L 6 U 727/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 3660/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 727/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 8. Juli 1999.

Der 1968 geborene, langjährig bei der KVS Klimatechnik Gerätebau GmbH & Co. Wärmepumpen KG als Monteur in der Fertigung Kältetechnik beschäftigte Kläger erlitt am 8. Juli 1999 einen Arbeitsunfall. Nach dem Durchgangsarztbericht von Dr. A. vom gleichen Tag sei er bei Benutzung einer Leiter abgerutscht und habe sich dabei am rechten Schienbein verletzt. Dr. A. diagnostizierte eine starke Unterschenkelprellung mit Risswunde, Schürfwunde und Hämatom.

In den Nachschauberichten vom 9. März und 10. Mai 2001 teilte der Facharzt für Orthopädie Dr. S. mit, der Kläger habe sich Anfang März bei ihm wegen unfallbedingter Restbeschwerden vorgestellt. Im Befund beschrieb er eine Sensibilitätsstörung dem Dermatom L5 entsprechend mit leichter Fußheberschwäche. Der Kläger führte auf Befragung der Beklagten im April 2001 aus, abgesehen von dem Unfall vom 8. Juli 1999 sei es bereits am 5. Juli 1998 zu einem ersten Arbeitsunfall gekommen. Bei dem Unfall im Juli 1999 sei er auch auf den Rücken und den Kopf gefallen und ca. 15 bis 20 Minuten ohnmächtig gewesen. Sechs Wochen danach habe er seine Tätigkeit wieder aufgenommen.

Unter Hinweis auf eine Verzögerung durch das Ausscheiden des verantwortlichen Vorgesetzten übersandte die Arbeitgeberin des Klägers die Unfallanzeige vom 21. Mai 2001 betreffend den Unfall vom 8. Juli 1999. Die zuständige Krankenkasse (AOK Stuttgart) teilte mit Schreiben vom 22. Juni 2001 mit, der Kläger sei wegen des Unfalls vom 8. bis 23. Juli 1999 arbeitsunfähig gewesen. Seit dem 21. August 2000 sei er wegen Bronchitis, Lumbago, Lumboischialgie und lumbale sonstige Bandscheibenschäden mit Radikulopathie arbeitsunfähig. Die Fachärztin für Neurologie Sch.-K. diagnostizierte im Befundbericht vom 27. Juni 2001 ein L5-S1-Syndrom und eine Somatisierungsstörung. Der Kläger habe seit Juni 1999 über anhaltende starke Schmerzen im Lendenwirbelsäulen (LWS)-Bereich, Kopfschmerzen, innere Unruhe, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen geklagt.

Mit Schreiben vom 10. Juli 2001 beantragte der Kläger wegen der Ereignisse vom Juni 1998 und Juli 1999 die Gewährung von Leistungen aus der Unfallversicherung.

Dr. S. gab im "ausführlichen Krankheitsbericht" vom 8. August 2001 an, er behandle den Kläger seit März 2001. Die Kernspintomografie habe einen Bandscheibenvorfall bewiesen, ferner liege eine Wurzelreizsymptomatik vor.

Die Beklagte forderte von der AOK Stuttgart die Vorerkrankungsverzeichnisse vom 14. September 2001 und 9. Januar 2002 an. Die Arbeitgeberin führte in den Schreiben vom 24. Januar und 27. Februar 2002 aus, sie wisse nichts von einem Unfall im Juni 1998, der Kläger beabsichtige einen Versicherungsbetrug. Der Kläger führte hierzu aus, es gebe Zeugen für den ersten Unfall (Schreiben vom 18. Februar 2002). Mit Schreiben vom 11. März 2001 (richtig: 2002) teilte die Beklagte mit, ein Unfall im Juni 1998 sei nicht nachgewiesen.

Auf Veranlassung der Beklagten erstellte Prof. Dr. W. (Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T.) das unfallchirurgische Fachgutachten vom 4. April 2002. Möglicherweise habe der Kläger im Juni 1999 auch eine Rückenprellung erlitten. HinW. für eine gravierende Verletzung der Wirbelsäule lägen nicht vor. Aus dem Vorerkrankungsverzeichnis seien Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgrund von LWS- und Brustwirbelsäulen (BWS)-Syndromen seit mehr als 10 Jahren ersichtlich.

Im Zwischenbericht vom 16. Mai 2002 teilte Dr. A. mit, der Kläger sei noch am 12. Juli 1999 zum Verbandswechsel und zur Behandlung erschienen. Er sei bis zum 16. Juli 1999 unfallbedingt arbeitsunfähig gewesen.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztengeld, Übergangsgeld, Rehabilitationsmaßnahmen und Verletztenrente unter sinngemäßer Anerkennung des Arbeitsunfalls vom 8. Juli 1999 ab. Als Folgen des Arbeitsunfalls anerkannte sie eine ausgeheilte Weichteilverletzung im Bereich des rechten Unterschenkels nach Schenkelprellung rechts und eine vorübergehende Verschlimmerung eines vorbestehenden Bandscheibenleidens nach Rückenprellung. Die Anerkennung eines Zustands nach degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule, Syndrome der Lenden- und Brustwirbel sowie Bandscheibenvorfall als Folgen des Arbeitsunfalls lehnte sie ab. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe bis zum 23. Juli 1999 bestanden.

Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers, der eine richtungweisende Verschlimmerung seines Bandscheibenschadens durch den Arbeitsunfall sowie eine dadurch bedingte Schwerhörigkeit und Notwendigkeit einer psychiatrischen Behandlung geltend machte.

Im Befundbericht vom 23. Oktober 2002 führte die Neurologin Sch.-K. neben der von ihr bereits benannten Diagnose eines L5-S1-Syndrom ergänzend einen Zustand nach LWS-Trauma (1999) und einen Verdacht auf eine depressive Störung an. Zur weiteren diagnostischen Klärung habe sie den Kläger an die Psychiaterin Dr. F. überwiesen. Die Beklagte zog die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamts Stuttgart mit den darin enthaltenen Befundberichten des HNO-Arztes Dr. V., des Dr. S., des Dr. D. und dem Arztbrief der Neurologin Sch.-K. - alle aus dem Jahr 2002 - bei.

Mit Schreiben vom 18. Februar 2003 gab Dr. V. der Beklagten Auskunft über die von ihm seit 21. Dezember 2000 erfolgte Behandlung des Klägers. Dieser sei seit Juni 2001 beidseitiger Hörgeräteträger. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. gab am 20. Februar 2003 unter Bezugnahme auf ihren Arztbrief vom 22. Oktober 2002 Auskunft über die von ihr seit 15. Mai 2003 erfolgte Behandlung des Klägers. An Diagnosen nannte sie eine depressive Reaktion, sowie einen Verdacht auf eine Somatisierungsstörung, histrionische Verarbeitung von Schmerzen sowie eine Persönlichkeitsstörung. Der Kläger habe sich bei einem Arbeitsunfall mit Sturz von einem fünf Meter hohen Gerüst an der LWS verletzt. Nach längerem Krankenstand habe er für sechs Wochen einen Arbeitsversuch unternommen. Seine Firma habe ihn dann zu einem ungünstigeren Arbeitsvertrag weiterbeschäftigen wollen, schließlich sei er gekündigt worden. Schon lange ginge es ihm auch psychisch schlecht. Daher sei es ihm nicht möglich, eine Umschulung durchzuhalten.

Der Kläger reichte noch das Attest des Arztes für Psychiatrie/Psychotherapie Dr. A. vom 7. April 2003 ein, in dem dieser eine Somatisierungsstörung und eine gemischte Angststörung diagnostizierte. Seit Mitte 1999 bestünden beim Kläger anhaltende Schmerzerlebnisse mit Ausstrahlung in die Beine und Parästhesien, ferner somatisiert erlebte linksseitige Körperschmerzen, Kopfschmerzerleben, Unruheerleben, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie ein chronischer Tinitus beidseits mit deutlichem Hörverlust. Ursache dafür sei eine Beeinträchtigung durch Unfall mit Sturz von einem Gerüst. Mikroverletzungen des Schädels aufgrund dieses Sturzes seien nicht auszuschließen.

In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 19. Mai 2003 führte der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Neuroradiologie Dr. R. aus, hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen fehle es an einem Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall. Wegen der Wirbelsäulenproblematik bezog er sich auf das Gutachten von Prof. Dr. W ... Eine Kopfverletzung sei nicht wahrscheinlich zu machen. Für eine Anpassungsstörung fehle es am zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Die Somatisierungsstörung habe sich erst allmählich entwickelt. Nach Anhörung wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2003 zurück. Nach dem Gutachten der Ärzte der BG-Unfallklinik T. vom April 2002 gebe es keinen Hinweis dafür, dass es anlässlich des Leitersturzes zu einer gravierenden Verletzung der Wirbelsäule gekommen sei. Diese hätte aufgrund der dann zu erwartenden klinischen Befunde und Beschwerden eine sofortige stationäre, möglicherweise auch operative Behandlung zur Folge gehabt. Der erst später nachgewiesene Bandscheibenvorfall sei auf dem Boden der vorbestehenden degenerativen Erkrankung der Wirbelsäule zu sehen. Der Unfall habe weder zu einer Verletzung des Nervensystems noch zu HNO-Schädigungen geführt. Die Somatisierungsstörung sei unfallunabhängig, da eine unfallbedingte Anpassungsstörung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis auftreten müsse. Die psychoreaktiven Störungen seien aber zweifelsfrei erst später in Gang gekommen.

Hiergegen erhob der Kläger am 10. Juli 2003 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage. Er bezog sich wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom Juli 1999 auf die Einschätzungen der ihn behandelnden Ärzte. Das SG holte auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das psychiatrisch-psychotherapeutische Gutachten von Dr. G. vom 24. September 2004 ein. Dieser führte aus, seit dem Unfallereignis bestehe eine depressiv-ängstliche Anpassungsstörung in Kombination mit einer somatoformen anhaltenden Schmerzstörung. Ferner seien seither beidseitige Ohrgeräusche und Hörstörungen aufgetreten. Ein Unfallzusammenhang liege vor, die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er auf insgesamt 80 vom Hundert (v. H.). Ein orthopädisches Gutachten sollte zusätzlich eingeholt werden. Von Amts wegen holte das SG das psychosomatische Gutachten von Prof. Dr. H. (unter Mitwirkung von Dr. K.) vom 5. Dezember 2005 ein. Dieser diagnostizierte eine rezidivierende depressive Störung, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Persönlichkeitsänderung, einen BWS-Bandscheibenvorfall ohne radikuläre Symptomatik, einen Tinitus Aurium und einen Nikotinabusus. Das Krankheitsbild sei insgesamt auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Hinsichtlich der Bewertung der MdE schloss sich Prof. Dr. H. Dr. G. an. Hierzu legte die Beklagte die beratungsfachärztliche Stellungnahme von Dr. R. vom 24. Januar 2006 vor. Er bemängelte, die Sachverständigen führten ohne nähere Begründung alle von ihnen festgestellten Beeinträchtigungen ursächlich auf den Unfall zurück. Zwar beschrieben sie sowohl Persönlichkeitsauffälligkeiten sowie sekundäre Belastungsfaktoren, würden diesen jedoch offensichtlich keine ursächliche Bedeutung beimessen bzw. führten sie unzulässigerweise ursächlich auf den Unfall zurück. Das SG holte das weitere psychosomatisch-psychotherapeutische Gutachten von Dr. L. (unter Mitwirkung von Dr. K.) vom 5. April 2007 ein. Dieser beschrieb im Wesentlichen die gleichen Diagnosen wie Prof. Dr. H., sah jedoch keinen Unfallzusammenhang. Hinsichtlich der orthopädischen Leiden schloss er sich der Einschätzung von Prof. Dr. W. an. Einem Zusammenhang der Hörminderung mit dem Unfall stehe die zeitliche Entwicklung entgegen. Diese spreche auch gegen das Vorliegen einer Anpassungsstörung. Diskussionswürdig sei eine postraumatische Belastungsstörung, allerdings bestehe offenkundig ein Missverhältnis zwischen dem Erstschaden und dem Ausmaß der psychoreaktiven Störung, die sich bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt entwickelt habe. Das Ausmaß der jetzigen psychischen Erkrankung sei mit dem Verarbeitungsmodus der narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung des Klägers sowie den sekundären Belastungsfaktoren zu erklären.

Der Kläger legte hierzu die fachärztliche Stellungnahme von Dr. A. vom 1. August 2007, in der dieser einen Entlassbericht der Luisenklinik B. D. vom 24. Mai 2005 umfassend zitierte, vor. Dr. A. vertrat die Auffassung, es sei diagnostisch von einer Anpassungsstörung mit emotionalen Störungen und Störungen des Sozialverhaltens auszugehen. Auch chronische Verläufe seien insoweit möglich. Es handele sich eindeutig um eine chronifizierte längere seelische Anpassungsstörung. Eine weitere Begutachtung sollte durchgeführt werden.

Mit Urteil vom 18. Oktober 2007 wies das SG die Klage im Wesentlichen gestützt auf die Einschätzung von Dr. L. ab. Auf den Inhalt des den Bevollmächtigten des Klägers am 17. Januar 2008 zugestellten Urteils wird Bezug genommen.

Hiergegen hat der Kläger am 14. Februar 2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er verweist auf das Gutachten von Dr. G. und die Stellungnahme von Dr. A. und wünscht die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Oktober 2007 und Abänderung des Bescheids vom 2. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2003 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 8. Juli 1999 Verletztenrente nach einer MdE um 80 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte setzt sich in ihrer Erwiderung vom 2. Juni 2008 umfassend mit der Stellungnahme von Dr. A. und Dr. G. auseinander. Sie hält die Einschätzung von Dr. L. und Prof. Dr. W. für überzeugend. Auf den Inhalt der Erwiderung wird Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig.

Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht keine Verletztenrente zu. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche über den Versicherungsfall hinaus wenigstens um 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die MdE richtet sich gem. § 56 Abs. 2 SGB XII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleidet. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92 S 257; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19), dass die Verrichtung zu dem Unfallereignis geführt hat und letzteres einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (BSGE 94, 269).

Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt - in gleichem Maße - wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen Bedingung/en eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 - 2 RU 86/56 - SozR § 542 Nr. 27; BSG, Urteil vom 1. Dezember 1960 - 5 RKn 66/59 - SozR § 542 Nr. 32). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

Die Beklagte hat in der Ausgangsentscheidung das Sturzereignis vom 8. Juli 1999 als Arbeitsunfall bindend festgestellt. Der Senat ist davon überzeugt, dass sich der Sturz beim Besteigen einer Leiter ereignete. Der Kläger wollte die Leiter benutzen, um auf einem Arbeitsweg vom ersten in den zweiten Stock des Gebäudes zu gelangen. Dieser Unfallhergang ergibt sich aus den Angaben des Klägers beim Durchgangsarzt Dr. A. und dem Inhalt der Unfallanzeige der Arbeitgeberin des Klägers vom 21. Mai 2001. Der vom Kläger im Verwaltungsverfahren geltend gemachten weitere Arbeitsunfall vom 5. Juni 1998 ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Durch den Arbeitsunfall ist es zu Gesundheitserstschäden in Form einer Weichteilverletzung im Bereich des rechten Unterschenkels und einer Schenkelprellung gekommen. Dies geht aus dem Durchgangsarztbericht von Dr. A. vom Unfalltag, in dem eine starke Unterschenkelprellung mit einer Riss-, einer Schürfwunde und einem Hämatom beschrieben ist, hervor. Die Beklagte geht - wie sich aus dem angefochtenen Ausgangsbescheid ergibt - zudem von einer Rückenprellung als weiterem Gesundheitserstschaden aus, obwohl eine solche im eben genannten Durchgangsarztbericht nicht beschrieben wurde. Sie stützt sich dabei auf das Gutachten von Prof. Dr. W., der eine Rückenprellung für möglich erachtete. Der Senat hat Bedenken, ob diese Schädigung als ausreichend nachgewiesen angesehen werden kann. Der Kläger wird indes durch die diesbezügliche Einschätzung der Beklagten nicht beschwert. Im Übrigen kann diese Unsicherheit dahingestellt bleiben, da auch unter Zugrundelegung des Eintritts einer Rückenprellung als Gesundheitserstschaden der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Verletztenrente nicht besteht, mithin erst recht nicht, wenn die Rückenprellung hinweg gedacht würde. Eine gravierende Verletzung der Wirbelsäule ist nicht nachgewiesen. Prof. Dr. W. hat in seinem Gutachten eindeutig und nachvollziehbar ausgeführt, dass sich weder in den bildgebenden Verfahren, der Anamnese oder der klinischen Untersuchung Hinweise auf eine Verletzung der Wirbelsäule aufgrund des Sturzes ergeben haben. Solche Verletzungen hätten aufgrund der zu erwartenden klinischen Befunde und Beschwerden eine sofortige stationäre, möglicherweise auch operative Behandlung zur Folge haben müssen. Der erst ein Jahr nach dem Unfallereignis nachgewiesene Bandscheibenvorfall ist - wie Prof. Dr. W. überzeugend darlegt - sicherlich auf dem Bodern der vorbestehenden degenerativen Erkrankungen, die in der Aufstellung der Krankenkasse über Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 14. September 2001 hinreichend dokumentiert sind, zu sehen. Bereits ab dem Jahr 1985 sind wiederholt Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Wirbelsäulensyndromen eingetreten. Die (unterstellte) Rückenprellung hat allenfalls zu einer vorübergehenden Verschlimmerung geführt.

Soweit der Kläger in seiner Beschreibung des Unfallhergangs vom April 2001 ausführte, er sei nicht nur auf den Rücken, sondern auch auf den Kopf gefallen und zudem 15 bis 20 Minuten ohnmächtig gewesen, kann dies anhand der vorliegenden Unterlagen nicht nachvollzogen werden. Insbesondere ergeben sich aus dem Durchgangsarztbericht vom Unfalltag keinerlei HinW. auf eine Schädel-/Hirnverletzung oder Bewusstlosigkeit. Im Reha-Entlassungsbericht vom 22. März 2001 (Fachkliniken Hohenurach) wird sogar ausgeführt, der Kläger habe angegeben, aus sieben Meter Höhe auf das rechte Bein gestürzt zu sein - nicht einmal von einem Sturz auf den Rücken ist hier die Rede (s.o.). In den Nachschauberichten von Dr. S. vom März und Juni 2001 wird zwar die vom Kläger behauptete Bewusstlosigkeit wiedergegeben, ein Sturz auf den Rücken oder den Kopf wird aber auch dort nicht näher beschrieben. Auffällig ist freilich, dass der Kläger bei Dr. S. - nachfolgend auch bei Dr. A. - angegeben hatte, von einem fünf Meter hohen Gerüst gestürzt zu sein. Diese Behauptung hält der Senat angesichts der zeitnahen Angaben im Durchgangsarztbericht und der detaillierten Beschreibung der Arbeitgeberin in der Unfallanzeige indes für unzutreffend. Hinsichtlich der von Dr. L. gesehenen Möglichkeit, dass es zu einer Gehirnerschütterung gekommen war, kann - wie bereits zuvor bezüglich der Rückenprellung - der tatsächliche Geschehensablauf letztlich dahingestellt bleiben, denn auch bei unterstelltem Eintritt einer Gehirnerschütterung ergibt sich kein für den Kläger günstigeres Ergebnis. Insbesondere weist Dr. L. nachvollziehbar darauf hin, dass sich aus der Aktenlage weder aus klinischer Sicht noch aus den mehrfachen neurologischen (darunter auch elektroencephalographischen) Untersuchungen ein Hinweis auf eine Hirnschädigung ergab. Soweit Dr. A. im Attest vom 7. April 2003 erwähnt, Mikroverletzungen des Schädels anlässlich des Unfalls seien nicht auszuschließen, begibt er sich aus Sicht des Senats in den Bereich der Spekulation. Angesichts der oben dargelegten Beweismaßstäbe - der Gesundheitserstschaden muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein - kann dieses Vorbringen zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis führen. Dieser Behauptung ins Blaue hinein muss nicht weiter nachgegangen werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 103 Rn. 8a). Gegen das Vorliegen weiterer Schädigungen spricht auch der Zwischenbericht von Dr. A. vom 16. Mai 2002, in dem er angab, der Kläger sei nach dem Unfall lediglich noch am 12. Juli 1999 zum Verbandswechsel vorstellig geworden.

Eine durch die genannten Gesundheitserstschäden verursachte, länger andauernde Unfallfolge, die eine MdE um mindestens 20 v.H. rechtfertigen würde (haftungsausfüllende Kausalität), konnte der Senat nicht feststellen.

Der Senat konnte sich nicht vom Vorliegen einer richtungweisenden Verschlimmerung des - wie eben ausgeführt - vorbestehenden Rückenleidens unter Einbeziehung des zwischenzeitlich bekannten Bandscheibenschadens durch den Arbeitsunfall überzeugen. Denn von einer gravierenden Verletzung der Wirbelsäule bei dem Arbeitsunfall kann nicht ausgegangen werden (siehe oben). Die diesbezügliche Einschätzung von Prof. Dr. W., der sich der Senat anschließt, wird durch den von Dr. L. im Rahmen seiner Begutachtung beigezogenen und ausgewerteten Entlassbericht der Orthopädischen Klinik Paulinenhilfe vom 8. Januar 2001 über den stationären Aufenthalt vom 27. November bis 15. Dezember 2000 bestätigt. Dort hatte der Kläger angegeben, seit drei Jahren, also schon deutlich vor dem Arbeitsunfall, immer wiederkehrende Kreuzschmerzen und Schmerzausstrahlungen ins linke Bein gehabt zu haben. Die Beschwerden hätten sich seit drei Monaten, also nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall, überwiegend an der Außenseite des linken Beins bis zur Großzehe ausstrahlend verstärkt. Diese Angaben wiederholte der Kläger im Rahmen der stationären Rehabilitationsmaßnahme in den Fachkliniken Hohenurach im Februar/März 2001 an (siehe Reha-Entlassungsbericht vom 22. März 2001). Nach den Darstellungen von Dr. L. wurde auch von den Ärzten der Paulinenhilfe das Ausmaß der Schmerzen als nicht durch den Bandscheibenvorfall allein erklärbar angesehen, vielmehr zweifellos von einer ausgeprägten und anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ausgegangen. Im Übrigen sind die Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in das linke Bein i.V.m. dem Bandscheibenvorfall L5/S1 zu sehen, der aber nicht ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist (siehe oben).

Beim Kläger liegt zur Überzeugung des Senats eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vor. Diese Diagnose wurde von allen drei, im erstinstanzlichen Verfahren tätig gewordenen Sachverständigen (Dr. G., Prof. Dr. H., Dr. L.) gestellt. Sie ist auch in dem von Dr. A. im Schreiben vom 1. August 2007 zitierten Entlassbericht der Luisenklinik B. D. vom 24. Mai 2005 enthalten. Auch Dr. A. nennt in seinem Attest vom 7. April 2003 als Diagnose eine Somatisierungsstörung. Daneben steht eine rezidivierende depressive Störung, die sich zuletzt zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. L. als mittelgradig erwies. Der Senat stützt sich, wie bereits zuvor das SG, hinsichtlich dieser diagnostischen Zuordnung auf das überzeugende Gutachten von Dr. L ... Auch Prof. Dr. H. hat die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung gestellt. Gegen das Vorliegen einer depressiv-ängstlichen Anpassungsstörung, wie sie Dr. G. beschrieb, spricht, worauf Dr. L. hinweist, der zeitliche Verlauf der depressiven Entwicklung. Laut den Kriterien der ICD-10 wird hierfür gefordert, dass die Symptome unmittelbar oder spätestens einen Monat nach dem auslösenden Ereignis auftreten und nach sechs Monaten oder im Sinne einer verlängerten depressiven Reaktion spätestens nach zwei Jahren abklingen. Vorliegend wurde erst im Befundbericht der Neurologin Sch.-K. vom 5. Juni 2001 eine depressive Verstimmung beschrieben, die sich mittlerweile, wie sich u.a. aus den Stellungnahmen von Dr. A. ergibt, chronifiziert hat. Auch aus dem Reha-Entlassungsbericht vom 22. März 2001 (Fachkliniken Hohenurach) ergibt sich, dass der Kläger zwar seit dem Sturz bestehende Konzentrationsschwierigkeiten und Gedächtnisprobleme behauptete und sich Sorgen wegen seiner zukünftigen beruflichen Belastung in körperlicher Hinsicht machte. Der psychologische Befund erwies sich jedoch als unauffällig und auch im Abschlussbefund wurden lediglich Aspekte im Hinblick auf die körperliche Erkrankung aufgezeigt. Auch in den Nachschauberichten von Dr. S. vom März und Mai 2001 wird auf eine psychiatrische Komponente nicht hingewiesen. Psychiatrische Erkrankungen führten nach der von der AOK Stuttgart übersandten Aufstellung vom 14. September 2001 auch nicht zu Arbeitsunfähigkeitszeiten.

Soweit Dr. L. hinsichtlich der diagnostischen Einordnung der Beschwerden auf dem psychiatrischen Fachgebiet eine posttraumatische Belastungsstörung für diskussionswürdig hielt, hat er eine solche überzeugend verneint. Zwar sind Symptome, wie sie im Rahmen einer posttraumatischen Belastungsstörung in Form von u.a. Alpträumen, emotionaler Abstumpfung, sozialem Rückzug, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Vermeidung von Höhen und Schlaflosigkeit auftreten, z.B. im Bericht von Dr. F. vom 20. Februar 2003 erwähnt. Allerdings muss bei einer posttraumatischen Belastungsstörung ein objektiv schweres Ereignis eine tiefgreifend verstörende, psychisch nicht zu integrierende Erfahrung hinterlassen. Nach der unfallmedizinischen Literatur muss das Ereignis, das dieses Syndrom hervorruft, für fast jeden Menschen belastend und im Einzelfall mit intensiver Angst, Schrecken oder Hilflosigkeit erlebt werden. Als Stressoren kommen eine ernsthafte Bedrohung oder Schädigung der eigenen körperlichen Integrität, die plötzliche Zerstörung des eigenen Zuhauses oder das Erleben, wie andere Menschen infolge eines Unfalls verletzt werden bzw. sterben, in Betracht (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 229). Der Senat verkennt nicht, dass die körperliche Integrität des Klägers durch den Arbeitsunfall vom Juli 1999 sehr wohl betroffen war. Ein herausragendes Ereignis im Sinne einer ernsthaften Bedrohung mit intensiver Angst etc. kann der Senat jedoch in dem Sturzereignis nicht sehen. Dr. L. weist vielmehr zutreffend darauf hin, dass hier offenkundig ein Missverhältnis zwischen dem Erstschaden, der Art des Unfalls und dem Ausmaß der psychoreaktiven Störung, die sich bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt entwickelt hat, vorliegt. So ergibt sich aus dem Durchgangsarztbericht, dass eine Lebensgefahr zu keinem Zeitpunkt bestanden hat und dass sich eine ambulante Behandlung direkt nach dem Unfall als ausreichend erwies. Die zu erwartende Arbeitsunfähigkeitsdauer wurde mit lediglich zwei Wochen angegeben.

Im Übrigen kann nicht unbeachtet bleiben, dass der Kläger aus Sicht des Senats dazu tendiert, den behandelnden Ärzten den Unfallhergang drastischer darzustellen, als tatsächlich geschehen. Im Durchgangsarztbericht ist lediglich davon die Rede, der Kläger sei beim Hochsteigen einer Leiter abgerutscht und habe sich dabei das rechte Schienbein verletzt. In der Unfallanzeige der Arbeitgeberin wird ausgeführt, der Kläger habe, um von einem Stockwerk in das andere zu gelangen - verbotswidrig - eine Leiter benutzt, die weggerutscht sei, wodurch er mit dem rechten Schienbein auf einer Eisenkante aufschlug und sich verletzte. Im Reha-Entlassungsbericht vom 22. März 2001 ist hingegen bereits von einem Sturz aus sieben Meter Höhe die Rede. Dr. A. berichtet in seinem Attest vom 7. April 2003 von einem Sturz von einem Gerüst. Auch im Arztbrief von Dr. F. vom 22. Oktober 2002 wird von einem Sturz von einem fünf Meter hohen Gerüst gesprochen. Eine gänzlich abweichende Unfallschilderung gab der Kläger gegenüber Prof. Dr. H. unter Heranziehung eines muttersprachlichen Arztes ab. Ihm teilte er mit, er sei von einer Treppe drei Meter tief gefallen und habe etwa eine Stunde allein auf dem Boden gelegen, ohne Hilfe zu erhalten. Dass die Angaben des Klägers - nicht nur in dieser Hinsicht - mit Vorsicht zu bewerten sind, ergibt sich für den Senat aus dem von Dr. F. im eben genannten Arztbrief beschriebenen psychopathologischen Befund. Danach zeigte der Kläger eine Freude an der Selbstdarstellung und eine gewisse Neigung zu Überzeichnungen. Gelegentlich kam bei der Ärztin der Verdacht einer paranoiden Erlebnisverarbeitung durch den Kläger auf. Der Senat hält es auch für bezeichnend, dass Dr. F. darauf hinweist, dass der Kläger, obwohl er anfänglich angab, wegen der Fußheberschwäche nur noch mit Krücken gehen zu können, zuletzt ohne Zuhilfenahmen seiner Krücken bei ihr in der Sprechstunde erschien und schließlich die vereinbarten Termine nicht mehr wahrnahm. Vor diesem Hintergrund hält der Senat die von Dr. A. im Attest vom 7. April 2003 vorgenommene Beschreibung des Sturzereignisses als "Katastrophe" für nicht vertretbar. Dieser Vergleich wird tatsächlich erlebten Katastrophen anderer Versicherter wie z.B. Opfer schwerer Verkehrsunfälle mit multiplen, lebensbedrohlichen Verletzungen nicht gerecht. Dr. A. legt damit aus Sicht des Senats schon im Ansatz einen falschen Maßstab zugrunde, sodass seine Bewertungen insgesamt nicht überzeugend sind.

Dr. L. argumentiert im Übrigen überzeugend, dass das Ausmaß der jetzigen psychischen Erkrankung mit dem Verarbeitungsmodus der narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung des Klägers sowie den sekundären Belastungsfaktoren zu erklären ist. Diese sekundären Belastungsfaktoren erläutert Dr. L. nachvollziehbar dahingehend, dass der Kläger sich zuletzt an seinem Arbeitsplatz, auch schon vor dem Unfall, "gemobbt" fühlte und ihm zunehmend Privilegien abgenommen wurden. Konkret bezogen auf den Arbeitsunfall litt er unter weiteren von ihm empfundenen Demütigungen, wie z.B. dem Vorwurf der Simulation. Die Kündigung seiner Arbeitgeberin und die rechtlichen Streitigkeiten um eine Abfindung, um die Verletztenrente, sowie das Verhalten eines früheren Rechtsanwalts, der nach seinem Vorbringen Fristen versäumt habe, erlebte er als weitere Kränkungen. Für eine in der Tat gespannte Atmosphäre im Rahmen des Arbeitsverhältnisses spricht der von der Arbeitgeberin Anfang 2002 geäußerte Vorhalt, der Kläger beabsichtige einen Versicherungsbetrug. Bei einem hohen Leistungsanspruch an sich selbst auch innerhalb der Familie beschämte ihn das Gefühl, als Familienoberhaupt und Versorger zu versagen.

Soweit Dr. L. in Übereinstimmung mit Prof. Dr. H. daneben auch noch die Diagnose einer Persönlichkeitsänderung stellte, kann der Senat in Übereinstimmung mit Dr. L. aus den dargelegten Erwägungen auch diesbezüglich keinen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall herstellen.

Der beim Kläger daneben bestehende Tinitus und die Hörminderung können ebenfalls nicht auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden. Eine relevante Hirnschädigung bei dem Unfall ist nicht nachgewiesen (siehe oben). Auch die zeitliche Entwicklung der Erkrankung spricht dagegen, da der Kläger sich erstmalig am 21. Dezember 2000 bei Dr. V. wegen innenohrbedingter Schwerhörigkeit in Behandlung begab und seit Juni 2001 Hörgeräte trägt. Dazu verweist Dr. L. noch auf den von ihm zitierten HNO-ärztlichen Befundbericht von Dr. V. vom 22. Dezember 2000, nachdem anamnestisch auch die Eltern des Klägers schwerhörig und Hörgeräteträger sind.

Die gutachtlichen Einschätzungen von Dr. G. und Prof. Dr. H. zur Zusammenhangsfrage hält der Senat nicht für überzeugend. Dem Gutachten von Dr. G. kann keine tragfähige Argumentation zur Zusammenhangsfrage entnommen werden. Ohne nähere zeitliche Einordnung des erstmaligen Auftretens der jeweiligen Störungen sieht er für sämtliche von ihm aktuell erkannten Gesundheitsstörungen einen solchen Zusammenhang als gegeben an. Dies überzeugt nicht. Ebenso wenig überzeugt es, wenn er sich darauf zurückzieht, dass eine von etwaigen unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen erforderliche Abgrenzung nicht möglich sei, da sich körperliches Unfallgeschehen mit der seelischen Unfallverarbeitung gegenseitig bedingten, verschränkten und im Sinne eines negativ verstärkenden Regelkreises mitgestaltend verbänden und als unausweichliche Folge ergäben. Auch Prof. Dr. H. hat ohne jegliche Auseinandersetzung mit dem zeitlichen Ablauf des Austretens der Gesundheitsstörungen einen Unfallzusammenhang bezüglich aller Erkrankungen angenommen. Auch er hat sich mit sekundären Belastungsfaktoren und vorbestehenden Erkrankungen bzw. Persönlichkeitsanlagen nicht auseinandergesetzt.

Der von Dr. A. wiedergegebene Entlassbericht der Luisenklinik vom 24. Mai 2005 (Attest von Dr. A. vom 1. August 2007) bestätigt die hier getroffene Einschätzung. Insbesondere wurde auch von den Ärzten der Luisenklinik auf persönlichkeitsstrukturell auffällige narzisstische Züge hingewiesen. Dr. A. hat dieser Diagnose nicht widersprochen, lediglich die Bedeutung für die Ursächlichkeit hinsichtlich der jetzt vorliegenden Erkrankungen anders bewertet. Seine Einschätzung überzeugt aber nicht. Die Beklagte hat in ihrer Erwiderung vom 2. Juni 2008 ausführlich unter Darlegung zahlreicher Gesichtspunkte zu Recht darauf hingewiesen, dass er seiner Beurteilung Anknüpfungstatsachen zugrunde legt, die durch nichts belegt sind. Denn seiner Einschätzung, beim Kläger bestünden seit Mitte 1999 anhaltende Schmerzerlebnisse mit Ausstrahlung in die Beine und Parästhesien, ferner somatisiert erlebte linksseitige Körperschmerzen, Kopfschmerzerleben, Unruheerleben, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen steht entgegen, dass dieser behauptete unmittelbare zeitliche Zusammenhang aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen, wie dem Attest von Dr. V. vom 22. Dezember 2000 über eine erstmalige Behandlung in diesem Monat, einer erstmaligen Dokumentation eines Kopfschmerzerlebens ab dem 18. Januar 2000 (Vorerkrankungsverzeichnis der AOK vom 14. September 2001) einer erstmaligen Dokumentation einer "inneren Unruhe, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen" durch die Neurologin Sch.-K. im Bericht vom 27. Juli 2001 für den 31. Mai 2001 gerade nicht hervorgeht. Dr. A. selbst behandelte den Kläger erst seit November 2002. Letztlich übernimmt er unkritisch die allein vom Kläger geltend gemachte Behauptung, alle Beschwerden bestünden bereits seit dem Arbeitsunfall. Davon kann anhand der Dokumentation indes nicht ausgegangen werden. Ferner wurde schon ausführlich auf die Tendenz des Klägers zu Überzeichnungen, die aus Sicht des Senats auch in diesen Behauptungen zum Tragen kommt, hingewiesen.

Die Berufung war mithin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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