L 3 P 4/05

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 8 P 20/02
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 P 4/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 12. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter, Frau M P , von der Beklagten Auskunft über die Verhandlungen, die zum Abschluss der Pflegevergütungsvereinba¬rung für das Jahr 1999 zwischen der Beklagten und dem Beigela¬denen geführt haben. Zudem begehrt sie von der Beklagten Akten¬einsicht in die diesbezüglichen Verhand¬lungsunterlagen.

Die Beklagte war für die Verhandlungen, die zum Abschluss der Pfle¬gever¬gütungsvereinbarung für das Jahr 1999 führten, in Wahr¬neh¬mung der ihr im Rahmen der "Arbeitsgemeinschaft Pflege¬ein¬rich¬tungen der Betriebskrankenkassen (BKK) in Schleswig-Hol¬stein, der In¬nungs¬krankenkasse (IKK) Schleswig-Holstein und der Schleswig-Holstei¬ni¬schen Landwirtschaftlichen Pflegekasse - Ar¬beitsgemeinschaft Pflegeeinrichtungen - AG Pflege" zukom¬menden Aufgaben zuständig. Diese AG beruht auf einer ver¬tragli¬chen Vereinbarung zwischen der Beklagten und der In¬nungskran¬kenkasse Schleswig-Holstein sowie den dem BKK-Landes¬verband Nord ange¬schlossenen Betriebskrankenkassen. Die AG wird jeweils durch die Beklagte, den BKK-Landesverband Nord oder den IKK-Landes¬verband Nord vertre¬ten. Die Verhandlun¬gen mit dem Beigeladenen führte die Be¬klagte namens und in Vollmacht der Mitglieder die¬ser AG. Nach Ab¬schluss der Verhandlungen legte die Be¬klagte dem Beigeladenen ein Angebot zum Abschluss einer Pflege¬vergütungs¬verein¬barung für das Jahr 1999 vor, das dieser annahm und dem auch die Allgemeine Ortskrankenkasse Schles¬wig-Hol¬stein, der Verband der Angestellten-Kran¬ken¬kasse e.V., der Ar¬beiter-Er¬satzkassen Verband e.V. und der Kreis Herzog¬tum Lauen¬burg als örtlicher Sozialhilfeträger zu¬stimmten.

Die Mutter der Klägerin, die nicht bei der Beklagten versichert war, verstarb am 21. März 2001. Nach Ermittlungen der Beklagten wurde Frau P am 19. Juli 1995 vollstationär bei dem Beige¬ladenen aufgenommen. Die Pflegekasse bei der H-M Krankenkasse soll für Frau P ab dem 1. Januar 1998 Leistun¬gen bei stationärer Pflege nach Maßgabe der Pflege¬stufe II und zuvor nach der Pflegestufe I erbracht haben. Zwi¬schen der ver¬storbenen Mutter der Klägerin und dem Beigeladenen wurde am 18. Juli 1995 mit Wirkung vom 19. Juli 1995 ein Pfle¬geheimvertrag geschlossen. Nach § 6 Abs. 4 dieses Vertrages konnte der Beige¬ladene eine Erhöhung des Pflegekostensatzes (Heimentgeltes) bei einer Veränderung der Be¬rechnungsgrundlagen durch einseitige Erklärung vornehmen. Dabei war die Erhöhung dem Bewohner spä¬testens vier Wochen vor dem Zeitpunkt, zu dem sie wirksam wer¬den sollte, schriftlich mitzu¬teilen und zu begründen.

Mit Schreiben vom 1. Januar 1999 erhöhte der Beigelade¬ne den Pflegekostensatz auf monat¬lich 4.125,45 DM, wodurch sich auch der von der Mutter der Klägerin zu erbrin¬gende monatliche Ei¬genanteil von 926,81 DM auf 1.625,56 DM erhöhte. Laut Vortrag der Klägerin hat ihre Mutter diese Erhöhung nur unter Vorbehalt gezahlt.

Nach dem Tode der Mutter beabsichtigt die Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin Rückzahlungsansprüche gegenüber dem Beigela¬denen geltend zu machen, da sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vom Beigeladenen mit Schreiben vom 1. Januar 1999 vorgenom¬menen Erhöhung des Pflegekostensatzes hat. Zuvor möchte sie je¬doch Einsicht in sämtliche Verhandlungsunterlagen nehmen, die für den Abschluss der Pflegevergü¬tungsvereinbarung zwischen der Beklagten und dem Beigeladenen für das Jahr 1999 maßgeblich wa¬ren. Die Beklagte hat das Begehren der Klägerin vom 5. De¬zem¬ber 2001, die Verhandlungsunterlagen zwecks Einsichtnahme vor¬zule¬gen, mit Schreiben vom 6. Dezember 2001, 18. Dezem¬ber 2001 und 4. März 2002 abgelehnt.

Am 14. März 2002 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Lübeck erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: In der Ver¬gütungsvereinbarung mit dem Beigeladenen sei eine Pflegesatzer¬höhung in Höhe von 21 % vorgenommen worden. Die Entgelte für Unterkunft und Ver¬pflegung seien sogar um 31 % erhöht worden. Mit irgendeiner Ko¬stenanpassung könne dies nichts zu tun ha¬ben. Vielmehr bein¬halte die neue Vereinbarung eine ganz erheb¬liche Kostensteige¬rung mit einer entsprechenden Gewinnsteige¬rung auf Seiten des Beigeladenen. Wenn die Aushandlung solcher Pflege¬sätze recht¬lich möglich sei, müsse dem Zahlungspflichti¬gen bei einer der¬ar¬tigen Erhöhung ein entsprechender Aus¬kunftsanspruch zuste¬hen. Dies ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Träger der Pflege¬versicherung handelten bei dem Ab¬schluss der Pflegevergütungs¬vereinbarungen mit den jeweiligen Heimträgern im Interesse der Heimbewohner. Es handele sich insoweit um eine Art "Auftrags¬verhält¬nis". Denn es könne nicht sein, dass ein Sozi¬alversiche¬rungsträger mit Bindungswir¬kung für eine Vielzahl von selbst¬zahlenden Versicherten han¬dele, ohne auch deren Interes¬sen zu vertreten. Von daher seien die In¬for¬mationen, die die Beklagte im Rahmen der Vergütungsverhand¬lun¬gen erhalten habe, ihr gegen¬über zu offenba¬ren. Irgendein Vor¬behalt, diese Unter¬lagen aus Gründen des Betriebsgeheimnis¬ses und Sozialdaten¬schutzes ge¬heim zu halten, sei weder er¬sichtlich noch zulässig oder ver¬bind¬lich. Es könne nicht sein, dass eine Pflegekasse zu Lasten der Versi¬cherten hohe Pflegekosten aus¬handele und die Unterla¬gen, die zu dieser Erhö¬hung geführt hät¬ten, geheim halte. Im Üb¬ri¬gen ergebe sich ein derartiger An¬spruch auch aus § 15 Ersten Buch So¬zialgesetzbuch (SGB I).

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft über alle Verhandlungen zu geben, die sie anlässlich der Ver¬gütungsvereinbarung vom 9. Ja¬nuar 1999 über die Pflegesätze mit dem Beigeladenen geführt hat, und ihr Einsicht in alle Verhandlungs¬unterlagen zu ge¬währen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass sich nach § 4e Abs. 1 Satz 2 des Heimgesetzes (HeimG) in seiner im Jahre 1999 gelten¬den Fas¬sung der Umfang des jeweiligen Heimentgeltes nach dem Siebten und Achten Kapitel des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) und damit nach den zwischen dem Träger des Pflegehei¬mes und den Leistungsträgern nach § 85 SGB XI vereinbarten Pflegesätzen richte. Gleichwohl sei sie aus datenschutzrechtli¬chen Gründen daran gehindert, der Klägerin die ihr im Zuge der Vergütungs¬verhandlungen bekannt gewordenen Informationen wei¬terzugeben. Diese Unterlagen enthielten nämlich Daten über die wirt¬schaft¬lichen Verhältnisse des Beigeladenen, dessen Kalkula¬ti¬ons¬grund¬lagen, die Berechnung von Sach- und Personalkosten, die Zahl der Beschäftigten und deren Bruttoverdienste. Derar¬tige Daten seien Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse im Sinne von § 67 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), die wiederum nach § 35 Abs. 4 SGB I wie Sozialdaten geschützt seien, was zur Folge habe, dass eine Weitergabe dieser Informa¬tionen ausschließlich nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des SGB X zu¬lässig sei. Dieses Kapitel enthalte jedoch keinen pas¬senden Er¬laub¬nis¬satz, welcher sie, die Beklagte, berech¬tige, die hier streitbefangenen Informationen der Klägerin zu¬gänglich zu ma¬chen. Der geltend gemachte Aus¬kunftsanspruch könne auch nicht in analoger Anwendung auf die Vorschrift des § 666 BGB gestützt werden. Denn zum einen enthalte das Sozial¬gesetzbuch (SGB) in Bezug auf den Sozialdaten¬schutz eine ab¬schließende Regelung, so dass es schon an einer planwidrigen Lücke, wie sie ein Analo¬gieschluss voraussetze, fehle. Zum an¬deren handelten die Pfle¬gekassen bei den Pflege¬satzverhandlun¬gen mit den Heimträgern nicht im Auftrage oder im Einzelinter¬esse des jeweiligen Heim¬bewohners, sondern aus¬schließlich im öffent¬lich-rechtlichen In¬ter¬esse der Sicherstellung einheit¬licher Grundsätze für die Be¬messung von Pflege¬sätzen. Es sei auch nicht zutref¬fend, dass der geltend ge¬machte Auskunftsan¬spruch auf § 15 SGB I gestützt werden könne, da die von der Klägerin beanspruchte Auskunft au¬ßerhalb des in dieser Norm fest¬gelegten Aus¬kunfts¬bereiches liege. Der Gesetzgeber habe den Bewohnern eines Pflegeheimes erst¬mals mit Wirkung vom 1. Januar 2002 durch Einführung des § 7 Abs. 3 Satz 4 HeimG die rechtliche Möglichkeit eingeräumt, die Angaben des Heimträgers zur Erhöhung des Heimentgeltes durch eine Einsicht¬nahme in dessen Kalkulationsunterlagen zu prüfen. Daran werde deutlich, dass es einer ausdrücklichen Rechtsnorm bedurft habe, um über¬haupt ent¬sprechende Einsichts¬rechte zu begründen. Dar¬über hinaus richte sich dieser Anspruch des Heimbewohners oder sei¬nes Rechtsnach¬folgers ausschließlich gegen den Träger der Pflegeeinrichtung und nicht gegen einen Sozialleis¬tungsträger.

Nachdem sich die Klägerin und die Beklagte mit einer Entschei¬dung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben, hat das Sozialgericht mit Urteil vom 12. Oktober 2004 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Unabhängig von der Frage, ob der hier geltend gemachte Aus¬kunftsanspruch aus Gründen des Datenschutzes, worunter nach An¬sicht der Beklagten auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu subsumieren seien, ausgeschlossen sei, fehle für diesen An¬spruch die notwendige Rechtsgrundlage. Für den hier streitigen Zeitraum habe das HeimG einen entsprechenden Auskunftsanspruch noch nicht vorgesehen. Auch ergebe sich aus dem zwischen der verstorbenen Mutter der Klägerin und dem Beigeladenen abge¬schlossenen Pflegeheimvertrag kein derartiger Anspruch. Dieser enthalte vielmehr den Hinweis, dass berechtigte Erhöhungen des Pflegesatzes einseitig vorgenommen werden könnten. Darüber hin¬aus könne die Klägerin ihr Auskunftsbegehren auch nicht auf § 15 SGB I stützen, da es sich bei den Pflegesatzverhandlungen zwischen den Pflegekassen und den Heimträgern nach Auffassung der Kammer nicht um eine unmittelbare soziale Angelegenheit handele. Bei dieser Rechtslage habe sich die Kammer nicht in der Lage gesehen, dem von der Klägerin be¬gehrten Auskunftsan¬spruch entsprechen zu können. Es bleibe der Klägerin jedoch un¬benommen, die für die Durchsetzung eines eventuell be¬stehenden Rückzahlungsanspruches notwendigen Auskünfte im Rah¬men eines zivilrechtlichen Verfahrens vom Vertragspartner der verstorbe¬nen Mutter der Klägerin, nämlich direkt von dem Beige¬ladenen, einzuholen.

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 20. Ja¬nuar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. Feb¬ruar 2005 bei dem Sozialgericht Lübeck eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzli¬ches Vorbringen: Entgegen der Auffassung des Sozialge¬richts ergebe sich ein Auskunftsanspruch aus § 15 SGB I. Durch die Pflege¬satzverhandlungen werde der Pflegesatz unmittelbar zu La¬sten der jeweiligen Heimbewohner festgelegt, und zwar auch in¬soweit, als Beträge betroffen seien, die von dem pflegeversi¬cherten Heimbewohner privat aufgebracht werden müssten. Inso¬weit be¬stehe die Besonderheit, dass auf Grund sozialversiche¬rungs¬rechtlicher Vorschriften zivilrechtsgestaltend eingegrif¬fen werde. Dieser Eingriff in das Zivilrecht und in die Heim¬ver¬träge sei unmit¬telbar. Insoweit sei die Begründung des So¬zial¬gerichts, es han¬dele sich nicht um eine unmittelbare so¬ziale Angelegenheit, nicht zutreffend. Des Weiteren übersehe das Sozi¬algericht, dass ein Auskunftsanspruch aus entsprechender Anwen¬dung der Vor¬schriften des zivilrechtlichen Auftragsrech¬tes ge¬geben sei. So¬weit die Pflegesätze über die Heimverträge "in das Privat¬recht für die Heimbewohner verbindlich festge¬legt wür¬den", han¬dele es sich um nichts anderes, als um eine "Verhand¬lung im Auftrag und zu Lasten der Heimbewohner". Inso¬weit hät¬ten auch daten¬schutz¬rechtliche Belange zurückzutre¬ten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 12. Okto¬ber 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurtei¬len, ihr Auskunft über alle Verhandlungen zu geben, die sie anlässlich der Vergütungsvereinbarung vom 9. Januar 1999 über die Pflegesätze mit dem Beige¬ladenen geführt hat, und ihr Einsicht in alle dies¬bezüglichen Ver¬handlungsunterlagen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Das mit Beschluss des Senats vom 3. Mai 2005 einfach beigela¬dene Seniorenheim "U " hat sich zur Sache nicht geäu¬ßert und hat kei¬nen Antrag gestellt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die den Vorgang betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten haben dem Senat vorgelegen. Wegen der weite¬ren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Be¬teiligten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil ent¬scheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden er¬klärt haben (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsge¬setz [SGG]).

Die Berufung der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin ihrer verstor¬benen Mutter (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I) ist zu¬läs¬sig. Ob für den geltend ge¬machten Auskunftsanspruch der Rechts¬weg zu den Sozialgerichten zulässig ist, bedarf im Berufungs¬verfahren keiner Prüfung mehr. Dies er¬gibt sich aus § 17 Abs. 5 Gerichts¬verfassungsgesetz. Danach prüft das Ge¬richt, das über ein Rechtsmittel gegen eine Ent¬scheidung in der Hauptsache ent¬scheidet, nicht, ob der be¬schrit¬tene Rechtsweg zulässig ist.

Die Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet. Die Kläge¬rin begehrt von der Beklagten Auskunft über alle Verhand¬lun¬gen, die zum Abschluss der Pflegevergütungsvereinba¬rung für das Jahr 1999 mit dem Beigelade¬nen geführt haben, und Einsicht in alle diesbezüglichen Ver¬handlungsunterlagen. Ein Vorverfah¬ren war insoweit entbehrlich, da mit der auf Aus¬kunfts¬ertei¬lung gerich¬teten Leistungsklage nicht der Er¬lass ei¬nes Ver¬waltungsaktes, sondern ein schlichtes Verwal¬tungshandeln er¬strebt wird.

Der insoweit geltend gemachte Auskunftsanspruch steht der Klä¬gerin nicht zu. Dies ergibt sich im Einzelnen aus Folgendem:

Ein Auskunftsanspruch gegen die Beklagte ergibt sich nicht aus dem zwischen der verstorbenen Mutter der Klägerin und dem Bei¬geladenen geschlos¬senen Pflegeheimvertrag vom 18. Juli 1995. Dort ist in § 6 Abs. 4 lediglich geregelt, dass der Heimträger eine Erhöhung des Pflege¬kostensatzes (Heimentgeltes) bei einer Veränderung der Berechnungsgrundlagen durch einseitige Erklä¬rung vornehmen kann, und dass die Erhö¬hung dem Bewohner späte¬s¬tens vier Wochen vor dem Zeitpunkt, zu dem sie wirksam werden soll, schriftlich mitzuteilen und zu be¬gründen ist. Bestimmun¬gen über Einsichtsrechte des von der Erhöhung des Pflegekosten¬satzes betroffenen Heimbewohners in die diesbezüglichen Kalku¬lationsunterlagen des Heimträgers ober über entsprechende Aus¬kunftsansprüche gegen bei Pflegesatzverhandlungen beteilig¬te Pflegekassen enthält der Vertrag nicht.

Die Klägerin kann den von ihr geltend gemachten Auskunftsan¬spruch gegen die Beklagte auch nicht auf die Be¬stimmung des § 15 SGB I stützen. Die Vorschrift verpflichtet in Absatz 1 u.a. die Träger der sozialen Pflegever¬sicherung, über alle so¬zialen Angelegenheiten nach diesem Ge¬setzbuch Auskünfte zu er¬teilen. Damit ist der Auskunftsbereich erschöpfend um¬schrie¬ben; er wird nicht dadurch erweitert, dass es im folgen¬den Ab¬satz 2 heißt, die Auskunftspflicht erstrecke sich "auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für den Auskunftssuchenden von Be¬deutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunfts¬stelle imstande ist". Diese Fragen müssen sich näm¬lich auf so¬ziale Angelegen¬heiten nach dem SGB beziehen; eine Aus¬kunfts¬pflicht auf Fra¬gen zu anderen Angelegenheiten ist er¬sichtlich nicht vorgese¬hen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 29. Oktober 1985, 11a RK 6/84, SozR 1300 § 67 Nr. 2). Die von der Klägerin bean¬spruchte Auskunft liegt außerhalb des in § 15 Abs. 1 SGB I festgelegten Auskunftsbereiches. Sie kann schon deshalb keine soziale Ange¬legenheit nach dem SGB betref¬fen, weil die Kläge¬rin und auch ihre verstorbene Mutter in keinerlei sozialen Rechtsbeziehun¬gen zur Beklagten stehen bzw. stan¬den (vgl. BSG, a.a.O.). Darüber hin¬aus gehören Auskünfte über den Inhalt ge¬führter Pflege¬satz¬ver¬handlungen mit einem Heimträger nicht zum gesetzlichen Pflich¬tenkreis der Beklagten als Träge¬rin der sozialen Pflege¬versi¬cherung und sind daher ihrer Art nach keine Dienstleistun¬gen, die Gegen¬stand eines sozialen Rechtes im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB I sein können.

Ein Auskunftsanspruch folgt auch nicht aus § 35 Abs. 2 SGB I i.V.m. §§ 67d bis 77 SGB X. Die von der Klägerin erbetenen Aus¬künfte betreffen Informationen und Unterlagen, welche Daten über die wirtschaft¬lichen Ver¬hält¬nisse des Beigeladenen, dessen Kalkulations¬grundlagen, die Be¬rechnung der Sach- und Personal¬kosten, die Zahl der Be¬schäftig¬ten und deren jeweiligen Brutto¬verdienste enthalten. Zutreffend hat die Beklagte darauf hinge¬wiesen, dass es sich bei diesen Daten um Be¬triebs- bzw. Ge¬schäftsge¬heimnisse im Sinne von § 67 Abs. 1 Satz 2 SGB X han¬delt (vgl. hierzu Stein¬bach, in Hauck/Haines, SGB I, Stand: De¬zember 2001, § 35 Rz. 57 f.). Solche Betriebs- bzw. Ge¬schäfts¬geheimnisse sind ge¬mäß § 35 Abs. 4 SGB I wie Sozialdaten zu be¬han¬deln. Dies hat zur Folge, dass eine Weitergabe dieser In¬for¬ma¬tionen aus¬schließlich nach Maßgabe der Vorschriften des Zwei¬ten Ka¬pi¬tels des SGB X zulässig ist (§ 35 Abs. 2 SGB I). Die dort ent¬halte¬nen Regelungen enthalten jedoch kei¬nen Erlaubnis¬satz, der eine an Pflegevergütungsverhandlungen be¬tei¬ligte Pflegekasse be¬rech¬tigt bzw. verpflichtet, ihre dabei über die wirtschaft¬li¬chen Verhältnisse der Pflegeeinrichtung gewonnenen Informa¬tio¬nen an Bewohner dieser Einrichtung oder deren Rechts¬nach¬folger weiter¬zugeben. Mit der Regelung, dass nach § 35 Abs. 2 SGB I eine Da¬tenübermittlung grundsätzlich nur unter den Vor¬aus¬setzun¬gen der §§ 67d bis 77 SGB X zulässig ist, hat der Ge¬setzgeber, um so¬wohl für den Betroffenen als auch für die in § 35 genann¬ten Stellen eine möglichst klare Rechtslage zu schaffen, ab¬schlie¬ßend bestimmt, unter welchen Voraussetzun¬gen eine Offen¬barung von Sozialdaten und der ihnen rechtlich gleichgestellten Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse zulässig ist. Andere Vor¬schriften als die genannten rechtfertigen keine Offenbarung (Steinbach, a.a.O., § 35 Rz. 96 mit Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozial¬ordnung des Deut¬schen Bundes¬tages, BT Drucks. 8/4022, S. 96) und ebenso wenig ein allgemei¬nes öf¬fent¬lich-rechtliches Aus¬kunftsrecht nach (Sozial-)Verwaltungs¬er¬¬mes¬sen (Steinbach, a.a.O.). Im Übrigen regeln § 67d SGB X und die speziellen Vor¬schriften der §§ 68 ff. SGB X auch nur eine Über¬mitt¬lungsbe¬fug¬nis. Über eine (weitergehende) Übermittlungs¬pflicht tref¬fen diese Normen hin¬gegen keine Aussage (Rombach in, Hauck/Noftz, SGB X, Stand: März 2004, § 67d Rz. 27; vgl. auch BSG, a.a.O.).

Ein Auskunftsanspruch der Klägerin kann schließlich auch nicht im Rahmen einer analogen Anwendung der Vorschrift des § 666 BGB begründet werden. Denn das SGB enthält in Bezug auf den Schutz von Sozialdaten und der ihnen gleichgestellten Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse - wie oben dargelegt - eine ab¬schließende Regelung, so dass es schon an einer planwidrigen Regelungs¬lü¬cke, wie sie ein Analo¬gieschluss zwingend voraus¬setzt, fehlt. Von daher erübrigt sich vorliegend auch eine nähere Auseinan¬dersetzung mit der von den Beteiligten problematisierten Frage, ob sich eine am Pflegesatz¬verfahren beteiligte Pflegekasse bei Verhandlungen über eine Pflegevergü¬tungsvereinbarung mit einem Heimträger auch "in einer Art Auftragsverhältnis" zu den von diesen Verhandlungen betroffenen Heimbewohnern befindet.

Dass die Klägerin keinen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte hat, wird schließlich (mittelbar) auch durch die mit Wirkung vom 1. Januar 2002 eingeführte Bestimmung des § 7 Abs. 3 Satz 4 HeimG bestätigt. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzge¬ber den Bewoh¬nern einer Pflegeeinrichtung die Möglichkeit eröffnet, die An¬gaben des Heimträgers zur Erhöhung des Heimentgeltes durch eine Einsicht¬nahme in dessen Kalkulationsunterlagen zu über¬prü¬fen. Die¬ser An¬spruch richtet sich aber gerade nicht gegen die Pflegekassen, sondern ausschließlich gegen den Träger der je¬weiligen Pflegeeinrichtung, hier also den Beigeladenen. Dass darüber hinaus alle an den Vergütungsverhandlungen betei¬ligten natürlichen und juristischen Personen zur Verschwiegen¬heit über die ihnen anlässlich der Vergü¬tungsverhandlungen be¬kannt gewor¬denen Be¬triebsgeheim¬nisse ver¬pflichtet sind, hat der Gesetzge¬ber in gleichem Zusam¬men¬hang nochmals hervorgeho¬ben, indem er in § 7 Abs. 4 Satz 7 HeimG die fortan zusätzlich an den Ver¬handlungen zu beteiligten Heimbei¬räte, die nicht schon per se den sozial¬rechtlichen Da¬tenschutz¬bestimmungen unterliegen, ge¬sondert zur Verschwiegen¬heit ver¬pflichtet hat.

Nach alledem besteht keine Rechtsgrundlage, die die Beklagte dazu verpflichten könnte, der Klägerin die begehrten Auskünfte über die Verhandlungen, die zum Abschluss der Pflegevergütungs¬vereinbarung für das Jahr 1999 mit dem Beigeladenen geführt ha¬ben, zu erteilen oder ihr entsprechende Einsicht in noch vor¬handene Verhandlungsunterla¬gen zu gewähren.

Das Berufungsbegehren der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Sie richtet sich nicht nach § 193 SGG, da weder die Klä¬gerin noch die Beklagte im vorlie¬genden Verfahren zu den in § 183 SGG genannten (ko¬s¬tenmäßig privilegierten) Personen gehören. Die verstorbene Mut¬ter der Klägerin war nicht Versi¬cherte (Mitglied) der Beklagten, und die Klä¬gerin begehrt als deren Sonderrechtsnachfolgerin von der Be¬klagten Auskünfte zur beabsichtigten Über¬prüfung der vom Bei¬ge¬ladenen nach § 6 Abs. 4 des geschlos¬senen Pflegeheim¬vertra¬ges vorgenommenen Erhöhung des Pflegekosten¬satzes (Heimentgeltes). Die¬ses Klagebegehren hat aber mit der in § 183 SGG für die Kos¬tenprivilegierung voraus¬gesetzten Ei¬gen¬schaft der ver¬storbenen Mut¬ter als Versi¬cherte nichts zu tun, sondern ausschließlich mit ih¬rem Status als Be¬wohnerin der Pfle¬ge¬ein¬richtung des Bei¬geladenen. Der Senat konnte auch die für die Klägerin güns¬ti¬gere - aber feh¬lerhaft nach § 193 SGG ge¬troffene - Kostenent¬scheidung des So¬zialge¬richts än¬dern. In¬so¬weit gilt das Verbot der refor¬matio in peius nicht, denn die¬ses Verbot bezieht sich nur auf den der Disposi¬tion der Betei¬ligten unter¬liegenden Streitge¬genstand, nicht aber auf die Kos¬ten, über die von Amts wegen zu entschei¬den ist. Daher schließt das Verbot der refor¬matio in peius eine Än¬de¬rung der sozialge¬richt¬lichen Kostenent¬scheidung zu Unguns¬ten der Klägerin nicht aus, weil die Rechts¬mittelinstanz sowohl zu einer Ergänzung als auch zu ei¬ner Abän¬derung der Kostenent¬scheidung der Vorinstanz be¬fugt ist (BSG, Urteil vom 10. Sep¬tember 1987, 10 RAr 10/86, SozR 4100 § 141b Nr. 40; LSG Nord¬rhein-Westfalen, Urteil vom 18. No¬vember 2004, L 9 AL 67/03, in Juris veröffentlicht; je¬weils mit weiteren Nachweisen).

Der Senat hat keinen Anlass gesehen, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved