L 12 AL 3698/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 961/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 3698/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 04.07.2008 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Eingliederungszuschusses im Streit.

Der Kläger ist 1951 geboren und Volljurist. Während seines Arbeitslosengeldbezugs trat die Firma C. K. GmbH (fortan: Firma C.) am 21.12.2007 und 04.08.2008 an die Beklagte heran und erkundigte sich nach einer Förderung einer Nebentätigkeit des Klägers durch die Gewährung von Eingliederungsgeld. Die Firma teilte mit, das man den Kläger zum 01.02.2008 unbefristet einstellen werde. Die Beklagte übersandte am 04.01.2008 an die Firma C. ein Antragsformular für einen Eingliederungszuschuss, welches von der Firma jedoch bei der Beklagten nicht wieder vorgelegt wurde.

Der Kläger sprach am 26.03.2008 bei der Beklagten vor und teilte mit, dass das Arbeitsverhältnis zum 01.02.2008 nicht zustande gekommen sei. Am selben Tag erhob er Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG), mit welcher er die Förderung der Firma C. mit einem Eingliederungszuschuss über 2 Jahre begehrte.

Die Beklagte trat der Klage mit dem Argument entgegen, dass Eingliederungszuschüsse nach den § 217 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) Leistungen an Arbeitgeber seien und der Kläger als Arbeitnehmer insofern nicht klagebefugt sei. Im übrigen sei weder eine Einstellung zustande gekommen noch habe der potenzielle Arbeitgeber die für eine Entscheidung erforderlichen Tatsachen angegeben. Dem entsprechend lägen weder Ablehnungsbescheide gegenüber dem Kläger noch gegenüber der Firma C. vor.

Mit Verfügung vom 30.05.2008 teilte das SG den Beteiligten seine Absicht mit, über den Rechtsstreit durch Gerichtbescheid ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wozu Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.06.2008 gegeben wurde. Zuvor hatte die Vorsitzende des SG den Kläger mit Verfügung vom 24.04.2008 darauf hingewiesen, dass die Klage gemäß der Argumentation der Beklagten unzulässig sein dürfte und zur Vermeidung weiterer Kosten für den Kläger zurückgenommen werden sollte. In der Verfügung vom 30.05.2008 teilte das SG dann seine Absicht mit, dem Kläger den Mindestbetrag einer Pauschalgebühr von 150 EUR nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wegen missbräuchlicher Klagefortführung aufzuerlegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 04.07.2008 hat das SG die Klage abgewiesen und dem Kläger Gerichtskosten (Missbrauchskosten) in Höhe von 150 EUR auferlegt. Die Klage sei aus mehreren Gesichtspunkten unzulässig, da weder eine Klagebefugnis für die Gewährung einer Leistung an einen Arbeitgeber noch ein zuvor durchgeführtes Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren vorliege. Da der Kläger die Klage trotz entsprechenden Hinweises fortgeführt habe, sei auch die Auferlegung der Gerichtskosten in Höhe von 150 EUR gerechtfertigt gewesen, denn die Klage sei offensichtlich unzulässig. Der Gerichtsbescheid des SG wurde dem Kläger am 09.07.2008 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom "26.03.2008", eingegangen per Fax beim Landessozialgericht am 01.08.2008, hat der Kläger Berufung eingelegt. Er habe den Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für eine Tätigkeit bei der Firma C ... Seine Einstellung bei dieser Firma hänge davon ab, dass der Firma der begehrte Eingliederungszuschuss bewilligt werde. Auf den übrigen Vortrag des Klägers in seiner Berufungsbegründung wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte zur Erteilung einer ermessensfehlerfreien Entscheidung über die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für eine Tätigkeit seinerzeit bei der Firma C. gemäß den §§ 217, 421 f SGB III zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für rechtmäßig.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 f., 151 und 105 Abs. 2 SGG statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.

Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG sind vor Erhebung der Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Nach Absatz 3 der Vorschrift gilt Absatz 1 für die Verpflichtungsklage entsprechend, wenn - wie vorliegend - der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Die Klage ist wegen des insoweit nach § 78 Abs. 1 und 3 SGG erforderlichen, aber fehlenden Vorverfahrens zwar unzulässig, doch wäre alleine insoweit eine Klageabweisung durch das SG nicht statthaft gewesen, weil dem Kläger Gelegenheit hätte gegeben werden müssen, dieses nachzuholen (BSGE 25, 66, 68; SozR 3-5540 Anl. 1 § 10 Nr. 1). Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass vorliegend wegen des fehlenden förmlichen Ablehnungsbescheids die Möglichkeit eines Vorverfahrens noch nicht eröffnet ist, weil der Klageabweisungsantrag der Beklagten als Ablehnungsentscheidung auszulegen ist. Gleichzeitig kann aber in dem Antrag der Beklagten auf Klageabweisung wegen des expliziten Erfordernisses in § 78 SGG nicht der konkludente Erlass eines Widerspruchsbescheides gesehen werden (BSGE 97, 47, 53; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 78 Rdnr. 3c m.w.N.).

Die Klage war aber auch aus anderem Grund unzulässig und ist daher vom SG zu Recht dennoch ohne Nachholung des Vorverfahrens verworfen worden (vgl. BSGE 91, 128, 130 f.), weil der begehrte Eingliederungszuschuss nach § 217 SGB III als erste Leistung des Fünften Kapitels des SGB III eine Leistung "an Arbeitgeber" darstellt und dem Kläger insofern die Klagebefugnis fehlt, weil er weder Adressat der Anspruchsnorm ist noch durch eine ablehnende Entscheidung im Sinne des Gesetzes beschwert wäre.

Nach § 54 Abs. 1 SGG kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden; soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein. Der Kläger ist nach Absatz 2 der Vorschrift beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist; soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Auch wenn die Leistungen nach den §§ 217 ff. SGB III indirekt auch Arbeitslosen nutzen, weil sie Geldleistungen an Arbeitgeber mit dem Ziel sind, Einstellungshindernisse zu beseitigen oder zu vermindern, folgt auch aus der Tatsache, dass Leistungsempfänger der Zuschüsse die Arbeitgeber sind und ihnen deswegen im Übrigen auch Gerichtskostenfreiheit zugebilligt wird (BSG, Beschluss vom 22.09.2004 - B 11 AL 33/03 R -, SozR 4-1500 § 183 Nr. 2), dass dem Arbeitslosen insoweit keine subjektiven Rechte zustehen, was sowohl materiell-rechtlich als auch für seine prozessuale Situation gilt.

Die Klagebefugnis des Klägers als formelle Beschwer bzw. als Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte (sog. Möglichkeitstheorie, vgl. BSGE 84, 67, 69) ist vom SG daher zu Recht verneint worden.

Außerdem wäre die Berufung, ihre Zulässigkeit unterstellt, auch unbegründet, weil die Förderung allgemein voraussetzt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf Grund eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt. Diese Förderungsvoraussetzung ist nicht ausdrücklich in § 217 Satz 1 SGB III genannt. Sie folgt aber aus der Verwendung des Begriffs "Arbeitsentgelt" in § 217 Satz 1 SGB III ebenso wie aus dem Wortlaut der Regelungen über die Rückzahlungspflicht (BSG, Urteil vom 06.04.2006 - B 7a AL 20/05 R -, SozR 4-4300 § 324 Nr. 2). Ein Beschäftigungsverhältnis ist aber vorliegend nicht zustandegekommen.

Soweit das SG Kosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG gegen den Kläger verhängt hat, ist aufgrund der klaren Rechtslage kein Fehler erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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