L 23 B 208/08 SO ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 49 SO 1904/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 208/08 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juli 2008 wird als unzulässig verworfen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde, mit der sich der Antragsgegner gegen die mit dem Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juli 2008 einstweilige Verpflichtung, "dem Antragsteller ab Antragstellung und bis zum Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2008 monatlich die Differenz zwischen dem im Regelsatz enthaltenen Pauschalbetrag für Energiekosten in Höhe von 21,75 Euro und den tatsächlich zu zahlenden monatlichen Abschlagszahlungen für Strom in Höhe von 62.- Euro zu gewähren", ist nicht statthaft.

Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – in der ab 01. April 2008 geltenden Fassung (eingefügt durch Artikel 1 Nr. 29 b Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008, BGBl I Seite 444) sind Beschwerden in Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes u. a. dann nicht statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache bei einer eine Geldleistung betreffenden Klage 750,00 Euro nicht übersteigt.

Bei der Prüfung der Statthaftigkeit der Beschwerde ist auf die Beschwer des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Beschluss abzustellen (so auch zur entsprechenden Problematik der Anwendung des §146 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung –VwGO - idF. des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege v. 11. Januar 1993 - BGBl I S. 50 - iVm. § 131 Abs. 2 VwGO: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 22. Senat, Beschluss vom 17.August 1993, - 22 B 1230/93 -, a. A. auf den tatsächlichen Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens abstellend: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 15. Senat, Beschluss vom 11. Juni 1996, - 15 B 1313/96 -). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG, wonach in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darauf abzustellen ist, ob in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Die Zulässigkeit der Berufung einer Hauptsache richtet sich nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG und bemisst sich nach der durch das erstinstanzliche Urteil eingetretenen Beschwer für den Berufungsführer. Dass bei der Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde ebenfalls an die durch den Beschluss eingetretene Beschwer anzuknüpfen ist, entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, die Beschwerdemöglichkeit bei wirtschaftlich nicht relevanten Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Entlastung der Landessozialgerichte auszuschließen (BT-Drs. 16/7716, Seite 13f. zu 2) c) bb); Seite 22 zu Nr. 29 b)). Die Rechtsschutzmöglichkeit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist nicht gegenüber derjenigen in Hauptsacheverfahren zu privilegieren.

Davon ausgehend ist die Beschwerde des Antragsgegners hier nicht statthaft, weil die durch den angefochtenen Beschluss für ihn eingetretene Beschwer nicht 750 Euro übersteigt. Der Antragsgegner ist mit dem Beschluss verpflichtet, an den Antragsteller höchstens 281,75 Euro zu leisten. Dieser Betrag ergibt sich daraus, dass die vom Antragsgegner nach dem Beschlusstenor zu leistende "Differenz" 40,25 Euro beträgt. Diesen Betrag hat der Antragsgegner für die Monate Juli bis längstens Dezember 2008 an den Antragsteller zu leisten, d.h. höchstens sieben Monate. Der Zeitraum ergibt sich aus dem vom Sozialgericht tenorierten Beginn der Verpflichtung, nämlich des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Dass mit dem Tenor der angefochtenen Entscheidung auf die Antragstellung beim Sozialgericht abgestellt wird, ergibt sich aus den bei der Auslegung des Tenors heranzuziehenden Entscheidungsgründen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 136 Rn. 5 c), worin die Antragstellung bei Gericht unter Gründe I. einzig mit dem Datum "9. Juli 2008" konkretisiert ist. Die monatliche Zahlungsverpflichtung ist bis längstens Dezember 2008 begrenzt, so dass höchsten für sieben Monate ein Betrag von monatlich 40,25 Euro zu leisten ist. Selbst wenn mit dem Tenor der angefochtenen Entscheidung auf die vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 09. Juli 2008 Bezug genommene Antragstellung im Verfahren am 18. März 2008 abzustellen wäre, wäre mit einer zusätzlichen Beschwer von 161 Euro (4 x 40,25 Euro) der Beschwerdewert nicht erreicht.

Mit dem angefochtenen Beschluss ist der Antragsgegner auch nicht zu einer wiederkehrenden oder laufenden Leistung für mehr als ein Jahr verpflichtet worden, so dass die Beschwerde auch nicht im Hinblick auf die Regelung zur Statthaftigkeit der Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG zulässig ist. Zwar mag der Antragsteller mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung eine einstweilige Verpflichtung zur Zahlung von tatsächlich entstehenden Kosten für Strom- und Wasserversorgung für mehr als ein Jahr begehrt haben. Wie dargestellt ist jedoch auf die mit dem Tenor der angefochtenen Entscheidung ausgesprochene Verpflichtung des Antragsgegners und Beschwerdeführers abzustellen, die gerade zeitlich bis zum 31. Dezember 2008 begrenzt ist. Der Antragsgegner mag zu Recht befürchten, dass bei Nichtabschluss des Hauptsacheverfahrens nach dem Ende der mit dem angefochtenen Beschluss ausgesprochenen Zahlungsverpflichtung ein weiterer Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung droht. Dies ändert aber nichts daran, dass die Beschwer im vorliegenden Verfahren nicht darin besteht, dass zu einer wiederkehrenden oder laufenden Leistung für mehr als ein Jahr verpflichtet worden ist.

Eine Zulässigkeit der Beschwerde folgt auch nicht daraus, dass mit der dem angefochtenen Beschluss angefügten Rechtsmittelbelehrung über das "zulässige" Rechtsmittel der Beschwerde belehrt worden ist. Eine gesetzliche Grundlage, wonach das Sozialgericht in Fällen des § 172 Abs. 3 SGG die Beschwerde zulassen kann, sieht das Gesetz – anders als in Fällen der Beschränkung einer Berufung nach § 144 Abs. 1 SGG – nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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