof. Dr. Z. zur Frage der Versorgung mit über den Festbeträgen liegenden Hörgeräten erstattete, erhob nur die aktuellen Befunde und setzte sich - anders als das Gutachten vom 21. Mai 2002 - nicht mit den früher erhobenen Befunden auseinander, was im Hinblick auf die Fragestellung auch nicht notwendig war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Rücknahme des Bescheids der Beklagten vom 9. April 1998 und die Gewährung einer Rente wegen einer anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung - BKV - (Lärmschwerhörigkeit).
Der 1927 geborene Kläger war vom 11. März 1943 bis 13. Oktober 1944 als Berglehrling beschäftigt. Nach Militärdienst vom 14. Oktober 1944 bis 31. Juli 1945 war er vom 1. August 1945 bis 14. September 1949 als Hauer, Schießmeister und Knappe, anschließend bis 31. Dezember 1950 als Lehr- und Grubensteiger, anschließend bis 31. März 1968 - unterbrochen durch eine Arbeitslosigkeit vom 1. April bis 31. Mai 1957 - als Grubensteiger in verschiedenen Unternehmen des Bergbaus beschäftigt. Ab 1. April 1968 war er als Bauingenieur, Bauleiter oder Geschäftsführer in Unternehmen des Straßen- und Landschaftsbaus beschäftigt.
HNO-Arzt Dr. Heumann erstattete die ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit vom 21. Juli 1975. Beigefügt war ein Tonaudiogramm vom 16. Juli 1975. Staatliche Gewerbearzt Dr. R. führte in seiner Stellungnahme vom 30. Juli 1976 aus, der Befund (innenohrbedingter Hörverlust im oberen Tonbereich beiderseits) sei so gering, dass aus ihm erfahrungsgemäß eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht resultiere. Mit Bescheid vom 18. August 1976 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Entschädigung aus Anlass einer Berufskrankheit nach (der damals noch geltenden) Nr. 26 der Anlage zur Siebten BKV ab. Es bestehe ein geringfügiger innenohrbedingter Hörverlust beidseits als mögliche Folge langjähriger Lärmarbeit. Eine MdE messbaren Grades werde hierdurch jedoch nicht verursacht.
Am 5. Juli 1983 stellte der Kläger einen Verschlimmerungsantrag, der nicht weiter bearbeitet wurde. Im Oktober 1997 machte er geltend, aus einem ärztlich festgestellten Hörverlust von 30% auf dem rechten Ohr und von 20% auf dem linken Ohr ergebe sich eine MdE von 15 vom Hundert (v.H.), sodass ein Anspruch auf eine Stützrente bestehe. Auf Anfrage der Beklagten gaben der Technische Aufsichtsdienst der Tiefbau-Berufsgenossenschaft (Schreiben vom 22. Dezember 1997) und die Gartenbau-Berufsgenossenschaft (Schreiben vom 19. Januar 1997) an, der Beurteilungspegel über eine Arbeitswoche betrachtet habe für die Tätigkeit von 1. April 1968 bis 31. März 1976 unter 85 dB(A) gelegen bzw. der Kläger habe in der Zeit vom 1. April 1976 bis 31. März 1995 keine Arbeiten mit wesentlicher Lärmbelastung ausgeübt. In der Stellungnahme vom 19. März 1998 sah Prof. Dr. Hi. nach Aktenlage die Hörstörung unter Berücksichtigung der Berufsanamnese als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV an, die jedoch eine wirtschaftlich messbare MdE (mindestens 10 v.H.) nicht bedinge. Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 9. April 1998 eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV an, lehnte aber einen Anspruch auf Rente ab. Nachdem der Kläger Widerspruch erhoben hatte, führte der beratende HNO-Arzt der Beklagten Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 14. September 1998 aus, aus einem Tonaudiogramm vom 2. Mai 1988 sei eine Hochtonschwerhörigkeit beidseits erkennbar. Es könne maximal von einem prozentualen Hörverlust von 10% beidseits ausgegangen werden. Hierdurch sei 30 Jahre nach Beendigung der beruflichen Lärmexposition keine MdE in wirtschaftlich messbarem Grade ableitbar. Die Zunahme des Hörverlusts von 1968 bis 1998 (nach dem Tonaudiogramm vom 12. Juni 1998 Hörverlust rechts von 55% und links von 25%) müsse als lärmunabhängig angesehen werden. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Dr. N. vom 19. März 1998 zurück (Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 1998).
Mit Bescheiden vom 1. Juli 1999 erkannte die Beklagte eine Berufskrankheit nach Nr. 4111 der Anlage zur BKV an und bewilligte dem Kläger eine Dauerrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 23. November 1996 sowie eine Berufskrankheit nach Nr. 4101 der Anlage zur BKV an, lehnte jedoch einen Anspruch auf Leistungen wegen der geringen Ausprägung ab. Der Kläger beantragte daraufhin am 1. September 1999 die Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Stützrente wegen der Lärmschwerhörigkeit vorliegen. Unter Übersendung der Bescheide vom 9. April und 14. Oktober 1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Zahlung einer Rente nicht in Betracht komme (Schreiben vom 1. September 1999). Der Kläger hielt an seinem Überprüfungsantrag fest. Er leide an Ohrgeräuschen, die bislang nicht berücksichtigt worden seien (Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 23. September 1999). Weiter behauptete er, in der Zeit vom 1. April 1969 bis 30. März 1976 als bauleitender Subunternehmer auf Baustellen mit erheblicher Lärmbelästigung tätig gewesen zu sein. Auf Anfrage der Beklagten teilte HNO-Arzt Dr. Bo. mit (Schreiben vom 25. November 1999), der Kläger habe dieses Jahr erstmals Ohrgeräusch zur Sprache gebracht und berichtet, dass diese verstärkt seien. Dr. N. blieb in seiner Stellungnahme vom 25. Januar 2000 bei der Einschätzung der MdE mit unter 10 v.H ... Dass eine Tinnitussymptomatik schon 30 Jahre vor dem erstmaligen Klagen hierüber vorgelegen habe, halte er für abwegig und somit für unwahrscheinlich. Zumindest habe keinerlei Leidensdruck bestanden, der den Versicherten zu ärztlichen Konsultationen geführt gehabt hätte. Mit Bescheid vom 22. August 2000 lehnte es die Beklagte ab, den Bescheid vom 9. April 1998 zurückzunehmen und wegen der Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV eine Entschädigung zu leisten. Die beruflich verursachte Hochtonschwerhörigkeit verursache nur einen prozentualen Hörverlust von 10% beidseits. Eine messbare MdE werde dadurch noch nicht begründet. Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten aus den Gründen des angefochtenen Bescheids zurück (Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2001). Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Freiburg (SG) nach Anhörung des behandelnden HNO-Arztes Dr. Bo., der die Stellungnahme des Dr. N. vom 14. September 1998 für schlüssig hielt, ab (Urteil vom 27. Juli 2001 - S 2 KN 167/01 -). Im anschließenden Berufungsverfahren (L 13 KN 3569/01) erstattete Prof. Dr. Z. das hals-nasen-ohrenärztliche Gutachten nach Aktenlage vom 21. Mai 2002. Die Schwerhörigkeit habe sich kontinuierlich und deutlich bis zum heutigen Stand verschlechtert. Diese Verschlechterung sei jedoch nicht durch Berufslärm entstanden, da ein solcher nach 1975 oder nach Angaben des Klägers nach 1976 nicht mehr vorgelegen habe. Die Verschlimmerung nach 1975 beruhe sicher nicht auf der vor 1975 ausgeübten Lärmtätigkeit. Es sei wissenschaftlich anerkannt, dass eine Lärmschwerhörigkeit nur während der Expositionszeit entstehen könne. Verschlechterungen nach Ende der Expositionszeit seien lärmunabhängig und als Nachschaden anzusehen. Aus einem Tonaudiogramm vom 1975 lasse sich ein prozentualer Hörverlust von 0% beidseits ableiten. Da der Kläger die Ohrgeräusche erstmals 1999 angegeben habe, spreche dies dafür, dass diese 1975 entweder noch gar nicht vorhanden gewesen seien oder zumindest keinen substanziellen Leidensdruck verursacht hätten, sodass sie bei der Beurteilung der MdE keine Rolle spielen könnten. Die berufslärmbedingte MdE betrage 0 v.H ... Der Kläger nahm daraufhin seine Berufung zurück.
In dem weiteren Klageverfahren beim SG S 2 KN 954/03, in dem der Kläger die Erstattung der Kosten der Versorgung mit Hörgeräten über die Festbeträge hinaus begehrte, erstattete Prof. Dr. Z. das Gutachten vom 3. September 2003. Er hielt die Versorgung mit Hörgeräten im Rahmen der Festbetragsregelung für nicht ausreichend. Unter Verweis auf dieses Gutachten machte der Kläger erneut geltend, bezüglich der Lärmschwerhörigkeit sei eine MdE von 10 v.H. und damit eine Stützrente anzuerkennen (Schreiben vom 23. Oktober 2003). Prof. Dr. Z. habe das Gutachten vom 21. Mai 2002 nur nach Aktenlage erstellt und habe in seinem weiteren Gutachten vom 3. September 2003 darauf hingewiesen, ein Stütztatbestand liege vor. Im Übrigen liege eine MdE von mindestens 20 v.H. vor. Die Beklagte lehnte die Rücknahme des Bescheids vom 9. April 1998 ab (Bescheid vom 24. März 2004). Das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003 habe sich mit Fragen der Hörgeräteversorgung und nicht mit der Höhe der MdE wegen der anerkannten Berufskrankheit (der Lärmschwerhörigkeit) befasst. Das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 habe bestätigt, dass eine berufslärmbedingte MdE von 0 v.H. bestehe. Es bestehe damit auch kein Stützrententatbestand. Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2004). Neue Tatsachen, die bei Erteilung des Bescheids vom 9. April 1998 oder im Überprüfungsverfahren nicht berücksichtigt worden seien, aber von Bedeutung gewesen wären und zu einer anderen Entscheidung hätten führen können, lägen nicht vor.
Hiergegen erhob der Kläger Klage beim SG (S 2 KN 2101/04). Die Beklagte verhindere ein Gutachten entsprechend dem "Königsteiner Merkblatt". Das Gutachten vom 21. Mai 2002 sei entgegen der Anordnung des LSG nur nach Aktenlage erstellt worden und könne deshalb nicht zur Urteilsfindung herangezogen werden. Bereits das Audiogramm vom 16. Juli 1975 reiche aus, um ohne Berücksichtigung des Tinnitus eine MdE von 15 v.H. anzunehmen. Mit Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2001 wies das SG die Klage ab. Der Bescheid vom 9. April 1998 sei nicht rechtswidrig, weil der Anteil der als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit an der vorliegenden Hörstörung keine MdE von mindestens 10 v.H. bedinge, wie bereits im Urteil vom 27. Juli 2001 entschieden worden sei. Das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003 sei nicht zu der Feststellung gekommen, dass die frühere Beurteilung der MdE revidiert werden müsse. Die hiergegen eingelegte Berufung L 13 KNU 427/06 nahm der Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 19. April 2006 zurück.
Nachdem der Kläger gegenüber der Beklagten auf einer erneuten Untersuchung bestand sowie erneut auf die Äußerung im Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003, es bestehe ein Stützrententatbestand, verwies, teilte ihm die Beklagte mit, neue Tatsachen seien nicht erkennbar, sodass sie davon absehe, einen Bescheid nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuch (SGB X) zu erteilen (Schreiben vom 12. Dezember 2006). Hiergegen erhob der Kläger "Widerspruch". Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. April 2007 die Rücknahme des Bescheids vom 9. April 1998 und die Einleitung eines neuen Verwaltungsverfahrens ab. Es lägen keine neue Tatsachen vor. Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2007). Nach dem Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 bestehe unter Berücksichtigung der MdE-Richtlinien im "Königsteiner Merkblatt" keine Lärmschwerhörigkeit, die eine messbare MdE bedinge. Das Audiogramm vom 16. Juli 1975 zeige ebenso wie das Audiogramm vom 2. Mai 1988 einen Hörverlust, der keine messbare MdE zur Folge gehabt habe. Die danach eingetretene Verschlimmerung der Schwerhörigkeit könne nicht auf die berufliche Lärmgefährdung zurückgeführt werden. Eine aktuelle Begutachtung könne deshalb keine neuen Erkenntnisse erbringen.
Der Kläger erhob am 4. Juli 2007 Klage beim SG. Er machte erneut geltend, das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 missachte die Empfehlungen des "Königsteiner Merkblatts" und sei in sich widersprüchlich. Das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003 habe ergeben, dass die bestehende Lärmschwerhörigkeit in der Zeit von 1943 bis 1968 im Bergbau durch erhöhte Lärmbelästigung erworben worden sei und bekräftige, dass ein Stützrententatbestand vorliege, da seit November 1996 aufgrund der Berufskrankheit nach Nr. 4111 der Anlage zur BKV eine MdE von 20 v.H. vorliege. Es stelle sich die Frage, wozu Hörhilfen, deren Versorgung die Beklagte übernommen habe, benötigt würden und die die erworbene Lärmschwerhörigkeit ausgleichen sollten, wenn nach dem Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 keine Lärmschwerhörigkeit bestehe. Eine geringgradige Schwerhörigkeit bestehe seit 1968. Die Schwerhörigkeit habe nichts mit seinem Alter zu tun.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung nahm es Bezug auf den Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2006 und führte weiter aus, nach dem Ergebnis der in früheren Verfahren durchgeführten medizinischen Ermittlungen lasse sich eine durch Lärmexposition verursachte Schwerhörigkeit, die mit einer MdE von mindestens 10 v.H. zu bewerten sei, nicht nachweisen. Prof. Dr. Z. habe dieses Ergebnis in seinem Gutachten vom 21. Mai 2002 in nicht zu beanstandender Weise schlüssig und nachvollziehbar begründet. Aufgrund eines negativen Ausgangsbefunds im Jahre 1975 und dann fehlender fortgesetzter Lärmexposition habe es der vom Kläger angeführten Untersuchungen von vornherein nicht mehr bedurft.
Gegen den ihm am 7. November 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12. November 2007 Berufung eingelegt. Es bestehe seit 1975 eine geringfügige Lärmschwerhörigkeit. Dies werde durch das Tonaudiogramm vom Juli 1975 bestätigt. Nach der Tabelle 3 des "Königsteiner Merkblatts" zur Berechnung der MdE im Mittel mit einer MdE von 20 v.H. bewertet. Das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 sei ohne klinische Untersuchung erstattet worden. Das SG habe die widersprüchlichen Aussagen in den Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 und 3. September 2003 nicht geklärt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Oktober 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 12. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2007 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 9. April 1998 Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 1998 teilweise zurückzunehmen und ihm wegen der Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit (Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung) ab 1. Januar 2002 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 15 v.H. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des LSG und des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte und auch nach § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2007 ist rechtmäßig.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit beurteilt sich nach dem zum 1. Januar 1997 Kraft getretenen (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes) Siebten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VII). Nach § 214 Abs. 3 Satz 1 SGB VII gelten die in Vorschriften über Renten, Beihilfen, Abfindungen und Mehrleistungen auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten sind, wenn diese Leistungen nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erstmals festzusetzen sind. Da die Beklagte erstmals mit dem Bescheid vom 9. April 1998 die Berufskrankheit nach Nr. 2301 Anlage zur BKV anerkannte, wäre eine Rente erstmals für einen Zeitpunkt nach dem Inkrafttreten des SGB VII zum 1. Januar 1997 festzusetzen gewesen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 19. August 2003 - B 2 U 9/03 R - und 4. Dezember 2007 - B 2 U 34/06 R -).
Nach § 56 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen. Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV ist eine Lärmschwerhörigkeit.
Eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV (Lärmschwerhörigkeit) ist dem Grunde nach mit dem Bescheid vom 9. April 1998 anerkannt. Aus dieser Anerkennung einer Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit dem Grunde nach folgt aber nicht, dass der gesamte Hörverlust Folge der Berufskrankheit ist. Erforderlich ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung. Für die Beurteilung Zusammenhangs gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, die Theorie der wesentlichen Bedingung. Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Haben mehrere Bedingungen zu einem Erfolg beigetragen, so sind nur solche Bedingungen wesentlich, die gegenüber anderen von überragender Bedeutung sind (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen: z.B. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 22/03 R -; Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R -; Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -; jeweils m.w.N.). Was den anzuwendenden Beweismaßstab anbelangt, gelten für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs verminderte Anforderungen. Während die Grundlagen der Ursachenbeurteilung - versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung - mit einem der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein müssen, genügt für den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aufgrund der mit der zumeist medizinischen Beurteilung dieses Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände, die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.). Von diesen Grundsätzen ist nicht deshalb abzuweichen, weil das Unfallereignis längere Zeit zurückliegt.
Beim Kläger liegt zwar zwischenzeitlich ein Hörverlust von 75 v.H. rechts und von 40 v.H. links vor, wie sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003 ergibt. Da die Beklagten allein über einen Antrag des Klägers auf Rücknahme des bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 9. April 1998 entschieden hat, muss im vorliegenden alleinige werden , ob zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids eine ein Hörverlust bestand, der eine MdE wenigstens 10 v.H. rechtfertigte. Dies ist nicht der Fall. Wie bereits das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 2007 sowie im Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2006 folgt auch der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002. Prof. Dr. Z. führte aus, dass 1975 lediglich eine geringfügige Lärmschwerhörigkeit bestand. Diese Beurteilung stützte er auf das Tonaudiogramm vom 16. Juli 1975, das beidseits Normalhörigkeit in den tiefen und mittleren Frequenzen bis vier kHz, darüber einen Hochtonsteilabfall bis 60 dB bei sechs kHz sowie keine sicher messbare Hörschwellen bei acht kHz zeigte. Die Auswertung des Audiogramms vom 16. Juli 1975 durch Prof. Dr. Z. steht in Übereinstimmung mit der Auswertung aller anderen HNO-Ärzte, die seit der Anzeige über die Berufskrankheit vom 21. Juli 1975 dieses Tonaudiogramm beurteilten (Stellungnahmen des Dr. R. vom 30. Juli 1976 und des Dr. N. vom 19. März 1998). Im Juli 1975 war der Kläger bereits nicht mehr in Lärmexposition beschäftigt. Die Beschäftigung mit der schädigenden Lärmexposition war am 31. März 1968 beendet. Für die Beschäftigungen danach lässt sich unter Berücksichtigung der von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen eine schädigende Lärmexposition nicht feststellen. Eine Lärmschwerhörigkeit kann nur während des Zeitraums einer Lärmexposition entstehen. Endet die Lärmexposition, ändert sich ein gegebenenfalls durch die Lärmexposition eingetretener Hörverlust nicht. Verschlechtert sich das Hörvermögen nach Ende der Lärmexposition gleichwohl, ist dies nicht auf die zurückliegende Lärmexposition zurückzuführen. Eine wesentliche Hörverschlechterung nach Beendigung der Lärmexposition kann nur auf lärmunabhängige Komponenten zurückgeführt werden (vgl. LSG Hessen, Urteil vom 16. Juli 1997 - L 3 U 933/95 -, veröffentlicht in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 419). Die lärmunabhängigen Komponenten sind dann die wesentlichen Ursachen nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Auch diesen wissenschaftlich anerkannten Gesichtspunkt berücksichtigte Prof. Dr. Z. in dem Gutachten vom 21. Mai 2002. Dies führte auch schon Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 14. September 1998 aus. Zudem ergibt sich aus dem von ihm ausgewerteten weiteren Audiogramm vom 2. Mai 1988 maximal ein prozentualer Hörverlust von 10 v.H. beidseits. 1988 war der Kläger bereits längere Zeit keiner schädigenden Lärmexposition bei seiner Beschäftigung mehr ausgesetzt. Diesen Befund bestätigte auch der behandelnde HNO-Arzt Dr. Bo. in seiner dem SG im Rechtsstreit S 2 KN 167/01 gegebenen Auskunft vom 6. März 2001.
Aus dem Tonaudiogramm vom 16. Juli 1975 ergibt sich ein Hörverlust von 0%. Ein solcher Hörverlust bedingt keine MdE (vgl. Tabelle 3 des Königsteiner Merkblatts; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 437), mithin auch keine MdE von wenigstens 10 v.H., die im Falle des Klägers für die Gewährung einer Rente ausreichend wäre, weil er wegen einer anderen Berufskrankheit eine Rente nach einer MdE von 20 v.H. bezieht.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 21. Mai 2002 verwertbar. Der Verwertbarkeit steht nicht entgegen, dass Prof. Dr. Z. dieses Gutachten lediglich nach Aktenlage und nicht nach Untersuchung des Klägers erstellte. Eine solche Untersuchung war für die Beantwortung der entscheidungserheblichen Fragen nicht notwendig. Maßgeblich für die Beurteilung des durch die dem Grunde nach anerkannten Lärmschwerhörigkeit bedingten Hörverlustes waren insoweit die in der Vergangenheit erhobenen Befunde, insbesondere das Audiogramm vom 16. Juni 1975, das am nächsten zum Zeitpunkt des Endes der Beschäftigung in der Lärmexposition erstellt worden war. Aktuell erhobene Befunde konnten, weil die Lärmschwerhörigkeit nach dem Ende der Lärmexposition nicht fortschreitet, keine weiteren Erkenntnisse ergeben.
Dass die Beklagte dem Kläger mit Hörgeräten versorgte, ist für die Frage, ob ein Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen und Versicherung besteht, unerheblich. Allein aus der Tatsache, dass die Beklagte eine Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit dem Grunde nach anerkannt hat, ergibt sich die Verpflichtung zur Versorgung mit Hörgeräten, und zwar nicht nur mit Hörgeräten zu den festgesetzten Festbeträgen, sondern über diese Festbeträgen hinaus. Ein Anspruch auf Versorgung mit Hörgeräten besteht auch dann, wenn eine Rente nicht zu zahlen ist.
Das weitere Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 3. September 2003 vermag einen Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen der anerkannten Lärmschwerhörigkeit nicht zu stützen. Dieses Gutachten, das Prof. Dr. Z. zur Frage der Versorgung mit über den Festbeträgen liegenden Hörgeräten erstattete, erhob nur die aktuellen Befunde und setzte sich - anders als das Gutachten vom 21. Mai 2002 - nicht mit den früher erhobenen Befunden auseinander, was im Hinblick auf die Fragestellung auch nicht notwendig war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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