L 7 AL 4838/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 3918/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 4838/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. Oktober 2008 abgeändert. Für den Antrag des Antragstellers auf Schadensersatz ist der Sozialrechtsweg unzulässig. Der Rechtsstreit wird in diesem Umfange an das Landgericht Karlsruhe verwiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gem. § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie statthaft gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG, da der maßgebliche Beschwerdewert von EUR 750.- insbesondere unter Berücksichtigung des geltend gemachten Schadensersatzanspruches überschritten ist. Die Beschwerde ist jedoch nur hinsichtlich der Verweisung des Schadensersatzbegehrens begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

Nicht Gegenstand der Beschwerde sind die vom Antragsteller im Schreiben vom 24. September 2008 beim Sozialgericht (SG) gestellten Anträge. Über diese hat das SG nicht im angefochtenen Beschluss, sondern im Beschluss vom 16. Oktober 2008 (S 11 AL 4205/08 ER) entschieden, den der Antragsteller wiederum mit der Beschwerde angefochten hat; dieses Verfahren ist beim Senat anhängig unter dem Aktenzeichen L 7 AL 5034/08 ER-B. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sind die vom Antragsteller zuletzt vor dem SG gestellten Anträge gem. Schreiben vom 2. Oktober 2008; nur über diese hat das SG auch im angefochtenen Beschluss entschieden.

II.

Für das Schadensersatzbegehren des Antragstellers kommen nur Amtshaftungsansprüche nach den §§ 823 ff., 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. Art. 34 Grundgesetz (GG) in Betracht, auf die der Antragsteller sein Begehren auch selbst stützt. Für diese Ansprüche sind, wie bereits das SG entschieden hatte, nicht die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig, sondern ausschließlich die Zivilgerichte (Art. 34 S. 3 GG, § 17 Abs. 2 S. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)). Entgegen der Ansicht des Antragstellers ergibt sich aus der Regelung des § 17 Abs. 1 GVG keine Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Zum einen ist das Schadensersatzbegehren erst durch das Schreiben vom 2. Oktober 2008 mit Eingang am 6. Oktober 2008 rechtshängig geworden, so dass keine nach Rechtshängigkeit eingetretene Änderung vorliegt. Zum anderen enthalten Art. 34 S. 3 GG, § 17 Abs. 2 S. 2 GVG die ausdrückliche Zuweisung an die Zivilgerichte. Der Senat ist auch nicht nach § 17a Abs. 5 GVG zur Entscheidung über Amtshaftungsansprüche berufen. Danach prüft das Rechtsmittelgericht nicht mehr, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Eine Bindung des Senats würde eine entsprechende Sachentscheidung des SG über Amtshaftungsansprüche voraussetzen. Das SG hat eine solche aber ausdrücklich nicht getroffen, sondern auf die Zuständigkeit der Zivilgerichte hingewiesen. Eine Abweisung des Antrags als unzulässig wegen unzulässigen Rechtswegs scheidet jedoch aus; vielmehr ist der Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen (§ 17a Abs. 2 S. 1 GVG), was der Antragsteller hier hilfsweise beantragt hat. Anderes ergibt sich auch nicht aus der vom SG zitierten Entscheidung (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Mai 2007 - L 16 R 403/07 - (juris)), da im dortigen Verfahren - anders als hier - keine Abweisung als unzulässig erfolgt war, sondern als unbegründet nach Prüfung des Begehrens unter sozialrechtlichen Gesichtspunkten.

Der Rechtsstreit war daher im Umfange des Schadenersatzbegehrens an das gem. § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG sachlich und nach § 32 Zivilprozessordnung (ZPO) örtlich zuständige Landgericht Karlsruhe zu verweisen. Dieses hat auch über die insoweit entstehenden Kosten des Rechtsstreites zu entscheiden.

III.

Im Übrigen hat das SG die Anträge zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).

Ein Anordnungsanspruch des Antragstellers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ist nicht gegeben. Aus dem Schreiben des Antragstellers vom 2. Oktober 2008 ergibt sich eindeutig, dass er im Wege des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich der Leistungen nach dem SGB II diese nur noch für den Monat August 2008 begehrt. Die Antragsgegnerin habe diese Leistungen auf die Zeit ab dem 19. August 2008 beschränkt, tatsächlich sei aber der ganze Monat maßgebend; bei der Bewilligung von Leistungen sei der Monat nicht zu teilen. Zutreffend hat das SG bereits ausgeführt, dass nach § 37 Abs. 2 S. 1 SGB II Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden. Da der Antragsteller, was insoweit unstreitig ist, erstmals am 19. August 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt hatte, kann für die Zeit vom 1. bis 18. August 2008 kein Leistungsanspruch bestehen. Die vom Antragsteller vertretene Auffassung, maßgeblich sei bei Bewilligungen immer der volle Monat, "Teilbewilligungen" seien also nicht zulässig, widerspricht der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 41 Abs. 1 SGB II. Danach besteht der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für jeden Kalendertag (Satz 1), mithin nicht für den Kalendermonat. Nach Satz 3 wird die Leistung anteilig erbracht, wenn die Leistungen nicht für einen vollen Monat zustehen. Dass die Antragstellerin somit Alg II im August 2008 nur für die Zeit ab dem 19. August 2008 in anteiliger Höhe erbracht hat, ist daher nicht zu beanstanden. Soweit der Antragsteller in der Beschwerdebegründung vorrechnet, die Bedürftigkeit habe zumindest im September oder Oktober 2008 bestanden, ist dies für den hier allein streitigen Anspruch im August 2008 nicht relevant.

Den Fortsetzungsfeststellungsantrag, dass das Verhalten der Antragsgegnerin bzgl. der ursprünglich begehrten Übergangsbeihilfe rechtswidrig gewesen sei, hat das SG zutreffend als unzulässig abgelehnt. Für eine verbindliche Feststellung, dass der materielle Anspruch ursprünglich bestanden habe, ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kein Raum. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dient der Regelung des vorläufigen Zustandes bis zur Entscheidung in der Hauptsache. Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend der Fortsetzungsfeststellungsklage im Hauptsacheverfahren ist daher nicht möglich (LSG Niedersachsen-Bremen NZS 2003, 168; Bundesverwaltungsgericht DVBl 1995, 520; Bundesfinanzhof NVwZ 1986, 512; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 40 und § 131 Rdnr. 7c; Hk-SGG § 86b Rdnr. 7, 31), und auch unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes nicht geboten. Vielmehr ist der Antragsteller ggf. auf die Klärung in einem Hauptsacheverfahren verwiesen. Die hiergegen vorgebrachten Einwände des Antragstellers beziehen sich auf Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Hauptsacheverfahren sowie hierzu ergangene gerichtliche Entscheidungen und berücksichtigen daher nicht die genannten Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens. Sein Hinweis, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen der Eilbedürftigkeit gegebenenfalls ohne Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache aufgrund einer reinen Interessenabwägung zu entscheiden ist, trifft zwar zu; hieraus ergibt sich für die Folgen einer inhaltlichen Erledigung vor einer gerichtlichen Entscheidung jedoch nichts anderes (hierzu bereits Senatsbeschlüsse zwischen denselben Beteiligten vom 23. September 2008 - L 7 AL 4444/08 ER-B - und vom 20. Oktober 2008 - L 7 AL 4714/08 -).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG, § 17a Abs. 4 S. 2, 3 GVG).
Rechtskraft
Aus
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