L 5 KA 2054/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 2804/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2054/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.) Kernpunkt der Regelungen des Gesetzgebers in § 85 Abs. 4 Satz 7 und 8 SGB V (Fassung 2005) sind zum einen arztgruppenspezifische Grenzwerte (Vorgabe 1), innerhalb deren erbrachte ärztliche Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Vorgabe 2 - wobei Vorgabe 1 und Vorgabe 2 zusammen als Regelleistungsvolumen bezeichnet werden) und für den Fall der Überschreitung dieser Grenzwerte eine Überschreitung der Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Vorgabe 3) zu erfolgen hat. Diese gesetzlichen Vorgaben sind zwingend
.
2.) Der Bewertungsausschuss darf zwar den Inhalt der Regelungen zu den Leistungsvolumen und zur Abstaffelung der überschießenden Leistungsmenge näher konkretisieren und gegebenenfalls dazu passende ergänzende Steuerungsinstrumente einführen (§ 85 Abs. 4a SGB 5), er muss sich dabei aber immer im Rahmen der grundsätzlichen gesetzlichen Wertung in § 85 Abs. 4 Satz 7 und 8 SGB 5 halten.

3.) Ein Honorarverteilungsvertrag, der ein nach Punkten bemessenes Individualbudget vorsieht, das auf den Abrechnungsergebnissen des Vorjahres basiert und die Leistungen mit einem floatenden Punktwert vergütet,
verstößt sowohl gegen § 85 Abs. 4 SGB 5 als auch gegen die Übergangsvorschrift
unter III. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens zu ¾, der Kläger zu ¼.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der dem Honorarbescheid für das Quartal 2/05 zugrunde liegende Honorarverteilungsvertrag (HVV) der gesetzlichen Vorgabe genügt, wonach die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (§ 85 Abs. 4 Satz 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V).

Der Kläger ist Arzt für Allgemeinmedizin und zur vertragsärztlichen Versorgung in St. zugelassen; er nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil.

Am 02.11.2005 ging ihm der Abrechnungsbescheid für das Quartal 2/05 zu. Darin teilte ihm die Beklagte, seit 1.1.2005 Rechtsnachfolgerin der für den Kläger bisher zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nord-Württemberg, u.a. folgende Grunddaten mit:

1 Grunddaten Ersatzkassen Primärkassen Gesamt 1.1 Eingereichte Fälle 224 Fälle 871 Fälle 1.3 Überschreitung gemäß Fallzahlzuwachsbegrenzung 8 Fälle 30 Fälle 1.4 Für das Punktzahlgrenzvolumen relevante Fälle 211 Fälle 825 Fälle 1.5 Fallpunktzahl entsprechend HVV 1.191,0 Punkte 1.278,8 Punkte 1.6 Korrekturfaktor zur Stabilisierung des Punktwerts 0,8402 0,9996 1.7 Fallpunktzahl für das Punktzahlgrenzvolumen 959,4 Punkte 1.084,4 Punkte 2 Anwendung des Punktzahlgrenzvolumens 2.1 Anforderung in Punkten 231.721,0 Punkte 853.247,1 Punkte 1.084.968,1 Punkte 2.2 Punktzahlgrenzvolumen in Punkten (1.4 x 1.7) 202.433,4 Punkte 894.630,0 Punkte 2.3 Über das Punktzahlgrenzvolumen hinausgehende Punkte 29.287,6 Punkte 0,0 Punkte 29.287,6 Punkte 2.4 Anteil der über das Punktzahlgrenzvolumen hinausgehenden Punkte in v.H. 12,6 v.H. 0,0 v.H. 2,7 v.H.

Im Bereich der Ersatzkassen wurde das Punktzahlgrenzvolumen gemäß HVV von 202.433,4 Punkten mit einem Punktwert von 3,9835 Cent, die Überschreitung des Punktzahlgrenzvolumens von 29.283,9 Punkten mit 0,4003 Cent vergütet. Bei den Primärkassen betrug der Punktwert für alle Kassengruppen (AOK, BKK, Bundesknappschaft, IKK und Landwirtschaftliche KK) 4,1841 Cent.

Mit seinem am 16.11.2005 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte der Kläger geltend, der Widerspruch richte sich u.a. gegen die ab dem 01.04.2005 vorgenommene Honorarverteilung und den ihr zugrundeliegenden HVV. Nach § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V seien für die Honorarverteilung insbesondere arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina). Nur die den Grenzwert überschreitenden Leistungen seien mit abgestaffelten Punktwerten zu vergüten. Dennoch sei in Baden-Württemberg ein HVV vereinbart worden, der keine festen Punktwerte vorsehe. Dies verstoße gegen höherrangiges Gesetzesrecht. Soweit das Gesetz eindeutig feste Punktwerte bei der Honorarverteilung vorschreibe, könne der Bewertungsausschuss auch im Rahmen seiner Konkretisierungskompetenz nach § 85 Abs. 4 a Satz 1 SGB V hiervon nicht abweichen. Abgesehen davon würden auch die Voraussetzungen der vom Bewertungsausschuss erlaubten Abweichungen nicht vorliegen. Anstelle der in Nord-Württemberg bisher praktizierten Vergütung mit einem festen Punktwert habe der HVV zwar die bisherigen praxisindividuellen Punktzahlobergrenzen weiter beibehalten, sei aber zu einem floatenden Punktwert übergegangen. Damit liege keine Fortführung der bisherigen Honorarverteilungssystematik, sondern eine Abkehr in dem zentralsten Punkt der bisherigen Honorarverteilung vor. Von einer Fortführung der bisherigen Honorarverteilungssystematik könne deshalb keine Rede sein. Der seiner Honorarabrechnung zugrunde liegende HVV sei rechtswidrig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Ermittlung der neuen Fallpunktzahl auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs 2000plus (im folgenden EBM 2005) unter Verwendung des individuell errechneten Transcodierungsfaktors ergäben sich nicht. Mit dem EBM 2005 seien Bewertungsänderungen vorgenommen und neue Leistungsinhalte gebildet worden. Entsprechend seien die im Quartal 2/2004 individuell nach dem alten EBM abgerechneten und anerkannten Leistungen in den neuen EMB 2005 übersetzt (= transcodiert) worden. Aus den sich aus dem vorangegangenen Vergleich ergebenden einzelnen Punkteverhältnissen sei dann der auf dem Abrechnungsverhalten beruhende und damit individuelle Transcodierungsfaktor für die jeweiligen Leistungen berechnet worden. Der Durchschnitt der einzelnen Transcodierungsfaktoren bilde den individuellen Transcodierungsfaktor des Klägers; multipliziert mit der bisherigen Fallpunktzahl des Klägers ergebe sich die für ihn ab dem Quartal 2/2005 gültige Fallpunktzahl. Um einen angemessenen Durchschnittspunktwert zu erhalten werde anschließend die neu ermittelte Fallpunktzahl ab 2/2005 mit einem für den Versorgungsbereich des Klägers spezifischen Korrekturfaktor multipliziert. Vom bisherigen EBM-Regelwerk abweichende Besonderheiten des EBM 2005-Regelwerkes seien im Rahmen der Transcodierung mit einem "Regelwerksfaktor" vermerkt worden. Zu erwartende Leistungsveränderungen einzelner Nummern nach dem EBM, bezogen auf die Häufigkeit nach der alten Gebührenordnung, seien in einem so genannten Leistungsausdehnungsfaktor hinterlegt. Lasse sich für eine EBM 2005-Position keine korrespondierende Nummer nach dem EBM 96 finden, komme eine Fallzahlen-Häufigkeitstabelle zur Anwendung, die bestimme, in wie vielen Behandlungsfällen die Gebührennummer zum Ansatz komme. Die Kombination oben genannter Faktoren sorge dafür, dass das zu erwartende Leistungsverhalten eines Arztes in typisierender, der Komplexität der Gebührenordnung entsprechender Weise berechnet werden könne.

Die vom Bewertungsausschuss gemachten Vorgaben zur Honorarverteilung seien von den Vertragsparteien bei Abschluss des HVV korrekt umgesetzt worden. Neben der Regelung, im Rahmen von Regelleistungsvolumen erbrachte Leistungen mit einem festen Punktwert und darüber hinausgehend mit einem abgestaffelten Punktwert zu vergüten, habe der Bewertungsausschuss auch eine Übergangsregelung in Punkt III.2.2 geschaffen. Hiernach können Steuerungsinstrumente, welche in einer Kassenärztlichen Vereinigung zum 31.03.2005 bereits vorhanden gewesen seien, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung des § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar seien, bis zum 31.12.2005 fortgeführt werden. Hiervon habe die Beklagte Gebrauch gemacht. Entgegen der Auffassung des Klägers mangele es nicht an einer Vergleichbarkeit der zum 31.03.2005 in der Bezirksdirektion St. vorhandenen Steuerungsinstrumente mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V. Sowohl die Festlegung von arztgruppenspezifischen Grenzwerten, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem bestimmten Punktwert zu vergüten seien (bis 1/2005 Regelleistungsvolumen, ab 2/2005 Punktzahlgrenzvolumen), als auch die Vergütung der das Punktzahlgrenzvolumen überschreitenden Punktzahlen mit einem abgestaffelten Punktwert sei in dem für die Bezirksdirektion Stuttgart geltenden HVV vorgesehen. Von einer Vereinbarung, nach welcher die im Rahmen des Regelleistungsvolumens erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem mit den Vertragspartnern vorab vereinbarten, festen Punktwert vergütet würden, sei allerdings abgesehen worden, da aufgrund der Einführung des neuen EBM 2005 zum 01.04.2005 sich die Entwicklung der vertragsärztlichen Leistungen bzw. des abgerechneten Punktzahlvolumens im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen kaum habe vorhersagen lassen. Damit sei auch angesichts der gleichzeitig weiterbestehenden Budgetierung der Gesamtvergütung der sich aus der Division der budgetierten Gesamtvergütung durch das Punktzahlvolumen ergebende Punktwert nicht präzise genug einzuschätzen gewesen. Diese naturgemäß bei Änderungen von Bewertungsgrundlagen bestehenden Unsicherheiten im Hinblick auf Punktzahlvolumen und Punktwert hätten der Vereinbarung eines festen, vorab bekannten Punktwertes entgegen gestanden. Dem Aspekt des festen Punktwertes werde insoweit Rechnung getragen, als dass zeitnah nach Auswertung der Abrechnung für das Quartal 2/2005 im Falle erheblicher Honorarverwerfungen Gegenmaßnahmen ergriffen werden sollten, was im Ergebnis einer Stützung des Punktwertes gleich käme. Diese Absichtserklärung sei von den Vertragsparteien in einer Protokollnotiz zum HVV festgehalten worden.

Vor dem Hintergrund der geschilderten Problematik und im Hinblick darauf, dass es sich vorliegend lediglich um eine zeitlich beschränkte Übergangsregelung von recht kurzer Geltungsdauer handele, erscheine der Verzicht auf die Vereinbarung eines festen, vorab bekannten Punktwerts vertretbar und stehe der vom Bewertungsausschuss geforderten Vergleichbarkeit der von den Vertragsparteien für die Bezirksdirektion Stuttgart getroffenen Vereinbarungen mit der gesetzlichen Regelung nach § 85 Abs. 4 Satz 7 und 8 SGB V nicht entgegen. Anzumerken sei, dass von vornherein festgelegte feste Punktwerte aufgrund der nicht abschätzbaren Risiken extrem niedrig hätten ausfallen müssen. Bereits aus diesem Grunde ergäben sich keine Nachteile aus der angewandten Übergangsregelung. Ab dem Quartal 2/05 kämen nunmehr Punktwerte zur Auszahlung, welche sich durch Division des jeweiligen Honorartopfes durch die anerkannten Punktzahlen ergäben und somit zwangsläufig von Quartal zu Quartal unterschiedlich seien. Um die mit dem EBM 2005 einhergehenden gewollten wie auch ungewollten Honorarumverteilungen zwischen den einzelnen Facharztgruppen lenken zu können, sei zusätzlich ein Punktwertkorridormodell, das Umverteilungen stufenweise zulasse, erstellt worden. Der Punktwertkorridor belaufe sich auf 20 % im Quartal 2/2005, 15 % im Quartal 3/2005 und 10 % im Quartal 4/2005.

Hiergegen erhob der Kläger am 21.04.2006 Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG). Aus dem Wortlaut von § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V ergebe sich, dass die gesetzliche Vorgabe einer grundsätzlichen Vergütung der ärztlichen Leistungen mit einem festen Punktwert nunmehr verbindlich vorgeschrieben sei. Habe dies nach bisheriger Regelung im Ermessen jeder einzelnen Kassenärztlichen Vereinigung gestanden, so habe der Gesetzgeber durch Verwendung des Ausdruckes "sind" Regelleistungsvolumina verbindlich vorgeschrieben. Damit sei eine Honorarverteilung auf der Grundlage fester Punktwerte nicht nur als normatives Regelungsziel ausgestaltet, sondern als normativ verbindliche Vorgabe festgelegt. Gegen diese verbindliche Vorgabe des höherrangigen Rechtes verstoße der HVV. Er sehe gerade keine festen Punktwerte vor, sondern lasse die Punktwerte bei der Honorarverteilung "floaten". Die Beklagte habe dies auch nicht in Abrede gestellt, sondern im Widerspruchsbescheid eingeräumt, sie habe den "festen" Punktwert aufgrund der Einführung des neuen EBM 2005 zum 01.04.2005 nicht präzise genug einschätzen können.

Soweit die Beklagte unter bestimmten Voraussetzungen für eine Übergangszeit weiterhin floatende statt feste Punktwerte bei der Honorarverteilung für rechtlich zulässig halte, könne dem nicht zugestimmt werden. Der Bewertungsausschuss dürfe zum einen von gesetzlich zwingenden Vorgaben nicht abweichen, zum anderen seien auch die im Beschluss des Bewertungsausschusses aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt. Ein Regelungsspielraum im Rahmen der ihm zustehenden allgemeinen Konkretisierungskompetenz stehe dem Bewertungsausschuss nicht zu, wie insbesondere der Vergleich mit der gesetzlichen Vorgängerregelung zeige. Die Einführung fester Punktwerte im Rahmen arztgruppenspezifischer Grenzwerte sei obligatorisch geworden. Dem Rechtsverstoß stehe nicht entgegen, dass die abweichende Regelung zeitlich befristet gewesen sei. Eine so genannte Übergangsregelung lasse sich vorliegend nicht als Anfangs- und Erprobungsregelung rechtfertigen. Zwar sei in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung für eine Übergangszeit der Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen erlaube, eine Erprobungsregelung dürfe jedoch nicht dem Normzweck zuwider laufen oder gegen zwingende normative Vorgaben verstoßen. Letzteres sei hier der Fall, § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V enthalte eine zwingende gesetzliche Vorgabe, die der Beklagten keinen Spielraum lasse.

Auch die Voraussetzungen der Übergangsregelung des Bewertungsausschusses lägen nicht vor. Die bisherigen Regelungen im HVM der ehemaligen Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg hätten das Ziel gehabt, bei budgetierter Gesamtvergütung die Fallpunktzahlen so zu berechnen, dass die Vergütung der ärztlichen Leistungen mit einem festen Punktwert erfolgen konnte. Die jeweiligen Fachgruppenhonorartöpfe seien deshalb nicht wie bisher durch die angeforderten Punkte, sondern durch die angestrebten Punktwerte geteilt worden, wodurch die Punktzahl ermittelt worden sei, die mit den angestrebten festen Punktwerte habe vergütet werden können. Habe nur ein Teil des der Berechnung zugrunde liegenden Leistungsumfangs zu einem festen Punktwert vergütet werden können, sei die Korrektur über einen arztgruppenspezifischen Korrekturfaktor erfolgt. Damit sei den Vertragsärzten in Nord-Württemberg ein hohes Maß an wirtschaftlicher Kalkulierbarkeit der Einnahmesituation für ihre ärztliche Tätigkeit gewährt worden. Mit dieser Regelung sei die neue Honorarverteilungsregelung nicht vereinbar. Von einem im Voraus feststehenden Punktwert habe die jetzige Honorarverteilungsregelung wieder Abstand genommen und sehe gerade keine festen Punktwerte mehr vor, was zur Folge habe, dass die Kalkulierbarkeit des ärztlichen Honorars wieder erheblich eingeschränkt werde. Durch die Einführung des EBM 2005, dem ein kalkulatorischer Punktwert von 5,11 Cent zugrunde liege, sei die Kalkulierbarkeit des ärztlichen Honorars für den einzelnen Vertragsarzt noch zusätzlich erschwert worden.

Selbst wenn aber eine Vergleichbarkeit beider Regelungen bejaht würde, habe die Beklagte die bisherige Regelung gerade nicht - wie es der Beschluss fordere - fortgeführt, sondern erheblich modifiziert. Insoweit sei die Beklagte auch auf der Rechtsfolgenseite von den normativen Vorgaben des Bewertungsausschusses ohne gesetzliche Ermächtigung abgewichen.

Der Vortrag, die Vereinbarung eines festen Punktwertes im HVV selbst sei gar nicht möglich gewesen, sei zu 100 Prozent falsch und werde schon dadurch widerlegt, dass alle anderen Kassenärztlichen Vereinigungen (bis auf Bayern) feste Punktwerte in ihrem HVV vereinbart hätten.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat ihre Rechtsauffassung aus dem Widerspruchsbescheid wiederholt, wonach der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 es ihr erlaube, entweder die Festlegung neuer Regelleistungsvolumina vorzunehmen oder aber die in den KVen bereits vorhandenen Steuerungsinstrumente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar seien, weiter fortzusetzen. Der Bewertungsausschuss habe seine Kompetenzen nicht überschritten, wenn er es Kassenärztlichen Vereinigungen erlaube, bereits vorhandene Steuerungsinstrumente fortzuführen. Der Gesetzgeber habe den Bewertungsausschuss in § 85 Abs. 4 a Satz 1 SGB V ermächtigt, den Inhalt der Regelungen zur Festlegung von Regelleistungsvolumina zu bestimmen. Von dieser Ermächtigung sei selbstverständlich auch die Kompetenz des Bewertungsausschusses umfasst, im Rahmen seines weiten Gestaltungsermessens für einen gewissen Zeitraum Übergangsregelungen treffen zu können, die sich inhaltlich im Rahmen des Gesetzeszweckes halten. Gesetzliches Ziel der in § 85 Abs. 4 Satz 7 und 8 normierten Regelleistungsvolumina sei es, insoweit Kalkulationssicherheit für Vertragsärzte zu gewährleisten. Dem Kläger sei zwar zuzugeben, dass der HVV für die verschiedenen Arztgruppen keinen festen Punktwert vorsehe, er genüge aber dem Gebot der Kalkulationssicherheit auch in der vereinbarten Form. Die Systematik der vereinbarten Punktzahlgrenzvolumina habe im Wesentlichen drei Ziele verfolgt, nämlich

1. Schaffung (höherer) Kalkulationssicherheit für Vertragsärzte, 2. Verhinderung überdurchschnittlicher Leistungsausweitung und 3. angemessene Verteilung der Gesamtvergütung unter den verschiedenen Arztgruppen und damit verbesserte Honorargerechtigkeit innerhalb der Fachgruppe.

Die Systematik des HVV sei in ihren Auswirkungen mit Regelleistungsvolumina in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar. Der Vertragsarzt könne anhand der Höhe der Fallpunktzahlen, seiner Fallzahl sowie in Kenntnis der Fallzahlbegrenzungsregelungen jedenfalls überschlägig ermitteln, mit welchem Honorar er im jeweiligen Quartal rechnen könne.

Besondere Bedeutung komme der Protokollnotiz zum HVV zu, wonach nach Auswertung der Abrechnung des zweiten Quartals in zeitnahe Gespräche eingetreten werden solle, um gegebenenfalls erforderliche Gegenmaßnahmen kurzfristig umzusetzen. Damit werde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Vereinbarung eines festen Punktwerts im HVV selbst gar nicht möglich gewesen sei, weil wegen der Einführung des EBM 2005 zum 01.04.2005 die Entwicklung der vertragsärztlichen Leistungen bzw. des abgerechneten Punktzahlvolumens zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen kaum vorherzusagen gewesen sei. Dies vor allem deshalb, weil Unsicherheiten im Hinblick auf das Punktzahlvolumen bestanden hätten. Im Übrigen seien Punktzahlgrenzvolumina ohne fest vereinbarten Punktwert in ihrer Steuerungswirkung mit Punktzahlgrenzvolumina mit fest vereinbarten Punktwerten vergleichbar.

Mit Urteil vom 27.02.2008 hat das SG den Bescheid vom 12.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Honoraranspruch des Klägers für das Quartal 2/05 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Das SG hat die Sprungrevision zugelassen. Es hat zur Begründung ausgeführt, einen Vergleich des ab 01.04.2005 gültigen HVV mit dem bis dahin maßgebenden HVM zeige, dass keine in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbaren Steuerungsinstrumente vorhanden gewesen seien. Bei den Regelungen in Anlage 1 des HVM handle es sich nicht um Regelleistungsvolumina, weil darin die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte nicht vorgesehen gewesen sei, vielmehr habe die bis dahin praktizierte Honorarbegrenzung auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahlobergrenzen anhand des jeweiligen individuellen Leistungs- und Abrechnungsverhaltens des Vertragsarztes in den Quartalen des Jahres 2002 basiert. Auch fehle eine Bestimmung über eine - abgestaffelte - Restleistungsvergütung. Darüber hinaus sei die Beklagte von bislang geltenden festen Punktwerten wieder zu einem floatenden Punktwert übergegangen und habe nunmehr eine Vergütung der über das Punktzahlgrenzvolumen hinausgehenden Punktzahlanforderung vorgesehen. Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 habe deshalb unabhängig davon, ob er seinerseits überhaupt mit der Rechtslage vereinbar sei, keine Rechtsgrundlage für die von der Beklagten für die Zeit ab 01.04.2005 getroffenen Regelungen dargestellt. Hinzu komme, dass die gesetzliche Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V eindeutig sei. Eine Möglichkeit hiervon abzuweichen sehe das Gesetz nicht vor. Sei schon das Fehlen von Regelungen für die Zeit ab 01.07.2004 rechtswidrig gewesen, habe der Bewertungsausschuss erst recht nicht die Einführung der im Gesetz vorgegebenen Regelleistungsvolumina mit einem festen Punktwert noch weiter hinausschieben können. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten lasse dies die Konkretisierungskompetenz des § 85 Abs. 4 a SGB V nicht zu. Die Honorarverteilungsregelung der Beklagten ab 01.04.2005 stehe damit mit höherrangigem Recht nicht im Einklang und sei rechtswidrig.

Gegen das ihr am 14.04.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.04.2008 Berufung eingelegt. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsbescheid und dem sozialgerichtlichen Verfahren. Ergänzend führt sie aus, der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 sei zunächst nicht schon deshalb unwirksam, weil der Bewertungsausschuss die vom Gesetz gemachten zeitlichen Vorgaben nicht eingehalten habe. Aus der Ermächtigungsgrundlage ergebe sich nicht, dass die Regelungskompetenz des Bewertungsausschusses bei nicht zeitgerechter Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben entfallen würde. Der Gesetzgeber habe dies weder ausdrücklich noch auch nur sinngemäß angeordnet.

Entgegen der Auffassung des SG bestehe kein grundsätzlicher Unterschied zwischen den arztgruppenspezifischen Grenzwerten im Sinne von § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V und den im streitgegenständlichen HVV normierten praxisindividuellen Punktzahlgrenzen. Beide Regelungsinstrumente legten fest, bis zu welcher Punktzahlhöhe der abrechnende Arzt mit einer vollen Vergütung und ab welcher Höhe er mit einer niedrigeren, abgestaffelten Vergütung rechnen müsse. Darüber hinaus stellten die im HVV geregelten Punktzahlgrenzvolumina einschließlich punktwertabgestaffelter Vergütung bei Überschreitung dieser Grenze Regelungen dar, die in ihren Auswirkungen mit den in § 85 Abs.4 SGB V normierten Regelleistungsvolumina vergleichbar seien. Zwar sei der Punktwert früher fest gewesen, dafür habe aber die abrechenbare Punktzahlmenge gefloatet, sodass die Honorare auch unter Geltung der alten HVM-Regelungen im Ergebnis nicht kalkulierbarer bzw. genauso wenig kalkulierbar gewesen seien, wie die hier streitigen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Beklagte zur Neubescheidung auch hinsichtlich der nach Anwendung der Fallzahlzuwachsbegrenzung unvergütet gebliebenen Patienten zu verpflichten, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Auch er wiederholt im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Er hat im Wege der Anschlussberufung seine Klage erweitert und begehrt eine Neubescheidung auch hinsichtlich der nach Anwendung der Fallzahlzuwachsgrenze unvergütet gebliebenen Patienten.

Der Senat hat mit Beschluss vom 21.08.2008 den GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung und mit weiterem Beschluss vom 8.10.2008 auch die Landesverbände der Krankenkassen zum Verfahren beigeladen.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung weist darauf hin, dass sich die Situation in Bezug auf Mengensteuerungsinstrumente in den verschiedenen Bundesländern sehr unterschiedlich dargestellt habe. Zum Teil hätten die Honorarverteilungsvereinbarungen noch Praxisbudgets bzw. Nachfolgeregelungen hierzu vorgesehen, zum Teil sei bereits von der Möglichkeit, Regelleistungsvolumina einzuführen, Gebrauch gemacht worden. Zusätzlich hätten in den Bundesländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die dort bestehenden vier Kassenärztlichen Vereinigungen zu jeweils einer Kassenärztlichen Vereinigung fusioniert werden müssen, was auch bedeutet habe, dass die jeweils bestehenden unterschiedlichen Honorarverteilungsvereinbarungen zu jeweils einer zusammengeführt werden mussten. In dieser Situation hätten die vom Bewertungsausschuss zu fassenden Beschlüsse betreffend Regelleistungsvolumina nur vorläufige Regelungen bzw. Übergangsregelungen darstellen können. Um den Aufwand im Sinne einer Anpassung gering zu halten, habe der Bewertungsausschuss die Möglichkeit eröffnet, von den Vorgaben des Beschlusses vom 29.10.2004 abzuweichen, sofern vergleichbare Steuerungsinstrumente vorhanden gewesen seien. Damit habe der Bewertungsausschuss weder seinen gesetzlichen Regelungsauftrag verletzt noch seine Kompetenzen überschritten. Soweit eine unter Inanspruchnahme der streitigen Öffnungsklausel auf Landesebene getroffene, vom Beschluss des Bewertungsausschusses abweichende Regelung sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgabe des § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V bewegt habe, hätte der Bewertungsausschuss in Wahrnehmung seines Regelungsauftrags auch diese Regelung beschließen können. Es komme deshalb entscheidend auf die Gesetzeskonformität der auf Landesebene getroffenen Regelung an.

Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere statthaft. Ob der Beschwerdewert des § 144 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von 750 EUR vorliegend überschritten wird, kann trotz der nicht übersehbaren Auswirkungen des vorliegenden Rechtsstreits auf das dem Kläger zustehende Honorar offen bleiben. Denn in der Zulassung der Sprungrevision durch das SG liegt zugleich die Zulassung der Berufung, an die der Senat gebunden ist (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 9. Auflage § 144 Rdnr. 41; BSGE 54, 203).

II.

Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den den Kläger betreffenden Honorarbescheid für das Quartal 2/05 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.03.2006 zu Recht beanstandet und die Beklagte zur Neubescheidung verurteilt. Die Regelungen des HVV, auf dem der Honorarbescheid für das Quartal 2/05 beruht, stehen weder mit den gesetzlichen Vorschriften des § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V noch mit den höherrangigen Normkonkretisierungen des Bewertungsausschusses im Beschluss vom 29.10.2004 in Übereinstimmung. Auch nach Auffassung des Senats erweist sich die für das Quartal 2/05 vorgenommene Honorarverteilung als rechtswidrig.

1.) Gemäß § 85 Abs. 4 SGB V in der für das Quartal 2/05 geltenden Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes - GMG - vom 14.11.2003 - BGBl. I 2190, in Kraft seit 01.01.2004, verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte (Satz 1, 1. Halbsatz). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (Satz 2). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zugrunde zu legen (Satz 3, 1. Halbsatz). Der Verteilungsmaßstab hat (Hervorhebungen durch den Senat) Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (Satz 6). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) - (Satz 7). Für den Fall der Überschreitung ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (Satz 8). Die vom Bewertungsausschuss nach Abs. 4 a Satz 1 getroffenen Regelungen sind Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2 (Satz 10).

Nach § 85 Abs. 4 a bestimmt der Bewertungsausschuss (§ 87 Abs. 1 Satz 1) Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach Abs. 4, insbesondere ...; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum 29. Februar 2004, den Inhalt der nach Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen.

In der bis 31.12.2003 geltenden Fassung des § 85 Abs. 4 SGB V lauteten die vergleichbaren Vorschriften wie folgt:

Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte (Satz 1, 1. Halbsatz). Sie wendet dabei den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an (Satz 2). Bei der Verteilung der Gesamtvergütung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zugrunde zu legen (Satz 3, 1. Halbsatz). Der Verteilungsmaßstab soll (Hervorhebungen durch den Senat) sicherstellen, dass eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes verhütet wird (Satz 5). Insbesondere kann vorgesehen werden, dass die von einem Vertragsarzt erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Umfang (Regelleistungsvolumen) nach festen Punktwerten vergütet werden; die Werte für das Regelleistungsvolumen je Vertragsarzt sind arztgruppenspezifisch festzulegen (Satz 6). Übersteigt das Leistungsvolumen eines Vertragsarztes das Regelleistungsvolumen einer Arztgruppe, kann der Punktwert bei der Vergütung der das Regelleistungsvolumen übersteigenden Leistungen abgestaffelt werden (Satz 7).

In der Rechtsprechung des BSG zu der bis 31.12.2003 geltenden Fassung des § 85 Abs. 4 SGB V ist entschieden, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Ausformung des HVM einen Gestaltungsspielraum haben, weil die Honorarverteilung eine in der Rechtsform einer Norm, nämlich einer Satzung ergehende Maßnahme der Selbstverwaltung ist (vgl. dazu zusammenfassend BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -). Zu beachten sind dabei allerdings insbesondere das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot leistungsproportionaler Verteilung des Honorars sowie der aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs.1 Grundgesetz (GG) herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Über diese Vorgaben hinaus hat das BSG einen hohen Stellenwert auch dem Ziel beigemessen, eine Punktwertstabilisierung zu erreichen, um dem so genannten Hamsterradeffekt entgegen zu wirken und damit zugleich den Vertragsärzten zu ermöglichen, ihr zu erwartendes vertragsärztliches Honorar sicherer abzuschätzen (so genannte Kalkulationssicherheit). Diesen verschiedenen Zielvorgaben kann ein Honorarverteilungsmaßstab (HVM) nicht gleichermaßen gerecht werden. Vielmehr muss die Kassenärztliche Vereinigung in dem Konflikt unterschiedlicher Zielsetzungen einen angemessenen Ausgleich im Sinne praktischer Konkordanz (vgl. z.B. BVerfGE 97, 169, 176 m.w.N.) suchen. Dabei gibt es nicht nur eine richtige Kompromisslösung, sondern eine Bandbreite unterschiedlicher Möglichkeiten gleichermaßen rechtmäßiger Regelungen (BSG, Urteil vom 08.02.2006 - B 6 KA 25/05 R sowie vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R).

Das Ziel, steigende Leistungsmengen mit einer begrenzten Gesamtvergütung in Übereinstimmung zu bringen und den Vertragsärzten dennoch eine angemessene Honorarmenge zur Verfügung zu stellen sowie ihnen ausreichende Kalkulationssicherheit zu gewähren, konnte nach der Rechtsprechung des BSG zu der bis 31.12.2003 geltenden Fassung des § 85 Abs. 4 SGB V auf verschiedene Weise realisiert werden. Eine zulässige Gestaltungsmöglichkeit war es, einen Teil der Leistungen mit festen, den Rest mit floatenden Punktwerten zu vergüten; nach anderen Bestimmungen wurde je Behandlungsfall ein Teil des Fallwertes relativ hoch, der darüber hinausgehende Fallwert aber nur nach Maßgabe des noch zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungsvolumens variabel vergütet; in wiederum anderen Verteilungsmaßstäben wurden Fälle des Vertragsarztes gemäß den Fallzahlen früherer Jahre bei der Honorierung voll berücksichtigt und Fallzahlsteigerungen nur teilweise nach Maßgabe des restlichen Gesamtvergütungsvolumens. Das BSG hat darüber hinaus auch so genannte Individualbudgets für rechtens erklärt, die nach Abrechnungsergebnissen des jeweiligen Arztes aus vergangenen Zeiträumen bemessen wurden und dessen gesamtes Leistungsvolumen umfassten (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2006; B 6 KA 25/05 R sowie BSG-Urteil vom 19.07.2006 - B 6 KA 8/05 R -).

Der Vergleich der Regelungen der früheren Fassung des § 85 Abs. 4 mit der Fassung des GMG zeigt somit, dass an die Stelle des als Satzung zu beschließenden HVM (mit lediglich einer Benehmensherstellung mit den Landesverbänden der Krankenkassen) der HVV als Gesamtvertrag (§ 83 SGB V) mit entsprechend stärkerem Einfluss der Landesverbände der Krankenkassen auf den Inhalt der Vereinbarung getreten ist. In den Sätzen 7 und 8 neuer Fassung fällt auf, dass die bisher in das Ermessen der Kassenärztlichen Vereinigung gestellten Regelungen (insbesondere kann ... ein Regelleistungsvolumen vorgesehen werden; übersteigt das Leistungsvolumen ... kann der Punktwert abgestaffelt werden; der Verteilungsmaßstab soll eine übermäßige Ausdehnung verhindern) nunmehr als verbindliche Vorgaben ausformuliert sind (der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung vorzusehen, insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen ...). Anstelle gesetzlicher Regelungen, die letztlich unverbindliche Empfehlungen für die Ausgestaltung des den Kassenärztlichen Vereinigungen bis dahin eingeräumten Gestaltungsspielraums enthielten, sind nunmehr Vorschriften getreten, die Geltung beanspruchen, keine Ausnahmen vorgeben und damit für den HVV verbindliche Vorgaben enthalten. Aus der Formulierung "insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen" folgt nichts anderes. Die Formulierung "insbesondere" erlaubt kein Absehen von arztgruppenspezifischen Grenzwerten, sie gibt den Partnern des HVV lediglich die Möglichkeit, darüber hinaus weitere Steuerungsinstrumente zu entwickeln und zur Anwendung zu bringen. Der Ausdruck "insbesondere" schließt somit weitere Maßnahmen nicht aus, macht aber den Regelungsinhalt nicht zu einem unverbindlichen Beispielsfall.

Diese aus dem Wortlaut der Vorschrift abzuleitende Auslegung entspricht der Absicht des Gesetzgebers. In den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drs. 15/1170, S. 79) heißt es wörtlich:

"Mit dem GMG hat der Gesetzgeber die bisher als Soll-Vorschrift ausgestaltete Regelung zu den Regelleistungsvolumina verbindlich vorgegeben. Dadurch soll erreicht werden, dass die von den Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und - einkommen gegeben wird. Leistungen, die den Grenzwert überschreiten, sollen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden; damit soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen werden, zum anderen soll der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Mengenausweitung begrenzt werden.

2.) Die Partner des HVV sind darüber hinaus an die vom Bewertungsausschuss nach§ 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V getroffenen Regelungen gebunden, die Bestandteil ihrer Vereinbarungen sind (so ausdrücklich § 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V). Der Verpflichtung, den Inhalt der nach Abs. 4 Satz 7 und 8 zu treffenden Regelungen zu bestimmen, ist der Bewertungsausschuss in seiner 93. Sitzung mit dem Beschluss vom 29.10.2004 nachgekommen; er hat darin Ausführungsvorschriften für die Bildung von Regelleistungsvolumen im Zeitraum vom 01.04.2005 bis 31.12.2005 erlassen. Über die Geltung dieses Beschlusses besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Die vorhergehenden Beschlüsse des Bewertungsausschusses, die vom SG erwähnt wurden, sind von ihm selbst zuvor aufgehoben worden, spätere Beschlüsse haben abweichende Regelungen nur für Zeiträume nach dem Jahr 2005 zum Inhalt.

Zunächst wird in dem Beschluss vom 29.10.2004 vorgeschrieben, dass im Honorarverteilungsvertrag Arztgruppentöpfe für näher aufgeführte Arztgruppen, darunter Fachärzte für Allgemeinmedizin (zu denen der Kläger gehört) zu bilden sind. Weiter wird angeordnet, dass eine Angleichung dieser Arztgruppentöpfe im Rahmen der Honorarverteilung in den Folgequartalen dann notwendig ist, wenn der für eine Arztgruppe ermittelte rechnerische Punktwert den über alle Arztgruppen eines Versorgungsbereiches gleichermaßen ermittelten durchschnittlichen rechnerischen Punktwert um mehr als zehn Prozent über- oder unterschreitet. Erlaubt wird weiterhin die Bildung von Untertöpfen innerhalb der Arztgruppentöpfe (so Nr. 1 des Beschlusses).

In Nr. 3 des Beschlusses wird die Ermittlung und Festsetzung von Regelleistungsvolumen näher geregelt. Die Höhe des Regelleistungsvolumens einer Arztpraxis ergibt sich aus der Multiplikation der zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl und der Fallzahl der Arztpraxis im aktuellen Abrechnungsquartal (Nr. 3.1). Nr. 3.2.1 bestimmt, dass die für eine Arztpraxis zutreffende Fallpunktzahl für jeden über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe hinausgehenden Fall gemäß 3.3. um 25 % gemindert wird. Die für die Ermittlung des Regelleistungsvolumens relevante Fallzahl einer Arztpraxis entspricht dabei der Anzahl der kurativ-ambulanten Behandlungsfälle. Die KV-bezogene, arztgruppenspezifische Fallzahlobergrenze wird je Arzt mit 200 % des Durchschnitts je Quartal auf der Grundlage des jeweiligen Vorjahresquartals festgelegt (so Nr. 3.3.1).

Von der Verbindlichkeit dieser Regelungen erlaubt Nr. 2.2 eine Ausnahme. Diese mit "Anwendung von Regelleistungsvolumen" überschriebene Vorschrift lautet wie folgt:

"Sofern in einer Kassenärztlichen Vereinigung zum 31.03.2005 bereits Steuerungsinstrumente vorhanden sind, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 3 SGB V vergleichbar sind, können diese bis zum 31. Dezember 2005 fortgeführt werden, wenn die Verbände der Krankenkassen auf Landesebene das Einvernehmen hierzu herstellen."

3.) Zur konkreten Umsetzung der Honorarverteilung war im Bereich der Beklagten bzw. im Bereich ihrer Rechtsvorgängerin, der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg, folgendes vereinbart bzw. beschlossen:

Tenor:

Der bis 31.03.2005 gültige und praktizierte HVM der vormaligen KV Nord-Württemberg, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, sah in der Fassung des Beschlusses der Vertreterversammlung vom 03.12.2003 zunächst die Bildung von Honorartöpfen, u.a. auch für die Gruppe der Allgemeinärzte/Praktischen Ärzte vor. Die Verteilung der Gesamtvergütungsanteile für Leistungen der in diesen Honorartöpfen zusammengefassten Arztgruppen kann wie folgt in gekürzter, auf die Wiedergabe der hier wesentlichen Vorschriften beschränkter Weise zusammengefasst werden:

4.5.1 (1) In einem ersten Schritt wird je Vertragsarztpraxis eine Nettofallpunktzahl für die je Behandlungsfall (im Sinne der anerkannten Behandlungsfälle der Anlage 2 zum HVM) nach Anwendung von Praxis- und Zusatzbudgets anerkannten Punktzahlen aus den Quartalen des Jahres 2002 berechnet. (2) In einem nächsten Schritt wird die so ermittelte Nettofallpunkzahl entsprechend der Veränderung der Gesamtvergütungsanteile gemäß Nr. 3.7 angepasst. (3) Die so angepasste Nettofallpunktzahl wird in einem weiteren Schritt mit dem Arztgruppenfaktor gemäß Nr. 4.5.2 Abs. 2 multipliziert. (4) Aus der Multiplikation der nach Abs.1 bis 3 ermittelten Fallpunktzahl mit den gemäß Anlage 2 zum HVM der KV NW (Fallzahlzuwachsbegrenzung) anerkannten Behandlungsfälle in der Aufteilung nach Primär- und Ersatzkassen des jeweils aktuellen Quartals ergibt sich die Punktzahlgrenze (jeweils für Primär- und Ersatzkassen) für die Leistungen je Vertragsarztpraxis. Vorbehaltlich der Regelung zur Fallzahlzuwachsbegrenzung werden die Punkte bis zu dieser Grenze mit einem Punktwert von 0,048 EUR bei Primärkassen und 0,046 EUR bei Ersatzkassen vergütet. Darüber hinausgehende Punktzahlanforderungen werden nicht anerkannt.

Demgegenüber enthält der im Quartal 2/05 gültige HVV folgende Regelungen:

2.7 Der Anteil der Gesamtvergütung für die Arztgruppen: - Allgemeinärzte, praktische Ärzte und hausärztliche Internisten - ... wird weiter unterteilt in Anteile für die einzelnen Arztgruppen.

4.5 Bei den Leistungen der Arztgruppen AG 1-11 (zu denen die Allgemeinärzte gehören) wird je Arztgruppe wie folgt verfahren: 4.5.1 (1) Je Vertragsarztpraxis wird eine Fallpunktzahl für die je Behandlungsfall (im Sinne der nach Durchführung der Fallzahlzuwachsbegrenzung anerkannten Behandlungsfälle) nach Anwendung von Praxis- und Zusatzbudgets anerkannten Zahlen aus den Quartalen des Jahres 2002 berechnet.

(2) Die so ermittelte Fallpunktzahl wird entsprechend der Veränderung der Gesamtvergütungsanteils gemäß Nr. 3.7 (das sind die einzelnen Honorartöpfe) angepasst. In einem weiteren Schritt werden die Fallpunktzahlen individuell an den zu erwartenden Leistungsbedarf unter Berücksichtigung des zum 01.04.2005 in Kraft tretenden Einheitlichen Bewertungsmaßstabs angepasst. Anschließend werden die Fallpunkzahlen mit den folgenden Faktoren verändert: hausärztlicher Versorgungsbereich 0,9996 (Primärkassen) und 0,8402 (Ersatzkassen); fachärztlicher Versorgungsbereich 0,9084 (Primärkassen) und 0,8015 (Ersatzkassen).

(3) Aus der Multiplikation der nach Abs. 1 und 2 ermittelten Fallpunktzahl mit den gemäß Anlage 2 zum Honorarverteilungsvertrag (Fallzahlzuwachsbegrenzung) anerkannten Behandlungsfällen in der Aufteilung nach Primär- und Ersatzkassen des jeweils aktuellen Quartals ergibt sich die Punktzahlgrenze jeweils für Primär- und Ersatzkassen (Punktzahlgrenzvolumen) für die Leistungen je Vertragsarztpraxis. Vorbehaltlich der Regelungen zur Fallzahlzuwachsbegrenzung werden die Punkte bis zu dieser Grenze mit dem Punktwert vergütet, der sich aus der Division der zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungsanteile der jeweiligen Gruppe durch die anerkannten Punktzahlen ergibt. Die das Punktzahlgrenzvolumen überschreitenden Punktzahlanforderungen werden vorbehaltlich der Regelungen zur Fallzahlzuwachsbegrenzung mit dem nach Nr. 4.5.2 ermittelten Punktwert vergütet.

(4) Sollte sich nach Durchführung des Verfahrens nach Nr. 4.5.2 ein Punktwert für das Punktzahlgrenzvolumen ergeben, der den ermittelten Durchschnittspunktwert im haus- oder fachärztlichen Versorgungsbereich um mehr als 20 v.H. (Quartal 2/05), 15 v.H. (Quartal 3/05 und 10 v.H. (Quartal 4/05) über- oder unterschreitet (Punktwertkorridor), so werden die Punktwerte durch Anpassung der Gesamtvergütungsanteile so weit angehoben oder abgesenkt, bis die Punktwerte den Korridor nicht mehr über- oder unterschreiten.

4.5.2 Von den sich nach Nr. 3.7 ergebenden Gesamtvergütungsteilen werden jeweils 3 v.H. für die Vergütung der das Punktzahlgrenzvolumen überschreitenden Punktzahlen zur Verfügung gestellt. Der Punktwert ergibt sich aus der Division der so ermittelten Gesamtvergütungsanteile durch die das Punktzahlgrenzvolumen überschreitenden Punktzahlen der jeweiligen Gruppe.

&61492;&61486;&61481; Aus Wortlaut und Zweck der Neufassung des § 85 Abs. 4 SGB V durch das GMG, die mit dem in den Materialien festgehaltenen Willen des Gesetzgebers übereinstimmen, ist - wie oben bereits näher dargelegt - abzuleiten, dass die den Kassenärztlichen Vereinigungen in § 85 Abs. 4 a.F. bis 31.12.2003 eingeräumte Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten bei der Honorarverteilung jedenfalls insoweit eingeschränkt wurde, als mit Regelleistungsvolumina und abgestaffelten Punktwerten (für die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge) zwei dieser Gestaltungsmöglichkeiten grundsätzlich für alle Honorarverteilungsverträge verbindlich vorgegeben wurden. Daraus ist weiter zu schließen, dass die darüber hinaus bis dahin verwendeten Steuerungsinstrumente nur noch dann eingesetzt werden können, wenn sie das System aus Regelleistungsvolumina und abgestaffelten Punktwerten in flankierender Weise ergänzen, zumindest aber ihre Wirkung nicht schwächen. Soweit sie im Widerspruch dazu stehen, dürfen sie wegen Verstoß gegen § 85 Abs. 4 Sätze 7 und 8 SGB V nicht länger umgesetzt werden. Auch die durch § 85 Abs. 4 a Satz 2 2. Halbsatz SGB V angeordnete Inhaltsbestimmung durch den Bewertungsausschuss muss sich im Rahmen der grundsätzlichen gesetzlichen Vorgaben halten.

Mit dieser Rechtslage ist der hier streitige, für das Quartal 2/005 geltende HVV der Beklagten nicht vereinbar. Kernpunkt der Regelungen des Gesetzgebers in § 85 Abs. 4 Satz 7 und 8 SGB V sind zum einen arztgruppenspezifische Grenzwerte (Vorgabe 1), innerhalb deren erbrachte ärztliche Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Vorgabe 2 - wobei Vorgabe 1 und Vorgabe 2 zusammen als Regelleistungsvolumen bezeichnet werden) und für den Fall der Überschreitung dieser Grenzwerte eine Vergütung der überschreitenden Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Vorgabe 3) zu erfolgen hat. Keine dieser Vorgaben erfüllt der hier streitige HVV.

Der HVV für das Quartal 2/2005 sieht zunächst Individualbudgets auf der Basis der Abrechnungswerte des Jahres 2002 vor. Dieses Budget wird umgerechnet auf die mit der Einführung des EBM 2005 zu erwartenden Änderungen. Die hiernach ermittelte Fallpunktzahl je Behandlungsfall wird mit der Zahl der abgerechneten Fälle (nach Anwendung der Fallzahlzuwachsbegrenzung) multipliziert. Anschließend werden die auf diese Weise für den einzelnen Arzt errechneten Punktzahlgrenzvolumen für alle Ärzte einer Fachgruppe zusammen gezählt. Die Gesamtvergütung wird sodann durch diese Summe der Punktzahlgrenzvolumen aller Fachgruppenmitglieder dividiert und ergibt den konkreten zur Auszahlung gelangenden Punktwert. Die Höhe des Punktwertes hängt somit davon ab, welche Punktzahlgrenzvolumen bei den einzelnen Ärzten anzuerkennen sind. Ergeben sich durch die Anwendung des EBM 2005 Abweichungen von den erwarteten Veränderungen, schlagen diese voll auf den Punktwert durch, was von der Beklagten so auch gewollt war, wie ihre Einlassung zeigt, ein fester Punktwert sei angesichts der durch die Einführung des EBM 2005 hervorgerufenen Ungewissheiten gar nicht praktikabel gewesen.

Der HVV enthält somit entgegen § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V weder das Element eines arztgruppenspezifischen Grenzwerts (sondern das des Individualbudgets), er sieht keine festen Punktwerte vor, der Punktwert bleibt vielmehr das Ergebnis eines speziellen Rechenwerkes und schließlich begrenzt er die Vergütung für die überschreitende Leistungsmenge auf 3 % der das Punktzahlgrenzvolumen überschreitenden Punktzahlen. Er kann somit eine praktische Nichtvergütung eines Teils der überschreitenden Leistungsmenge zur Folge haben, wobei die (das Individualbudget) überschreitende Leistungsmenge nur mit einem einzigen - floatenden - Punktwert und damit gerade nicht nach abgestaffelten Punktwerten vergütet wird. Die Vereinbarung eines Budgets in Höhe von 3% des jeweiligen Fachgruppentopfes für die das Individualbudget übersteigenden Punktzahlanforderungen steht außerdem in Widerspruch zu der Regelung unter Nr. III 3.2.1 des Beschlusses vom 29.10.2004, wonach eine Abstaffelung erst nach Überschreiten von 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe einsetzt. Mit der Einführung von Regelleistungsvolumen und der Verpflichtung abgestaffelter Punktwerte für die die Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge sind Individualbudgets auf der Basis eines vorhergehenden Bezugsjahres mit praktisch unbedeutenden Steigerungsmöglichkeiten (allenfalls in Höhe des prozentualen Anstiegs der Gesamtvergütungen) ebenfalls unvereinbar.

Der hier streitige HVV wird somit den Anforderungen von § 85 Abs. 4 Satz 7 und 8 SGB V auch nicht in Bezug auf ein einziges Abrechnungselement gerecht. Der dem Kläger erteilte Honorarbescheid für das Quartal 2/05 erweist sich somit insoweit als rechtswidrig, als ihm ein Individualbudget zugrunde gelegt wurde, ihm keine arztgruppenspezifischen Grenzwerte zugrunde liegen, bis zu denen seine Leistungen mit einem festen Punktwert zu vergüten waren, und für eine eventuell überschreitende Leistungsmenge weder ein Grenzwert noch eine Abstaffelungsregelung im HVV vorgesehen war.

5.) Entgegen der Auffassung der Beklagten rechtfertigt auch die Übergangsvorschrift nach III 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 den vereinbarten HVV nicht.

Zu beachten ist, dass der Bewertungsausschuss zwar den Inhalt der Regelungen zu den Leistungsvolumina und zur Abstaffelung der überschießenden Leistungsmenge näher konkretisieren und gegebenenfalls dazu passende ergänzende Steuerungsinstrumente einführen darf (§ 85 Abs. 4a SGB V), er dabei aber sich immer im Rahmen der grundsätzlichen gesetzlichen Wertung in § 85 Abs. 4 Satz 7 und 8 SGB V halten muss. Nr. III 2.2 des Beschlusses vom 29.10.2004 ist deshalb in gesetzeskonformer Weise so auszulegen, dass nur solche Honorarverteilungsregelungen weiterhin Anwendung finden können, die den gesetzlichen Mindestvoraussetzungen der arztgruppenspezifischen Grenzwerte, der festen Punktwerte sowie der abgestaffelten Punktwerte für überschreitende Leistungsmengen genügen. Vergütungsvereinbarungen, die diese Elemente beinhalten, können dann nach dem Willen des Bewertungsausschusses auch während des Jahres 2005 weiterhin Anwendung finden und müssen (noch) nicht die weiteren Vorgaben des Beschlusses vom 29.10.2004 sofort umsetzen, sondern können sich dazu bis zum ersten Quartal 2006 Zeit lassen. Jede andere Auslegung würde gegen das höherrangige Recht in § 85 Abs. 4 Satz 7 und 8 SGB V verstoßen. Dass dem Bewertungsausschuss selbst eine solche Auslegung vorgeschwebt haben könnte, legt die Überschrift "Anwendung von Regelleistungsvolumen" nahe, ebenso die Stellungnahme der Beigeladenen Nr. 2 vom 27.10.2008.

Das oben dargelegte Abrechnungssystem des HVV für das Quartal 2/05, das keines der in § 85 Abs. 4 Satz 7 und 8 SGB V aufgeführten Regelungselemente enthält, ist schon deshalb mit dieser gesetzeskonformen Auslegung unvereinbar. Der hier streitige HVV erfüllt aber entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift nach Nr.III 2.2 des Beschlusses für ihre Anwendung.

Mit der Bezugnahme auf "vorhandene Steuerungsinstrumente" erlaubt der Beschluss vom 29.10.2004 die Beibehaltung auf der Ebene der Kassenärztlichen Vereinigungen bereits eingeführter Honorarverteilungsregelungen unter der Voraussetzung, dass diese in ihren Auswirkungen mit den gesetzlichen Regelungen in §§ 85 Abs. 4 SGBV vergleichbar sind. Die Beklagte hat jedoch zum einen vorhandene Steuerungsinstrumente nicht fortgeführt, zum anderen sind weder die früheren Steuerungsinstrumente noch die im HVV vereinbarten Steuerungsinstrumente mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar. Der HVM für das Jahr 2004 und das erste Quartal 2005 enthält mit dem festen Punktwert nur eines dieser Steuerungselemente, der HVV für das zweite Quartal 2005 wird keiner dieser Voraussetzungen gerecht.

Der HVM für 2004 und das Quartal 1/2005 war gekennzeichnet durch ein Individualbudget je Behandlungsfall, basierend auf den im Bezugsquartal 2002 abgerechneten und anerkannten Punktzahlen. Dieses Individualbudget je Patient wurde sodann an die Veränderung der nach Arztgruppen gegliederten Honorartöpfe angepasst und mit einem Arztgruppenfaktor multipliziert. Die auf diese Arzt und Weise ermittelte Fallpunktzahl wurde mit den nach Anwendung der Fallzahlzuwachsbegrenzung anzuerkennenden Behandlungsfällen multipliziert und ergab die Punktzahlgrenze, bis zu der die Punkte mit einem Punktwert von 0,048 EUR bei Primärkassen und 0,046 EUR bei Ersatzkassen vergütet wurden. Darüber hinausgehende Punktzahlanforderungen wurden nicht anerkannt.

Der HVM für das Jahr 2004 und das Quartal 1/2005 enthält zwar feste Punktwerte, jedoch keine Elemente arztgruppenspezifischer Grenzwerte, sondern nur die persönlichen individuellen Grenzwerte des einzelnen Arztes, während die das Individualbudget überschreitende Leistungsmenge unvergütet bleibt, anstelle der vom Gesetz vorgesehenen Vergütung mit abgestaffelten Punktwerten.

Der HVV für das Quartal 2/2005 ist damit insoweit noch vergleichbar, als auch er Individualbudgets auf der Basis der Abrechnungswerte des Jahres 2002 vorsieht. Das für Regelleistungsvolumen wesentliche Element des festen Punktwerts ist aber gerade zum Wegfall gekommen. Die Frage, ob eine Honorarverteilung mit festen Punktwerten oder mit floatenden Punktwerten durchgeführt wird, ist aber eine zentrale Grundsatzentscheidung bei Honorarverteilungen, weil weitere flankierende Regelungen darauf aufbauen und diese Grundsatzentscheidung ergänzen und absichern. Bereits deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass vorhandene Steuerungselemente im Sinne der Übergangsvorschrift nach Nr. III 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 fortgeführt wurden.

Schließlich rügt der Kläger zu Recht, dass die Voraussetzung, dass auch die Steuerungsinstrumente mit den gesetzlichen Regelungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen vergleichbar sein müssen, nicht gegeben war. An der Vergleichbarkeit fehlt es bereits deshalb, weil keines der vom Gesetz vorgegebenen Steuerungsinstrumente zur Anwendung kam, was aber bei gesetzeskonformer Auslegung zwingend zu fordern ist. Hiergegen kann nicht argumentiert werden, der HVV führe auch zu einer Begrenzung des Volumens der abrechnungsfähigen Punktzahlen und verhindere eine übermäßige Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Dies allein genügt nicht.

Richtig ist zwar, dass Regelleistungsvolumina der Kalkulationssicherheit bei der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen dienen (vgl. Engelhardt in: Hauck/Heines, SGB V, Kommentar, § 85 Rn 256 a.F.; Freudenberg in: Juris PK-SGB V, Online-Ausgabe, Stand: 01.02.2008, § 85 Rn 164). Zum anderen haben sie aufgrund des Zweckes, der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung zu tragen, als auch den ökonomischen Reiz zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, auch den Charakter von Honorarbegrenzungsmaßnahmen (Engelhardt, a.a.O.). Dies bedeutet aber nicht, dass jede Regelung, die der Kalkulationssicherheit dienen soll und Elemente der Honorarbegrenzung vorsieht, als den gesetzlichen Regelungen vergleichbar anzusehen ist. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, hätte er sich mit entsprechenden Zielvorgaben begnügen können, wie dies bis 31.12.2003 in § 85 Abs. 4 SGB V der Fall war. Auch wenn die im HVV getroffene Regelung in den Augen der Beklagten genau so gut oder sogar noch besser gewesen sein mag als die gesetzlichen Vorgaben, ändert dies nichts an ihrer Verpflichtung, den vom Gesetzgeber für richtig gehaltenen Weg auch einzuhalten.

Die Honorarverteilung für das Quartal 2/2005 findet somit weder im Gesetz noch in der Übergangsvorschrift nach Nr. III 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 eine Rechtfertigung.

Auch unter dem Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung lässt sich der hier streitige HVV nicht halten. Das BSG billigt sowohl dem Bewertungsausschuss als auch den Kassenärztlichen Vereinigungen im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums bei Erstellung des EBM oder eines HVM bei der Neuregelung komplexer Materien, wie etwa der Leistungsbewertung, erweiterte Ermittlungs-, Erprobungs- und Umsetzungsspielräume zu, die bewirken, dass für einen Übergangszeitraum auch an sich rechtlich problematische Regelungen hingenommen werden müssen; gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen sind in derartigen Fällen vorübergehend unbedenklich, weil sich häufig bei Erlass der Vorschriften deren Auswirkungen nicht in allen Einzelheiten übersehen lassen. Mit dieser relativ weiten Gestaltungsfreiheit korrespondiert allerdings eine Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflicht des Normgebers (ständige Rechtsprechung des BSG - vgl. Urteil vom 16.05.2001 - B 6 KA 20/00 R - m.w.N.). Anfangs- und Erprobungsregelungen haben dort ihren Platz, wo ein weiter Gestaltungsspielraum mehrere denkbare Lösungen für ein zu regelndes Problem zulassen und ungewiss ist, wie sich die beschlossenen Regelungen in der Praxis auswirken. Anfangs- und Erprobungsregelungen müssen sich allerdings auch innerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegen. Die Rechtsprechung des BSG erleichtert die Wahrnehmung der Gestaltungsaufgaben, sie rechtfertigt keine Überschreitung gesetzlicher Grenzen. Dies ist hier - wie oben dargelegt - aber der Fall.

Dahin gestellt bleiben kann, ob die Regelung nach Nr. 4.5.1 Abs. 4 Satz 1 des HVV mit einer zulässigen Überschreitung des durchschnittlichen Punktwerts innerhalb eines Arztgruppentopfes bis zu 20% im Quartal 2/2005 gegen die unter Nr. 1 des Beschlusses vom 29.10.2004 niedergelegte Verpflichtung zur Anpassung von Arztgruppentöpfen bei Über- oder Unterschreitung des über alle Arztgruppen eines Versorgungsbereichs gleichermaßen ermittelten durchschnittlichen rechnerischen Punktwerts um mehr als 10% verstößt. Dass der Kläger durch eine damit in Widerspruch stehende Korrektur bzw. eine Unterlassung der Korrektur seines Arztgruppentopfes rechtswidrig belastet worden wäre, lässt sich weder dem angefochtenen Honorarbescheid noch dem Vortrag der Beteiligten entnehmen.

III.

Die Anschlussberufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte kann bei der vom Senat für notwendig gehaltenen Neubescheidung des Klägers weiterhin ihre Regelungen in Anlage 2 zum HVV zur Fallzahlzuwachsbegrenzung anwenden. Gegen die Nichtberücksichtigung von 38 Patienten bei der Vergütung nach Anwendung der Fallzahlzuwachsbegrenzung im Honorarbescheid für das Quartal 2/05 bestehen keine rechtlichen Bedenken.

Bei der Anschlussberufung des Klägers handelt es sich um eine sachdienliche Erweiterung der bislang auf den einzigen Streitpunkt "fester Punktwert" beschränkten Klage. Die Beklagte hat sich - wie der Antrag auf Klagabweisung zeigt - auf die erweiterte Klage auch eingelassen. Mit der erweiterten Klage erstrebt der Kläger eine Abklärung möglichst aller Rechtsprobleme in einem Verfahren, damit durch eine höchstrichterliche Entscheidung weitere Folgeprozesse vermieden werden. Ausgehend von seinem Honorarbescheid für das Quartal 2/05 (vgl. Bl. 1 der Verwaltungsakten) werden ihm pro Patient durchschnittlich 33,84 EUR vergütet, die volle Vergütung für alle gestrichenen 38 Patienten würde bei ihm zu einer Honorarsteigerung von 1.286 EUR führen.

Der Senat ist an der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Fallzahlzuwachsregelungen in Anlage 2 zum HVV nicht deswegen gehindert, weil er Teile des HVV wegen Verstoßes gegen § 85 Abs. 4 SGB V für rechtswidrig hält. Denn die Rechtswidrigkeit einiger Elemente der Vergütung für Ärzte hat nicht automatisch zur Folge, dass alle anderen Regelungen des HVV rechtswidrig sind. Die Fallzahlzuwachsgrenze der Beklagten ist auch dann rechtmäßig, wenn anstelle des Systems von Individualbudgets und floatenden Punktwerten entsprechend den gesetzlichen Regelungen Regelleistungsvolumina vorgesehen gewesen wären.

Die Rechtsprechung des BSG hat in der Vergangenheit eine Begrenzung des zu honorierenden Fallzahlzuwachses von 5 % gegenüber dem Vorjahresquartal als rechtlich unbedenklich angesehen (hierzu unter 1.). Mit dieser Rechtsprechung stehen die Regelungen in Anlage 2 zum HVV in Übereinstimmung, sie verstoßen auch nicht gegen die Vereinbarung vom 29.10.2004 (dazu nachstehend 2.). Auch unter systematischen Gesichtspunkten bestehen hiergegen keine durchgreifenden Bedenken (nachstehend unter 3.).

1. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung zur Absicherung der Praxisbudgets Regelungen im HVM über die Begrenzung des Fallzahlzuwachses und über Honorarkürzungen bei Überschreiten der Zuwachsgrenzen für zulässig erachtet. Als Rechtsgrundlage für solche Regelungen hat es § 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB V angesehen. Danach haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Gesamtvergütung nach Maßgabe des HVM an die Vertragsärzte zu verteilen; bei der Verteilung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zugrunde zu legen. Bei der Ausgestaltung des HVM haben die Kassenärztlichen Vereinigungen einen Gestaltungsspielraum, weil die Honorarverteilung eine in der Rechtsform einer Norm, nämlich einer Satzung, ergehende Maßnahme der Selbstverwaltung ist. Zu beachten ist dabei allerdings das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V (damaliger Fassung) angesprochene Gebot leistungsproportionaler Verteilung des Honorars sowie der aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit.

Als gesetzliche Grundlage für die Fallzahlzuwachsregelungen wurde vom BSG indes nicht § 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V herangezogen, der Regelungen zur Verhütung einer übermäßigen Ausdehnung vertragsärztlicher Tätigkeit vorsieht. Eine übermäßige Ausdehnung im Sinne dieser Regelung wird erst bei erheblich über dem Durchschnitt der Fachgruppe liegenden Leistungsmengen angenommen, die Qualitätsmängel befürchten lassen, wobei der Gesamtumfang der vertragsärztlichen Tätigkeit einzubeziehen ist, beispielsweise durch Berücksichtigung sowohl der Gesamtpunkt- als auch der Gesamtfallzahl. Aus der Fallzahl allein ergibt sich nach der Rechtsprechung des BSG kein zuverlässiges Indiz für eine umfangreiche und deshalb qualitativ mutmaßlich unzulängliche Tätigkeit des Arztes (vgl. dazu BSG vom 10.03.2004 - B 6 KA 3/03 R - juris-Umdruck Rdnr. 18 m.w.N.).

Nach Einführung der Praxisbudgets wurden Fallzahlzuwachsbegrenzungen damit gerechtfertigt, dass dem Anreiz entgegen gewirkt werden solle, anstelle der nicht mehr attraktiven Steigerung von Fallwerten zur Honoraraufbesserung nunmehr die Fallzahlen zu steigern. Denn bei floatenden Punktwerten müssen trotz der Begrenzungen durch Honorartöpfe bei Fallzahlsteigerungen ständig weiter fallende Punktwerte in Kauf genommen werden. Fallzahlzuwachsbegrenzungen erschienen umso erforderlicher, weil der Arzt der Sache nach die Möglichkeit hat, seine Fallzahlen zu manipulieren. Außerhalb von Akutbehandlungen kann ein Arzt die Fallzahl seiner Praxis beispielsweise durch regelmäßige Wiedereinbestellung von Patienten zu bestimmten Zeitpunkten deutlich beeinflussen. Auch Absprachen zwischen Ärzten über die Überweisung von Patienten zur Mitbehandlung können im fachärztlichen Bereich Fallzahlen vermehren, ohne dass sich der Behandlungsaufwand gegenüber dem einzelnen Patienten geändert hätte. Die Zahl der Behandlungsfälle erweist sich somit generell und bezogen auf den einzelnen Arzt nicht als vorgegebene Größe, sondern ist - in bestimmtem Umfang - der Beeinflussung durch den einzelnen Arzt zugänglich. Das BSG hat es deswegen als gerechtfertigt angesehen, bei einem überproportionalen Anstieg der Behandlungsfallzahlen auf das Verhalten des einzelnen Arztes durch Maßnahmen der Honorarbegrenzung zu reagieren (vgl. zum Vorstehenden BSG Urteile vom 13.03.2002 - B 6 KA 1/01 R - m.w.N. und B 6 KA 48/00 R). Eine Begrenzung des zu honorierenden Fallzahlzuwachses auf 5 % gegenüber dem Vorjahresquartal wurde vom BSG als unbedenklich angesehen (Urteile vom 10.03.2004 - B 6 KA 3/03 R und B 6 KA 13/03 R).

2. Mit dieser Rechtsprechung stehen die Regelungen der Beklagten in Anlage 2 des HVV zur Fallzahlzuwachsbegrenzung in Übereinstimmung. Die Beklagte hatte zur Begrenzung mit den Landesverbänden der Krankenkassen folgende Regelung vereinbart:

1. Allgemeines zur Fallzahlzuwachsbegrenzung In der Zeit ab 01.04.2005 unterliegen die von den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen zur Abrechnung eingereichten Fälle einer Fallzuwachsbegrenzung. 2.1 Zur Ermittlung der Fallzahlgrenze des Vertragsarztes/Psychotherapeuten wird auf das für den Vertragsarzt günstigste entsprechende Quartal der beiden Vorjahre abgestellt; für das Jahr 2003 erfolgt dabei eine Bereinigung um die aufgrund der Einführung der Praxisgebühr zum 1. Januar 2004 erfolgte durchschnittliche Fallzahlentwicklung der jeweiligen Arztgruppe. Ist diese Fallzahlgrenze niedriger als der Mittelwert der Arztgruppe des Vertragsarztes aus dem Vorjahresquartal, wird dieser Mittelwert zugrunde gelegt. 2.2 Jedem Vertragsarzt wird zusätzlich zur Fallzahlgrenze nach Nr. 2.1 eine Fallzahlzuwachstoleranz zugestanden. Diese beträgt 5 vH der Fallzahl nach Nr. 2.1. 2.3 Besonderheiten bei der Festlegung der Fallzahlgrenze ... 2.3.7 Über Ausnahmen von der Fallzahlzuwachsbegrenzung entscheidet der Vorstand der KV Baden-Württemberg auf Antrag. Dabei können insbesondere Fallzahlsteigerungen, die nachweislich darauf zurückzuführen sind, dass am selben Praxissitz (im Sinne des Zulassungsbescheides) niedergelassene Vertragsärzte ihre Tätigkeit aufgegeben haben, anerkannt werden.

3. Verfahren bei Überschreitung der Fallzahlgrenze Wird die Fallzahlgrenze einschließlich der Fallzahlzuwachstoleranz überschritten, werden die überschreitenden Fälle (nicht anerkannte Fälle) mit der durchschnittlichen Punktzahl je Fall (ohne Einzelleistungen) des Arztes multipliziert; die so ermittelte Punktzahl des Vertragsarztes wird nicht anerkannt. Die nicht anerkannte Punktzahl wird nach dem entsprechenden Fallzahlanteil auf Primär- und Ersatzkassen aufgeteilt.

Diese Regelungen über die Fallzahlzuwachsbegrenzung sind auch unter der Geltung der Regelleistungsvolumen rechtmäßig. Zunächst ist festzuhalten, dass die Rechtsgrundlagen, auf die das BSG seine oben dargestellte Rechtsprechung gestützt hat, nämlich § 85 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB V im Kern unverändert geblieben sind. Zwar ist anstelle des im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festzusetzenden Verteilungsmaßstabs der mit den Landesverbänden der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich zu vereinbarende Verteilungsvertrag getreten, dies hat rechtlich aber nur zur Folge, dass der den Kassenärztlichen Vereinigungen durch die Satzung bislang eingeräumte Gestaltungsspielraum nun den Partnern des Honorarverteilungsvertrages zusteht. Die Einfügung in Satz 3 2. Halbsatz von § 85 Abs. 4 SGB V, wonach für die jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen ist, berührt die hier streitige Problematik der Fallzahlzuwachsbegrenzung nicht. Damit hat sich für die Regelung zur Fallzahlzuwachsbegrenzung im hier streitigen Quartal 2/05 in der Ausgangssituation bezüglich der Rechtsgrundlagen keine Änderung ergeben.

Auch die Vereinbarung vom 29.10.2004, die hier für die Prüfung der Rechtmäßigkeit heranzuziehen ist, weil die Voraussetzungen für die Anwendung der Übergangsvorschrift nach Ziff III 2.2 des genannten Beschlusses - wie oben ausführlich begründet - nicht erfüllt sind, steht der Rechtmäßigkeit der getroffenen Vereinbarung über die Fallzahlzuwachsbegrenzung nicht entgegen. Die Vereinbarung enthält vielmehr unter Ziff. III 3.3.2 die Vorschrift, dass im Honorarverteilungsvertrag Fallzahlzuwachsbegrenzungen festzulegen sind. Insoweit wird die getroffene Vereinbarung zur Fallzahlzuwachsbegrenzung durch die Vereinbarung vom 29.10.2004 ausdrücklich gerechtfertigt.

Nicht einschlägig sind demgegenüber die Regelungen unter III 3.3.1 zur Fallzahlobergrenze. Zwar wird die KV-bezogene, arztgruppenspezifische Fallzahlobergrenze je Arzt mit 200 % des Durchschnitts je Quartal auf der Grundlage des jeweiligen Vorjahresquartals festgelegt, die Fallzahlobergrenze spielt für die Fallzahlzuwachsbegrenzung indes keine Rolle. Vielmehr handelt es sich hier um eine Vorschrift unter Anwendung von § 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V (Fassung 2005), wonach der Verteilungsmaßstab Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen hat. Es handelt sich dabei genau um die Regelungen, zu denen das BSG (vgl. Urt. v. 10.3.2004 - B 6 KA 13/03 R) die Auffassung vertreten hatte, dass sie eine Leistungsmengenbegrenzung enthält, bei der Qualitätsmängel zu befürchten sind, weil ein Arzt schlichtweg nicht mehr als doppelt soviel arbeiten kann wie der Durchschnitt seiner Kollegen, ohne größere Abstriche bei der Qualität seiner Leistungen vorzunehmen.

3. Auch unter systematischen Gesichtspunkten ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken; Fallzahlzuwachsbegrenzungen sind im Gegenteil als notwendige Ergänzung der Regelleistungsvolumina geboten. Steht einem Arzt je Patient ein durch feste Punktwerte abgesichertes Regelleistungsvolumen zu, so besteht in gleicher Weise die Gefahr einer Steigerung der Fallzahl, wie dies früher bei den Praxisbudgets der Fall war. Praxisbudgets erlaubten dem Arzt die Abrechnung einer bestimmten Punktzahl je Behandlungsfall, Regelleistungsvolumen gewähren dem Arzt für jeden Patienten pro Quartal eine bestimmte Punktzahl, die mit festen Punktwerten vergütet wird. Fallzahlzuwachsbegrenzungen erscheinen deshalb bei Regelleistungsvolumen umso wichtiger, weil bei festen Punktwerten die Gefahr einer Budgetüberschreitung (etwa des Fachgruppentopfes) durch ungerechtfertigte Fallzahlsteigerungen nicht von der Hand zu weisen ist und (anders als bei floatenden Punktwerten) ein Ausgleich über einen Verfall des Punktwertes bei Regelleistungsvolumen gerade nicht stattfinden darf. Die Gefahr, dass durch Fallzahlsteigerungen die mit festen Punktwerten zu vergütenden Leistungsmengen alle Mittel in Anspruch nehmen und für die den Grenzwert überscheitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten keine oder unverhältnismäßig wenig Mittel zur Vergütung verbleiben, ist offensichtlich.

Zwar bestehen gegen die Fallzahlsteigerungen von lediglich 5 % insoweit Bedenken, als ein Arzt, der über eine gerade durchschnittliche Fallzahl verfügt, über 15 Jahre benötigt, um die Fallzahlobergrenze zu erreichen, was zur Folge hat, dass große Praxen in ihrem Bestand erhalten bleiben und kleinere Praxen über die Jahre kaum die Chance haben, entsprechend anzuwachsen. Auch besteht die Gefahr der Ungleichbehandlung, wenn Ärzte bei Praxisübernahme vom Vorgänger eine bestimmte (knapp über dem Durchschnitt liegende) Fallzahl übernehmen und anschließend (wegen guter ärztlicher Arbeit) von Patienten gehäuft aufgesucht werden, sie aber keine Möglichkeit haben, ebenso höhere Patientenzahlen abzurechnen wie andere (auch über dem Durchschnitt liegende) Ärzte, die in gleicher Weise erfolgreich arbeiten, die aber in der Vergangenheit schon höhere anerkannte Fallzahlen hatten. Die hier aufgezeigten Probleme lassen sich nach Auffassung des Senates aber durch eine sachgerechte Handhabung der Härteklausel vermeiden, immer vorausgesetzt, dass die Fallzahlsteigerungen des Arztes nicht auf Abrechnungsmanipulationen, sondern auf nachweislichen Änderungen des Patientenverhaltens beruhen.

Für das Vorliegen eines Härtefalls ist hier nichts ersichtlich und auch nichts geltend gemacht. Die Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelungen der Beklagten sind rechtmäßig und wurden im Falle des Klägers auch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angewendet. Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch auf Nachvergütung der 38 nach Anwendung der Fallzahlzuwachsregeln unvergütet gebliebenen Patienten. Seine diesbezügliche Klage musste erfolglos bleiben.

IV.

Nach alledem hat das SG zu Recht der Klage stattgegeben. Die Beklagte wird den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu bescheiden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO. Die Kostenteilung entspricht dem jeweiligen Ausmaß des Obsiegens und Unterliegens. Bei der Streitwertfestsetzung war zu beachten, dass der Wert der Klage auf Nachvergütung der im Wege der Fallzahlzuwachsbegrenzung gestrichenen Patienten 1.286 EUR beträgt. Demgegenüber ist ungewiss, welche finanziellen Vorteile für den Kläger damit verbunden sind, dass anstelle floatender Punktwerte seine Vergütung nunmehr nach festen Punktwerten berechnet wird. Der Senat hat deshalb insgesamt den Ansatz des Regelstreitwerts von 5.000 EUR für gerechtfertigt erachtet.

Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen. An einer höchstrichterlichen Klärung besteht auch deshalb Interesse, weil die hier streitigen Regelungen offenbar unverändert auch Inhalt des HVV nicht nur des 3. und 4. Quartals des Jahres 2005 sondern auch der Jahre 2006 und 2007 waren und sich die Ergebnisse dieses Rechtsstreites somit unschwer auf die Nachfolgequartale übertragen lassen.
Rechtskraft
Aus
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